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{"created":"2022-01-31T14:42:18.500442+00:00","id":"lit20637","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Valentin, Franz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 98: 73-77","fulltext":[{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis der Cholesterinesterverfettung.\nVon\nFranz Valentin, Assistenten des Institutes!\n(Ans dem Institute f\u00fcr medizinische Chemie der Tier\u00e4rztlichen Hochschule in Wien ) (Der Redaktion zugegangen am 28. August 1916.)\nZu der von Aschoff1) angeschnittenen Frage derChot-esterinesterverfettung liefere ich im folgenden einen kleinen Beitrag. Im November 1915 \u00fcbersandte mir Dr. med. vet. R. Harabath, Stadtobertierarzt in Wien* Fettgewebe von einem Schwein* in welchem sich zahlreiche braune* umschriebene Stellen, offenbar nekrotische Herde, befanden. Er teilte mir dazu folgendes mit:\n\u00abDie Ihnen \u00fcbersendeten nekrotischen Herde fand ich im Fett gewebe der Bauchdecke bei vollkommen ausgem\u00e4steten Schweinen ungarischer Provenienz und zwar unter dem Wandblatte des Bauchfelles in Form von h\u00f6ckrigen, 1\u20142 cm dicken, bis handfl\u00e4chengroflen Platten. Die Konsistenz war derb, fast knorpelhart, auf dem Durchschnitte war das Gewebe mattgl\u00e4nzend oder glanzlos, tr\u00fcbe, von gelblich wei\u00dfer bis graugelber Farbe. Die nekrotischen Herde lie\u00dfen sich ziemlich leicht von dem normalen Fettgewebe losl\u00f6sen. Herde von gleicher Beschaffenheit in Form von Knoten waren auch im Gekr\u00f6sfette anzutreffen.\u00bb\nBei der mikroskopischen Untersuchung dieser Stellen fanden sich in das Fettgewebe zahlreiche Kryst\u00e4llchen von zweierlei Typus eingelagert. Die eine Gruppe der Krystalle zeigte die Gestalt feiner, oft b\u00fcschelf\u00f6rmig gruppierter Krystall-nadeln, der andere Typus zeigte die Form kurzer, dicker Prismen. Im polarisierten Lichte untersucht, erwiesen \u00absich die kurzen, dicken Prismen als doppeltbrechend, nicht aber die feinen Krystallnadeln. Nach diesem Befunde lag die Vermutung nahe, da\u00df die feinen Krystallnadeln aus Fetts\u00e4uren, die kurzen, dicken\n') Zur Frage der Cholesterinverfettung beim Menschen. Unna-Fest-schrift, Bd. II, 1910.\nHoppe-Seyler's Zeitichrift f. physiol. Chemie. XCVIII.\t6","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\tFranz Valentin,\nPrismen aus Cholesterinestern bestehen. Diese Vermutung war nunmehr durch die chemische Untersuchung zu erh\u00e4rten.\nZu diesem Zwecke wurden die nekrotischen Herde durch Herauspr\u00e4parieren aus dem Fettgewebe tunlichst vom normalen Fettgewebe isoliert, sie wurden in kleinere St\u00fccke geschnitten und im Extraktionsapparate mit \u00c4ther extrahiert.\nVon der \u00c4therl\u00f6sung wurde der \u00c4ther abdestilliert und der Destillationsr\u00fcckstand im Wasserbade im Wasserstoffstrom getrocknet. Zum Nachweise der Cholesterinester wurde der Abdampfr\u00fcckstand der Behandlung mit Aceton unterworfen, welche Panzer zum Nachweise der Cholesterinester in der gro\u00dfen wei\u00dfen Niere und andern krankhaft ver\u00e4nderten Organen verwendet hatte1). Durch dementsprechendes wiederholtes Umkrystallisieren des Destillationsr\u00fcckstandes aus hei\u00dfem* Aceton wurde eine ziemlich reichliche Menge eines farblosen, krystallinischen Produktes erhalten. Seine Menge betrug sch\u00e4tzungsweise ein F\u00fcnftel des Ausgangsmateriales. Die Krystalle wurden nach dem Vorgehen Panzers in Benzoll\u00f6sung mit Natrium und Alkohol verseift und aus dem Verseifungsprodukte das Cholesterin von den Fetts\u00e4uren getrennt. Die letzteren zeigten die f\u00fcr Fetts\u00e4uren charakteristischen Reaktionen. Das gewonnene Cholesterin mehrmals zun\u00e4chst aus Eisessig, sp\u00e4ter aus Alkohol umkrystallisiert, schmolz bei 144\u00b0 C. (korr.) und gab die f\u00fcr Cholesterin charakteristischen Reaktionen.\nDer Nachweis, da\u00df die feinen Krystallnadeln aus Fetts\u00e4uren bestehen, wurde auf indirektem Wege versucht dadurch, da\u00df in \u00fcblicher Weise die S\u00e4urezahl des Destillationsr\u00fcckstandes bestimmt wurde. Sie ergab sich mit 3,30, also betr\u00e4chtlich h\u00f6her als die von normalem, frischem Schweinefett (nach Benedikt-Ulzer 0,5)*).\nDer Vollst\u00e4ndigkeit halber wurde aus dem Fette der nekrotischen Herde noch die Verseifungszahl, die Jodzahl und der Cholesteringehalt bestimmt. Die Verseifungszahl, in \u00fcb-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 54, S. 240.\n*) Benedikt-Ulzer. Anal, der Fette und Wachsarten, 4. Aufl.,\nS. 849.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis der Cholesterinesterverfettung. .\t75\nlicher Weise ermittelt, ergab sieh mit 147,5t. Da\u00df diese Verseifungszahl bedeutend niedriger liegt, als sie bei normalem Schweinefett gefunden wird, erkl\u00e4rt sich ungezwungen aus der relativ gro\u00dfen Menge von Cholesterinestern. Die Jodzahl, nach v. H\u00fcbl bestimmt, war 43,6.\nDie Menge des Cholesterins betrug, nach derWindaus-schen Digitoninmethode bestimmt, 10,30 \u00b0/o (2,2456 g Fett lieferten 0,9515 g Digitonincholesterid). Berechnet mein aus dieser Cholesterinmenge die Jodmenge, welche daran gebunden wird, so bleibt als Jodzahl des cholesterinfreien Fettes 41,0, eine Jodzahl, welche erheblich niedriger liegt als die J\u00f6dzahl f\u00fcr .normales Schweinefett. \u2022\nEinen kleinen Beitrag zur Kenntnis der Genese dieser Cholesterinesterverfettung glaube ich durch die Resultate der Untersuchung einer zweiten Probe eines pathologisch-anatomisch \u00e4hnlich ver\u00e4nderten Fettgewebes vom Schweine liefern z\u00fc k\u00f6nnen. Dieses Objekt wurde mir von dem Professor der Fleischhygiene der tier\u00e4rztlichen Hochschule in Wien, Herrn Professor Dr. A Po-stolka, freundlichst zur Verf\u00fcgung gestellt. Es war ihm als ein bei der Marktkontrolle konfisziertes Fettgewebe (Speckfilz) zugegangen. Von dem Speckfilze zeigte die \u00e4u\u00dferste Lage in einer Dicke von 1\u2014Vit cm keine Ver\u00e4nderungen. Daran schlo\u00df sich, scharf abgegrenzt, eine zweite Schichte, welche r\u00f6tlich bis r\u00f6tlichgrau verf\u00e4rbt und mit zahlreichen, teils streifenf\u00f6rmigen, teils punktf\u00f6rmigen Flecken durchsetzt war. Im Mittelpunkte jedes Flecken konnte mit der Lupe eine punktf\u00f6rmige Blutung wahrgenommen werden. Diese Ver\u00e4nderung nahm nach innen, also gegen die Muskeln hin, an Intensit\u00e4t zu, die Farbe des Fettgewebes ging allm\u00e4hlich mehr in grau \u00fcber und war in den den Muskeln anliegenden Schichten geradezu grau.\nDiese Ver\u00e4nderungen sollen nach Angabe des Tierarztes, welcher die Konfiskation vorgenommen hatte, erst nach der Schlachtung eingetreten sein. Diese Angabe d\u00fcrfte wohl darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren sein, da\u00df die Farbstoffe durch Ver\u00e4nderungen, die sie an der Luft erlitten hatten, erst deutlich sichtbar geworden sind. Bei der mikroskopischen Unter-","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\tFranz Valentin,\nsuchung konnten nur ganz vereinzelte Krystalle von Prismenform gefunden werden. Dagegen fanden sich etwas mehr, aber nicht so reichlich wie in dem erst beschriebenen Objekte Krystalldrusen in Form stacheliger Kugeln, bestehend aus nadelf\u00f6rmigen Krystallen. Viele dieser Drusen zeigten in der Mitte einen dunklen Kern. Die vereinzelten prismatischen Krystalle erwiesen sich im polarisierten Lichte doppeltbrechend. Ebenso fanden sich in den stacheligen Kugeln doppeltbrechende Teile, bald mehr, bald weniger. Jedenfalls war die Menge der doppeltbrechenden Substanz im Vergleiche zu der Menge, welche sich in dem oben beschriebenen Fette befand, sehr gering.\nIn analoger Weise wie dort wurde auch hier versucht, durch wiederholtes Umkrystallisieren aus hei\u00dfem Aceton Cholesterinester darzustellen. Diese Arbeit f\u00fchrte offenbar darum, weil die Menge der Cholesterinester zu gering war, zu keinem Resultate. Zeigte doch auch das Fett selbst sowie die durch wiederholtes Umkrystallisieren aus hei\u00dfem Aceton mit Cholesterin angereicherten Fraktionen nur recht schwache Cholestolreaktionen und ebenso schwache Reaktionen nach Salkowski.\nIn \u00fcblicher Weise ermittelt ergaben sich:\nS\u00e4urezahl\t1,40\nVerseifungszahl\t193,76\nJodzahl des Fettes\t39,9\nJodzahl der Fetts\u00e4uren\t44,1\nAcetylzahl der Fetts\u00e4uren\t24,49\nUnverseifbares\t0,65.\n. Auch aus diesen Zahlen, zumal da die Verseifungszahl zwar an der unteren Grenze, aber doch noch innerhalb jener Zahlen f\u00e4llt, die normalem Schweinefett entsprechen, da ferner die Menge des unverseifbaren R\u00fcckstandes nur etwa doppelt so gro\u00df ist, als normalem Schweinefett zukommt (0,23 nach Ben e-dikt-Ulzer, S. 848), ergibt sich gleichfalls, da\u00df die Menge des vorhandenen Cholesterins und damit die Menge der Cholesterinester nur recht gering gewesen sein konnte. Dagegen stimmt die gegen\u00fcber normalem Schweinefett erh\u00f6hte S\u00e4urezahl mit","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis der Cholesterinesterverfettung. *\t77\nder Ausscheidung freier Fetts\u00e4uren in den z\u00fc Krystalldrusen gruppierten Nadeln \u00fcberein.\n\u00dcberlegt man sich, wie etwa diese Fetts\u00e4uren entst\u00e4nden sein k\u00f6nnten, so bat man zun\u00e4chst \u00e4n die T\u00e4tigkeit eines fettspaltenden Fermentes, welches aus vorhandenem Fette die Fetts\u00e4uren freigemacht hat, zu denken. In diesem Sinne untersuchte ich das Fett auf fettspaltende Fermente. Nachdem \u2018in dem pathologisch-anatomischen Institute auf bakteriologischem Wege nachgewiesen worden war, da\u00df Bakterien hier nicht im Spiele waren, schnitt ich aus der Mitte eines gro\u00dfen St\u00fcckes Fettgewebes etwa 100 g heraus, verrieb es mit destilliertem Wasser und stellte es in den Eiskaslen. Nach 24 Stunden wurde filtriert, 20 ccm des schwach r\u00f6tlich gef\u00e4rbten Filtrates mit 12 ccm einer Emulsion von Tributyrin versetzt und in den Brutkasten gestellt zugleich mit einer Kontrollprobe, bestehend aus 12 ccm Tributyrin-Emulsion und 20 ccm destilliertem Wasser. Nach einer halben Stunde wurden beide Proben nach Zusatz von Phenolphthalein mit n/2-Barytwasser neutralisiert. Die auf Ferment zu pr\u00fcfende Probe verbrauchte hierzu 1,1 ccm, die Kontrollprobe nur 0,1 ccm Barytwasser. Nachdem beide neutralisierte Proben eine weitere halbe Stunde im Brutkasten gestanden waren, war die Kontrollfl\u00fcssigkeit neutral geblieben, w\u00e4hrend die Fermentprobe saure Reaktion angenommen hatte und neu\u00e8rdings 1,0 ccm Barytwasser zur Neutralisation brauchte. Damit ist die Anwesenheit eines fettspaltenden Fermentes nachgewiesen.\nEs scheint demnach, als ob eine fermentative Fettspaltung mit Ausscheidung freier Fetts\u00e4uren das erste Stadium des Prozesses darstellen w\u00fcrde und in einem zweiten Stadium erst die Einlagerung von Cholesterin, vielleicht die Umwandlung der freigewordenen Fetts\u00e4uren in Cholesterinester (doppelt-brechende Substanz) vor sich gehen w\u00fcrde.","page":77}],"identifier":"lit20637","issued":"1916-17","language":"de","pages":"73-77","startpages":"73","title":"Beitrag zur Kenntnis der Cholesterinesterverfettung","type":"Journal Article","volume":"98"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:42:18.500448+00:00"}