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{"created":"2022-01-31T14:47:05.572816+00:00","id":"lit20550","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hirsch, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 93: 355-369","fulltext":[{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt des Menschen und Beeinflussung desselben durch \u00c4ther-und Chloroformnarkose.\nVon\nDr. Ernst Hirsch.\n(Aus dom Laboratorium dos st\u00e4dtischen Krankenhauses in Wiesbaden.) (Direktor: Prof. W. Weintraud.)\n(Der Redaktion zugegangen am 20. Dezember 1911.)\nVor kurzem hatten Reinbach und ich in dieser Zeitschrift (Bd. 87, H. 2, Bd. 91, H. 4) \u00fcber den physiologischen Blutzuckergehalt des Kaninchens und Hundes und \u00fcber die Beeinflussung desselben durch Narkotica Mitteilung gemacht.\nEs erschien uns nun wissenswert, nach gen\u00fcgender Feststellung der physiologischen Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt des Menschen, die Ver\u00e4nderung desselben nach Allgemeinnarkose n\u00e4her zu studieren. Da\u00df nach \u00c4ther- und . Ghloroformnarkose beim Menschen bisweilen Glykosurie auf-tritt, ist den Chirurgen hinl\u00e4nglich bekannt; \u00fcber die Einwirkung der Narkose auf den Blutzuckergehalt des Menschen ist meines Wissens in der Literatur nichts ver\u00f6ffentlicht. Deshalb schien es von Interesse, dieser Frage nachzugehen.\nZur Bestimmung der physiologischen Tagesschwankungen im Blut Zuckergehalt und zur Feststellung der Ver\u00e4nderung desselben nach Narkotica ist die Bangsche Methode deshalb geeignet, weil sie mit kleinen Blutmengen fortlaufende Reihenuntersuchungen gestattet.\nIm folgenden sollen kurz die Resultate der t\u00e4glich mehrmals vorgenommenen Blutzuckeruntersuchungen an ganz gesunden oder nur leicht neurasthenischen Personen mitgeteilt werden. Die Blutentnahme wurde dreimal bis siebenmal am Tage wiederholt, haupts\u00e4chlich um den Einflu\u00df der Nahrungsaufnahme\n2t\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCIII.","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"Ernst Hirsch.\n35H\n\u2022\ndeutlich zum Ausdruck zu bringen. Das Blut wurde aus der I* ingerboere oder dem Ohrl\u00e4ppchen ohne Druck entnommen, es wurden jedesmal gleichzeitig 3 Analysen ausgef\u00fchrt, der Mittelwert aus 3 Analysen wurde den Angaben zugrunde gelegt.\n1.\t.1. W., 35 a.. gesunder kr\u00e4ftiger Mann.\n\u00eep) nach dem I. Fr\u00fchst\u00fcck 0,08 \u00b0/o Blz. 7\u00abo 250 g Kaffee, 1 Br\u00f6tchen.\n200\t*\t\u00bb Mittagessen 0.12\u00b0/o \u00bb\t1200 250 g Suppe. 100 g Rind-\nfleisch, 300 g Gem\u00fcse.\n5\u2018K) p. m. nach dem Kaffee 0.09 <>/o \u00bb\t400 250 g Kaffee, 2 Br\u00f6tchen.\n2.\tW. A., 22 a., Rekonvaleszent nach Polyartlir. rheum.\n\u00cf\u00cfM a. m. nach d. I. Fr\u00fchst. 0,09\u2022/\u2022 Blz.\t8\u00abo 250 g Kaffee. 2 Br\u00f6tchen.\nl2'M P-m\u2022nach d- Mittagessen 0,08 \u00ab;\u00ab \u00bb\t1200 2\u00f60 g klare Suppe, 100 g\nRindfleisch, 300 g Kartoffeln.\n\u25a0',<l# P- \u00bb>\u2022 \u2018lern Kaffee 0,0\u00bb\u00bb/. . foo 250 g Milchkaffee. 2 Bi-\u00f6t-\nchen.\n3.\tM. J., 34 a., Leichte Neurasthenie.\nJ**\u00bb a. m. nach d. I. Fr\u00fchst. 0,11 \u00b0/o Blz. 8\u00abo 300 g Milchkaffee, 1 Br\u00f6tchen.\n12\u00ab\u00ab p. m. \u00bb d. Mittagessen 0,10% \u00bb\t120u 300 g Griessuppe, 100 g\nRindfleisch, 300 g Kartoffelbrei.\n500 p. m. nach dem Kaffee 0,10 \u00b0/o \u00bb\t500 300 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6t-\nchen.\nL B. Fr., 3H a., sine morbo.\nJH\u00bb a. in. nach d. I. Fr\u00fchst. 0,11 > Blz. 700 250 g Milchkaffee, 1 Br\u00f6tchen.\nI2*> p.m. vor d.Mittagessen 0,09\u2022/\u2022 \u00bb\t1200 250 g Suppe, 100 g\nSchweinefleisch,300gReis.\n5\u00bb*> p. m. nach dem Kaffee 0,11 \u2022/\u2022 \u00bb\t400 250 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6t-\nchen.\n5. H. J., 30 a., s. m.\n7^0 a. m. nach d. I. Fr\u00fchst. 0,12 \u00b0/o Blz. 700 300 g Milchkaffe, 1 Br\u00f6tchen.\n1220 p. m. vor d. Mittagessen 0,09 \u00b0/o \u00bb\t1230 250 g Reissuppe, 100 g\nRindfleisch, 300 g Gem\u00fcse.\n430 p. m. nach dem Kaffee 0,14 \u00b0/o *\t400 250 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6t-\nchen.","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"i:ber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergchalt usw. 357\n6.\tKr. L., 42 a., s. m.\n800 nach dem I. Fr\u00fchst\u00fcck 0,11\u00b0/# BIz. 700 300 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6tchen.\n1200 vor dem Mittagessen\t0,11 \u00b0/o\t\u00bb\t123\u00b0\t250 g\tBindsuppe, 100 g\nRindfleisch, 250 g Gem\u00fcse.\n430 nach dem Mittagessen\t400 250 g Kaffee, 2 Br\u00f6tchen,\nund nach dem Kaffee 0,10 \u00b0/<\u00bb \u00bb\n7.\tK. L., 34 a., s. m.\n800 a. m. nach d. I. Fr\u00fchst. 0,12 \u00b0/o Blz. 7\u00b0\u00b0 250 g Milchkaffee, 1 Br\u00f6tchen.\n1200 vor dem Mittagessen\t0,11 \u00b0/o\t\u00bb\t1230\t300 g\tSuppe, 100 g Kalb-\nfleisch, 300g Kartoffelbrei.\n430 nach dem Kaffee\t0,11 \u00b0/o\t\u00bb\t4\u00b00\t250 g\tMilchkaffee, 2 Br\u00f6t-\nchen.\n8.\tK. L., 34 a., s. m. (derselbe wie 7). '\n800 n\u00fcchtern\t0,12 \u00b0/o Blz.\n1010 nach d. 1. Fr\u00fchst\u00fcck 0,14 \u00b0/o \u00bb 1200 Vor d. Mittagessen 0,12 \u00b0/o.. \u00bb 215 nach d. \u00bb\t0,13 \u00b0/o \u00bb\n415 vor dem Kaffee 0,12\u00b0/\u00ab \u00bb \u00ab00 nach dem >\t0,12 \u00b0/o \u00bb\n800 vor d. Abendessen 0,10\u00ae/\u00ab \u00bb\n0. K. Fr., 25 a.,\n8\u00b0\u00b0 n\u00fcchtern\t0,11 \u00b0/o Blz.\n1000 nach d. I. Fr\u00fchst\u00fcck 0,10 \u00b0/o > 1200 vor d. Mittagessen 0,11 \u00b0/o \u00bb 215 nach d. \u00bb\t0,10 \u00b0/o \u00bb\n400 vor dem Kaffee 0,16 \u00b0/o\t*\n\u00ab15 nach dem \u00bb\t0,11 \u00b0/o\t\u00bb\n800 vor d. Abendessen 0,09 \u00b0/o \u00bb\n10. Gr. Fr.,\n900 n\u00fcchtern\t0,10 \u00ae/o Blz.\nlioo nach d. Fr\u00fchst\u00fcck 0,09\u00b0/o \u00bb 100 nach d. Mittagessen 0,10\u00b0/o\t*\n300 nach dem Kaffee 0,17 \u00ae/o \u00bb 500\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,09 \u00b0/o \u00bb\n7\u00b0o nach d. Abendbrot 0,11 % \u00bb\n830 300g Milchkaffee, 1 Br\u00f6tchen.\n123\u00b0 300 g Fleischsuppe., 100 g Rindfleisch, 300 g Pellkartoffel, 1 Br\u00f6tchen.\n430 300g Milchkaffee, 1 Br\u00f6tchen.\nNeurastheniker.\n\u00cf\n830 300g Milchkaffee, 2 Br\u00f6tchen.\n1230 300 g Griessuppe, 100 g Kalbfleisch, 250 g Gem\u00fcse, 1 Br\u00f6tchen.\n430 300g Milchkaffee, 2 Br\u00f6tchen.\n26 a., s. m.\n990 300 g Kaffee, 2 Br\u00f6tchen. 1230 300g Suppe, 230g Kartoffeln. 100 g Fleisch.\n250 600 g Kaffee, 140g Wei\u00dfbrot. 680 80 g Hering, 300 g Kartoffeln, 300 g Kaffee.\n24*","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nErnst Hirsch,\n11.\tM. K., 28 a., s. m.\n9\u00b0\u00b0 n\u00fcchtern\t0,11 \u00b0/o Blz.\nlioo nach d. Fr\u00fchst\u00fcck 0,12 \u00b0/o \u00bb 100 nach d. Mittagessen 0,13 \u00b0/o \u00bb 300 nach dem Kaffee 0,14 \u00b0/o \u00bb 500\t,\t>\t0,12 \u00b0/o\t\u00bb\n700 nach d. Abendbrot 0.12 \u00b0/.o \u00bb\n930 300 g Kaffee, 2 Br\u00f6tchen. 1230 300 g Suppe, 230 g Makkaroni. 100 g Fleisch.\n230 600 g Kaffee, 140 g Wei\u00dfbrot. 630 loo g Brotkartoffel, 90 g Wurst, 60 g Brot, 200 g Kaffee.\n12.\tJ. M.. 24 a.. s. m.\n9\u00b0o n\u00fcchtern\t0,11 \u00b0/o Blz.\nlioo nach d. Fr\u00fchst\u00fcck 0,13\u00b0/o \u00bb 100 nach d. Mittagessen 0,12 \u00b0/o > 300 nach dem Kaffee 0,10 \u00b0/o \u00bb 500\t>\t0,12 \u00b0/o\t*\n7\u00b0\u00b0 nach d. Abendbrot 0,13\u00b0/# \u00bb\n13.\tR. A., 26 a.,\n910 n\u00fcchtern\t0,11 \u00b0/o Blz.\n1210 nach d. Fr\u00fchst\u00fcck 0,14\u00b0/o \u00bb 230 nach d. Mittagessen 0,09\u00b0/o \u00bb\nf>00 nach dem Kaffee 0,16 \u00b0/o \u00bb 7\u00b0o nach d. Abendbrot 0,17 \u00b0/o *\n930 300 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6tchen. 1200 300 g Rindsuppe, 75 g Fleisch.\n200 g Kartoffeln, 150 g Gem\u00fcse. 230 300 g Milchtee, 125 g Brot. 630 50 g Brot, 200 g Gulasch. 300 g Nudeln.\nNeurastheniker.\n930 300 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6tchen. 1230 300 g Fleischsuppe, 100 g Rindfleisch, 230 g Kartoffelbrei. 330 300 g Milchkaffee, 2 Br\u00f6tchen. 630 100g Kartoffeln, 100 g Fleisch. 50 g Br\u00f6tchen.\nAus den Untersuchungen geht hervor, da\u00df, wie \u00fcbrigens zu erwarten war, der N\u00fcchternwert des Blutzuckers der kleinste ist. Die Schwankungen im Blutzuckergehalt sind nicht sehr bedeutende, jedoch erhebt sich die Blutzuckerkurve nach Einnahme des I. Fr\u00fchst\u00fcckes allm\u00e4hlich, um in den meisten F\u00e4llen in den Nachmittagsstunden zwischen 300 und 500 die h\u00f6chsten Werte zu erreichen. Die gr\u00f6\u00dften Differenzen liegen zwischen 0,10\u00b0/o n\u00fcchtern und 0,17 \u00b0/o nach den Hauptmahlzeiten.\nDiese nicht unbedeutende Hyperglyk\u00e4mie ist als unmittelbare Folge der gr\u00f6\u00dferen Nahrungsaufnahme, der Kohlenhydratresorption und des lebhafteren Stoffwechsels \u00fcberhaupt aufzufassen. Bei den hohen Blutzuckerwerten wurde Zucker im Harn niemals gefunden.\nEs lag hier nicht die Absicht vor, den Blutzuckergehalt nach Zufuhr einer bestimmten Menge von Kohlenhydraten oder nach einer gewissen Probemahlzeit zu untersuchen, sondern","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt usw. 3;)9\nvielmehr festzustellen, in welchem Ma\u00dfe der Blutzuckerspiegel bei gesunden Menschen nach Einnahme der gew\u00f6hnlichen Tagesmahlzeiten zu den \u00fcblichen Tagesstunden schwankt.\nBemerkenswert ist, da\u00df die Schwankungen in den Vormittagsstunden bis eine Stunde nach dem Mittagessen relativ geringe sind und da\u00df gerade in der Zeit nach 3 Uhr nachmittags die h\u00f6chsten Ausschl\u00e4ge zu verzeichnen sind. Es scheint dies darauf zur\u00fcckgef\u00fchrt werden zu m\u00fcssen, da\u00df gerade zu dieser Zeit der intermedi\u00e4re Kohlenhydratstoffwechsel, die nat\u00fcrlichen Verbrennungs- und Umformungsprozesse im Organismus, am lebhaftesten sind.\nAuch Welz1) hat nach Zufuhr mittelgro\u00dfer Mengen von Kohlenhydraten nicht unerhebliche Zunahme des Zuckergehaltes im Blutplasma feststellen k\u00f6nnen. Auch in seinen F\u00e4llen war diese amylogene Hyperglyk\u00e4mie 2\u20142 U\u00ab Stunden nach der Mahlzeit am deutlichsten, zu einer Zeit, wo, wie er bemerkt, die aliment\u00e4re Hyperglyk\u00e4mie nach Traubenzucker oft bereits wieder abgeklungen oder sogar einer folgenden Hypoglyk\u00e4mie gewichen ist.\nDer Einflu\u00df der Mahlzeiten auf den Blutzuckergehalt wurde von Boudouin, Frank, Reicher und Stern, Tachau, Wacker untersucht. Jedoch wurde bei diesen Untersuchungen gew\u00f6hnlich der Blutzuckergehalt nur vor und nach Einf\u00fchrung einer bestimmten Menge von Glukose bestimmt. Bang kommt auf Grund der verschiedenen Befunde zu dem Resultat, da\u00df 100 g Glukose eine unbedeutende Hyperglyk\u00e4mie bewirken, die jedoch nicht konstant sein soll. Nach 200 g Traubenzucker kann sogar die Hyperglyk\u00e4mie recht unbedeutend sein bei gleichzeitiger Zuckerausscheidung im Harn. Bei 10 Untersuchungen fanden Bing und Jacobsen*) nach 100 g Traubenzucker vorher im Mittel 0,09\u00b0/o, 1 Stunde sp\u00e4ter 0,14\u00b0/o, 2 Stunden sp\u00e4ter 0,11 \u00b0/o Blutzucker. In 2 F\u00e4llen sahen sic doch auch nach 1 Stunde eine Steigerung von 0,10\u00b0/o auf 0,16\u00b0/o und 0,17\u00b0/o. Auf eine Erkl\u00e4rung dieser abnorm hohen Steigerung, ob diese nun auf eine besonders schnelle Resorp-\n*) Archiv f. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 73.\n2) Arch. f. klin. Med., Bd. 113, S. 571.","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"3(>0\nErnsl Hirsch,\ntion vom Darmkanal aus oder auf eine besondere Wirkung der Leber zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, darauf soll hier nicht n\u00e4her eingegangen werden. Wir m\u00f6chten diese hohen Werte, die wir auch in einigen unserer F\u00e4lle erreichten, nicht wie Ding und Jacobsen als pathologisch hinstellen, den Grund einer solchen \u2019 Steigerung vielmehr in der gro\u00dfen Menge und leichten Resorbierbarkeit der zugef\u00fchrten Kohlenhydrate sehen, schon deswegen, weil in 2 daraufhin untersuchten F\u00e4llen der Blutzuckergehalt schon 2 Stunden sp\u00e4ter zur Norm zur\u00fcckgekehrt war (von 0,160/\u00b0 auf 0,11% im Fall 9, von 0,17% auf 0,09% im Fall 10). Es handelte sich also nur um eine momentane \u00dcberschwemmung des Blutes mit Zucker.\nDa\u00df hierbei bei verschiedenen Individuen verschiedene Momente mitspielen, ist verst\u00e4ndlich. Die Verh\u00e4ltnisse treten umso klarer zutage, je \u00f6fter die Blutzuckeruntersuchungen vor-genommen werden; am besten w\u00e4re allerdings, wenn nach der Nahrungsaufnahme die Blutentnahme st\u00fcndlich erfolgen k\u00f6nnte. Dies st\u00f6\u00dft jedoch auf einen nicht unberechtigten Widerstand seitens der Patienten.\nWir m\u00f6chten bei gesunden, geistig und k\u00f6rperlich ruhenden Personen 0,12o/o Blutzucker als die obere Grenze f\u00fcr den N\u00fcchternwert, 0,18% f\u00fcr den H\u00f6chstwert 1\u20142 Stunden nach Aufnahme reichlicher gemischter Nahrung ansehen. Die Werte 0,13% und 0,20\u00b0/o von Bing und Jacobsen scheinen uns etwas zu hoch gegriffen zu sein. Jedenfalls k\u00f6nnen f\u00fcr den Menschen als Normalwerte nur N\u00fcchternwerte angenommen werden.\nIn 24 chirurgischen F\u00e4llen wurde der Einflu\u00df der Allgemeinnarkose auf den Blutzuckergehalt studiert. In 20 F\u00e4llen bei der gew\u00f6hnlich gebr\u00e4uchlichen \u00c4ther-Chloroformmischnarkose (mit dem Roth-Dr\u00e4gerschen Apparat bei gleichzeitiger Sauerstoffzufuhr) in 2 F\u00e4llen bei reiner \u00c4ther-, in einem \"all bei reiner Chloroformnarkose. Das Blut wurde aus der Fingerbeere ungef\u00e4hr 1 Stunde vor der Operation, in % bis 1 st\u00e4ndigen Intervallen w\u00e4hrend der Operation und nach der Operation bis zum Erwachen der Patienten aus der Narkose entnommen. Auch hier wurden immer gleichzeitig 3 Analysen","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt usw. 3B1\nausgef\u00fchrt und daraus der Mittelwert gezogen. In den F\u00e4llen, in denen vor der Narkose eine subcutane Morphium- oder Pantoponinjektion gemacht wurde, ist dies besonders angef\u00fchrt.\nPsychische Aufregung vor der Operation ist wohl als Ursache einer schon vor der Narkose bestehenden leichten Hyperglyk\u00e4mie anzusehen. Im folgenden seien die Untersuchungen kurz angef\u00fchrt.\n1. Franz G., 19 a., Appendicitis.\n90\u00b0 0,01 Morphium suhcutan.\n1015 Blutentnahme\t0,14 \u00b0/o Blz.\n1100 Beginn der Narkose.\n1110 Blutentnahme\t0,13 \u00b0/u \u00bb\n1150\t,\t0.10%,\t>\n1155 Narkose beendet.\n12=\u00abi Pat. noch in leichtem Schlaf 0,16 V \u00bb\nGebraucht wurden: 38 ccm Chloroform 45 ccm \u00c4ther.\nDauer der Narkose \u00e4f) Minuten.\nIm Harn bis zum Morgen des n\u00e4chsten Tages kein Zucker.\n2. Frau Anna G., 40 a., Kolporhaphie.\n8\u00ab Blutentnahme\t0,11 \u00b0/o\tBlz.\n900 Beginn der Narkose.\nIHB Blutentnahme\t0.17 \u00b0/o\t\u00bb\n101\u00b0 Narkose beendet.\n1025 Blutentn. Frau schl\u00e4ft noch 0,17 \u00b0/o\t\u00bb\n123\u00b0 Frau wach\t0.17 \u00b0/o\t\u00bb\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker\nGebraucht :\n80 ccm \u00c4ther 38 ccm Chloroform.\nDauer 70 Minuten.\n3. Dora H., 20 a., Kolporhaphie, Alex. Adaips Oper.\n800 Blutentnahme\t0,U\u00b0/o Blz.\t\u2022V\n845 Beginn der Narkose.\t\tGebraucht :\n930 Blutentnahme in Narkose\t0,15 \u00b0/o \u00bb\t31 ccm Chloroform\n1020 Narkose beendet.\t\t79 ccm \u00c4ther.\n1030 Frau schl\u00e4ft noch\t0,12 \u00b0/o\t\u00bb\t/ Dauer 35 Minuten.\n1245 Frau wach\t0,11 \u00b0/o\t\u00ab\t\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein\t\tZucker.\n4. Frida R., 28 a., Ovarialcyste.\t\t\n1030 Blutentnahme\t0,10 \u00b0/0 Blz.\tGebraucht :\nIO40 Beginn der Narkose.\t\t. 23 ccm Chloroform\n1120 Blutentnahme in Narkose\t0,14 \u00b0/o *\t44 ccm \u00c4ther.\n1245 Patient wach\t0,12 > \u00bb\tDauer 50 Minuten\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nErnst Hirsch,\n5. Frau E., \u00ab50 a., Carcinom des Uterus. 830 0,01 Morphium subcutan.\n900 Blutentnahme\t0.12 \u00b0/o Blz.\n930 Beginn der Narkose.\n10\u00b0\u00b0 Blutentnahme in Narkose 0,17 \u00b0/o \u00bb lioo *\t\u00bb\t0,19 \u00b0/o \u00bb\n111\u00b0 Narkose beendet.\n121& Patient noch in leichtem\nNarkoseschlaf 0,17 % \u00bb\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\nGebraucht :\n51 ccm Chloroform 110 ccm \u00c4ther.\nDauer 1 Stunde 40 Minuten.\n0. Adam 0., 17 a., Appendicitis 900 Blutentnahme\t0,09 \u00b0/o Blz.\n930 Beginn der Narkose.\n10\u00b0o Blutentnahme in Narkose 0,14 \u00b0/o * lioo Narkose beendet\t0,14%\t\u00bb\n100 Blutentnahme, Patient\nschlummert noch 0,13 #/o *\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker\nGebraucht :\n24 ccm Chloroform 40 ccm \u00c4ther.\nDauer 60 Minuten.\n7.\tFranz J., HO a., Apppendicitis.\n900 Blutentnahme\t0,10% Blz.\tGebraucht\u00ab:\n94& Beginn der Narkose.\t20 ccm Chloroform\nlOM \u00dflutentn. am Ende der Narkose 0,\u00cf6\u00b0/o \u00bb\t35 ccm \u00c4ther.\n1130 Patient wach im Bett\t0,12 \u00b0/o >\tDauer 45 Minuten.\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\n8.\tFrau Anna D., 52 a., Ovarialtumor. 830 0,01 Morphium subcutan.\n9\u00b0o Blutentnahme\t0,14\t\u00b0;o\tBlz.\n913 Beginn der Narkose.\n940 Blutentnahme\t0,18\t\u00b0/o\t*\n1000 Narkose beendet.\n1()30 Frau schl\u00e4ft noch\t0,18\t\u00b0/o\t\u00bb\n1200 Frau wach\t0,14\t\u00b0/o\t\u00bb\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker\nGebraucht :\n19 ccm Chloroform 47 ccm \u00c4ther.\nDauer 47 Minuten.\n9.\tFrau Sch., 44 a., Cholelithiasis.\nH)30 Blutentnahme\t0,10\u00b0/*\tBlz.\n103\" Beginn der Narkose.\n1130 Blutentnahme\tin\tNarkose\t0,15\u00b0/\u00ae\t\u00bb\n1141 Narkose beendet.\n12\u00b0o Frau noch in\tNarkoseschlaf\t0,15 \u00b0/o\t\u00bb\n11& Frau reagiert\t0,13 \u00b0/o\t>\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker\nGebraucht :\n37 ccm Chloroform 76 ccm \u00c4ther.\nDauer 64 Minuten.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt usw. 363\n10. Frau H., 28 a., Prolapsoperation.\n86\u00b0 Blutentnahme 865 Beginn der Narkose.\n916 Blutentnahme 965 Narkose beendet.\n1000 Frau noch in Narkoseschlaf\n0,12 \u2022/\u2022\tBlz.\tGebraucht :\n0,15 \u00b0/o\t>\t42 ccm Chloroform 60 ccm \u00c4ther.\n0,14 V\t\u00bb\tDauer 60 Minuten\n0,14 V\t1\t\n1215 Frau schl\u00e4ft noch leicht\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker. '\n11. Frau Fr., 50 a., Ovarialcyste.\n830 o,01 Morphium subcutan.\t\t\n900 Blutentnahme\t0,13 V Blz.\t\n915 Beginn der Narkose.\t\tGebraucht :\n935 Blutentnahme in Narkose\t0,17 V \u00bb\t10 ccm Chloroform\n1000\t0,18 \u00b0/o\t*\t70 ccm \u00c4ther.\n1020 Narkose beendet.\t\tDauer 65 Minuten.\nlioo Blutentn. im Narkoseschlaf\t0,16 V \u00bb\t\nl\u00b0o reagiert bereits\t0,15 \u00b0/o \u00bb\t\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\n12. Frau Gr., 43\ta., Myom. Totalexstirpation.\t\n930 Blutentnahme\t0,12% Blz.\t\n1000 Beginn der Narkose.\t\tGebraucht :\n1030 Blutentnahme in Narkose\t0,17 V \u00bb\t135 ccm \u00c4ther\n1100\t0,17 V \u00bb\t5 ccm Chloroform.\n1130 Narkose beendet.\t\tf\n1200 Frau schlummert noch\t0,19 V *\tDauer 90 Minuten.\n1\u00b0\u00b0 Frau wach\t0,17 V \u00bb\t\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\n13. Herr Z., \u00f6l a., Knochenplastik. \u2022\n845 o,01 Morphium subcutan.\t\n915 Blutentnahme\t0,12 \u00b0/o Blz.\n930 Beginn der Narkose.\t\n1015 Blutentnahme in Narkose\t0,13 V \u00bb\n1060 , \u00bb\t0,13 V \u00bb\n1180 Blutentnahme gegen Ende\t\nder Narkose\t0,13 \u00b0/o \u00bb\n1135 Narkose beendet.\t\n1215 Blutentnahme in Narkose-\t\nschlummer\t0,15 V *\n1*5 Patient wach\t0,15 V \u00bb\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein\nGebraucht:\n60 ccm Chloroform 82 ccm \u00c4ther.\nDauer 125 Minuten.\nZucker.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nErnst Hirsch.\n14.\tHerr S., 35 a., Nierenoperation. 103\u00fc Blutentnahme\t0,10 \u00b0/o Blz.\n10*\u00b0 Beginn der Narkose, lit\u00bb Blutentnahme in Narkose 0,14\u00b0,o \u00bb\nIK* Blutentnahme gegen Ende\nder Narkose 0,17 %\t\u00bb\n1\u00b0Q Patient wach\t0,17\u00b0/\u00ab \u00bb\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\nGebraucht :\n25 ccm Chloroform 25 ccm \u00c4ther.\nDauer der Narkose 75 Minuten.\n15.\tFrau S., 53 a., Cholelithiasis 830 o,01 Morphium subcutan.\nHOO Blutentnahme\t0.10 \u00b0/o Blz.\n1Q36 Beginn der Narkose.\n1060 Blutentnahme in Narkose 0,12 \u00b0/o ll20 Narkose beendet.\n1200 Frau schl\u00e4ft noch\nP\u00bb ,\n3<r\u00bb Frau wach\n0,19% 0,19 \u00b0/o 0,16%\nGebraucht :\n38 ccm Chloroform 72 ccm \u00c4ther.\nDauer 45 Minuten.\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\n16.\tAdolf D., 19 a., Fraktur.\n1030 Blutentn., Pat. sehr aufgeregt 0,14\u00b0/o Blz.\tGebraucht:\n1046 Beginn der Narkose.\t25 ccm Chloroform\n1115 Blutentnahme in Narkose 0,15 \u00b0/o\t28 ccm \u00c4ther,\nloo Patient wach\t0,12 \u00b0/o \u00bb\tDauer 25 Minuten.\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\n17.\tKarl S., 49 a., Kieferfraktur.\n930 (),oi Morphium subcutan.\n10\u00b0o Blutentnahme\t0,15%\tBlz.\nlioo Beginn der Narkose. ll45 Blutentnahme\tin Narkose\t0,17%\t\u00bb\n1163 Narkose beendet.\n1230 Patient wach\t0,15%\t*\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\nGebraucht :\n45 ccm Chloroform 45 ccm \u00c4ther.\nDauer 53 Minuten.\n18.\tMarie St., 13 a., Otitis media. Radikaloper, lioo Blutentnahme\t0,11% Blz.\nll10 Beginn der Narkose.\n1146 Blutentnahme in Narkose 0,14%\n12ts Narkose beendet.\n1230 Noch im Narkoseschlaf 130\t,\t,\n516 Kind wach\n0,16 % 0,15% 0,12%\nGebraucht:\n40 ccm Chloroform 5 ccm \u00c4ther.\nDauer 68 Minuten.\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt usw. 305\n19. Frau N., 30 a., Ovarialcystom.\n830 0,01 Morphium subeutan.\t\n900 Blutentnahme\t0,12 \u00ae/o Blz\n1056 Beginn der Narkose.\t\n11\u2018-5 Blulentnahme in Narkose\t0,14\",\u00ab \u00bb\n1200\t0,14 V \u00bb\n1205 Narkose beendet.\t\n110 Frau wach\t0,12 w/o \u00bb\nGebraucht :\n65 ccm Chloroform 62 ccm \u00c4ther. Dauer 70 Minuten.\nIm Ham bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\n20. Heinrich R., 41 a., Nierentumor.\n830 0,04 Pantopon subcut an.\n900 Blutentnahme\t0,12 \u00b0/o Blz.\n1020 Beginn der Narkose.\n10^5 Blutentnahme\tin\tNarkose\t0,15\u00ae\u00ab\t\u00bb\n1120 Narkose beendet.\nII30 Patient\tin Narkoseschlaf\t0,17 V\t\u00bb\n1230 Patient\twach\t0,16\u00b0/\u00ab\t\u00bb\nt30\t\u00bb\t\u00bb\t0,16\u00b0/\u00ab\t\u00bb\nGebraucht:\n44\tccm Chloroform\n45\tccm \u00c4ther. Dauer 55 Minuten.\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\nReine Chloroformnarkose. 21. Herr J., 40 a., Hirntumor.\n8\u00b0o 0,01 Pantopon subeutan. 900 Blutentnahme\t0,11 V Blz.\t\n915 Beginn der Narkose.\t. '\t4\n935 Blutentnahme in Narkose\t0,13 \u00b0/o \u00bb\tGebraucht:\n1010\t0,13 V \u00bb\t92 ccm Chloroform.\n1050\t0,15 V \u00bb\t\nllio Narkose beendet.\t\tDauer 115 Minuten.\n1200 Patient schl\u00e4ft noch\t0,14 V \u00bb\t\n100 Patient reagiert auf Anruf\t0,14 \u00b0/o \u00bb\t\u2022\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\t\t\nVerl\u00e4ngerter \u00c4therrausch.\t\t\u2022\n22.\tFrau R., 30 a.\t\n950 Blutentnahme\t0,12 \u00b0/o Blz.\t\n1000 Beginn des \u00c4therrausches.\t\tGebraucht :\n1010 Blutentnahme\t0,14 \u00b0/o \u00bb\t75 ccm \u00c4ther.\n1036 Narkose beendet. 10*0 Patient schl\u00e4ft noch\t0,15 V *\tDauer 25 Minuten.\n1200 Patient wach\t0,14 \u00ae/o *\t\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nErnst Hirsch,\nReine \u00c4thernarkose.\n23. Anna F., 14 a., Torticollis.\n8*o 0,008 Morphium subcutan.\n900 Blutentnahme\t0,12 \u00b0/o Blz.\n915 Beginn der Narkose.\n955 Blutentnahme in Narkose 0,17 \u00b0/o \u00bb\n1025 Narkose beendet.\nII15 Kind schl\u00e4ft noch\t0,21\n100 > \u00bb \u00bb\n0/\u201e\nGebraucht :\n80 ccm \u00c4ther.\nDauer 70 Minuten.\n\u00bb\t\u00bb\t0,16 \u00b0/o\t\u00bb\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\nMischnarkose.\n24. Franz J., 13 a., Appendicitis.\n9^0 Blutentnahme vor der Nark.\t0,14 \u00b0/o Blz.\t\n1025 Beginn der Narkose.\t\tGebraucht :\n10\u00ab Blutentnahme in Narkose\t0,15 \u00b0/o *\t32 ccm Chloroform\n1110\t0,18 \u00b0/o \u00bb\t35 ccm \u00c4ther.\nll\u2018-5 Narkose beendet.\t\tDauer 45 Minuten.\n1210 Kind wach\t0,14 \u00b0/o \u00bb\u2019\t\nIm Harn bis n\u00e4chsten Morgen kein Zucker.\nWenn uns die geringe Anzahl der untersuchten F\u00e4lle einen Schlu\u00df erlaubt, k\u00f6nnen wir sagen, da\u00df ein gro\u00dfer Unterschied bez\u00fcglich der Blutzuckersteigerung zwischen reinen Chloroform- oder \u00c4thernarkosen und zwischen Mischnarkosen nicht besteht, jedoch scheint der \u00c4ther st\u00e4rker Blutzucker steigernd zu wirken als das Chloroform; besonders wenn wir F\u00e4lle wie 18., wo bei 40 ccm Chloroform nur 5 ccm \u00c4ther oder 12. wo bei 135 ccm \u00c4ther nur 5 ccm Chloroform inhaliert wurden, noch als reine Chloroform bezw. \u00c4thernarkosen an-sehen k\u00f6nnen.\nEin Einflu\u00df des Geschlechtes war nicht zu verzeichnen. Junge Individuen, besonders Kinder und Personen, die durch schwere und langwierige Erkrankungen geschw\u00e4cht sind, scheinen mit st\u00e4rkeren Schwankungen zu reagieren.\nDie Menge der inhalierten Narkotica und die Dauer der Narkose sind auf die Steigerung des Blutzuckergehaltes von Einflu\u00df.\nEine gro\u00dfe Holle spielt die mehr oder weniger leichte psychische Erregbarkeit des Individuums. Darauf sind wohl","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt usw. 3\u00f67\nteilweise die manchmal verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig hohen Anfangswerte unmittelbar vor dem operativen Eingriff zu beziehen.\nDie Blutzuckerkurve verl\u00e4uft derart, da\u00df bald nach Einsetzen der Narkose der Blutzuckergehalt steigt, um bei tiefer Narkose die gr\u00f6\u00dfte H\u00f6he zu erreichen und solange der vollst\u00e4ndige narkotische Schlaf anh\u00e4lt in dieser H\u00f6he zu verharren, bis gegen das Erwachen ein langsames Absinken erfolgt, wobei sich allerdings nicht sofort und immer der Blutzuckerspiegel auf sein fr\u00fcheres Niveau wieder einstellt. Wir mu\u00dften mit R\u00fccksicht auf die Patienten davon Abstand nehmen, das vollst\u00e4ndige Heruntergehen auf die fr\u00fchere H\u00f6he zu verfolgen und konnten dies umsomehr tun, als die Tendenz der Einstellung auf das fr\u00fchere Niveau gew\u00f6hnlich zum Ausdruck kam.\nIm ersten Harn, der nicht immer noch am selben Tage gelassen werden k\u00f6nnte und deshalb oft erst am Morgen des folgenden Tages zur Untersuchung kam, fand sich niemals Zucker.\nAls Ursache m\u00f6chten wir nicht eine zu geringgradige Hyperglyk\u00e4mie annehmen. Wir haben durch die Narkose Blutzuckerwerte erreicht, die beim Diabetiker Glykosurie zur Folge haben k\u00f6nnen. Allerdings gibt es nach den Untersuchungen von Naunyn und Liefmann und Stern auch Diabetiker, die bei 0,12\u20140,19 \u00b0/o Blutzucker Harnzucker nicht ausscheiden. Wahrscheinlich haben wir es hier aber doch mit anderen Verh\u00e4ltnissen zu tun als beim Diabetiker. Bei der Narkosehyperglyk\u00e4mie handelt es sich um eine quasi experimentell erzeugte, gewisserma\u00dfen toxische Hyperglyk\u00e4mie und wir k\u00f6nnten daran denken, da\u00df hier in Anlehnung an die Narkoseversuche beim Kaninchen und Hund die Glykosurie erst dann eintritt, wenn die Hyperglyk\u00e4mie einen gewissen Grad oder Schwellungswert erreicht, bei dem die Nieren f\u00fcr Zucker undicht werden. So erfolgte \u00dcbergang von Zucker aus Blut in Harn beim Kaninchen und Hund erst bei einem Blutzuckergehalt von \u00d6,29\u20140,30\u00b0/o. Diese Werte haben wir durch Inhalationsnarkose beim Menschen niemals erreichen k\u00f6nnen.\nEs ist aber m\u00f6glich, da\u00df durch mehrere stundenlang dauernde Narkosen, bei denen gro\u00dfe Mengen von Chloroform oder \u00c4ther ohne gleichzeitige Sauerstoffzufuhr, besonders bei","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"m\nErnst Hirsch,\nstark heruntergekommenen Personen, die schwere lieberhafte Erkrankungen durchgemacht haben, ferner bei besonders leicht erregbaren und jugendlichen Personen eine derartige Steigerung des Blutzuckergehaltes auftreten k\u00f6nnte, da\u00df es zur Glykosurie kommt.\nDie durch Inhalationsnarkose beim Menschen hervorgerufenen Blutzuckerschwankungen bewegen sich ungef\u00e4hr in denselben Grenzen wie die, die wir beim Hund durch dieselben Narkotica erzielen konnten.\nNur im Versuch XIX hatten wir beim Hund als Folgeerscheinung einer 10 Minuten andauernden Asphyxie 0,34\u00b0/o Blutzucker und Glykosurie zu verzeichnen. Wir m\u00f6chten die M\u00f6glichkeit annehmen, da\u00df es auch beim Menschen durch eine pl\u00f6tzliche nicht gleich zu behebende Narkose-Asphyxie zu einer derartigen Steigerung des Blutzuckergehaltes kommen kann, da\u00df Glykosurie eintritt. \u201e Leider liegt uns ein derartiger Fall beim Menschen nicht vor und auch in der Literatur sind derartige Beobachtungen nicht bekannt. Jedoch glauben wir, da\u00df ein gro\u00dfer und vielleicht der gr\u00f6\u00dfte Teil der zur Kenntnis kommenden postnarkotischen Glykosurien beim Menschen auf Narkose-Asphyxie zur\u00fcckzuf\u00fchren sein wird.\nSicher ist, da\u00df auch eine st\u00e4rkere Abk\u00fchlung hierbei eine Holle spielt. Es w\u00e4re von Interesse, diesen Fragen an einem gr\u00f6\u00dferen Material nachzugehen und weiter zu sehen, wie sich der Blutzuckergehalt bei Inhalationsnarkose ohne gleichzeitiger Sauerstoffzufuhr verh\u00e4lt, besonders mit R\u00fccksicht darauf, da\u00df nach den Untersuchungen von M\u00fcller1) die Aceton-glykosurie, nach denen von Seelig2) die \u00c4therglykosurie beim Hund bei O-Zufuhr ausbleiben.\nZusammenfassung.\nDer Blutzuckergehalt des gesunden, vollst\u00e4ndig n\u00fcchternen Menschen \u00fcbersteigt nicht den Wert von 0,12\u00b0/o.\nDer Blutzuckergehalt des gesunden Menschen unterliegt ganz wesentlichen Tagesschwankungen, die von Menge und\n') M\u00fcller, Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 44, S. 61, 1901.\n*) Seelig, Ebenda, Bd. 52, S. 481, 1905.","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt usw. 369\nArt der zugef\u00fchrten Nahrung abh\u00e4ngig sind. Die h\u00f6chsten Werte treten nach dem Mittagessen etwa 21,2\u20144 Stunden danach auf und betragen bis 0,18 \u00b0/o.\nIn 24 chirurgischen F\u00e4llen trat nach vollst\u00e4ndig gleichm\u00e4\u00dfiger Chloroform- oder \u00c4thernarkose, bezw. Mischnarkose bei gleichzeitiger O-Zufuhr (Roth-Dr\u00e4ger-Apparat) regelm\u00e4\u00dfig eine Steigerung des vorher normalen Blutzuckergehaltes auf. Die obere Grenze betrug 0,18\u20140,19 \u00b0/o, nur einmal 0,21%. Ausscheidung von Zucker im Harn wurde in keinem Fall beobachtet.","page":369}],"identifier":"lit20550","issued":"1914-15","language":"de","pages":"355-369","startpages":"355","title":"\u00dcber physiologische Tagesschwankungen im Blutzuckergehalt des Menschen unter Beeinflussung desselben durch \u00c4ther- und Chloroformnarkose","type":"Journal Article","volume":"93"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:47:05.572822+00:00"}