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{"created":"2022-01-31T16:47:52.500275+00:00","id":"lit19941","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Rolly, Fr.","role":"author"},{"name":"Fr. Oppermann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 88: 155-158","fulltext":[{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu der Arbeit von E. Hirech und H. Reinbach: Die Feeselungehyperglykimie und Fesselungsglykosurie des Kaninchens. (Diese Zeitschrift, Bd. 87, 'S. 122.)\nVon\nFr. Roily und Fr, Oppermann.\n(Aus der medizinischen Klinik in Leipzig.)\n(Der Redaktion zugegangen am 26. September 1918.) \u2022\nHirsch und Reinbach ver\u00f6ffentlichen in der oben genannten Arbeit eine Reihe von Versuchen, in denen Kaninchen auf die zu Ver-suchen und Blutentnahmen notwendigen Manipulationen mit erheblicher Steigerung ihres Blutzuckergehaltes reagieren. So fanden die beiden Autoren bei Kaninchen nach halb- und mehrst\u00fcndiger Fesselung, Pr\u00e4paration der Carotis und Blutentnahmen Steigerungen bis 0,42%, nach Fesselung ohne Pr\u00e4paration der Carotis und geringf\u00fcgigen Blutentnahmen aus der Ohrvene Steigerung zwischen 0,22 und 0,33% Blutzucker. Doch auch ohne Fesselung zeigte ein Tier bei Blutentnahme aus der Ohrvene mit Vermeidung merklicher Blutverluste Steigerung von 0,11 auf 0,16 und 0,17 /o. Sie nennen diese Erscheinung Fesselungshyperglyk\u00e4mie und -glykosurie und glauben sich auf Grund dieser nur am Kaninchen beobachteten Erscheinung zu dem Schlu\u00df berechtigt (Seite 122): \u00abda\u00df die Mehrzahl der in der physiologischen und pharmakologischen Literatur existierenden Angaben \u00fcber den Einflu\u00df chemischer Substanzen auf den Blutzuckergehalt dringend einer Nachpr\u00fcfung bed\u00fcrfen, weil man, die eben angedeutete Fehlerquelle nicht ber\u00fccksichtigend, einfach nach dem beliebten Schema post hoc, ergo propter hoc geschlossen hat.\u00bb\nFerner (S. 141) hei\u00dft es in der Zusammenfassung der Arbeit:\n\u00abAlle Angaben \u00fcber Zunahme des Blutzuckergehaltes nach Injektionen irgendwelcher Substanzen oder nach Narkosen sind vorl\u00e4ufig als unbewiesen anzusehen, solange nicht gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigt ist, ob nicht die Art der Versuchsvornahme (Fesselung, Blutentnahme, Aufregungszustand bei der Narkose) gen\u00fcgt h\u00e4tte, um die gefundene Blutzuckerzunahme und Glykosurie in dem entsprechenden Versuch zu erkl\u00e4ren.\u00bb\nDa diese allgemein gehaltenen S\u00e4tze geeignet sind, in dem mit der einschl\u00e4gigen Literatur nicht Vertrauten die Meinung zu erwecken, als sei mit den obigen Erscheinungen auf etwas v\u00f6llig Neues hinge-\n11*","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nFr. Roily und Fr. Oppermann,\nwiesen und als seien durch die gefundene Unbrauchbarkeit des Kaninchens f\u00fcr Blutzuckeruntersuchungen alle Resultate fr\u00fcherer Autoren hinf\u00e4llig, so sehen wir uns gezwungen, auf die Arbeit von Hirsch und Reinbach etwas n\u00e4her einzugehen.\nDie Unbrauchbarkeit des Kaninchens f\u00fcr Blutzuckeruntersuchungen ist bereits seit mehreren Jahren bekannt und von den meisten Autoren auch ber\u00fccksichtigt worden. Wir selbst haben in unserer Arbeit: Der Blutzucker bei Gesunden und Kranken (Biochem. Zeitschrift, Bd. 48, 49) verschiedentlich darauf hingewiesen, so in der Mitteilung 111, S. 201:\n\u00abAuf Grund eigener Erfahrungen m\u00f6chten wir davor warnen, Kaninchen als Versuchsobjekte bei derartigen Experimenten zu verwenden, da die Blutzuckerwerte bei diesen Tieren \u00f6fter nicht recht kontrollierbare Schwankungen zeigen, ja schon Fesselung oder andere sensible Neigung hier zu einer Erh\u00f6hung des Blutzuckers f\u00fchren k\u00f6nnen.*\n\u00c4hnliche Hinweise finden sich in unserer Mitteilung VI, S 474 und Mitteilung VII, Bd. 49, S. 291\u2014292. Hier berichteten wir auch, da\u00df wir f\u00fcr einen Eiwei\u00dff\u00fctterungsversuch am Pflanzenfresser eine Ziege nahmen, um nicht mit den genannten bei Kaninchen vorhandenen Blutzuckerschwankungen rechnen zu m\u00fcssen.\nBei Hunden hingegen fanden wir konstante Blutzuckerwerte. (S. z. B. unsere Eiwei\u00dff\u00fctterungsversuche Mitteilung VII.)\nUnsere zahlreichen Kaninchenversuche zu ver\u00f6ffentlichen, haben wir damals f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig gehalten, da bereits viele Autoren vor uns auf die gleichen Erscheinungen hingewiesen hatten. Schon von B\u00f6hm und Hoffmann, die den \u00abFesselungsdiabetes\u00bb der Katzen beschrieben, teilte Eckhard (Eckhards Beitr\u00e4ge, Bd. 4, S. 159) mit, \u00abda\u00df bei auf-gebundenen Kaninchen mit Kan\u00fclen in den Ureteren bisweilen nach Zeiten sparsamer Harnabsonderung ganz pl\u00f6tzlich, ohne weitere Veranlassung, eine in der Regel mit Diabetes verkn\u00fcpfte Hydrurie hereinbricht*. 1903 weist Eckhard von neuem darauf hin (Zeitschrift f. Biologie. Neue Folge, Bd. 26, S. 408) und deutet diese Erscheinung als die gleiche, wie sie von B\u00f6hm und Hoffmann an Katzen gefunden wurde. Au\u00dferdem berichtet \u2014 abgesehen von der bereits von Claude-Bernard, v. Mering, Schenck und Lewandowky studierten Aderla\u00dfhyjperglyk\u00e4mie \u2014 Rose (im Jahre 1903) Arch, f\u00fcr experim. Path; u. Pharm., Bd. 50 von einer bei Kaninchen auftretenden als. \u00aballgemeine Operationsreaktion\u00bb bezeichneten Hyperglyk\u00e4mie, die besonders stark nach schweren Eingriffen war.\nFerner fanden B.Oppler und P.Rona(Biochem.Zeitschrift, Bd. 13, S. 121\u2014131), da\u00df der Zuckergehalt des Kaninchenblutes auch bei zeitlich lang getrennten Aderl\u00e4ssen sehr schwankend war; die Bedingung dieser Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten war nicht zu \u00fcbersehen. Bei Hunden dag\u00e8gen hielt sich die Konzentration in ann\u00e4hernd kon-","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu der Arbeit von E. Hirsch und H. Reinbach. 157\nstanten Grenzen. Auch Nils Andersson (Biochem. Zeitschrift, Bd. 12) fand den Blutzuckergehalt beim Kaninchen schwankend und das Ansteigen des Blutzuckergehaltes unabh\u00e4ngig von der beim ersten Aderla\u00df entnommenen Blutmenge. Er berichtet das gleiche auch nach Blutentnahmen aus der Ohrvene. Endlich fanden Lyttkens und Sand\u00e7ren (Biochem. Zeitschrift, Bd. 31) Steigerung des Blutzuckergehaltes durch Aderla\u00df bis auf 0,5\u00b0/o.\nDamit aber ist wohl erwiesen, da\u00df die von Hirsch und Reinbach beobachteten und mit so weitgehenden Schlu\u00dffolgerungen belegten Erscheinungen im wesentlichen nichts anderes als einen erneuten Hinweis auf schon Bekanntes \u2014 n\u00e4mlich die Urigeeignetheit des Kaninchens f\u00fcr Kohlehydratstoffwechselversuche \u2014 bedeuten.\nUnd wenn auch vereinzelte Autoren noch in letzter Zeit dies nicht gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigt haben, so beweisen doch die angef\u00fchrten Beispiele zur Gen\u00fcge, da\u00df die Mehrzahl derselben diese Tatsache kannte und auch damit gerechnet hatte.\nWieweit der Name \u00abFesselungshyperglyk\u00e4mie\u00bb \u00fcbrigens f\u00fcr diese Steigerung des Blutzuckers geeignet ist, wo die beiden Autoren bei dem einzigen Versuch ohne jegliche Fesselung ebenfalls eine nicht unbetr\u00e4chtliche Steigerung des Blutzuckers fanden (von 0,11 auf 0,17 \u00b0/o), wollen wir dahingestellt sein lassen.\nEndlich berichten Hirsch und Reinbach in ihr\u00e9r Arbeit noch \u00fcber Versuche, in welchen sie die \u00abFesselungshyperglyk\u00e4mie\u00bb durch vorherige Injektion von Morphium oder durch \u00c4thernarkose verhindern wollten. In allen diesen Versuchen fanden sie Steigerungen des Blutzuckers; beim nicht gefesselten Tier waren diese gleich derjenigen in ihrem Normalversuch oder ein wenig h\u00f6her. Daraus aber glauben sie schlie\u00dfen zu d\u00fcrfen, da\u00df die Versuchsergebnisse von Luzatto (Morphin-glykosurie) und Seelig (\u00c4therglykosurie), die durch einen von uns letzthin best\u00e4tigt werden konnten, \u00abmehr als zweifelhaft* erscheinen.\nAbgesehen davon, da\u00df Luzatto, Seelig und Oppermann die Hyperglyk\u00e4mie am Hund nachwiesen, haben die beiden ersteren eine Fesselung in den meisten Versuchen \u00fcberhaupt nicht vorgenommen, der letztere nur in eingeschr\u00e4nktem Ma\u00dfe.\nAu\u00dferdem lassen sich die Versuche der beiden Autoren \u2014 vor allem, was das Morphium anlangt \u2014 mit den vorliegenden von Luzatto, Seelig und Opperman gar nicht vergleichen, da sowohl Luzatto wie auch Oppermann h\u00f6here Dosen Morphium gaben, anderseits nach Kobert (Lehrbuch der Toxikologie, Bd. 2, S. 972) die mittlere toxische Dosis des Morphiums f\u00fcr Hunde 65 mg, f\u00fcr Kaninchen 320 mg pro Kilo K\u00f6rpergewicht betr\u00e4gt, soda\u00df also Hirsch und Reinbach betr\u00e4chtlich h\u00f6here Dosen h\u00e4tten geben m\u00fcssen, wenn sie ihre Werte mit denen der oben Genannten vergleichen wollten.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nFr. Roily und Fr. Oppermann, Bemerkungen.\nAu\u00dferdem ist unseres Erachtens noch eher ein Schlu\u00df auf blutzuckersteigernde Wirkung berechtigt, wenn bei sonst konstanten Werten pl\u00f6tzlich eine Steigerung des Blutzuckers einsetzt, als ein Schlu\u00df auf Wirkungslosigkeit eines Mittels, wenn nach Applikation desselben eine Hyperglyk\u00e4mie auftritt, die in \u00e4hnlicher St\u00e4rke auch ohne das Mittel beobachtet wurde.\nUnd wenn die Verfasser endlich am Schlu\u00df ihrer Arbeit ihre n\u00e4chste Aufgabe darin sehen, die am Kaninchen angestellten Versuche am Hund zu wiederholen, so m\u00f6chten wir nur noch bemerken, da\u00df sie es wohl als die vorhergehende Aufgabe h\u00e4tten betrachten m\u00fcssen, die schon bestehende Literatur genau durchzusuchen und zu sichten, ehe sie fr\u00fcheren Autoren eine Leichtfertigkeit in der Verwertung ihrer Versuchsergebnisse vorwerfen durften.","page":158}],"identifier":"lit19941","issued":"1913","language":"de","pages":"155-158","startpages":"155","title":"Bemerkungen zu der Arbeit von F. Hirsch und H. Reinbach: Die Fesselungshyperglyk\u00e4mie und Fesselungsglykosurie des Kaninchens. (Diese Zeitschrift. Bd. 87. S. 122)","type":"Journal Article","volume":"88"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:47:52.500281+00:00"}