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{"created":"2022-01-31T15:26:26.759250+00:00","id":"lit19892","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schenck, Martin","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 87: 59-73","fulltext":[{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Chols\u00e4ure.\nIII. Mitteilung.\nVon\t\\\nMartin Schenck.\n(Aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut der Universit\u00e4t Marburg.) (Der Redaktion zugegangen am 16. Juli 1913.)\n\u00dcber die Formel der Cilians\u00e4ure. v\nOxydiert man Chols\u00e4ure, Ci4H40O5, mit Kaliumpermanganat in alkalischer L\u00f6sung, so erh\u00e4lt man nach Lassar-Cohn*) zun\u00e4chst Dehydrochols\u00e4ure, Ct4H3405, und hei l\u00e4ngerer Einwirkung des Permanganats Bilians\u00e4ure, C24H3408, neben einer geringen Menge von Isobilians\u00e4ure, CS4H3408. Isoliert man die Bilians\u00e4ure und l\u00e4\u00dft auf die reine Verbindung in alkalischer L\u00f6sung von neuem Permanganat einwirken, so vollzieht sich langsam in der K\u00e4lte, schneller beim Erhitzen eine weitere Oxydation und es entsteht die von Lassar-Cohn zuerst aufgefundene Cilians\u00e4ure. Lassar-Cohn (l.c.) gab dieser S\u00e4ure die Formel C20H30010, der ebenfalls dargestellte neutrale Tri-methylester sollte sich aber von einer um 1 Molek\u00fcl Wasser \u00e4rmeren F ormel, C80H28O9, ableiten ; bei der Regeneration der S\u00e4ure aus dem Ester w\u00fcrde dieses Molek\u00fcl Wasser wieder aufgenommen werden. Die Entstehung der Cilians\u00e4ure aus Bilians\u00e4ure erfolgt unter Abspaltung von Kohlens\u00e4ure etwa nach der Gleichung: C24H3408 + 12 0 = C20H30Olo + 4 CO, + 2 H20.\nSp\u00e4ter hat sich dann Pregl\u00bb) eingehend mit der Cilians\u00e4ure besch\u00e4ftigt und festgestellt, da\u00df die von Lassar-Cohn erhaltenen KohlenstofTwerte zu niedrig waren, und da\u00df die Cilians\u00e4ure nur bei sehr vorsichtig und langsam ausgef\u00fchrter\n*) Ber., Bd. 32, S. 683.\n*). Monatsh. f. Ch., Bd. 24, S. 57.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nMartin Schenck,\nVerbrennung richtige Werte liefert. Dementsprechend stellte Pregl f\u00fcr die S\u00e4ure und ihren Ester die Formeln C20H28O8 und auf. Allerdings w\u00fcrden die bei der Verbrennung der S\u00e4ure sowohl wie des Esters erhaltenen Kohlenstoff- und Wasserstoffwerte auch im Einklang stehen mit den Zahlen, die von einer S\u00e4ure C17H2407 und einem Ester C20H3007 gefordert werden, aber die Analyse des (\u00fcbrigens amorphen) \u00dfarvumsalzes der S\u00e4ure, die Titration der Carboxvlgruppen der freien S\u00e4ure und die Bestimmung der Methylgruppen nach Zeisel im Ester sollen eindeutig zugunsten der Formeln C20H28O8 f\u00fcr die S\u00e4ure und C23H3408 f\u00fcr den Ester entscheiden. \u00dcber die Rolle, welche der au\u00dferhalb der Carboxvlgruppen in der Cilians\u00e4ure befindliche Sauerstoff spielt, ist zurzeit noch nichts Sicheres bekannt ; Pregl1) nimmt an, da\u00df die Cilians\u00e4ure au\u00dfer den drei Carboxyl-gruppen zwei Ketongruppen enth\u00e4lt, wenn sie auch den gew\u00f6hnlichen Ketonreagenzien gegen\u00fcber sich negativ verhalte.\nIm Anschlu\u00df an fr\u00fchere Arbeiten (Diese Zeitschr., Bd. 63, S. 308 . u. Bd. 69, S. 383) habe ich die Cilians\u00e4ure von neuem untersucht; dabei bin ich zu Resultaten gekommen, die von den Vorstellungen von Lassar-Cohn und Fregl abweichen und im folgenden mitgeteilt werden sollen.\nDie als Ausgangsmaterial f\u00fcr die Versuche dienende Chol-s\u00e4ure wurde in der bereits fr\u00fcher (Diese Zeitschr., Bd. 69, S. 386) skizzierten Weise dargestellt. Nach dem Kochen der Rindergalle mit \u00c4tznatron wurde die durch Salzs\u00e4ure ausgef\u00e4llte Rohs\u00e4ure nach dem von Pregl (Mon., Bd. 24, S. 33) f\u00fcr \u00abSommerrohs\u00e4ure\u00bb empfohlenen Verfahren behandelt (Versetzen der l\u00b0/o Rohs\u00e4ure enthaltenden, ammoniakalischen L\u00f6sung mit BaCI2, Ausf\u00e4llen der Chols\u00e4ure aus dem Filtrat vom Baryum-niederschlag mittels Salzs\u00e4ure). Die so gereinigte Chols\u00e4ure wurde dann ein- bis zweimal aus Aceton umkrystallisiert und hierauf noch mindestens einmal dem von Langheld (Ber.,Bd.41, S. 380) angegebenen, auf der Schwerl\u00f6slichkeit des Natrium-cholats in hei\u00dfem Alkohol beruhenden Reinigungsverfahren unterworfen. Die schlie\u00dflich aus reinem Alkohol umkrystalli-sierte Chols\u00e4ure zeigte den richtigen Schmelzpunkt: 197\u00b0. \u2014\n') Diese Zeitschrift, Bd. 65, S. 168.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"61\nZur Kenntnis der Chols\u00e4uro. Ul.\nDie Oxydation der Chols\u00e4ure zu Bilians\u00e4ure geschah nach den Angaben von Lassar-Cohn, ebenso die Isolierung der Bilians\u00e4ure und ihre weitere Oxydation zu Cilians\u00e4ure (Ber., Bd. 32, 8. 683). Im Gegensatz zu Lassar-Cohn und Pregl habe ich aber die Cilians\u00e4ure nicht aus verd\u00fcnntem Alkohol, sondern aus Wasser umkrystallisierj, anfangs unter Zusatz von wenig Salzs\u00e4ure, um geringe Mengen von anorganischen Stoffen, die von der Darstellung her dem Pr\u00e4parat bisweilen anhaften (Manganosulfit?), zu entfernen. Die einige Male aus Wasser umkrystallisierte Substanz zeigte nach dem Trocknen den verlangten Schmelzpunkt : 241 \u00b0. Das Umkristallisieren aus Wasser hat derr Vorteil, da\u00df man die Cilians\u00e4ure von etwa beigemengler Cholans\u00e4ure, C24H3r>07, leicht trennen kann, denn Cholans\u00e4ure ist auch in hei\u00dfem Wasser so gut wie unl\u00f6slich. Verd\u00fcnnter Alkohol d\u00fcrfte zur Trennung der beiden S\u00e4uren kaum geeignet sein, denn bei der Schwerl\u00f6slichkeit der Cholans\u00e4ure w\u00fcrde ein Pr\u00e4parat beim \u00f6fteren Umkrystallisieren aus Alkohol und Wasser eher an Cholans\u00e4ure angereichert werden. Da\u00df aber Cholans\u00e4ure der Cilians\u00e4ure beigemengt sein kann, wenn man nicht von absolut reiner Bilians\u00e4ure bezw. von durchaus reiner Chols\u00e4ure ausgeht, habe ich wiederholt beobachtet. Selbst ein in der oben beschriebenen Weise nach Pregl gereinigtes, aus Aceton umkrystallisiertes Chols\u00e4urepr\u00e4parat, das danach noch zweimal nach dem Langheldschen Verfahren behandelt wurde, lieferte bei der Oxydation eine Bilians\u00e4ure, die bei weiterer, Oxydation eine durch geringe Mengen Cholans\u00e4ure (Fp. 290 bis 295\u00b0; reine Cholans\u00e4ure schmilzt nach Pregl [Mon., Bd. 24, S. 31] bei 294\u2014295\u00b0) verunreinigte Cilians\u00e4ure gab. Die Menge dieser beigemengten Cholans\u00e4ure war, wie gesagt, nur gering ; (ca. 0,25 g aus 17 g Bilians\u00e4ure); es d\u00fcrfte aber diese Beobachtung zeigen, wie schwierig es ist, eine absolut reine Chols\u00e4ure, die insbesondere durchaus frei ist von d,en beiden neben Chols\u00e4ure in der Galle vorkommenden, miteinander isomeren Substanzen, der Choleins\u00e4ure, C24H40O4, bezw. Desoxychols\u00fcure. C24H40O4, zu erhalten. Die Cholans\u00e4ure ist ja bekanntlich das Oxydationsprodukt der beiden zuletzt genannten S\u00e4uren.\nDie durch Umkrystallisieren aus Wasser erhaltene, ziem-","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nMartin Schenck,\nlieh hygroskopische Cilians\u00e4ure enth\u00e4lt jedenfalls Krystallwasser, wie auch Pregl annimmt, nach meinen vorl\u00e4ufigen Feststellungen mindestens 1 Molek\u00fcl. Sie wurde f\u00fcr die analytischen Untersuchungen meist bei 120\u00b0 getrocknet, einige Male auch im Vakuum bei gew\u00f6hnlicher Temperatur, nach beiden Methoden erh\u00e4lt man sie krystallwasserfrei. Zwei Elementaranalysen lieferten Kohlenstoffwerte, die hinter den von der Pregl sehen Formel geforderten Zur\u00fcckbleiben, aber gut zu den von mir aufgestellten Formeln (s. weiter unten) stimmen.\n0,1382 g Substanz : 0,3022 g C02 und 0,0867 g H20; gef. 59,64 \u00b0/o C und 7,02 \u00b0/o H.\n0,1698 g Substanz : 0,3712 g C02 und 0,1112 g H20; gef. 59,62\u00b0/o G und 7,33\u00b0/o H.\nBerechnet f\u00fcr C20H2808 (Pregl) : 60,57\u00b0/o G und 7,12\u00b0/o H.\nEine Bestimmung des spezifischen Drehungsverm\u00f6gens der S\u00e4ure ergab [a]D = + 90\u00b0 (0,5910 g Substanz gel\u00f6st in 25 ccm gew\u00f6hnlichem Alkohol). Die alkoholische L\u00f6sung absorbierte das Licht ziemlich stark, wodurch das genaue Ablesen des Drehungswinkels erschwert wurde. Pregl fand f\u00fcr [a]D = +91,67\u00b0.\nW\u00e4hrend nun die Formel C20H2808 34,08 \u00b0/o Carboxyl-gruppen verlangt, einen Gehalt an COOH, dem die von Pregl bei der Titration der S\u00e4ure erhaltenen Zahlen (Mittel von 4 Titrationen: 34,17%) auch entsprechen, habe ich bei der acidimetrischen Bestimmung stets erheblich (um ca. 3%) h\u00f6here Werte gefunden. Die Bestimmung wurde so vorgenommen, da\u00df ich die getrocknete Gilians\u00e4ure in 50\u00b0/oigem Alkohol auf l\u00f6ste und mit nlio-Natronlauge titrierte. Als Indikator diente Phenolphthalein, die geringe Menge Lauge, welche das gleiche Volumen 50\u00b0/oigen Alkohols, wie es auch zum L\u00f6sen der S\u00e4ure verwendet worden war, bis zum Farbenumschlag verbrauchte (ca. 3 Tropfen WioNaOH), wurde stets in Abzug gebracht. Andere Indikatoren wie z. B. Methylrot oder Paranitrophenol erwiesen sich als unbrauchbar, da sie keine scharfen Umschl\u00e4ge gaben. Dagegen zeigte sich als recht brauchbar das vor einiger Zeit von S\u00f6rensen und Palitzsch1) empfohlene, j\u00fcngst von\n*) Biochem. Zeitschr., Bd. 24, S. 381.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Chols\u00e4ure. 111.\n63\nThiel1) n\u00e4her studierte a-Naphtolphthalein. Eine kleine Probe dieses von der Firma Kahlbaum dargestellten Indikators, der nach Thiel besonders auch f\u00fcr Titrationen in alkoholischer L\u00f6sung sich eignen soll, verdanke ich der Liebensw\u00fcrdigkeit von Herrn Prof. A. Thiel. Die zu den Versuchen verwendete n'io-Natronlauge war zuvor gegen frisch bereitete n/io-Oxal-s\u00e4urel\u00f6sung (Phenolphthalein bezw. Naphtolphthalein als Indikatoren) eingestellt worden. Ich lasse einige der bei der Cilian-s\u00e4uretitration erhaltenen Zahlen folgen. Die Pr\u00e4parate I, II und III wurden unter Verwendung von Phenolphthalein, Pr\u00e4parat IV unter Benutzung von a-Naphtolphthalein titriert.\nn/.o-NaOH I. 0,1844 g Substanz verbrauchen 15,35 ccm\t\t\tgefunden\tCarboxyl : 37,46V,\n0,2017 \u00bb\t\u00bb\t* 16,8 \u00bb\t\u00bb '\t37,48\u00b0/o,\n11. 0,1868 \u00bb\t\u00bb.\t\u00bb\t15,55\t\u00bb\t*\t37,46\u00b0o,\n0,1909 \u00bb\t>\t*\t15,85 \u00bb\t\u00bb\t37,36 V,\nIII. 0,1536 *\t\u00bb\t>\t12,75 \u00bb\t\u00bb\t37,35V,\nIV. 0,2238 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t18,55 \u00bb\t\u00bb\t37,30\u00ae/o,\n0,2300 \u00bb\t\u00bb\t>\t19,05 *\t\u00bb.\t37,27 V-\nDiese stets erhaltenen, erheblichen Abweichungen von den Pregischen Zahlen veranla\u00dften mich, auch den neutralen Methylester der Cilians\u00e4ure in den Bereich der Untersuchung zu ziehen; denn, wenn die h\u00f6heren Zahlen f\u00fcr die Carboxyl-gruppen in der freien S\u00e4ure richtig waren, mu\u00dfte man auch bei der Methylgruppenbestimmung des neutralen Esters, sowie bei der Garboxylgruppenbestimmung nach der Verseifung des Esters entsprechend h\u00f6here Werte finden, als die Preglsche Formel verlangt. Beides ist in der Tat der Fall. Den Methylester der Cilians\u00e4ure stellte ich nach einer einfachen und sehr glatt verlaufenden Methode dar. Lassar-Cohn und Pregl hatten ihn auf folgende Weise erhalten. Cilians\u00e4ure wurde in Barytwasser gel\u00f6st, die L\u00f6sung nach dem Einleiten von Kohlens\u00e4ure filtriert und dann mit Silbernitratl\u00f6sung versetzt. Das sich ausscheidende, kleisterartige Silbersalz der Cilians\u00e4ure wurde abfiltriert, mit Wasser, Alkohol und \u00c4ther gewaschen, getrocknet und in feingepulvertem Zustande mit Jodmethyl er-\n') Sitzungsber. d. Gesellschaft z. Bef\u00f6rd. d. gesamt. Naturwissensch. zu Marburg, Sitzung vom 11. Juni 1913.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"hitzt. Der auf diese Weise gebildete Cilians\u00e4uremethvlester wurde mit \u00c4ther aufgertommen, die \u00e4therische L\u00f6sung enthielt aber, wie Pregl gezeigt hat, neben neutralem Ester auch saure Ester, die ihr durch Sch\u00fctteln mit Sodal\u00f6sung entzogen wurden. Nach dem Verdunsten des \u00c4thers wurde der R\u00fcckstand noch mehrmals aus absolutem Alkohol umkrystallisiert, bis der von Pregl angegebene Schmelzpunkt 127 127,5\u00b0 erreicht war bezw. konstant blieb. Von Lassar-Cohn, der ein weniger\nreines Pr\u00e4parat in H\u00e4nden hatte, war als Schmelzpunkt 119\u00b0 gefunden worden.\nDas beschriebene Verfahren zur Darstellung des Ciiian-s\u00e4uremethylesters ist etwas umst\u00e4ndlich, viel leichter erh\u00e4lt inan \"den Ester, wie ich gefunden habe, nach der anderen sehr gebr\u00e4uchlichen Methode, die in der Einwirkung von gasf\u00f6rmiger Salzs\u00e4ure auf die L\u00f6sung der S\u00e4ure in dem betreffenden Alkohol besteht. Nach dieser Methode habe ich den Cilians\u00e4ureester stets bereitet; die Darstellung gestaltet sich folgenderma\u00dfen: l g der getrockneten reinen Cilians\u00e4ure wurde in 20 ccm Methylalkohol gel\u00f6st und in die L\u00f6sung zun\u00e4chst bei gew\u00f6hnlicher Temperatur trockenes Ghlorwasserstofl'gas eine halbe Stunde lang eingeleitet. Das Einleiten wurde dann noch 1 Vs Stunden fortgesetzt, indem dabei die alkoholische L\u00f6sung am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler zum Sieden erhitzt wurde. Beim Erkalten der L\u00f6sung schied sich der Cilians\u00e4ureester alsbald in Form von feinen N\u00e4delchen aus, die allm\u00e4hlich die ganze Fl\u00fcssigkeit zum Erstarren brachten. Nach mehrst\u00fcndigem Stehen wurde das Reaktionsprodukt scharf abgesaugt, zwischen Filtrierpapier abgepre\u00dft und im Wassertrockenschrank getrocknet, um anhaftende Salzs\u00e4ure zu entfernen. Nach einmaligem Umkrystal-lisieren aus wenig Methylalkohol und Trocknen bei 100\u00b0 zeigte der Ester den Schmelzpunkt 127\u2014128\u00b0 (Pregl gibt f\u00fcr reinen Cilians\u00e4ureester 127-127,5\u00b0 an). Der Ester ist im Gegensatz zur freien S\u00e4ure nicht hygroskopisch, er wurde f\u00fcr die folgenden Versuche stets im Wassertrockenschrank getrocknet.\nVon einer Elementaranalyse des Esters habe ich Abstand genommen, da die Kohlenstoff- und Wasserstoffwerte, die von der Preglschen Formel einerseits und von den von mir aufge-","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Chols\u00e4utv. III.\n\u00ab5\nstellten Formeln anderseits verlangt werden, zu wenig differieren, als da\u00df sich durch eine Verbrennung eine Entscheidung zugunsten der einen oder anderen Formel h\u00e4tte herbeif\u00fchren lassen (s. labelle auf S. 68). Dagegen habe ich mit 3 verschiedenen Pr\u00e4paraten Methylgruppenbestimmungen nach Zeisel vorgenommen, die untereinander \u00fcbereinstimmende -Werte gaben.\nI.\t0,2253\tg Substanz\tlieferten\t0.3941\tg\tAgJ;\tgefunden:\t11,19\u00b0/\u00ab\tCHS,\nII.\t0,2245\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,3857\t\u00bb\t\u00bb :\t. :\t10,99\u00b0/\u00ab\t\u00bb.\nIII.\t0,1503\t\u00bb\t\u00bb.\t\u00bb\t0,2640\t*\t* ;\t\u00bb :\t11,24\u00b0/\u00ab\t\u00bb.\nMittel\tder drei\tBestimmungen. :\t11,14\u00ae/\u00ab\t\u00bb.\nBerechnet f\u00fcr CMHM08 (Pregl): 10,28\u00b0/\u00ab\t\u00bb.\nDes weiteren wurde der Ester mit einem \u00dcberschu\u00df von Alkalilauge verseift und durch Titration des Alkali\u00fcberschusses nach der Verseifung die Menge der entstandenen Carboxyl-gruppen bestimmt. Zun\u00e4chst verwendete ich zur Verseifung \"'\u00bb-alkoholische Kalilauge und erhitzte den Ester mit der Lauge (25 ccm) 1\u2014l\u00c4/2 Stunden im K\u00f6lbchen mit Steigrohr auf dem Wasserbade, zur Kontrolle wurde ein blinder Versuch daneben ausgef\u00fchrt. Gegen Ende der Verseifung entstand in der Fl\u00fcssigkeit eine diffuse Tr\u00fcbung infolge Ausscheidung des in Alkohol schwer l\u00f6slichen Kaliumsalzes der Cilians\u00e4ure, diese Tr\u00fcbung wurde vor der Titration durch Zusatz von wenig Wasser beseitigt. Als Indikator diente Phenolphthalein. Die Hauptmenge des Alkali\u00fcberschusses wurde durch n'\u00bb-Salzs\u00e4ure, der letzte Rest durch n/io-Salzs\u00e4ure neutralisiert.\n0,4047 g Ester verbrauchten 28,40 \u2014 22.37 = 6.03 ccm \u00bb/\u00ab-HCl \u25a0 gefunden: 33,52\u00b0/\u00ab COOH.\nBei zwei anderen Versuchen, bei welchen jedesmal eine etwas gr\u00f6\u00dfere Menge Ester (ca. 1 g) mit 25 ccm Lauge behandelt wurde, schied sich schon bald nach Beginn der Verseifung das ciliansaure Kalium aus und es wurden in beiden Versuchen geringere Werte f\u00fcr die Carboxylgruppen gefunden als im ersten Versuch (ca. l\u00b0/<> weniger). Ich halte es f\u00fcr m\u00f6glich, da\u00df dem sich ausscheidenden ciliansauren Kalium etwas estersaures Salz beigemengt war, das sich so der vollst\u00e4ndigen Verseifung entzog. Der Cilians\u00e4ureester scheint \u00fcberhaupt nicht ganz leicht verseifbar zu sein, das w\u00fcrde erinnern an das Verhalten des neutralen Gholan-\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift r. physiol. Chemie. LXXXVII\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"Martin Schenck,\ns\u00e4ure\u00e4thylesters resp. -methylesters, die nach Latschinoff1) durch Sodal\u00f6sung und Barytwasser nur unvollst\u00e4ndig verseift werden, vollst\u00e4ndig dagegen nur durch starke Kalilauge oder starke Schwefels\u00e4ure. Aus diesem Grunde habe ich mit dem Cilians\u00e4uremethylester noch zwei weitere Verseifungsversuche angestellt, bei welchen der Ester mit w\u00e4sseriger \"^-Natronlauge (25 ccm) im Hartglask\u00f6lbchen am Steigrohr auf dem Drahtnetz so lange zum Sieden erhitzt wurde, bis alles in L\u00f6sung gegangen war, was etwa 2 Stunden in Anspruch nahm. Die Fl\u00fcssigkeit blieb dabei vollst\u00e4ndig wasserhell, irgend eine Sch\u00e4digung der entstandenen Cilians\u00e4ure war also offenbar nicht eingelreten. Zur Kontrolle wurde daneben wieder ein blinder Versuch ausgef\u00fchrt. Zur Titration diente anfangs %-HCl, gegen Schlu\u00df n/io-HCl, als Indikator Phenolphthalein.\n0.4955 g Ester verbrauchten 23,37 \u2014 16,04 = 7.33 ccm n/*-HCl ; gefunden: 33,28\u00b0/o COOH.\n0.4948 g Ester verbrauchten 23,34 \u2014 16,07 = 7,27 ccm *\u00bb/*-HCl ; gefunden: 33,06\u00b0/o COOH.\nNach diesen Resultaten d\u00fcrfte der h\u00f6here (\u00fcber 33% iiegende) Wert den tats\u00e4chlichen Verh\u00e4ltnissen entsprechen, damit stimmt auch der aus den Methylgruppenbestimmungen berechnete Gehalt des Esters an Carboxyl \u00fcberein:\nCH3 (15,02) : COOH (45,01) = 11,14 : x; x = 33,38.\nDie von Pregl f\u00fcr den Ester aufgestellte Formel C23H3408 verlangt nun 10,28% CH3 und 30,81 % COOH, die von mir gefundenen Prozentzahlen (11,14% CH3 und 33,28 % COOH I Mittel von 3 Bestimmungen]) weichen also auch hier nicht unerheblich von den von der Formel C23H3408 geforderten ab. Ich habe mich deshalb nach einer anderen Formulierung umgesehen und gefunden, da\u00df die Formeln C24H34010bezw. C24H3201(> f\u00fcr die freie Cilians\u00e4ure und C28H42O10 bezw. C28H40O10 f\u00fcr den neutralen Methylester der Cilians\u00e4ure allen von mir erhaltenen Resultaten hinreichend entsprechen (vgl. die Tabelle auf S. 68) ; zwischen der Zahl der Wasserstoffatome l\u00e4\u00dft sich bei der Gr\u00f6\u00dfe der Formeln zurzeit eine sichere Entscheidung noch nicht treffen. Die Cilians\u00e4ure w\u00fcrde danach als eine vierbasische S\u00e4ure zu\n') Ber., Bd. 19, S. 478.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Cholsfture. III.\t67\nbezeichnen, der neutrale Methylester als Tetramethylester anzusprechen sein. Da sich die Formel Cf4HS2O10 glatt halbieren l\u00e4\u00dft, so habe ich noch Molekulargewichtsbestimmungen vorgenommen, um zu entscheiden, ob die Cilians\u00e4ure 24 oder 12 Kohlenstoffatome im Molek\u00fcl enth\u00e4lt. F\u00fcr die Bestimmungen wurde der Methylester verwendet, als L\u00f6sungsmittel diente Naphthalin; die Ausf\u00fchrung geschah nach der sch\u00f6nen und bequemen Methode von Baumann und Fromm.1)\nPr\u00e4parat I: 0.1836 g Ester in 10,007 g Naphthalin gel\u00f6st bewirkten eine Erniedrigung von 0,248\u00b0 (Mittel mehrerer gut \u00fcbereinstimmender Ablesungen). Molekulardepression f\u00fcr Naphthalin (nach Baumann und Fromm): 69,6. Gef. Mol.-Gew.: 515.\nPr\u00e4parat II: 0,2939 g Ester; 10,004 g Naphthalin; 0,397\u00b0 Erniedrigung. Gef. Mol.-Gew. 515.\nF\u00fcr die Formeln C28H40O10 bezw. C14H20O5 berechnen sich die Molekulargewichte 536 bezw. 268, der Cilians\u00e4ure-methylester enth\u00e4lt demnach 28 Atome und die freie Cilians\u00e4ure 24 Atome Kohlenstoff im Molek\u00fcl. Die angef\u00fchrten Bestimmungen sprechen aber auch gegen die Preglsche Esterformel C23H3408, denn eine solche Formel verlangt das Molekulargewicht 438. Schon Lassar-Cohn (1. c.) hatte eine kryoskopische Molekulargewichtsbestimmung des Esters ausf\u00fchren lassen, als L\u00f6sungsmittel diente Phenol und das gefundene Mol.-Gew. betrug 416. Der von Lassar-Cohn dargestellte Ester war aber, wie Pregl gezeigt hat, sicher noch nicht rein.\nMit den von mir angenommenen Formeln stimmen nun auch die von Pregl erhaltenen Resultate ziemlich \u00fcberein, mit Ausnahme des von Pregl gefundenen Carboxylgehaltes der Cilians\u00e4ure und des Baryumgehaltes des ciliansauren Baryums. Dieses Salz, das durch F\u00e4llen seiner w\u00e4sserigen L\u00f6sung durch Alkohol erhalten wurde, blieb allerdings nach Pregls Angaben unter allen Umst\u00e4nden amorph, es ist somit auch nicht erwiesen, da\u00df es einheitlich war. Der besseren\n*) Ber., Bd. 24, S. 1431. \u2014 Vgl. auch v. Miller und Kiliani, Kurzes Lehrbuch der analyt. Chem., 5. Aufl., S. 590.\nb*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"m\nMartin Schenck,\n\u00dcbersicht * halber sind in der nachstehenden Tabelle die von Pregl und mir erhaltenen Resultate, sowie die von den verschiedenen Formeln geforderten Werte zusammengestellt. Dazu ist zu bemerken, da\u00df die in Rubrik 5 (oben) verzeichnten, nicht eingeklammerten Zahlen Mittelwerte darstellen von sieben von Pregl f\u00fcr einwandfrei gehaltenen Analysen (Mon. 24, S. 59 u. 63) der Cilians\u00e4ure. Z\u00e4hlt man auch die auf S. 61 (1. c.) angef\u00fchrten 4 Verbrennungen mit, bei denen die Verbrennungsdauer 2 Stunden betrug und die deshalb nach Pregl zu weniger genauen, mit seiner Formel nicht \u00fcbereinstimmenden (mit meinen Formeln aber eher vertr\u00e4glichen) Prozentzahlen f\u00fchrten, so ergeben sich die eingeklammerten Mittelwerte. Auch die \u00fcbrigen in den Rubriken 5 und 6 angegebenen Zahlen stellen Mittelwerte dar. Nicht ber\u00fccksichtigt ist in der nachstehenden Zusammenstellung das von Lassar-Cohn auf seinen Silbergehalt untersuchte amorphe Silbersalz, da es jedenfalls nicht einheitlich war, wie ja auch aus der Bildung von saurem neben neutralem Ester beim Behandeln des Silbersalzes mit Jodmethyl (vgl. Pregl, Mon. 24, S. 63) hervorgeht.\n\t\tC24Ha4OIQ\tC24H3i010\tVon Pregl\tVon Schenck\n\t(Pregl)\t(Schenck)\t(Schenck)\tgefunden\tgefunden\nS\u00e4ure,\tHO,57 7,12\t59.72 7,10\t59,97 6,71 ! 60,18C 7.26H\t\t59,63\t7.18\n( '. und 11\tC\tII\t0 H\tC H\t(59,95 0 7,20H)\tC\tH\nS\u00e4ure, COOH\t34,08\t. - 37,33\t37,49\t34,17\t37,38\nEster,\t02.98 7,82'62,42 7.86\t\t62,65 7,52\t62,69\t7,99\t\nC und 11\tC\tH\tC H\tC H\tC\tH\t\nEster, COOH\t30,81\t33,44\t33,57\t.\u2014\t33,28 \u2018)\nEster, CH,\t; \u25a0 10,28\t11,16 \u2022 \u2022\t11,20\t10,74\t11,14\nRa-Salz, neutral\t34,40\t36,5\t36,6\t34,3\t\u2014\n*) Rechnet man diese Zahl um auf Prozente Carboxyl der freien S\u00e4ure, so ergeben sich, je nachdem man f\u00fcr die Cilians\u00e4ure als Formel C24H34O10 oder CmHsjOio annimml, die Zahlen 37,15 oder 37,16, Werte, die naturgem\u00e4\u00df mit der bei der direkten Titration der S\u00e4ure gefundenen Prozentzahl (37,88) \u00fcbereinstimmen m\u00fcssen.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Ch\u00f6ls\u00e4ure. Ul.\n69\nEs w\u00e4re gewi\u00df w\u00fcnschenswert, wenn au\u00dfer der Gilian-s\u00e4ure selbst und ihrem Methylester noch andere krystal-lisierte Derivate der S\u00e4ure (Salze oder dergl.) zur Verf\u00fcgung st\u00e4nden, denn nur die Untersuchung krystallisierter Produkte, deren Einheitlichkeit bis zu einem gewissen Grade garantiert ist, f\u00fchrt meines Erachtens hier zum Ziel. Leider habe ich bisher krystallisierte Salze oder andere Abk\u00f6mmlinge nicht erhalten k\u00f6nnen, die Alkalisalze (Natrium- und Kaliumsalz} der Gilians\u00e4ure sind zwar in Alkohol schwer l\u00f6slich, aber anscheinend auch nur amorph wie Baryum- und Silbersalz. Bei einem Versuch, aus dem Cilians\u00e4uremethylester durch Erhitzen mit \u00fcbersch\u00fcssigem, alkoholischem Ammoniak im Einschmelzrohr auf 160\u00b0 das S\u00e4ureamid darzustellen, erhielt ich auch nur ein amorphes Reaktionsprodukt. Nach den mitgeteilten Resultaten habe ich aber zurzeit keine Veranlassung, an der Richtigkeit einer Formel mit 24 Kohlenstoffatomen f\u00fcr die Gilians\u00e4ure zu zweifeln.\nDie Gilians\u00e4ure w\u00e4re nach dem Gesagten eine vierbasische S\u00e4ure ; die beiden au\u00dferhalb der 4 Carboxylgruppeir im Molek\u00fcl enthaltenen Sauerstoffatome haben sich noch nicht charakterisieren lassen. Pregl teilt mit, wie schon oben erw\u00e4hnt wurde, da\u00df die Gilians\u00e4ure den gew\u00f6hnlichen Ketonreagenzien gegen\u00fcber sich negativ verhalte. Auch ich habe in der zweiten Mitteilung (diese Zeitschr. Bd. 69, S. 387) bereits hervorgehoben, da\u00df ich bei reiner Gilians\u00e4ure weder mit Hydroxylamin, noch mit Phenylhydrazin ein Reaktionsprodukt gewinnen konnte. Ich m\u00f6chte dem noch hinzuf\u00fcgen, da\u00df die Cilians\u00e4ure auch mit selteneren Garbonylreagenzien wie p-Nitrophenylhydrazin oder Phenylmerkaptan nicht reagiert. Ebensowenig scheint der Cilians\u00e4uremethylester mit Hydroxylamin, Phenylhydrazin oder Phenylmerkaptan in Reaktion zu treten. Alkoholische Hydroxylgruppen \u2014 in Betracht kommen w\u00fcrden bei der gro\u00dfen Best\u00e4ndigkeit der Cilians\u00e4ure gegen Oxydationsmittel nur terti\u00e4re Alkoholgruppen \u2014 lassen sich nicht nach weisen,, da die S\u00e4ure mit Benzoylchlorid nicht reagiert. Auch in laktonartiger Bindung ist Sauerstoff in der Gilians\u00e4ure nicht vorhanden, denn bei l\u00e4ngerem Erhitzen mit \u00fcbersch\u00fcssiger titrierter Lauge und","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"'u\tMartin Schenck,\nZur\u00fcckmessen des \u00dcberschusses wurden keine wesentlich anderen Werte gefunden, als bei der direkten Titration der S\u00e4ure. Sauerstoff in \u00e4therartiger Bindung enth\u00e4lt die Ciiian-s\u00e4ure scheinbar auch nicht, denn starke (ca. 66 \u00b0/0 ige) Bromwasserstoffs\u00e4ure, die mitunter solche Bindungen l\u00f6st,1) wirkte bei mehrst\u00fcndigem Erhitzen mit Cilians\u00e4ure im Einschmelzrohr im Dampfbad kaum ein: es wurde im wesentlichen unver\u00e4nderte Cilians\u00e4ure zur\u00fcckerhalten, neben geringen Mengen eines braunen, \u00f6ligen, bromhaltigen Produktes. Erw\u00e4hnen m\u00f6chte ich noch, da\u00df sich die Cilians\u00e4ure mit Zinkstaub und Natronlauge bei Dampfbadtemperatur nicht reduzieren lie\u00df. Wenn nun auch der Nachweis von Ketonsauerstoff in der Cilians\u00e4ure bisher nicht gegl\u00fcckt ist, so m\u00f6chte ich doch mit 1 re gl annehmen, da\u00df diese S\u00e4ure au\u00dfer den Carboxylgruppen zwei Ketongruppen enth\u00e4lt.\nDie Annahme, da\u00df die Cilians\u00e4ure 24 Kohletfstoffatome im Molek\u00fcl besitzt, erscheint zun\u00e4chst \u00fcberraschend; die Cilians\u00e4ure w\u00e4re danach gar kein Abbauprodukt der Chols\u00e4ure, wie man bisher angenommen hat, sondern lediglich ein Oxydations-produkt, das noch den gesamten Kohlenstoff des Ausgangs-roaterials enth\u00e4lt. Nun entsteht bei der Oxydation der Bilian-s\u00e4ure zu Cilians\u00e4ure Kohlens\u00e4ure, deren Bildung f\u00fcr eine Abspaltung von Kohlenstoffatomen aus der Bilians\u00e4ure zu sprechen scheint. Tats\u00e4chlich d\u00fcrften die Verh\u00e4ltnisse aber so liegen, da\u00df die Bilians\u00e4ure bei der Oxydation zun\u00e4chst in die Cilians\u00e4ure \u00fcbergeht, da\u00df die letztere S\u00e4ure zwar schwer oxydabel ist, da\u00df aber ein kleiner Teil von ihr dennoch weiter oxydiert und nun, nachdem einmal der Angriff erfolgt, sehr weitgehend ver\u00e4ndert wird unter Entstehung von Kohlens\u00e4ure. Daf\u00fcr spricht auch der folgende Versuch. Reine Cilians\u00e4ure wurde in der gleichen Weise, wie dies bei der Oxydation der Bilians\u00e4ure zur Darstellung von Cilians\u00e4ure geschieht, mit Permanganat in alkalischer L\u00f6sung in der Siedehitze behandelt. Das Permanganat wurde dabei, wenn auch langsam, vollst\u00e4ndig entf\u00e4rbt; es konnte aber bei diesem Versuch, bei dem allerdings nur\n\u2018) Vgl. Li pp, Ber., Bd. 22, S. 2572 (Aufspaltung von y-Pentylen-\noxyd).","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Chols\u00e4ure. III.\t71\neine kleine Menge Cilians\u00e4ure (1 g) verwendet worden war, im wesentlichen nur Cilians\u00e4ure erhalten werden, au\u00dferdem lie\u00df sich die Bildung von Kohlens\u00e4ure und von wenig Oxals\u00e4ure (durch qualitative Proben nachgewiesen) konstatieren. Daf\u00fcr, da\u00df bei der Entstehung der Cilians\u00e4ure aus der Bilian-s\u00e4ure keine KohlenstofTabspaltung stattfindet, spricht vielleicht auch die von Lassar-Cohn mitgeteilte Tatsache, da\u00df man die Bilians\u00e4ure zur Cilians\u00e4ure bereits in der K\u00e4lte oxydieren kann, wenn auch der Proze\u00df dann l\u00e4ngere Zeit (14 Tage) erfordert. Ferner w\u00e4re hier darauf hinzuweisen, da\u00df auch die Cholans\u00e4ure, das Oxydationsprodukt der beiden in der Galle neben Chols\u00e4ure vorkommenden isomeren S\u00e4uren, der Cholein-s\u00e4ure und Desoxychols\u00e4ure (C84H40O4), au\u00dferordentlich schwer oxydabel ist, trotzdem sie noch den gesamten Kohlenstoff des Ausgangsmaterials aufweist (C84H3607). \u00dcber die Entstehungsweise der Cilians\u00e4ure aus Bilians\u00e4ure (vielleicht \u00dcbergang einer Methylgruppe in eine Carboxylgruppe ?) l\u00e4\u00dft sich zurzeit noch nichts Sicheres aussagen.\nIm Anschlu\u00df an das Vorstehende seien einige Bemerkungen \u00fcber die auch noch nicht aufgekl\u00e4rte Art der Entstehung der Bilians\u00e4ure aus Dehydrochols\u00e4ure resp. Chols\u00e4ure gestattet. Seit Mylius1) scheint meist angenommen zu werden, da\u00df die Chols\u00e4ure au\u00dfer der Carboxylgruppe eine sekund\u00e4re und zwei prim\u00e4re Alkoholgruppen enth\u00e4lt. Beim \u00dcbergang der Chols\u00e4ure in die Dehydrochols\u00e4ure w\u00fcrden demnach eine Ketongruppe und zwei Aldehydgruppen gebildet werden. Die Keton- resp. Aldehydnatur dieser Gruppen ist freilich bis auf heute noch nicht bewiesen. Die Entstehung der Bilians\u00e4ure, die nachgewiesenerma\u00dfen 3 Carboxylgruppen und 2 Ketongruppen enth\u00e4lt, w\u00fcrde weiter so zu denken sein, da\u00df die beiden Aldehydgruppen der Dehydrochols\u00e4ure zu Carboxylgruppen oxydiert werden und da\u00df eine zweite Ketongruppe neu gebildet wird. Die Bildung dieser neuen Ketongruppe soll in der Weise geschehen, da\u00df an einem doppelt gebundenen Kohlenstoffatom ein Wasserstoffatom zur Hydroxylgruppe oxydiert wird und alsbald\n\u2018) Ber., Bd. 20, S. 1985 und 1986; vgl. auch Letsche, Diese Zeitschrift, Bd. 61, S. 216, und Pregl, Diese Zeitschrift, Bd. 65, S. 169.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nMartin Schenck,\neine Umlagerung der Enolform in die Ketoform stattfindet. Wir h\u00e4tten somit die durch das folgende Schema dargestellten \u00dcberg\u00e4nge.\nHCV\n-COOH\t-COOH\n\u2014 OILOH HCv -CII.OH\t-CHO\tOCx \u2014 CHO \"*ur,/C\u2018\u00bbH*9 >CO\t*\n>CH01I\t\n\u2014 COOH \u2014COOH \u2014COOH >CO\nChols\u00e4ure, C24H4005. Dehydrochols\u00e4ure, C84H3405. Bilians\u00e4ure, Ct4H3408.\nEs m\u00fc\u00dfte somit in der Chols\u00e4ure eine Doppelbindung angenommen werden, die sich aber bekanntlich mit den gew\u00f6hnlichen Mitteln bisher nicht hat nachweisen lassen. Nun glaubt Uangheld1) eine versteckte Doppelbindung in der Chols\u00e4ure nachgewiesen zu haben, da es ihm gelang, ein Chols\u00e4ureozonid zu gewinnen. Demgegen\u00fcber haben aber Wieland und Weil2) meines Erachtens mit Recht darauf hingewiesen, da\u00df bei der Ozonidbildung aus Chols\u00e4ure kompliziertere Vorg\u00e4nge im Spiele sein k\u00f6nnten, da ja auch das der Chols\u00e4ure offenbar nahestehende Cholesterin, in welchem nach allgemeiner Annahme nur eine Doppelbindung vorhanden ist, mehr Ozon' anlagert, als von der Theorie gefordert vyird. Auch konnten Wieland und Weil die Chols\u00e4ure selbst \u2014 mit Palladiumschwarz und Wasserstoff \u2014 nicht reduzieren, w\u00e4hrend sich eine Hydrierung mit den genannten Reagenzien bei der durch Vakuumdestillation aus Chols\u00e4ure gewonnenen, dreifach unges\u00e4ttigten S\u00e4ure glatt ausf\u00fchren lie\u00df. Das Vorhandensein einer Doppelbindung in der Chols\u00e4ure ist daher einigerma\u00dfen unwahrscheinlich, jedenfalls noch nicht streng bewiesen.\nGegen\u00fcber der eben geschilderten Ansicht \u00fcber die Entstehung der Bilians\u00e4ure aus Chols\u00e4ure m\u00f6chte ich auf die M\u00f6glichkeit einer anderen Bildungsweise der Bilians\u00e4ure hin-weisen. Angenommen, die Chols\u00e4ure enthielte au\u00dfer der Carbox y lgruppe drei sekund\u00e4re, an der Bildung von Ringen beteiligte Alkoholgruppen, so w\u00fcrden aus diesen Alkoholgruppen beim \u00dcbergang der Chols\u00e4ure in Dehydrochols\u00e4ure drei Ketongruppen hervorgehen. Bei der weiteren Oxydation der Dehydrochols\u00e4ure\n\u2022) Her., Bd. 41, S. 1024.\n\u2019) Diese Zeitschrift, Bd. 80, S. 289.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Chols\u00e4ure. 111.\n73\nzu Bilians\u00e4ure w\u00fcrde dann an einer der Ketongruppen eine oxydative Ringsprengung stauhaben (entsprechend dem \u00dcbergang etwa von Campher in Camphers\u00e4ure). Wir h\u00e4tten dann das Schema:\nHO-HC\n1I2C\n\noc\n4 XA,\n\u2014CO()H HO OC >CO HOOf/\n-coon >co >co\n-COOH > CHOH\n>CHOU\t_ __\t^\nChols\u00e4ure, C,4H40O6. Dehydrochols\u00e4ure, CMHS406. Bilians\u00e4ure, ^4H340\u201e\nVon den drei Ketongruppen der Dehydrochols\u00e4ure m\u00fc\u00dfte nach der eben skizzierten Vorstellung eine reaktionsf\u00e4higer sein als die beiden anderen. Damit steht in Einklang, da\u00df bei der Reduktion der Dehydrochols\u00e4ure, wie ich fr\u00fcher gezeigt habe (diese Zeitschr., Bd. 03, S. 308; vgl. auch ibid. Bd. 69, S. 383), nur eine Garbonylgruppe in Reaktion tritt. Ferner\nw\u00e4re vielleicht hier anzuf\u00fchren, da\u00df nach Mylius\u00bb) die Dehydrochols\u00e4ure nur mit 2 Molek\u00fclen Phenylmerkaptan reagiert, da\u00df bei der Bildung des Reaktionsproduktes also nur eine Carb-onylgruppe der Dehydrochols\u00e4ure beteiligt ist.\nDas f\u00fcr die Untersuchung ben\u00f6tigte Ausgangsmaterial war,' bis zu einem gewissen Grade vorgereinigt, in gr\u00f6\u00dferer Menge von der Firma L. Merck-Darmstadt bezogen worden. Zur Beschaffung des Materials wurde mir eine Geldbeihilfe aus der Gr\u00e4fin Louise Bose-Stiftung, deren Verwaltung ich hierf\u00fcr zu Danke verpflichtet bin, bewilligt.\n') Ber., Bd. 20, S. 1980.","page":73}],"identifier":"lit19892","issued":"1913","language":"de","pages":"59-73","startpages":"59","title":"Zur Kenntnis der Chols\u00e4ure. III. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"87"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:26:26.759256+00:00"}