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{"created":"2022-01-31T14:39:09.114230+00:00","id":"lit20696","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Meyerhof, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 101: 165-175","fulltext":[{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber du Vorkommen du Cofermento der alkoholischen Hefeg\u00e4rung im Muskelgewebe und seine mutmaOllche Bedeutung im\nAtmungsmeehanismus.\n(Vorl\u00e4ufige Mitteilung.i\nVon\nOtto Meyerhof.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Kiel.) (Der Redaktion zugegangen am 7. November 1917.)\nLs ist bekanntlich von Harden und Young gezeigt worden, da\u00df Hefepre\u00dfsaft die F\u00e4higkeit zur Zuckerverg\u00e4rung durch l\u00e4ngere Dialyse oder Ultrafiltration mit anschlie\u00dfender Waschung des R\u00fcckstandes verliert, sie aber durch Zugabe des eingeengten Dialysats oder Ultrafiltrats wiedergewinnt.1) Statt dieser Zus\u00e4tze kann auch gekochter und filtrierter Pre\u00df-saft (\u00abKochsaft\u00bb) zur Wiedererweckung der G\u00e4rung benutzt werden. Das auf diese Weise aufgefundene di\u00e4lysable und kochbest\u00e4ndige Coferment ist noch in manchen Hinsichten n\u00e4her charakterisiert worden, ohne da\u00df seine chemische Natur und seine Rolle bei der G\u00e4rung aufgekl\u00e4rt sind. Es ist bisher nur in Hefeextrakten nachgewiesen worden.\nIch habe nun gefunden, da\u00df es sich mit Leichtigkeit aus der Muskulatur, aber auch noch aus andern Geweben, z. B. der Leber, gewinnen l\u00e4\u00dft und zwar beim Kaltbl\u00fcter (Frosch) wie beim S\u00e4ugetier (Ratte, Kaninchen).*) Wenngleich die chemische Identit\u00e4t mit dem\n') Proc. Roy. Soc. B. 1906, Bd. 77, S. 405.\n*) Auch aus Lunge. Niere (Kaninchen;, Ovarien (Frosch), nicht aus Blutserum.","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"Otto Meyerhof,\n1 OH\nin der Hefe vorkommenden Coferment nat\u00fcrlich nicht direkt feststellbar ist, und bisher auch nicht eingehend genug gepr\u00fcft worden ist, so stimmt es doch in wesentlichen Eigenschaften, z. H. der beschr\u00e4nkten Thermostabilit\u00e4t, mit diesem \u00fcberein, vor allem aber eben in der F\u00e4higkeit, gewaschenen g\u00e4runwirksamen Ultrafiltrationsr\u00fcckstand von Hefeextrakt zur G\u00e4rung zu aktivieren.\nZur G\u00e4rung benutzte ich Hefemacerationssaft (Lebedew), dessen Verhalten mit dem Hefepre\u00dfsaft in allen hier in Betracht kommenden Eigenschaften \u00fcbereinstimmt, au\u00dfer dem Vorzug, keine Selbstg\u00e4rung aufzuwreisen. Die Ultrafiltration und anschlie\u00dfende Waschung geschah mit einer Zsigmondy sehen Nutsche durch Kollodiumfilter, wie ich es k\u00fcrzlich f\u00fcr den Macerationssaft genau beschrieben habe.1) Zur vollst\u00e4ndigen Entfernung des Coferments mu\u00df der R\u00fcckstand auf dem Ultrafilter mehrfach mit so viel destilliertem Wasser gewaschen jwerden, da\u00df eine mindestens 100 fache Verd\u00fcnnung der dia-lysierbaren Bestandteile des R\u00fcckstandes eintritt \u2014 bei sehr wirksamem Saft, der mir in letzter Zeit aber nicht zur Verf\u00fcgung stand, eine noch st\u00e4rkere. Zur Pr\u00fcfung der Abwesenheit des Coferments wurde nach Hardens Vorschlag* *) zumeist die Verg\u00e4rung von Fruktose in An- und Abwesenheit einer bestimmten Menge von KH,P04 benutzt, weil hierbei weniger Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten als bei der Verg\u00e4rung der Glukose auftreten; doch \u00fcberzeugte ich mich, da\u00df auch Glukose von g\u00e4runwirksamem R\u00fcckstand nach Zugabe von Muskelextrakt vergoren werden kann. Der Hefemacerationssaft, den ich aus von mir selbst verarbeiteter Berliner Unterhefe herstellte, zeigte ebenso wie der aus diesj\u00e4hriger M\u00fcnchener Trockenhefe (von A. Schroder bezogen) eine erhebliche Verz\u00f6gerung der Ang\u00e4rung (vielleicht in Zusammenhang mit der Kriegsern\u00e4hrung der Hefe) und zwar st\u00e4rker bei Verg\u00e4rung der Fruktose als der Glukose, w\u00e4hrend Rohrzucker am schnellsten angegoren wurde. Um hierdurch keinen T\u00e4uschungen zu unterliegen, machte ich mir die Beobachtung zunutze, da\u00df der Zusatz einer\n\u2018) Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 170 (1917), im Erscheinen begriffen.\n*) \u00abAlcoholic Fermentation\u00bb, S. 57 (1911).","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ee\u2019ber das Vorkommen des Coferments der alkohol. Hefeg\u00e4rung usw. 167\nganz geringen Menge hexosediphosphorsauren Natriums diese Verz\u00f6gerung vollst\u00e4ndig beseitigt.1) Dieser Zusatz erscheint mir nach meinen Erfahrungen besonders bei der Pr\u00fcfung gewaschenen R\u00fcckstandes auf Abwesenheit von Coferment recht wichtig, da sich gelegentlich zeigte, da\u00df ungen\u00fcgend gewaschener R\u00fcckstand (30\u201450 fache \u00abDialysatverd\u00fcnnung\u00bb) zwar spontan nicht mehr g\u00e4rte, wohl aber noch nach Zusatz von Hexose-phosphat, also noch wirksames Coferment enthielt. Die G\u00e4rungsmessung geschah f\u00fcr genauere Versuche und kurze Zeiten nach der Methode von Warburg-Dorner* *) mit Barcroftschen Blutgasmanometern bei 25\u00b0. Diese Methode ist fast zu empfindlich bei dem stark g\u00e4renden Saft und es k\u00f6nnen so kleine Mengen benutzt werden, wie es die Abme\u00dfbarkeit in Pipetten gestattet. Es wurde 0,5 -0,6 ccm Saft, bezw. der R\u00fcckstand desselben gebraucht, durch Zus\u00e4tze auf 1,0\u20141,2 ccm gebracht. Das Volumen der Gef\u00e4\u00dfe betrug 43 ccm ; die Druckzunahmen wurden in k\u00fcrzeren Zeiten (10\u201420 Min.) gemessen und f\u00fcr die angegebenen l\u00e4ngeren Zeiten addiert. Da stets eine gr\u00f6\u00dfere Menge Phosphat zugegeben wurde (0,1 ccm molar oder halb-molar KH2P04), fand am Anfang eine starke Steigerung der G\u00e4rung statt, die nach 1\u20142 Stunden abfiel.*) Daher sind die Ausschl\u00e4ge relativ um so gr\u00f6\u00dfer, je k\u00fcrzer die Versuchszeiten sind. F\u00fcr l\u00e4ngere Zeiten und etwas gr\u00f6\u00dfere Mengen Saft (1,5 ccm, durch Zus\u00e4tze auf 2,8 ccm gebracht) bediente ich mich der volumetrischen Messung der Kohlens\u00e4ure in graduierten Eudiometerr\u00f6hren \u00fcber Quecksilber bei Zimmertemperatur (18\u00b0) unter Zugabe von Toluol. Diese viel verwandte und noch bequemere Methode gestattet vor allem, die G\u00e4rung, durch Tage, eventuell bis zum totalen Umsatz des Zuckers, zu verfolgen. Zu genaueren Messungen kann sie nicht dienen, insbesondere nicht zum Nachweis geringer Kohlens\u00e4uremengen und bei Benutzung gr\u00f6\u00dferer Fl\u00fcssigkeitsvolumina als den hier verwandten, weil ja die Kohlens\u00e4ure bis zur maximalen S\u00e4ttigung der Fl\u00fcssigkeit in dieser zur\u00fcckbleibt.\n') Vgl. dazu Pfl\u00fcgers Archiv a. a. 0. ') Diese Zeitschr., Bd. 81, S. 99 (1912).\n*) Cf. Harden, a. a. 0., S. 6\u00f6ff.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"Bei den Messungen in Barcroftmanometern ergibt sich, da\u00df die anf\u00e4ngliche G\u00e4rungsgeschwindigkeit des inaktiven R\u00fcckstandes nach Zugabe von gekochtem Muskelextrakt unter den von mir gew\u00e4hlten Bedingungen etwa ein halb bis zwei Drittel so gro\u00df ist, wie nach Zusatz der gleichen Menge Hefekochsafts. Die Messungen in Eudiometerr\u00f6hren gestatten anderseits den Nachweis, da\u00df bei Anwesenheit des Muskelextrakts 3\u00ae/0ige Fruktose in 24 \u2014 48 Stunden ebenso weit (ann\u00e4hernd vollst\u00e4ndig) vergoren werden kann, wie bei der von Hefekochsaft, da\u00df die Best\u00e4ndigkeit des Coferments also in beiden \u00e4hnlich ist.\nDer Extrakt aus Muskulatur wurde gewonnen, indem die Muskeln (Hinterbeine-des Froschs bezw. der Ratte), fein zerschnitten, mit dem gleichen Gewicht destillierten Wassers versetzt und zum Kochen erhitzt wurden. Der Extrakt wurde abfiltriert (= Muskelkochsaft). Das Kochen ist unerl\u00e4\u00dflich.\u00bb)\nVers uchsbeispi eie:\nA. Mit Barcroft-Manometer (Temp. 25\u00b0).\n1. Je 1,1 ccm Fl\u00fcssigkeil, darin 0,1 ccm in- KH,P04; 0,1 ccm 0,05 m-Na-Hexosephosphat, 0,2 ccm 20\u00b0/*ige Fruktose (L\u00e4vulose puriss. Merck), und die augegebenen Extraktmengen.\nGebildete CO, in ccm (0\u00b0, 760 mm) in Zeiten\t1 Std.\t2 Std. 20'\na) 0,6 cm Macerationssaft\t\t3.43\t5,0\nb) 0,2 ccm dreifach eingedickter R\u00fcckstand mit\t\t\n2\u00bb0fachem Vol. Wasser gewaschen\t\t0,06\t0,09\nc \u2022 0,2 ccm gleicher R\u00fcckstand 4- 0,6 ccm Hefe-\t\t\nkochsaft\t\t\t5,00\nd) 0,2 ccm gleicher R\u00fcckstand 4- 0,6 ccm Muskel-\to,uu\t\nkochsaft (Frosch)\t\t2,02\t3,08\n') Daft kalter Muskelauszug ganz unwirksam ist, wurde dahin aufgekl\u00e4rt, da\u00df derselbe einen thermolabilen Hemmungsk\u00f6rper enth\u00e4lt, der durch Angriff an der Zymase (nicht dem Coferment) die G\u00e4rung hemmt.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Vorkommen des Coferments der alkohol. Hefeg\u00e4rung usw. ItiR\n2. Je 1,0 ccm Fl\u00fcssigkeit, darin 0,1 ccm \u00bb\u2018/\u00bb*KH,P04 ; 0,1 ccm 0,05 m-Hexosephospat, 0,1 ccm 500.\u00bbige Fruktose und die Extraktmengen.\t\t\nC0, in ccm in\t1 Std.\t: 3 Std. 50' 1\na) 0,5 ccm Macerationssaft\t I>) 0,15 ccm 3 fach einged. R\u00fcckstand, mit 1300-fachem Vol. Wasser gewaschen; ohne Phosphatzusatz .\t\t2,7 Oft*\t1\t4,65 ! j i\th no\n' Ci 0,15 ccm gleicher R\u00fcckstand (mit Phoshat). . d i 0,15 ccm gleicher R\u00fcckstand -f- 0,5 ccm Hefekochsaft \t ,\t0,02 1 19\t!\t0,04 t \u2666 \u2022J II\nei 0,15 ccm gleicher R\u00fcckstand -f- 0,5 ccm Muskelkochsaft (Frosch)\t\t 0 0,15 ccm gleicher R\u00fcckstand -f- 0.2 ccm Muskelkochsaft (Frosch)\t\t ,\t1.32 0,54\t\u2666\t\u00bbi,U i !\t2,28 1,12\nH. Je 1,2 ccm Fl\u00fcssigkeit, darin 0,1 ccm m/t-KH,P04 ; 0,1 ccm Hexose-phosphat, 0,2 ccm 20\u00b0/oige Fruktose und die Extraktmengen:\nCOj in ccm in\t1 Std. 50' \u25a0 ' \u25a0\t4 Std.\na) 0,6 ccm Macerationssaft\t\t4,22\t5,80\nM 0,3 ccm 2 fach eingedickter R\u00fcckstand, mit 80 fach\t\t\nWasser gewaschen\t\t0,06\t0,09\nc i 0,3 ccm R\u00fcckstand -f- 0,6 ccm Hefekochsaft. .\t4.17\t5,60\nd) 0,3 ccm R\u00fcckstand -f 0,6 ccm Muskelkochsaft < Ratte)\t\t2,22\t3,00\nB. Mit Eudiometerr\u00f6hrchen (Temp. 18\u00b0).\n4. Je 2,8 ccm Fl\u00fcssigkeit, darin 0,2 ccm m-KH4P04, 0,2 ccm Hexose-phosphat, 0,4 ccm 2Q\u00bb/uige Fruktose, 0,1 ccm Toluol und Extraktmengen.\nC0, in ccm in Stunden\t2\t*\t16\t24 | 40\na) 1,5 ccm Macerationssaft ....\t6,6\t8,5\t10,0'\t10,5! 11,0\nb) 0,6 ccm 3 fach eingedickter R\u00fcckstand mit 175fach Wasser gewaschen .....\t\u25a0 0\t0\t0\t1 l | | o i o\nc i desgl., aber ohne Phosphatzusatz\t0\t0\t0\to ! o\nd^ 0,6 ccm R\u00fcckstand -f- 1,3 ccm Hefekochsaft\t\t3.0\t\u00ab.\u00ab\t10,0\tt 10,4 j 11,0\ne> 0,6 ccm R\u00fcckstand -f 1,3 ccm Muskelkochsaft (Frosch! ....\t\u00bb\t4.5\t*\ti 11,5 ; 12","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nOtto Meyerhof,\n5. Je 2,9 ccm Fl\u00fcssigkeit, darin 0,2 ccm \u00ab*\u00bb/*-KHaP04, 0,1 ccm Hexosephosphat, 0,4 ccm 20*/*ige Fruktose, 0,1 ccm Toluol und die Extraktmengen.\nCO, in ccm in Stunden\t2\t4\t17\t26\t48\nai 1,5 ccm Macerationsaft\t\t4.0\t5,3\t9,0\t10,0\t10,5\nb) 0,7 ccm 2 fach eingedickter R\u00fcckstand mit 80 fach Wasser gewaschen \t\t0\t\u2022 0\t0\t0\t0\nc) dto.. aber ohne Phosphatzusatz\t0\t\"\t0\t0\t0\nd) 0,7 ccm R\u00fcckstand -|~ 1,5 ccm Muskelkochsaft (Ratte)\t\t1,0\t1,5\t3,8\t5,2\t7,5\nMit der Bildung von 11\u201412 ccm Kohlens\u00e4ure ist unter Ber\u00fccksichtigung des in der Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st bleibenden Kohlens\u00e4urevolumens und der Verluste beim Umf\u00fcllen die zugesetzte Zuckermenge fast vollst\u00e4ndig umgesetzt. (Nach Buchner entgehen etwa 15\u00b0/o Zucker dem Umsatz zu Alkohol und Kohlens\u00e4ure.1))\nDie Muskeln sind nicht das einzige tierische Organ, das das Coenzym der G\u00e4rung enth\u00e4lt. Bisher habe ich es auch noch in der Leber gefunden. Der Extrakt aus Leber wurde auch durch Kochen der feinzerschnittenen Froschlebern mit dem gleichen Volumen Wasser und Filtration gewonnen.\nBeispiel :\n0. Je 1,2 ccm Fl\u00fcssigkeit, darin \"\u00bb/*-KH,P04,0,1 ccm Hexosephosphat, 0,2 ccm 20#/*ige Glukose.\nCO, in ccm in\t1 Std.\t2 Std. 20'\n\u00bb) 0,2 ccm 3 fach eingedickter R\u00fcckstand, mit 860-\t\t\nfach Wasser gewaschen\t\t0,03\t0,04.\nb) 0,2 ccm vom gleichen R\u00fcckstand 4- 0,6 ccm\t\t\nHefekochsaft\t\u2022 . . .\t1,95\t2,74\nc) 0,2 ccm R\u00fcckstand -f 0,6 ccm Muskelkochsaft\t\t\n(Frosch) \t\t1,01 \u2022\t\ndi 0,2 ccm R\u00fcckstand -j- 0,6 ccm Leberkochsaft\t\t1 jOT\n(Frosch)\t\t0.65\t0,80\n1 \u00abZymaseg\u00e4rung\u00bb, S. 214.","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ee ber das Vorkommen des Coferments der alkohol. Hefeg\u00e4rung usw. 171\nDa\u00df es sich bei den G\u00e4rungsaktivierungen tats\u00e4chlich um die Wirkung eines Coferments handelt und nicht um sonstige Milieubedingungen, wurde durch vielf\u00e4ltige Kontrollen sichergestellt. Weder die Zugabe von Glykogen, noch von railchsaurem oder brenztraubensaurem Natrium veranla\u00dfte in An- oder Abwesenheit von Fruktose den cofermentfreien, gewaschenen R\u00fcckstand zu einer irgendwie merklichen G\u00e4rung. Das brenztraubensaure Na wird zwar, nach der Entdeckung Neubergs, selbst und zwar ohne Mitwirkung des Coferments vergoren. Aber die aus 1 ccm einer 0,1 \u00b0/oigen L\u00f6sung (=: n;100) im ganzen gewinnbare CO*-Menge betr\u00e4gt nur 0,2 c\u00e7m und ist obendrein wohl schon vor Beginn der Messungen gr\u00f6\u00dftenteils abgegeben. Eine h\u00f6here Konzentration als 0,2 \u00ae/o (entsprechend 0,5 ccm Muskelkochsaft) liegt aber im Muskelextrakt keinesfalls vor. Eine Stimulierung der Zuckerg\u00e4rung durch brenztraubensaures Na, wie sie von Oppenheimer1) und Neuberg*) beschrieben ist, findet anderseits bei v\u00f6llig coenzymfreiem R\u00fcckstand nicht mehr statt. Ferner ist auch die G\u00e4rungsgeschwindigkeit bei Zugabe von Muskelextrakt und Hexosephosphat zum R\u00fcckstand, aber Abwesenheit von Zucker h\u00f6chstens ein F\u00fcnftel von der bei Anwesenheit desselben \u2014 es handelt sich dabei um die Verg\u00e4rung des Hexosephosphats und wohl auch des Muskelglykogens \u2014; aus all dem geht hervor, da\u00df etwaige ohne Mitwirkung von Coenzym verg\u00e4rende Substanzen im Muskelextrakt f\u00fcr die beobachtete CO,-Bildung nicht verantwortlich sein k\u00f6nnen.\nWelche Rolle spielt nun vermutlich dies Coenzym bei der Atmung? In den erw\u00e4hnten Ver\u00f6ffentlichungen8) habe ich die Sauerstoffatmung des Hefemacerationssafts beschrieben und ihre Zerlegung in zwei Komponenten: eine thermolabile, nicht dialysierende (\u00abEnzym\u00bb) und eine beschr\u00e4nkt thermostabile, durch Ultrafiltration abzuscheidende (\u00abAtmungsk\u00f6rper\u00bb), durch deren Zusammenwirken erst die Atmung von statten geht. Es ist dabei schon darauf hingewiesen, da\u00df dieser letztere in\n\u2018) Diese Zeitschr., Bd. 93, S. 235 (1914-15).\n*) Biochem. Zeitschr., Bd. 71, S. 1 (1915).\ns) Pfl\u00fcgers Archiv.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nOlio Meyerhof.\nallen bekannten chemischen Eigenschaften (beschr\u00e4nkte Thermo-Stabilit\u00e4t, Dialysierf\u00e4higkeit, Alkoholf\u00e4llbarkeit, Alkaliempfindlichkeit, sehr beschr\u00e4nkte F\u00e4llbarkeit durch Bleiacetat) dem Coenzym der G\u00e4rung sehr nahe steht. Das hat sich auch weiterhin best\u00e4tigt, und ich mu\u00df daher mindestens eine teilweise Identit\u00e4t beider annehmen, insofern als der \u00abAtmungsk\u00f6rper\u00bb jedenfalls auch noch das oxydable Substrat enth\u00e4lt, das von dem SauerstofT\u00fcbertr\u00e4ger verschieden sein kann \u2014 aber nicht sein mu\u00df. In einem Fall w\u00e4re das G\u00e4rungscofer-ment selbst die oxydable Substanz, im andern (wahrscheinlicheren) Fall entspr\u00e4che es nur einem SauerstofT\u00fcbertr\u00e4ger, w\u00e4re also auch ein richtiges Coenzym der Atmung, ln jedem Fall ergibt sich daraus das Postulat, da\u00df die Atmung des inaktiven Ultrafiltrationsr\u00fcckstands ebenso wie durch Hefekochsaft auch durch Muskelkochsaft wieder hervorgerufen werden mu\u00df. Und das ist in der Tat vollst\u00e4ndig der Fall. Die mit diesem letzteren wiedererweckte Atmung zeigt dieselben Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten wie die des Macerationssafts selbst, so die Steigerung durch Methylenblau ums mehrfache. Daneben hat der Muskelextrakt noch die Eigenschaft, die Atmung des nicht filtrierten Macerationssafts um 100\u00b0/o zu steigern, w\u00e4hrend die Steigerung durch Hefekochsaft nur schwach ist, soda\u00df infolgedessen die durch Muskel-kochsaft erregte Oxydationsgeschwindigkeit des R\u00fcckstands doppelt so gro\u00df ist wie die durch Hefekochsaft erregte. W\u00e4hrend ich wegen aller Einzelheiten auf die ausf\u00fchrlichen Publikationen verweisen mu\u00df, sei ein derartiger Versuch angef\u00fchrt. Die Atmungsversuche werden zum Unterschied von den G\u00e4-rungsversuchen bei neutraler Reaktion unter S\u00e4ttigung mit Phenylurethan (wegen Bakteriengefahr) vorgenommen.\n7. Je 2 ccm Fl\u00fcssigkeit; Extrakte und Zus\u00e4tze wie angegeben. 29\u00b0.\n1 cmm Sauerstoff (0#, 760 mm) in\t1-Std.\t2_Std.\na) 1,1 ccm Macerationssaft\t\t31\t62\nb) 1,1 *\t>\t+ 0,9 Hefekochsaft. .\tU\t81\ni ' U \u2022\t*\t+0,9 Muskelkochsaft\t65\t125","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Ober das Vorkommen des Coferments der alkohol. Hefeg\u00e4rung usw. 173\n(Fortsetzung.)\ncmm Sauerstoff (0 \u00b0, 760 mm) in\t1 Std.\t2 Std\nd) 0,4 ccm 3 fach eingedickter R\u00fcckstand, mit 230-fach Wasser gewaschen -f 1,6 \u00ae/i \u00bb-neutralem\t\t\nPhosphatgemisch\t\t1\t2\ne) 0,4 ccm R\u00fcckstand -f 1,4 ccm Hefekochsaft. .\t25\t48\n() 0,4 ccm R\u00fcckstand-f-1,4 ccm Hefekochsaft-f 0,2\t\t\nccm 0,5\u00b0/oiges Methylenblau (mediz. H\u00f6chst). .\tmm 77\t125\ng) 0,4 ccm R\u00fcckstand -f- 1,6 ccm Muskelkochsaft\t47\t93\nh) 0.4 ccm R\u00fcckstand -f 1,6 ccm Muskelkochsaft -f~ 0,2 ccm 0,5 \u00b0/o iges Methylenblau\t\t75\t146\ni) 1.0 ccm Hefekochsaft (ohne R\u00fcckstand) ....\t3\t6\nk) 1,8 ccm Muskelkochsaft (ohne R\u00fcckstand) . . .\to\t0\nDieselben Erscheinungen lassen sich nun bei der Atmung grob zerkleinerter Muskulatur nachweisen. Es ist zuerst von Batelli und Stern gezeigt worden, da\u00df im Muskelgewebe die Atmung durch Waschen mit Wasser erlischt und durch Zugabe des Extrakts wieder hervorzurufen ist. Sie haben daf\u00fcr eine Substanz \u00abPnein\u00bb verantwortlich gemacht.1) Verschiedene Angaben dieser Autoren \u00fcber die von ihnen gefundene Gewebsatmung sind von anderer Seite bestritten worden,*) auch stimmt die Wirkung des \u00abPnein\u00bb mit dem \u00abAtmungsk\u00f6rper\u00bb in wesentlichen Punkten nicht \u00fcberein, da das Pnein die Atmung nur wenige Stunden nach dem Tode des Tieres, und nur die der festen unver\u00e4nderten Slruktur-elemente erregen soll, die sog. \u00abHauptatmung., d\u00e8r Atmungsk\u00f6rper aber den Oxydationsvorgang im fl\u00fcssigen Hefeextrakl und in Monate alter, gewaschener Acetondauerhefe aktiviert. Aber wie es sich auch mit den Vorstellungen der genannten Schweizer Forscher verhalten mag, so erlischt jedenfalls, wie ich finde, die Atmung grob zerkleinerter Froschmuskulatur durch mehrfaches Ausziehen mit gro\u00dfen Mengen W\u00e4sser voll-\n') Zusammenfassung: Abderhaldens Handbuch d. biochem. Ar-beitsmethoden III, 1, 468.\n\u2022) Harden und Maclean, Journ. of Physiol., Bd. 43, S. 34. Warburg, Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 15jB, S. 19 (1914).\nHoppe-Seyler\u2019\u00ab Zeitschrift f. physiol. Chemie. CI.\n12","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nOtto Meyerhof,\nst\u00e4ndig und wird durch Zugabe des Muskelkochsafts wieder hervorgerufen. Auch hier zeigt sich die beschr\u00e4nkte Thermo-stabilit\u00e4t des Atmungsk\u00f6rpers und die Steigerung der Oxydationsgeschwindigkeit durch Methylenblau ums mehrfache. Ebenso gut nun, wie durch Muskelkochsaft, wird die erloschene Atmung des extrahierten Muskelgewebes durch Hefekochsaft wieder hervorgerufen und zeigt die gleichen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten. Auch hier sei aus zahlreichen Versuchen nur ein Beispiel angef\u00fchrt.\n8. Froschmuskulatur mit der Schere fein zerschnitten. 10 g werden f\u00fcnfmal in 400 ccm destillierten Wassers aufger\u00fchrt und nach kurzem Stehen jedesmal durch Gaze abfiltriert; nachher durch Abpressen auf Filtrierpapier wieder auf das urspr\u00fcngliche Gewicht gebracht. Versuch ohne Phenylurethan bei 25\u00b0.\nJe 2,5 ccm Fl\u00fcssigkeit; alles neutralisiert (mit n/io-NaOH) auf pH.\nemm Sauerstoff in\t3 Std.\na) 0,5 g urspr\u00fcngliches Muskelgewebe (nicht extrahiert) -f 1,5 ccm \u00bb\"/i6-Na8HP04-f 0,4-n/i*-Na0H\t\t127\nb) 0,5 g extrahiertes Muskelgewebe + 2,0 m/i*-Na1HP04 .\t0\nc) 0,5 \u00bb extrah. Muskelgew. + 1,8 m/t6-Na,HP04 + 0,15 ccm 0,5 \u2022/* iges Methylenblau\t\t3\n<l) 0,5 g extrahiertes Muskelgewebe + 1,8 ccm Hefekochsaft\t113\ne) 0,5 g extrahiertes Muskelgewebe + 1,8 ccm \u00d6efekoch-saft + 0,15 ccm 0,5 #/o iges Methylenblau\t\t197\nf) 1,8 ccm Hefekochsaft (ohne Muskel) . \t\t\t19\nAus diesen Versuchen ziehe ich den Schlu\u00df, da\u00df das Coenzym der G\u00e4rung mit dem Atmungsk\u00f6rper der get\u00f6teten Hefe und des Muskelgewebes wenigstens zum Teil identisch ist. Dies Resultat st\u00fctzt die schon recht alte Hypothese, f\u00fcr die aber bislang wenig Beweise Vorlagen, da\u00df die ersten Phasen der Atmung und G\u00e4rung nahe verwandt sind. Nehmen wir dazu die neuerliche Feststellung Embdens und Laquers, da\u00df im Muskel die Glukose f\u00fcr die anaerobe Milchs\u00e4urebildung","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Vorkommen des Coferments der alkohol. Hefeg\u00e4rung usw. 175\nzu Hexosediphosphors\u00e4ure verestert wird1) \u2014 ebenso wie bei der G\u00e4rung \u2014 und die Entdeckung Neubergs, da\u00df die Verg\u00e4rung der Brenztraubens\u00e4ure durch Hefepre\u00dfsaft ohne Mitwirkung des Coferments von statten geht,*) so drangt sich die Vermutung auf, da\u00df die \u00dcberf\u00fchrung des Zuckers in eine 3-Kohlenstoffverbindung, die dann vergoren oder oxydiert werden k\u00f6nnte, im Fall der Atmung und der G\u00e4rung ein \u00e4hnlicher Vorgang sein m\u00f6chte und in beiden F\u00e4llen desselben Coferments bed\u00fcrfte.\n*) Diese Zeitschr., Bd. 93, S. 94 (1914/15) und Bd.98, S. 181 (1916/17).\n*) Biochem. Zeitschr., Bd. 51, S. 141 (1913); s. auch Harden, Biochemical Journal, Bd. 7, S. 214.","page":175}],"identifier":"lit20696","issued":"1918","language":"de","pages":"165-175","startpages":"165","title":"\u00dcber das Vorkommen des Coferments der alkoholischen Hefeg\u00e4rung im Muskelgewebe und seine mutma\u00dfliche Bedeutung im Atmungsmechanismus, (Vorl\u00e4ufige Mitteilung)","type":"Journal Article","volume":"101"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:39:09.114235+00:00"}