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{"created":"2022-01-31T14:37:59.472125+00:00","id":"lit19907","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Andor Fodor","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 87: 214-219","fulltext":[{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Abbau von d-Glukosamln durch Bakterien.\nVon\nEmil Abderhalden und Andor Fodor.\n(Aus dem physiologischen Institute der Universit\u00e4t Halle a. S.)\n(Der Redaktion zugegangen am 3. August 1913.)\nLedderhose1) hat schon das Verhalten des Glukosamins bei F\u00e4ulnisprozessen studiert. Es ist ihm jedoch nicht gegl\u00fcckt, in einwandfreier Weise Abbaustufen zu fassen. Es schien uns w\u00fcnschenswert, zum Vergleich mit dem Verhalten verschiedener Aminos\u00e4uren gegen\u00fcber von Bakterien zu pr\u00fcfen, was aus Glukosamin wird. Die Versuchsanordnung war die \u00fcbliche. Um auszuschlie\u00dfen, da\u00df die Versuchsbedingungen allein ohne Anwesenheit von Mikroorganismen Glukosamin in bestimmter Weise ver\u00e4nderten, stellten wir einen Versuch mit Glukosamin allein an. Die angewandte Methodik ergibt sich ohne weiteres aus der Schilderung des Versuches selbst. Als Resultat der Untersuchung ist anzuf\u00fchren, da\u00df d-Glukosamin unter der Einwirkung des unten genauer definierten Mikroorganismus Propions\u00e4ure und ferner d-Milchs\u00e4ure liefert. Offenbar ist d-Glukosamin zuerst desaminiert und dann die wahrscheinlich als Zwischenprodukt entstandene Glukose gespalten worden, oder aber, es setzt die Spaltung prim\u00e4r ein.\nInteressanterweise erwies sich bei der bakteriologischen Diagnose die vorhandene Flora als einheitlich. Herr Dr. Unger-mann, der so liebensw\u00fcrdig war, die Untersuchung durchzuf\u00fchren, sagt \u00fcber die vorhandenen Mikroorganismen folgendes aus :\n. \u00abF\u00e4ulnisgemisch I ergab auf Agar ausges\u00e4t eine Reinkultur von Bakterien, die durch das Aussehen der Kolonien als Bazillus subtilis anzusprechen waren. Bei l\u00e4ngerer Beobachtung der Kolonien traten indessen Unterschiede zutage, indem dieselben nicht trockene, wei\u00dfe, h\u00e4utchenartige Verb\u00e4nde bildeten, sondern zu dicken, bla\u00dfgelben, grob gewulsteten Plaques heranwuchsen. In Bouillon bildete sich eine mehr diffuse Tr\u00fc-\n*) G. Ledderhose, Diese Zeitschrift, Bd. 2, S. 213 (1878); Bd. 4, S. W (1880).","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Abbau von d-Glukosamin durch Bakterien. 215\nbung aus, an der Oberfl\u00e4che entstand eine dichtere mehr schleimig-z\u00e4he Bakterienmasse, nicht ein d\u00fcnnes, trockenes H\u00e4utchen wie bei Bacillus subtilis. Mikroskopisch und f\u00e4rberisch verhielt sich das Bakterium wie Subtilis, nur zeigte es sich in geringerem Grade grampositiv wie der Heubacillus. Die Art steht zwischen Bacillus subtilis und vulgatus und ist vielleicht identisch mit der als Bacillus tenuis beschriebenen Form der Subtilisgruppe. \u00bb\nExperimenteller Teil.\nEs wurden folgende L\u00f6sungen bereitet:\nI.\t30 g Glukosaminchlorhydrat.\n2,5 g Pepton Witte.\n5,0 \u00bb wasserfreier Traubenzucker.\nSpuren von Natriumphosphat und Magnesiumsulfat.\nDas ganze Gemisch wurde mit Wasser auf 11 verd\u00fcnnt\nund mit verd\u00fcnnter Sodal\u00f6sung eben alkalisch gemacht.\nII.\t20 g Glukosaminchlorhydrat in 666 g Wasser. Die\nL\u00f6sung wurde mit der gleichen Sodal\u00f6sung schwach alkalisch gemacht.\nL\u00f6sung I wurde mit gefaultem Kaninchenprankreas geimpft und 30 Tage hindurch bei 37\u00b0 auf bewahrt. Die Reaktion des Gemisches wurde von Zeit zu Zeit (im Anf\u00e4nge t\u00e4glich) gepr\u00fcft und gefunden, da\u00df das Alkali in den ersten 14\u201416 Tagen auffallend rasch verbraucht wurde. Es war daher eine erneute Alkalisierung mit Soda notwendig. Bereits nach dreit\u00e4gigem Verweilen im Brutschrank war die Fl\u00fcssigkeit von Bakterien stark getr\u00fcbt.\nL\u00f6sung II wurde ebenfalls bei 37\u00b0 auf bewahrt. Die urspr\u00fcnglich fast farblose Fl\u00fcssigkeit nahm bald eine dunkelgelbe und endlich eine dunkelbraune Farbe an. Aufbewahrungszeit: 30 Tage.\nVerarbeitung der L\u00f6sung I.\nDie Reaktion blieb in den letzten 8\u201410 Tagen konstant schwach alkalisch. Die stark getr\u00fcbte, k\u00e4seartig riechende und dunkelbraun gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit wurde nunmehr zur Entfernung des darin enthaltenen Ammoniaks unter vermindertem","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\tEmil Abderhalden und Andor Fodor,\nDruck bei 35\u00b0 eingedampft. Der R\u00fcckstand wurde dann mit Wasser aufgenommen. Die so erhaltene L\u00f6sung reduzierte Fehlingsche L\u00f6sung ziemlich stark.\nDiese L\u00f6sung wurde zwecks Bestimmung der fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und der Dampfdestillation unterworfen. Es wurde so lange VVasserdampf durchgeleitet, bis das Kondensat gegen Lackmuspapier nur \u00e4u\u00dferst schwach sauer reagierte. Auf diese Weise wurden 5 1 Destillat gesammelt. 50 ccm davon verbrauchten 2,03 ccm norm. Natronlauge (Phenolphthalein als Indikator). Entsprechend wurde die ganze Menge mit dem berechneten Alkaliquantum versetzt und die neutrale Fl\u00fcssigkeit im Vakuum eingedampft. Der R\u00fcckstand stellte einen farblosen, krystallinischen Brei vor, welcher am Wasserbade einige Male mit absolutem Alkohol verdampft wurde. E$ hinterblieb schlie\u00dflich eine feste, trockene Masse. Gewicht : ca. 16 g.\nEine geringe Probe dieser Salzmasse wurde in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure aufgel\u00f6st. Beim Erhitzen der L\u00f6sung verrieten die entweichenden D\u00e4mpfe den Geruch der Propions\u00e4ure, dagegen konnte die Anwesenheit der ziemlich charakteristisch riechenden Butters\u00e4ure auf diesem Wege nicht festgestellt werden. Das Natronsalz wurde hierauf mit \u00fcbersch\u00fcssigem absolutem Alkohol am R\u00fcckflu\u00df extrahiert, wobei das allermeiste gel\u00f6st wurde. Die klare, alkoholische L\u00f6sung wurde verdampft und ein Teil des R\u00fcckstandes in wenig Wasser gel\u00f6st. Diese ziemlich konzentrierte L\u00f6sung wurde mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure vorsichtig neutralisiert und dann mit Silbernitrat gef\u00e4llt. Die F\u00e4llung wurde im Dunkeln filtriert, gewaschen und getrocknet.\nAnalyse: 0,2333 g Substanz: 0,1840 g AgCl.\nF\u00fcr propionsaures Silber (= 180,97 g), ber.: 59,64 \u00b0/o Ag,\ngef.: 59,37\u00b0/oAg.\nDer Hauptanteil unter den fl\u00fcchtigen S\u00e4uren f\u00e4llt auf die Propions\u00e4ure.\nZur Gewinnung der nichtfl\u00fcchtigen S\u00e4uren, und zwar zun\u00e4chst der \u00e4therl\u00f6slichen, wurde die aus der Dampfdestillation hervorgehende schwefelsaure Fl\u00fcssigkeit im Exlraktionsapparat","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Abbau von d-Glukosamin durch Bakterien. 217\nmit \u00c4ther ersch\u00f6pfend (etwa 100 Stunden) ausgezogen. Die abgeheberte und getrocknete, gelbliche, \u00e4therische Schicht hinterlie\u00df nach der Verdunstung einen hellgelben, sirup\u00f6sen R\u00fcckstand (ca. 5 g). Er wurde mit Wasser aufgenommen, von Fettspuren abfiltriert, und die L\u00f6sung in einem Ma\u00dfk\u00f6lbchen auf 100 ccm verd\u00fcnnt. Sie zeigte im 1 dm-Rohr eine Drehung der Polarisationsebene von a = -f 0,10\u00b0. Auf Milchs\u00e4ure berechnet, entspricht dieser Winkel \u2014 die spezifische Drehung der Milchs\u00e4ure = -f- 2,240 angenommen \u2014 einem Prozengehalt von\n100. a\n1>[aJ,5. = 4,46g.\nZur Identifizierung der Milchs\u00e4ure wurde die L\u00f6sung mit Zinkcarbonat neutralisiert, die neutrale L\u00f6sung abfiltriert und eingedampft. Nach und nach gelangte ein Zinksalz zur Ausscheidung, und bald erstarrte die Masse zu einem dichten Brei. Dieser wurde abgesaugt und auf dem Filter mit verd\u00fcnntem Alkohol gewaschen, wobei der Filterr\u00fcckstand schneewei\u00df wurde. Gewicht 7 g, also ziemlich genau der obigen, aus der spezifischen Drehung ermittelten Ausbeute an Milchs\u00e4ure entsprechend.\nAnalyse: 0,2290 g Substanz: 0,0601 g ZnO.\nF\u00fcr C6H1006Zn + 2 H20 (= 279,49), ber : 23,40 \u00bb/<> Zn,\ngef.: 23.19\u00b0/o Zn.\nVon den in \u00c4ther l\u00f6slichen, nichtfl\u00fcchtigen S\u00e4uren ist also d-Milchs\u00e4ure sicher festgestellt worden.. Wie weiter unten n\u00e4her ausgef\u00fchrt wird, ist die S\u00e4ure nicht etwa auf die Spaltung des Glukosamins durch das alkalische Medium zur\u00fcckzuf\u00fchren, sondern durch Bakterienwirkung bedingt.\nZur Pr\u00fcfung auf \u00e4therunl\u00f6sliche nichtfl\u00fcchtige S\u00e4uren, sowie auf etwa als Zwischenprodukte, auftretende Aminos\u00e4uren wurde der folgende Weg eingeschlagen.\nZun\u00e4chst wurde der Versuch gemacht, das etwa noch vorhandene unver\u00e4nderte Glukosamin in Form seines Chlorhydrates abzuscheiden.\nDie schwefelsaure L\u00f6sung, die von der \u00e4therischen Schicht, wie oben dargetan ist, abgetrennt wurde, wurde mit verd\u00fcnnter","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nEmil Abderhalden und Andor Fodor.\nNatronlauge neutralisiert. Die L\u00f6sung wurde hierauf im Vakuum eingedunstet und in die konzentrierte, dunkelbraun gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit bis zur S\u00e4ttigung Salzs\u00e4uregas eingeleitet. Nach ca. 16 st\u00e4ndigem Stehen in der K\u00e4lte wurde die ausgeschiedene Salzmasse abgesaugt. Die letztere bestand, wie eine Gl\u00fchprobe zeigte, ausschlie\u00dflich aus anorganischer Substanz. Das Filtrat wurde weiter auf die H\u00e4lfte des Volumens verdampft, die S\u00e4ttigung mit Salzs\u00e4uregas wiederholt, ohne da\u00df aber beim Abk\u00fchlen und l\u00e4ngeren Aufbewahren bei tiefer Temperatur eine Ausscheidung entstanden w\u00e4re. Es hat sich, wie aus allen diesen Beobachtungen mit gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit zu schlie\u00dfen ist, weitaus der gr\u00f6\u00dfte Teil und vielleicht die ganze Menge des angewandten Glukosamins ver\u00e4ndert.\nDie L\u00f6sung wurde hierauf im Vakuum vollst\u00e4ndig verdampft und der sirup\u00f6se R\u00fcckstand mit absolutem Alkohol \u00fcbergossen und in das Gemenge trockenes ChlorwasserstolTgas bis zur S\u00e4ttigung eingeleitet. Das mit dem Gas ges\u00e4ttigte Gemisch wurde jetzt abermals bei Minderdruck v\u00f6llig verdampft und der R\u00fcckstand mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt. Der letztere nahm nichts auf, somit ist die Anwesenheit von Estern nichtfl\u00fcchtiger, stickstofffreier (Aminos\u00e4uren!) S\u00e4uren ausgeschlossen.\nDer R\u00fcckstand wurde nach der Methode von E. Fischer mit Natronlauge, Kaliumcarbonat und \u00c4ther bei tiefer Temperatur behandelt, um etwa vorhandene Aminos\u00e4ureester aus den Chlorhydraten in Freiheit zu setzen. Die so erhaltene \u00e4therische Fl\u00fcssigkeit wurde getrocknet und im Vakuum bei 25\u00b0 verdunstet. Es hinterblieben 1\u20142 Tropfen eines gelben \u00d6les, die mit Triketohydrindenhydrat (Ninhydrin) eine au\u00dferordentlich starke Blauviolettf\u00e4rbung gaben. Die vorhandene Menge von Aminos\u00e4ureestern war hingegen zu gering, um eine weitere Fraktionierung vorzunehmen ; ferner d\u00fcrfte die geringe Menge von Aminos\u00e4uren offenbar auch aus dem Pepton der N\u00e4hrl\u00f6sung entstammen.\nDa auch etwaige, der F\u00e4ulnisreaktion entspringende F\u00e4ulnisbasen in dem zuletzt genannten \u00e4therischen Extrakt zu suchen w\u00e4ren, so ist die Anwesenheit der letzteren, wenigstens in nachweisbaren Mengen, gleichfalls ausgeschlossen.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Abbau von d-Glukosamin durch Bakterien. 219\nVerarbeitung der L\u00f6sung II.\nDie Reaktion dieser Kontroll-L\u00fcsung blieb im Gegensatz zu L\u00f6sung 1 w\u00e4hrend der ganzen Zeit unver\u00e4ndert schwach alkalisch. Diese Beobachtung deutete schon fr\u00fchzeitig auf die Tatsache hin, da\u00df die Einwirkung einer alkalischen L\u00f6sung von dieser, f\u00fcr den F\u00e4ulnisproze\u00df angewandten Konzentration, auf das Glukosamin in Abwesenheit, von F\u00e4ulniserregern ohne wesentliche S\u00e4urebildungsverm\u00f6gen bleibt. Die weitere Pr\u00fcfung konnte diese Vermutung best\u00e4tigen. Die etwas eingeengte L\u00f6sung, die Feh ling sehe L\u00f6sung reduzierte, wurde nach dem Ans\u00e4uern mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf die Anwesenheit von fl\u00fcchtigen S\u00e4uren untersucht. Eine kleine Probe zeigte jedoch die Abwesenheit von solchen. Hierauf wurde die L\u00f6sung im \u00c4therextraktionsapparat mit \u00c4ther ersch\u00f6pfend extrahiert. Die \u00e4therische L\u00f6sung enthielt jedoch nur Spuren eines R\u00fcckstandes. Die Bildung der Propions\u00e4ure, sowie der Milchs\u00e4ure in Versuch I ist somit ausschlie\u00dflich auf die Mikroorganismen zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nDie mit \u00c4ther ersch\u00f6pfend behandelte saure Fl\u00fcssigkeit wurde weiter eingeengt, mit Natriumacetat abgestumpft und mit essigsaurem Phenylhydrazin erw\u00e4rmt. N\u00e4ch l\u00e4ngerem Stehen im dunklen Eisschrank (12 Stunden) wurde ein dunkles, gummiartiges Produkt abgeschieden, das nicht weiter untersucht wurde.","page":219}],"identifier":"lit19907","issued":"1913","language":"de","pages":"214-219","startpages":"214","title":"\u00dcber den Abbau von d-Glukosamin durch Bakterien","type":"Journal Article","volume":"87"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:37:59.472131+00:00"}