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{"created":"2022-01-31T14:37:04.292546+00:00","id":"lit19904","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Stanford, R. V.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 87: 188-206","fulltext":[{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHamindikan\u00bb).\n1. Mitteilung.\nV\nVon\nDr. R. V. Stanford.\n(Research Chemist, Cardiff City Mental Hospital. England.)\nMit einer AM>il<lung im Text.\n(her Redaktion znjrcgangen am 2t. Juli 1913.)\nDa\u00df der Harn nach passender Behandlung Indigo liefern kann, ist schon l\u00e4ngst bekannt und die indigoliefernde Substanz, das sogenannte Harnindikan, ist wiederholt Gegenstand chemischer und physiologischer Untersuchung gewesen. Nach Maillard1) erreichen die diesbez\u00fcglichen Ver\u00f6ffentlichungen die ungeheure Zahl von mehreren Tausenden. Da das Wichtigste aus dieser umfangreichen Literatur schon verschiedentlich zusammengefa\u00dft worden ist,*) so scheint es mir nicht n\u00f6tig, in die Geschichte der lndikanfrage n\u00e4her einzugehen. Es darf nur daran erinnert werden, da\u00df einige Harne, wenn sie mit einer S\u00e4ure und mit einem Oxydationsmittel versetzt werden, Indigo liefern. Als Oxydationsmittel sind alle m\u00f6glichen sauer-stoffreichen Verbindungen vorgeschlagen worden. Als S\u00e4ure kommt konzentrierte Chlorwasserstoffs\u00e4ure meistens zur Verwendung. Der gebildete Farbstoff wird gew\u00f6hnlich mit einem passenden L\u00f6sungsmittel (Chloroform) ausgezogen.\nDie indigobildenden Substanzen des Harns kann man auch dadurch fassen, da\u00df man sie durch Behandlung mit einer S\u00e4ure\n\u2018i L ('.. Maillard, L'indoxylc urinaire et les couleurs qui en d\u00e9rivent, Paris. Schleicher. 1003, S. XI und 114.\n*1 Vgl: Maillard, loc. cit. ; Wang, Om Indikanuri, Christiania, Jacob Dywad, 1000, S. loti und XVI, auch diese Zeitschrift, passim; Ellinger, Diese Zeitschrift, Bd. 38, S. 178 (.1003).","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikah*). 1, ISO\n(Chlorwasserstoffs\u00e4ure) und mit einer w\u00e4sserigen L\u00f6sung von Isatin in Indirubin \u00fcberf\u00fchri.1)\nNachdem von Baumann und Brieger-') und von Hoppe-Seyler3) gezeigt wurde, da\u00df Kaliumindoxyisulfat mit Chlorwasserstoff und Oxydationsmitteln Indigo liefert, und nachdem sie Kaliumindoxyisulfat aus dem Harn von mit Indol gef\u00fctterten Tieren dargestellt hatten, ist allgemein angenommen worden, da\u00df die indigoliefernde Substanz des menschlichen Harns (das Harnindikan) mit Kaliumindoxyisulfat identisch war.\nViele Untersuchungen sind auch zu dem Zweck ausgef\u00fchrt worden, die physiologische oder pathologische Bedeutung der indigobildcnden Substanzen des Harns aufzukl\u00e4ren. Dabei ist ihre Entstehung auf eine ganze Beihe von verschiedenen Faktoren bezogen worden. Au\u00dfer verschiedenen k\u00f6rperlichen und geistigen Krankheiten sollen die Fleischnahrung und insbesondere die \u00fcberm\u00e4\u00dfige Darmf\u00e4ulnis zuerst in Betracht kommen. Wenn man aber die mangelhaften analytischen Daten, worauf diese Behauptungen sich st\u00fctzen, kritisch \u00fcberlegt, so wird man zu dem Schlu\u00df kommen, da\u00df sie blo\u00df eine allgemeine Meinung darstellen, welcher jeder exakte Beweis fehlt.\nZu diesen physiologischen Zwecken sind > zuerst nur qualitative Proben angewandt worden. Andere Autoren haben aber sp\u00e4ter versucht, durch quantitative Bestimmung des \u00abIndi-kans* exaktere Resultate zu erhalten. Die bekanntesten quantitativen Methoden r\u00fchren von Obermayer,*) Wang,5) Bouma,6) Ellinger,7) Maillard\u00ab) und Folin9) her.\n*) Bouma. Diese Zeitschrift, Bd. 32, S. 82 4901); Bd 39, S. 3f>0\n(1903).\n2) Baumann und Brieger, Diese Zeitschrift, Bd. 3, S. 254 (1879). :t) Hoppe-Sey 1er. Diese Zeitschrift, Bd. 7, S. 423; Bd. 8, S. 79\n(1883).\n4) Obermayer. Diese Zeitschrift, Bd. 26. S. 427 (1898).\n5j Wang, Diese Zeitschrift. Bd. 25, S. 406 (189\u00ab); Bd. 27, S. 135\n(1899).\nc) Bouma, loc. cit., Vgl. auch diese Zeitschrift, Bd. 27. S. 348; Bd. 28, S. 576 (18991; Bd. .30, S. 117 (1900).\n7) Ellinger, loc. cit. s) Maillard, loc. cit.\n9) Folin. Amer. Journ. Physiology. Bd. 13. S. 53 (1905).","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"HH)\nR. V. Stanford,\nDie Tatsache, da\u00df fast jeder Autor die Methoden seiner Vorg\u00e4nger unbefriedigend gefunden hat, zeigt, da\u00df eine genaue Methode zur Bestimmung dieser Substanzen noch zu suchen ist, und ich halte es deswegen f\u00fcr nicht n\u00f6tig, die undankbare Arbeit einer eingehenderen Kritik der bisher ver\u00f6ffentlichten Methoden zu unternehmen, um so mehr, als ich die Frage gelegentlich einer anderen Arbeit schon behandelt habe.1) Einige \u00dcberlegungen in bezug auf die quantitative Bestimmung des llurnindigos werden sich auch weiter unten finden, in Zusammenhang mit den Versuchen, wor\u00fcber ich hier berichten will.\nln dieser ersten Mitteilung bandelt es sieb um die Eigenschaften der indigobildenden Substanzen und deren Zusammensetzung. In sp\u00e4teren Arbeiten hoffe ich \u00fcber neue qualitative und quantitative Methoden zur Erkennung derselben berichten zu k\u00f6nnen.\nI \u00bbBest\u00e4ndigkeit der iiidigobildenden Substanzen.\nIm Laufe von drei Jahren habe ich mehr als 2000 Harne auf Indigo untersucht. Dabei habe ich die folgende Beobachtung gemacht und hundertmal best\u00e4tigt: die Substanzen, die Indigo liefern, sind unbest\u00e4ndig, d. h. ein indigogebender Harn verliert sehr oft innerhalb ein paar Stunden die F\u00e4higkeit, Indigo zu liefern. Die Erscheinung ist aber nicht konstant. In einigen F\u00e4llen verschwinden die indigobildenden Substanzen im Laufe von 1\u20148 Stunden ganz, in anderen F\u00e4llen aber liefert der Harn nach mehreren Stunden oder Tagen sogar ebensoviel Farbstoff wie am Anfang. Es kommen auch alle m\u00f6gliche Zwischenstufen vor. Bald beginnt das Verschwinden \u00ab1er indigoliefernden Substanzen sofort, bald erst nach ein paar Stunden: einmal verschwindet alles, dann wieder nur ein Teil, wonach der Best l\u00e4ngere Zeit unver\u00e4ndert bleiben kann.\nEs kann erstaunen, da\u00df in der umfangreichen Literatur dieses Gebiets diese auffallende Erscheinung bisher nicht erw\u00e4hnt worden ist. Trotzdem ist sie von au\u00dferordentlicher \\\\ ichtigkeit. Was hilft die genaueste Bestimmungsmethode,\n') Journal of Mental Science ltd. 57, S. 21)1 (11)11).","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobilderule Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb). I. IM\nwenn die Substanz nicht mehr vollst\u00e4ndig da ist ? Da es oft geschieht, da\u00df eine merkliche Verminderung des Indigogehalts eines Harns schon eine Stunde nach der Entleerung desselben zu beobachten ist, so l\u00e4\u00dft sich fragen, ob nicht dieser Proze\u00df noch in der Blase selbst vor sich geht. Es scheint mir jedenfalls au\u00dfer Zweifel, da\u00df die h\u00e4utig sich widersprechenden xVn-gaben \u00fcber Harnindikan, sowie die Befunde \u00fcber vermutliche Beziehungen zwischen Harnindikan und pathologischen Zust\u00e4nden gr\u00f6\u00dftenteils in dieser Weise zu erkl\u00e4ren sind. Dies ist um so mehr wahrscheinlich, als in vielen F\u00e4llen die \u00fcblichen \u00ab21st\u00fcndigen > Portionen zur Analyse gekommen sind.\nDie einzigen Versuche, bei denen dieser Tatsache Beclt-nung getragen wird, sind meines Wissens die, die ich selbst fr\u00fcher ver\u00f6ffentlicht habe.1) Es handelte sich darum, die Literaturangaben \u00fcber Zusammenhang zwischen Harnindikan und Geisteskrankheiten nachzupr\u00fcfen, und die obenerw\u00e4hnte Schwierigkeit. wurde in der Weise umgangen, da\u00df w\u00e4hrend des Tages und der Nacht mehrere Tage hindurch jede einzelne Portion des Harns der betreffenden Patienten sofort nach der Entleerung im Laboratorium untersucht wurde. Die Bestimmungsmethode war keineswegs genau, gen\u00fcgte aber f\u00fcr den damaligen Zweck, weil nur aus sehr gro\u00dfen Unterschieden Schl\u00fcsse gezogen wurden. Da die genannte Abhandlung wohl nicht allgemein zug\u00e4nglich ist, so sei es gestattet, einige von den Resultaten hier kurz zu erw\u00e4hnen, die in bezug auf die in dieser Arbeit behandelten Fragen von Interesse sind.\nEs wurde gefunden, da\u00df die Indigoausscheidung bei demselben Individuum sehr gro\u00dfe Schwankungen zeigt. Die Menge entstandenen Indigos \u00e4ndert sich nicht nur von einem Tag bis zum andern, sondern auch sogar von einer H\u00e4rnportion bis zur n\u00e4chsten. Dies ist aus den nebenstehenden Kurven 1 und 1! ersichtlich, ln der Kurve I sind auf der Ordinatenaxe die Tagesmengen Indigo und auf der Abszissenaxe die Tage aufgetragen. Die Kurve II2) ist aus denselben Versuchsresultaten konstruiert, nur ist die in jeder Harnportion gefundene Menge Indigo auf\n\u2018) Journal of Mental Science, Bd. 57, $. 2U1 (BMI).\n*) Die Vertikalskala ist zehnmal so gro\u00df als bei Kurve I.\nIloppe-Seylers, Zeitschrift f. physiol. Chemie. !,XXXVII.\nII","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"R. V. Stanford\nCJT Vf I","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"IndigobildendeJSubstanzen im Ham (\u00abHarnindikan\u00bb). I. 103\ndie Kurve getragen und mit der Ordinate der vorigen Portion durch eine horizontale Linie verbunden : infolgedessen sind die H\u00f6hen der horizontalen Linien der Indigomenge proportional, die in dem Zeitintervall zwischen den beiden Harnportionen entstanden ist. Es zeigt also diese Kurve ann\u00e4hernd die st\u00fcndliche \u00c4nderung der Indigoausscheidung.1)\nAus den in Kurve II enthaltenen Resultaten l\u00e4\u00dft sich auch ein Schlu\u00df ziehen, der mit R\u00fccksicht auf die Frage der m\u00f6glichen Zersetzung der indigobildenden Substanzen in der Blase von Interesse ist. Wenn n\u00e4mlich diese Zersetzung auch in der Blase geschieht, so w\u00fcrde man erwarten, da\u00df die nach langen Zeitperioden entleerten Harnportionen im allgemeinen weniger Indigo liefern als die, die in der Blase nur kurze Zeit geblieben waren. Man sollte also im Harn, welcher morgens fr\u00fch entleert wird, weniger Indigo finden, als in den Tagesportionen, die oft nur eine oder zwei Stunden in der Blase gewesen sein k\u00f6nnen. Nach Kurve II ist dies aber nicht der Fall. Im Gegenteil findet man gew\u00f6hnlich die gr\u00f6\u00dften Indigomengen im Morgenharn. Dies stimmt auch mit meinen sonstigen Erfahrungen \u00fcberein, wenn man in Betracht zieht, da\u00df man nie im voraus sagen kann, ob ein bestimmter Harn Indigo liefern kann oder nicht.\nMan mu\u00df also vorl\u00e4ufig annehmen, da\u00df die indigobildenden Substanzen des Harns bis zum Entleeren desselben unvermindert bleiben. Dann lassen sich aber die Fragen stellen : Weshalb verschwinden diese Substanzen nachher und wie kann man dies verhindern? i -\nIch habe viele Versuche angestellt, um den Grund der Zersetzung zu finden und wom\u00f6glich Mittel zu schaffen, wodurch sie vermieden werden konnten. Zu diesem Zweck wurde der Indigogehalt des Harns nach verschiedener Behandlung verfolgt und mit dem gleichzeitigen Indigogehalt desselben Harns ohne Behandlung verglichen. Der Unsicherheit aller Indigoproben im Harn zufolge wurden Schl\u00fcsse nur dann ge-\n*) Dies ist die einzige Mitteilung der fr\u00fcheren Publikation, welche an dieser Stelle wiederholt wird.\n14*","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"iw\tR. V. Stanford.\nzogen, wenn Indigo am Anfang vorhanden war und sp\u00e4ter nicht mehr nachweisbar wurde.\nDie Ausf\u00fchrung dieser Versuche ist ziemlich unbequem, wenn man die M\u00f6glichkeit von zuf\u00e4lligen Erscheinungen ausschlie\u00dfen will. Die Versuchsresultate sind unter sich vergleichbar, nur wenn sie zu derselben Zeit und aus derselben Harnportion erhalten sind. Es ,mu\u00df also gleichzeitig eine zweite Versuchsreihe ausgef\u00fchrt werden und au\u00dferdem mu\u00df man auch gleich nach der Entleerung des Harns die s\u00e4mtlichen Versuche an stellen. Am Anfang wird die Anwesenheit der indigobildenden Substanzen durch eine qualitative Probe best\u00e4tigt, und die Indigoprobe wird nach kurzen Zeitintervallen mit s\u00e4mtlichen Portionen und Kontrollen wiederholt. Es ist schon oben erw\u00e4hnt worden, da\u00df in einigen F\u00e4llen (wrenn auch nur selten) die indigobildenden Substanzen auch im Harn, welcher keinerlei Behandlung unterworfen wird, l\u00e4ngere Zeit unver\u00e4ndert bleiben k\u00f6nnen: infolgedessen k\u00f6nnen bei irgendwelcher Behandlung des Harns einzelne g\u00fcnstige Resultate nichts beweisen. Aus meinen Versuchen lassen sich die folgenden Schl\u00fcsse ziehen:\nReaktion. \u2014 Die Reaktion des Harns scheint keinen Einllu\u00df auf die Zersetzung der indigobildenden Substanzen zu haben, solange sie nur schwach alkalisch oder sauer ist. Die Zersetzung wird nicht verhindert, wenn der Harn mittels Ammoniak, Natriumcarbonat, Natriumhydroxyd, Baryumhydroxyd, Kalkwasser oder Natriumphosphat schwach alkalisch gemacht wird, und sie geht auch vor sich, wenn der Harn durch die obigen Alkalien gegen Lackmus neutral gemacht wird oder durch Zusatz von Calciumcarbonat oder BaryUmcarbonat neutralisiert wird. Auch Zusatz von S\u00e4uren allein (Essigs\u00e4ure) oder von S\u00e4uren und reduzierenden Mittel (Zink, Kalium-metabisulfit) hindert die Zersetzung nicht. Bei Zusatz von gr\u00f6\u00dferen Mengen S\u00e4ure oder Alkali verschwindet die Indigoreaktion sehr bald.\nLicht. \u2014 Die indigobildenden Substanzen verschwinden auch im Dunkel.\nTemperatur. \u2014 In der Eiskammer verschwindet die","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb). 1. ID.)\nIndigoreaktion auch, jedoch gew\u00f6hnlich nicht so schnell, wie in demselben Harn bei Zimmertemperatur. Trotzdem ist der Indigo nach ein paar Stunden bei 0\u00b0 oft nicht mehr nachweisbar, soda\u00df der Harn nicht auf diese Weise aufbewahrt werden kann.\nMikroorganismen und atmosph\u00e4rischer Sauerstoff. \u2014 Diese beiden Faktoren lassen sich kaum trennen, einmal weil die Watte, wodurch die Bakterien ferngehalten werden, auch die Ber\u00fchrung mit der Luft teilweise vermindert, und zweitens weil durch das Fernhalten der Luft die T\u00e4tigkeit der aeroben Bakterien ebenfalls aufgehoben wird. Die Versuche, die die Bedeutung dieser beiden Faktoren aufkl\u00e4ren sollten, haben sehr .widersprechende Resultate gegeben.\nZuerst wurde das Verhalten von sterilen Harnen untersucht.1) In jedem Falle wurde die Sterilit\u00e4t durch Auftr\u00e4gen von 5 ccm des Harns auf Bouillon und 48 st\u00e4ndige Aufbewahrung bei 37\u00b0 bewiesen. Als Beispiele der Resultate lasse ich einige Versuchsprotokolle folgen.\na)\tHarn \u00abBSU/1/2\u00bb. Erhalten 5'/\u00ab Uhr nachm.,den 30.Oktober; steril; Indigoprobe\n10 Uhr vorm., 31. Oktober, Indigoprobe noch unvermindert.\nDie Watte wurde dann (10\u2018,\u00ab Uhr vorm.) herausgenommen.\n12 V* Uhr nachm., 31. Oktober, Indigo noch unvermindert.\n5 Uhr nachm., 31. Oktober. Indigo fast verschwunden.\nb)\tHarn \u00abBSU/1/1\u00bb. Erhalten 4\u2018/t Uhr nachm., B. November; steril: Indigoreaktion -f.\n12'/\u00ab Uhr nachm., 7. November, Indigo noch -{-.\n3\u2018/* Uhr nachm., 8. November. Indigo noch\nDer Harn wurde in 2 Gef\u00e4\u00dfen mit Watteverschlu\u00df auf bewahrt.\nUm 3\u2018/* Uhr nachm., 8. November, wurde die Watte'aus dem einen Gef\u00e4\u00df herausgenommen ; um\n5'/\u00ab Uhr nachm, konnte man in dieser Portion kein Indigo nach-weisen.\nDer andere (noch verschlossene) Teil gab dagegen ebensoviel Indigo, wie am Anfang, und die Indigoreaktion war am \u00fcbern\u00e4chsten Morgen (101/* Uhr) noch unvermindert. Zu dieser Zeit wurde die Watte herausgenommen: nach 2 Stunden (12*/* Uhr, den 10. November) war Indigo in der Fl\u00fcssigkeit \u00fcberhaupt nicht mehr zu finden.\n*) Die Harne wurden unter aseptischen Bedingungen von meinem Kollegen Dr. E. Barton White gesammelt, dem ich auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen m\u00f6chte.","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nR. V. Stanford,\nIn diesen beiden F\u00e4llen sind die indigobildenden Substanzen im sterilen Harn l\u00e4ngere Zeit unver\u00e4ndert geblieben: dann wurden die Watte Verschl\u00fcsse der Gef\u00e4\u00dfe herausgenommen, wonach innerhalb 2 Stunden die Indigoproben negativ ausfielen.\nFine Erkl\u00e4rung f\u00fcr diese Erscheinung ist schwer zu geben. Die Unsicherheit der Indigoprobe kann nicht daran schuld sein, weil es sich nicht um eine Verminderung des Indigogehaltes handelt, sondern um das vollst\u00e4ndige Verschwinden desselben. Das Herausnehmen der Watte gibt aber nur die M\u00f6glichkeit zum Eintritt von Bakterien, und wenn \u00fcberhaupt dadurch Keime hineingelangen, so ist es unglaublich, da\u00df sie sich innerhalb 2 Stunden gen\u00fcgend entwickeln konnten, um die Zersetzung zu bewirken.\nGegen die M\u00f6glichkeit einer bakteriellen Zersetzung der indigobildenden Substanzen sprechen auch andere Versuche (die ich hier nicht im Detail wiedergeben will), wobei die Indigoreaktion auch im sterilen Harn ebenso schnell verschwunden ist, wie im nicht sterilen Harn.\nDie indigobildenden Substanzen k\u00f6nnen auch bei Gegenwart von einigen Bakterien l\u00e4ngere Zeit unver\u00e4ndert bleiben, wie z. B. aus dem folgenden Versuch hervorgeht.\nDer Harn \u00abBSU/2* wurde um 7V* Uhr 1. Dezember unter aseptischen Bedingungen gesammelt und besa\u00df zu dieser Zeit eine deutliche Indigoreaktion. Nach 6 Tagen war der Indigogehalt ebenso gro\u00df, wie am Anfang. Der Harn war aber nicht steril. Die bakteriologische Untersuchung zeigte die Anwesenheit von drei Bakterienarten: 1. ein gro\u00dfer Bacillus, Gram positiv, wahrscheinlich B. subtilis, 2. ein gro\u00dfer Coccus, Gram positiv, 3. ein Staphylococcus, auch Gram positiv.\n\\Vrenn man daher die bakterielle Zersetzung f\u00fcr unwahrscheinlich halten mu\u00df, so bleibt nur \u00fcbrig, anzunehmen, da\u00df die in den obigen Versuchen nach Entfernen des Verschlusses stattlindende Zersetzung eine Folge des Zutritts der Luft sei. Es spricht aber manches dagegen, und vor allem die Tatsache, da\u00df die Gef\u00e4\u00dfe schon Luft enthielten und beim Entnehmen der verschiedenen Proben mehrmals in Ber\u00fchrung mit der Au\u00dfenluft gekommen waren.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb). I. 197\nIch habe in weiteren Versuchen das Verhalten von indigoreichen Harnen gegen Bakterien und Luft unter anderen Umst\u00e4nden verglichen. Die T\u00e4tigkeit von Bakterien wurde durch Zusatz von Toluol gehemmt, und Sauerstoff wurde dadurch entfernt, da\u00df man w\u00e4hrend einer halben Stunde durch den Harn Kohlendioxyd leitete und die Fl\u00fcssigkeit nachher in einer Atmosph\u00e4re von Kohlendioxyd aufbewahrte. Es wurden also verglichen :\n1.\tHarn ohne Behandlung, an der Luft aufbewahrt :\n2.\tHarn -f- Toluol, an der Luft aufbewahrt;\n3.\tHarn mit C02 behandelt und in einer GOt-Atmosph\u00e4re aufbewahrt;\n4.\tHarn -j- Toluol -f- Behandlung mit C02 wie bei 3.\nDie Resultate der verschiedenen Versuchsreihen w\u2019aren\nsehr verschieden. Bei jeder von den vier Behandlungen sind die indigobildenden Substanzen in einigen F\u00e4llen l\u00e4ngere Zeit un-zersetzt geblieben, in anderen F\u00e4llen aber sind sie rasch zersetzt worden.\nAus den oben erw\u00e4hnten Versuchen geht hervor, da\u00df man vorl\u00e4ufig nicht imstande ist, einen indigoliefernden Harn aufzubewahren und dabei die indigobildenden Substanzen mit Sicherheit unvermindert zu halten.\nEs ist m\u00f6glich, da\u00df die Zersetzung ein Autoxydations-proze\u00df sei. Bei Pflanzen kommen Substanzen, die den Sauerstoff \u00abaktivieren\u00bb bekanntlich h\u00e4ufig vor, und es ist m\u00f6glich, da\u00df tierische Produkte wie Harn solche Verbindungen auch enthalten k\u00f6nnen. Die Widerspr\u00fcche, die i\u00f6h bei der Untersuchung dieser Frage best\u00e4ndig getroffen habe, w\u00fcrden sich alle durch diese Hypothese erkl\u00e4ren lassen, denn man kann sich wohl denken, da\u00df die autoxydablen Substanzen sich nicht immer im Harn befinden. Bei deren Anwesenheit w\u00fcrden die indigobildenden Substanzen zersetzt (insbesondere bei Gegenwart der Luft). Dies w\u00fcrde den Befund erkl\u00e4ren, da\u00df die Luft in einigen F\u00e4llen die Zersetzung beg\u00fcnstigt und in anderen dagegen nicht. Die Untersuchung der Frage wird in dieser Richtung fortgesetzt.","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"R. V. Stanford,\n1P8\nIsolierung der indigobildenden Substanzen.\nDie indigoliefernde Substanz des menschlichen Harns ist noch nicht isoliert worden.\nDie Angaben in den Lehrb\u00fcchern und in der Literatur der Frage, wonach sie mit Kaliumindoxylsulfat identisch sei, beruhen nur auf den folgenden Tatsachen:\nDie Meinung von Schunck (1854), da\u00df Pflanzenindikan und llarnindikan identisch waren, wurde von Hoppe-Seyler (1875) bezweifelt.1 *) Baumann und Brieger*) isolierten dann (1879) aus dem Harn eines mit Indol gef\u00fctterten Hundes eine Substanz, die mit S\u00e4uren und Oxydationsmitteln Indigo lieferte. Diese Substanz hielten sie f\u00fcr das \u00abIndikan\u00bb des gew\u00f6hnlichen Menschenharns, und sie bewiesen, da\u00df die von ihnen erhaltene Verbindung als Kaliumindoxylsulfat aufzufassen war. F\u00fcr diese Konstitution wurden einwandsfreie Beweise (einschlie\u00dflich gut stimmender Analysen) von Baumann und Brieger geliefert, und die Substanz wurde au\u00dferdem noch von Baeyer3) untersucht, der zu demselben Schlu\u00df kam.\nG. Hoppe-Seyler4) erhielt sp\u00e4ter (1883) aus dem Harn von Kaninchen, die mit o-Nitrophenylpropiols\u00e4ure gef\u00fcttert worden waren, eine Substanz, die er f\u00fcr identisch mit dem von Bau man n und Brieger dargestellten Kaliumindoxylsulfat hielt, obgleich er keine Analysen ausf\u00fchrte.\nHoppe-Seyler5) erhielt auch aus 251 normalen Hundeharns \u00abeinige Grammen\u00bb von einem Produkt, welches er f\u00fcr Kaliumindoxylsulfat erkl\u00e4rte ; eine Analyse wurdeJaber nicht angegeben.\nDie Darstellung von Kaliumindoxylsulfat nach der Methode von Baumann und Brieger ist verschiedentlich wiederholt worden. *)\n') Wang, op. cit.\n*) Baumann und Brieger, Diese Zeitschrift, Bd. 3, S. 254 (1879); Baumann und Tiemann, Berichte, Bd. 12, S. 1101 (1879). Bd. 13, 8. 413 (1880).\n3)\tBaeyer, Berichte, Bd. 14, S. 1741 (1881).\n4)\tHoppe-Seyler, Diese Zeitschrift, Bd. 7, S. 403 (1883).\n;) Hoppe-Seyler, Diese Zeitschrift, Bd. 8, S. 79 (1883).\n*) Hoppe-Seyler, Diese Zeitschrift, Bd. 7, S. 403 (1883); Ellinger, Diese Zeitschrift, Bd. 38, S. 178 (1903).","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bbl I. 199\nKeine von den obenerw\u00e4hnten Arbeiten bezieht sich auf Menschenharn. Meines Wissens ist die einzige Angabe \u00fcber die Beschaffenheit des Harnindikans beim Menschen die, die in einer Abhandlung von J. G. Otto1) enthalten ist. Dieser Autor isolierte aus 101 eines diabetischen Harns \u00abkleine Mengen einer in Schuppen oder Bl\u00e4ttchen krystallisierenden Substanz aus, die sich bei n\u00e4herer Untersuchung als indoxylschwefelsaures Kali erwies.\u00bb Analysen wurden anscheinend nicht ausgef\u00fchrt, und es fehlt auch jede Angabe \u00fcber die Untersuchung, wonach die Substanz sich \u00abals indoxylschwefelsaures Kali .erwies\u00bb. Ks l\u00e4\u00dft sich h\u00f6chstens vermuten, da\u00df die Substanz qualitative Proben auf Kalium, Schwefels\u00e4ure und Indigo gegeben hat. Wenn man sich aber daran erinnert, da\u00df bei der Behandlung des Harns nach der von Otto gebrauchten Methode kalium-und sulfatreiche Produkte leicht erh\u00e4ltlich sind, und da\u00df eine sehr kleine Beimengung von den indigoliefernden Substanzen gen\u00fcgen w\u00fcrdp, um eine ausgepr\u00e4gte Indigoprobe zu geben, so wird man diesen einzelnen Versuch als endg\u00fcltigen Beweis f\u00fcr die Identtt\u00e4t des Menschenharnindikans mit Kaliumindoxyl-sulfat kaum ansehen.\nEs ist also ganz sicher, da\u00df man Kaliumindoxylsulfat im Tierharn durch F\u00fctterung mit Indol usw. erhalten kann, und es ist m\u00f6glich, da\u00df dasselbe Salz im normalen Hundeharn vorkommt. Es ist aber nur eine Annahme, wof\u00fcr gar kein Beweis jemals geliefert worden ist, da\u00df das \u00abHarn-indikan\u00bb beim Menschen Kaliumindoxylsulfat ist.\nTrotz alledem wird diese Behauptung als bewiesene Tatsache in allen Lehrb\u00fcchern der Physiologie und Pathologie angef\u00fchrt.\nBei dieser Sachlage schien es von Wichtigkeit, zu versuchen, die indigobildenden Substanzen des Menschenharns zu isolieren.\nVersuche zur Isolierung nach der Methode von Hoppe-Seyler. Baumann und Brieger2)erhieltendas Kaliumindoxylsulfat aus dem Harn ihrer Versuchstiere nach einer\n\u2018) Otto, Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 33, S. 607 (1881).\n*) Baumann und Brieger, loc. cit.","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nR. V. Stanford,\nMethode, welche sp\u00e4ter von Hoppe-Seyler1) einigerma\u00dfen vereinfacht und verbessert wurde. Nach Hoppe-Seyler wird der Harn zum Sirup eingedampfl. Der R\u00fcckstand wird dann mit 06\u00b0/\u00abigem Alkohol extrahiert, und die L\u00f6sung durch Zusatz von \u00c4ther teilweise gef\u00e4llt. Die klare Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt dann noch viel Harnstoff, welcher durch Zusatz von kalter, alkoholischer Oxals\u00e4urel\u00f6sung als Oxalat entfernt wird. Nach dem Alkalisieren des Filtrats (mittels Kaliumcarbonats) wird dieses zum Sirup eingedampft und der Sirup in absolutem Alkohol aufgenommen. Aus dieser L\u00f6sung sollte man durch Behandlung mit \u00c4ther usw. Krystalle bekommen, die viel Ka-liumindoxylsulfat enthalten und sich weiter durch Umkrystalli-sieren reinigen lassen.\nEs wurde zuerst versucht, diese Methode beim Menschenharn zu verwenden. Dabei wurde der ganze Proze\u00df durch die Indigoprobe kontrolliert, indem jedes Filtrat, jeder Niederschlag, R\u00fcckstand nach Eindampfen usw. auf Indigo untersucht wurde. Dies hatte vor allem den Zweck, festzustellen, ob auf diese Weise eine Isolierung der einzelnen indigobildenden Substanzen m\u00f6glich ist. Dies war jedoch nicht festzustellen. Es wurde aber vielmehr gefunden, da\u00df die indigobildenden Substanzen w\u00e4hrend des Prozesses allm\u00e4hlich verschwanden. Drei Isolierungsversuche wurden unter genauer Verfolgung der Hoppe-Seylerschen Methode durchgef\u00fchrt. In jedem Falle wurde zum Schlu\u00df eine alkoholische L\u00f6sung erhalten, die viel weniger Indigo lieferte, als der verwendete Harn. Beim Behandeln mit \u00c4ther, Stehen im Eisschrank usw. verschwand dann auch der Rest der indigobildenden Substanzen allm\u00e4hlich aus der L\u00f6sung. W\u00e4hrend dieser Behandlung Helen allerdings winzige Mengen krystallinischer Produkte aus, die aber keinen Indigo lieferten.\nDas Hoppe-Seylersche Verfahren wurde dann in sieben weiteren Versuchen verschiedentlich modifiziert, doch mit gleichem Resultat.\nDie obenerw\u00e4hnten 10 Versuche wurden teils in gro\u00dfem, teils in kleinerem Ma\u00dfstabe ausgef\u00fchrt. In einem Fall wurden\nHoppe-Seyler, Diese Zeitschrift, Bd. 7, S. 423 (1883).","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb). I. 2\u00d61\n104 1 indigoliefernder Menschenharn aus dieser Anstalt verarbeitet, doch war Indigo zum Schlu\u00df aus keiner Fraktion zu erhalten.\nDa sie erfolglos blieben, so will ich auf die Einzelheiten dieser \u00fcberaus zeitraubenden Operationen nicht eingehen. Ich darf aber erw\u00e4hnen, da\u00df es mit R\u00fccksicht auf die Unbest\u00e4ndigkeit der indigobildenden Substanzen des Menschenharns nach dieser Erfahrung keineswegs aussichtsreich ist, die Isolierung dieser Verbindungen auf diese Weise zu versuchen, Beim Verarbeiten der obenerw\u00e4hnten 104 l indigoliefernden Harns habe ich mit Dampfheizung und mit Hilfe von anderen Einrichtungen fast fabrikm\u00e4\u00dfig gearbeitet und den Harn mit einer Geschwindigkeit von mehreren Litern pro Stunde eingedampft, doch verschwindet selbst w\u00e4hrend dieses Eindampfens ein erheblicher Teil der indigogebenden Stoffe. Dann ist die weitere Behandlung des Sirups und insbesondere die Entfernung des Harnstoffs sehr umst\u00e4ndlich, soda\u00df es unm\u00f6glich ist, durch rasches Arbeiten die Gelegenheit zur Zersetzung zu vermindern.\nVersuche zur Isolierung durch F\u00e4llung. Nachdem die Versuche zur Isolierung der indigobildenden Substanzen des Menschenharns nach der Hoppe-Seylersehen Methode resp. nach Modifikationen derselben aufgegeben werden mu\u00dften, wurde es versucht, dieselbe durch F\u00e4llung zu bewirken. Wenn die indigoliefernden Substanzen salzartig seien, so sollte es m\u00f6glich sein, durch Zusatz von anderen Salzen resp. Basen oder S\u00e4uren eine doppelte Umsetzung zustande zu bringen, wonach die gesuchten Verbindungen in unl\u00f6slicher Form niedergeschlagen werden konnten.\nDiesen \u00dcberlegungen zufolge habe ich zahlreiche Versuche angestellt, wobei indigoliefernde Harne, resp. eingedampfte Harne oder deren L\u00f6sungen in Alkohol, Amylalkohol, \u00c4ther-Alkohol und anderen organischen L\u00f6sungsmitteln mit L\u00f6sungen von Salzen, Basen und organischen S\u00e4uren versetzt wurden. Obgleich ich in dieser Weise unter den verschiedensten Bedingungen gearbeitet habe, habe ich doch nie einen indigoliefernden Niederschlag erhalten. Versuche, die indigogebenden","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\tR. V. Stanford,\nSubstanzen durch Erzeugung von anderen Niederschl\u00e4gen mit herunterzurei\u00dfen, schlugen auch fehl.\nExtrahieren der indigoliefernden Substanzen durch L\u00f6sungsmittel. Im Laufe der oben beschriebenen Versuche wurden Harne, eingedampfte Sirupe, Niederschl\u00e4ge usw. oft mit den \u00fcblichen organischen L\u00f6sungsmitteln behandelt, aber in keinem F al le wurde eine Trennung der indigo-bildenden Substanzen von den anderen vorhandenen Stoffen beobachtet.\nEs gelang aber nach vielen Vorversuchen die richtigen Bedingungen zu treffen, unter denen durch Aussalzen und gleichzeitiges Extrahieren mit einer Alkohol-\u00c4ther-Mischung s\u00e4mtliche indigobildenden Substanzen innerhalb weniger Minuten in verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig reinem Zustande erhalten werden k\u00f6nnen. Bei zahlreichen Wiederholungen dieses Prozesses habe ich meistens gute Resultate erhalten, wenn die folgende Vorschrift genau verfolgt wird: selbst die kleinste Ab\u00e4nderung der Bedingungen f\u00fchrt aber zu schlechten Ausbeuten oder vielmehr zum Verschwinden der indigogebenden Stoffe w\u00e4hrend der Extraktion.\nDem indigoliefernden Harne1) (11) wird 700 g reines2) festes Ammonsulfat, 400 ccm reiner3) \u00c4ther und 100 ccm absoluter Alkohol hinzugesetzt. Darauf sch\u00fcttelt man eine halbe Stunde lang auf der Maschine. Nach kurzem Stehen (nicht mehr als 10 Minuten) werden die beiden Schichten getrennt4). Die \u00e4therische L\u00f6sung enth\u00e4lt dann die indigobildenden Substanzen neben sehr kleinen Mengen anderer Stoffe, w\u00e4hrend\n') Eine bestimmte Menge (5 ccm) des Harns wird am Anfang auf Indigo nach der neuen Methode probiert, die ich demn\u00e4chst ver\u00f6ffentlichen werde.\n*) Das Ammonsulfat darf nicht sauer reagieren.\n3)\tDer \u00c4ther darf Wasserstoffsuperoxyd, Ozon oder Aldehyd nicht enthalten. Vgl. Krauch, Pr\u00fcfung d. ehern. Reagenzien.\n4)\tEine scharfe Trennung wird oft durch die Bildung einer Emulsion erschwert. Zufolge der gro\u00dfen Unbest\u00e4ndigkeit der indigoliefernden Substanzen darf man dann nicht abwarten, sondern die Abtrennung nach einigen Minuten so gut wie m\u00f6glich machen.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb). I. 20.1\nin der w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeit (dein Harn) kein Indigo mehr zu finden ist.1)\nDurch dieses einfache Verfahren bewirkt man also in einer halben Stunde eine bessere Trennung der indigoliefernden Substanzen, als mittels der Methoden von HoppeSeyler und Baumann nach wochenlangem Arbeiten zu erzielen ist.\nWegen der au\u00dferordentlichen Unbest\u00e4ndigkeit der indigobildenden Substanzen ist es mir aber doch noch nicht gelungen, dieselben in festem Zustande zu erhalten.\n\u00c4therische L\u00f6sung der indigobildenden Substanzen. Wenn ein kleines Volumen der \u00e4therischen L\u00f6sung (z. B. 5 ccm) sofort nach der Gewinnung derselben auf dem Dampfbade rasch abgedampft wird, so hinterl\u00e4\u00dft es eine sehr kleine Menge eines farblosen (oder schwach reiflichen), \u00f6ligen R\u00fcckstandes, welcher sich in Wasser leicht l\u00f6st und bei der Indigoprobe ebensoviel Indigo liefert, als die entsprechende Menge des urspr\u00fcnglichen Harns.\nBeim Eindampfen gr\u00f6\u00dferer Mengen aber bekommt man einen r\u00f6tlich-braungef\u00e4rbten R\u00fcckstand, der einen eigenartigen, \u00fcblen Geruch besitzt und wenig oder kein Indigo liefert.\nWenn man die \u00e4therische L\u00f6sung bei Zimmertemperatur eindunstet oder sie in den Vakuumexsikkator bringt, so ist im R\u00fcckstand kein Indigo mehr zu finden, wenn das Eindunsten mehr als einige Stunden gedauert hat.\nWenn durch rasches Eindampfen in kleinen Portionen R\u00fcckst\u00e4nde erhalten werden, die die indigoliefernden Stoffe noch enthalten, so verschwinden sie doch sehr bald. Das Aufbewahren im Eisschrank oder im Vakuumexsikkator hilft auch nicht, und es ist mir noch nicht gelungen, R\u00fcckst\u00e4nde so aufzubewahren, da\u00df sie nach mehr als 20-H0 Stunden noch Indigo liefern.\nDie R\u00fcckst\u00e4nde sind nat\u00fcrlich allerlei Behandlungen mit L\u00f6sungsmitteln. F\u00e4llungsreagenzien usw. unterzogen worden zu dem Zweck, krystallinische Produkte zu isolieren, resp. etwaige\n*) Die Proben werden nach der schon erw\u00e4hnten Methode ausgef\u00fchrt an Fl\u00fcssigkeitsmengen, denen das anf\u00e4nglich gew\u00e4hlte Quantum Harn (5 ccm) entspricht.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\tR. V. Stanford,\nreaktionsf\u00e4hige Verbindungen zu entfernen, die dieser Zersetzlichkeit zugrunde liegen k\u00f6nnten, doch bisher ohne Erfolg.\nDer Extraktionsproze\u00df auch ist verschiedentlich modifiziert worden, doch sind die besten Resultate nach der obigen Vorschrift zu erhalten. Die l\u00e4stige Emulsionsbildung wird verhindert, wenn dem Harn vorher ein Zehntel seines Volumens an Bleiessig zugesetzt wird. Das Abfiltrieren des Bleiniederschlages dauert aber beim Verarbeiten gr\u00f6\u00dferer Harnmengen so lange, da\u00df viel indigobildende Substanz sich schon vor der Extraktion zersetzt hat. Au\u00dferdem scheinen die \u00e4therischen L\u00f6sungen in diesem Falle noch zersetzlicher zu sein, wie sonst.\nW\u00e4sserige L\u00f6sung der indigobildenden Substanzen. Die Extraktion der indigoliefernden Stoffe des Harns mittels der Alkohol-\u00c4ther-Mischung ist nur dann m\u00f6glich, wenn gleichzeitig mit Ammonsulfat ges\u00e4ttigt wird. Dementsprechend gehen die Stoffe wieder in w\u00e4sserige L\u00f6sung \u00fcber, wenn der \u00e4therische Auszug mit destilliertem Wasser gesch\u00fcttelt wird. Leider ist die w\u00e4sserige L\u00f6sung noch weniger haltbar, als die \u00e4therische, und beim Einengen selbst im Vakuumexsikkator verschwinden die indigogebenden Substanzen sehr rasch. Versuche, die Zersetzung durch Neutralisieren, Alkalisieren usw. zu verhindern, schlugen auch fehl.\nBeschaffenheit der indigobildenden Substanz.\n1. Zusammenfassung. Die hier mitgeteilten Resultate, die in bezug auf die Frage der Natur der indigogebenden Stoffe des menschlichen Harns von Interesse sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:\nBei der Untersuchung von mehr als 2000 Harnen auf Indigo wurde gefunden, da\u00df die indigobildenden Substanzen des menschlichen Harns au\u00dferordentlich unbest\u00e4ndig sind. In der Mehrzahl der F\u00e4lle ist die aus einem Harn erhaltene Indigomenge schon nach 1\u20143 Stunden erheblich vermindert; 3 bis 6 Stunden nach der Entleerung des Harns sind die indigobildenden Stoffe meistens ganz verschwunden. Es kommt aber auch vor, da\u00df sie sich tagelang unvermindert halten. Die Zer-","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb). I. 205\nSetzung lie\u00df sich auf den Einflu\u00df von Reaktion, Licht, Temperatur, Bakterien oder atmosph\u00e4rische Oxydation nicht zur\u00fcckfuhren. Die M\u00f6glichkeit bleibt doch offen, da\u00df sie vielleicht mit einem Autoxydationsproze\u00df verbunden sei.\nDie Unbest\u00e4ndigkeit der indigoliefernden Stoffe ist nat\u00fcrlich bei der Untersuchung von Harn auf Indigo von gro\u00dfer Bedeutung. Da es bisher nicht gelungen ist, den Harn in irgend einer Weise so aufzubewahren, da\u00df die Zersetzung mit Sicherheit ausgeschlossen wird, so kann man quantitative oder auch sogar qualitative Proben auf \u00abHarnindikan\u00bb vorl\u00e4ufig nur ausf\u00fchren, wenn man jede einzelne Portion sofort nach deren Entleerung untersucht.\nDie indigobildende Substanz des Menschenharns ist noch nicht isoliert worden. Die Annahme, da\u00df sie mit Kaliumindoxvl-sulfat identisch sei, beruht nur auf der Tatsache, da\u00df man diese Verbindung aus dem Harn von mit Indol gef\u00fctterten Tieren darstellen kann.\nDie hier mitgeteilten Versuche, die indigogebenden Stoffe mittels Eindampfens und nachheriger Behandlung gem\u00e4\u00df der Methode von Hoppe-Seyler bei Tierharn zu isolieren, waren ohne Erfolg wegen der Zersetzung der Substanzen w\u00e4hrend des Prozesses (3 Versuche). Modifikationen dieses Prozesses, auch im gro\u00dfen (mit 1041 Harn) ausgef\u00fchrt, waren auch ohne Resultate aus demselben Grund (7 Versuche). Versuche, die gesuchten Substanzen durch F\u00e4llungsmethoden zii erhalten, schlugen auch fehl.\nDagegen lassen sich die indigobildenden Substanzen durch\nAussalzen und gleichzeitiges Extrahieren mit einer Alkohol-\u2022\u2022\nAthermischung direkt aus dem Harn in kurzer Zeit gewinnen. Die \u00e4therische oder auch die w\u00e4sserige L\u00f6sung der Substanzen ist aber ebenso unbest\u00e4ndig, wie der urspr\u00fcngliche Harn, und infolgedessen ist deren Isolierung in festem Zustande noch nicht ausgef\u00fchrt worden, obgleich die genannte L\u00f6sung \u00e4u\u00dferst wenig anderes Material enth\u00e4lt.\n2. Natur der indigobildenden Substanzen. Die auffallende Unbest\u00e4ndigkeit der indigobildenden Substanzen, wie sie aus den hier mitgeteilten Versuchen hervorgeht, ist mit der","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"20f> Stanford, Indigobildende Substanzen im Harn (\u00abHarnindikan\u00bb).\nAnnahme, da\u00df sie aus Kaliumindoxylsulfat bestehen, kaum in Kinklang zu bringen.\nKaliumindoxylsulfat ist damals von Baumann und Brieger1) und auch von Baeyer2) eingehend untersucht worden, und in den zitierten Arbeiten sind ganz bestimmte Angaben \u00fcber seine Best\u00e4ndigkeit unter verschiedenen Bedingungen vorhanden. Kaliumindoxylsulfat ist n\u00e4mlich nur in saurer L\u00f6sung unbest\u00e4ndig; in neutraler L\u00f6sung tritt erst bei 120\u2014130\u00b0 vollst\u00e4ndige Zersetzung ein, indes \u00abmehrst\u00fcndiges Erhitzen auf 100\u2014170\u00b0 bewirkte bei Gegenwart von \u00c4tzkali keine Zersetzung* *.3) Dagegen verschwinden die indigoliefernden Substanzen des menschlichen Harns bei Zimmertemperatur bei saurer, neutraler und auch alkalischer Reaktion.\nEs ist immerhin m\u00f6glich, da\u00df die Zersetzung eine Folge der Anwesenheit von autoxydablen oder anderen reaktionsf\u00e4higen Stoffen sei, was die Unbest\u00e4ndigkeit von Kaliumindoxy-sull\u00e4t in diesen Umst\u00e4nden erkl\u00e4ren w\u00fcrde; doch mu\u00df betont werden, da\u00df man keinen Beweis f\u00fcr die Anwesenheit solcher Substanzen besitzt.\nObgleich die Frage nach der Natur des Harnindikans sich vorl\u00e4ufig nicht entscheiden l\u00e4\u00dft, ist es doch unwahrscheinlich, da\u00df das \u00abIndikan\u00bb mit Kaliumindoxylsulfat identisch ist, und es ist eher anzunehmen, da\u00df die indigoliefernden Substanzen des Menschenharns nicht immer dieselben sind, sondern ein Gemisch von nahe verwandten Verbindungen der Indigogruppe darstellen.4) In dieser Weise l\u00e4st sich das abweichende Verhalten von verschiedenen indigoliefernden Harnen einfach erkl\u00e4ren.\n') loc. cit.\n*) loc. cit.\na) Baumann und Brieger, loc. cit.\n*) Nach Angaben, die in der Indikanliteratur zu finden sind, kommt cs vor, da\u00df indigoliefernde Harne schon an der Luft Indigo abscheiden, was auf die Anwesenheit von einer anderen indigoverwandten Substanz (\u00abIndoxylglykurons\u00e4ure\u00bb) zuriickgef\u00fchrt worden ist. Beim Menschen d\u00fcrfte diese Erscheinung sehr selten sein.","page":206}],"identifier":"lit19904","issued":"1913","language":"de","pages":"188-206","startpages":"188","title":"Indigobildende Substanzen im Harn (\"Harnindikan\"). I. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"87"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:37:04.292551+00:00"}