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{"created":"2022-01-31T14:29:35.821290+00:00","id":"lit20575","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Pauly, Herm.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 94: 426-428","fulltext":[{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Erkennung dee Histidins durch Farbenreaktionen.\nVon '\u25a0\nHerrn. Pauly.\n(Der Redaktion zugegangen am 1. Juli 1915.)\nGelegentlich seines Befundes, da\u00df das wirksame Prinzip des Hinterlappens der Hypophyse die Diazoreaktion gibt, hat T. B. Aldrich1) k\u00fcrzlich die Diazoreaktion des Histidins zwar einer ausf\u00fchrlichen W\u00fcrdigung, zugleich aber auch einer Kritik unterzogen, die als auf falschen Schl\u00fcssen und auf unzureichendem Urteil beruhend nicht ohne Widerspruch belassen Werden kann. Er stellt den Satz auf, da\u00df die von mir aufgefundene Reaktion keine spezifische Pr\u00fcfung auf Histidin sei, au\u00dfer wenn andere Verbindungen, wie Tyrosin, p-Oxyphenyl\u00e4thylamin, \u00df-Imidazolyl\u00e4thylamin, Adrenalin, u. a. entfernt seien, sondern eine allgemeine Reaktion f\u00fcr eine noch zu bestimmende Klasse von Verbindungen.\nHiermit stellt er mittelbar einen Anspruch an die Diazoreaktion, den sie, wie jeder einigerma\u00dfen auf dem Gebiete der Chemie Bewanderte ohne weiteres beurteilen kann, niemals zu erf\u00fcllen imstande ist, und den ich selbstredend auch niemals f\u00fcr sie gestellt habe. Wenn festgelegt ist, da\u00df Histidin die Diazoreaktion gibt, so darf man doch noch nicht umgekehrt sagen: das Eintreffen dieser Reaktion zeigt Histidin an. Es w\u00e4re das, in di\u00e8ser Allgemeinheit ausgedr\u00fcckt, der n\u00e4mliche Fehlschlu\u00df, wie wenn es hie\u00dfe, die Biuretreaktion zeigt Eiwei\u00df an, oder die Millonsche, bezw. die Xanthoproteinreaktion beweist das Vorhandensein von Tyrosin, w\u00e4hrend jedermann wei\u00df, da\u00df neben dem Eiwei\u00df noch manche andere Stoffe die \u00dfiuretf\u00e4rbung geben, und da\u00df die beiden letztgenannten Pr\u00fcfungen vor allem auch die Gegenwart von Phenolen andeuten k\u00f6nnen. Alle diese Reagenzien haben als spezifische eben nur dann Sinn, wenn man sie auf ein bestimmtes Gebiet beschr\u00e4nkt\u00bb n\u00e4mlich im vorliegenden Falle auf das des Eiwei\u00dfes, und zwar des Eiwei\u00dfes teat1 \u00e4Eoxhv, d. h. soweit es ausschlie\u00dflich in die bekannten, im wesentlichen aus Aminos\u00e4uren bestehenden Bausteine bei der vollst\u00e4ndigen Hydrolyse zerf\u00e4llt. Das bedingt zugleich, da\u00df man vor der Pr\u00fcfung sich davon \u00fcberzeugen mu\u00df,\n*) Joum. An. Chem. Soc., Bd. 37, S. 203 (Jan. 1915). Infolge der Kriegswirren konnte ich erst k\u00fcrzlich Einblick in die Originalpublikation erhalten, soda\u00df sich die Entgegnung verz\u00f6gert hat.","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Erkennung des Histidins durch Farbenreaktionen. 427\nob fremde Stoffe, die die gleichen Reaktionen geben k\u00f6nnten, nicht vorhanden sind. *) (Dies gilt nat\u00fcrlich dann besonders, wenn die M\u00f6glichkeit vorliegt, da\u00df einfachere Umwandlungsformen der Aminos\u00e4uren selbst, wie es das p-Oxyphenylathylamin, das Imidazolyl\u00e4thylamin, das Adrenalin u. a. wahrscheinlich sind, auftreten. Solche geh\u00f6ren solange nicht zu den Eiwei\u00dfbausteinen, als ihre Beteiligung am Aufbau nicht erwiesen ist. Das trifft selbst auf die noch nicht lange entdeckte, ebenfalls die Diazo-reaktion gebende Aminos\u00e4ure, das Dioxyphenylalanin, zu.)\nSomit kann es nicht zweifelhaft sein, da\u00df die Diazoreaktion, wie' ich das noch k\u00fcrzlich ausgef\u00fchrt habe, *) als eine Tyrosin und Histidin bisher allein unter den Aminos\u00e4uren anzeigende, den \u00fcbrigen Eiwei\u00dfreaktionen ebenb\u00fcrtige an die Seite zu stellen ist, und da\u00df ferner der von mir seinerzeit aufgestellte Satz, auch heute noch zu Recht besteht, da\u00df in dieser Reaktion ein wertvolles Mittel gefunden sei, -Histidin bei Abwesenheit von Tyrosin nicht allein in Gemischen mit anderen Eiwei\u00df-spaltk\u00f6rpern, sondern auch in den * urspr\u00fcnglichen Eiwei\u00dfk\u00f6rpern, in denen es noch mit anderen (eiwei\u00dfartigen) Gruppen verbunden ist, zu erkennen.\nDa\u00df die Diazoreaktion aber eine allgemeine Reaktion f\u00fcr eine noch zu bestimmende Klasse von Verbindungen sei, wie T. B. Aldrich* * 3) meint,. diese Ansicht kann ich nicht teilen. Ich denke, die Chemie h\u00e4tte im Laufe der vergangenen f\u00fcnfundf\u00fcnfzig Jahren im wesentlichen festgestellt, wann eine chemische Verbindung zur Kupplung mit Diazonium Verbindungen bef\u00e4higt ist, und wann nicht. Auf dieser Grundlage baut sich auch die Reaktionsf\u00e4higkeit der aus dem Tier- und Pflanzenk\u00f6rper gewonnenen Stoffe mit Diazoniuml\u00f6sungen auf. Deswegen kann man keine etwa die besonderen biologischen Verh\u00e4ltnisse ber\u00fccksichtigende Spezialklasse von diazoreaktiongebenden Verbindungen aufstellen, die sich nicht den chemischen Prinzipien unterordnete, sondern h\u00f6chstens nach weisen, da\u00df in einem bestimmten biochemischen Gebiete, wie z. B. dem der Proteine, die und die Substanz die Reaktion gibt und die \u00fcbrigen nicht. Handelt es sich dann nur um eine oder, wie hier, um zwei solcher Verbindungen, die man aber auf andere Weise voneinander unterscheiden kann, so kann gewi\u00df kein Bedenken bestehen, das betreffende Reagens als Diagn\u00f6stikum zu empfehlen, wie das f\u00fcr den Fall des bis dahin schwer nachweisbaren Histidins von mir geschehen ist.\nAuf der andern Seite kann ich den Anla\u00df nicht vor\u00fcbergehen lassen, ohne auf die Unsicherheit der Schl\u00fcsse, die Aldrich im \u00fcbrigen aus seinen Beobachtungen zieht, hinzuweisen. So interessant gewi\u00df die Feststellung ist, da\u00df die wirksame Substanz der Hypophyse die Diazo-\n*) z. B. auch durch Hydrolyse von Nucleins\u00e4uren entstandene Purine usw.\t*\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 94, S. 284 (1915).\n3) Diese Zeitschrift, Bd. 42, S. 513 (1904).","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428 H. Pauly, Zur Erkennung des Histidins durch Farbenreaktionen.\nreaktion gibt, so ist doch der Schlu\u00df, da\u00df es sich nicht um Histidin handle; weil die Reaktionen von Weidel und von Knoop ausgeblieben seien, f\u00fcr jeden Kenner der Farbenreaktionen des Histidins nicht bindend, wenngleich nat\u00fcrlich mit dieser Bemerkung das Gegenteil nicht behauptet w\u00e8rden soll. Denn die beiden letztgenannten kann man im Vergleich mit der Diazore\u00e4ktion kaum als eigentliche Farbenreaktionen bezeichnen, ja, die Weidelsche ist so ungemein schwach, da\u00df sie selbst mit Histidin in reiner Substanz ausgef\u00fchrt, noch sehr undeutlich ist, wie ich schon bei fr\u00fcherer Gelegenheit betont habe. Um wieviel weniger darf man sie also als Gegenbeweis gegen\u00fcber einer so \u00fcberaus empfindlichen Reaktion, wie es die Diazopr\u00fcfung ist, verwenden! Auch die Knoopsche F\u00e4rbung mit Brom *) hat bei einer 1:1000 \u00fcberschreitenden Verd\u00fcnnung nach eigener Angabe ihres Entdeckers ihre Grenze, w\u00e4hrend durch Diazonium-losungen Histidin bei einer 20\u201450mal gr\u00f6\u00dferen Verd\u00fcnnung noch scharf sich zu erkennen gibt. Dazu ist der Farbenton der Reaktion von Knoop ein so unklarer und ver\u00e4nderlicher, da\u00df ich mich nicht unterfangen m\u00f6chte, auf Grund derselben allein die An- oder Abwesenheit von Histidin in Rohprodukten zu behaupten,. Es scheint mir also auch der negative Schlu\u00df, den Aldrich aus seinen Pr\u00fcfungen gezogen hat, da\u00df Histidin die Farbenreaktion des Pitruitins nicht verursache, ebenso unsicher wie der positive, da\u00df es sich um eine histidin-\u00e4hnliche Substanz handle. Damit sind seine Schlu\u00dffolgerungen \u00fcber den Wert oder Unwert der Diazoreaktion f\u00fcr den Nachweis des Histidins eo ipso hinf\u00e4llig.\nEine Farbenreaktion kann eben nie \u00fcber die Bedeutung eines Indiziums oder eines Hilfsmittels hinausgehen ; zum sicheren Nachweis, ob eine Verbindung vorliege, bedarf es immer wieder der Isolierung. Erst dann kann man auch den Grund einer vorher beobachteten Reaktion richtig verstehen.\n*) Die \u00fcbrigens auch durch Jod in Gegenwart von Basen, wie verd\u00fcnntem Ammoniak, Soda usw. auftritt.\nW\u00fcrzburg, im Juni 1915.","page":428}],"identifier":"lit20575","issued":"1915","language":"de","pages":"426-428","startpages":"426","title":"Zur Erkenntnis des Histidins durch Farbenreaktionen","type":"Journal Article","volume":"94"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:29:35.821295+00:00"}