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{"created":"2022-01-31T14:41:09.247496+00:00","id":"lit20111","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Medwedew, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 72: 410-448","fulltext":[{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"Ober Desamidierungsvorgftnge im Blute normaler und schilddrusenloser Tiere.\nEin Beitrag zur Kenntnis der Funktionen des Sehilddr\u00fcsen-\n\u25a0 \u25a0\u25a0'\u25a0V Apparates. .\u25a0\n\u2019\tVon\t\u25a0 ... ^\n\\A. Medwedew.\nMit neun Diagrammen und einer Abbildung im Text.\n(Aus dem (diysiologisch-ehemifichen Laboratorium der Universit\u00e4t zu Odessa.)\nRedaktion zugegangen am 1. Mai 1911.)\nWenn man Blut, dessen Koagulationsf\u00e4higkeit durch oxal saure Salze beseitigt ist, unter Beobachtung vollst\u00e4ndiger Asepsis bei Temperaturen, die der K\u00f6rpertemperatur naheliegen, sich selbst \u00fcberl\u00e4\u00dft, so kann in demselben nach Verlauf von 20 bis 21 Stunden eine bedeutende Erh\u00f6hung des Ammoniakgehaltes konstatiert werden. Diese Erscheinung, welche, soweit mir bekannt, bis jetzt nicht beobachtet worden ist, unterliegt ganz merkw\u00fcrdigen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten, deren n\u00e4here Er\u00f6rterung Zweck vorliegender Abhandlung ist. Einige Erw\u00e4gungen, die weiter unten angegeben werden sollen, veranla\u00dften mich, die Verh\u00e4ltnisse des Ammoniakgehaltes an Tieren unter drei verschiedenen Versuchsbedingungen zu studieren: an normalen, gesunden Tieren,* dann an Tieren, die eine sehr lang andauernde Hungerperiode \u00fcberstanden hatten, und, endlich an Tieren, bei denen der Schilddr\u00fcsenapparat entfernt worden war.\nVersnchsanordnong.\n\u00dcei der Bestimmung des Ammoniaks benutzte ich das Vakuumdestillationsverfahren in der Form, in welcher dasselbe von Folin. ')\n1) Otto FoHn, Eine neue Methode zur Bestimmung des Ammoniaks im Harne und anderen tierischen Fl\u00fcssigkeiten. Diese Zeitschrift, Bd. XXXVII. S. 101 (1002).","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren. 41]\nSchittenljelm') und Kr\u00fcger und Reich\u00bb) ausgearbcilct worden wir ts erschien mir zweckm\u00e4\u00dfig. dabei einige Ab\u00e4nderungen einzuf\u00fchren welche die Genauigkeit der zu erhaltenden Resultate erh\u00f6hen\n-V;-^\tFig- I.. . \u25a0 \u25a0\t\u2022\t,\nDas Volumen des Destillierkolbens (Fig. l) betr\u00e4gt ungef\u00e4hr 11' als Destillationsvorlage dient eine Peligot-R\u00f6hre, deren i gr\u00f6\u00dfere Kugeln im ganzen ca. 360 ccm fassen und die f\u00fcnfte kleine ungef\u00e4hr 10 ccm Beide Gef\u00e4\u00dfe stehen in Verbindung durch das doppelt gebogene Rohr d welches mit der Sicherheitsvorrichtung d, und dem Hahn \u00bb. versehen ist. In die Peligot-R\u00f6hre tut man 10 ccm \u00bb/s-H,S0. und 20- 30 ran Wasser. Das Kut wird durch einen Trichter mit laig auslaufendem Ende m den Destillierkolben gegossen. Nachdem die Trichterwand sorgf\u00e4ltig mit dem ungef\u00e4hr gleichen Volumen einer L\u00f6sung abgesp\u00fclt ist von welcher 100 ccm 30 g NaCI und \u00abg Na,COa enthalten, wird der Kolben mit einem Pfropfen verschlossen, in welchen das Rohr d und das Ausflu\u00df-l Ohr des Scheidetrichters hineingef\u00fcgt sind; die H\u00e4hne H, und \u00bb, werden geschlossen, der Kolben wird bis zum Halse in ein Wasserbad hineingestellt und in dieser Stellung fixiert. Dann verbiddet man das Destil-ationsrohr mit der Pe li got-lt\u00f6hre, befestigt letztere und umgibt sie mit\n\u201e\u201e '^\u2018fred Schillenhelm, Zur Methode der Ammoniakbcsliml mun\u00a3- Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX,*S. 73 (190\u00ce).\n.\t*1 f Kr\u00fcger und O. Reich, Zur Methode der Bestimmung des:\nAmmoniaks im Harnei Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 165 (1903). v","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"A. Med we dew,\neiner K\u00e4llemischung, indem man das K\u00fchlgef\u00e4\u00df \u2018von unten hinauf f\u00fchrt; Schlie\u00dflich tut man noch in den Scheidetrichter ungef\u00e4hr 110 ccm \u00c4thylalkohol.\nDann beginnt man mit dem Auspumpen der Luft. Zun\u00e4chst entfernt man die Luft aus der Vorlage bei verschlossenem Hahne Ht; nachdem das geschehen ist, schlie\u00dft man den Hahn H, und gleicht, durch vorsichtiges Wenden des Hahnes H,, den Druck in allen Teilen des Apparates aus. Hierauf wird der Hahn Ht wieder geschlossen, die Luft von neuem aus der Vorlage entfernt, der Druck ausgeglichen usw. Diese Manipulationen werden solange fortgesetzt, bis der Druck im Apparate schlie\u00dflich nur noch ungef\u00e4hr 40 mm betr\u00e4gt; dann \u00f6ffnet man die H\u00e4hne H, und H, und pumpt die Luft gleichzeitig aus allen Teilen des Apparates aus. Wenn der Druck bis auf ca. 25\u201420 mm gesunken ist, beginnt die Fl\u00fcssigkeit im Destillierkolben zu sch\u00e4umen, bisweilen ziemlich stark. Ist dieses der Fall, so \u00f6ffnet man den Hahn H3 des Scheide-\u2022 Trichters und l\u00e4\u00dft Alkohol in den Kolben flie\u00dfen mit einer Geschwindigkeit von ungef\u00e4hr 100 Tropfen in der Minute; das Sch\u00e4umen h\u00f6rt dann sofort auf. Zu gleicher Zeit erw\u00e4rmt man schnell das Wasser im Wasserbade. Noch bevor das Wasser bis auf 40\u00b0 erw\u00e4rmt ist, ist im Apparate schon die gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche Luftverd\u00fcnn\u00fcng erreicht. Dann schlie\u00dft man den Hahn\nH, und l\u00e4\u00dft die Destillation im Laufe von 40\u201445 Minuten vor sich gehen. Die Temperatur erh\u00e4lt man hierbei konstant auf 42\u00b0 und l\u00e4\u00dft ununterbrochen Alkohol aus dem Scheidetrichter hinzuflie\u00dfen mit einer Geschwindigkeit von 80\u2014100 Tropfen in der Minute. Von Zeit zu Zeit \u00f6ffnet man den Hahn H, auf einige Sekunden, um den Grad der Evakuierung unter Kontrolle des Manometers aufrecht zu erhalten. Nachdem der Alkohol bis auf wenige Kubikzentimeter aus dem Scheidetrichter ausgeflossen ist, schlie\u00dft man den Hahn H, des Scheidetrichters, setzt die' Destillation noch einige-Minuten fort und leitet schlie\u00dflich durch den ganzen Apparat einen von CO, und NH3 freien Luftstrom.\nIm Laufe der Destillation gelangen ca. 100 ccm Alkokol in den Kolben. In der Peligot-R\u00f6hre vergr\u00f6\u00dfert sich hierbei das Fl\u00fcssigkeitsvolumen auf 100\u2014120 ccm, und zwar haupts\u00e4chlich auf Kosten des Alkohols.\t.\nInhalt der Vorlage wurde unter Anwendung von Lackmoid-Malacliitgr\u00fcn titriert; dieser Indikator erwies sich zweckm\u00e4\u00dfiger als das \u00c4lizarinsulfosaure Natrium. Bereitet man eine L\u00f6sung des Lackmoid-Mala-chitgr\u00fcns von derartigem Gehalt, da\u00df Wasser durch dieselbe mit einem Stich ins Blaue violett gef\u00e4rbt wird, so verschwindet die violette Farbe beim Verd\u00fcnnen des Wassers durch Alkohol, und die Fl\u00fcssigkeit erscheint rein blau gef\u00e4rbt ; diese F\u00e4rbung ver\u00e4ndert sich auch nicht nach weiterem Alkoholzusatz. Lin Tropfen n/io-II,S04, zu einer solchen rein blau ge-f\u00e4rbten Fl\u00fcssigkeit getan, ver\u00e4ndert die F\u00e4rbung, indem ein unbestimmt rot-violetter Farbenton von geringer Sch\u00e4rfe entsteht; nach Zusatz von","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Dcsaniidierungsvorg\u00e4ngc im Ulule von Tieren. 413\neinem Tropfen \u00bb..-NaOII geh\u00ab letztere F\u00e4rbung wieder in rein blau \u00fcber ohne violetten Stich. Einerseits die Bestimmtheit und Sch\u00e4rfe der F\u00e4rbe von neutralen und alkalischen L\u00f6sungen, anderseits aber die unbestimmte und wenig scharf ^ausgepr\u00e4gte F\u00e4rbung bei sauren L\u00f6sungen - wenn d ie Fl\u00fcssigkeit m beiden F\u00e4den 50 und mehr Volumprozente Alkohol enth\u00e4lt - lassmi he. diesem Indikator, was Genauigkeit imd promptes Anzeigen anbetiifft, nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig. Hat ma\u00bb die. L\u00f6sungen von S\u00e4ure und Alkali vermittelst Phenolphthalein eingestellt, so muH bei Anwendung von Lack,noid eine Korrektur angebracht werden. So. z. B. entsprachen ccm /s-HjSO, +50 ccm Alkohol bei Anwendung von Phenolphthalein 8tnvra,V' bei Anwendung von Lackmoid aber nur 19,82 ccm derselben\nn, tu-\u00c4aUH-L\u00f6sung.\t-,\n.... ,.Das Abmessen der S\u00e4ure in die Vorlage, desgleichen auch die itration geschah vermittelst besonderer B\u00fcretten, die in 0,02 ccm geteilt\nwaren. ' ;\t, ;. .+\u2022\t-y,-.\t+y-:;;V y':\t6\n,\t, Dure'' Anwendung gr\u00f6berer Mengen von Alkohol und durch ununter-\nbrochenes ZufheSen.desselben in den Destillationskolben werden folgende Vorz\u00fcge erreicht: /.y\t-\t1\t\u00b0\n1. Wird die Evakuierung des Apparates erleichtert.\n,\t2 Wi'd in verh\u00e4llnism\u00e4fiig kurzer Zeit ein vollst\u00e4ndiges Ober-\ndestillieren des NK5 erreicht.\n3., Die Genauigkeit der Titration wird erh\u00f6ht, und zwar durch das eben erw\u00e4hnte eigent\u00fcmliche Verhalten des Indikators bei w\u00e4sserig-alkoholischen Fl\u00fcssigkeiten.*)\t, . .\t.\nBei meinen Untersuchungen hatte ich haupts\u00e4chlich im Auge, den zeitlichen Verlauf der Ammoniakentwickelung in den verschiedenen Bint-sorten n\u00e4her zu verfolgen. Zu diesem Zwecke war es erforderlich, an\nverschiedenen Portionen eines und desselben Bfotes eine Reihe von^m-\nmon lakbestirnmungen auszuf\u00fchren im Laufe von 21\u2014HO Stunden. Die gefunden6\tauf Grund Egender W\u00e4gungen und Berechnungen\n1 Eini\u00dfe hundert Kubikzentimeter Blut wurden aseptisch aus der a. femoralis in einen d\u00fcnnwandigen Erlenmeyer.Kolben auighfiom\u00f6ien. m welchen zuvor eine L\u00f6sung getan war, von der 100 ccm 0,9 g N\u00e0Cl \u00abnd 6 g wasserfreien neutralen Kaliumoxalates enthielten;.,von dieser .\nLosung wurde eine derartige Menge verwandt, da\u00df der \u00d6xalatgehalt des\nin Arbeit zu nehmenden Blutes ungef\u00e4hr 0,2 \u00b0/o betrug. , ' /\nDas oxalathaltige Blut wurde in Portionen von 40\u2014100 ccm in eine Reihe sterilisierter d\u00fcnnwandiger Erl en in eye r-Kolben von 100\nl) Methylalkohol habe ich nicht angewandt, da ich mich \u00fcberzeugt \u00bbatte. da\u00df die Handelspr\u00e4parate \u2014 auch die besten Sorten\u2014 oft NH. in wahrnehmbarer Menge enthalten.","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nA. Medwedew,\nbis 150 ccm Inhalt gegossen, -welche mit festschlie\u00dfenden Glasst\u00f6pseln versehen und graduiert (in 25\u201450 ccm) waren. Eine von diesen Portionen wurde sofort (10 12 Minuten nach der Blutentnahme) analysiert, die anderen Proben nach einigem Verweilen im Thermostaten bei 36\u201437\u00b0 Unmittelbar vor jeder Bestimmung wurde das entsprechende K\u00f6lbchen mil Blut gewogen und, w\u00e4hrend der Destillation, dasselbe K\u00f6lbchen mit dem Blutreste. Alle W\u00e4gungen wurden mit einer Genauigkeit bis zu einem Milligramm ausgef\u00fchrt.\n2. Bei der Berechnung kommen folgende Daten in Betracht:\na)\tDas Gewicht des Gef\u00e4\u00dfes, in welches das Blut aus. der Arterie aufgenommen war, \u2014 s0.\n4)) Das Gewicht desselben Gef\u00e4\u00dfes mit der Oxalatl\u00f6sung \u2014 q\u201e.\nc)\tDas Gewicht ebendesselben Gef\u00e4\u00dfes mit dem Blut reste nach Verteilung des Blutes in einzelne Portionen \u2014 m.\nd)\tF\u00fcr jede einzelne Portion:\n!)as Gewifcht des leeren, f\u00fcr die Aufnahme dieser Portion best immten Gef\u00e4\u00dfes \u2014Sn. \u25a0\t\u25a0 : \u201e\t' ,\nDas Gewicht desselben Gef\u00e4\u00dfes mit dem Blute \u2014 kn.\nDas Gewicht ebendesselben Gef\u00e4\u00dfes mit dem Blutreste \u2014r\u00bb.\t-\n3 Aus diesen Daten ergeben sich bei Anzahl der Fraktionen =- n folgende Zahlen:\na)\ts \u2014 (k, s, i -j- (k, sg) -J- . . . -j- (kn\u2014su) + (r\u00ab.\u2014s\u00ab).\nb)\tq = q\u00ab\u2014So.\nc)\tDie Differenzen: (k.-rj, (k2-r2).. . . (kn-m).\nDurch Titration des Inhaltes der Vorlagen werden Werte n *V \u2022\t\u2022 nn gefunden, deren jeder die Anzahl von Kubikzentimetern der\ndurch NH, neutralisierten n/t0-H1,SO4 F\u00fcr die entsprechende Vorlage ausdr\u00fcckt. /'\t' 9\nAuf Grund der aufgez\u00e4hlten Daten wird die NH,-Menge in Milligrammen auf 100 g Blut f\u00fcr jede gegebene Fraktion nach folgender Formel berechnet:\n-\t.\t1,7 . nn . s\nA\u00bb = 7~ r,r--------: *100. -\n(s\u2014q)(kn\u2014rn) .\t\u2022\n\u00fcber den Ammoniakgehalt im frisch entnommenen Blute normaler und thyreoidektomierter Tiere,\nFolgende drei Tabellen enthalten die Werte, welche erstens f\u00fcr normale Tiere gefunden wurden, ferner f\u00fcr solche ; mit vollst\u00e4ndiger Thyreo-parathyreoidektomie und schlie\u00dflich f\u00fcr Tiere, die sieh in sehr lange andauerndem Hungerzustande (bei Wasser) befanden. In allen F\u00e4llen wurde das Blut aus der a. femoralis genommen und 10\u201412 Minuten nach dem Aderl\u00e4sse untersucht.","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren 415\nAmmoniakgehalt im Blute normaler Tiere..\nVersuchstiere \u25a0\u25a0 \u25a0\u2019\tNHa-Gehalt in mg auf 100 g Blut\tBemerkungen\n1. Gut gen\u00e4hrter Hund, 24.4 kw .\t0,62\t18 Stunden nach der F\u00fctterung.\n2. Gut gen\u00e4hrter Hund. 25.6 kg . . ....\t0,47\t12;*\t1\n3 Hund, 16 kg ... . .\t0,64\t20\n4. Hund, 18 kg . . . 6 |\t0,51\t\ny Der mittlere Ammoniakgehalt f\u00fcr 100 g Blut betr\u00e4gt 0,56 mg. Dieser Wert ist ein wenig: h\u00f6her, als das Mittel 0,41 mg, welches Horodynski, Salaskin und Zaleski1) f\u00fcr arterielles Blut normaler Tiere gefunden haben, sowohl w\u00e4hrend der Verdauung, wie auch bei nicht lange anhaltendem Hungern (5\u201410 Tage). Mein Mittelwert; liegt ferner den Daten Fol ins2) sehr nahe, welcher f\u00fcr arterielles Blut einen NH.rGe-halt von 0,5\u20140,6 mg in 100 ccm fand.\t'/\nAmmoniakgehalt im Blute von Hunden nach totaler Thyreo-parathyreoid\u00e9ktomie.\nVersuchstiere\tNH3-Gehalt in mg auf 100 g Blut\t|\tBemerkungen\n1 Hund, 20,4 kg\t0,87 \u25a0\t1 . , 1 : , \u25a0; Das Blut wurde 70 Stunden nach vollst\u00e4ndiger Ektomie, auf der H\u00f6he der \u2022Tetanie-\n2. Hund, 13,5 kg\t0,81 ,\tuna u) spnoeant\u00e4lle entnommen. f6 Stunden nach vollst\u00e4ndiger Ektomie, w\u00e4h-\n3. Derselbe Hund ' . V-\t\u2022\u2022\u2022\u25a0 . \u25a0: \u2022\u2022\t-\u2022Y;. ;\u2018 \u2022\u2022\t;\t. 1,47\trend der Krampfanf\u00e4lle. 120 Stunden nach der Operation; w\u00e4hrend eines starken Tetanieanfalles; Tod -5 Stunden nach der Blutentnahme, w\u00e4h-\n4. Hund, 22,2 kg '. \u2022 ' ' . -, ' \u2019\u25a0 . :\t: 0,69\t* rend des Anfalles.' 68 Stunden nach der Operation auf der\n\u25a0>\u2018 J 5. Derselbe Hund\t2.04\tiiunc des i Qttinictimcillcs. v 96 Stunden nach der Operation. . Tod \u2014 eine\n- , . /.\u25a0\t: halbe Stunde ^nach der Blutentnahme.\nW. Horodynski, S. Salaskin und J. Zaleski; \u00dcber, di.\u00bb","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"Wenn wir die, Versuche 2 und 5, bei welchen das Blut kurz vor dem Tode entnommen war, ausschalten, so erh\u00e4lt man. f\u00fcr den Ammohiakgehalt des Blutes auf der H\u00f6he der Tetamie-anlalle den Mittelwert 0,79 mg. In allen drei F\u00e4llen war das Blut den Tieren w\u00e4hrend der schweren Krankheitserscheinungen entnommen worden, die sich in folgendem \u00e4u\u00dferten : allgemeines Zittern, unregelm\u00e4\u00dfig erfolgende Kr\u00e4mpfe, Dyspnoe. Das Eintreten der Tetamie ist somit mit keiner sehr scharfen Erh\u00f6hung des NH3-Gehaltes im Blute verbunden. Bemerkt mu\u00df jedoch werden, da\u00df kurz vor dem Tode des Versuchstieres der NHj-Gehalt, wie aus den Versuchen 2 und 5 ersichtlich, sich sehr stark erh\u00f6ht, und zwar betr\u00e4gt er dann zwei- bis dreimal mehr als wie zu Beginn der Erkrankung und zweieinhalb bis dreieinhalbmal mehr als wie beim normalen Tiere.\nDiese Resultate sind somit weit entfernt von den Daten, die MacCallum und Voegtlin1) erhalten hatten. Letztere Autoren fanden im Blute von Hunden w\u00e4hrend der Tetanieanf\u00e4lle eine enorme Menge NH\u00e4, gegen 10 mg auf 100 ccm Blut. Bei ihren Resultaten ist jedoch nicht angegeben, ob nur die Epithelk\u00f6rperchen entfernt waren oder aber ob eine Ektomie des ganzen Schilddr\u00fcsenapparates ausgef\u00fchrt worden war. Ich mu\u00df deshalb bemerken, da\u00df meine Versuchshunde einer vollst\u00e4ndigen Thyreo-parathyreoidektomie unterworfen waren, da\u00df* * ferner in allen F\u00fcllen die Verheilung der Operationswunde ohne jegliche Komplikationen, per primam, vor sich ging. Es ist m\u00f6glich, da\u00df sowohl der eine, wie auch der andere Umstand nicht ohne Einflu\u00df auf den Ammoniakgehalt des Blutes sind.\nVerteilung des Ammoniaks im Blute und den Organen normaler und hungernder Hunde. Diese Zeitschrift, Bd. XXXV (1902), S. 249 (Tabelle I) und S. 251 (Tabelle II).\t. :\n*j 0. Folin, 1. c., S. 166.\n% G. MacCallum and C. Voegtlin, On the relation of Tetany to the parathyroid glands and to Calcium Metabolism. The Journal ot experimental Medicine. Vol. XI, p. 143 (1900).","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"1 bcr Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute yon Tie\nren.\nAmmoniakgehalt im Blute von Hund\u00e8n nach lang andauerndem Hungern.\t\u2022\nVersuchstiere\n! NH3-Gehalt j * in mg auf \u2022100 g Blut\nt. Anfangsgewicht des Hundes 15,3 kg; Gewicht 'am Versuchstage 8,16 kg; Gewichtsverlust 46,7 \u00b0/o \u2022. . . . , . j ^\n2.\tAnfangsgewicht des Hundes 15,3 kg; Gewicht am Vor,* j' \u2022 . \u2019\u2022\nsuchstage 10,6 kg Gewichtsverlust 30,7 \u201c/b ... .\t. | . i?y7\n3.\tAnfangsgewicht des Hundes 20,5 kg; Gewicht am Versuchstage 11,5 kg; Gewichtsverlust 43,9\u00b0/o . . .. . / .\t' l,8i\u00ee\nAus diesen Zahlen ist ersichtlich, da\u00df, im lang andauernden Hungerzustande der NH3-Gehalt des arteriellen Blutes drei- bis dreieinhalbmal die Norm \u00fcbersteigt. Das Verhauen des Ammoniaks im Blute dieser Tiere bietet auch in anderer Hinsicht gro\u00dfes Interesse, wovon sp\u00e4ter die Rede sein soll.\nDie Ammoniakentwickelung im frischt entnommenen Blute von Tieren init voller Thyreo-parathyreoidektomie.\nIm oxalathaltigen Blute solcher Tiere \u2014 bei Beobachtung vollst\u00e4ndiger Asepsis sowohl bei Entnahme, wie auch beim Aufbewahren des Blutes \u2014 l\u00e4\u00dft sich bei lemperaturen von 36 \u2014 38\u00b0 eine progressive Zunahme des NHg-Gehaltes konstatieren. Dieselbe beginnt unmittelbar nach der Blutentnahme und dauert un g ef\u00e4hr 20 $ tu n den an, worauf da nn der Amm onia k -gehalt station\u00e4r bleibt oder aber in den Grenzen der zul\u00e4ssigen Bestimmungsfehler, schwankt.\nVersuch I.\t//: :\u25a0\t..\nAn einem gro\u00dfen, gut gen\u00e4hrten Hunde von 22,2 kg wurde volle Thyreo-parathyreoidektomie ausgef\u00fchrt. 48 Stunden mich der Operation traten fibrill\u00e4re Zuckungen der Extremi-t\u00e4tenrnuskulalur ein; nach 65 Stunden ein st\u00fcrmisch verlaufender Anfall mit Dyspnoe-Erscheinungen untl diffusen tonischen","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"4;1'8 -\tA. Medwedew,\nund klonischen Kr\u00e4mpfen. 3 Stunden nach Beginn des Anfalles, auf der H\u00f6he der tetanischen Erscheinungen, wurde das Blut aus der a. femoralis entnommen. Der NH3-Gehalt des Blutes ist in folgender Tabelle wiedergegeben.\nZeit\tNHa-Gehalt in mg auf 100 g arteriellen Blutes\tNH3-Zunahme\n\t0,09\t.\t\u25a0\t' \". \u2014\n\t1.42\t0,78\n4 :\t1,89\t1,20\n' 8 n\t\u201e\t2.48 2.98\t. v :f\t1.74 \u00ab 2,24-\nSehr magere\tv:-;- \u25a0 Versuch-11. ' !r Hund, 13,5 kg. Volle Ektomie. 40 Stunden\t\nnach der Operati\tion traten die ersten Anf,\tIlle von Tetanie-\nErscheinungen au\tf, und zwar in Form weitgehender Kr\u00e4mpfe\t\nund Polypnoe.\t40 Stunden nach der Ope\tration wurde das\nBlut aus a. femo\tralis entnommen. Die Nt\t^Entwicklung ist\naus folgender Ta\tbelle ersichtlich.\t\nZeit\tNH;J-Gehalt in mg auf 100 g arteriellen Blutes\tNlts-Zunalnno\n0 ,\t0.81\t\n2'/\u00bb \u00fcti\t1.58 . . '\u2022';\u2022\u2022\u2022\t\u2022; V :;v . -\t.\t:\u2022> ..\t\u2022-\t0.79\n\u2022\u2019 V4.\t1.82\t1.01\n. . - \u00bbv* \u25a0\t2,06\t1,25\n9\t2,40\t1.59\n2 t\t\t1.95\nGut gen\u00e4hrt\tVersuch III. er junger Hund, 20,4 kg,\tSchilddr\u00fcse und\nparatliyreoideae wurden entfernt (die oberen Epithelk\u00f6rperchen waren deutlich wahrnehmbare und leicht von dem Thyreoideak\u00f6rper abl\u00f6sbare Bildungen). Die Erkrankung trat nach 48 Stunden ein, und zwar in sehr leichter Form. 70 Stunden nach der Operation, als das Tier im Polypnoezustande mit un be-","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tiefen 419\ndeutenden fibrill\u00e4ren Zuckungen war, wurde das Blut entnommen. Den NH3-Gehalt gibt folgende Tabelle wieder.\n' Zeit\tNH3-Gehalt in mg auf 100 g arteriellen Blutes '\tNHj-Zunahme\n0\t0,87\t\n-3*4\t\t0,5>5\n5\u2018/i\t. -\tvr: \u25a0y.;-\u2022 \u00ef\t9,42 ;\n, 8\t1,07\t0,80\n9 7*\t1,88\t1,01\n12\t::\t2,23\t1,30\n24\t'\t2,09\t1,82 0>\nAus den Tabellen ist ersichtlich, da\u00df der NH3-Gehait in allen drei F\u00e4llen im Laufe von 24 Stunden progressiv steigt. Bei der graphischen Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Ammoniakentwicklung f\u00e4llt es aber sofort auf, da\u00df zwischen\nbeiden ersten Versuchen und dem dritten: ein wesentlicher Unterschied voAiegt.\nDiagramm der Versuche I. U und IN,\nEs ist n\u00e4mlich ersichtlich, da\u00df die durch die Kurven I und 11 veranschaulichte Ammoniakentwickelung mit einer Geschwindigkeit vor sich geht, die sich w\u00e4hrend des Verlaufes der Reaktion allm\u00e4hlich verringert; die Ammoniakbildung, die durch die Kurve III dargestellt ist, verl\u00e4uft dagegen anfangs mit zunehmender Geschwindigkeit, welche, nachdem1 sie nach","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"A. Medwedew,\nungef\u00e4hr 10 Stunden einen bestimmten Wert erreicht hat, sich allm\u00e4hlich verringert und dem Null-Werte n\u00e4hert.\nDe r gleichm\u00e4\u00dfige Verl au f de r Amm oniaken twicke-lung l\u00e4\u00dft die Annahme zu, da\u00df sich im Blute eine gewisse Menge von Substanzen oder einer Substanz vorfindet, welche sich unter Freiwerden von Ammoniak zersetzt. Da die Ammoniakzunahme nach Verlauf von ungef\u00e4hr 20 Stunden aufh\u00f6rt, ist die anf\u00e4ngliche Menge dieser Substanz proportional der Ammoniakzunahme w\u00e4hrend der Dauer von 20\u201424 Stunden und die umgesetzte Menge bis zu einem gewissen Zeitpunkte proportional der Menge des w\u00e4hrend des entsprechenden Zeitraumes gebildeten Ammoniaks. Auf Grund dieser Voraussetzungen waren f\u00fcr die angef\u00fchrten drei Versuche Konstanten erster Ordnung berechnet worden, welche in folgender Tabelle wiedergegeben sind.\nNummern der Versuche\tZeit\tNH3-Gehal! in mg auf 100 g Blut\tAnwachsen d\u00e8s Ntlg-Gehaltes\tk-Tfc*\"\u00e0-i\n\t0 \u25a0 :\t0,69\t\t\n\t\t1,42\t0,73\t0,0856\n\tV \u00ab\t1,89 Olu\t1,20 1 71\t0,0833\n\t\t\t\tU.DOIt\n\t24\t2,93\t2.24\tV.:;: \u2014 \u25a0\n\t0 -\u00ff:\t0.81\t\t\u2022 \u2022 ' \u2022 ,\n\t\u25a0 2\\*\t1,58\t0,77\t0,0873\n11\t. 37\u00ab.\t1,82\t1,01\t0,0845\n\t5v/V\t2,06\t1,25\t0,0809\n\t0\t2,40\t1,59\t0,0815\n\t24\t2,76\t1,95\t\u2014\n\ty: .0\t0,87\t\t\n\tWik\t1,12\t0,25\t0,0178\n\t\u00e4'/t :\t1,29\t0,42\t0,0207\nHt\t\t1.67\t0,80 '\t0,0314\n\t\u25a0 , .9'/*\t\u25a0\t1,88\t1,01\t0,0370\n\t12\t2,23\t1.36 ,\t0.0498\n\t24\t2,69\t1.82\t\u2022 \t '","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute van Tieren. 421\nDa bei den Versuchen I und II dio Konstanten erster Ordnung unbedeutende Schwankungen aufweisen, so ist an-zunehmen, da\u00df man es in beiden F\u00fcllen mit einer wonomolekularen Reaktion zu tun hat.\nZiehen wir nun in Betracht, da\u00df alle drei Versuche an vollst\u00e4ndig ektomierten Tieren ausgef\u00fchrt waren, und da\u00df in allen drei F\u00e4llen das Blut unter analogen Bedingungen unter-sucht wurde, und zwar w\u00e4hrend der typischen Tetanieanf\u00e4lle, so wird verst\u00e4ndlicherweise dem Zweifel Raum gegeben, ob nicht das Resultat des dritten Versuches m\u00f6glicherweise durch Zuf\u00e4lligkeiten bedingt sei.\nAllein, die Hunde I und II einerseits und der Hund III anderseits wiesen Unterschiede auf.\nW\u00e4hrend beim Falle III zur Zeit der Blutentnahme nur fibrill\u00e4re Zuckungen und Polypnoe zu konstatieren waren, tr\u00e4ten bei den Tieren I und II w\u00e4hrend der Blutentnahme sehr starke Tetanieanf\u00e4lle auf in Form diffuser Kr\u00e4mpfe und dyspnoe-tischer Atmung.\t: ' \u2022\nEin zweiter und noch wesentlicherer Unterschied bestand d^riU) dah die Hunde I und II unter den gew\u00f6hnlichen, die totale 1 hyreo-parathyreoidektomie begleitenden Erscheinungen zugrunde gingen; der Hund III dagegen \u00fcberst\u00e4nd den Eingriff; er geh\u00f6rte zu den seltenen Exemplaren von Hunden, welche die vollst\u00e4ndige Ektomie des in der oberen Trachealgegend gelegenen Schilddr\u00fcsenapparates \u00fcberleben.\nDer schwache Tetanieanfall, w\u00e4hrend welchem das Blu.t dein Tiere entnommen wurde, war der erste und zugleich auch der einzige. Fast unmittelbar nach der Blutentnahme besserte sieh der Zustand des Tieres ganz bedeutend ; Atmungsst\u00f6rungen traten nickt mehr auf. die fibrill\u00e4ren Zuckungen wurden mehr und mehr begrenztere und verschwanden schlie\u00dflich vollst\u00e4ndig. Allm\u00e4hlich stellte sich beim Tiere Appetit ein; zun\u00e4chst wurde es nur mit Milch gef\u00fcttert, hernach erhielt es Milch; Brot und Brei aus Maismehl, schlie\u00dflich auch Fleisch. Das Tier nahm allm\u00e4hlich, ohne merkbare pathologische Erscheinungen au \u00e4u\u00dfern, an Gewicht zu! Augenblicklich -f ein Jahr nach der Operation \u2014 sind nicht die geringsten krankhaften Erscheinungen zu bemerken.\t>\n') I,n Laufe der Jahre habe ich Gelegenheit gehabt, eine gro\u00dfe Anzahl (gegen 40) vollst\u00e4ndig ektomierter Hunde zu beobachten; der oben erw\u00e4hnte war der erste g\u00fcnstig verlaufende Fall.","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"A. Medwedew,\nBetrachten wir nun einerseits die soeben angef\u00fchrten Beobachtungen am Tiere III, anderseits die Eigent\u00fcmlichkeiten im Verlaufe der NH3-Entwicklung in dessen Blute, so ergibt sich die Frage: stellt das eigent\u00fcmliche Verhalten des Blutes dieses Tieres und dessen F\u00e4higkeit, die typische Ektomie zu \u00fcberleben, nicht vielleicht die Folge eines und desselben Umstandes vor, und zwar des Vorhandenseins von akzessorischen Epithelk\u00f6rperchen?\nDiese Erw\u00e4gungen f\u00fchren somit zur Untersuchung des Prozesses der NH3-Entwickelung im Blute normaler Tiere.\nAmmoniakentwickelung im Blute gesunder Tiere.\nWie aus folgenden Versuchen ersichtlich sein wird, verl\u00e4uft die NlLj-Entwicklung im Blute gesunder gut gen\u00e4hrter Hunde wesentlich anders als im Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere.\nVersuch IV.\nGesunder Hund, j 16 kg schwer, reichlich gen\u00e4hrt. Blut entnommen aus der a. femoralis, 22 Stunden nach der F\u00fctterung.\nZeit\tNils'\t\u2022Gehalt in mg auf 100 g arteriellen Blutes\tNH3-Zunahine\n\to,\u00fc4\t\t\t\t \u2022\n; 4'/* \u25a0 ' ' \u25a0\t0,70\t\t0,06\n\t\t0.86\t0,22\nto\u00ab* v,:y;\t\t1,09\t0,45\n12\t\t1,23\t\u25a0\t0,61\n; 131:\u00ab ; 2:\\ \u25a0\t\t1,40\t;;.y i fin\t0,76 i O\u00ab\n30\t\"\tV\"\t;\u2022 \u2022 _\t\\.vV- 1,95\t\t1 flo 1.31\n0iagramm des Versuch s 1V","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren 123\nVersuch V.\nGes\u00fcnder Hund, 25,6 kg schwer. Blut entnommen aus d\u00ae*1 ^ femoralis, 12 Stunden nach der F\u00fctterung.\nDiagramm des Versuchs V.\nBetrachten wir in beiden F\u00e4llen die Zahlen, Welche die Zunahme des NH3-Geh\u00e4ltes im Blute angeben, so f\u00e4llt uns auf, da\u00df die Zunahme anfangs sehr langsam vor sich geht. Anschaulicher wird diese Tatsache illustriert durch die Kurven, welche das Verh\u00e4ltnis zwischen NH3-Zunahme und Zeitr\u00e4umen ausdr\u00fccken. Aus den Kurven ist n\u00e4mlich ersichtlich, da\u00df die Anfangsgeschwindigkeit, im Momente der Blutentnahme, gleich 0 ist oder wenigstens diesem Werte sehr nahe liegt; weiter verl\u00e4uft die Ammoniakentwickelung im Laufe der ersten 11 bis 12 Stunden mit zunehmender Geschwindigkeit,- die dann in eine verlangsamte \u00fcbergeht, was durch die Wendepunkte der Kurven gekennzeichnet ist. Interessant ist dabei der Umstand, da\u00df die Kurven normaler Tiere an die Kurven'erinnern","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\tA. M\u00e8dwedew, '\nwelche von jenem einzigen ektomierten Tiere erhalten war, das sich als f\u00e4hig erwies, die Operation zu \u00fcberleben.\nEs ergibt sich somit, da\u00df die Ammoniakentwickelung im Blute gesunder Tiere einen bei weitem komplizierteren Vorgang vorstejlt, als wie bei den typischen F\u00e4llen vollst\u00e4ndiger Ektomie ; vor allen Dingen \u00e4u\u00dfert sich dieses durch die Anfangsbeschleu-\nnigung des Prozesses.\nVon allen den zahlreichen in der Chemie bekannten Reaktionstypen mit Anfangsbeschleunigung verdient bei der von uns behandelten Frage nur jener Typus Aufmerksamkeit, welcher die F\u00e4lle sogenannter Autokatalyse in sich schlie\u00dft.\t\u2022\nWird die Geschwindigkeit eines Prozesses erster Ordnung katalytisch durch eines der Endprodukte der Reaktion beschleunigt, so l\u00e4\u00dft sie sich, nach Ostwald, durch die Differenzialgleichung ausdr\u00fccken:\ndx\ndt\n= (ki + k\u00e2x) (A\u2014x),\nwobei A Anfangskonzentration, kt und k2 Geschwindigkeits-koeffizienten bei Abwesenheit und bei Vorhandensein des Katalysators bedeuten.1) Ostwald weist auf einen bemerkenswerten Spezialfall eines solchen Reaktionstypus hin, welcher stattfindet, wenn k, =\u25a0 0; die Geschwindigkeitsgleiehung gestaltet sich dann wie folgt:\n.= k2x (A\u2014x);\nda aber bei t = 0 auch x = G, so kann, theoretisch, die Reaktion nicht ihren Anfang nehmen, obwohl dieselbe, wenn einmal beg\u00f6nnery mit beschleunigter Geschwindigkeit vor sieb gehen w\u00fcrde. Reaktionen von diesem Typus existieren aber, was 0stwald erstens durch die praktische Unm\u00f6glichkeit erkl\u00e4rt, eine Substanz zu erhalten, die absolut frei von Zersetzungsprodukten w\u00e4re, und zweitens, durch den Umstand, da\u00df die Geschwindigkeitskonstante der unbeschleunigten Reaktion sehr klein, aber streng genommen nicht gleich 0 sein\n.' ' \u2019) Wi 1 helni Osl\\vaid, Lehrbuch der allgemeinen Chemie. Bd. II. Verwandtschaftslehre, S. 2(54\u2014269, \u00a7\u00a7 37\u201438 (zweite Auflage, 1897).","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"l'ber Desamidierungsvgrg\u00e4ngc im W\u00fcte von Tieren. 425\nkann. .Demgem\u00e4\u00df wird\u00bb, sagt Ostwald, -das Verhalten solcher Stoffe das sein, da\u00df sic sich lange scheinbar v\u00f6llig unver\u00e4ndert halten, da\u00df aber nach einiger Zeit die Reaktion einzutreten beginnt und dann gew\u00f6hnlich sehr schnell zu Ende geht.\u00bb\nEtwas \u00c4hnliches lesen wir auch aus unseren Kurven: der NH3-Entwiekelungsproze\u00df, welchernach der Blutentnahme beginn t besitzt eine Anfangsgeschwindigkeit, die = 0 oder wenigstens nahe 0 ist; die Geschwindigkeit steigt im Laufe eines gewissen -\u00fcbrigens nicht bedeutenden \u2014 Zeitraumes, 11\u201412 Stunden, und sinkt dann allm\u00e4hlich, dem Nullwerte sich n\u00e4hernd. Der Verlauf dieser Erscheinung erinnert zweifelsohne an jenen Typus, welcher durch die-Gleichung ausgedr\u00fcckt wird: dk , \u00bb\ncP - (K + M (A.-x),\t\u2022 \u2022\nwa k, einen der Null nahe stehenden Wert h\u00e4tte. Fernet* weisen unsere Kurven noch eine Eigent\u00fcmlichkeit auf, die f\u00fcr autokatalytische Prozesse charakteristisch ist. Wenn wir den Wert k, in der obigen Gleichung vernachl\u00e4ssigen, so ergibt Hch aus der Gleichung :\nda\u00df ^ den Maximalwert bei x = 4 erh\u00e4lt-\n\u2022:\tUl\t2\tV\nan unseren\nKurven ist ersichtlich, da\u00df die Geschwindigkeit in beiden F\u00e4llen ihren Maximalwert erlangt, wenn die Umwandlung ungef\u00e4hr\nSomit k\u00f6nnte, sowohl auf Grund dieses Anzeichens, wie auch auf Grund der allgemeinen Form der Kurven, angenommen\nwerden, da\u00df wir es mit, einer autokatalvtischen Reaktion'zu tun haben.\t.\t/-V\nIch denke jedoch, da\u00df die \u00c4hnlichkeit zwischen dem NIL-Entwickelungsprozesse im Blute und den autokatalytisehen Reaktionen blo\u00df eine scheinbare ist, und da\u00df das mehr oder minder nahe Zusammentreffen der Wendepunkte unserer Kurven mH den Forderungen der Theorie nur eine rein zuf\u00e4llige ist. Anla\u00df zu zweifeln, da\u00df hier die Theorie der Autokatalyse in\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXU \u2019\t*\t*\t28\t\" .","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":".426\tA. Medwedevv,\nAnwendung zu bringen w\u00e4re, ergibt sich aus folgenden Erw\u00e4gungen. ' r.y\nEs unterliegt keinem Zweifel, da\u00df wir sowohl bei schilddr\u00fcsenlosen, wie bei normalen Tieren mit einem und demselben Desamidierungsprozesse zu tun haben. Nimmt man jedoch an, da\u00df in beiden F\u00e4llen ein und dasselbe der Desamidierung unterliegende Substrat und die gleichen Produkte vorliegen, dann ist es vollst\u00e4ndig unverst\u00e4ndlich, weshalb NH3 oder denselben begleitende Reaktionsprodukte im normalen Blute den Proze\u00df katalysieren, im Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere dagegen nicht. Auf diese Frage l\u00e4\u00dft sich keine Antwort geben, ohne dabei Zuflucht nehmen zu m\u00fcssen zu mehr oder weniger willk\u00fcrlichen Annahmen.\nDiese Schwierigkeiten lassen sich umgehen, wenn man, den Gedanken an eine autokatalytische Reaktion fallen lassend, von einer anderen Hypothese ausgeht. Unsere Vorstellung geht dahin, da\u00df im Blute gesunder Tiere, gleichzeitig und parallel mit dem Desamidierungsprozesse, der bei den schilddr\u00fcsenlosen Tieren stattfindet, ein diesem Prozesse entgegengesetzter, und zwar ein synthetischer Vorgang vor sich geht, an welchem Ammoniak teilnimmt. Diese Annahme l\u00e4\u00dft sich durch zwei Schemata zum Ausdruck bringen :\t^\nX \u2014\u25a0? NH3 + Z , x^=>nh3 + z,\nderen ersteres sich auf das Blut schilddr\u00fcsenloser Tiere bezieht und das zweite auf das Blut gesunder Tiere.\nBezeichnen wir den Geschwindigkeitskoeffizienten des Deamidierungsprozesses durch kd und des synthetischen Vorganges mit ks, so erhalten wir f\u00fcr die Geschwindigkeit der NH3-Entwickelung im Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere die Gleichung.\n.:W;' /-V\tdx .\t., \u25a0 \u25a0:\njg- = kd (a\u2014x)\nund f\u00fcr das Blut gesunder Tiere die Gleichung :\nJ = (k\u201e-k8) (a-x).\nUm unsere Hypothese begr\u00fcnden zu k\u00f6nnen, m\u00fc\u00dfte vor","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Desamidierungsvoig\u00e4ngo im Blute von Tieren,\n427\nallen Dingen dargetan werden, da\u00df im entnommenen Blute ein synthetischer Vorgang vor sich geht, an welchem freier Ammoniak teilnimmt, oder aber der labile, d. h. der, wie bei unserer Bestimmungsmethode, durch Natriumcarbonat aus dem Blute verdr\u00e4ngbare Nfij. Da, unserer Voraussetzung nach, der synthetische Proze\u00df sich mit dem Prozesse der Abspaltung von Ammoniak summiert, so best\u00e4nde die Aufgabe darin, den einen Proze\u00df dem Einfl\u00fcsse des anderen zu entziehen und ihn dadurch direkter Beobachtung zug\u00e4nglich zu machen.\nDer L\u00f6sung dieser Frage versuchte ich zun\u00e4chst dadurch\nn\u00e4her zu treten, da\u00df ich die Ein\u00df\u00fcsse zu finden suchte, welche die Desamidierungsfunktion unterdr\u00fccken k\u00f6nnte, ohne dabei die synthetische Funktion \u00fcberhaupt zu ver\u00e4ndern; oder aber zum mindesten nur wenig zu beeintr\u00e4chtigen. Wenn es z. B. gel\u00e4nge, den Einflu\u00df zu finden, welcher den Wert des Koeffizienten k,i in der Gleichun\ndx\nig-\nelt\n\u2014 (k(i \u2014 k8) (u\u2014- X\u2018)\ngleich Null gestalten k\u00f6nnte, ohne jedoch die Gr\u00f6\u00dfe ks merk-bai zu beeinflussen, so w\u00fcrde doch wohl die Kurve eine andere\nForm erhalten und die Geschwindigkeit . w\u00fcrde negativ.\nUnter anderem glaubte ich dieses durch \u00c4nderung der osmotischen Bedingungen des Blutes erlangen zu k\u00f6nnen. Es erwies sich hierbei, da\u00df eine Erh\u00f6hung des osmotischen Druckes tats\u00e4chlich bis zu einem gewissen Grade den Charakter des Prozesses ver\u00e4ndert. Die Ver\u00e4nderungen waren jedoch nicht so deutlich und scharf ausgepr\u00e4gt, um auf Grund derselben die aufgeworfene Frage l\u00f6sen zu k\u00f6nnen.\nIch w\u00e4hlte nun einen anderen Weg, und zwar versuchte lch einen derartigen physiologischen Zustand des Tieres zu finden, bei welchem erwartet werden k\u00f6nnte, da\u00df der synthetische Proze\u00df den Desamidierungsproze\u00df \u00fcberwiegen w\u00fcrde. Verschiedene Erw\u00e4gungen veranla\u00dften mich, das Blut von solchen Tieren zu untersuchen, welche lang andauerndem Hunger unterworfen waren.\t>\n2R*","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"42# ;\tA. Medwedcw,\nAuf Grund aller unserer Kenntnisse \u00fcber den Hungerzustand mu\u00df angenommen werden, da\u00df bei solchen Tieren die Eiwei\u00dfsubstanzen derjenigen Zellen, welche der Zerst\u00f6rung unterliegen, in die Organe \u00fcbergef\u00fchrt werden, welche sowohl in der Masse, wie auch in der Zusammensetzung mehr oder weniger konstant bleiben. Bei solchen Tieren mu\u00df ferner auch die M\u00f6glichkeit angenommen werden, da\u00df ein Umbau der Eiwei\u00dfk\u00f6rper des einen Typus in solche von anderen Typen stattfindet. Diesen letzeren Proze\u00df kann man sich verschieden vorstellen ; unter anderem kann man mit gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit annehmen, da\u00df eine Umwandlung der einen Aminos\u00e4uren in andere stattfinde. Diese Umwandlung nun k\u00f6nnte man sich schwerlich anders vorstellen, als da\u00df sie eben in zwei Phasen vor sich gehe, deren erstere in einer Vorgestaltung des KohlenstoffSkelettes der zu bildenden Aminos\u00e4uren best\u00e4nde, die zweite aber in der eigentlichen Bildung letzterer durch Anlagern des freien Ammoniaks.\nSelbstredend m\u00fc\u00dften sich diese tiefen Prozesse haupts\u00e4chlich im Innern der Zellen vollziehen ; man k\u00f6nnte doch aber auch voraussetzen, da\u00df diese Prozesse dem Bl\u00fcte gleichfalls nicht fern l\u00e4gen, zumal es keinem Zweifel unterliegen kann, da\u00df die Bildung der Bluteiwei\u00dfk\u00f6rper w\u00e4hrend des Hungerzustandes auf Kosten der Gewebeeiwei\u00dfsubstanzen vor sich gehe.\nDas w\u00e4ren die allerdings recht allgemeinen Erw\u00e4gungen, welche mich verania\u00dften, im Blute hungernder Tiere solche synthetische Prozesse zu suchen, welche unter Mitwirkung von freiem NH, zustande kommen. Inwiefern diese Erw\u00e4gungen als solche von Wert sind, m\u00f6ge dahingestellt bleiben. Jedenfalls haben sie zu recht beachtenswerten Resultaten gef\u00fchrt.\t\u25a0 '\n\u00dcber das Verhalten des Ammoniaks im Blute hungernder Tiere.\nBei der Uniersuchurig des Blutes hungernder Tiere erwies es sich tats\u00e4chlich, da\u00df der freie, resp. durch Natriumcarbonat verdr\u00e4ngbare Ammoniak als solcher im Blute verschwindet.\nVersuch VI.\nDas Versuchstier, ein Hund, hungerte im Laufe von 49 Tagen (bei Wasserz\u00fcfuhr ad libitum) ; Anfangsgewicht des Tieres 15,3 kg, Gewicht am Versuchstage 8,2 kg; Gewichtsverlust 46,4\u00b0, o. Folgende Tabelle gibt den NH3-Gehalt des Blutes wieder.","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4ngc im Blute von Tieren. 429\nZeit\tNH.t-Me\"nge in mg auf 100 g arteriellen Blutes\tAbnahme des NH,-Gehaltes in mg auf 100 g Blut\n0\t1.63\t\n; 21/*\t.vn-.- 1,21\t0,12\nV. \u00bbV\u00ab\t0.98 .\t0.05\n9\t1,00\t; 0.63\nH V\u00ab\t\u25a0 v 1AS\t'\t0,55\n\u2019 14\t\t.\t*\t0,41 \u2019\n25\t1.58\t0,05\ngram in des Versuchs V I\nVersuch VII.\nVersuchstier ein Hund : Dauer der Hungerperiode hei Gabe von Wasser \u2014 28 Tage. Anfangsgewicht 15,3 kg: Gewicht am Versuchstage 10,6 kg; Gewichtsverlust 30,7*/0.\nZeit '\t| NH3-Menge in mg auf\tAbnahme des NH3-Gehaltes\n\t| 100 g arteriellen Blutes\tin mg auf 100 g Blut\nb/' .v:\t1,97\t. 0\u2018 \u2022\n$*\u00a7\t1,48\t\u25a0 0.49\n\u00e4l/i\t1.39\t. \u2022 0.53\ni\t1,36 ^-r:sjs\u00a5[.\t0,(51\n10\t1,42\t0.55 '\n12\t1.49\t0.48\n14\t1 \u2022 \u25a0 ' \u2022 ' \u2018 \u2022\u2022\t1\t-\t1,57\t0.40\n30 V.\t|\t\u25a0 - .\t1.94\t0.03,","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"A. Med we dew\nD lag r a in m d es Versuchs\nVersuch VIII.\nVersuchstier ein Hund; Dauer der Hungerperiode bei Wassergabe 45 Tage: Anfangsgewicht 20,5 kg; Gewicht am Versuchstage 11,5 kg; Gewichtsverlust 43,9\u00b0/o.\n* Zeit\tNHj-Menge in mg auf j Abnahme des NH3-Gehaltes\n100 g arteriellen Blutes I in mg auf 100 g Blut\n\"0\t1,82\t\u25a0 \u2014 \u25a0\n~1 \u25a0\t1,10 1.02 M2\t0,72 0.80\nlO'.V\t\t0,70\n11 4\t1,18\t0,64\n1H\u2018*\t1,31\t0.51 1 \u2022\u2022 ' : \u2022 \u25a0 /.\n28 ^ ' 7 /: '\t\tt\t0.06\nDiagramm de's Versuches VIII.\nAlle drei Versuche geben im allgemeinen das gleiche Bild. Vor allen Dingen f\u00e4llt in die Augen der hohe Ammoniakgehalt im frisch entnommenen Blute hungernder Tiere: 1,63\u20141,97\u2014 1,82 mg auf 100 g arteriellen Blutes. Diese Zahlen \u00fcbersteigen drei- bis viermal den NH3-Gehalt im Blute normal gen\u00e4hrter","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber DesamidierungsVorg\u00e4nge im \u00dflutc von Tic\nren.\n431\ngesunder Tiere. Vom Momente der Blutentnahme an wird ein progressives Fallen des NH3-Gehaltes im Blute beobachtet * dieses dauert 6-8 Stunden. Weiterhin beginnt ei.\u00bb langsames Anwachsen des Ammoniakgehaltes, das sich im Laufe von 20-25 Stunden verfolgen l\u00e4\u00dft. Nach Verlauf dieser Zeit er-langt der NH3-Gehalt fast wieder seinen urspr\u00fcnglichen Wert, d. h. der Unterschied von letzterem wird durch Werte ausgedr\u00fcckt, die im Bereiche der Versuchsfehler liegen.\n^ Die Versuchsdiagramme ergeben gleichfalls in allen drei f\u00e4llen ein und dasselbe Bild. Im Laufe der ersten 6 bis 7 Stunden, w\u00e4hrend welcher der Nl^-Gehalt' um 35-45o/0\nseines urspr\u00fcnglichen Wertes f\u00e4llt, ist\nkonkav zur Zeitachse ; im Laufe weiterer 20\u201425 Stunden, w\u00e4hrend welcher ein langsames Anwachsen dies NH3-Gehaltes -or sich geht, bleibt die Kurve zun\u00e4chst konkav zur Abszissen-aehse, weist dann aber zwischen der 11 und 12 Stunde einen Wendepunkt auf, nach welchem die Kurve konvex zur Leit-\nachse wird und sich dieser augenscheinlich asymptotisch n\u00e4liert. Das unmittelbar im Blute lange hungernder Tiere\nzu beobachtende Verschwinden des Ammoniaks la\u00dft\nseine andere Deutung zu als die, da\u00df. NH3 in irgend ( inen syn the tisch en Proze\u00df hineingezogen wird.\nEs ergibt sich somit die Frage, welcher Art wir uns den Proze\u00df vorstellen m\u00fcssen, bei welchem NH3 gebunden wird. Auf diese Frage l\u00e4\u00dft sich vorl\u00e4ufig keine einigerma\u00dfen bestimmte Antwort geben. Alles, was sich sagen lie\u00dfe, l\u00e4uft nur darauf hinaus, da\u00df der synthetische Proze\u00df, von welchem die Hede ist, nicht in der Bildung von Carbamins\u00e4ure oder .von Harnstoff bestehen k\u00f6nne. Was die Bildung von earbaminsaurem aus kohlensaurem Ammonium anbetrifft, so ist die Unzul\u00e4ssigkeit dieser Annahme ohne weiteres klar. Bei der von uns angewandten Bestimmungsmethode wurde doch der Gesamtstickstoff des carbaminsauren Ammoniums; als freier NHj be^\nstimmt. Wir haben es aber mit einem Prozesse zu tun, bei welchem der NH3 derart gebunden wird, da\u00df er durch Natriumcarbon\u00e2t nicht verdr\u00e4ngbar ist; Auch die andere Annahme ist unwahrscheinlich, da\u00df sich n\u00e4mlich aus dem kohlen-","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"432 ';\tA. Medwede w,\nsauren resp. carbaminsaurem Ammonium Harnstoff bilde. Da bei unseren Versuchen ohne Zweifel ein reversibler Proze\u00df vorliegt, so m\u00fc\u00dften wir \u2014 die M\u00f6glichkeit der Harnstoff bildung zugegeben \u2014 auch die M\u00f6glichkeit einer Desamidierung desselben zulassen. Speziell unternommene Versuche ergaben jedoch, da\u00df bei den Bedingungen, bei welchen unsere Beobachtungen angestellt waren, eine Desamidierung des Harnstoffes nicht stattfindet.\nSomit mu\u00df die M\u00f6glichkeit einer Synthese angenommen werden, bei welcher freier NH3 an der Bildung irgend weicher Amino- oder Amidoverbindungen teilnimmt. Dieser Proze\u00df kann entweder ein reversibler sein nach dem Schema :\nNH5 -f Z X,\noder aber der Proze\u00df verl\u00e4uft in zwei Phasen nach den Schemata :\nX \u2014* nh3 + z\nt\tZl + NH3 \u2014Xj,\nbei welchen X} und Zt nicht identisch sein m\u00f6gen mit X und Z. \u00dcber die Natur der reagierenden Substanzen l\u00e4\u00dft sich aber nichts Bestimmtes sagen.\n\u00dcber den Mechanismus des Entstehens und Verschwindens des r ;\tfreien NHS im Blute.\nWie aus Gesagtem ersichtlich ist, vollzieht sich die Entwickelung resp. das Verschwinden des NHS im Blute bei drei verschiedenen physiologischen Zust\u00e4nden nach drei verschiedenen Typen. Der nach dem ersten Typus verlaufende Proze\u00df \u2014 im Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere \u2014 ist der einfachste; es ist offenbar ein reiner und in typischen F\u00e4llen kein komplizierter Desamidierungsvorgang.\nDer dritte Typus \u2014 bei Tieren in protrahiertem Hungerzustande \u2014 wird dadurch charakterisiert, da\u00df der freie oder labile Ammoniak w\u00e4hrend einiger Stunden nach der Blutentnahme, wie unmittelbar zu beobachten ist, in einen synthetischen Proze\u00df hineingezogen wird, welcher gleichzeitig mit dem Des-ainidierungsvorgange verl\u00e4uft. Was den Vorgang des zweiten","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Bl\u00fcte von Tieren . 433\nTypus anbetrifTt, so wird derselbe dem Anschein nach aus denselben Komponenten zusammengesetzt, wie das beim dritten Typus der Fall ist.\nVerhalten des Ammoniaks in verschiedenen Bluis\u00f6rten.\n. .. KurveJ veranschaulicht die NH,-Entwicklung im Blute Schild-drusenloser Tiere \u2014 Typus I; N \u2014 im Blute normaler Tiere \u2014 TvpuS II H \u2014 im.Blute hungernder Tiere \u2014 Typus 111.\t\u2019\nDer Mechanismus des Typus 1 ist nicht schwer zu Cerstehen. Da die Kurven, welche die Erscheinungen dieses Typus wiedergeben, als ziemlich regelm\u00e4\u00dfige logarithmische Kurven erscheinen und die experimentellen Daten sehr befriedigende Konstanten erster Ordnung ergaben, so ist wohl kaum daran zu zweifeln, da\u00df wir einen Desamidierungsproze\u00df fermentativen\nCharakters vor uns haben, bei dem die Menge des Katalysators sich im Verl\u00e4ufe der Reaktion nicht merklich ver\u00e4ndert\nAus dem Vergleich der Diagramme des ersten und Zweiten Typus ist zu ersehen, da\u00df, im Gegensatz zu schilddr\u00fcsenlosen Tieren, wo die Menge des Fermentes w\u00e4hrend des ganzen ' \u00aer'aufes der Reaktion als konstant anzunehmen ist, letzteres bei normalen Tieren keineswegs der Fall isi: hier n\u00e4mlich nimmt die Menge des Katalysators w\u00e4hrend der ersten t l bis 12 Stunden von der Blutentnahme an allm\u00e4hlich zu\nVon allen denkbaren Voraussetzungen, welche die Zunahme","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"des Fermentes in diesem Falle erkl\u00e4ren k\u00f6nnten, wird die einfachste die sein, da\u00df das Ferment aus den Blutzellen in das Plasma diffundiert. Mit anderen Worten, wir nehmen an, da\u00df die zu desamidierende Substanz sich im Blutplasma befindet, da\u00df eben dort auch der Desamidierungsproze\u00df vor sich gehe und da\u00df der eigenartige Gang dieses Prozesses bei normalen gesunden Tieren abh\u00e4ngig ist vom allm\u00e4hlichen \u00dcberdiffundieren der Desamidase aus den Blutzellen in das Plasma.\nDiese Voraussetzung l\u00e4\u00dft sich leicht experimentell erh\u00e4rten. Wenn wir die Blulzellen zerst\u00f6ren und somit auf einmal eine gleichf\u00f6rmige Verteilung des Katalysators in der Blutfl\u00fcssigkeit erhalten, so wird augenscheinlich die Eigent\u00fcmlichkeit der Erscheinung beseitigt, welche blo\u00df von der langsamen Diffusion des Katalysators abh\u00e4ngig ist. Der Versuch best\u00e4tigt vollkommen diese Erwartungen, und zwar zeigt derselbe* da\u00df bei Einwirkung auf das Blut sogenannter h\u00e4molytischer Agenzien der zweite Erscheinungstypus in den ersten umgewandelt wird.\nDie deutlichsten Resultate wurden mit Saponin erhalten. Von drei von mir ausgef\u00fchrten Versuchen will ich hier nur einen einzigen anf\u00fchren, da alle \u00fcbrigen Versuche vollkommen identische Resultate ergaben.\nVersuch IX.\nNormaler Hund, 18 kg. Das in der Oxalatl\u00f6sung auf genommene Blut wurde in zwei dem Volumen nach ungef\u00e4hr gleiche Teile geteilt. In einen derselben wurde Saponin getan, und zwar in einer Menge, da\u00df dieselbe, nach W\u00e4gung des entnommenen Blutes, 0,147 g auf 100 g Blut betrug. Beim Sch\u00fctteln wurde das Blut bald lack farbig. In jeder dieser Blutproben wurde die NH.rEntwickelung untersucht. Die Werte sind in folgender Tabelle wiedergegeben.","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"I ber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren.\n435\nZeit in Stunden\tOxalathalliges Blut\t\tOxala\t1 haltiges 1\tHut -f- Saponin\n\tNH,-Ge-halt auf 100 g Blut\tNHa-Zu-nahme auf 100 g Blut\tNH.,-Ge-lialt auf 100 g Blut\tN113-Zu-nahme auf 100 g Blut\ti,\t1\ta t . b,0a\u2014x\n0\t0.51\t\u25a0\u25a0\u25a0\t0,51\t\t\n3 '/*\t\t\u25a0 . \u25a0 \u2022\t1,05\t0.54\t0.0008\n5\u2019 2\t0,50\t0,08\t\t\t\n\"V* n\t0 70\t|}OX\t1.33\t0,82\t0.0800\nio V*\t\t\t1,45\t0.04\t0.0008\n12\t0,00\t0,48\t\u25a0 . -\t-\t\n22*2\t1,43\t0,02\t\u25a0\t\u2022\t.\t\u2022\t'\tv-.,,. \u2018\t\t\n24\t- ' '\t\t1.55\t1,04\t\n27\t1.53\t102\t\t\t\nDiagramm des Versuches IX.\nDie untere Kurve N illustriert die NHS-Entwicklung im normalen Blute ; die obere \u2014 S \u2014 in durch Saponin li\u00e4molysiertem Blute.\nAus dem Diagramm ist ersichtlidi, da\u00df die Ammoniak-entwickelung im normalen, oxalathaltigen Blute den schon fr\u00fcher beschriebenen Reaktionstypus mit Beschleunigung vorstellt (Kurve N).. Dasselbe Blut jedoch, durch Saponin h\u00e4molysiert, gibt ein vollst\u00e4ndig anderes Bild (Kurve S): wir haben hier denselben Typus vor uns, den wir bei schilddr\u00fcsenlosen Tieren antrafen. Bemerkenswert ist hierbei, da\u00df in beiden F\u00fcllen die Reaktionsgrenze eine und dieselbe ist; folglich hatte das Saponin nur den Typus der Reaktion umgestaltet, und bestand seine Wirkung darin, da\u00df die Kat\u00e4lysator-menge w\u00e4hrend des ganzen Verlaufes des Prozesses","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"eine konstante wurde. Offenbar gelangt die gesamte in den Formelementen des Blutes enthaltene Menge des des-amidierenden Fermentes mit einem Male in das Plasma und bleibt in letzterem in konstanter Menge w\u00e4hrend des ganzen Verlaufes des Prozesses ; teils w\u00e4re dieses wohl auf die eigentliche H\u00e4molyse zur\u00fcckzuf\u00fchren, teils darauf, da\u00df das Saponin die Leukocyten t\u00f6tet und die Blutpl\u00e4ttchen l\u00f6st.\nAus diesem Versuche ergibt sich, da\u00df die Diffusion des Katalysators aus den Formelementen des Blutes in das Plasma fraglos f\u00fcr die Eigent\u00fcmlichkeit des Prozesses des Typus II von Einflu\u00df ist. Es folgt jedoch daraus durchaus nicht, da\u00df diese Eigent\u00fcmlichkeit einzig und allein durch die Diffusionserscheinungen bedingt worden w\u00e4re.\nBevor wir jedoch zur Er\u00f6rterung dieser Frage \u00fcbergehen, wollen wir uns zun\u00e4chst im Mechanismus des nach dem Typus Hl verlaufenden Prozesses zurechtfinden. Offenbar sind hier drei\nMomente bestimmend : die Wirkung eines desamidierenden Fermentes im Blutplasma ; die parallele Wirkung eines Fermentes, das eine synthetisierende Funktion lmt, nennen wir dasselbe Antiferment; als drittes Moment endlich w\u00e4re ein Diffusionsproze\u00df anzunehmen, demzufolge das Blutplasma im Laufe einer gewissen Zeit \u2014 ungef\u00e4hr 12 Stunden \u2014 allm\u00e4hlich reicher an Desamidase wird, die aus den Blutzellen herausdiffundiert. Nehmen wir an, da\u00df im frisch entnommenen Blute hungernder Tiere die Wirkung des Antifermentes die Wirkung der Des-amidase \u00fcberwiegt, und bezeichnen die Geschwindigkeitskoeffizienten des Desamidierungsprozesses und der entgegengesetzten Reaktion durch k,j und k* so ist aus der Geschwindigkeitsgleichung\ti'-- VV;\\ \u2022\ndx ,, t . .\nw = (kd \u2014 k, ) (a. \u2014 x)\nersichtlich, da\u00df, solange ks )\u2022 kj, die Geschwindigkeit des Ammoniakzuwachses eine negative sein mu\u00df. Das ist es eben was in Wirklichkeit auch beobachtet wird und auf der Kurve H des Diagrammes durch den Kurvenzweig O A wiedergegeben wird.\nDa aber die Diffusion der Pesamidase schon vom Momente\ndes Aderlasses beginnt, was eine stetige Zunahme von ka nach","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Desaniidiorungsvorg\u00e4ngt\u00bb im W\u00fcte von Tieren. 437\nSich zieht, so mu\u00df ein Moment eintret en, in dem kt, =- k* geworden ist und folglich\t. \u25a0\t'\t*\nDieser Moment ist auf der Kurve II durch den Punkt A wiedergegeben, wo die Richtung der Kurve parallel zur Zeitachse ist Bei weiterer Diffusion der Desamidase geht der Proze\u00df in ein zweites Stadium \u00fcber, welches dutch die Bedingung k(j y ks charakterisiert und durch- Kurvenzweig A B illustriert wird.\nNachdem der Difliisionsproze\u00df beendet ist und kit somit einen ge wissen Grenzwert erreicht hat, tritt der Proze\u00df schlie\u00dflich in das dritte Stadium, welches durch den Kurvenzweig R H zum Ausdruck gebracht wird und w\u00e4hrend welchen\nk(i \u2014 ks = konst.\nVon dem vorhergehenden wird das dritte Stadium durch den Wendepunkt B getrennt. - .\nEs l\u00e4\u00dft sich unschwer ersehen, da\u00df im wesentlichen auch dem Prozesse Typus II ein gleicher Mechanismns zugrunde liegt und da\u00df der Unterschied zwischen beiden nur durch andere Verh\u00e4ltnisse der Koeffizienten kd und ks bedingt wird.\nDas Charakteristische der Diagramme Typus II (Kurve N) besteht darin, da\u00df die Richtung der Kurven im Nullpunkte der Koordinaten mit der Leitachse \u2022zusammenf\u00e4llt. Diese Eigent\u00fcmlichkeit deutet darauf hin, da\u00df im soeben entnommenen Blute normaler gesunder Tiere - also folglich auch im zirkulierenden Blute \u2014 die Geschwindigkeit der Ammoni\u00e4kent wicke-lung gleich 0 ist. Das l\u00e4\u00dft sich leicht\u2019 erkl\u00e4ren bei der Annahme, da\u00df im zirkulierenden Blute normaler ges\u00fcnder Tiere die Wirkung der Desamidase genau im Gleichgewicht gehalten wird durch die Wirkung des Antifermentes, welch letztere wir uns, wie schon oben erw\u00e4hnt wurde,- als der Wirkung der Desamidase entgegengesetzt vorstellen. Mit anderen Worten, im Blute normaler Tiere mu\u00df als Anfangsbedingung. gelten :\nk,i = ks\t:\nund folglich die Anfangsgescliwindigkeity wie aus der Gleichung","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\tA. Medwedew.\t*\n= (kj \u2014 If.) (a - x) :/ hervorgellt, gleich 0 sein.\nDas Gleichgewicht beider entgegengesetzter Wirkungen wird aber schon im Momente der Blutentnahme gest\u00f6rt. Offenbar w\u00e4chst auch in diesem Falle der Koeffizient k,j, welcher anfangs einen gewissen Wert besa\u00df, best\u00e4ndig, und zwar gleichfalls infolge der Diffusion der Desamidase aus den Blutzellen in das Plasma. Wenn dabei ks seinen konstanten Wert beh\u00e4lt, so ist die Geschwindigkeit des Prozesses eine zunehmende. Dieses Stadium, das auf dem Diagramm durch den konvexen Kurvenzweig OC wiedergegeben ist, wird so lange fortdauern, bis der Diffusionsproze\u00df beendet ist und somit k<j einen gewissen Grenzwert kt erreicht hat. Von dieser Zeit an verl\u00e4uft der Proze\u00df mit einem Geschwindigkeitskoeffizienten = kt \u2014 k,. der einen positiven und wahrscheinlich auch einen konstanten Wert hat; auf dem Diagramm wird dieses Stadium durch den konkaven Kurvenzweig CN illustriert Es ist auch hier dieses Stadium von dem vorhergehenden durch den Wendepunkt C getrennt, der nat\u00fcrlich auch in diesem Falle, wie bei Typus,III, den \u00dcbergang von zunehmender Geschwindigkeit in eine abnehmende bezeichnet.\nNicht \u00fcbersehen darf der Umstand werden, da\u00df die Wendepunkte der Kurven, sowohl des Typus II, als auch des Typus III vom Momente der Blutentnahme durch ein und dasselbe Zeit intervall getrennt sind, und zwar betr\u00e4gt dieses Intervall in beiden F\u00e4llen elf bis zw\u00f6lf Stunden. Es deutet dies darauf hin, da\u00df die Wendepunkte in beiden F\u00e4llen eine und dieselbe Tatsache zum Ausdruck bringen, n\u00e4mlich -\u2014 das Eintreten \u2014 infolge des Diffusionsstillstandes \u2014 eines konstanten Gehaltes von Desamidase in der Blutfl\u00fcssigkeit.\nWas den Proze\u00df Typus II anbetrifft, m\u00fcssen wir noch einen Punkt er\u00f6rtern, welcher auf den Koeffizienten k8 Bezug hat.\nEs kann keinem Zweifel unterliegen, da\u00df dieser Koeffizient beim Prozesse Typus III einen endlichen Wert, hat, da hier das Verschwinden von Ammoniak unmittelbar beobachtet wird : beim Proze\u00df Typus II jedoch liegt die Sache nicht so klar.","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidirrungsvorg\u00e4njre im Blute von Tieren. 4B9\nOben war darauf .hingewiesen, da\u00df bei diesem Typus f\u00fcr zirkulierendes Blut die Bedingung k(1 - ks angenommen werden mu\u00df, und f\u00fcr entnommenes Blut ein allm\u00e4hliehes Anwachsen von k(J bei konstant bleibendem k8. Durch diese \u201c Annahme wird der absolute Wert beider Koeffizienten nicht vorausbestimmt, und deshalb kann die Frage aufgeworfen werden : haben beide Koeffizienten in diesem Falle nicht etwa\nden Wert 0. wobei wir f\u00fcr zirkulierendes Blut die Bedingung hatten\t'\nk,i = ks = 0,\nf\u00fcr entnommenes Blut jedoch eine Zunahme von k(l von bis zu einem gewissen endlichen Werl.\nBesitzt ks im Blute normaler nicht hungernder Tiere einen endlichen Wert, so m\u00fcssen wir annehmen, da\u00df hier ein synthetischer Proze\u00df vorliegt, wie auch im Blute von Hungertieren : wenn aber umgekehrt k* = 0, dann m\u00fcssen wir schlie\u00dfen\u2019 da\u00df im Blute gesunder Tiere der synthetisierende Katalysator fehlt, wie auch im Blute schilddr\u00fcsenloscr \u00efiere^\nAuf Grund folgender \u00dcberlegungen kann die Frage im ersten Sinne beantwortet werden.\tv;.-\nNehmen wir an, da\u00df das Diagramm im Blute normaler\nTiere einen zusammengesetzten Proze\u00df darstellt, welcher aus\neinem Desamidierungs- und einem gewissen synthetischen ihoze\u00df besteht, und stellen wir uns dann die Aufgabe, das Diagramm dieses letzteren zu konstruieren. \u2022\t*\t'\nZu diesem Zwecke kehre ich nochmals zu dem Versuche IX zur\u00fcck, dessen Diagramm in folgender Figur wiedergegeben wird :","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"wo das Anwachsen von NII3 im normalen Blute gesunder Tiere illustriert und Cx in demselben, jedoch durch Saponin h\u00fcmolysierten Blule.\nWenn C0 ein summierter Proze\u00df und C, einer der beiden Komponenten desselben ist, so wird das Diagramm des zweiten Komponenten durch folgende Konstruktion erhalten.\nF\u00fcr einen gewissen Zeitmoment t = OA ergibt sich die Ordinate x aus der Gleichung:\n\u25a0 A- AAq\tAAj \u25a0 \u2014\u2014' '\u25a0\u2022nrr AqAj. \"\nNehmen wir AA2 = A,A0, so erhalten wir den Punkt A2 des gesuchten Diagrammes, welcher dem Zeitpunkte t entspricht. Durch eine solche Konstruktion f\u00fcr eine gro\u00dfe Anzahl von Zeitpunkten erhielt ich die punktiert wiedergegebene Kurve C2; dieselbe stellt offenbar das Diagramm jenes Prozesses vor, durch dessen Summierung mit dem gleichzeitig verlaufenden Prozesse C, der Proze\u00df C0 resultiert. In der Kurve C2 ist unschwer das Diagramm Typus III mit allen dasselbe charakterisierenden Eigenschaften zu erkennen. Wie bei jenen experimentellen Kurven, so haben wir auch bei dieser theoretischen drei Zweige: einen herabgehenden, zur Zeitachse konkaven, einen emporsteigenden konkaven und einen emporsteigenden konvexem In beiden F\u00e4llen liegen die Punkte der gr\u00f6\u00dften Kurventiefe im Zeitraum zwischen der 6. und 7. Stunde und die Wendepunkte zwischen der 11. und 12. Stunde nach der Blutentnahme; wie die experimentellen, so n\u00e4hert sich auch unsere theoretisch konstruierte Kurve asymptotisch der Zeitachse. Somit kommen wir zu dem Schlu\u00df, da\u00df der Proze\u00df Typus II sich aus zwei Prozessen zusammensetzt, von welchen der eine im Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere stattfindet, der andere im Blute von llungertieren. Es hat also der Koeffizient ks auch im zirkulierenden Blut\u00e9 normaler, nicht hungernder Tiere einen gewissen endlichen Wert.\nRes\u00fcmieren wir nun das in diesem Kapitel Gesagte, so gelangen- wir zu folgenden Schlu\u00dffolgerungen:\n1. Der V,erlauf der Entwickelung resp. des Verschwindens vpn NTI., im entnommenen Blute normaler, unter gew\u00f6hnlichen Ern\u00e4hrungsbedingungen befind-","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren. 441\nlicher Tiere, ferner im Blute normaler, doch lange hungernder Tiere und schlie\u00dflich im Blute schiid-drusenioser Tiere kann durch eine allgemeine f\u00fcr alle drei Falle geltende Gleichung ausgedr\u00fcckt werden:\n' > dt = <kd \u2014 k\") (a \u2014 *) \u25a0 \u25a0 wo kd und k\u00bb die Geschwindigkeitskoeflizienten des Desami-dierungs- resp. des synthetischen Prozesses bedeuten.\n2.\tIm Momente der Blutentnahme, folglich also auch im zirkulierenden Blute von Tieren dieser drei Kategorien, m\u00fcssen folgende Verh\u00e4ltnisse zugegeben werden: f\u00fcr Tiere der ersten Kategorie \u2014\nkd = k8 und ks =;= o, f\u00fcr Tiere der zweiten Kategorie ___-\nm :\t_\tka < k8 und kd=j= 0,\t\u25a0\nt\u00fcr Tiere der dritten Kategorie____\n.\tk8 = 0 und kd =f= 0.\n3.\tIm Blute von Tieren der ersten zwei Kategorien vergr\u00f6\u00dfert sich nach der Blutentnahme \u2014 infolge von Diffusion der Desamidase aus den Blutzellen in das Plasma \u2014 kj von jenem Werte, welchen dieser Koeffizient im flie\u00dfenden Blute hatte, bis zu einem gewissen Grenzwerte. Bei Tieren aber der dritten Kategorie behalt kd seinen urspr\u00fcnglichen Wert konstant auch nach der Blutentnahme im Laufe sehr bedeutender Zeitr\u00e4ume bis zu 24 Stunden.\n4.\tFolglich mu\u00df angenommen werden, da\u00df das Blutplasma schilddr\u00fcsenloser Tier e schon Int ra vitam eine\ngewisse Menge von Desamidase enth\u00e4lt, die auch\nnach der Blutentnahme keinen merkbaren Schwankungen unterliegt und die weder im flie\u00dfenden, noch\nim entnommenen Blute von dem Antifermente neutralisiert wird.\n..\t\" enn wir die im vorigen Kapitel angef\u00fchrten Schlu\u00df-\nfolgerungen physiologisch ausdriieken, so kann als bewiesen\nHoppe-Seyler\u2019e Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXll. \u2018\t29","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442\tA. Medwed\u2019ew,\ngelten, da\u00df im Blute normaler Tiere gleichzeitig zwei Prozesse vor sich gehen: eine Abspaltung von NHa infolge von Desamidierungsprozessen und eine Bindung von NH3, die durch Vorg\u00e4nge synthetischen Charakters bedingt wird.\nBeide Erscheinungen erkl\u00e4re ich dadurch, da\u00df ich im Blute das Vorhandensein zweier Katalysatoren resp. zweier Fermente annehme \u2014 der Desamidase und deren Antifermentes. \u2014 Letzteren Terminus (d. h. Antiferment) gebrauche ich nicht im allgemein angenommenen Sinne des Wortes, sondern in dem Sinne, wie Beitzke und Neuberg1) und auch H. Euler8) ihn anwenden, d, h. im Sinne eines spezifischen Katalysators eines bestimmten synthetischen Prozesses.\nDie Beobachtungen beim entnommenen Blute haben uns gelehrt, da\u00df wir zwei Arten von Desamidase zu unterscheiden haben \u2014 die Zellen- und Plasma-Desamidase. Die Ammoniakabspaltung, die wir im \u00e9ntnommenen Blute normaler Tiere beobachteten, vollzieht sich eigentlich durch die Wirkung der Blutzellendesamidase, welche bei den von uns gew\u00e4hlten Versuchsbedingungen langsam in das Pl\u00e4sma herausdiffundiert. Derjenige Teil der Desamidase aber, der sich im Blutplasma befindet, wird sowohl im entnommenen wie auch im flie\u00dfenden Blute normaler Tiere genau durch das Antiferment im Gleichgewicht gehalten; im Blute von Hungertieren \u00fcberwiegt die Wirkung des Antifermentes. Es besagt dieses nichts anderes, da\u00df im ersten Falle die Geschwindigkeiten der durch beide Katalysatoren bedingten Prozesse im zirkulierenden Blute gleich sind und im zweiten Falle \u2014 bei Hungertieren \u2014 die Geschwindigkeit des ammoniakbindenden Prozesses solche des Desamidierungsvorganges \u00fcberwiegt.\tt\nIm Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere m\u00fcssen wir einen wesentlich anderen Mechanismus annehmen. Im Gegensatz zu normalen Tieren fehlt hier \u2014 in typischen F\u00e4llen wenigstens \u2014 das Antiferment vollst\u00e4ndig; deshalb wird der durch die Plasma-\n;\t* *) H. Beitzke und C. Neuberg, Zur Kenntnis der Antifennente.\nVirchows Archiv, Bd. GLXXXUI, S. 169 (1906).\n*) H. Euler, Gleichgewicht und Endzustand bei Enzymreaklionen. Diese Zeitschrift. Bd. L1I, S. 146 (1907).","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren. 443\ndesamidase bedingte Proze\u00df nicht durch den entgegengesetzten Vorgang kompensiert; die unmittelbar beobachtete Ammoniak-abspaltung vollzieht sich in diesem Falle durch die Wirkung der Plasmadesamidase, nicht aber der Zellendes\u00e4midase, f\u00fcr deren Herausdiflundieren aus den Blutzellen nach d\u00e8r Blutentnahme hier kein Grund vorliegt, da das Ferment in der gesamten Blutfl\u00fcssigkeit schon im zirkulierenden Bl\u00fcte gleichm\u00e4\u00dfig verteilt ist.1)\tV\t\u25a0 \u2019 \u2022\nDie angef\u00fchrten Daten regen zun\u00e4chst zur Frage an \u00fcber die Herkunft der im Blutplasma vorhandenen Desamidase.\nDiese Frage kann nat\u00fcrlich nicht direkt entschieden werden ; hier m\u00fcssen wir uns mit Analogieschl\u00fcssen begn\u00fcgen. Wie oben klargelegt wurde, unterliegt es keinem Zweifel, da\u00df jene Desamidase, durch deren Wirkung die Ammoniakabspaltung in vitro beim Blute normaler Tiere vor sich geht, aus den Blutzellen herstammt. Es geht dieses mit Sicherheit hervor sowohl aus der Analyse der Erscheinungen beim normalen Blute, wie auch aus den Saponinversuchen, bei welchen die Zellendes\u00e4midase in wenigen Minuten in das Plasma diifun-\n*) Aus den Verh\u00e4ltnissen zwischen dem Fermente und dem Antifermente in den verschiedenen Blutarten ergeben sich unmittelbar folgende Schl\u00fcsse : im Bl\u00fcte normaler Tiere ist der Ammoniakgehalt intra vitam, sofern derselbe von Vorg\u00e4ngen im Blute selbst abh\u00e4ngig ist, konstant ; im Blute von Hungertieren hat er die Tendenz* sich zu verringern; im Blute schilddr\u00fcsenloser Tiere\u201c endlich geht die Entwicklung von freiem Ammoniak sogar in den Gef\u00e4\u00dfen vor sich. Letzterer ^Umstand regt nat\u00fcrlich zu der Frage an : spielt nicht vielleicht dieser im Blute sich\nentwickelnde NH3 eine Rolle bei den Tetanieerscheinungen ? Geringe Mengen freien NHS, welche sich im entnommenen Blute ektomierter Tiere entwickeln* scheinen daf\u00fcr zu sprechen, da\u00df diese Frage ncg\u00e4tiv zii beantworten sei. Allein, dieser Erw\u00e4gung k\u00f6nnen wir keine entscheidende Bedeutung zumessen. Die Sache ist n\u00e4mlich die, da\u00df jene Ammoniakmengen, welche wir bei Unseren Versuchen erhielten, durch die Menge der desamidierenden Substanz bestimmt werden, welche sich im gegebenen Volumen des entnommenen Blutes vorfindet. Wir wissen aber nichts davon. welche Mengen dieser Substanz \u00fcberhaupt das Blut im Laufe eines gewissen Zeitraumes passieren, und k\u00f6nnen nichts \u00fcber den Umfang der Ammoniakbildung sagen. Jedenfalls ist vorl\u00e4ufig die M\u00f6glichkeit nicht von der Hand zu weisen, da\u00df dieser Blutammoniak vielleicht' eine Rolle spielt bei den Intoxikationserscheinungen ektomierter Tiere.","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"W\\\t;\tA. Medwedew,\ndierte. Gleichfalls Zellenursprung nehmen wir auch an f\u00fcr die im Plasma praeexistierende Desamidase. Dieselbe kann aber nicht nur aus den Blutzellefi, sondern \u00fcberhaupt aus Zellen-dementen verschiedener Gewebe herstammen. Wir stellen uns n\u00e4mlich vor, da\u00df die Befreiung sowohl der Desamidase als auch anderer extracellularer Fermente und ihr Auftreten in den K\u00f6rperfl\u00fcssigkeiten durch autolytische Prozesse hervorgerufen wird.\t,\nObzwar viele Autoren die physiologische, resp. intravitale Bedeutung der autolytischen Prozesse bezweifeln, so d\u00fcrfte wohl kaum daran zu zweifeln sein, da\u00df diese Prozesse eine wichtige Rolle spielen bei jener Verschmelzung der Zellenelemente, ohne welche man sich weder das Leben freier Zellen, wie z. B, der \u00dflutzellen. noch auch zu Geweben gruppierten Zellen vorstellen kann. In beiden F\u00e4llen k\u00f6nnen wir ohne die Annahme nicht Auskommen, da\u00df ein gewisser Teil der Zellen sich in jedem gegebenen Momente auf dem Wege zur chemischen und* morphologischen Desorganisation befindet, welche letztere durch die autolytischen Fermente geregelt wird. Bei dieser Desorganisation wird, wie uns wahrscheinlich erscheint, nebst den anderen intracellularen Fermenten auch die Desamidase befreit, um dann als Bestandteil des Blutplasmas frei zu zirkulieren.\nIm Plasma normaler Tiere jedoch mu\u00dften wir zugeben, da\u00df neben der Desamidase auch das Antiferment vorhanden\nsei. Hieraus ist zu schlie\u00dfen, da\u00df im Organismus, gleichzeitig und parallel mit der Befreiung der Desamidase und ihrem extracellularen Erscheinen, sich auch die Bildung und das Eintreten in das Blut eines entsprechenden Antifermentes vollzieht.\nHier endlich gelangen wir zu der Frage \u00fcber die Herkunft dieses spezifischen Antik\u00f6rpers ; die Antwort auf dieselbe bereitet, wenn wir uns an unsere Versuchsresultate halten, keine Schwierigkeiten.\nBei der Analyse der Erscheinungen bei normalen Tieren haben wir gesehen, da\u00df das Vorhandensein eines Antifermentes im Blute solcher Tiere nicht bezweifelt werden kann. Ander-\nseits zwingen uns die Erscheinungen bei Tieren nach voller Ektomie des Schilddr\u00fcsenapparates zuzugehen, da\u00df im Blute dieser Tiere das Antiferment vollst\u00e4ndig fehlt. Diese Tatsachen nun berechtigen uns zu dem Schl\u00fcsse, da\u00df der Schilddr\u00fcsen-apparat dasjenige Organ ist, welches das Antiferment unmittelbar liefert, oder aber die Bildung desselben","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren, 445\n\u00fcberhaupt beeinflu\u00dft. Wir stellen uns vor, da\u00df \u00fcer Schild-, dr\u00fcsenapparat jenes Organ ist, welches auf Anwesenheit von extracellularer Desamidase im Blute durch Hervorbringung ihres Antik\u00f6rpers reagiert und da\u00df darin dessen spezifische oder aber eine seiner spezifischen Funktionen besteht.\nDiese Hypothese erkl\u00e4rt im allgemeinen sehr einfach alle beobachteten Erscheinungen. Details jedoch m\u00fcssen selbstredend Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.\nSo z. B. sind wir nicht imstande, auf die Frage zu antworten, welchem Teile des Schilddrusenapparates die F\u00fcriktr\u00f6n zukommt, das Antiferment zu erzeugen; ob es die eigentliche Schilddr\u00fcse ist, oder aber die Epithelk\u00f4rp\u00e8rchen. Die Wahrscheinlichkeit spricht f\u00fcr diese letzteren, doch erfordert diese Frage nat\u00fcrlich weitere Untersuchungen, f\u00fcr welche die Mehrzahl der Hunderassen leider ein wenig taugliches Material vorstellt, und zwar infolge der zu nahen anatomischen Beziehungen zu einander beider Teile des Schilddr\u00fcsenapparates.\nFerner k\u00f6nnen wir die Frage nicht beantworten, ob das Antiferment stets im Blute thyreoidektomierter Tiere fehlt oder aber nur auf der H\u00f6he der Tetanieerscheinungen. Da\u00df in diesem letzteren Zustande das Antiferment fehlt; kann als sicher angenommen werden. F\u00fcr die, prodromale Periode jedoch, welche immer an Hunden beobachtet wird, dann aber auch f\u00fcr die lichten Zwischenr\u00e4ume, welche fast immer bei diesen Tieren Vorkommen, bedarf die Frage einer speziellen Untersuchung. Diese ist haupts\u00e4chlich deshalb interessant, weil sie mit einer anderen allgemeineren Frage verbunden ist, und zwar: stellt der Schilddr\u00fcsenapparat das einzige Organ vor, welches das Antiferment produziert, oder aber kommt diese Funktion mehreren Organen zu , unter welchen der Schilddr\u00fcsenapparat nur \u00fcberwiegende Bedeutung hat, im Sinne von Umfang und Geschwindigkeit der Produktion des Antifermentes.\nDie Klarstellung der erw\u00e4hnten Fragen d\u00fcrfte wohl kaum gro\u00dfe Schwierigkeiten bieten. Bedeutend schwieriger ist die Frage \u00fcber die physiologische Bedeutung der Antiferment-\nproduktion. Erstens, haben wir es mit einem oder mehreren Antifermenten zu tun, welche mehreren autolvtischen Fermenten","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":".\tA. Medwedew,\nentspr\u00e4chen? In letzterem Falle w\u00fcrde die Funktion des Schild-dr\u00fcsenapparates in Hemmung der Wirkung der autolytischen Fermente im Bl\u00fcte \u00fcberhaupt bestehen.\nFerner, an welchen Substanzen des Blutplasmas vollzieht sich der Desamidierungsvorgang? Diesbez\u00fcglich mu\u00df zun\u00e4chst darauf hingewiesen werden, da\u00df der Desamidierungsproze\u00df aller Wahrscheinlichkeit nach ein-reversibler ist. In dieser Hinsicht verdient die Tatsache Aufmerksamkeit, da\u00df wir das Hineinziehen von NH3 in den synthetischen Proze\u00df unmittelbar in den F\u00e4llen beobachtet haben, wo die im Blute vorhandene Ammoniakmenge stark die Norm \u00fcberstieg, was bei den lange hungernden Tieren der Fall war. Bei der Frage \u00fcber die Ursachen der Ammoniakansammlung im Blute dieser Tiere will ich mich nicht aufhalten. Es ist leicht m\u00f6glich, da\u00df diese Erscheinung bei Hungertieren blo\u00df einen zuf\u00e4lligen oder tempor\u00e4ren Charakter trug und durch die Einwirkungen bedingt war, denen die Tiere unterlagen : das Tier wurde gewaltsam aus dem apathischen, halbschl\u00e4frigen Zustande gebracht, in welchem es sich befand ; so z. B. machte es Widerstandsanstrengungen, als es an das Operationsbrett angeschnallt wurde usw. Der Zustand der Tiere - \u00e4nderte sich somit pl\u00f6tzlich mehr oder weniger scharf und an deren neuromuskul\u00e4ren Apparat wurden, obzwar nur auf kurze Zeit, erh\u00f6hte Anforderungen gestellt. Es ist m\u00f6glich, da\u00df der Organismus jener ausgehungerten Tiere, welche uns als Versuchsobjekte dienten, auf diese Anforderungen blo\u00df durch Verschwendung von Eiwei\u00dfstoffen reagieren konnte. Dadurch wird vielleicht die bedeutende Ansammlung von freiem NHS im Blute erkl\u00e4rt als eines der Produkte des Eiwei\u00dfzerfalles. Uns interessiert jedoch nicht diese Seite der Frage, sondern der Umstand, da\u00df der Ammoniak in denjenigen F\u00e4llen in einen synthetischen Proze\u00df hineingezogen wurde, wo er sich im Blute in Mengen angeh\u00e4uft hatte, welche die Norm drei- bis viermal \u00fcberstiegen. Dieses eben war zu erwarten, wenn wir annehmen, da\u00df wir es mit einem gewissen umkehrbaren Vorg\u00e4nge zu tun haben\nX\tNHj + Z,\nwelcher auf die eine oder die andere Seite gerichtet ist, je","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren. 447\nna<?h der Menge der bei diesem Vorg\u00e4nge beteiligten Substanzen. Unsere Ansicht geht eben dahin, da\u00df sowohl der direkte, als auch der umgekehrte Proze\u00df durch besondere Katalysatoren geregelt wird, und zwar geschieht das hei dem umgekehrten Prozesse durch einen Katalysator, der von dem Schilddr\u00fcsenapparate direkt oder unter seinem Einfl\u00fcsse produziert wird und seiner Funktion nach als Antiferment der Desamidase zu betrachten ist. *\nDer schwierigste Teil der Frage besteht darin, jene Substanzen festzustellen, an welchen sich im Blute ein reversibler Proze\u00df vollziehen k\u00f6nnte.\nVor allen Dingen w\u00e4re zu untersuchen, welche Substanzen \u00fcberhaupt im Blute desamidiert werden k\u00f6nnten. Bis hierzu habe ich Erfahrungen gesammelt \u00fcber einige Aminos\u00e4uren und Harnstoff.1) Letzterer unterliegt im Blute, wie schon oben er-\nw\u00e4hnt wurde, keiner merkbaren Desamidierung. Von den Aminos\u00e4uren waren Alanin, Phenylalanin und Asparaginsaure untersucht worden ; im Bl\u00fcte schilddr\u00fcsenloser Tiere werden alle drei desamidiert. Die Ammoniakmengen, die beim Digerieren dieser Substanzen im Blute entstehen, \u00fcbersteigen bedeutend 2 bis 3 mal \u2014 die Ammoniakmengen, welche sich im Blute selbst bilden. Nach w elchem T y pus vollzieht sich die Desami-\ndierung dieser Substanzen? Man k\u00f6nnte sich schwer vorstellen, da\u00df im Blute Bedingungen vorhanden w\u00e4ren f\u00fcr einen oxydativen Desamidierungsproze\u00df, wie solcher von 0. Neubauer8) festgestellt ist und dessen Reversibilit\u00e4t vor k\u00fcrzem von F. Knoop3) bewiesen wurde.\nDie unmittelbare Kl\u00e4rung dieser Frage st\u00f6\u00dft auf gro\u00dfe Schwierigkeiten, die darin liegen, da\u00df der Umfang der Desamidierung im Blute wohl sehr gering ist, was darauf zur\u00fcckzu-\n. Diese Versuche werden sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher mitgeteilt werden.\n*) 0. Neubauer, \u00dcber den Abbau der Aminos\u00e4uren im gesunden und kranken Organismus, Deutsches Archiv f\u00fcr klinische Medizin, Bd. XCV, S. 211 (1909),\n3) F* Knoop, \u00dcber den physiologischen Abbau der S\u00e4uren und \u00abhe Synthese einer Aminos\u00e4ure im Tierk\u00f6rper. Diese Zeitschrift, Bd LXVI\u00ce S 489 (1910).","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448 A. Medwedew, \u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute von Tieren.\nfuhren w\u00e4re, da\u00df sowohl die Desamidase als auch die zu desamidierende Substanz im Blute sehr verd\u00fcnnt sind Jedenfalls scheint es mehr wahrscheinlich, da\u00df es sich um irgend einen anderen, einfacheren, aber gleichfalls reversiblen Desamidierungstypus handelt, welcher unter Beteiligung zweier Katalysatoren den Ammoniakgehalt im Blute reguliert.\nUns will es jedoch scheinen, da\u00df die Rolle jenes Katalysators, der seinen Ursprung direkt oder indirekt dem Schilddr\u00fcsenapparate verdankt, sich nicht nur auf die Desamidierungsprozesse im Blute beschr\u00e4nkt. Es ist leicht m\u00f6glich, da\u00df sein Einflu\u00df sich auch auf Zellenelemente gewisser Gewebe erstreckt und sich in einer Hemmung, resp. Regulierung der Geschwindigkeit der Ammoniakbildung \u00e4u\u00dfert. Wie dem auch sei, die geschilderten Beobachtungen zwingen uns jedenfalls zu der Annahme, da\u00df die Erzeugung eines spezifischen Antifermentes dem Schilddr\u00fcsenapparate zuzuschreiben sei, dessen Teile auch vom anatomisch-embryologischen Standpunkte den Charakter einer echten Dr\u00fcse aufweisen.","page":448}],"identifier":"lit20111","issued":"1911","language":"de","pages":"410-448","startpages":"410","title":"\u00dcber Desamidierungsvorg\u00e4nge im Blute normaler und schilddr\u00fcsenloser Tiere. Ein Beitrag zur Kenntnis der Funktionen des Schilddr\u00fcsenapparates","type":"Journal Article","volume":"72"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:41:09.247502+00:00"}