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{"created":"2022-01-31T14:36:16.456189+00:00","id":"lit20703","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hirschberg, Else","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 101: 248-254","fulltext":[{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"Der Umsatz verschiedener Zuckerarten Im Stoffwechsel der\nnerv\u00f6sen Zentralorgane.\nVon\nElse Hirschberg*\n(Atu dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Rostock.)\n(Der Redaktion zagegangen am 12. Februar 1918.)\nNachdem in einer vorangegangenen Mitteilung1) das Bestehen eines Kohlenhydratstoffwechsels im Zentralnervensystem durch Feststellung eines von der Lebenst\u00e4tigkeit abh\u00e4ngigen und mit deren Intensit\u00e4t ver\u00e4nderlichen Umsatzes von Traubenzucker nachgewiesen worden war, erschien es von gro\u00dfem Interesse, auch andere Zuckerarten zu untersuchen, um Aufschlu\u00df \u00fcber ihr Verhalten gegen\u00fcber dem Stoffwechsel der nerv\u00f6sen Zentralorgane zu erlangen.\nI. Methodik.\nAls Versuchsobjekt wurde wieder das isolierte Frosch-r\u00fcckenmark verwandt, dessen Pr\u00e4paration entsprechend dem in den vorangegangenen Arbeiten beschriebenen Verfahren erfolgte. 1\u20142 isolierte Froschr\u00fcckenmarke wurden f\u00fcr eine bestimmte Zeit in 6\u20148 ccm einer kontinuierlich von Sauerstoff durchstr\u00f6mten physiologischen Kochsalzl\u00f6sung eingelegt, die ca. 0,5 \u00b0/o des zu untersuchenden Zuckers enthielt, und der Zuckerverbrauch aus dem vor und nach dem Versuche bestimmten Zuckergehalt der L\u00f6sung ermittelt. Es wurden stets Doppelbestimmungen ausgef\u00fchrt, zu denen je 2 ccm der L\u00f6sung verwendet wurden. Es kamen folgende Zuckerarten neu zur Verwendung: Fruchtzucker, Galaktose, Milchzucker, Malzzucker und Rohrzucker.\n*) E. Hirschberg und H. Winterstein, Ober den Zuckerstoffwechsel der nerv\u00f6sen Zentralorgane. Diese Zeitschr., Bd. 100, S. 185 (1917).","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Der Umsatz verschiedener Zuckerarten im Stoffwechsel usw. 249\nDie bisher nur f\u00fcr die Bestimmung des Traubenzuckers ausgearbeitete Bertrandsche Methode,1) die sich (bei Verwendung von n/ioo-KMn04-L\u00f6sung zur Titration) in vorangehenden Arbeiten* *) zur Feststellung kleiner \u00c4nderungen des Zuckergehaltes vortrefflich bew\u00e4hrt hatte, bedurfte mehrfacher Modifikationen, um auch f\u00fcr die Bestimmung der anderen Zuckerarten anwendbar zu werden. Das Prinzip der Bertrandschen Methode ist folgendes: Beim Kochen einer Zuckerl\u00f6sung mit Fehlingscher L\u00f6sung wird Kupferoxydul gebildet; dieses wird in einer L\u00f6sung von Femsulfat in Schwefels\u00e4ure gel\u00f6st und das gebildete Ferrosalz mit einer auf Ammoniumoxalat eingestellten Kaliumpermanganatl\u00f6sung titriert. Zur Erzielung \u00fcbereinstimmender Resultate m\u00fcssen alle Manipulationen stets in genau der gleichen Weise vorgenommen, vor allem das zur Reduktion erforderliche Kochen stets gleich lange (beim Traubenzucker 3 Minuten) durchgef\u00fchrt werden.\nDa nun das Reduktionsverm\u00f6gen der einzelnen Zucker ein verschiedenes ist, mu\u00dfte sowohl die erforderliche Kochzeit wie die zur Ausscheidung gelangte Cu-Menge in jedem Falle durch besondere Versuche ausprobiert werden. Diese Cu-Menge ist ferner der Menge des vorhandenen Zuckers nicht proportional, sondern steigt mit wachsender Konzentration des letzteren immer langsamer an, soda\u00df eine Berechnung des Zuckergehaltes nur auf Grund empirisch ermittelter Tabellen m\u00f6glich ist. Es mu\u00dften daher f\u00fcr das kleine Bereich, innerhalb dessen die \u00c4nderungen der Zuckerkonzentration in meinen Versuchen sich bewegten, durch Verwendung von L\u00f6sungen von genau bekanntem Gehalt solche Tabellen aufgestellt werden, aus denen dann durch Interpolation die jeweiligen Versuchswerte berechnet werden konnten.\n\u2018) Vgl. Abderhaldens Handb. d. biochem. Arbeitsmethoden, Bd.2.\nS. 181.\n*) E. Hirschberg and H. Winterstein, \u00dcber den Zuckeratoff-wechsel der nerv\u00f6sen Zentralorgane. Diese Zeitschr., Bd. 100, S.\u2019 186 (1917). ~ Else Hirschberg, Die quantitative Bestimmung von geringen Mengen Traubenzucker im Harne mittels der Bertrandschen Methode. Diese Zeitschr., Bd. 86, Heft 6, S. 484 (1913).","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"\u25a0250\nElse Hirschberg,\nF\u00fcr die einfachen Zucker, Fruktose und Galaktose, erwiesen sich die f\u00fcr den Traubenzucker angegebenen Tabellen unver\u00e4ndert brauchbar, nur mu\u00dfte f\u00fcr den schw\u00e4cher reduzierend wirkenden Fruchtzucker die Kochzeit von 3 auf 4 Minuten erh\u00f6ht werden.\nBeim Milchzucker, bei dem sich zur Erlangung gleichm\u00e4\u00dfiger Resultate eine Kochzeit von bllt Minuten als zweckm\u00e4\u00dfig herausstellte, zeigten die Cu-Werte eine erhebliche Abweichung von jenen der Traubenzuckerbestimmung. Der Berechnung der Versuchsergebnisse wurde die folgende mit genau hergestellten L\u00f6sungen gewonnene Tabelle zugrunde gelegt:\nMilchzuckertabelle.\nMilchzucker in mg\tCu in mg\n10,0\t15,72\n9,5\t14,93\n9,0\t14,27\n8,5\t13,36\n8,0\t12,57\nBeim Malzzucker wurden die \u00fcbereinstimmendsten Resultate bei Anwendung einer Kochzeit von 4 Minuten gefunden. Die hierbei erhaltenen Cu-Werte waren noch viel geringer als beim Milchzucker, wie die folgende Tabelle zeigt, auf Grund deren die Versuchsergebnisse berechnet wurden.\nMalzzuckertabelle.\nMalzzucker in mg\tCu in mg\n10,0\t11,63\n9,5\t10,97\n9,0\t10,37\n8,5\t9,74\n8,0\t9,11\nEtwas abweichend von den anderen gestaltete sich die Bestimmung des Rohrzuckers, der erst mit S\u00e4ure gespalten werden mu\u00dfte, da er sonst nicht reduziert. Es wurde folgender-ma\u00dfen verfahren: Zu 2 ccm der zu untersuchenden L\u00f6sung wurden 4 ccm n/io-Schwefels\u00e4ure hinzugef\u00fcgt; dann wurde","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Der Umsatz verschiedener Zuckerarten im Stoffwechsel usw. 251\ns/4 Minuten gekocht, hierauf mit n/io-Natronlauge neutralisiert und dann die Bertrandsche Methode in der gew\u00f6hnlichen Weise (mit 3 Minuten dauerndem Kochen) zu Ende gef\u00fchrt. Es wurden die folgenden Cu-Werte erhalten;\nRohrzuckertabelle.\nRohrzucker in mg 10,0 9,5 9,0\nCu in mg 21,25 20f12 19,0*.\nII. Veranchsergebnigse. 1. Milchzucker.\na)\tRuhe. Es war ein deutlicher Verbrauch nachweisbar, der bezogen auf 1 g und 24h f\u00fcr pialose R\u00fcckenmarke am 1. Tage als Mittel von 6 Versuchen 3,4 mg (3,2\u20144,1) betrug. Wie auf Grund der Versuche \u00fcber den Traubenzuckerumsatz zu erwarten war, f\u00e4llt der Zuckerverbrauch mit der Versuchsdauer. In 2 Versuchen, in denen je 2 pialose R\u00fcckenmarke in den ersten 24 h einen Zuckerverbrauch von 3,3 und 4,1 mg ergeben hatten, sank der Wert am 2. Tage auf 1,1 bezw. 1,3 mg. Ebenso wie beim Traubenzucker \u00fcbt auch beim Milchzucker die Gef\u00e4\u00dfhaut infolge ihrer Undurchg\u00e4ngigkeit einen hemmenden Einflu\u00df auf den Zuckerverbrauch aus, der in einem Versuche an 2 von der Pia umh\u00fcllten Pr\u00e4paraten nur 0,9 mg p. 1 g und 24h betrug.\nb)\tReizung : Mit der gleichen Methodik wie beim Traubenzucker wurde auch hier der Einflu\u00df elektrischer Reizung auf den Zuckerstoffwechsel untersucht durch Vergleich des Umsatzes w\u00e4hrend einer 14\u201416h Ruheperiode mit einer darauffolgenden 8\u20149h Periode rhythmischer, tetanischer Reizung. Auch beim Milchzucker ergab sich eine sehr deutliche Steigerung, in einem Versuche von 3,4 auf 6,0, in einem 2. Versuche von 3,2 auf 6,3, in einem 3. von 3,3 auf 6,1 mg p. 1 g und 24h, also um fast 100 \u00b0/o.","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\nElse Hirschberg,\n2.\tMalzzucker und Rohrzucker.\nDie beiden anderen physiologisch wichtigen Doppelzucker k\u00f6nnen von den nerv\u00f6sen Zentralorganen nicht verwertet werden ; weder in der Ruhe, noch bei elektrischer Reizung war, in je 3 mit Malzzucker und mit Rohrzucker angestellten Versuchen, ein Zuckerverbrauch nachweisbar. Das Verweilen der Pr\u00e4parate in der Maltosel\u00f6sung rief eine eigenartige Gelbf\u00e4rbung von wechselnder St\u00e4rke hervor, deren Ursache nicht festgestellt werden konnte.\n3.\tFruchtzucker.\nIm Gegens\u00e4tze zu den vorangehenden wird Fruktose durch das Froschr\u00fcckenmark in betr\u00e4chtlichem Ma\u00dfe umgesetzt, im RuhestofTwechsel sogar eher noch etwas st\u00e4rker als Traubenzucker. 5 Versuche ergaben als Mittel 5,3 mg (5,1\u20145,5 mg) p. 1 g und 24h. \u2014 Dagegen war die durch Reizung zu erzielende Vermehrung des Zuckerverbrauches im Verh\u00e4ltnis dazu auffallend gering; er stieg in 4 entsprechend den Milchzuckerversuchen angestellten Experimenten von 5,4 auf 6,0, von 5,1 auf 6,4 und bei st\u00e4rkerer Reizung von 5,3 auf 6,8 und von 5,3 auf 7,4 mg p. lg und 24h, mithin Steigerungen um nur 11\u201441 \u00b0/o.\n4.\tGalaktose.\nWeitaus die gr\u00f6\u00dften Ruhe werte des Zuckerumsatzes wurden bei der Galaktose beobachtet, vielleicht im Zusammenhang mit der Tatsache, da\u00df dieser Zucker als Bestandteil der Cerebroside in die Zusammensetzung der zentralen Nerven-substanz eintritt. Vier Versuche ergaben n\u00e4mlich: 6,7, 6,7, 6,5 und 6,6 mg p. 1 g und 24h, im Mittel 6,6 mg. \u2014 Auch hier war die durch elektrische Reizung erzielbare Steigerung relativ gering; denn die an gleichen Pr\u00e4paraten in 7\u20148h Reizperiode gewonnenen Werte betrugen, umgerechnet auf 1 g und 24h: in den beiden ersten Versuchen 9,1 und 8,8 mg, in den beiden letzten, mit st\u00e4rkerer Reizung 10,8 und 11,1 mg, mithin Erh\u00f6hungen um h\u00f6chstens 71\u00b0/o. \u2014 Die bei starker","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Der Umsatz verschiedener Zuckerarten im Stoffwechsel usw. 253\nReizung erhaltenen Werte kommen in ihrer absoluten Gr\u00f6\u00dfe ungef\u00e4hr den unter den gleichen Bedingungen beim Traubenzucker beobachteten nahe, wie die folgenden Versuche zeigen.\n5. Traubenzucker.\nZur Erzielung genau vergleichbarer Werte wurden die in der fr\u00fcheren Arbeit (a. a. 0.) mitgeteilten Versuche durch zwei neue erg\u00e4nzt, bei denen die gleiche Versuchsanordnung und Reizst\u00e4rke zur Verwendung gelangte, wie bei den \u00fcbrigen Zuckerarten. Es ergaben sich f\u00fcr den durch 15 Vt\u201416 h untersuchten Ruhestoffwechsel beide Male ein Zuckerverbrauch von 4,7 mg p. 1 g und 24 h, f\u00fcr die darauffolgende 8 st\u00e4ndige Reizungsperiode 12,5 bezw. 12,6 mg, d. i. eine Steigerung um 166 bezw. 168 \u00b0/o, also weitaus die st\u00e4rkste in allen Versuchen erzielte Erh\u00f6hung des Zuckerverbrauches.\nHI. Zusammenfassung.\nVon den 6 untersuchten Zuckerarten: Traubenzucker, Fruchtzucker, Galaktose, Milchzucker, Malzzucker und Rohrzucker k\u00f6nnen die bei den letzten im Stoffwechsel des isolierten Froschr\u00fcckenmarkes nicht verwertet werden. \u00dcber die Gr\u00f6\u00dfe des in einer 0,5\u00b0/oigen L\u00f6sung innerhalb der ersten 24 h zu beobachtenden Umsatzes der \u00fcbrigen Zucker in der Ruhe und bei der Reizung gibt die folgende Tabelle Aufschlu\u00df:\nTabelle.\nZuckerart\tRuhestoff-. Wechsel\t\tReizstoffwechsel\t\t\t\tErregungs-Umsatz (=* Reiz-stoffwechsel \u2014 Buhestoffwechsel) in mg, p. 1 g u. 24b\n\t\t\tschw\u00e4che\u2122\t\tfitMrlrArA Rpi;\t\t\n\tZahl der Vers.\tGr\u00f6\u00dfe des Ziicker-Verbrauches in mg, p. 1 g u. 24 h\tR Zahl der Vers.\teizung ' Gr\u00f6\u00dfe des Zuckerverbrauches in mg. p. 1 g a. 24 h\tZahl der Vers.\tzung Gr\u00f6\u00dfe des Zocker, verbrauche\u00ab in mg, p. 1 g u. 24 h\t\nTraubenzucker . .\t9\t4,7-5,5\t1\t11,0\t2\t12,5; 12,6\t7,8; 7,9\nFruchtzucker . . .\t\u00f6\t5,1-5,5\t2\t6,0; 6,4\t2\t6,8; 7,4\t1,5; 2,1\nGalaktose ....\t4\t6,5-\u20146,7\t2\t8,8; 9,1\t2\t10,8; 11,1\t4,3; 4,6\nMilchzucker . . .\t6\t3,2-4,1\t1\t6,3\t2\t6,0; 6,1\t2,6; 2,8","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254 Else Hirschberg, Der Umsatz verschiedener Znckerarten usw.\nBerechnet auf Grund der Versuche, in denen Ruhe- und Reizstoffwechsel (bei starker Reizung) an den gleichen Pr\u00e4paraten untersucht wurde.\nDiese Zusammenstellung zeigt, da\u00df Traubenzucker und Fruchtzucker im Ruhestoffwechsel der nerv\u00f6sen Zentralorgane ungef\u00e4hr in gleichem Umfange verwertbar sind, Milchzucker bedeutend weniger, Galaktose dagegen in erheblich gr\u00f6\u00dferem Ausma\u00dfe, wohl im Zusammenh\u00e4nge mit seiner Bedeutung f\u00fcr den Aufbau von Bestandteilen des Zentralnervensystems. Durchaus abweichend hiervon ist die Verwendbarkeit der verschiedenen Zucker im Reizstoffwechsel. W\u00e4hrend hier die absoluten Werte f\u00fcr Fruktose und Milchzucker einerseits und die fast doppelt so hohen f\u00fcr Traubenzucker und Galaktose anderseits einander nahestehen, ist die Gr\u00f6\u00dfe des durch die Differenz zwischen Reiz- und Ruhestoffwechsel ausgedr\u00fcckten Erregungsumsatzes am geringsten beim Fruchtzucker, dann folgen Milchzucker und Galaktose, und dann in gro\u00dfem Abstande der Traubenzucker, der weitaus die beste Eignung als \u00abKraftquelle\u00bb zu besitzen scheint.\nZum Schl\u00fcsse m\u00f6chte ich Herrn Professor Dr.H. Winterstein auch an dieser Stelle f\u00fcr g\u00fctige \u00dcberlassung des Untersuchungsmaterials und seine liebensw\u00fcrdige Unterst\u00fctzung herzlich danken.","page":254}],"identifier":"lit20703","issued":"1918","language":"de","pages":"248-254","startpages":"248","title":"Der Umsatz verschiedener Zuckerarten im Stoffwechsel der nerv\u00f6sen Zentralorgane","type":"Journal Article","volume":"101"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:36:16.456197+00:00"}