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{"created":"2022-01-31T14:39:52.717089+00:00","id":"lit20698","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Ruoss, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 101: 193-209","fulltext":[{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis dee Zuckere im Urin mittele alkalischer Kupferl\u00f6sung.\nVon\nH. Ruoss (Ludwigsburg-Stuttgart).\n(Der Redaktion zugegangen am 24. Oktober 1917.)\nDiese Beitr\u00e4ge sollen zeigen\n1.\tda\u00df die W. M\u00fcllersche Probe, welche gegenw\u00e4rtig im allgemeinen 6 Versuche erfordert, wesentlich vereinfacht werden kann, wenn man das spezifische Gewicht des Urins zuvor ermittelt, wodurch sich die 6 Versuche auf einen einzigen reduzieren;\n2.\tda\u00df bei positivem Ausfall der Probe die Anstellung der Versuche an dem vergorenen Urin \u00fcberfl\u00fcssig wird, wenn man die Urine vom spezifischen Gewicht gr\u00f6\u00dfer als 1,020 verd\u00fcnnt;\n3.\tda\u00df die Entfernung der Phosphate des Urins vor Anstellung der Probe umgangen werden kann, indem man die alkalische Seignette-Kupferl\u00f6sung durch eine alkalische Glycerin-Kupferl\u00f6sung ersetzt; \u2022\n4.\tda\u00df dieser Ersatz die Probe weit empfindlicher macht, sp da\u00df 0,005\u00b0/o Zucker sich im allgemeinen noch scharf nach* weisen lassen.\nZum Schl\u00fcsse wird eine einfache Probe angegeben, die f\u00fcr den praktischen Arzt geeignet sein d\u00fcrfte, um diabetischen Harn zu erkennen.\nDie W. M\u00fcllersche Probe ist zurzeit die empfindlichste und zuverl\u00e4ssigste zum Nachweis von Zucker im Urin, denn\n1. der Nachweis kleiner Zuckermengen unter 0,1 \u00b0/o durch die Kohlens\u00e4ure bei der alkoholischen G\u00e4rung ist unzuverl\u00e4ssig, wie ich schon in dieser Zeitschrift nachgewiesen habe, und wie auch die Versuche von Pfl\u00fcger dargetan haben.\nHoppe-Seyler\u2019a Zeitschrift f. physiol. Chemie. CI.\t14","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nH. Ruoss,\n2.\tDer Nachweis des Zuckers mit Wismutsalzen bei den Proben von Nylander, Almen und Hammarsten ist ebenfalls unzuverl\u00e4ssig, da bei mehr als der H\u00e4lfte zuckerfreier Urine diese Proben positiv ausfallen, wobei es sich \u2014 nach Pfl\u00fcger \u2014 nicht etwa um eine spurenhafte Andeutung einer Dunkelf\u00e4rbung des Harns wegen Reduktion des Wismutoxyds handelt, sondern vielmehr um die massenhafte Ausscheidung kohlschwarzer oder mehr oder weniger schwarzgrauer Pulver.1 * 3)\n3.\tDer Nachweis des Zuckers mit der Trommerschen Probe ist unzuverl\u00e4ssig, da einzelne F\u00e4lle bekannt sind, wo sogar bei einem Zuckergehalt von 0,3 \u00b0/o die Probe negativ ausfiel1) und anderseits, wo bei zuckerfreiem Urin die Probe positiv war.8)\n4.\tWas die Methode der Polarisation anlangt, so ist auch sie unzuverl\u00e4ssig. Der Harn kann 0,1\u20140,2\u00b0/o Zucker, ja noch mehr enthalten, ohne da\u00df der Polarisationsapparat eine Rechtsdrehung anzeigt4)\nWenn Hammarsten in seinem Lehrbuch der physiologischen Chemie 1904 S. 570 sagt, die Worm-M\u00fcllersche Probe sei ziemlich umst\u00e4ndlich und f\u00fcr den Arzt nicht geeignet, so m\u00f6chte ich ihm beipflichten, denn sie erfordert nach Pfl\u00fcgers Archiv Bd. 105 S. 133 eine B\u00fcrette f\u00fcr eine 2,5\u00b0/oige Kupfersulfatl\u00f6sung, aus dieser B\u00fcrette werden 1,5 ccm oder 3 ccm oder 5 ccm entnommen und eine weitere B\u00fcrette mit Glashahnen f\u00fcr eine alkalische Seignettesalzl\u00f6sung mit 10\u00b0/o Seignettesalz und 4\u00b0/o NaOH, aus ihr werden 2,5 ccm entnommen, ferner 2 Flammen zum Kochen, auf denen gleichzeitig 2 Fl\u00fcssigkeiten zum Sieden zu erhitzen sind.\nAus den weiter unten angef\u00fchrten Gr\u00fcnden ist auch eine Vorbehandlung des Urins notwendig; die Phosphate des Urins\nl) Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 105, S. 126 (1904); Moritz, Arch. f. klin. Med., Bd.46, S. 266(1890); Salkowski, Praktikum, S. 181 (1900); Kistermann, Arch. f. klin. Med., Bd. 50, S. 423 (1892).\n*) Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 105, S. 137.\n3)\tWorm-M\u00fcller, Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 27, S. 112 (1882).\n4)\tWorm-M\u00fcller, Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 27, S. 119.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. * 195\nm\u00fcssen durch Zusatz einiger Tropfen NaOH und Filtration entfernt und das Filtrat mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert werden. 6 Proben sind nach Sch\u00f6ndorff1) zur Entscheidung \u00fcberdas Vorhandensein von Zucker erforderlich:\n5 ccm Filtrat -f- 2l/s ccm Seignettesalzl\u00f6sung -[-1,5 ccm Kupferl\u00f6sung ;\n5 ccm Filtrat + 21/* * ccm Seignettesalzl\u00f6sung -f 3 ccm Kupferl\u00f6sung;\n5 ccm Filtrat -f- 21 /\u00bb ccm Seignettesalzl\u00f6sung -j- 5 ccm Kupferl\u00f6sung.\nDiese 3 Proben sind auch anzustellen mit je 5 ccm des Filtrats, das man erh\u00e4lt, wenn man den Urin vorher verd\u00fcnnt, 1 Vol. = 2 Vol.\nDas gro\u00dfe Verdienst Worm-M\u00fcllers besteht darin, im physiologischen Institut in Christiania nachgewiesen zu haben,*) da\u00df zuckerfreie Urine alles das Kupferoxydul aufzul\u00f6sen imstande sind, das sie selbst zu bilden verm\u00f6gen, wenn die Reduktion bei Temperaturen von 60\u201470\u00b0 C. stattfindet. Um dies nachweisen zu k\u00f6nnen, mu\u00df man mit wirklich zuckerfreien Urinen arbeiten, man unterwirft deshalb die Urine zuvor einer G\u00e4rung mit Pre\u00dfhefe. Um die Temperatur 60\u201470\u00b0 zu erhalten, werden 5 ccm Urin zum Kochen erhitzt, gleichzeitig geschieht dies bei der ersten Probe mit der Mischung von 2l!i ccm Seignettel\u00f6sung + 1,5 ccm Kupferl\u00f6sung. Das Kochen bei beiden Fl\u00fcssigkeiten wird gleichzeitig unterbrochen, und genau 20\u201425 Sekunden (nicht fr\u00fcher!) nachher wird die alkalische Kupferl\u00f6sung ohne Sch\u00fctteln einfach in den Urin gegossen, sodann l\u00e4\u00dft man die Mischung ruhig stehen, wobei sich die Farbe ver\u00e4ndert. Die Phosphate der Urine fallen in den 3 Proben manchmal schon nach 10 Minuten zu Boden und die \u00fcberstehende Fl\u00fcssigkeit ist nach diesen 10 Minuten\n\u2018) Untersuchung \u00fcber die Ausscheidung von Zucker im Ham von gesunden Menschen, nebst einer Methode der quantitativen Bestimmung kleinster Zuckermengen im Ham. Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 121, S. 572-603\n(1908).\n*) Worm-M\u00fcller, Der Nachweis des Zuckers im Harn mittelst Kupferoxyd und alkalischer Seignettesalzl\u00f6sung. Pfl\u00fcgers Archiv, Bd.27 S. 107\u2014139 (1882).\n14*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nH. Ruoss,\nim auffallenden und durchfallenden Licht klar, wenn kein Zucker vorhanden war \u2014 von einigen umherirrenden, sich leicht abhebenden Flocken des Phosphatniederschlags abge-seh\u00e8n \u2014. Enth\u00e4lt aber der Urin 0,025\u00b0/o oder mehr Zucker und wird mehr JCupferl\u00f6sung zugesetzt, als die normalen Bestandteile des Urins zur Reduktion erfordern, so ist die Fl\u00fcssigkeit \u00fcber dem Phosphatniederschlag im auffallenden Licht staubig tr\u00fcbe.1) Die schmutzige, orangefarbige oder gelbgr\u00fcne, fiuorescierende Tr\u00fcbung \u2014 der sogenannte positive Ausfall der Probe \u2014 r\u00fchrt von fein verteiltem ausgeschiedenem Kupferhydroxydul her und ist das Kennzeichen f\u00fcr Zucker. Zur Feststellung der Tr\u00fcbung beobachtet man die Proben bei dunklem Hintergrund. Hinter das Reagenzglas im St\u00e4nder stellt man z. B. ein mit mattschwarzem Tuch bespanntes Brettchen auf und stellt den St\u00e4nder so, da\u00df beim Betrachten des Reagenzglases keine gl\u00e4nzenden Lichtstreifen l\u00e4ngs der Glaswand entstehen. Die Beleuchtung braucht dabei keine intensive zu sein. Wird weniger Kupferl\u00f6sung zugef\u00fcgt, als die normalen Bestandteile zur Reduktion erfordern, so ist die Fl\u00fcssigkeit \u00fcber dem Phosphatniederschlag staubfrei; wird betr\u00e4chtlich mehr Kupferl\u00f6sung zugef\u00fcgt, als die normalen Bestandteile erfordern, so kann merkw\u00fcrdigerweise die Tr\u00fcbung beim Vorhandensein von Zucker auch ausbleiben. Tritt die Tr\u00fcbung bei Verwendung von 1,5 ccm Kupferl\u00f6sung nicht auf, so mu\u00df die Probe mit 3 ccm statt 1,5 ccm wiederholt werden und, wenn sie jetzt noch nicht auftritt, mit 5 ccm statt mit den 3 ccm, und zwar um eine endg\u00fcltige Entscheidung \u00fcber die M\u00f6glichkeit einer staubfreien Tr\u00fcbung zu erhalten. Da die Ablagerung der Phosphate nicht immer blo\u00df 10 Minuten erfordert, sondern, da ihr h\u00e4ufig eine stundenlang andauernde gleichm\u00e4\u00dfige Tr\u00fcbung und nachfolgende Abscheidung sehr kleiner Flocken der Phosphate vorangeht, so entfernen Sch\u00f6ndorff und Victorow vorher in oben beschriebener Weise die Phosphate durch eine Vorbehandlung, um eine Verwechslung von Phosphat-Tr\u00fcbung und Kupferhydroxydul-Tr\u00fcbung zu vermeiden.\nPfl\u00fcger hat einmal bei einem pankreaslosen Hunde be-\n') Hervorgerufen durch kolloidales Kupferoxydul.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 197\nobachtet, da\u00df die Worm-M\u00fcllersche Probe bei 2,62\u00b0/o Zucker (hochkonzentrierter Harn) negativ ausfiel, da\u00df sie aber bei der Verd\u00fcnnung des Harns ein ausgezeichnetes positives Ergebnis lieferte.\nAus diesem Grund werden von Sch\u00f6ndorff auch 3 Proben mit verd\u00fcnntem Urin ausgef\u00fchrt.\nBez\u00fcglich des Ausfalls der Probe sind folgende 3 F\u00e4lle zu unterscheiden.\n1.\tF\u00e4llt die M\u00fcllersche Probe negativ aus, so ist entweder gar kein Zucker vorhanden, wie bei Urinen, die der alkoholischen G\u00e4rung unterworfen wurden, oder aber nur sehr wenig Zucker, wie bei den Urinen v\u00f6llig Gesunder.\nPfl\u00fcger fa\u00dft sein Urteil f\u00fcr diesen Fall dahin zusammen (Bd. 105 S. 134):\nMit gr\u00f6\u00dfter Bestimmtheit d\u00fcrfen wir auf Grund der Untersuchungen von Hunderten verschiedener Harne den Satz aussprechen, da\u00df der in gedachter Weise negative Ausfall der M\u00fcll ersehen Probe ausnahmslos durch den Halbschattenapparat best\u00e4tigt worden ist. Ebenso wahr ist, da\u00df in den meisten F\u00e4llen, wo die M\u00fcllersche Probe braunrote Entf\u00e4rbung ohne Abscheidung von Kupferoxydul zeigte, die Trommersche Reaktion sowie die Nyland ersehe starke positive Ergebnisse lieferten, soda\u00df jeder Unerfahrene an die Gegenwart von Zucker geglaubt h\u00e4tte.\n2.\tF\u00e4llt die Probe positiv aus und nach der alkoholischen G\u00e4rung des Urins negativ, so ist Zucker vorhanden und zwar nach M\u00fcller 0,025\u00b0/o oder mehr. Da der Urin v\u00f6llig Gesunder nach Nagasaki (Diese Zeitschr; 1915) bis zu 0,054\u00b0/o, nach Sch\u00f6ndorff (Pfl\u00fcgersArchiv, Bd, 121,1908) bis zu 0,1 \u00b0/o Dextrose enthalten kann, so gibt der positive Ausfall der Probe keinen Anhaltspunkt f\u00fcr abnorme Zuckermengen.\n3.\tF\u00e4llt die M\u00fcllersche Probe positiv aus und nach der G\u00e4rung des Urins ebenfalls positiv, so ist es zweifelhaft, ob Zucker vorhanden ist.\nM\u00fcller hat dies ansdr\u00fccklich betont, er sagt S. 112: da aber die Reaktion fortw\u00e4hrend, obgleich in geringem Grade, in den eben genannten 4 Harnen eintrat, so mu\u00df man an-","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nH. Ruoss,\nnehmen, da\u00df eine andere reduzierende Substanz (als Zucker) hier ihren Einflu\u00df geltend gemacht hat, und da\u00df die Probe nicht ohne weiteres als sicher bezeichnet werden k\u00f6nne.\nDieses Versagen ist bisher nicht gen\u00fcgend studiert und ihm nicht gen\u00fcgend Rechnung getragen worden, es widerspricht eigentlich dem Grundsatz der M\u00fcllerschen Probe, nach dem zuckerfreie Bestandteile bei 60\u201470\u00b0 G. nur l\u00f6sliches Kupferoxydulhydrat abscheiden. M\u00fcller l\u00e4\u00dft bei positivem Ausfall der Probe bis zu 48 Stunden bei 20\u00b0 C. verg\u00e4ren und findet, da\u00df bei 4 unter 60 Urinen der positive Ausfall auch nach der G\u00e4rung positiv blieb. Sch\u00f6ndorff hat gezeigt, da\u00df man durch Vergr\u00f6\u00dferung der G\u00e4rzeit immer erreicht, da\u00df nach der G\u00e4rung die Probe negativ ausf\u00e4llt, in einzelnen F\u00e4llen war aber dazu eine G\u00e4rzeit von 60 Stunden bei 34\u00b0 C. und 10\u00b0/o Hefe erforderlich. F\u00fcr Sch\u00f6ndorff existiert also Fall 3 nicht; die positive Reaktion vor der G\u00e4rung zeigt ihm immer Zucker an.\nMeine Ansicht \u00fcber die Grundlage der M\u00fcllerschen Probe ist folgende:\n1.\tdie alkalische Kupferl\u00f6sung wird bei 60 bis 70\u00b0 C. von zuckerfreien Bestandteilen (Kreatinin, Kreatin, Harns\u00e4ure usw.) des Urins reduziert unter Bildung von meist farblosen, aber auch mehr oder weniger, gelb gef\u00e4rbten Kupferverbindungen. Diese sind aber nur vollst\u00e4ndig l\u00f6slich, wenn sie prozentisch in m\u00e4\u00dfiger Menge vorhanden sind. Ist die Menge aber betr\u00e4chtlich (wie bei h\u00f6herem spezifischen Gewicht), so treten auch unl\u00f6sliche Cuproverbindungen auf, welche staubige Tr\u00fcbung verursachen. Man kann die L\u00f6slichkeit durch Verd\u00fcnnen des Urins mit Wasser erreichen.\n2.\tDer Traubenzucker im Urin liefert dagegen bei 60 bis 70\u00b0 C. immer unl\u00f6sliche Cuproverbindungen, die an der staubigen Tr\u00fcbung erkannt werden.\n3.\tDie Reduktionsprodukte des Zuckers treten erst nach Bildung der Reduktionsprodukte der zuckerfreien Bestandteile auf.\nDie Gr\u00fcnde sind folgende:\n1. Brachte ich einen Urin, der an sich negative Reaktion zeigte, oder einen Urin, den ich durch G\u00e4rung auf negative","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 199\nReaktion brachte (bei Einnahme gewisser Arzneimittel, z. B. Rheum, Adalin, Terpentin\u00f6l, Sulfonal usw., welche dem Harn reduzierende Wirkung verleihen, ist mitunter sehr lange G\u00e4rzeit erforderlich, um diese negative Reaktion herbeizuf\u00fchren) durch Dextrosezusatz auf 0 bis 10\u00b0/o Zucker und lie\u00df ich ihn nunmehr 6 Stunden verg\u00e4ren (34\u00b0 C., 10\u00b0/o Hefe), so zeigte er ausnahmslos negative Reaktion; zum Verg\u00e4ren der Dextrose gen\u00fcgen also ausnahmslos 6 Stunden. Es empfiehlt sich, nach der ersten Stunde der G\u00e4rung und nach den folgenden Stunden die Hefe durch Sch\u00fctteln wieder gleichm\u00e4\u00dfig in der Fl\u00fcssigkeit zu verteilen.\n2.\tEine gro\u00dfe Anzahl vergorener Urine mit negativer Reaktion zeigen, wenn sie bei 60\u00b0 auf ein hohes spezifisches Gewicht eingeengt werden, positive Reaktion.\nDiese Versuche wurden nach folgendem Beispiel durchgef\u00fchrt.\nDas spezifische Gewicht des Urins war 1,015, er wurde 6 Stunden der G\u00e4rung unterworfen, dann die Phosphate entfernt und nun auf das halbe Volumen , dem spezifischen Gewicht 1,030 entsprechend, eingeengt: vor der Einengung Reaktion negativ, nach derselben Reaktion positiv.\n3.\tDie 60 Urinproben M\u00fcllers haben spezifische Gewichte von 1,010 bis 1,035. Vier darunter mit den hohen spezifischen Gewichten 1,035; 1,033; 1,031; 1,026 zeigen nach der G\u00e4rung positive Reaktion. Bei mehr als der H\u00e4lfte der Urine vom spezifischen Gewicht gr\u00f6\u00dfer als 1,030 konnte ich dasselbe nachweisen.\n4.\tEin vergorener Urin mit negativer Reaktion und der Dichte 1,028 zeigte, mit Dextrose auf 0,02 \u00b0/o Zucker gebracht, starke positive Reaktion, derselbe vergorene Urin, 1 Vol. =. 2 Vol. verd\u00fcnnt., und nunmehr auf 0,02\u00b0/o Zucker gebracht, zeigte negative Reaktion.\n5.\tEin Urin zeigte negative Reaktion, sein Reduktionsverm\u00f6gen, nach der von mir ver\u00f6ffentlichten Methode1) bestimmt, war gleich dem einer 0,15\u00b0/oigen Dextrosel\u00f6sung; er wurde mit etwas Dextrose versetzt. Stellte man die M\u00fcl 1er sehe\n\u2018) Diese Zeitschr., Bd. 101, S. 131 (1917).","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nH. Ruoss,\nProbe mit 2 Kupfermengen an, von denen die eine 0,18 \u00b0/o, die andere 0,14\u2022/\u2022 Dextrose entsprach, so erhielt man das eine Mal staubige Tr\u00fcbung, das andere Mal aber nicht.\nF\u00e4llt die Probe nach 6 st\u00e4ndiger G\u00e4rung positiv aus, so r\u00fchrt dies meines Erachtens nicht mehr von Dextrose her, sondern von anderen stickstoffhaltigen und auch stickstofffreien Urinbestandteilen; diese Bestandteile werden bei weiterer G\u00e4rung bis zu 60 Stunden zersetzt, wodurch die Probe negativ wird.\nDie reichliche Hefenmenge 10\u00b0/o, die g\u00fcnstige Temperatur 34\u00b0, die reichliche Nahrung an stickstoffhaltigen und phosphorhaltigen Substanzen, welche die Hefe findet, tr\u00e4gt in den 60 Stunden wesentlich zum Wachstum der Hefe bei und damit auch zum Zersetzen des Urins; dazu tritt noch, da\u00df unsere Hefe keine Reinkultur von Saccharomyces cerevisiae ist, da\u00df sie sogar verm\u00f6ge der in ihr enthaltenen Spaltpilze Milchzucker zersetzen kann.\nSoll daher die M\u00fcllersche Probe bei positivem Ausfall wirklich Zucker anzeigen \u2014 unter der Voraussetzung, da\u00df nicht gewisse Arzneimittel eingenommen wurden \u2014, so mu\u00df man die Urine von gro\u00dfem spezifischen Gewicht verd\u00fcnnen. Ich verd\u00fcnne aus diesem Grund die Urine vom spezifischen Gewicht gr\u00f6\u00dfer als 1,020 auf ein solches von 1,020, was h\u00f6chst einfach ist, wie sp\u00e4ter gezeigt wird.\nLeider sind in den zahlreichen Arbeiten (ca. 1000 Urinuntersuchungen) \u00fcber den Zucker im Urin, die unter Pfl\u00fcger in Bonn ausgef\u00fchrt wurden, die spezifischen Gewichte ganz weggelassen ; auch konnte ich diese nachtr\u00e4glich nicht erfahren, ich glaube aber, da\u00df \u2014 wie ich bei den Analysen von M\u00fcller nachwies \u2014 das hohe spezifische Gewicht die Ursache der Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten ist; bei dem pankreaslosen Hund mit 2,5\u00b0/o Zucker liegt die Unregelm\u00e4\u00dfigkeit wohl auch in dem hohen spezifischen Gewicht.\nVereinfachungen der Worm-M\u00fcllerschen Probe.\n1. Da\u00df die 2 B\u00fcretten sich durch eine Me\u00dfpipette f\u00fcr 2\u00bb/* ccm und eine Me\u00dfpipetle mit den Teilstrichen 1,5; 3; 5 ccm ersetzen lassen, ist einleuchtend.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 201\n2.\tDie 2 Flammen werden durch eine folgenderma\u00dfen ersetzt: in ein f\u00fcr die linke Hand bestimmtes Reagenzglas gibt man 5 ccm Urin. In ein anderes, f\u00fcr die rechte Hand bestimmtes Reagenzglas gibt man bei der ersten Probe 2V* ccm Seignettezalz und 1,5 ccm Kupfersulfatl\u00f6sung. Beiden f\u00fcgt man\n\u2014 zum ruhigen Kochen ohne unangenehmes Herausspritzen_________\neinige K\u00f6rnchen groben Quarzsand (1 kg bei Merck zirka 60Pfg.) oder Glassand zu. Das Reagenzglas der linken Hand bringt man in die Flamme bis zum Kochen der Fl\u00fcssigkeit, nun unterbricht man das Kochen durch Entfernen des Reagenzglases aus dem Feuer. Alsdann erhitzt man das Reagenzglas der rechten Hand' \u00fcber derselben Flamme ebenfalls zum Kochen, bringt sodann beide Gl\u00e4ser in die Flamme, soda\u00df sie etwa unter 60\u00b0 zu einander stehen und die B\u00f6den beider Gl\u00e4ser sich ber\u00fchren. Nach wenigen Sekunden kochen jetzt die Fl\u00fcssigkeiten in beiden Gl\u00e4sern gleichzeitig. Nun unterbricht man das Kochen, indem man beide Gl\u00e4ser aus der Flamme bringt. Nach 2Q bis 25 Sekunden, oder noch einfacher, nachdem man in m\u00e4\u00dfigem Tempo auf 25 gez\u00e4hlt hat, gie\u00dft man die Kupferl\u00f6sung in die Urinl\u00f6sung, l\u00e4\u00dft nun ruhig stehen, bis der Phosphatniederschlag sich gesetzt, und pr\u00fcft alsdann auf Tr\u00fcbung bei dunklem Hintergrund.\n3.\tDie 3 Proben lassen sich durch eine einzige ersetzen, wenn man das spezifische Gewicht des Urins bei 15\u00b0 C. vorher mit einem Ar\u00e4ometer ermittelt; die speziell f\u00fcr Urine bestimmten Ar\u00e4ometer, aber auch das f\u00fcr s\u00fc\u00dfen Wein bestimmte Ar\u00e4ometer von \u00d6chsle, eignen sich hierzu. Bei beiden gibt die abgelesene Zahl die Tausendstel des spezifischen Gewichtes. Die abgelesene Zahl 5 resp. 24 z. B. entspricht also dem spezifischen Gewicht 1,005 und 1,024. Hat der Urin bei der Messung nicht 15\u00b0 C., so hat man f\u00fcr jeden Grad, den er \u00fcber 15\u00b0 besitzt, 0,25 zur abgelesenen Zahl zu addieren und f\u00fcr jeden Grad, den er unter 15\u00b0 besitzt, 0,25 zu subtrahieren. Mi\u00dft man demnach bei Zimmertemperatur, so hat man statt 24 also 25 zu setzen. Die am Ar\u00e4ometer abgelesene und auf 15\u00b0 C. reduzierte Zahl hei\u00dfe im folgenden kurzweg \u00abArio-meterzahl des Urins\u00bb. Ist n diese Zahl, so k\u00f6nnen die 3 Proben durch eine einzige Probe mit 0,085 \u2022 n -f 0,07 ccm","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nH. Ruoss,\nKupfersulfatl\u00f6sung ersetzt werden. Bei der Ar\u00e4ometerzahl n ist n\u00e4mlich die maximale Eigenreduktion 0,006 \u2022 n Prozente.x)\nDa die M\u00fcllersche Probe noch 0,05\u00b0/o Zucker sicher nachzuweisen gestattet, so mu\u00df die Kupferl\u00f6sung mindestens 0,006 \u2022 n + 0,05 Prozent zu reduzieren imstande sein, d. h. es m\u00fcssen auf 5 ccm Urin 0,06 \u2022 n + 0,5 ccm alkalische Feh-\nlingl\u00f6sung=(0,06 \u2022 n+0,5) \u2022 -^-=0,083 \u2022 n + 0,7 ccm der\n2,5%>igen Kupfervitrioll\u00f6sung zum mindesten angewendet werden.\nBei der Ar\u00e4ometerzahl n sind demnach von der 2,50/oigen Kupferl\u00f6sung f\u00fcr 5 ccm Urin erforderlich:\nSpezifisches Gewicht\tn\tKupferl\u00f6sung ccm\n1,000 bis 1,004\t0 bis 4\t1\n1,005 u. 1,006\t5 u. 6\t1,2\n1,007 bis 1,009\t7 bis 9\t1,4\n1,010 u. 1,011\t10 u. 11\t1,6\n1,012 bis 1,014\t12 bis 14\t1,8\n1,015 u. 1,016\t15 u. 16\t2\n1,017 bis 1,019\t17 bis 19\t2,2\n1,020 u. 1,021\t20 u. 21\t2,4\n1,022 bis 1,024\t22 bis 24\t2,6\n1,025 \u00bb 1,026\t25 \u00bb 26\t2,8\n1,027 * 1,029\t27 * 29\t3\n1,030 u. 1,031\t30 > 31\t3,2\n1,032 bis 1,034\t32 \u00bb 34\t3,4\n1,035 u. mehr\t35 u. mehr\t3,6\n4. Die Ausscheidung des Phosphatniederschlags wird betr\u00e4chtlichgefordert durch Chlornatriumzusatz (sogen. Aussalzen). In F\u00e4llen, wo der Bildung des Niederschlags stundenlang andauernde gleichm\u00e4\u00dfige Tr\u00fcbung vorangeht, oder wo es zu gar keiner Ausscheidung eines Phosphatniederschlags kommt, entsteht dieser Niederschlag meist (immer, wenn das Seignette-salz durch Glycerin ersetzt wird) schon nach wenigen Minuten, sobald Chlornatrium beigef\u00fcgt wird.\n') Ruoss, diese Zeitschr., Bd. 101, S. 131 (1917).","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 203\nMan verwendet eine alkalische Seignettel\u00f6sung, die in 100 ccm 4 g NaOH, 10 g Seignette und ca. 15 g NaCl enth\u00e4lt.\nDer Chlornatriumgehalt erh\u00f6ht die Siedetemperatur um ca. 2\u00b0, die der Mischung nach 25 Sekunden um ca. Vt\u00b0, was also unwesentlich ist. Auf diese Weise umgeht man die oben beschriebene Vorbehandlung.\n5. Damit die positive Reaktion sicher Zucker anzeigt, verd\u00fcnnt man die Urine mit dem spezifischen Gewicht gr\u00f6\u00dfer 1,020 auf ein solches von 1,020.\nDie fr\u00fchere Tabelle mit Ber\u00fccksichtigung der Verd\u00fcnnung ist also\nSpez. Gewicht\tAr\u00e4ometer\tVerd\u00fcnnung\tKupfermenge f. 5 ccm Urin ccm\n1-1,004\t0\u20144\t0\t1\n1,055\u20141,006\t5\u20146\t0\t1,2\n1,007\u20141,009\t7\u20149\t0\t1,4\n1,010-1,011\t10-11\t0\t1,6\n1,012\u20141,014\t12\u201414\t0\t1,8\n1,015-1,016\t15-16\t0\t2\n1,017-1,019\t17-19\t0\t2,2\n1,020\t20\t0\t2,4\n\t\t\tKupfermenge f\u00fcr 5 ccm verd\u00fcnnten Urin\n1,021\t21\t20 = 21\t2,4\n1,022\t22\t20 = 22\t2,4\nusw.\tusw.\tusw.\tusw.\n1,035\t35\t20 = 35\t2,4\n1,036\t36\t20 = 36\t2,4\nu. mehr\tu. mehr\t\t\nDie Urine vom spezifischen Gewicht 1,036 und mehr bed\u00fcrfen also alle derselben Verd\u00fcnnung.\nMit Seignettel\u00f6sung erfolgt der Nachweis von Zucker demnach folgenderma\u00dfen:\nL\u00f6sung I. 4 g NaOH + 10 g Seignette + ca. 15 g NaCl in 100 ccm.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nH. Ruoss,\nZur Herstellung dieser und aller folgenden alkalischen L\u00f6sungen verwendet man:\na) liquor natrii caustici des Arzneibuches (Dichte 1.168 bis 1,172), ferner\n\u00df) die Kochsalzl\u00f6sung: 1 Teil NaCl + 3 Teile aq. Das L\u00f6sen des NaCl geschieht durch Kochen oder \u00f6fteres Sch\u00fctteln.\nZur Herstellung von 1 werden 10 g Seignettesalz in ca. 25 ccm aq. warm gel\u00f6st, dann f\u00fcgt man 23 ccm von a zu und verd\u00fcnnt mit der Kochsalzl\u00f6sung auf 100 ccm.\nZu jeder Probe sind 2V* ccm von 1 erforderlich. L\u00f6sung II. 2,5 g Kupfervitriol in 100 ccm;\nIII.\tEin Reagenzglas mit der Teilung 1 ccm, 2 ccm . . . bis 12 ccm f\u00fcr den Urin;\nIV.\tQuarz- oder Glassand;\nV.\t2 Reagenzgl\u00e4ser ca. 1,5 cm weit zum Kochen. Beispiel I. Spezifisches Gewicht 1,027, also Verd\u00fcnnung\n20 = 27 und Kupfermenge 2,4 ccm.\nMan bringt 10 ccm Urin in III, verd\u00fcnnt mit Wasser auf *7/f = 131!* ccm (die V* auf Augenma\u00df genau).\nVom verd\u00fcnnten Urin gibt man durch Abgie\u00dfen 5 ccm in das f\u00fcr die linke Hand bestimmte Reagenzglas V und in das andere f\u00fcr die rechte Hand bestimmte Reagenzglas 2 Vs ccm\nI\t+ 2,4 ccm II. Beiden Gl\u00e4sern f\u00fcgt man K\u00f6rnchen von IV zu und erhitzt nun beide Fl\u00fcssigkeiten, wie oben angegeben, zum gleichzeitigen Sieden. Man unterbricht das Sieden, gie\u00dft nach 25 Sekunden die Kupferl\u00f6sung in die Urinl\u00f6sung und schwenkt die Mischung leicht um. Nachdem sich der Phosphatniederschlag gesetzt, untersucht man auf schmutzige, staubige Tr\u00fcbung.\nBeispiel 2. Spezifisches Gewicht 1,011. Keine Verd\u00fcnnung ist erforderlich; 5 ccm Urin und 21/* ccm 1 + 1,6 ccm\nII\tkommen in Betracht.\nI -\nBestimmung der Empfindlichkeit.\nDa\u00df die M\u00fcllersche Probe auch Zucker unter 0,025\u00b0/o nachzuweisen gestattet, geht schon rein logisch daraus hervor, da\u00df nach M\u00fcller in 7\u00b0/o der von ihm angegebenen Ver-","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 205\nsuche die Probe im zuckerfrei gemachten Urin positiv ausfiel, aber auch in der abge\u00e4nderten Form, bei der zuckerfrei gemachte Urine immer negative Reaktion zeigen, ist h\u00e4ufig die Empfindlichkeit weit gr\u00f6\u00dfer und geht herab bis auf 0,01\u00b0/\u00ab. Die Empfindlichkeit nimmt im allgemeinen zu mit dem spezifischen Gewicht ; zu ihrer Bestimmung bedient man sich einer 0,5\u00b0/oigen Dextrosel\u00f6sung und eines Urins, der 6 Stunden vergoren hat. Es sind dann\n5ccm Urin -j- 0,05 ccm 0,5\u00b0/oiger Zuckerl\u00f6sung = 0,005*/\u00ae im\tZuckergehalt\n5\t*\t*\t-f- 0,1\t\u00bb\t0,5\u00b0/oiger\t\u00bb\t=0,01\t\u2022/\u00ab\t*\n5\t\u00bb\t*\t-j-0,2\t*\t0,5\u00fc/oiger\t\u00bb\t=0,02\t#/\u00ae\t*\t*\n5\t\u00bb\t\u00bb\t-j- 0,3\t*\t0,5\u00b0/oiger\t*\t=0,03\t\u00b0/o\t*\t*\nIst das spezifische Gewicht 1 bis 1,020, so f\u00fcgt man den 5 ccm im Reagenzglas der linken Hand 0,05 ccm der Dextrosel\u00f6sung zu, staubige Tr\u00fcbung bei dunklem Hintergrund zeigt dann 0,005\u00b0/o Zucker an, nimmt man jetzt 0,1; 0,2; 0,3 ccm statt 0,05 ccm, so ergibt sich die Empfindlichkeit f\u00fcr 0,01 \u00b0/o; 0,02\u00b0/<>; 0,03\u00b0/o.\nDie 0,05 bis 0,3 ccm werden mit einer Me\u00dfpipette entnommen. 5 ccm Urin + 0,3 ccm Zuckerl\u00f6sung -J- alkalischer Kupferl\u00f6sung ist strenggenommen identisch zu 5 ccm Urin mit 0,03\u00b0/o an Zucker -f- 0,3 ccm Wasser. Die 0,3 ccm Wasser spielen aber keine Rolle, da die Menge der Kupferl\u00f6sung nicht genau vorgeschrieben ist.\nIst das spezifische Gewicht gr\u00f6\u00dfer als 1,020, z. B. 1,025, so ist mit der Verd\u00fcnnung 20 = 25 zu rechnen. 5 ccm verd\u00fcnnter Urin -f- 0,1 ccm 0,5\u00b0/oiger Zuckerl\u00f6sung entspricht jetzt einem Zuckergehalt von 0,01 \u2022 5/4 = 0,0125\u00b0/o im unverd\u00fcnnten usw.\nUm einwandsfrei zu zeigen, da\u00df Urine vom spezifischen Gewicht 0 bis 1,020 und da\u00df die auf das spezifische Gewicht 1,020 verd\u00fcnnten Urine nach 6 st\u00e4ndiger G\u00e4rung negative Reaktion aufweisen, und um die Empfindlichkeit zu pr\u00fcfen, entfernte ich im vergorenen Urin die Phosphate (auf 50 ccm Urin 8 Tropfen NaOHll-normal), filtrierte, s\u00e4uerte mit Eisessig bis zur schwach sauren Reaktion an und machte Proben mit 0,1; 0,2; 0,3 ccm der O^/oigen Zuckerl\u00f6sung und je 5 ccm Urin.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nH. Ruoss,\nBei der sp\u00e4ter aufgef\u00fchrten Glycerinl\u00f6sung Proben mit 0,05 bis 0,3 ccm der Zuckerl\u00f6sung.\nDas erste Auftreten der staubigen Tr\u00fcbung war so durch Kontrast scharf festzustellen.\nBei der Glycerinl\u00f6sung entsteht h\u00e4ufig trotz des vorausgehenden Abfiltrierens des Phosphatniederschlages noch ein sehr kleiner Niederschlag, der aber von der staubigen Tr\u00fcbung leicht zu unterscheiden ist.\nDa jeder Urin Zucker enth\u00e4lt, so w\u00e4re das empfindlichste Reagens f\u00fcr den praktischen Arzt wertlos, denn er w\u00fcrde ja damit in jedem Urin Zucker finden.\nEs hat deshalb auch keinen Sinn, zur Beurteilung der staubigen Tr\u00fcbung l\u00e4nger als 30 Minuten nach Mischung der Fl\u00fcssigkeiten zu warten.\nF\u00fcr den praktischen Arzt, der ja nur Diabetes festzustellen hat, handelt es sich um ein Reagens, das 0,1 \u00b0/o und mehr (vielleicht 0,05\u00b0/o und mehr), aber nicht weniger anzugeben gestattet, denn nur dann kann sicher auf Diabetes geschlossen werden, und f\u00fcr einen solchen Nachweis ist die M\u00fcllersche Probe schon zu empfindlich; so fand Sch\u00f6ndorff, da\u00df in 334 Urinen von Soldaten die Probe 316 mal positiv war.\nEnth\u00e4lt der Urin Eiwei\u00df, so ist dieses nach M\u00fcller vor der Untersuchung auf Zucker zu entfernen. Versuche, die ich mit der Eiwei\u00dfl\u00f6sung: 1 g Albumen Ovi siccum + 15 g NaCl in 100 ccm und mit Urinen anstellte, ergaben mir, da\u00df eine solche Entfernung ganz unn\u00f6tig ist.\nDer eiwei\u00dfhaltige und zugleich zuckerhaltige Urin zeigt nach dem Mischen mit der Kupferl\u00f6sung Biuretreaktion, die aber rasch verschwindet und der staubigen Tr\u00fcbung Platz macht.\nErsatz der alkalischen Seignettel\u00f6sung durch eine alkalische Kupferl\u00f6sung.\nDie Seignettel\u00f6sung hat den gro\u00dfen \u00dcbelstand, da\u00df sie die Ausf\u00fcllung der Phosphate viele Stunden lang verz\u00f6gern kann, ja da\u00df es bei einem gro\u00dfen Kupfer\u00fcberschu\u00df trotz Zusatzes von NaCl \u00fcberhaupt zu keiner Ausscheidung der Phosphate kommt. Ersetzt man die alkalische Seignette-Kupferl\u00f6sung","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 207\ndurch eine alkalische Glycerin-Kupferl\u00f6sung, so bilden sich gro\u00dfe schwammige Phosphatflocken und die Ausf\u00fcllung erfolgt \u00e4u\u00dferst rasch auch bei einem \u00dcberschu\u00df von Kupfer; zugleich wird die Probe weit empfindlicher.\nDie staubige Tr\u00fcbung ist auch viel besser wahrzunehmen. Ist kein Zucker vorhanden, so ist nach dem Absetzen des Phosphatniederschlages das Schwarz des Hintergrundes, durch das Reagenzglas gesehen, scharf begrenzt und ebenso intensiv, sogar intensiver wie ohne Reagenzglas; andernfalls ist das Schwarz staubig, sehr undeutlich und meist \u00fcberhaupt nicht mehr zu sehen wegen starker wei\u00dfer oder gr\u00fcngelber Opalescenz, gleichzeitig ist in letzterem Fall die Fl\u00fcssigkeit bei durchgehendem Licht meist klar durchsichtig ziegelrot oder orangerot. Anstelle der fr\u00fcheren L\u00f6sungen tritt jetzt\nI.\t5 g NaOH -f- ca. 15 g NaCl in 100 ccm.\nHerstellung: 28 ccm a ca. 50 ccm \u00df werden auf\n100 ccm verd\u00fcnnt.\nII.\t2,5 g Kupfervitriol in 100 ccm.\nIII.\tGlycerinum bidestillatum D 1,23 (eine Kombination von I und III hat sich nicht bew\u00e4hrt); w\u00e4hrend die letztere Tabelle ihre G\u00fcltigkeit beh\u00e4lt.\nEinerseits werden 5 ccm verd\u00fcnnter resp. unverd\u00fcnnter Urine, anderseits die dem spezifischen Gewicht entsprechende Kupfermenge + 4 Tropfen III + 2l/t ccm I zum Sieden erhitzt; das Sieden wird gleichzeitig unterbrochen und 30 Sekunden sp\u00e4ter die Kupferl\u00f6sung in die Urinl\u00f6sung gegossen. Hierauf wird umgeschwenkt, indem man das Reagenzglas rasch ohne Unterbrechung einigemal in einem Kreis herumbewegt. Nun \u00fcberl\u00e4\u00dft man die Mischung der Ruhe und pr\u00fcft sp\u00e4ter auf staubige Tr\u00fcbung. Tritt diese staubige Tr\u00fcbung nicht sofort ein, so sind nur Spuren von Zucker vorhanden.\nErkennung des diabetischen Harns.\nIst der Zucker im Urin 4 Stunden nach kohlenhydratreicher Nahrung (wozu namentlich Kartoffelspeisen zu rechnen sind) gleich oder gr\u00f6\u00dfer als 0,1\u00b0/\u00ab, so liegt Diabetes vor. Die M\u00fcller sehe Probe ist f\u00fcr diesen Nachweis zu empfindlich und die","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nH. Ruoss,\nr\nVerwendung der Seignettel\u00f6sung wurde eine vorausgehende Entfernung der Phosphate notwendig machen.\nIch verwende hierzu die haltbare L\u00f6sung\nA. 3,464 g Kupfervitriol + 15 ccm Glycerin + 10 g NaOH ca- 15g NaCl in 100 ccm. Zu ihrer Herstellung werden ben\u00fctzt\na)\tNatronlauge: 1 Teil NaOH -f 2 Teile Wasser,\nb)\tNaCl-Losung: 1 Teil NaCl + 3 Teile Wasser. Die L\u00f6sung des NaCl erfolgt durch Sch\u00fctteln oder durch 2 Minuten langes Kochen.\n3,464 g Kupfervitriol \u2014f\u2014 15 ccm Wasser werden in einen Kolben von 100 cm gebracht, durch Kochen gel\u00f6st, abgek\u00fchlt und dann mit 15 ccm Glycerin versetzt; nun f\u00fcgt man 22 ccm von a hinzu und verd\u00fcnnt mit b auf 100. Die Mischung mu\u00df kalt vollzogen werden, andernfalls ist die L\u00f6sung A nicht haltbar.\nIn ein f\u00fcr die linke Hand bestimmtes Reagenzglas (ca. 1,5 cm weit) mit den Teilstrichen 5 ccm und 15 ccm bringt man 5 ccm Urin, verd\u00fcnnt mit Wasser auf 15 und mischt, sodann gie\u00dft man weg, bis 5 ccm Zur\u00fcckbleiben. In ein zweites f\u00fcr die rechte Hand bestimmtes Reagenzglas mit Teilstrich 5 ccm bringt man 1 ccm von A und verd\u00fcnnt auf 5 ccm. In beide Gl\u00e4ser gibt man jetzt Quarz- oder Glask\u00f6rner und erhitzt ihre Fl\u00fcssigkeiten zum gleichzeitigen Sieden. Man unterbricht das Sieden gleichzeitig und gie\u00dft nach 1 Minute (nicht fr\u00fcher) die Kupferl\u00f6sung in die Urinfl\u00fcssigkeit. Man l\u00e4\u00dft die Mischung stehen.\nStellt sich 10 Minuten nach dem Zusammengie\u00dfen staubige Tr\u00fcbung ein, so ist der Zuckergehalt gleich oder gr\u00f6\u00dfer als 0,l\u00b0/o, andernfalls kleiner als 0,1 \u00b0/o. Ist keine staubige Tr\u00fcbung vorhanden, so bleibt die Fl\u00fcssigkeit klar bei dunklem Hintergrund, von einigen umherirrenden, sich leicht abhebenden Flocken des Phosphatniederschlages abgesehen.\nEs gen\u00fcgt, einmal die staubige Tr\u00fcbung gesehen zu haben, um f\u00fcr immer sicher zu gehen. Der praktische Arzt verschaffe sich zu diesem Zweck eine l\u00b0/oige Dextrosel\u00f6sung (haltbar mit 4 Tropfen Carbols\u00e4ure auf 100 ccm) und nehme die Probe mit dem Urin eines Gesunden zweimal so vor, da\u00df er das eine Mal vor dem Erhitzen den 5 ccm verd\u00fcnnten Urins 4 bis","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin usw. 209\n5 Tropfen der Zuckerl\u00f6sung zusetzt, das andere Mal aber den Zusatz unterl\u00e4\u00dft.\nStatt in graduierten Reagenzgl\u00e4sern zu kochen, kann man auch die 5 ccm beider Gl\u00e4ser ohne Nachsp\u00fclen in gew\u00f6hnliche Gl\u00e4ser umgie\u00dfen und in diesen zum Kochen erhitzen. Die Verd\u00fcnnung darf auch mit gew\u00f6hnlichemWasser vollzogen werden. Die Einnahme von Medikamenten ist ohne Einflu\u00df auf diese Probe.\t'\ni\nHoppe-Seyler\u2019a Zeitschrift f. physiol. Chemie. CI.\n15","page":209}],"identifier":"lit20698","issued":"1918","language":"de","pages":"193-209","startpages":"193","title":"Beitr\u00e4ge zum qualitativen Nachweis des Zuckers im Urin mittels alkalischer Kupferl\u00f6sung","type":"Journal Article","volume":"101"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:39:52.717094+00:00"}