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{"created":"2022-01-31T14:36:39.767291+00:00","id":"lit20657","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Waser, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 99: 67-85","fulltext":[{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten.\nVon\nErnst Waser (Z\u00fcrich).\nMit einer Kurvcnzeichnunp.\nDer Ktdaktion zugegangen am 31. Dezember\n\\\nVor kurzem ver\u00f6ffentlichte F. Adam1) aus der k. k. allgemeinen Untersuehungsanstalt f\u00fcr Leb\u00e8nsmittei in Wien eine Arbeit \u00fcber die Ameisens\u00e4ure als Bestandteil von Suppenw\u00fcrzen und -w\u00fcrfeln.2) Dies gibt mir Veranlassung, auf Versuche zur\u00fcckzukommen, die ich vor l\u00e4ngerer Zeit \u00fcber das n\u00e4mliche Thema angestellt habe, die ich aber nicht publizieren wollte, weil sie mir zu wenig allgemeines Interesse zu bieten schienen.\nDer Gehalt der fertigen Produkte an Ameisens\u00e4ure schwankt innerhalb gewisser Grenzen, die jedenfalls in enger Beziehung zum St\u00e4rkegehalt der verwendeten Ausgangsstoffe stehen, Es ist zwar m\u00f6glich, da\u00df sich die Ameisens\u00e4ure nebenbei auch aus andern Substanzen bildet; Brasch und Neuberg;5) haben sie in gro\u00dfen Mengen beim Faulen von Glutamins\u00e4urel\u00f6sungen erhalten und ich halte es auch nicht f\u00fcr ausgeschlossen, da\u00df aus dem Eiwei\u00df selbst Ameisens\u00e4ure abgespalten werden kann.\nDie von F. Adam (loc. eit.) angegebenen Werte f\u00fcr Ameisens\u00e4ure stimmen ziemlich gut mit den meinigen \u00fcberein, so da\u00df ich auf die Wiedergabe meiner Untersuchungen, so weit sie auf dem auch von Adam bearbeiteten Gebiete liegen, hier wohl verzichten kann. Ich beschr\u00e4nkte mich jedoch nicht auf den Nachweis und die quantitative Bestimmung der Ameisens\u00e4ure in Produkten pflanzlichen Ursprunges, sondern\n') F. Adam, Archiv f\u00fcr Chemie und Mikroskopie, 1016, Heft 3.\n*) Unter \u00abSuppenw\u00fcrfel\u00bb sind in \u00d6sterreich die unter der Bezeichnung \u00abRindssuppew\u00fcrfel\u00bb im Handel befindlichen Fleischbr\u00fchw\u00fcrfel gemeint.\n\u2019) Brasch und Neuberg, Biochemische Zeitschrift, Bd. 13, S.303\n(1908).\n;>\u2666","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"m\nK. Waser,\nich bezog auch Fleisch, Fleischbr\u00fche und Fleischextrakte in die Reihe meiner Versuche ein. Dabei stie\u00df ich auf recht interessante Tatsachen, die ich nun doch ver\u00f6ffentlichen m\u00f6chte.\nUnterwirft man einen Fleischextrakt irgendwelcher Herkunft unter Zusatz von Phosphors\u00e4ure oder Weins\u00e4ure der Wasserdampfdestillation, so zeigt das Destillat nach vorausgegangener Reduktion mit Magnesium und Salzs\u00e4ure eine oft sehr intensive Reaktion auf Formaldehyd. Da diese Reaktion mit nicht reduziertem Destillat ausbleibt, so ist damit der Nachweis des Vorhandenseins von Ameisens\u00e4ure mit Sicherheit erbracht. Nachdem ich mich \u00fcberzeugt hatte, da\u00df dieser merkw\u00fcrdige Befund nicht zuf\u00e4llig war. sondern in mehr oder weniger ausgepr\u00e4gtem Ma\u00dfe bei allen mir erreichbaren Fleischexlraktsorten erhalten wurde, ging ich daran, \u00fcber die Mengenverh\u00e4ltnisse zwischen Ameisens\u00e4ure und Fleischextrakt genaueren Aufschlu\u00df zu suchen.\nNach zahlreichen Vorversuchen, in die auch titrimetrische Methoden einbezogen wurden, hatte ich schon bei der Untersuchung der vegetabilischen Produkte als weitaus besten und einfachsten Weg zur quantitativen Bestimmung der Ameisens\u00e4ure ein Verfahren erkannt und gew\u00e4hlt, das namenlich von H. Fincke1) in einer sch\u00f6nen Studie auf das exakteste ausgearbeitet worden ist. Es beruht auf der Reduktion von Sublimat zu Kalomel, die mit Hilfe der Ameisens\u00e4ure zustande kommt, und die durch geeignete Bedingungen quantitativ gestaltet wird. Diese Methode, die ich hier wieder mit Erfolg ben\u00fctzte, ist auch von F. Adam angewendet worden. Ich kann auf eine n\u00e4here Beschreibung derselben umsomehr verzichten, als sich alle Einzelheiten mit jeder w\u00fcnschbaren Genauigkeit in der eben erw\u00e4hnten Arbeit von H. Fincke nachlesen lassen. Das Verfahren bietet den Hauptvorteil, da\u00df die Ameisens\u00e4ure trotz gleichzeitiger Anwesenheit von L\u00e4vulins\u00e4ure bestimmt werden kann. Diese S\u00e4ure, die im Fleischextrakt allerdings noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden ist, kommt in den Hvdrolysen-\n\u2018) H. Fincke. Biochemische Zeitschrift, Bd. 51, S. 253 (1913).","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Klcischextrakten. BO\nProdukten aus pflanzlichen Stoffen in nachweisbarer Menge vor. Da das Doppelsalz von L\u00e4vulins\u00e4ure und Quecksilberchlorid in Wasser sehr schwer l\u00f6slich ist, k\u00f6nnte es bei der Bestimmung des Kalomeis leicht mitgewogen werden. Sorgt man aber f\u00fcr gen\u00fcgenden Zusatz von Salzs\u00e4ure, in der das Doppelsalz leicht l\u00f6slich ist, so kann diese Fehlerquelle gut vermieden werden.\nGew\u00f6hnlich wog ich f\u00fcr eine Bestimmung 10 20 g\nHeischextrakt ab, l\u00f6ste in 100 ccm Wasser und setzte f\u00fcr jedes Gramm Fleischextrakt 3 ccm 6\u00b0/oige Phosphors\u00e4urc zu. Diese L\u00f6sung wurde der Wasserdampfdestillalion unterworfen, wobei darauf geachtet wurde, da\u00df das Volumen der Extraktl\u00f6sung stets gleich blieb. Im allgemeinen wurden 1500 ccm Destillat aufgefangen. 200 ccm davon wurden nach kurzem Aufkochen mit \u00bb,'io-NaOH unter Phenolphthaleinzusatz zur Bestimmung der fl\u00fcchtigen S\u00e4uren titriert. Die \u00fcbrigen 1300 ccm wurden zur quantitativen Bestimmung der Ameisens\u00e4ure mittels der Sublimatmethode verwandt. Da die Ameisens\u00e4ure mit Wasserd\u00e4mpfen relativ schwer fl\u00fcchtig ist (s. Fincke, loc. cit.), so \u00fcberzeugte ich mich durch mehrfache Versuche, ob bei verl\u00e4ngerter Wasserdampfdestillation noch nennenswerte Mengen dieser S\u00e4ure mitgerissen werden. Dies war nicht der Fall, denn die in weiteren 1500 ccm Destillat ge-fundene Menge Ameisens\u00e4ure war so gering, da\u00df sie h\u00f6chstens zur Aufrundung der im ersten Destillat bestimmten Menge dienen k\u00f6nnte. Ein Beispiel m\u00f6ge dies kurz darlegen:\nAbgewogen 13,5769 g Fleischextrakt F. I; gel\u00f6st in 100 ccm Wasser -)- 40 ccm 6\u00b0/oige Phosphors\u00e4ure: Wasserdampfdestillation :\nErstes Destillat: loOO ccm. Die davon verwendeten 1300 ccm mit Sublimat behandelt ergaben 0,0989 g Kalomel, entsprechend 0,0819 g Ameisens\u00e4ure in 100 g Extrakt.\nZweites Destillat: 1500 ccm. 1300 ccm davon ergaben nur 0,0106 g Kalomel, entspr. 0,0038 g Ameisens\u00e4ure in 100 g Extrakt.\nNoch war die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, da\u00df die im Fleischextrakt enthaltenen Kohlenhydrate wie Glykogen,","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nE. Waser.\nGlykose und Inosit, oder auch die Milchs\u00e4ure unter dem Einfl\u00fcsse der Minerals\u00e4ure Ameisens\u00e4ure abspalten k\u00f6nnten. Wie ich weiterhin' darlegen werde, ist dies unter den gew\u00e4hlten Bedingungen nicht der Fall; immerhin stellte ich auch einige Destillationsversuche an, bei denen die zum Ans\u00e4uern verwendete Phosphors\u00e4ure durch Weins\u00e4ure ersetzt wurde.\nZ. B. : Abgewogen 12,9008 g Fleischextrakt F. I ; zusammen mit 3,0 g Weins\u00e4ure gel\u00f6st in 150 ccm Wasser: Wasserdampfdestillation :\nErstes Destillat: 1500 ccm; 1300 ccm davon ergaben 0,0692 g Kalomel, entspr. 0,0603 g Ameisens\u00e4ure in 100 g Fleischextrakt.\nZweites Destillat: 1500 ccm; 1300 ccm davon ergaben 0,0099 g Kalomel, entspr. 0,0086 g Ameisens\u00e4ure in 100 g Fleischextrakt.\nDer Versuch ergab also etwas weniger Ameisens\u00e4uregehalt des gleichen Extraktes, als dem Mittel aus verschiedenen Bestimmungen mit Phosphors\u00e4ure entsprach. Das Manko ist aber recht klein und es l\u00e4\u00dft sich au\u00dferdem zwanglos dadurch erkl\u00e4ren, da\u00df infolge der viel geringeren Acidit\u00e4t die Ameisens\u00e4ure noch schwerer als sonst aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung auszutreiben ist.\nUm die Frage nach der Herkunft der Ameisens\u00e4ure im Fleischextrakt wenigstens vorl\u00e4ufig zu entscheiden, unternahm ich die folgenden Versuche:\n1. Eine kleine Probe Glykogen wurde mit Magnesium und Salzs\u00e4ure behandelt und das Filtrat mit frischer Milch und eisenchloridhaltiger Salzs\u00e4ure vergeblich auf Formaldehyd gepr\u00fcft.\nNun wurde 1,0 g Glykogen mit 500 ccm destilliertem Wasser w\u00e4hrend 2 Stunden bei 70\u00b0 digeriert, im Vakuum eingedampft und die nunmehr sehr konzentrierte L\u00f6sung nach Zusatz von 30 ccm 6\u00b0/oiger Phosphors\u00e4ure der Wasserdampfdestillation unterworfen. Die Folge der Operationen und auch die Konzentration entsprachen ziemlich genau dem Vorgehen bei der Herstellung des Fleischextraktes. Das Destillat wurde wie gew\u00f6hnlich mit Sublimat behandelt, es zeigte","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten. 71\naber nicht die geringste Reduktionswirkung, so da\u00df die Annahme der Entstehung der Ameisens\u00e4ure aus dem Muskelglykogen sehr wenig Wahrscheinlichkeit besitzt.\n2.\t1,0 g Inosit wurde den gleichen Operationen, wie ich sie soeben schilderte, unterworfen, allein auch hier wurde keine Spur von Ameisens\u00e4ure gefunden.\n3.\tBei der Behandlung des Destillates von 10 g Traubenzucker mit Sublimat entstand wenigstens eine merkliche Tr\u00fcbung, das entstandene Kalomel lohnte aber eine W\u00e4gung nicht.\n4.\t10 g Milchs\u00e4ure wurden wie beim Glykogen ange-\ngeben behandelt, aber auch hier ergaben sich nicht die geringsten Anhaltspunkte f\u00fcr eine Entstehungsm\u00f6glichkeit der Ameisens\u00e4ure.\t(\nNimmt man an, da\u00df diese 4 Substanzen die am meisten in Betracht fallenden, wenn nicht die einzigen Ameisens\u00e4urebildner des Muskelfleisches sind, so resultiert aus diesen Versuchen, da\u00df die Ameisens\u00e4ure nicht erst bei der Herstellung des Fleischextraktes entsteht, sondern da\u00df sie im Muskelfleisch vorgebildet ist und als solche in den Extrakt \u00fcbergeht. Bevor ich dies weiter begr\u00fcnde, m\u00f6chte ich die Resultate meiner ersten Untersuchungen mitteilen.\nEs standen mir 7 verschiedene Fleischextraktsorten zur Verf\u00fcgung.\n1. und 2. Muster von aus dem Gro\u00dfhandel entnommener Ware ohne Markenbezeichnung (abgek\u00fcrzt F. I und F. II).\n3. und 4. Muster von aus dem Gro\u00dfhandel entnommener Ware ohne Markenbezeichnung (abgek\u00fcrzt G. I und G. II).\n5.\tOriginalt\u00f6pfchen von Liebigs Fleischextrakt (abgek\u00fcrzt L. Orig.)\n6.\tOriginalt\u00f6pfchen von Armours Fleischextrakt (abgek\u00fcrzt A. Orig.).\n7.\tMuster eines Fleischextraktes, der im Jahre 1914 nach der Vorschrift von J. von Liebig aus dem frischen Muskelfleisch eines ganzen Ochsen hergestellt worden war (abgek\u00fcrzt E).\nMit diesen Extrakten wurden die folgenden in Tabellen-form znsaramengestellten Bestimmungen ausgef\u00fchrt :","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"K. Was er.\np- o\n\u00cf2\u00bb3\no r.\narq o\nOC \u00ab*l\nTabelle I.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextiakten. TH\nEine Diskussion der Mengenverh\u00e4ltnisse der in den Extrakten vorhandenen fl\u00fcchtigen S\u00e4uren scheint mir nicht besonders ersprie\u00dflich zu sein, da die Werte bei au sich \u00e4hnlichen Extrakten ziemlich schwankend sind. Dies h\u00e4ngt nat\u00fcrlich mit der ganzen Art der Titration zusammen, die in der Siedehitze vorgenommen werden mu\u00df, um den st\u00f6renden Einflu\u00df der gel\u00f6sten Kohlens\u00e4ure zu vermeiden; heim Kochen geht dann eben auch ein gewisser Anteil der fl\u00fcchtigen S\u00e4uren verloren. Auch die Berechnung der fl\u00fcchtigen S\u00e4uren als Ameisens\u00e4ure hat den Nachteil, da\u00df sie nicht die wahre Menge der fl\u00fcchtigen S\u00e4uren anzeigt, sondern nur einen Minimalwert. Die Titration wurde \u00fcberhaupt nur unternommen, um Anhaltspunkte \u00fcber die Menge des dem \u00fcbrigen Destillat zuzusetzenden Quantums Sublimatl\u00f6sung zu gewinnen.\nUnterzieht man aber die in 100 g Fleischextrakt gefundenen Ameisens\u00e4uremengen (letzte Kolonne der Tabelle) einer n\u00e4heren Betrachtung, so f\u00e4llt ohne weiteres eine weitgehende \u00c4hnlichkeit der Zahlen der k\u00e4uflichen Extrakte F. I und II, G. I und II, L. Orig, und A. Orig. auf. Diese Zahlen bewegen sich zwischen den ungef\u00e4hren Grenzen von 0,06 bis 0,10\u00b0/o, im Mittel 0,08\u00b0/o. Vergleicht man damit den Ameisens\u00e4uregehalt des aus frischem Muskelfleisch vom Ochsen gewonnenen Extraktes E., so findet man, da\u00df dieser Extrakt rund 5\u20146 mal mehr Ameisens\u00e4ure enth\u00e4lt, als die eben erw\u00e4hnten Produkte. Diese Tatsache kam mir so unerwartet und merkw\u00fcrdig vor, da\u00df ich zu ihrer Aufkl\u00e4rung noch eine ganze Reihe weiterer Versuche unternahm.\nDie n\u00e4chstliegende Fragestellung war die, ob sich auch im frischen Fleisch und in der lege artis bereiteten Fleischbr\u00fche Ameisens\u00e4ure nachweisen lasse. F\u00fcr frisches Fleisch ist dies schon seit l\u00e4ngerer Zeit bekannt, da die Ameisens\u00e4ure als normales Zwischenprodukt des tierischen Stoffwechsels aufgefunden wurde, und sogar als Endprodukt im Harn erscheint. *) Es fiel mir denn auch nicht schwer, mit Hilfe der Reaktion mit frischer Milch und eisenchloridhaltiger\n0 Siehe z. B. Steppuhn und Scliellbach, Diese Zeitschrift. t>d. SO. S. 274 (1912). woselbst sich auch weitere Literaturangaben finden.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nE. Waser.\nSalzs\u00e4ure nach vorausgegangener Reduktion den aus der Ameisens\u00e4ure entstandenen Formaldehyd nachzuweisen.\nSelbstverst\u00e4ndlich \u00fcberzeugte ich mich immer zuerst durch Kontrollversuche, da\u00df das zur Reaktion verwendete Material selbst formaldehydfrei war, ebenso wie auch die eigentliche Reaktion mit allen Kautelen vorgenommen wurde.1) Dabei fiel mir auf, da\u00df l\u00e4nger gelagertes Fleisch eine merklich st\u00e4rkere Reaktion ergab als ganz frisches Fleisch. Wurde frisches Fleisch mit der gleichen Menge Wasser unter Toluolabschlu\u00df im Brutschrank aufbewahrt, so blieb die Reaktion w\u00e4hrend langer Zeit ungef\u00e4hr gleich schwach; sie wurde erst nach ungef\u00e4hr \u00df Wochen etwas st\u00e4rker. Lie\u00df man dagegen frisches Fleisch unter loser Bedeckung im Freien bis zum Faulen stehen, so zeigte sich schon nach wenigen Tagen eine sehr deutliche Intensit\u00e4tszunahme der Farbreaktion auf F'ormaldehyd. Dies f\u00fchrte mich dann zu den weiterhin zu besprechendenVersuchen mit selbst hergestellten F'leischextrakten.\nAuch in der Fleischbr\u00fche ist Ameisens\u00e4ure leicht Hach-zuweisen und das einzig erstaunliche dabei ist nur, da\u00df sie nicht schon fr\u00fcher gefunden wurde.\n1000 g 12 Stunden altes, von Fett und Sehnen befreites, fein gehacktes Ochsenfleisch (M. glutaei) wurde in 3 Liter siedendes Quellwasser gegeben und ll/2 Stunden in gelindem Sieden erhalten. Dann wurde das Fleisch abgenutscht und ausgepre\u00dft, die erhaltene klare Fleischbr\u00fche (im ganzen 2220 ccm) \u00fcber Nacht stehen gelassen und in 2 Portionen aufgearbeitet. Die eine H\u00e4lfte der Br\u00fche wurde mit 100 ccm 2/n-Phosphors\u00e4ure versetzt und in einem ger\u00e4umigen Kolben auf ca. 200 ccm eingeengt. Das Destillat enthielt 0,03 g fl\u00fcchtige S\u00e4uren (als Ameisens\u00e4ure berechnet), gab aber nach 2 st\u00e4ndigem Behandeln mit Sublimat im Dampfbad eine nur eben bemerkbare Tr\u00fcbung von Kalomel. Die konzentrierte Fleischbr\u00fche wurde nun der Wasserdampfdestillation unterworfen und 1500 ccm Destillat aufgefangen. 200 ccm davon verbrauchten 6,85 ccm n/io-NaOH;\n*) Siehe z. B. Fincke, 1. c., S.258; Kaiserl. Gesundheitsamt : Entw\u00fcrte zu Festsetzungen \u00fcber Lebensmittel: Essig und Essigessenz, Heft 3. S. 16, Berlin 1912.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten. 75\ndies entspricht 0,473 g fl\u00fcchtigen S\u00e4uren (als Ameisens\u00e4ure berechnet) in 1 kg Fleisch. Die \u00fcbrigen 1300 ccm Destillat ergaben nach der Behandlung mit Sublimat 0,1539 g Kalomel: dies entspricht 0,035 g Ameisens\u00e4ure in 1 kg Fleisch oder 2,22 1 Fleischbr\u00fclie. Rechnet man diese Zahl auf Fleischextrakt um, indem man mit J. von Liebig annimmt, da\u00df 100 kg mageres Fleisch eine Ausbeute von 3 kg Kxtrakt geben,') so bek\u00e4me man aus 1 kg Heisch rund 30 g Kxtrakt, in denen also 0,035 g Ameisens\u00e4ure enthalten w\u00e4ren. Auf 100 g Extrakt w\u00fcrde dies 0,117 g Ameisens\u00e4ure ausmachen. W\u00fcrde man dieser Berechnung eine h\u00f6here Extraktausbeute zugrunde legen, wie dies ja wahrscheinlich der Fall ist, so w\u00fcrde nat\u00fcrlich der Ameisens\u00e4urewert entsprechend geringer.\nDie zweite H\u00e4lfte der gleichen Fleischbr\u00fche wurde erst nach 4t\u00e4gigem Stehen aufgearbeitet. Das l\u00e4ngere Stehen hatte eine Abnahme sowohl des Gehaltes an fl\u00fcchtigen S\u00e4uren wie auch an Ameisens\u00e4ure bewirkt. 200 ccm Wasserdampfdestillat verbrauchten nur noch 2,30 ccm n/io-NaOH, entsprechend 0,104 g fl\u00fcchtigen S\u00e4uren (als Ameisens\u00e4ure berechnet) in 1 kg Fleisch. Das \u00fcbrige Destillat ergab 0,0276 g Kalomel, entsprechend 0,0064 g Ameisens\u00e4ure aus 1 kg Fleisch, oder wie oben berechnet, 0,021 g in 100 g Extrakt.\nDes weiteren stellte ich mir auf verschiedene Weise die folgenden 4 Fleischextrakte selbst her. Zur Verwendung kam dabei das fett- und sehnenfreie, durch den Fleischwolf getriebene Ochsenfleisch vom gleichen St\u00fcck, das zur Bereitung der Fleischbr\u00fche gedient hatte.\nA. 1000 g 12 Stunden altes Fleisch wurden mit 2 I Quellwasser \u00fcbergossen, langsam erw\u00e4rmt und 1 Stunde bei 70\u00b0 digeriert. Dann wurde das Fleisch gut ausgepre\u00dft und das Filtrat nach kurzem Aufkochen nochmals filtriert. Die klare L\u00f6sung wurde nun im Vakuum, bei einer Badtemperalur von h\u00f6chstens 60\u201470\u00b0 bis zur Konsistenz eines etwas d\u00fcnnen Fleischextraktes eingedampft; das zum Schlu\u00df sehr starke\n\u2018) In den \u00abNeuen Untersuchungen \u00fcber Fleischextrakt*, Lebbin, Berlin 1915, wird gezeigt, da\u00df diese Angaben nicht mehr zutrefTen, da die Ausbeuten wesentlich hoher sind.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"Sch\u00e4umen verhinderte ein weiteres Eindampfen bis zur gew\u00fcnschten Extraktdicke. Der erhaltene Extrakt wurde gleichwohl zu den Untersuchungen verwendet: um aber vergleichbare Zahlen zu erhalten, wurde au\u00dferdem der Wassergehalt bestimmt.\nU. 500 g Fleisch wurden mit 500 ccm destilliertem Wasser und 25 ccm Toluol in den Brutschrank gestellt. Es wurde 7 Tage bei einer Temperatur von 35-40\u00b0 stehen gelassen und das Toluol nach Bedarf erg\u00e4nzt. Der Fleischbrei hatte nach dieser Zeit eine leicht graue Farbe angenommen, Geruch und Aussehen waren aber sonst einwandfrei. Es wurden dann noch 500 ccm Wasser zugegeben und 2 Stunden bei 70\u00b0 digeriert, abgepre\u00dft, das Filtrat aufgekocht, nochmals filtriert und bei 00\u201470\u00b0 Badtemperatur im luftverd\u00fcnnten Raume auf ein m\u00f6glichst kleines Volumen gebracht. Auch hier wurde der Gehalt an Trockensubstanz bestimmt.\nG. 500 g Fleisch wurden mit 500 ccm hV'/oiger Salzs\u00e4ure \u00fcbergossen, gut durchgesch\u00fcttelt und in einem ger\u00e4umigen Erle n-meyer-Kolben unter losem Watte Verschlu\u00df im Freien stehen gelassen. Nach 7 t\u00e4gigem Stehen wurde das Fleisch verarbeitet. Es bildete eine gallertige, durchgehend grau verf\u00e4rbte, schimmlige Masse, von unangenehmem, saurem Geruch. Nach Zugabe von 1 1 Wasser wurde es 2 Stunden bei 70\u00b0 digeriert, nach genauer Neutralisation mit verd\u00fcnnter Natronlauge filtriert, das Filtrat aufgekocht, nochmals filtriert und im Vakuum eingedampft.\nD. 500 g Fleisch wurden in einer mit Uhrglas bedeckten Porzellanschale im Freien sich selbst \u00fcberlassen. Nach 7 Tagen \u00ffwar es \u00e4u\u00dferlich grau verf\u00e4rbt, innerlich von frischer Rosafarbe, leicht schmierig und von sehr starkem, fauligem Geruch. Es wurde mit 1 1 Wasser bei 70\u00b0 digeriert und wie die \u00fcbrigen Proben auf Extrakt verarbeitet.\nVon diesen 4 Extrakten wurden nun gewogene Mengen einerseits zur Wasserdampfdestillation wie bisher, anderseits zur Bestimmung des Trockensubstanzgehaltes durch 4 st\u00fcndiges Trocknen bei 100\u2014105\u00b0 verwendet. Die folgende Tabelle II gibt \u00fcber die zutage gef\u00f6rderten Zahlen n\u00e4here Auskunft.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakteu.\n77\nTabelle 11.\n\t\tZur\tBestimmung der\tQuantitative Bestimmung der\n\t\tBestim-\tfl\u00fcchtigen S\u00e4uren\tAmeisens\u00e4ure\nFleisches irakt\tTrocken- substanz\tmung ange- wandte Menge\t200 ccm bezogen auf Destillat Tro!-k!>nsub, ver-\t>tanz (als brauchten ! Ameisen-\"/.o-NaOHj\t1300ccm gefundene bezogen bezogen IW\u00bb i li\u00e2t Menge\tauf\tauf uesnildt Amri-en- l\u00fc()\t1(K) \u201e ergaben *4ure\t. \u00ae\t,r _ \u2022\tin der frischen (Trocken- Kalomel l'rohe j F.xjrakt Substanz\n\tin\tin g\tin ccm ; in g\tin g\tin g\tin g\tin g\nA.\t(rein;\nB.\t(Toluol)\n(I. (HCl 7\u00ab\u00b0/o)\nI). (gefault)\n28.00\n76,26\n87,05\n78.82\n50,00\n6.5575\n18,8899\n6.5708\n16,10\n18,80\n2,28\nf,70\n8.969\n9,524\n1.155\n8.152\n0.5047 I 0,0568\t0.1178\t0.421\n0,2307\t0.0260\t0,3958\t0.519\n0,0419\t0,0047\t0,0256\t0.069\n0.5064\t0.0570\t0.8670\t1.107\nAuch wenn mau ber\u00fccksichtigt, dali hier im Vergleich zur Gro\u00dffabrikation nur sehr kleine Mengen Fleisch verarbeitet wurden und da\u00df die gefundenen Zahlen bei Verarbeitung gr\u00f6\u00dferer Fleischmengen an Genauigkeit und Durchschnittsg\u00fcltigkeit noch erheblich gewonnen h\u00e4tten, so bleiben dennoch zwischen den einzelnen Werten Unterschiede bestehen, die weit \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfenordnung aller Versuchsfehler hinausgehen. Fs zeigt sich bei dem Extrakt aus Fleisch, das in sehr verd\u00fcnnt salzsaurer L\u00f6sung gelegen hatte, eine frappante \u00c4hnlichkeit mit dem durchschnittlichen Ameisens\u00e4uregehalt der in Tabelle I aufgef\u00fchrten k\u00e4ullichen Extrakte. Anderseits bringen : die Versuche mit Extrakt aus ganz frischem Fleisch und solchem, das l\u00e4ngere Zeit unter Toluolabschlu\u00df gestanden hatte, eine Best\u00e4tigung der in der ersten Versuchsreihe gefundenen hohen Ameisens\u00e4urezahl des aus dem frischen Fleisch eines ganzen Ochsen bereiteten Extraktes. Der geradezu abnorm hohe Ameiscns\u00e4uro-gehalt des Extraktes aus gefaultem Fleisch f\u00e4llt dagegen ganz aus dem Rahmen des bisher gewohnten.\nIn der III. Tabelle sollen die ermittelten Ameisens\u00e4urewerte aus den beiden Versuchsreihen, der besseren \u00dcbersichtlichkeit halber, nochmals zusammengestellt werden. Damit sie vergleichbar werden, sind auch die Zahlen der ersten Tabelle","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nK. Waser,\nTabelle III.\n\t1 1 t fl\u00fcchtige S\u00e4uren 1\tAmeisens\u00e4ure\nKleischextrakt\tin 100 g\tin 100 g\n\tTrockensubstanz Trockensubstanz i\t1\t\nExtrakte F. I und II, G. I und II,\t! ' 1 i\ti\t\nL. und A. Orig, im Mittel\t1,03\t0,11\nExtrakt E\t\t3,20\t0,59\nExtrakt A. (aus frischem Fleisch) .\t3,97\t0,42\nExtrakt B. (Toluolfleisch) ....\t9,52\t0,52\nExtrakt (!. i Salzs\u00e4ureflcisch) . . .\tt.16\t0,07\nExtrakt I). (gefaultes Fleisch) . .\ti\t3,61\t;\tUl\nFleischbr\u00fche (frisch)\t\t!\t- i\t0.14\nFleischbr\u00fche \\ Tage alt; . . . .\t\t0,03\nauf 1(K) g trockenen Extrakt umgerechnet worden, wobei angenommen wurde, da\u00df die dort aufgef\u00fchrlen Extrakte durchschnittlich 20\u00b0/o Wasser enthalten.\nWie ich schon oben zeigte, ist es ganz unwahrscheinlich, da\u00df sich die Ameisens\u00e4ure erst bei der Herstellung des Fleischextraktes bildet, man m\u00fc\u00dfte sie sonst auch aus den haupts\u00e4chlich in Betracht fallenden und unter den gleichen Bedingungen behandelten Substanzen wie Glykogen, Inosit usw. in fa\u00dfbaren Mengen erhalten, was durchaus nicht der Fall ist. Die im Extrakt enthaltene Ameisens\u00e4ure stammt also aus dem Muskelfleisch selbst, in dem sie vorgebildet und dessen normaler Bestandteil sie ist. Bei Produkten, die durch Hydrolyse von pflanzlichem Eiwei\u00df entstehen, liegen die Verh\u00e4ltnisse insofern anders, als die Ameisens\u00e4ure nicht als solche im Ausgangsmaterial vorhanden ist, sondern erst durch den Proze\u00df der Hydrolyse aus den beigemengten Kohlenhydraten und eventuell aus dem Eiwei\u00df selbst gebildet und dann auch in die Endprodukte \u00fcbernommen wird. So bildet hier der St\u00e4rkegelialt einen ungef\u00e4hren Ma\u00dfstab f\u00fcr die unter gleichen Entstehungsbedingungen zu erwartenden Ameiscn-s\u00e4uremengeu. Wenn demnach Fleischextrakte derartig gro\u00dfe Differenzen im Ameisens\u00e4uregehalt aufweisen, wie sie in Ta-","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten. 79\nhelle 111 zum Ausdruck kommen, so kann die Ursache davon eben nur in der Beschaffenheit des zur Verwendung gelangten Fleisches bezw. in den Herstellungsverfahren liegen. Die zun\u00e4chst augenscheinlich schwer von einem gemeinsamen Gesichtspunkt aus zu w\u00fcrdigenden Befunde gewinnen n\u00e4mlich Gestalt, wenn man die von Lebbin1) mitgeteilten Versuchsergebnisse ber\u00fccksichtigt. Man mu\u00df demnach zu der Auffassung gelangen, da\u00df bei der Autolyse mehr oder minder gro\u00dfe Mengen von Ameisens\u00e4ure sich bilden, Wahrscheinlich gleichzeitig und parallel mit der Milchs\u00e4ure. Bei Unterdr\u00fcckung der bakteriellen und fermentativen Prozesse durch Salzs\u00e4ure wird dagegen die Aradisens\u00e4urebildung auf rein hydrolytische Prozesse beschr\u00e4nkt. Demgem\u00e4\u00df sind die Extrakte des Handels, die nach Lebbins Feststellungen unter Anwendling von Salzs\u00e4ure als konservierendes und die Hydrolyse bef\u00f6rderndes Mittel hergestellt werden, au\u00dferordentlich arm an Ameisens\u00e4ure, gegen\u00fcber den Extrakten, welche ich aus ganz frischem und aus gefaultem Fleisch gewonnen habe. Lebbin hat leider quantitative Angaben \u00fcber die fl\u00fcchtigen S\u00e4uren im Fleischextrakt nicht gemacht, sondern beschr\u00e4nkt' sich (S. 12 1. c.) lediglich auf die Angaben, da\u00df manche Fleischextrakte ein saures Destillat, einige wenige ein alkalisches ergeben, w\u00e4hrend er neutrale Destillate \u00fcberhaupt nicht erhalten hat.\nSchlie\u00dflich noch einige Worte \u00fcber die Zul\u00e4ssigkeit der Ameisens\u00e4ure in Nahrungsmitteln. F. Adam bef\u00fcrchtet, da\u00df die Ameisens\u00e4ure ein sch\u00e4dlicher Bestandteil der Bindssuppe-w\u00fcrfel und deshalb aus diesen Produkten zu entfernen sei. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschlie\u00dfen, denn einmal gelangt die Ameisens\u00e4ure in den Bindssuppew\u00fcrfeln oder im Fleischextrakt nicht als freie S\u00e4ure, sondern als Salz in den Verdauungstraktus und anderseits sind die auf einmal zugef\u00fchrten Dosen so gering,2) da\u00df man eine toxische Wirkung sicherlich nicht zu erwarten hat. Die Durchsicht der Literatur der letzten 15 Jahre \u00fcber die physiologische Wirkung der\n*) \u00abNeue Untersuchungen \u00fcber Fleischextrakt*, Berlin 1915.\n*) Rechnet man 3,5 g Fleischextrakt auf einen Teller Suppe, so betr\u00e4gt die damit eingef\u00fchrte Dosis Ameisens\u00e4ure ca. 0,015 g.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nK. Waser.\nAmeisens\u00e4ure ergibt fust \u00fcbereinstimmend, da\u00df die toxische Dosis sehr hoch liegt1) und da\u00df die ameisensauren Salze unsch\u00e4dliche Diuretika sind.2) C. Fleig1) weist nach, da\u00df sich die per os eingef\u00fchrten Formiate zu einem gro\u00dfen Teil schon im Darm zersetzen, da\u00df sie in kleinen Mengen keinen Einflu\u00df auf die Verdauungsvorg\u00e4nge aus\u00fcben, in gr\u00f6\u00dferen Mengen die Sekretionst\u00e4ligkeit und die Darmperistaltik erh\u00f6hen, da\u00df sie aber, abgesehen von der Diurese, keine sonstige Wirkung zeigen. E. (\u00e9l\u00e9ment3) und L. Garrigue,4) der letztere auch nach Selbstversuchen, sagen sogar, da\u00df die Formiate nach intraven\u00f6ser Injektion die Muskelkraft st\u00e4rken, die Wider-standskrait gegen Erm\u00fcdung erh\u00f6hen und auch den Appetit .g\u00fcnstig beeinflussen. G. Lebbin,;>) der die Ameisens\u00e4ure in Himbeeren bestimmte, lie\u00df mehrere Versuchspersonen w\u00e4hrend einiger Wochen t\u00e4glich 0,5 g freie Ameisens\u00e4ure in Himbeer-limonade einnehmen, ohne da\u00df er die geringste sch\u00e4dliche Wirkung (z. B. Harneiwei\u00df) wahrnehmen konnte. Endlich beweist eine \u00fcber ein halbes Jahrhundert sich erstreckende Erfahrung, da\u00df der Genu\u00df von Fleischextrakt, der, wie ich gezeigt habe, nennenswerte Mengen von Ameisens\u00e4ure enth\u00e4lt, noch niemandem geschadet hat.\nDer Zusatz von konservierenden Stoffen zu Nahrungsmitteln ist, schon aus allgemeinen Gr\u00fcnden, mit Recht durchaus eingeschr\u00e4nkt worden.\" Substanzen aber, von welchen wir wissen, da\u00df sie normalerweise im Muskelfleisch Vorkommen, wie z. B. die Ameisens\u00e4ure, brauchen wir aus den Suppenw\u00fcrfeln nicht zu eliminieren, sofern diese Substanzen physiologische Mengen nicht \u00fcbersteigen.\nIm allgemeinen kann man aus dem Gesagten folgende Schl\u00fcsse ziehen:\n*) C. Fleig, 1908, I, S. 1846. F\u00fcr den Hund ist die toxische Dosis von Natriumforiniat bei intraven\u00f6ser Injektion 3 g pro Kilo K\u00f6rpergewicht, und 4 g per os. F\u00fcr das Kaninchen ist die Toxizit\u00e4t noch geringer.\n!) S. Frankel, Arzneimittelsynthese, 1912, S. 721 u. 723.\n\"). F. Cl\u00e9ment, C. 1904, I. S. 1365.\n*) L. Garrigue, C. 1904, 1, S. 1451.\n:,t G. Lebbin, Chem. Ztg., Bd. 30, S. 1009 (1906).","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten. 81\nDer normale Ameisens\u00e4uregehalt eines Fleischexlraktes aus frischem und sterilem Fleisch betr\u00e4gt ungef\u00e4hr lh\u00b0lo (Extrakte E., A. und B). Dieser Gehalt kann bis auf 0,07\u00b0/o sinken bei Extrakten aus Fleisch, das in Ber\u00fchrung mit Salzs\u00e4ure gelagert hatte. Der Ameisens\u00e4uregehalt steigt bedeutend \u00fcber das Normale, wenn der Extrakt aus gefaultem Fleisch gewonnen worden war.\nAnhang.\nNotiz \u00fcber den Nachweis von Fonnaldehyd mit Milch und eisenchloridhaltiger Salzs\u00e4ure.\nDiese von Hehner1) vorgeschlagene Reaktion wurde urspr\u00fcnglich zum Nachweis von Formaldehyd in Milch so ausgef\u00fchrt, da\u00df man die zu untersuchende Milch mit konzentrierter Schwefels\u00e4ure unterschichtete, wobei an der Ber\u00fchrungsstelle ein blauer Ring aultrat. Sie trat nur ein, wenn die Schwefels\u00e4ure eisenhaltig war. Die Reaktion wurde von einer ganzen Reihe von Autoren angewendet und untersucht, von denen ich nur einige neuere anf\u00fchren will.\n0. Rosenheim2) gibt an, da\u00df die Reaktion nur eintritt, wenn die Menge des vorhandenen Formaldehyds im Verh\u00e4ltnis zum Oxydationsmittel innerhalb einer gewissen Grenze bleibt. A. S. Shrewsbury3) schl\u00e4gt zur genaueren Bestimmung der vorhandenen Menge Formaldehyd Vergleichsl\u00f6sungen vor, die 2, 4, 6 und 8 Teile Formaldehyd auf 1 Million Teile Milch enthalten sollen. Nach F. W. Richardson4) betr\u00e4gt die Empfindlichkeitsgrenze der Reaktion 1:10*. W. H. Low5) warnt davor, die Anwesenheit, von Formaldehyd als erwiesen anzusehen, wenn nur das entstehende Gerinnsel gef\u00e4rbt, die L\u00f6sung selbst nur br\u00e4unlich gef\u00e4rbt erscheint. F. v. Filliger*) sagt, da\u00df zu konzentrierte Form-\n') The Analyst, Bd. 21, S. 94 (1896), C. 1896, I, S. 1145.\n*> The Analyst, Bd. 32, S. 106 (1907), C. 1907, II, S. 1809.\n3)\tThe Analyst, Bd. 32, S. 5 (1907), C. 1907, I, S. 706.\n4)\tJourn. Soc. Chem. Ind., Bd. 26, S. 3 (1907), C. 1907, I, S. 845.\n6) Journ. Americ. Chem. Soc., Bd. 29, S. 786 (1907). C. 1907, II, S. 746.\n\u00ae) Z. Unters, d. Nahrungs- und Genu\u00dfm., Bd. 16, S. 226 (1908)\nC. 1908, II, S. 1127.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. IC.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nE. Waser,\naldehydl\u00f6sungen verd\u00fcnnt werden m\u00fcssen und nach F. Rachel1) tritt die Reaktion nur mit Spuren ein. Nach dem letzten Autor ist das NichteintrefTen der Reaktion erst dann ein Beweis f\u00fcr die Abwesenheit von Formaldehyd, wenn die Reaktion auch nach der weiteren Verd\u00fcnnung des Untersuchungsmaterials nicht eintritt.\nDie Reaktion kann auf verschiedene Weise ausgef\u00fchrt werden, erforderlich dazu sind mehr oder weniger konzentrierte Minerals\u00e4uren und die Gegenwart von Spuren eines Oxydationsmittels wie FeCl3, KNOs, H202 etc. Im Verlaufe der vorstehenden Untersuchung schlo\u00df ich mich der vom Kaiserl. Gesundheitsamt2) angegebenen Arbeitsweise an, die so ge-handhabt wird, da\u00df man die zu untersuchende L\u00f6sung mit - ccm frischer Milch und 7 ccm Salzs\u00e4ure versetzt. Die Salzs\u00e4ure hat das spezifische Gewicht 1,124 und enth\u00e4lt in 100 ccm 0,3 ccm 5 \u00b0/oige Eisenchloridl\u00f6sung. Diese Mischung wird nun im Reagenzglas w\u00e4hrend 1 Minute gekocht. Das Vorhandensein von Formaldehyd gibt sich durch mehr oder weniger starke Violettef\u00e4rbung der L\u00f6sung und des Koagulums zu erkennen. Dabei verhalten sich L\u00f6sung und Koagulum in der F\u00e4rbung nicht gleichartig. Bei relativ hohen Formal-dehydkonzentrationen ist nur das Koagulum violett gef\u00e4rbt, die L\u00f6sung gelblich, w\u00e4hrend bei geringen Konzentrationen das Koagulum \u00fcberhaupt nicht mehr auftritt und dann nur noch die L\u00f6sung gef\u00e4rbt ist. Bei der Ausf\u00fchrung dieser Reaktion hat man sich durch Kontrollversuche zu \u00fcberzeugen, da\u00df die Milch selbst formaldehydfrei ist und da\u00df sie \u00fcberhaupt die Reaktion mit Formaldehyd gibt.\nEs fiel mir auf, da\u00df die Reaktion nicht immer mit der gleichen Intensit\u00e4t eintrat, und um diese Verh\u00e4ltnisse n\u00e4her kennen zu lernen, stellte ich mir eine Farbenskala her. Das n\u00e4chstliegende w\u00e4re gewesen, die Reaktion mit Milch und gemessenen Formaldehydmengen auszuf\u00fchren und die zu untersuchenden Fl\u00fcssigkeiten mit diesen F\u00e4rbungen zu vergleichen.\n*) I\u2019harm. Zentralhalle, Bd. 54, S. 759 (1918). G. 1913, II, S. 903.\n*) Entw\u00fcrfe zu Festsetzungen \u00fcber Lebensmittel: Essig und Essigessenz, Heft 3, S. 16, Berlin 1912.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischexlrakten. 83\nAllein dies ist nicht m\u00f6glich, da die violette Farbe sehr unbest\u00e4ndig ist. Bei mittleren Formald\u00e7hydkonzentrationen erreicht die Farbe ihre gr\u00f6\u00dfte Intensit\u00e4t nach 1 Minute Kochdauer, bei h\u00f6heren schon nach V2 Minute oder fr\u00fcher und bei niedern erst nach l\u00e4ngerem Kochen. Beim Stehen verbla\u00dft sie sichtlich und verschwindet nach einiger Zeit ganz. So stellte ich mir durch Mischen von Methylenblau- und Diamanttuchsinl\u00f6sungen eine Standardl\u00f6sung her, deren r\u00f6tlich-violetter Ton ungef\u00e4hr der bei der Formaldehydreaktion auftretenden Farbe entsprach. Diese L\u00f6sung hat den Nachteil, da\u00df sie auch nicht ganz best\u00e4ndig ist; mit geeigneteren 1 arbstotfen, die mir indessen nicht gerade zur Hand waren, wird man diesen Mangel leicht beseitigen k\u00f6nnen.\nAls geeignetste Farbmischung erwies sich eine L\u00f6sung, die in 1 ccm 0,00006 g Fuchsin und 0,00033 g Methylenblau enthielt. Sie wurde weiter verd\u00fcnnt, indem ich je 1 ccm dieser\nL\u00f6sung auf 20, 30, 40 -------- 100, 200, 300 ______ 1000 ccm\nWasser verd\u00fcnnte und von diesen L\u00f6sungen je 15 ccm in Reagenzgl\u00e4ser lullte. Nachdem solcherma\u00dfen die Farbenskala hergestellt war, wurden auf \u00e4hnliche Weise Formaldehydl\u00f6sungen bereitet. Zu diesem Zwecke verd\u00fcnnte ich je 1 ccm k\u00e4ufliche, 40\u00b0/oige Formalinl\u00f6sung auf 10, 20, 40, 100 1000... 10 000 . . . 100 000 ccm Wasser. Je 5 ccm dieser L\u00f6sungen wurden nun mit 2 ccm frischer Milch und 7 ccm eisenchloridhaltiger Salzs\u00e4ure gekocht und die entstandene maximale F\u00e4rbung mit der Skala verglichen. Die. durch eine Reihe von Versuchen erhaltenen Daten sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Dabei sind die F\u00e4rbungen des Niederschlages und der L\u00f6sung getrennt aufgef\u00fchrt, da sie sich, wie oben gesagt wurde, meistens nicht decken. Man sieht aus der Tabelle z. B., da\u00df gew\u00f6hnliches Formalin, auf eine Konzentration von 1:1000 verd\u00fcnnt (=0,002 g HCOH in 5 ccm) eine F\u00e4rbung ergibt, die f\u00fcr den Niederschlag einer Konzentration von 1 : 40 (= 0,00025 g Fuchsin + 0,00012 g Methylenblau in 15 ccm Wasser) und f\u00fcr die L\u00f6sung einer Konzentration von 1: 50 (= 0,0002 Rot + 0,0001 Blau in 15 ccm Wasser) der oben angegebenen Standardl\u00f6sung entspricht.\n\u00ab\u2666","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"Formaldehyd Menge in Konzentration\t5 ccm Wasser :\tg\t\tMaximale Niederschlag\tF\u00e4rbung L\u00f6sung\n1 : 10\t0,2\t1 : 1000\t\u2014\n1 : 20\t0,1\t1 : 400\t\u2014\n1 : 40\t' 0,05\t1 : 200\t\u2014\n1 : 60\t0,033\t1 : 150\t1 : 800\n1 : 100\t0,020\t1 : 100\t1 : 500\n1 : 120\t0,017\t1 : 90\t1 : 250\n1 : 200\t0,010\t1 : 80\t1 : 150\n1 : 300\t0,0066\t1 : 70\t1 : 90\n1 : 500\t0,0040\t1 : 60\t1 : 80\n1 : 1000\t0,0020\ti : 40\t1 : 50\n1 : 2000\t0,0010\t1 : 30\t1 : 40\n1 : 5000\t0,0004\t1 : 30\t1 : 40\n1 : 10000\t0,0002\t1 : 40\t1 : 50 _\n1 : 20000\t0,0001\t1 : 75\t1 : 90\n1 : 50000\t0,00004\t\u2014\t1 : 300\n1 : 100000\t0,00002\t\u2014\t1 : 1000\nDie Angaben der Tabelle werden viel deutlicher, wenn man sie aufzeichnet. In der beigegebenen graphischen Dar-\n\u2014 u\n\nStellung sind auf der Abszisse die Formaldehydkonzentrationen in zunehmendst/ Verd\u00fcnnung, auf der Ordinate die F\u00e4rb-","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten. 85\nkonzentrationen in abnehmender Verd\u00fcnnung - aufgetragen. Um die Kurve nicht zu stark auseinander zu ziehen, wurden als L\u00e4ngeneinheiten die Logarithmen der Verd\u00fcnnung gew\u00e4hlt, z. B. f\u00fcr die Konzentration 1 : 1000 der Logarithmus von 1000 = 3,0, f\u00fcr 1: 200 2,30 usw.\nEs ergibt sich aus dieser Kurve sehr deutlich, da\u00df die Reaktion nach Hehner, wie sie vom Kaiserl. Gesundheitsamt ausgearbeitet wurde, am besten bei einer Formaldehydkonzentration von 1:300 bis 1:20000 eintritt* und da\u00df sie unter und \u00fcber diesem Konzentrationsbereich sehr rasch verschwindet.","page":85}],"identifier":"lit20657","issued":"1917","language":"de","pages":"67-85","startpages":"67","title":"Nachweis und Bestimmung von Ameisens\u00e4ure in Fleischextrakten","type":"Journal Article","volume":"99"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:36:39.767297+00:00"}