Open Access
{"created":"2022-01-31T14:36:56.050289+00:00","id":"lit19988","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Woskressenski, S.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 89: 228-231","fulltext":[{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"den Schwefelgehalt der Gro\u00dfhirnrinde von normalen\n; Woskressenski. .\n\u00abAns dem Laboratorium der Irrenanstalt Tamhow [Ru\u00dfland]). v;';<Der Redaktion zugegangen am 15. Dezember 1913.)\nIm Hinblick auf die Literaturangaben)1) wonach einerseits der Neutralschwefel im Harn bei einigen Psychosen vermehrt sei und diese Vermehrung anderseits auf Verst\u00e4rkung des sogenannten endogenen Eiwei\u00dfumsatzes zu beziehen w\u00e4re, schien es mir interessant, den Gesamtschwefel der Hirnrinde bei Psychosen zu bestimmen, um zu sehen, ob nicht vielleicht an eben erw\u00e4hnter Harnschwefelvermehrung die Gro\u00dfhirnrinde selbst beteiligt ist. Dazu regte mich auch noch folgende \u00dcberlegung an. Bekanntlich steht jetzt in der Neurologie und Psychiatrie die Auffassung fest, da\u00df es \u00abohne Syphilis keine Paralyse \u00bb gibt. Au\u00dferdem wird m anchmal auch eine innige Beziehung zwischen Jugendirresein und Syphilis hervorgehoben. Nun aber haben uns die Untersuchungen von Schulz2) gelehrt, da\u00df die an Lues erkrankten Organe gegen die gesunden einen sehr verminderten Schwefelgehalt aufweisen, und zwar fand Schulz in 8 F\u00e4llen von nicht luetischen Krankheiten, da\u00df die Werte f\u00fcr Schwefelgehalt der Aorta und Vena cava zwischen 0,586 \u00b0/o S (auf trockene Substanz berechnet) und. 0,81-5 \u00b0/o S schwankten, indem ein Fall von Lues Aortae den Schwefelwert 0,450% und f\u00fcr die Vena cava sogar 0,286 \u00b0/o S ergab. \u00ab Die balneologische Erfahrung, bemerkt der Autor dazu, kann dieser Anschauung nur st\u00fctzend zur Seite treten (im Sinne der Syphilistherapie).\u00bb\n\u25a0 ' \u25a0 -\t\u2018) Allers, Zeitschrift f\u00fcr die gesamte Neurologie und Psychiatrie,\nBd. 18, Nr. 1\u20142.\n*) Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 54","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Gro\u00dfhirnrinde von normalen nnd geisteskranken Menschen. 229\nIch habe im ganzen 8 Gro\u00dfhirne, darunter ein normales, der Schwefelbestimmung unterzogen.\nDie Methodik der Untersuchung war die folgende : Die Obduktion wurde gew\u00f6hnlich erst nach 24 Stunden nach dein Tode ausgef\u00fchrt, das Gehirn an der Leiche mit destilliertem Wasser durch die A. carotis int. ausgewaschen, von den H\u00e4uten befreit, die Binde mit dem Messer von dem Markwei\u00df abgeschnitten (auf einwandfreie Trennung wurde \u00fcbrigens nicht streng geachtet), durch ein Harnsieb getrieben und in einen feinen Brei verwandelt. Der Brei wurde zuerst auf Glasplatten aufgestrichen und getrocknet, dann zerrieben, das Pulver im Trockenschrank nicht \u00fcber 70\u00ae und hierauf im Vakuumexsikkator \u00fcber Schwefels\u00e4ure bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Was die Veraschung betrifft, so. habe ich verschiedenartige Vor versuche gemacht; bis ich mich \u00fcberzeugt habe, da\u00df das Verfahren von Hoehnel-Glaser *) die besten und zuverl\u00e4ssigsten Resultate gibt. Die direkte Veraschung ohne Zusatz von Soda oder Salpeter l\u00e4\u00dft nur Spuren von Schwefel Zur\u00fcckbleiben, auch wenn man die Kohle vielfach mit Wasser auszieht. Bei Zusatz von Soda-Salpeter beobachtet man immer noch merkliche Verringerung von Schwefel-werten im Vergleich mit Veraschung unter Zusatz von Natriumperoxyd. Mit dem Verfahren von Liebig (mit Kaliumhydroxyd und Kali-Salpeter mit wenig Wasser *)) erreicht man oftmals \u00fcberhaupt keine vollkommene Verbrennung und infolgedessen f\u00e4llt manchmal bei Neutralisierung der Aschel\u00f6sung eine nicht unbetr\u00e4chtliche Menge von Eiwei\u00dfstoffen bei noch alkalischer Reaktion aus.\nIch bediente .mich genau der Veraschungsmethode von Hochn e 1 -Glaser, nur mit der geringf\u00fcgigen Ab\u00e4nderung, da\u00df ich die ganze erforderliche Menge Natriumperoxyd statt in 3 in 2 Portionen verteilt hinzusetzte und zwar die erste etwas kleinere vor und die zweite nach dem Zusammensintern der Mischung. Dadurch wollte ich die etwaige Wasser beimengun g zur Verfl\u00fcssigenden Mischung vermeiden, was m\u00f6glicherweise das hygroskopische Peroxyd herbeif\u00fchren k\u00f6nnte. Trotzdem ist es mir nur ausnahmsweise gelungen, ganz kohlenfreie Asche zu erhalten : aber einige Kohlenpartikelchen schadeten gewi\u00df nicht merklich.\nDie Resultate meiner Bestimmungen stelle i.eh in nachstehender Tabelle auf. Von jeder Gro\u00dfhirnrinde wurden mindestens zwei Bestimmungen gemacht und der Schwefelgehalt auf trockene Substanz berechnet.\nWie aus der Tabelle ersichtlich, schwanken die prozentualen Werte f\u00fcr den Hirnrindenschwefel auffallenderweise in\n\u2018j cf. Hoppe-Seyler-Thierfelder, Handb. d. Analyse, VIII. Auf!., 1909, S. 552.\n*) Treadwell, Lehrbuch der analytischen Chemie. : 190(\u00bb.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nS. Woskressenski,\nNr.\tr\tv \u2022\u2022 Name\t1 \u25a0 fr;; - \u2022 -\t. \u25a0?. - \u2022 ;\u25a0 ', ' , : \u25a0' \" . \u2022' * Diagnose\t; vs 1 aus 1. Bestiin-| mung\t\u00b0/o S aus 2. Bestimmung\tMittel- wert f\u00fcr VS\tMittelwert aus allen Bestimmungen\n1\t, x.\tgesund, normal\t0,62\t0.69\t0,65\t\u25a0 \u25a0\n2 .\tSuch.\tJugendirresein\t0,66\t0,69\t0,67\t\n*1\tObsed.\t\u2019\t' a v.\t-V\t\u2019\u25a0\t0,64\t0,64\t0,64\t\n*\tMasl.\t\u2022 \u00bb ;\t0,65\t0,65\t0,65\t\n5\tKlescht.\t.. .. >x .\t0,65\t0,67\t0,66\t0,66\n6\tButz.\t; Epilepsia\t0,69\t0,70\t0,69\t\n7\tPol.\tDementia senilis\t0,66\t0,69\t0,67\t\n8\tBob.\tParalysis progress.\t0,673\t0,511\t\u25a0\t-r\u2014 ' '\t\nsehr engen Grenzen von einige\u00bb! Hundertstel-Prozent. Nur die zweite Bestimmung vom letzten Fall steht etwas gesondert da (0,511); aber auch diese verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gro\u00dfe Abweichung ist sicher dadurch bedingt, da\u00df zu dieser Bestimmung die Veraschung mit Soda-Salpeter und nicht mit Natriumperoxyd gemacht worden ist ; dabei wurde noch die Aschel\u00f6sung ohne Bromzusatz neutralisiert. Wenn wir den letzten Fall aus der\nso ergibt sich f\u00fcr den Schwefelgehalt der Gro\u00dfhirnrinde als Mittelwert von 14 Bestimmungen 0,66 \u00b0/o S Diese Resultate stimmen ziemlich gut mit denen von Schulz \u00fcberein, der in einem Falle von1 normalem Gro\u00dfhirn als Mittelwert f\u00fcr Himschwefei0,572\u00b0/o S (auch auf trockene Substanz berechnet) fand. Zwar hatte er die graue und die wei\u00dfe Substanz zusammen verarbeitet und auf ganz andere Weise verascht. Er\nverbrannte n\u00e4mlich die Substanz im Luftstrom durch eine R\u00f6hre, die mit einigen mit Salpeters\u00e4ure ubergossenen Platinrollen beschickt war, indem die Gase in einem Kolben mit aufgefangen wurden. Da die wei\u00dfe Substanz etwas reicher an Schwefel ist als die graue,1) so durften meine Resultate darauf hindeuten, da\u00df das Natriumperoxd ein weit geeigneteres Mittel ist, um den Schwefel bei Veraschung aufzufangen und zu binden.\nSchwer zu begreifen sind dagegen die Angaben von Thudichum, der in seiner bekannten \u00abChemischen Konstitution des Gehirns\u00bb (1901, s. 274) von \u00abeiner gewissen Menge\nThudichum, Die chemische Konstitution des Gehirns, 1901.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"liber Schwefelgehalt der Gro\u00dfhirnrinde,\t231\ngrauen Gewebes\u00bb sagt, \u00ab welche f\u00fcnfmal mit Weingeist aufgezogen wurde, der in einer Flasche mit R\u00fcckflu\u00dfk\u00f6hler \u00fcber ihr gekocht worden war.\u00bb Der Gewebsr\u00fcckstand davon wog trocken 7,6 \u00b0/o des frischen Gewebes und in diesem Gewebsr\u00fcckstand wurde 0,02\u00b0/o S (auf trockene Substanz!) gefunden. Es m\u00fc\u00dfte also, um meinen und von Schulz\u2019 Zahlen zu entsprechen, weitaus der gr\u00f6\u00dfte Anteil des Schwefels allein auf das Alkoholextrakt entfallen sein.\nUnter anderem macht Schulz darauf aufmerksam, da\u00df \u00abdas Gehirnpulver nicht \u00fcber Schwefels\u00e4ure, sondern \u00fcber Kaliumhydroxyd aufbewahrt werden darf, um Fehler zu vermeiden.\u00bb Was f\u00fcr Fehler es sind, f\u00fchrt er leider nicht auf, trotzdem man das Gehirn gew\u00f6hnlich \u00fcbef Schwefels\u00e4ure trocknet. Daf\u00fcr darf, ich meinerseits bemerken, da\u00df auch das Trocknen des Gehirnpulvers bei 105 -110\u00b0, wie es Schulz zuletzt machte, kaum zul\u00e4ssig ist. Buglia und Costantino\u00ab) haben denn beim Trocknen der Muskeln bei 100\u2014102\u00b0 einen Verlust von Ammoniak und einigen alkalisch reagierenden Stoffen konstatiert: bei 110\u2014112\u00b0 entwichen auch einige sauer reagierende Sto\u00dfe, eine Angabe, die wahrscheinlich auch f\u00fcr Gro\u00dfhirnpulver gilt.\nObwohl meine Bestimmungen nicht zahlreich sind, so sind sie doch umfassend und eindeutig genug, um den Beweis zu erbringen, da\u00df die Neutralschwefel Vermehrung im Harn bei Psychosen mit dem Schwefelgehalt des Gehirns, kaum etwas zu tun hat. Es ergab sich weiterhin, da\u00df bei den verschiedenartigsten Psychosen die Hirnrinde den gleichen Schwefelgehall aufweist wie im normalen Zustande. Man darf also den Schwefelgehalt des Organs nicht in einen Zusammenhang mit Psychosen bringen. Diese auffallend \u00fcbereinstimmenden Zahlen der obenstehenden Tabelle veranla\u00dften mich, die Untersuchung nicht fortzusetzen. Schlie\u00dflich best\u00e4tigte auch der P\u00e4ralysefall die Beobachtung von Schulz \u00fcber Schwefelverarmung der an Lues erkrankten Organe nicht, was \u00fcbrigens dadurch erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnte, da\u00df die Paralyse ja lediglich eine meta- und nicht eigentlich luetische Erkrankung ist.\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. 86, H 2.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXXIX.\t16","page":231}],"identifier":"lit19988","issued":"1914","language":"de","pages":"228-231","startpages":"228","title":"\u00dcber den Schwefelgehalt der Gro\u00dfhirnrinde von normalen und geisteskranken Menschen","type":"Journal Article","volume":"89"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:36:56.050295+00:00"}