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{"created":"2022-01-31T14:24:15.778684+00:00","id":"lit19870","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Henze, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 86: 340-344","fulltext":[{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber das Blut der Ascidien.\nIII. Mitteilung.\nVon\nM. Henze.\n(Ans der chemisch-physiologischen Abteilung der zoologischen Station zu Neapel.) (Der Redaktion zugegangen am 26. Juni 1913.)\nIn zwei fr\u00fcheren Mitteilungen1) habe ich \u00fcber das Vorkommen einer organischen Vanadiumverbindung in den Blutzellen von Phallusia mamillata berichtet und gleichzeitig auf die stark saure Reaktion im Innern dieser Zellen hingewiesen, die durch die Anwesenheit freier Schwefels\u00e4ure bedingt ist.\nUnterdessen ist es gelungen, auch bei einigen anderen, h\u00e4ufiger im neapoletanischen Golfe vorkommenden Ascidien dieses seltene Element nachzuweisen, und zwar auf makro-chemischem Wege. Au\u00dfer bei Phallusia, wo der Nachweis infolge hinreichender Blutmengen leicht zu f\u00fchren ist,2) findet sich Vanadium bei folgenden Ascidien: Ascidia mentula, A. fumigata, Ciona intestinalis, Diazona violacea. F\u00fcr Gynthia papillosa wage ich es nicht mit Sicherheit zu behaupten. Es fehlen hier scheinbar auch die charakteristischen Blutzellen, von denen unten die Rede sein wird. Damit erh\u00e4lt das Vanad-vorkommen eine allgemeinere Bedeutung und bleibt nicht als ein besonderes Kuriosum auf Phallusia beschr\u00e4nkt.\nBei der mikroskopischen Untersuchung des Ascidienblutes begegnet man sehr verschieden aussehenden Formelementen.\n') Diese Zeitschrift, Bd. 72, S. 494 und Bd. 79, S. 215.\n*) Die Angaben \u00fcber den qualitativen Nachweis des Vanadiums linden sich in der ersten Mitteilung. Handelt es sich um sehr minime Blutmengen, wie z. B. bei Diazona, so mu\u00df man sich beim makrochemischen Nachweis daraut beschr\u00e4nken, das Vanadium in der Weise nachzuweisen, da\u00df man das ganze Tier verascht. Am besten benutzt man dann die Farbreaktion, welche Vanadverbindungen mit Pyrogallol und anderen Phenolen in schwach essigsaurer L\u00f6sung liefern (cf. erste Mitteilung). Nat\u00fcrlich mu\u00df die zu untersuchende Fl\u00fcssigkeit eisenfrei sein, da Eisensalze mit Phenolen \u00e4hnliche Farbenreaktionen geben. Eine Reihe derartiger komplexen Eisen-Phenolverbindungen, in denen das Eisen maskiert ist, sind in letzter Zeit von R. F. Wein land und K. Binder studiert worden (Erste Mitteilung in Berl. B., Bd. 45, S. 148). M\u00f6glicherweise handelt es sich bei Vanadsalzen' um analoge komplexe Verbindungen.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber das Blut der Ascidien. 111.\t341\nEs finden sich nicht nur Differenzen hinsichtlich der Gestalt der Blutzellen bei den soeben angef\u00fchrten Arten, sondern auch das Blut ein und derselben Art f\u00fchrt verschiedene Zellen. So sind z. B. im Blute von Phallusia zum mindesten zwei Haupttypen von Blutzellen zu unterscheiden. Ich habe vergeblich in der zoologischen Literatur nach genaueren Angaben gesucht. Was dar\u00fcber zu finden ist, befriedigt nicht. Im Hinblick auf das interessante VanadVorkommen d\u00fcrfte sich eine eingehendere histologische und physiologische Untersuchung gewi\u00df lohnen, die ich kompetenteren Beobachtern \u00fcberlassen mu\u00df. Die folgenden Notizen sind vielleicht geeignet, einige Anhaltspunkte zu geben.\nWie soeben erw\u00e4hnt, erkennt man im Blute von Phallusia mamillata mindestens zwei deutlich voneinander abweichende Zellformen. Ob zwischen diesen auch Ubergangsformen existieren, vermag ich nicht zu entscheiden. Das eine sind runde oder elliptische Zellen von gr\u00f6\u00dferem Durchmesser ; die andere Art der Zellen d\u00fcrfte man am besten als \u00abMaulbeerformen\u00bb bezeichnen. Sie scheinen aus einzelnen Granula zusammengesetzt. Ihre Struktur wird noch deutlicher, wenn man eine Spur Ammoniak unter das Deckglas flie\u00dfen l\u00e4\u00dft oder den Bluttropfen einen Augenblick \u00fcber eine offene Ammoniakflasche h\u00e4lt. Die Maulbeere l\u00f6st sich dabei gleichsam in die Einzelnen Beeren auf und f\u00e4rbt sich bald gr\u00fcnlich-braun beim v\u00f6lligen Zerfall. Diese maulbeerf\u00f6rmigen Zellen lassen sich im Blute aller obenerw\u00e4hnten vanadf\u00fchrenden Ascidien wiedererkennen und haben in frischem Blute meist eine leichte, gr\u00fcnliche F\u00e4rbung. Bei Ascidia fumigata sind sie intensiv gr\u00fcnlich-gelb, so da\u00df das Blut selbst diesen Farbton aufweist.\nDie maulbeerarligen Blutzellen\u2014am typischsten und leichtesten zu erkennen sind sie bei Phallusia m. \u2014 verdienen insofern besonderes Interesse, als sie ohne Zweifel die Tr\u00e4ger der Vanad Verbindung wie auch der freien Schwefels\u00e4ure sind.\nBisher ist es nicht gelungen, die zwei erw\u00e4hnten Zelltypen mechanisch voneinander zu trennen, um eine gesonderte makrochemische Untersuchung zu erm\u00f6glichen. Im nachstehenden glaube ich jedoch die eben ge\u00e4u\u00dferte Ansicht mit Hilfe mikro-\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol, Chemie. LXXXVI.\t24","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nM. Henze,\n\u00ab\nchemischer Reaktionen begr\u00fcnden zu k\u00f6nnen. Zu diesem Zwecke sei daran erinnert, da\u00df bei der H\u00e4molyse der abzentrifugierten Blutk\u00f6rperchen des Phallusiablutes durch destilliertes Wasser eine stark sauer reagierende, braune Fl\u00fcssigkeit erhalten wird, die die VanadVerbindung in genuiner Form enth\u00e4lt. Diese fr\u00fcher (cf. zweite Mitteilung) kurzweg als \u00abbraune L\u00f6sung\u00bb bezeichnete Fl\u00fcssigkeit ist au\u00dferordentlich unbest\u00e4ndig, da alle oxydierend wirkenden Substanzen die Vanad Verbindung unter Farben\u00e4nderung und Denaturierung in eine h\u00f6here Oxydations-stufe \u00fcberf\u00fchren. Diese Eigenschaft der Vanadverbindung l\u00e4\u00dft sich nun dazu benutzen, sie in der Zelle mikrochemisch nachzuweisen. Mit den sonstigen Oxydationsmitteln gelingt dies nicht oder nicht sicher ; zum Teil wohl, weil dieselben nicht in die Zelle eindringen, zum Teil aber auch, weil ein \u00dcberschu\u00df des oxydierenden Agens wieder Entf\u00e4rbung der Vanadverbindung bedingt und eine genaue Dosierung wohl kaum ang\u00e4ngig ist.\nDagegen eignet sich vorz\u00fcglich die Osmiums\u00e4ure zum mikrochemischen Nachweis. Wie prompt die genuine Vanadverbindung damit reagiert, zeigt sich beim Zutropfen einer etwa einprozentigen Osmiums\u00e4urel\u00f6sung zu der \u00abbraunen L\u00f6sung\u00bb. Es tritt momentan eine wechselseitige Umsetzung ein unter gleichzeitiger Abscheidung schwarzer, niederer Oxydations-stulen des Osmiums. L\u00e4\u00dft man nun zu einem frischen, unter dem Deckglas befindlichen Blutpr\u00e4parat vorsichtig Osmiums\u00e4ure zuflie\u00dfen, so beobachtet man im selben Moment eine tiefschwarze F\u00e4rbung s\u00e4mtlicher maulbeerf\u00f6rmiger Blutzellen. Besonders hervorzuheben ist diese momentan eintretende Schw\u00e4rzung. Die anderen, runden Blutzellen bleiben dagegen ungef\u00e4rbt oder werden h\u00f6chstens allm\u00e4hlich etwas grau, wohl infolge ihres Gehalts an Fetten oder fett\u00e4hnlichen Substanzen.\nHierbei w\u00e4re zu erw\u00e4hnen, da\u00df auch Jodl\u00f6sung (J, JK-L\u00f6sung) zur Charakterisierung der Maulbeerzellen benutzt werden kann. Sie werden dadurch sehr schnell tiefdunkel gef\u00e4rbt, doch nehmen auch die runden Zellen ziemlich bald Jod auf, so da\u00df die Unterschiede unsicher werden. Die Anwendung von Osmiums\u00e4ure ist entschieden vorzuziehen.\nMit Hilfe in die Zellen eindringender Indikatoren l\u00e4\u00dft sich","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber das Blut der Ascidien. 111\t313\nweiter feststellen, in welchen der geformten Elemente die freie Schwefels\u00e4ure lokalisiert ist. Es sind dies wiederum die niaul-beerf\u00f6rmigen Vanadzellen, wie dies schon aus fr\u00fcher angedeuteten chemischen Gr\u00fcnden zu erwarten war. F\u00fcgt man in Meerwasser gel\u00f6stes Neutralrot zu einem frischen Blutpr\u00e4parat, so f\u00e4rben sich die Maulbeerzellen intensiv violettrot. Die anderen Zellen nehmen dagegen einen gelbbr\u00e4unlichen Farbton an, wie er f\u00fcr die nahezu neutrale Reaktion des Seewassers charakteristisch ist.\nNoch sch\u00f6nere Resultate erh\u00e4lt man mit Methylrot.1) Der Indikator f\u00e4rbt das Seewasser resp. das Blutplasma gelb ; w\u00e4hrend er, in die Maulbeerzellen eingedrungen, sofort in tiefrot umschl\u00e4gt. Auf diese Weise sind dieselben aufs sch\u00e4rfste von .den runden Zellen zu unterscheiden, die nicht oder kaum gef\u00e4rbt werden, da der Indikator in sie \u00fcberhaupt nicht einzudringjen scheint.\nOhne Zweifel wird das Vanadvorkommen noch bei vielen anderen Ascidien konstatiert werden. In erster Linie d\u00fcrften jene Arten in Frage kommen, bei denen \u00fcber Farben\u00e4nderungen, speziell beim Verletzen oder Absterben, in blaugr\u00fcn oder blauschwarz berichtet worden ist, und wof\u00fcr zum Teil Spekulationen \u00fcber Melanose oder reduzierende Fermente geltend gemacht\nworden sind. Sie werden durch die leichte Ver\u00e4nderlichkeit\n, \u00bb\nvon VanadVerbindungen ihre Erkl\u00e4rung finden. \u2014 Da\u00df nebenbei auch Allgemeinf\u00e4rbungen der Tiere infolge besonderer Pigmente Vorkommen k\u00f6nnen, ist selbstverst\u00e4ndlich nicht ausgeschlossen. Ich erw\u00e4hne dies in Anbetracht einer soeben erschienenen Arbeit von Herdmann \u00fcber Diazona violacea.2) Diazona violacea aus dem Golf von Neapel ist frisch gedredscht so gut wie farblos, h\u00f6chstens k\u00f6nnte man eine Andeutung einer graugr\u00fcnlichen F\u00e4rbung gelten lassen. Das Tier h\u00e4lt sich speziell im Sommer sehr schlecht im Aquarium und schon nach kurzem Aufenthalt\n') Methylrot oder p-Dimethylamino-azo-benzol-ortho-carbons\u00e4ure wurde von S. Palitzsch zur Messung der Wasserstoffionenkonzentration vorgeschlagen. Der Me\u00dfbereich des Indikators liegt zwischen pjj = 1,2 bis pH = 6.3. cf. Biochem. Zeitschr., Bd. 37, S. 131 (1913).\n*) W. H. Herdmann, Diazona violacea in Spolia Runiana Linnean' Sue. Journ. (Zoology), Vol. 32, May 1913.\n24*","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344 M. Henze, Untersuchungeu \u00fcber das Blut der Ascidien. III.\nbeginnen die Tiere gr\u00fcnlich zu werden und besonders die In-gestions\u00f6lfnungen nehmen die charakteristische blaugr\u00fcne Farbe der ver\u00e4nderten VanadVerbindung an. Die F\u00e4rbung kann bei den geringen Blutmengen der kleinen Tiere selbstverst\u00e4ndlich nicht so intensiv sein, wie es z. B. der Fall ist bei absterbenden Phallusien. Wie eingangs gezeigt, geh\u00f6rt Diazona zu den vanad-f\u00fchrenden Ascidien. Bei tier von Herd mann beschriebenen Variet\u00e4t: Diazona-hebridica-violacea soll \u00fcberdies auch ein alkoholl\u00f6sliches gr\u00fcnes Pigment Vorkommen, wof\u00fcr er den Namen \u00abSynthetin\u00bb einf\u00fchrt.\nIm Anhang sei noch auf die stark rotgelb gef\u00e4rbten Pigmentzellen des Blutes von Ascidia mentula hingewiesen, die sich namentlich in den feineren Blutkapillaren anh\u00e4ufen und die rote F\u00e4rbung der Tiere bedingen. Diese Zellen scheinen wie aus Schollen zusammengesetzt und erinnern \u00e4u\u00dferlich an die Maulbeerzellen, doch werden sie weder von Osmiums\u00e4ure noch von Methylrot gef\u00e4rbt. Neben ihnen finden sich im Blute die typischen Maulbeerzellen und die runden Zellen.\nDas Pigment der roten Zellen ist au\u00dferordentlich best\u00e4ndig und hat vor allem keinen Lipoidcharakter, da es absolut unl\u00f6slich ist in allen organischen Solventien, ebensowenig auch in Wasser. Verd\u00fcnnte Alkalien machen die F\u00e4rbung etwas dunkler, verd\u00fcnnte S\u00e4uren bedingen eine Farben\u00e4nderung in hellgelb. Durch l\u00e4ngere Einwirkung verd\u00fcnnter S\u00e4uren scheint das Pigment langsam in L\u00f6sung zu gehen und durch Alkalien wenigstens teilweise ^ieder gef\u00e4llt zu werden. Manches schien daf\u00fcr zu sprechen, da\u00df die eigent\u00fcmlichen Pigmentzellen Umwandlungsformen der Vanadzellen seien und um dies zu beweisen, wurde versucht, dieselben von den anderen Formelementen zu trennen, was jedoch nicht gelang. Es wurden dann stark mit Pigmentzellen beladene Gewebe l\u00e4ngere Zeit mit destilliertem Wasser gewaschen, um dadurch die Vanadzellen zu h\u00e4molvsieren und die Vanadverbindungen zu entfernen. Die so behandelten Gewebe geben noch deutlich Vanadreaktion beim Veraschen. Trotzdem ist dieses positive Resultat nicht einwandsfrei genug und die Natur des roten Pigments bleibt somit vor der Hand noch ungekl\u00e4rt.","page":344}],"identifier":"lit19870","issued":"1913","language":"de","pages":"340-344","startpages":"340","title":"Untersuchungen \u00fcber das Blut der Ascidien. III. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"86"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:24:15.778689+00:00"}