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{"created":"2022-01-31T14:49:41.213176+00:00","id":"lit19931","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hensel, Marie","role":"author"},{"name":"Otto Riesser","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 88: 38-43","fulltext":[{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufepaltung dee Benzolringe im Tierk\u00f6rper.\n\u00fftti Mitteilung.\nVerhalten der Mucons\u00e4ure und des Benzols im Leberdurohblutungsversuch.\nVon\nMarie Hensel und Otto Riesser.\n[Aus dem Institut f. roediz. Chemie und experimentelle Pharmakologie zu K\u00f6nigsberg. Pr.) (Der Redaktion zugegangen am 22. August 1913.)\nDas Studium der Frage, wie sich die Aufspaltung des Benzolrings im Tierk\u00f6rper vollzieht, nahm seinen Ausgang von den Beobachtungen \u00fcber das Schicksal der aromatischen Bausteine des Eiwei\u00dfes, des Tyrosins und des Phenylalanins. Durch die Arbeiten von Wolkow und Baumann1) sowie von F alt a und Langstein2 3) wissen wir, da\u00df diese Amidos\u00e4uren beim Alkaptonuriker als Homogentisins\u00e4ure ausgeschieden werden, und H. Embden8) stellte fest, da\u00df die Homogentisins\u00e4ure vom normalen menschlichen Organismus unter Aufspaltung des Benzolrings vollst\u00e4ndig verbrannt wird. F\u00fcr die wichtige Frage, inwieweit die Homogentisins\u00e4ure als ein normales Zwischenprodukt des Abbaus der aromatischen Amidos\u00e4uren zu gelten hat und wie sich ihr weiterer Abbau vollzieht, wurden die Untersuchungen von G. Embden, Salomon und Schmidt4) von Bedeutung. Diese Forscher wiesen nach, da\u00df ebenso wie Tyrosin und Phenylalanin auch die Homogentisins\u00e4ure im Durchblutungsversuch an der \u00fcberlebenden Leber zu Acetessig-s\u00e4ure abgebaut wird. Baer und Blum5) erg\u00e4nzten diese Befunde durch den Nachweis, da\u00df auch beim Diabetiker die Zufuhr von Tyrosin und Phenylalanin die Ausscheidung der Acetonk\u00f6rper erh\u00f6ht. Endlich hat Abderhalden6) k\u00fcrzlich\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 15, S. 228 (1891).\t^ J\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 37, S. 581 (1904).\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. 18, S. 304 (1893).\tv/ \u00a3\n4)\tHofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. 8, S. 152 (1906).\n6) Arch. f. experim. Pathol., Bd. 56, S. 96 (1907).\n\u00ae) Diese Zeitschrift, Bd. 77, S. 454 (1912).","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufspaltung des Benzolrings im Tierk\u00f6rper. II. (3\u00a7)\neine normale Versuchperson beobachtet, die nach Zufuhr von 50 g Tyrosin Homogentisins\u00e4ure, wenn auch nur in sehr geringer Menge, im Harn aufwies, w\u00e4hrend allerdings Abderhalden selbst sogar nach 141 g Tyrosin keine Homogentisin-s\u00e4ure ausschied. Im allgemeinen gilt es heute als h\u00f6chst wahrscheinlich, da\u00df der Abbau der aromatischen Amidos\u00e4uren im Organismus \u00fcber die Homogentisins\u00e4ure zur Acetessigs\u00e4ure f\u00fchrt. Doch sei ausdr\u00fccklich auf die abweichenden Anschauungen hingewiesen, die Wakeman und Dakin k\u00fcrzlich1) entwickelt haben. Jedenfalls bleibt aber noch immer, von theoretischen Er\u00f6rterungen abgesehen,2 3) v\u00f6llig ungekl\u00e4rt, auf welchem Wege die Aufspaltung des Benzolrings erfolgt.\nUm so bedeutungsvoller mu\u00dfte daher die von Jaffe im Jahre 1900 publizierte Entdeckung erscheinen,8) da\u00df nach Verbitterung von viel Benzol (2-3 g t\u00e4glich) an Hunde und Kaninchen Mucons\u00e4ure im Harn erscheint in der geringen Ausbeute von 0,2\u20140,3\u00b0/o. Die Mucons\u00e4ure erwies sich als \u00e4u\u00dferst leicht verbrennlich. Nach Injektion von 1 g wurden nur 0,1 \u00b0/o im Harn wiedergefunden. Mit dieser Entdeckung war zum erstenmal experimentell erwiesen, da\u00df der tierische Organismus auf oxydativem Wege den Benzolring glatt aufzuspalten vermag:\nCH\nch^Nch\nCH\nCH\nCH\n+\t2 0j\nCOOH \u2022 CH = CH \u2022 CH = CH \u2022 COOH.\nDie wichtige Frage, ob dieser Modus der Aufspaltung des Benzolrings allgemein dem Abbau der aromatischen Substanzen im tierischen Organismus zugrunde liegt, hat Jaffe selbst noch untersucht, und schon in seiner ersten Mitteilung erw\u00e4hnte er, da\u00df es ihm nicht gelungen sei, nach Verf\u00fctterung\n\u2018) Journ. of Biol. Chem., Bd. 9, S. 139 (1911).\n'*) Vgl. G. Embden, Salomon und Schmidt, Beitr. z. chem. Physiol, u. Path., Bd. 8, S. 153; Baer u. Blum, Arch. f. experim. Path., Bd. 56, S. 97, sowie Wakeman und Dakin, 1. c.\n3) Diese Zeitschrift, Bd. 72, S. 58 (1909).","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\tMarie Hensel und Otto Riesser,\nvon Tyrosin Mucons\u00e4ure im Harn nachzuweisen. In weiteren Versuchen, die durch seinen Tod unterbrochen wurden, hat Jaffe, wie uns bekannt ist, mit ebenfalls negativem Ergebnis nach Verf\u00fctterung von Phenol und von Homogentisins\u00e4ure auf Mucons\u00e4ure gefahndet. Es fehlt also vorl\u00e4ufig das Bindeglied zwischen Jaffes Befund und dem, was wir bisher von dem Abbau der aromatischen Amidos\u00e4uren im Organismus wissen, und es bleibt festzustellen, inwieweit wir zu der Annahme berechtigt sind, da\u00df dieser Abbau \u00fcber die Mucons\u00e4ure oder, was ebenfalls in Betracht zu ziehen ist, \u00fcber ein Substitutionsprodukt der Mucons\u00e4ure f\u00fchrt.\nF\u00fcr die Beurteilung dieser Frage schien es, worauf Herr Prof. El linger uns freundli\u00e7hst aufmerksam machte, nicht ohne Wert, festzustellen, ob die Mucons\u00e4ure im Durchblutungsversuch an der Leber Acetessigs\u00e4ure zu bilden vermag, wobei die Erw\u00e4gung ma\u00dfgebend war, da\u00df, wenn die Mucons\u00e4ure \u00fcberhaupt als ein Abbauprodukt der aromatischen Amidos\u00e4uren in Betracht kommt, sie ebenso wie diese und ebenso wie die Homogentisins\u00e4ure zu den Acetessigs\u00e4urebildnern geh\u00f6ren mu\u00df.\nUnsere Aufgabe wurde erheblich erleichtert durch das k\u00fcrzlich von Behrend und G. ten Doornkaat Koolman1) ver\u00f6ffentlichte neue, bequeme Verfahren zur Darstellung der Mucons\u00e4ure. Wir haben in genauer Verfolgung der von diesen Forschern gegebenen Vorschriften die Mucons\u00e4ure dargestellt, wobei unsere Ausbeuten die von den Verfassern angegebenen Mengen meist nicht unerheblich \u00fcbertrafen. Die Substanz war nach einmaligem Umkrystallisieren aus viel Wasser rein. F. 293\u00b0.\nDie Durchblutung der \u00fcberlebenden Leber n\u00fcchterner Hunde geschah im Apparat von Mandel in der im Embden-schen Laboratorium bew\u00e4hrten Ausf\u00fchrung. * *) In allen Einzelheiten der Versuchsanordnung hielten wir uns an die von E mb den\n\u2018) Liebigs Annalen, Bd. 394, S. 228 (1913).\n*) Herrn Prof. Embden sei auch an dieser Stelle herzlicher Dank ausgesprochen fur die freundliche Einf\u00fchrung in die Technik der Durchblutung, die er mir in seinem Frankfurter Laboratorium gew\u00e4hrte.\nRiesser,","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufspaltung des Benzolrings im Tierk\u00fcrper. II. 41\nund seinen Mitarbeitern eingehaltenen Versuchsbedingungen, so da\u00df unsere Tabellen direkt mit denen von Embden vergleichbar sind. Als Durchstr\u00f6mungsfl\u00fcssigkeit dienten 1600 ccm Rinderblut, die Dauer des Versuchs war 60 Minuten, In je 150 ccm Blut wurde das Gesamtaceton bestimmt nach dem von Embden im Handbuch der biochem. Arbeitsmethoden Bd. III, 2, S. 913 und 915 angegebenen Verfahren. Dazu werden die 150 ccm Blut mit ebensoviel Wasser, 300 ccm 2\u00b0/oiger HCl und 300 ccm 5 \u00b0/o iger HgCl2-L\u00f6sung versetzt und im Destillat aus 400ccm des Filtrats das Aceton nach Messinger-Huppert bestimmt. Die in Kolonne 3 a und 3 b angegebenen Zahlen f\u00fcr die verbrauchten Kubikzentimeter Vio-n-Jodl\u00f6sung beziehen sich auf das Destillat aus diesen 400 ccm eiwei\u00dffreier L\u00f6sung. In Kolonne 4 und 5 sind daraus die im Liier und im Gesamtblut (1600 ccm) neugebildeten Acetonmengen berechnet.\nTabelle I. \u2014 Leerversuche.\n1\t2\t3\t\t4\t\u00e2\t6\nNr.\tZusatz\tVerbrauc n/io-Jodl\u00f6sung von 400 ccm Blutfi a) vor der Durchblutung\t;hte ccm auf Destillat eiwei\u00dffreien Itrats b) nach der Durchblutung\tGebildete Menge Aceton pro Liter mg\tIm ganzen gebildete Menge Aceton mg\tV Bemerkungen\n1\t\u25a0\u2014\t-\t0,86\t0,85\t\u2014\t\u2014\t\u2022Nur 20 Min. schlechte Durchblutung\n2\t* \u2014\t0,0\t0,83\t12,0\t19,6\tGute Durchblutung\nIn Versuch I ergab die Untersuchung des Blutes vor der Durchblutung einen auffallend hohen Aceton wert ; auch ist die Durchblutung, die erste, die wir ausf\u00fchrten, nicht gut gelungen. Versuch 2 verlief dagegen ausgezeichnet. Die erhaltenen Werte entsprechen ganz den von Embden und Kalberlah1) in einer gro\u00dfen Zahl von Versuchen gefundenen Acetonmengen nach der Durchblutung normaler Hundelebern. Ihre Werte liegen zwischen 12 und 27 mg pro Liter Blut.\n*) Beitr. z. chem. Physiol, u. Pathol., Bd. 8, S. 126 (1906).","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nMarie Hensel und Otto Riesser,\nTabelle IL \u2014 Versuche mit Mucons\u00e4ure.\nJ\t&\t3\t\t4\t5\t6\nNr.\tZusatz\tVerbrauchte ccm n/io-Jodl\u00f6sung im Destillat von 400 ccm eiwei\u00dffreien Blutfiltrats a) vor der j b) nach der Durchblutungi Durchblutung\t\tGebildete Menge Aceton pro Liter mg\tIm ganzen gebildete Menge Aceton mg i\tBemer- kungen\n3\t2 g Mucons\u00e4ure als NH4-Salz\t0.7\t4,5\t5o,l\t88,16\tGute Durch-\n4\tDesgl.\t0,2\t3,3\t45,0\t72,0\t\n5\t2,5 g Mucons\u00e4ure als HH4-Salz\t0,0\t3,8\t55,1\t88,16 i\tblulung\nWie Tabelle II zeigt, tritt auf Zusatz von Mucons\u00e4ure zum Durchblutungsblut jedesmal eine Vermehrung des gebildeten Acetons auf. Die Werte erreichen etwa die gleiche H\u00f6he, wie sie in den Versuchen von Embden, Salomon und Schmidt1) bei Zusatz von \u00df-Phenyl-a-Milchs\u00e4ure (1. c. S. 150) oder von Homogentisins\u00e4ure (S. 153) erzielt wurde.\nEs lag nahe, zu untersuchen, ob vielleicht Benzol selbst unter den gew\u00e4hlten Versuchsbedingungen im Durchblutungsversuch Aceton zu bilden vermag unter der Voraussetzung, da\u00df zun\u00e4chst eine Oxydation zu Mucons\u00e4ure eintritt. Das Benzol wurde mit einer kleinen Menge Bluts gr\u00fcndlich durchgesch\u00fcttelt und dem Durchstr\u00f6mungsblut in kleinen Portionen zugesetzt.\nTabelle III. \u2014 Versuche mit Benzol.\n1 Nr.\t2\t3\t\t4\t5\t6\n\tZusatz\tVerbrauc n/to-Jodl\u00f6sun{ von 400 ccm Blutii a) vor der Durchblutung\tdite ccm 1 im Destillat enteiwei\u00dften Itrats b) nach der Durchblutung\tGebildete Menge Aceton pro Liter mg\tIm ganzen gebildete Menge Aceton mg\tBemerkungen\n. 6\t10 ccm Benzol\t0,1\t1,0\t12,6\t20,1\tBlut stark ver\u00e4ndert, gute Durchblutung\nr*\t3 ccm Benzol\t04\t1,2\t16,0\t25,6\tBlut normales Aussehen, gute Durchblutung\n*) 1. ci, S. 150 und 153.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufspaltung des Benzolrings im Tierk\u00f6rper. II. \u2022\t43\nDas Resultat dieser Versuche erscheint negativ. Auch die Acetonmenge in Versuch 7, obwohl sie unsere Normalwerte (Tab. I) um ein Geringes \u00fcbertrifTt, liegt doch noch innerhalb der von Embden und K\u00e4lber Iah gefundenen Grenzen f\u00fcr die Acetonbildung in der normalen Leber. Dennoch d\u00fcrfen diese Versuche nicht etwa als entscheidende Beweise gegen die M\u00f6glichkeit einer Acetonbildung aus Benzol betrachtet werden. In Versuch 6 war die Menge des angewandten Benzols zu gro\u00df. Das Blut wurde bald lackfarben und behielt auch bei kr\u00e4ftiger Durchleitung von Sauerstoff eine blaurote Farbe. Der Versuch ist daher sicher nicht einwandfrei. In Versuch 7 mu\u00dfte dann, um diese Fehlerquelle tunlichst zu vermeiden, eine relativ geringe Menge angewandt werden, gering besonders im Hinblick darauf, da\u00df schon die etwa eintretende Oxydation zu Mucons\u00e4ure nur in beschr\u00e4nktem Umfang zu erwarten war, und da\u00df die zweite Etappe, die Acetonbildung aus Mucons\u00e4ure, ebenfalls, wie unsere Versuche zeigen, keine gro\u00dfen Ausbeuten gibt. Endlich ist auch daran zu denken, da\u00df wir nicht wissen k\u00f6nnen, ob die oxydative Aufspaltung des Benzolrings bis zur Mucons\u00e4urestufe gerade in der Leber vor sich geht.\nZusammenfassung. 1. Mucons\u00e4ure, in Mengen von je 2 g dem Durchblutungsblut \u00fcberlebender Leber zugesetzt, erh\u00f6ht die Acetonbildung in diesem Organ um ca. das Vierfache.\n2. Versuche \u00fcber Acetonbildung durch Benzol f\u00fchrten, wegen der stark giftigen Wirkung dieser Substanz, zu keinem eindeutigen Resultat.","page":43}],"identifier":"lit19931","issued":"1913","language":"de","pages":"38-43","startpages":"38","title":"\u00dcber die Aufspaltung des Benzolrings im Tierk\u00f6rper. II. Mitteilung: Verhalten der Mucons\u00e4ure und des Benzols im Leberdurchblutungsversuch","type":"Journal Article","volume":"88"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:49:41.213181+00:00"}