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{"created":"2022-01-31T14:33:39.422379+00:00","id":"lit20584","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"H\u00f6st, H. F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 95: 88-99","fulltext":[{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der Blutharns\u00e4ure.\n\u25a0 Von\nH. F. H\u00f6st.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t zu Kristiania [Prof. Dr. S. Tor up].) (Der Redaktion zugegangen am 30. Juli 1915.)\nDie quantitative Bestimmung der Harns\u00e4ure im Blut ist bis zu den letzten Jahren verschiedentlich auf praktische Schwierig\u00bb keiten gesto\u00dfen, deren Grund teilweise in den geringen Harn\u00bb s\u00e4uremengen des Bluts gesucht werden mu\u00df und teilweise in dem hohen Gehalt des Bluts an Eiwei\u00dfstoffen.\nGarrod1) hat als erster Methoden zur Bestimmung der Harns\u00e4ure des Bluts angegeben, doch brachten dieselben auf Grund ihrer Ungenauigkeit wenig zuverl\u00e4ssige Ergebnisse. Sp\u00e4ter hat man sich zu diesem Zweck im wesentlichen der Silberf\u00e4llungsmethode Salkowskis und der Kupfermethode Kr\u00f6gers mit den vielfachen Ab\u00e4nderungen, die dieselben erfuhren, bedient.\nDiese beiden Methoden ben\u00f6tigen, um zuverl\u00e4ssige Ergebnisse zu zeigen, verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gro\u00dfe Blutmengen \u2014 100\u2014200 ccm. \u2014-, und da Methoden, welche die Anwendung so gro\u00dfer Blutmengen bedingen, nat\u00fcrlich f\u00fcr klinischen Gebrauch nicht sehr anwendbar sind, ist unsere Kenntnis zur Blutharns\u00e4ure auch ziemlich mangelhaft.\nVor etwa zwei Jahren ver\u00f6ffentlichten Polin' und Denis2) eine kolorimetrische Methode f\u00fcr die Bestimmung der Harns\u00e4ure des Bluts. Das Prinzip dieser Methode ist das n\u00e4mliche wie in der schon fr\u00fcher von mir gepr\u00fcften und beschriebenen\n') Medicochirurg. Transact., Bd. XXV, S. 83; Bd. XXXVII, S. 49, berichtet in: Brugschund Schittenhelm: \u00abDer Nucleinstoffwechsel\u00bb, S.61.\n\u2022) Joum. of biol. Chem., Bd. XIII, S. 469, Bd. XIV, S. 29.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der Blutharns\u00e4urc.\t89\nkolorimetrischen Bestimmung der Harns\u00e4ure des Harns. *) Bei Anwendung der Methode f\u00fcr Blutbestimmungen wird die Harn* s\u00e4ure in \u00e4hnlicher Weise wie bei Salkowski isoliert, um zuletzt kolorimetrisch bestimmt zu werden. Hierdurch vermeidet man den Fehler, der meinen Untersuchungen zufolge mit der Anwendung der Methode f\u00fcr Harnbestimmungen verbunden ist, wo n\u00e4mlich Folin und Macallum*) die Harns\u00e4ure nicht isolieren, sondern dieselbe in dem eingedampften Harn bestimmen * dem nur die in \u00c4theralkohol l\u00f6slichen Bestandteile entzogen sind.\nF\u00fcr die Bestimmung der Hams\u00e4uremenge im Blut hat diese Methode vor den ehedem benutzten den erheblichen Vorteil, da\u00df sie, au\u00dfer einfacher zu sein, die Bestimmung sehr viel geringerer Mengen Harns\u00e4ure erm\u00f6glicht, so da\u00df man nur einen Bruchteil der Blutmenge \u2014 Folin schreibt 20\u201425 ccm vor \u2014, welche die obenerw\u00e4hnten Methoden notgedrungen erfordern, ben\u00f6tigt.\nFolins Methode ist sp\u00e4ter von Steinitz* * 3) und Landmann,4) sowie von Autenrieth und Funk5) gepr\u00fcft und nach einigen geringeren Ab\u00e4nderungen zu Harns\u00e4urebestimmungen im Blut (Steinitz, Autenrieth und Funk) und in Organextrakten (Landmann) als sehr brauchbar erfunden worden.\nDie Folin und Denische Methode bezeichnet, falls sie sich als generell brauchbar erweisen sollte, zweifellos einen gro\u00dfen Fortschritt in der physiologischen und pathologischen Chemie des Bluts ; da jedoch Vergleichsanalysen, \u2019 au\u00dfer von den Autoren selbst, nur von Steinitz und Landmann6) zur Einsicht vorliegen, und die von diesen gewonnenen Erfahrungen und Ergebnisse in mehreren Beziehungen nicht ganz mit den\n*). Zeitschrift f. klin. Med., Bd. 81, Heft 1 u. 2, S. 1,\n*) Journ. of biol. Chem., Bd. XIII, S. 363.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 90, S. 108.\n4) Ibidem, Bd. 92, S. 416.\n*) M\u00fcnchn. Med. Wochenschr., 1914, 467.\n\u2022) Autenrieth und Funk sprechen nur von einer vereinzelten Vergleichsanalyse, die zudem nicht sehr \u00fcberzeugend wirkt, da es scheint, als habe eine Bestimmung des Harns\u00e4uregehalts in dem Blut, dem Harns\u00e4ure zugef\u00fcgt wurde, nicht stattgefunden.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nH. F. H\u00f6st,\nvon Folin und D\u00e9nis1) gemachten Angaben \u00fcbereinstimmen, mu\u00df es \u2018als zweckm\u00e4\u00dfig erachtet werden, die Methode einer weiteren Pr\u00fcfung zu unterziehen. Ich habe deshalb Vergleichspr\u00fcfungen mit verschiedenen Sorten Blut angestellt und zwar teils mit, teils ohne Zusatz von Harns\u00e4ure, und sowohl in der anf\u00e4nglichen, von Folin und Denis angegebenen Weise wie auch mit den Ab\u00e4nderungen, die Steinitz und Landmann vorschlagen oder die ich selbst zweckm\u00e4\u00dfig gefunden habe.\nIch werde zun\u00e4chst das Verfahren, bei dem ich stehengeblieben bin, beschreiben und sodann die Einzelheiten jedes Abschnittes der Methode genau besprechen.\nMethodik:\nApparate: Ein Kolorimeter mit hohen schmalen R\u00f6hren, die die Beurteilung selbst einer schwach gef\u00e4rbten Fl\u00fcssigkeit zulassen. Bei meinen Untersuchungen habe ich mich des Wolffschen Kolorimeters bedient mit R\u00f6hren von etwa 15mm Durchmesser und etwa 15 cm H\u00f6he.\nReagenzien: 1. Harns\u00e4urel\u00f6sung. 0,050 g Harns\u00e4ure werden gewogen und mit Hilfe von etwas Wasser in einen 100 ccm fassenden Ma\u00dfkolben gebracht, 6 ccm 0,4\u00b0/oige Lithiumcarbonatl\u00f6sung hinzugetan, umgesch\u00fcttelt, in kochendes Wasserbad gesetzt und ungef\u00e4hr jede !/* Minute kr\u00e4ftig bis zur L\u00f6sung gesch\u00fcttelt, hierzu braucht man etwa 5 Minuten; dann f\u00fcllt man Wasser auf 100 ccm auf. Von dieser L\u00f6sung werden 20 ccm abgemessen und bis auf 100 ccm verd\u00fcnnt. Hierdurch erh\u00e4lt man eine L\u00f6sung, die 0,10 mg Harns\u00e4ure in 1 ccm enth\u00e4lt. Die L\u00f6sung kann sich eine Woche lang halten, sollte jedoch, wie bei diesen Versuchen stets beobachtet wurde, alle 3 Tage frisch hergestellt werden. Die kurze Erhitzung im Wasserbad, wodurch die L\u00f6sung der Harns\u00e4ure erheblich gef\u00f6rdert wird, bewirkt keinerlei Destruktion derselben.\n2. Phosphorwolframs\u00e4urel\u00f6sung (Folin, Denis, Macal-lum). 100 g Natrium wolframicum dep. (Merck), 80 ccm 85 \u00b0/oige Phosphors\u00e4ure und 750 ccm Wasser werden am R\u00fcck-\n*) Journ. of biol. Chem., Bd. 13, S. 469.\nI","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der Bluthams\u00e4ure.\t91\nflu\u00dfk\u00fchler 2 Stunden lang gekocht, abgek\u00fchlt, worauf man auf 1 Liter auff\u00fcllt.\nMit Absicht ist Natrium wolfram, dep. statt Natrium wolfram, p\u00fcriss. pro analysi (Merck) gew\u00e4hlt worden, da die obige aus Natr. wolfram, dep. hergestellte Phosphorwolframs\u00e4urel\u00f6sung mit Harns\u00e4ure und Alkali eine st\u00e4rkere und klarere Blauf\u00e4rbung gibt als die aus Natr. wolfram, puriss. pro analysi gewonnene, die bei demselben Verfahren eine mattere, graublaue, f\u00fcr den kolorimetrischen Vergleich nicht so geeignete Farbe gibt.\nAls Reagens kann statt PhosphorwoHrams\u00e4urel\u00f6sung auch eine 10 \u00b0/*ige L\u00f6sung von Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure verwandt werden und zwar entweder mit einem weiteren Zusatz von Dinatriumphosphatl\u00f6sung und folgendem Aufkochen, so wie Riegler1) es bei Hams\u00e4urebestimmungen des Harns beobachtet und dessen auch ich*) mich bedient habe, oder mit dem Zusatz eines st\u00e4rkeren Alkalis, z. B. einer konzentrierten Sodal\u00f6sung ohne Erhitzung, so wie Fol in und seine Sch\u00fcler zur Anwendung bringen. Indessen ergibt Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure mit Harns\u00e4ure und Alkali eine mehr gr\u00fcnliche und nicht so starke Blauf\u00e4rbung, wie die von Folin anempfohlene Phosphorwolframs\u00e4urel\u00f6sung. Der Unterschied in der Farbst\u00e4rke ist jedoch nicht so gro\u00df wie von Folin*) angenommen, da Phosphorwolframs\u00e4urel\u00f6sung n\u00e4mlich eine Farbintensit\u00e4t bringt, die bei der Behandlung mit gleichen Mengen Harns\u00e4ure und Alkali etwa 50*/\u00ab st\u00e4rker ist als die durch Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure hervorgebrachte. Dieser Unterschied spielt bei Bestimmungen im Ham, wo die Harns\u00e4uremenge stets verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gro\u00df ist, keine Rolle, doch bei den kleinsten Mengen Harns\u00e4ure, mit denen man oft in einer Blutprobe zu arbeiten hat, ist der genannte Unterschied der Farbintensit\u00e4t von nicht geringer Bedeutung. Phosphorwolframss\u00e4urel\u00f6sung in der von Folin beschriebenen Weise, ist daher bei Harns\u00e4urekolorimetrie des Bluts der Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4urel\u00f6sung vorzuziehen.\n3. Formaldehydl\u00f6sung. Die k\u00e4ufliche Formaldehydl\u00f6sung (\u00abFormalin\u00bb, \u00abFormol\u00bb), die etwa 35 \u00b0/o Formaldehyd enth\u00e4lt, wird mit gleichen Teilen Wasser verd\u00fcnnt und mit n/io-NaOH-L\u00f6sung neutralisiert, nachdem ihre Acidit\u00e4t in einer entnommenen Probe mit Phenolphthalein als Indikator bestimmt worden ist.\nEs zeigte sich, da\u00df die bei diesen Versuchen gewonnene L\u00f6sung, wenn durch das Verfahren G. Romijns4) bestimmt,\n*) Zeitschr. f. analyt. Chemie, Bd. 51, S.466.\n*) Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 81, Heft 1 und 2, S. 1;\n') Journal of biol. Chem., Bd. IS, S. 363.\n\u2666) Zeitschr. f. anal. Chemie, Bd. 36, S. 18; Bd. 39, S. 60 ; Bd. 43, S. 710.","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\tH. F. H\u00f6st,\n13\u00b0/o Formaldehyd enthielt. F\u00fcr die Neutralisation des mit gleichen Teilen Wassers verd\u00fcnnten Formols brauchte man auf je 100 ccm Fl\u00fcssigkeit 15 ccm n/io-NaOH-L\u00f6sung; das zur Anwendung kommende Formol enthielt demnach 33,38 \u00b0/o Formaldehyd.\nSonstige Reagenzien, deren Zubereitung keiner besonderen Bemerkungen bedarf, kommen bei ihrer Verwendung zur Erw\u00e4hnung.\nAusf\u00fchrung: In eine tarierte Porzellanschale, worin sich etwas (ungef\u00e4hr 5 ctg) Kaliumoxalat befindet, mi\u00dft man etwa 5 ccm Blut, das gewogen wird, und zu dem man 35 ccm Wasser, 5 Tropfen 2\u00b0/oige Essigs\u00e4ure und 1 ccm Formaldehydl\u00f6sung f\u00fcgt; nach dem Umr\u00fchren Erhitzung bis zum Siedepunkt, hierauf ein weiterer Zusatz von 1 ccm 2\u00ab/oiger Essigs\u00e4ure. Dies kocht man 3\u20144 Minuten und filtriert in eine andere Porzellanschale; das Gerinnsel bringt man mit einem Glasst\u00e4bchen zur\u00fcck in die erste Porzellanschale, pre\u00dft es gut aus (am besten mit einem kleinen Uhrglas) und f\u00fcgt 50 ccm Wasser hinzu. Nun folgt Erhitzung bis zum beginnenden Sieden, wobei man das Gerinnsel m\u00f6glichst fein verteilt, Filtrierung und abermaliges Auspressen des Gerinnsels. Beide Filtrate tut man zusammen, f\u00fcgt 5 ccm 50 \u00b0/o ige Essigs\u00e4ure hinzu und dampft die Fl\u00fcssigkeit bis auf etwa 1 ccm ein, \u00fcberf\u00fchrt sie in ein konisches Zentrifugenglas von etwa 10 ccm Inhalt, worauf die Schale zweimal mit 2 ccm 0,l\u00b0/oiger Lithiumcarbonatl\u00f6sung gesp\u00fclt wird. Sodann f\u00fcllt man in das Zentrifugenglas eine schon vorher in einem Reagenzglas hergestellte Mischung von 20 Tropfen konzentrierter Ammoniakl\u00f6sung, 8 Tropfen 3\u00b0/oiger S\u00fcberlactatl\u00f6sung und 4 Tropfen Magnesiamixtur.\nStehenlassen bis zum n\u00e4chsten Tag. Man zentrifugiert, gie\u00dft die Fl\u00fcssigkeit ab und w\u00e4scht den Bodensatz mit 3 ccm Wasser aus. Zum Bodensatz f\u00fcgt man 6 Tropfen frisch ges\u00e4ttigte Schwefelwasserstoffl\u00f6sung, 1 Tropfen 50\u00b0/oige Essigs\u00e4ure und 3 ccm Wasser, Dies kocht man (im Zentrifugenglas, vorsichtig!) indem man zwischen dem jemaligen Aufkochen einen Luftstrom in das Glas leitet und zwar so lange, bis ein \u00fcber die \u00d6ffnung des Glases gehaltenes Bleiacetatpapier keinen","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der Blutharns\u00e4ure.\t93\nSchimmer von Gelbf\u00e4rbung mehr zeigt; dies wird.gew\u00f6hnlich nach drei- bis vierminutlichem Kochen erzielt. Nun wird wiederum zentrifugiert und die Fl\u00fcssigkeit in einen 25 ccm fassenden Ma\u00dfzylinder gef\u00fcllt; man w\u00e4scht den Bodensatz mit 3 ccm Wasser und gie\u00dft dies in das Zylinderglas. Zur Fl\u00fcssigkeit im Zylinderglas f\u00fcgt man 2 ccm Phosphorwolframs\u00e4urel\u00f6sung sowie 5 ccm ges\u00e4ttigte. Sodal\u00f6sung und f\u00fcllt Wasser auf 25 ccm auf.\nDer kolorimetrische Vergleich wird mit 1 ccm Harns\u00e4urel\u00f6sung (= 0,10 mg Harns\u00e4ure) vorgenommen, die in n\u00e4mlicher Weise behandelt, gleichzeitig mit der durch Zersetzung des Silberurats entstehenden Harns\u00e4urel\u00f6sung hergestellt wird.\nW\u00e4hrend Folin und Denis 20\u201425 ccm Blut anwenden, ist Steinitz bis zu einer Menge von 10 ccm herabgegangen, und ich habe, wie dem Obigen zu entnehmen ist, die Verwendung von nur 5 ccm Blut bei jeder Analyse als zweckm\u00e4\u00dfig gefunden.\nEs ist selbstverst\u00e4ndlich, da\u00df die Methode um so anwendbarer wird, je kleinere Mengen Bluts man ben\u00f6tigt, da die Blutuntersuchungen dann ohne Nachteil f\u00fcr das betreffende Individuum leichter zu wiederholten Malen ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen, und das Verfahren auch wegen des geringeren Waschvolumens weniger Zeit beansprucht\nMeinen Beobachtungen gem\u00e4\u00df, die im Einklang mit denen fr\u00fcherer Untersucher stehen, schwankt die Harns\u00e4uremenge im Menschenblut (bei Nicht-Arthritikern) zwischen 0,01 und 0,04 \u00b0/oo. Durch wiederholte Untersuchungen von Rinderb lut wurde dargetan, da\u00df die Harns\u00e4uremenge desselben ebenfalls zwischen 0,01 und 0,04\u00b0/oo schwankte. Bei der Untersuchung dieser Blutsorten habe ich in 5 ccm Blut stets Harns\u00e4ure genug f\u00fcr eine genaue Kolorimetrie gefunden, wozu meinen Erfahrungen zufolge wenigstens 0,02\u20140,03 mg Harns\u00e4ure erforderlich sind ; bei kleineren Harns\u00e4uremengen wird das Ergebnis ein weniger genaues. Nat\u00fcrlich spielt auch das Kolorimeter hierbei eine gro\u00dfe Rolle.\nIn Pferdeblut (defibriniert) habe ich gr\u00f6\u00dfere jiarns\u00e4ure-mengen als fr\u00fchere Autoren gefunden. Folin, der allerdings\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCV.\t7","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nH. F. H\u00f6st,\nnur einen Fall untersucht hat (\u00abantitoxin animal\u00bb) findet 0,05 mg auf 100 g Blut, w\u00e4hrend Bass und Wiechowski1) \u00fcberhaupt keine Harns\u00e4ure im Pferdeblut entdecken. Steinitz gibt an, da\u00df Pferde serum so gut wie harns\u00e4urefrei sei, doch findet er im Pferdeblut 0,02\u00b0/oo Harns\u00e4ure. Meine eignen Untersuchungen vom Blut mehrerer Pferde zeigen als Ergebnis 0,005 bis 0,015\u00b0/oo, also durcbgehends weniger Harns\u00e4ure als im Menschen- und Rinderblut, aber immerhin Mengen, die sich in der Regel in 5 ccm Blut bestimmen lassen.\nZur Enteiwei\u00dfung des Blutes bedienen sich Polin und Denis ausschlie\u00dflich der Essigs\u00e4ure, w\u00e4hrend Steinitz und Landmann, die mit Essigs\u00e4ure allein keine vollst\u00e4ndige Enteiwei\u00dfung erzielen, au\u00dferdem mit Talkum arbeiten. Trotz zahlreicher Versuche ist es mir niemals gelungen, mit Essigs\u00e4ure allein eine vollkommene Enteiwei\u00dfung des Blutes herbeizuf\u00fchren und zwar weder in der von Folin und Denis vorgeschriebenen Weise noch mit irgendeinem andern Verfahren. Eine vollkommene Enteiwei\u00dfung ist indes, worauf auch Steinitz die Aufmerksamkeit lenkt, bei dieser Methode von gr\u00f6\u00dfter Bedeutung, denn selbst kleinste Mengen Eiwei\u00df werden den ko-lorimetrischen Vergleich erschweren. Ich werde sp\u00e4ter auf diesen Punkt zur\u00fcckkommen.\nMit der von Steinitz yorgeschrieben\u00e7n Verwendung von Talkum nach der Essigs\u00e4urebehandlung l\u00e4\u00dft sich zwar eine vollkommene Enteiwei\u00dfung des Bluts herbeif\u00fchren, doch wird das Verfahren hierdurch nicht wenig erschwert, und wenn auch die Harns\u00e4ure nicht in erweisbaren Mengen zum Talkum adsorbiert, wird doch in dem ziemlich volumin\u00f6sen Talkumbodensatz leicht etwas vom Filtrat Zur\u00fcckbleiben, das schwierig ist auszupressen, da das Talkum dann durch das Filter mitgehen kann.\nSchittenhelm* *) hat zwecks Enteiwei\u00dfung des Bluts Formaldehyd empfohlen; er benutzt dasselbe zusammen mit Kaliumphosphat, indem er von der Voraussetzung ausgeht, da\u00df Formaldehyd die Enteiwei\u00dfung f\u00f6rdere und gleichzeitig die F\u00e4llung von Harns\u00e4ure hindere.\n*) Wien. klin. Wochenschr., 1912, S. 1863.\n*) M\u00fcnchn. Med. Wochenschr., 1912, S. 2877.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der BlUthamsfture.\t95\nEhe ich mich nun mit Untersuchungen \u00fcber die Bedeutung des Formaldehyds f\u00fcr die Enteiwei\u00dfung befa\u00dfte, hielt ich es f\u00fcr erforderlich, die Wirkung des Formaldehyds auf Harns\u00e4ure in saurer Fl\u00fcssigkeit zu untersuchen. Zu 1 ccm Harns\u00e4urel\u00f6sung (= 0,20 mg Harns\u00e4ure) wurden 20 ccm Wasser, 5 Tropfen 2\u00b0/oige Essigs\u00e4ure und 1 ccm Formaldehydl\u00f6sung gef\u00fcgt. Dies wurde erhitzt und beim Aufkochen 1 ccm Essigs\u00e4ure hinzugetan. Nach der Eindampfung bis auf 1 ccm erfolgte die Kolorimetrie; in der Doppelanalyse fand man die gesamte zur Verwendung gekommene Harns\u00e4ure wieder.\nDarauf kam der Einflu\u00df des Formaldehyds auf die Enteiwei\u00dfung des Bluts mit Essigs\u00e4ure zur Untersuchung. Nach einer Reihe mit wechselnden Mengen von Essigs\u00e4ure und Formol vorgenommenen Versuchen gelangte ich zuletzt zu dem oben beschriebenen Verfahren, das eine einfache und sichere Methode zum vollkommenen Gerinnen des Eiwei\u00dfes darstellt. Das Filtrat ist, ohne den geringsten gelblichen Schein zu haben, so klar wie Wasser, und ebenso wasserklar h\u00e4lt es sich w\u00e4hrend der Eindampfung, bis es, auf ein paar Kubikzentimeter eingeschwunden, einige Salze auskrystallisieren l\u00e4\u00dft.\nDas Eindampfen und die \u00dcberf\u00fchrung in Zentrifugengl\u00e4ser ist, wie ersichtlich, genau ebenso wie bei Folins.Verfahren. Doch erwies es sich bei der Silberf\u00e4llung als zweckm\u00e4\u00dfig, das Silberlactat, so wie Landmann vorschl\u00e4gt, in \u00dcberschu\u00df Von Ammoniak hinzuzuf\u00fcgen, da das Silbersalz andernfalls von dem vorhandenen Formaldehyd reduziert wird, so da\u00df metallisches Silber ausgef\u00e4llt wird.\nSteinitz w\u00e4scht den Silberuratbodensatz mit destilliertem Wasser aus, w\u00e4hrend F olin und Landmann ein solches Auswaschen nicht erw\u00e4hnen. Da aber die \u00fcber dem \u00dcratboden-satz stehende schwach gelbliche Fl\u00fcssigkeit mit dem Phosphorwolframs\u00e4urereagens und Alkali eine ziemlich starke Blauf\u00e4rbung\nergibt, ist ein Auswaschen des Bodensatzes zweifelsohne notwendig.\nDie Zersetzung des Silberuratbodensatzes mit Schwefelwasserstoff und das Austreiben der \u00fcbersch\u00fcssigen Schwefelwasserstoffmenge erfolgen in etwas anderer Weise als Polin,\nS 7*","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nH. F. Hast,\nSteinitz und Landmann beschreiben. Die Schwierigkeit besteht darin, die Entfernung des \u00fcbersch\u00fcssigen Schwefelwasserstoffs leicht und bequem zu bewerkstelligen, was wegen der hohen, schmalen Zentrifugengl\u00e4ser nicht immer so einfach ist, w\u00e4hrend gleichzeitig vermieden werden mu\u00df, da\u00df das Schwefelsilber in kolloidaler Gestalt ausgef\u00e4llt wird, da hierdurch die Kolorimetrie sehr beeintr\u00e4chtigt werden kann.\nFolin und Denis f\u00fcgen 4\u20145 Tropfen ges\u00e4ttigte Schwefelwasserstoffl\u00f6sung hinzu, sowie 1 Tropfen konzentrierter Salzs\u00e4ure und erhitzten dies 5\u201410 Minuten lang im kochenden Wasserbad; danach Hinzuf\u00fcgen von 1 Tropfen 0,5\u00b0/oiger Bleiacetatl\u00f6sung und, falls starke Schwarzf\u00e4rbung eintritt, abermaliges Erhitzen im Wasserbad 5\u201410 Minuten lang. Dies Verfahren hat sich bei meinen Versuchen nicht als zweckm\u00e4\u00dfig erwiesen, da die Fl\u00fcssigkeit oft, selbst nach zweimaliger Erhitzung, deutlichen Schwefelwasserstoffgeruch verr\u00e4t; zudem trifft es auch \u00f6fter ein, da\u00df sich kolloidales Schwefelsilber bildet.\nSteinitz und Landmann f\u00fcgen neben Schwefelwasserstoff und Salzs\u00e4ure zum Silberbodensatz bezw. 1 und 5 ccm Wasser und die Erhitzung erfolgt dann ebenfalls im kochenden Wasserbad, bei dem ersteren 10\u201415 Minuten, bei dem letzteren \u00abwenigstens eine Stunde\u00bb lang. Beide pr\u00fcfen zuletzt, ebenso wie Folin, die Entfernung des Schwefelwasserstoffs durch das Hinzuf\u00fcgen von Bleiacetat.\nBediente ich mich nun bei meinen Versuchen des von Landmahn vorgeschriebenen Verfahrens \u2014 des Zusatzes von 6 Tropfen Schwefelwasserstoff, 2 Tropfen Salzs\u00e4ure und 5 ccm Wasser mit darauffolgender Erhitzung im kochenden Wasserbad, zeigte es sich stets, da\u00df die Austreibung des Schwefel Wasserstoffs sehr langsam vor sich ging. Selbst nach Verlauf von 2 Stunden konnte ich oft vermittelst des \u00fcber die \u00d6ffnung des Glases gehaltenen Bleiacetatpapiers das Vorhandensein von Schwefelwasserstoff erkennen. Au\u00dferdem empfand ich es bei diesem Verfahren als nachteilig, da\u00df die lange Erhitzung eine nicht geringe Verdampfung der Fl\u00fcssigkeit bewirkte, und da\u00df sich in der ziemlich stark salzsauren Fl\u00fcssigkeit Schwefelsilber l\u00f6ste, das bei der Hinzuf\u00fcgung des Waschwassers kolloidal","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der Blutharns\u00e4ure.\t97\nausgeschieden wurde, wodurch die Kolorimetrie oft unm\u00f6glich gemacht wurde.\nEs ist nicht immer leicht zu beurteilen, insbesondere wenn es sich um ein so geringes wie von Folin benutztes Fl\u00fcssigkeitsvolumen handelt, ob der Schwefelwasserstoff durch den Zusatz von 1 Tropfen Bleiacetatl\u00f6sung v\u00f6llig entfernt ist ; der Silberbodensatz wird n\u00e4mlich, sobald der Tropfen in die Fl\u00fcssigkeit f\u00e4llt, leicht aufgewirbelt werden, und unt\u00e7r diesen Umst\u00e4nden kann es sehr schwierig sein zu entscheiden, ob sich nicht etwas Bleisulfid bildet. Auch bei dem von Stei-nitz und Landmann vorgeschriebenen Verfahren ist das Ergebnis des Bleiacetatzusatzes nicht leicht zu erkennen, da die Fl\u00fcssigkeit nach der Erhitzung im Wasserbad oft tr\u00fcbe ist. Will man die \u00fcbersch\u00fcssigen Schwefelwasserstoffmengen aus der Fl\u00fcssigkeit entfernen, darf man nicht vergessen, da\u00df die Absorption von Gasarten bei Fl\u00fcssigkeiten erst dann = 0 ist, wenn dieselben kochen, w\u00e4hrend eine Fl\u00fcssigkeit, die nicht kocht, selbst bei 100\u00b0 \u2014 und noch mehr bei 98\u201499\u00b0 \u2014 etwas Gas absorbiert. Grunds\u00e4tzlich mu\u00df es daher richtiger sein, ehe Fl\u00fcssigkeit zu kochen, statt sie, wie die oben zitierten Autoren, nur im kochenden Wasserbad zu erhitzen. Da auch ferner starke Salzs\u00e4ure, wie oben erw\u00e4hnt, bei l\u00e4ngerer Erhitzung im Wasserbad oder bei einiger Zeit des Kochens leicht etwas vom Bodensatz aufl\u00f6st und dies wiederum bei der darauffolgenden Verd\u00fcnnung mit dem Waschwasser kolloidal ausf\u00f6tlt, habe ich die Salzs\u00e4ure durch Essigs\u00e4ure ersetzt. Schlie\u00dflich hat es sich als sehr zweckm\u00e4\u00dfig erwiesen, zwischen dem jeweiligen Aufkochen der Fl\u00fcssigkeit einen Luftstrom in das Zentrifugenglas zu leiten, um den in der Luftschicht \u00fcber der Fl\u00fcssigkeit befindlichen Schwefelwasserstoff zu entfernen. Dies habe ich sehr einfach in der Weise bewerkstelligt, da\u00df ich zwischen dem jeweiligen Aufkochen in das Zentrifugenglas hineinblies.\nAus diesen drei Ab\u00e4nderungen \u2014 dem Ersatz der Salzs\u00e4ure durch Essigs\u00e4ure, dem Kochen und der Entfernung des \u00fcber der Fl\u00fcssigkeit im Zentrifugenglas befindlichen Schwefelwasserstoffs \u2014 ergibt sich eine verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig einfache und schnell ausf\u00fchrbare Methode f\u00fcr die vollkommene Entfernung der \u00fcbersch\u00fcssigen Schwefelwass\u00e8rstoffmengen.","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nH. F. H\u00f6st,\nDie oben beschriebenen Ab\u00e4nderungen in der Folin und Denis sehen Methode sind durch zahlreiche Doppelversuche am Blut von Menschen, Rindern und Pferden gepr\u00fcft worden, so* wie auch durch die Bestimmung der wiedergefundenen Harns\u00e4uremengen, wenn man zu 5 ccm der genannten Blutsorten 0,05 und 0,10 mg Harns\u00e4ure f\u00fcgt. Als Beispiel der durch die Kontrollanalysen gewonnenen Ergebnisse seien folgende Untersuchungen von de\u00fcbriniertem Blut von Rindern vor und nach dem Zusatz von Harns\u00e4ure hier angef\u00fchrt. Das Blut wurde sofort, nachdem die Tiere geschlachtet waren, untersucht.\n\t\u00f6 ccm Blut Gef.: Harns\u00e4ure mg\t\tMittel* zahl\t5 ccm Blut -}- 0,10 mg Harns\u00e4ure Gefunden: Harns\u00e4ure mg\tMittel- zahl\tirr derge- fund. Mittel- werte #/0\nTier 1 . .\t0,157\t0,166\t0,1615\t0,242 0,268 0,261 0,246\t0,254\t92,5\n\u00bb 2 . .\t0,048\t0,045\t0,0465\t0,145\t0,149\t0,147\t100,5\n\u00bb 3 . .\t0,045\t0,065\t0,055\t0,162\t0,153\t0,1575\t102,5\n\u00bb f \u2022 .\t0,078\t0,090\t0,084\t0,172 0,172 0,180\t0,175\t91\nVon den hinzugef\u00fcgten Hams\u00e4uremengen werden 85 bis 100\u00b0/o, durchschnittlich 90\u201495\u00b0/o wiedergefunden. Ein Fehler von etwa 10\u00b0/o ist nicht gering, doch darf auch nicht vergessen werden, da\u00df die absoluten Werte, um die es sich hier handelt, sehr kleine sind, denn der Verlust an Harns\u00e4ure ist in der Regel geringer als t/m Milligramm.\nDen Harns\u00e4ureverlust, mit dem man gew\u00f6hnlich zu rechnen hat, scheint man im wesentlichen der Silberf\u00e4llung und den damit verbundenen Prozessen und nicht dem Gerinnungsproze\u00df und dem Filtrieren zuschreiben zu m\u00fcssen. Ich habe mich n\u00e4mlich davon \u00fcberzeugt, da\u00df man die hinzugef\u00fcgte Harns\u00e4ure in denselben Mengen wiederfindet, ob der Zusatz derselben nach dem Gerinnen der Eiwei\u00dfstoffe erfolgt oder ob sie dem Blut selbst beigef\u00fcgt wird.\nFolin und Denis, die zum Blut erheblich gr\u00f6\u00dfere Harns\u00e4uremengen \u2014 zwischen 0,25 und 1,2 mg schwankend \u2014 gef\u00fcgt haben, finden 91\u2014100\u00b0/o wieder, w\u00e4hrend Steinitz bei demselben Verfahren nur etwa 80\u00b0/o wiederfindet. Die abso-","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Kolorimetrische Bestimmung der Blutharns\u00e4ure. 99\nluten Verluste an Harns\u00e4ure sind unter diesen Umst\u00e4nden nat\u00fcrlich bei weitem gro\u00dfer als die bei meinen Versuchen gefundenen.\nAbsichtlich sind so niedrige Harns\u00e4uremengen hei meinen Versuchen als Zusatz gew\u00e4hlt worden, da n\u00e4mlich die .Brauchbarkeit der Methode bei Harns\u00e4urebestimmungen so geringer Blutmengen wie 5 ccm klargelegt werden sollte; und wenn die Methode auch nicht als durchaus exakt bezeichnet werden kann, was wohl kaum der Fall mit irgendeiner der Methoden f\u00fcr die Bestimmung der Blutharns\u00e4ure ist, kamt man doch sagen, da\u00df ihre Ergebnisse hinreichend genau jedenfalls gegen\u00fcber den Fragen \u00fcber das Verhalten der Harns\u00e4ure im Blut unter physiologischen und pathologischen Zust\u00e4nden sind, die es zuerst gilt ins reine zu bringen.","page":99}],"identifier":"lit20584","issued":"1915","language":"de","pages":"88-99","startpages":"88","title":"Kolorimetrische Bestimmung der Blutharns\u00e4ure","type":"Journal Article","volume":"95"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:33:39.422384+00:00"}