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Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion

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{"created":"2022-01-31T15:40:10.838834+00:00","id":"lit20725","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Christiansen, Johanne","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 102: 275-305","fulltext":[{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion.\nVon\nJohanne Christiansen.\nMit sechs Kurvenzeichnungen im Text.\n\u00e9\n(Aus dem Institut f\u00fcr allgemeine Pathologie in Kopenhagen (C. J. Salemonsen) )\n(Der Redaktion zugegangen am 1. Juni 1918.)\nDie folgenden Versuche und Beobachtungen \u00fcber Alkoholdesinfektion sind in Fortsetzung der balloelektrischen Untersuchungen von Prof. C. Christiansen angestellt worden. Um einige von diesen zu erkl\u00e4ren, habe ich im Jahre 1915 eine Hydrattheorie aufgestellt, infolge welcher Methylalkohol in w\u00e4sseriger L\u00f6sung sich mit 2 Molek\u00fclen Wasser, \u00c4thylalkohol mit 4, Propylalkohol mit 8, Butylalkohol mit 16, Amylalkohol mit 32 usw. verbindet.\nVon diesen Hydraten wurde das \u00c4thylalkoholhydrat in krystallinischer Form schon 1894 von Barendrecht bei ca. * 60\u00b0/o C. dargestellt. Er fand bei der Analyse 37 Gewichtsprozent Alkohol (das Hydrat : 1 + 4 H,0 enth\u00e4lt 39 Gewichtsprozent Alkohol). Weiter fand Barendrecht, da\u00df beim Gefrieren konzentrierter L\u00f6sungen von Propylalkohoi gro\u00dfe kubische Krystalle ausgeschieden wurden \u2014 wahrscheinlich auch ein Hydrat. Hydrate der \u00fcbrigen Alkohole sind nicht kry-stallinisch dargestellt worden.\nEs war in Fortsetzung dieser Gedanken interessant zu untersuchen, ob nicht die verschiedenen biologischen Wirkungen (Desinfektion, Fixierung, H\u00e4rten, Narkose) der Alkohole durch diese Theorie ihre Erkl\u00e4rung finden k\u00f6nnten.\nIch habe daher \u00fcber die L\u00f6slichkeit verschiedener Stoffe in den Alkoholen und \u00fcber die Alkoholf\u00e4llung der Eiwei\u00dfbtoffe und anderer Stoffe Versuche angestellt, welche doch nur, in-","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\tJohanne Christiansen,\nsoweit sie die Alkoholdesinfektion ber\u00fchren, in dieser Abhandlung Erw\u00e4hnung finden sollen.\nDie desinfizierende Wirkung von \u00c4thylalkohol ist bekanntlich von au\u00dferordentlich praktischer Bedeutung, weil die meisten Chirurgen ihn als unentbehrlich f\u00fcr die H\u00e4ndedesinfektion an-sehen und weil er \u00fcberhaupt das einzige einigerma\u00dfen effektive Desinfektionsmittel ist, das nicht \u2014 die trocknende Wirkung ausgenommen \u2014 unangenehme Nebenwirkungen hat (z. B. Ekzem, F\u00e4rbung der Haut, schlechter Geruch\u00bb Vergiftung).\nEs war daher eine interessante Aufgabe, in Zusammenhang mit der erw\u00e4hnten Hydrathypothese eine Erkl\u00e4rung der bekannten h\u00f6chst merkw\u00fcrdigen Desinfektionskurve f\u00fcr \u00c4thylalkohol zu suchen.\nTabelle 1.\n\u00c4thylalkohol (Zimmertemperatur).\nBeyer\t\tGregersen\t\tChristiansen\t\nYol. Alkohol \u00b0/0\tMinuten\tVol. Alkohol %\tMinuten\tVol. Alkohol \u00b0/o\tMinuten\n\u2014\tr\t30\t300\t30\t35 i\n40\t> 60\t40\t37\t40\t1 5\n50\t47\t50\t5\t50\t1\n60\t12\t60\tIV*\t60\t7*\n70\t7*\t70\t7\u00ab\t70\tV*\n80\t22\t80\t2\t80\t7*\n90\t> 60\t90\t22\t90\t7*\n\u2014\t\u2014\t100\t> 7 Tage\t100\t> 60\nFig. 1 (mit der zugeh\u00f6rigen Tabelle 1) zeigt diese Kurve, wie sie von drei verschiedenen Untersuchern unter verschiedenen Versuchsbedingungen gefunden wurde. Die Kurve B ist von Beyer gefunden, der mit Staphyloccus pyogenes aureus, auf Seidenf\u00e4den eingetrocknet, experimentiert hat ; die Kurve G ist von J. P. Gregersen, der die Staphylocokken auf b\u00f6hmische Granaten eintrocknete, gefunden worden, und die Kurve C repr\u00e4sentiert meine Versuche, auch mit Staphylocokken, die auf Granaten getrocknet wurden.","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 277\nDie Abszisse bedeutet Vol.-\u00b0/o \u00c4thylalkohol, die Ordinate die Desinfektionszeit in , Minuten. Der Unterschied zwischen diesen Kurven mu\u00df Variationen in Widerstandskraft und Menge der angewandten Bakterien zugeschrieben werden. Au\u00dferdem spielen kleine Unterschiede in Temperatur (\u00abZimmertemperatur\u00bb) eine Rolle und auch der Umstand, da\u00df Teile von Bouillon oder Agar zusammen mit den Bakterien eingetrocknet werden und diese mehr oder weniger gegen das Desinfektionsmittel sch\u00fctzen.\nDas Eigent\u00fcmliche bei allen drei Kurven ist, da\u00df sie auf einer gewissen Strecke oder in einem bestimmt\u00e8n Punkte (Beyer) maximales Desinfektionsverm\u00f6gen zeigen, w\u00e4hrend der Alkohol in h\u00f6heren oder niedrigeren Konzentrationen nur sehr\nschwach desinfiziert.\n.\nIn der au\u00dferordentlich gro\u00dfen Literatur (besonders chirurgischen) \u00fcber Alkoholdesinfektion \u2014 deren Anfang man von der Arbeit F\u00fcrbringers 1888 datieren kann ^-.findet man keine sicheren Angaben \u00fcber die Theorie dieser Kurve, sondern nur Vermutungen.\nF. Ahlfeldt, der jahrelang die Desinfektion der H\u00e4nde allein mit Alkohol verteidigt hat, kann z. B. nicht viel \u00fcber","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"Johanne Christiansen,\ndie Theorie der Methode sagen. Er schreibt im Jahre 1914, da\u00df Alkohol \u00abin der Hauptsache durch Wasserentziehung, vielleicht auch durch eine spezifische Giftwirkung, nicht nur die oberfl\u00e4chlich liegenden, sondern auch die Bakterien der tieferen Hautschichten abt\u00f6ten kann\u00bb. A. Beyer (1911) meint dagegen, was unzweifelhaft richtig ist, da\u00df die alleinige Ursache der Desinfektion die \u00abspezifische Giftwirkung\u00bb ist, und da\u00df diese Giftwirkung von der wassersaugenden Wirkung des Alkohols bei hohen Konzentrationen derselben teilweise aufgehoben werden kann.\nWas die Ursache der \u00abspezifischen Giftwirkung\u00bb betrifft, findet man in der Literatur nur Vermutungen, die in die Richtung gehen, da\u00df diese mit dem eiwei\u00dff\u00e4llenden Verm\u00f6gen der Alkohole in Zusammenhang steht. Es ist ja bekannt, da\u00df F\u00e4llungsverm\u00f6gen und Desinfektionsverm\u00f6gen bei den meisten Antiseptica parallel gehen.\nDie aus der Literatur gewonnene Anschauung war somit die, da\u00df der erste Teil der Desinfektionskurve von einer Eiwei\u00dff\u00e4llung im Protoplasma der Bakterien bedingt wurde, w\u00e4hrend die Wasserbindung des Alkohols den letzten Teil der Kurve bestimmt.\nGenaue Versuche, die diese Auffassung beweisen sollen, sind jedoch nicht zu finden, und die erste Aufgabe war daher zu untersuchen, ob Methyl-, \u00c4thyl- und Propylalkohol in gleich stark eiwei\u00dff\u00e4llenden Konzentrationen auch gleich stark desinfizierten, ln dieser Absicht wurden die\"F\u00e4llungsgrenzen der drei Alkohole einem bestimmten Eiwei\u00dfstoffe gegen\u00fcber (dialysiertes, globulinfreies Serumalbumin) bei 22\u00b0 bestimmt. Natriumchlorid\nwurde bei allen Versuchen bis zu der Konzentration 0,9 \u00b0/o\n\u2022 *\nzugesetzt.\nDie \u00e4quivalentf\u00e4llenden Alkoholkonzentrationen blieben unter den angegebenen Bedingungen die folgenden : 16 vol.-\u00b0/o (= 4,3 Mol.-o/o)1) Propylalkohol, 24 Vol.-\u00b0/o (= 9Mol.-\u00b0/o) \u00c4thylalkohol und 32 Vol.-\u00b0/o (= 17,5 Mol.-\u00b0/o Methylalkohol). Es\n\u2019) mol.-\u00b0/o = prozentische Anzahl von Alkoholmolek\u00fclen pr. 100 Molek\u00fclen insgesamt.\nt","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 279\nr\n\u2022 * \u2022\u2022\u2022'., %\n\u2022 ,\nw\u00fcrde dann bei Desinfektionsversuchen untersucht, ob diese Konzentrationen, wie theoretisch zu erwarten war, die Bakterien in gleicher Zeit t\u00f6teten; dies war aber, wie man aus Fig. 3 ersehen kann, gar nicht der Fall : 16\u00b0/o Propylalkohol t\u00f6tet Bakterien viel'schneller als 24% \u00c4thylalkohol und 32% Methylalkohol, obgleich Propylalkohol wegen des gr\u00f6\u00dferen Molekulargewichts vermutlich langsamer als die anderen Alkohole in die Bakterien dilTundiert.\nDas eiwei\u00dff\u00e4llende Verm\u00f6gen der Alkohole ist unzweifelhaft ein wichtiges Moment, es gibt aber, wie diese Versuche lehren, nicht eine gen\u00fcgende Erkl\u00e4rung des ersten Teiles\nder Alkoholkurve.\t,\n- \u2666\nFortgesetzte Studien, namentlich der Arbeiten von Traube und Czapek, zeigten, da\u00df es notwendig war, auch.die Oberfl\u00e4chenspannung der Alkohole mit in Betracht zu ziehen.\nF. Czapek (1910) hat in gro\u00dfen Versuchsreihen gezeigt, da\u00df Zellen h\u00f6herer Pflanzen von oberfl\u00e4chen-aktiven Stoffen in Konzentrationen mit gleichen Oberfl\u00e4chenspannungen (0,68) vergiftet werden. Czapek meint, da\u00df jede Zelle eine gewisse eigene Oberfl\u00e4chenspannung hat, und da\u00df diese bei der eben giftigen Konzentration eines sonst indifferenten oberfl\u00e4chenaktiven Stoffes gemessen werden kann. Diese Untersuchungen sind eine Best\u00e4tigung der von Traube schon 1904 aufgestellten Theorie \u00fcber die gro\u00dfe Bedeutung der Oberfl\u00e4chenspannung f\u00fcr viele biologische Prozesse. \u00dcbereinstimmend hiermit sind auch die Untersuchungen von F\u00fchner und Neubauer \u00fcber die H\u00e4molyse roter Blutk\u00f6rperchen und die Versuche von\nBruno Kisch \u00fcber die Wirkung oberfl\u00e4chen-aktiver Stoffe auf Hefe.\nWenn Czapeks Theorie richtig ist, hat nach diesen verschiedenen Versuchsreihen die Oberfl\u00e4chenspannung der Zellen h\u00f6herer Pflanzen den Wert 0,68, die der Erythrozyten ca. 0,6, der Hefezellen 0,5, und nach meinen Untersuchungen ist die\nOberfl\u00e4chenspannung der Bakterien noch niedriger, n\u00e4mlich ca. 0,4.\nDie n\u00e4chste experimentelle Aufgabe war nun, zu untersuchen, ob Alkoholl\u00f6sungen mit derselben Oberfl\u00e4chenspannung\n\u2022 *","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ab\u201cD\tJohanne Christiansen,\ngleich stark desinfizierten. Es war hierf\u00fcr n\u00f6tig, sowohl Oberfl\u00e4chenspannungskurven wie auch genaue Desinfektionskurven aller drei Alkohole aufzuzeichnen. Die Oberfl\u00e4chenspannungskurven (Fig. 2 und Tab. 2) sind teilweise aus der Literatur genommen, n\u00e4mlich aus Untersuchungen von Duclaux, Traube, Bruno Kisch und Ramsay und Shields. Diese sind, was Propylalkohol anbelangt, durch eigene stalagmometrische Untersuchungen erg\u00e4nzt.\nTabeUe 2.\nMethylalkohol\t\t\t\u00c4thylalkohol .\t\t\tPropylalkoh\u00f6l\t\t\tAcetone\t\t\nTp.\tg\tOber- fl\u00e4chen-\tTp.\tg\tOber- fl\u00e4chen-\tTp.\tg\tOber- fl\u00e4chen-\tTp.\tg\tOber- fl\u00e4chen-\nC.\t>\tspan-. nung\tC.\t\u00b0/o !\tSpan- nung\tC.\t\u00b0/\u00ae\tspan- nung\tC.\t\u2022/\u00ae\tspan- nung\nDuclaux\t\t\t\t\t\tJ. Traube\t\t\t\t\t\n15\u00b0\t1,3\t0,932\t15\u00ae\t1,6\t0,830\t15\u00ae\t1,5\t0,807\t15\u00ae\t1,45\t. 0,888\n\u2014\t3,7\t0,856\t\u2014\t4\t0,785\t\u2014\t3\t0,707\t\u2014\t2,9\t0,83\n\u2014\t6.7\t0,777\t\u2014 '\t8\t0,682\t\u2014\t6\t0,592\t\u2014 '\t5,8\t0,757\n\u2014\t16\t0,660\t\u2014\t16,2\t0,568\tJ. Christiansen\t\t\tBruno Kisch\t\t\n\u2014\t24\t0,59\t\u2014\t24,7\t0,490\t15\u00ae\t7,5\t0,572\t17\u00ae\t19\t0,578\n\u2014\t32\t0,53\t\u2014\t33,2\t0,440\t\u2014\t16,8\t0,439\t\u2014\t22,5\t0,545\n\u2014\t41,&\t0,488\t' \u2014\t42,5\t0,410\t\u2014\t25,7\t0,388\t\u2014\t25,2\t0,525\n\u2014\t47,7\t0,458\t\u2014 '\t52\t0,382\t\u2014 \u2022\t35,3\t0,379\t\u2014\t28\t0,516\n\u2014\t60,3\t0,425\t\u2014\t62,4\t0,365\t\u2014\t44,7\t0,366\t\u2014\t30,5\t0,490\n\u2014\t71,7\t0,392\t\u2014\t73,5\t0,350\tRamsay and Shields\t\t\t\t\t\n0. (\t81,7\t0,360\t-T.\t85,5\t0,338\t16,4\u00ae\t100\t0,326\t17,6\u00ae\t100\t0,334\n\t98,8\t0,302\t\u2014\t100\t0,302\t\t\t*\t\t\t\nRamsay and Shields\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n20\u00ae\t| 100\t| 0,318\t| 20\u00ae :\t1 100\t| 0,312\t\t\t\t\u2022v\t\t\nUm eine Vergleichung zu erm\u00f6glichen, war es notwendig, die Zahlen der verschiedenen Verfasser umzurechnen, soda\u00df alle Konzentrationen in Gewichtsprozent und die Oberfl\u00e4chenspannung in Bruchteilen der Oberfl\u00e4chenspannung des Wassers angegeben wurden.\nMan sieht aus den Kurven (Fig. 2), da\u00df alle drei Alkohole","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Oberfl\u00e4chen Spannung\nschlie\u00dflich, wenn unverd\u00fcnnt, ungef\u00e4hr dieselbe Oberfl\u00e4chenspannung (ca. 0,3) erreiche^.\n9\ta a iMkMi a\t\u2014 - A M\t\u00c6 *9 \u00c6\t0 m a 0\ni, weil dieser Stoff\nin den letzten Jahren zur H\u00e4ndedesinfektion verwendet wurde (E^H\u00e4berle).\nUm zuverl\u00e4\u00dfliche Desinfektionskurven zum Vergleich mit diesen Oberfl\u00e4chenspannungskurven zu erreichen, wurden Versuche gemacht mit Bakterien, eingetrocknet teils auf Granaten, teils auf Deckgl\u00e4sern. Es war indessen bei diesen Methoden unm\u00f6glich, Kurven zu bekommen, die f\u00fcr die theoretische Deutung genau genug waren. Die Desinfektionszeit ist eine Funktion von einer ziemlich gro\u00dfen Anzahl von Faktoren, n\u00e4mlich:\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CU.\t20","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\tJohanne Christiansen,\n1.\tSpezies des Bakteriums,\n2.\tder von der vorhergehenden Kultivierung der. Bakterien abh\u00e4ngigen Resistenz,\n3.\tAnzahl der Bakterien,\n4.\tTemperatur.\nAu\u00dfer diesen Schwierigkeiten, die so gro\u00df sind, da\u00df vergleichende Versuche nicht brauchbar sind, wenn sie nicht an demselben Tage, mit derselben Kultur ausgef\u00fchrt wurden, kommen f\u00fcr eingetrocknete Bakterien noch drei Momente in Betracht, n\u00e4mlich:\n5.\tdie Dichte der eingetrockneten Bakterienschicht,\n6.\teingetrocknete Agarteilchen, die die Bakterien sch\u00fctzen k\u00f6nnen,\n9\tt\n7.\tBesch\u00e4digung der Bakt\u00e9rien durch bakterizide Stoffe in den Granaten oder den Deckgl\u00e4sern (Metalle, Alkalien) oder wegen des Eintrocknens allein.\nUm Klarheit \u00fcber die Wichtigkeit dieser letzten Faktoren zu gewinnen, wurden Kontrollversuche mit Eintrocknen von St\u00e4phylocokken auf N\n1. Linnenlappen,\n*\t2. Filterpapier,\n3. Deckgl\u00e4sern\nangestellt, wobei herauskam, da\u00df bei Parallelversuchen, die an demselben Tage, mit ders\u00e9lben Menge von Bakterien und bei derselben Temperatur angestellt worden waren, doch starke Variationen der Kurven sich zeigten, die vom Material der Eintrocknung herr\u00fchrten.\nEs wurde daher notwendig, die Versuche mit eingetrockneten Bakterien aufzugeben und die entscheidenden Versuche mit nassen Bakterien anzustellen, wie es unten beschrieben werden soll. Die Kurven der Fig. 3 (mit zugeh\u00f6render Tab. 3) sind daher, weil sie mit (auf Deckgl\u00e4sern) eingetrockneten Bakterien ausgef\u00fchrt sind, nur als grobe. Obersichtskurven zu betrachten. Es erhellt aus diesen Kurven, was schon andere Untersucher (Buchner, Fuchs und Megele und Wirgin) gefunden haben, da\u00df Propylalkohol am st\u00e4rksten desinfiziert, und da\u00df keiner der drei Alkohole (nach Wirgin auch nicht","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 283\nFlg. 3. ool 9b Alkohol.\nTabelle 3,\nVersuche mit getrockneten Bakterien\nMethylalkohol\t\t\u00c4thylalkohol\t\tPropylalkohol\t\nVol.\tDesinfektions*\tVol.\tDesinfektions*\tVol.\tbesinfektions-\n\tzeit\t7\u00ae\tzeit\t\u2022/ o\tzeit\n30\t3 Std.\t30\t3 Std.\t10\t> 3 Std.\n40\t2 >\t40\t5 Min.\t15\t12 Min.\n50\t50 Min.\t50\tV* >\t20\t7* *\n60\t1 \u00bb\t60 ! \u2022\tH* >\t30\tV* \u00bb\n70\t7< >\t70\tV* > '\t50\t\u25a0 >\n80\tl >\t80\t*/* *\t70\t7* i.\n90\t15 \u00bb\t90\t30 , *\t90\tV\u00ab \u00bb\n100\t>60 \u00bb\t| 100\t> 3 Std.\t100\t>60 *\nButylalkohol und Amylalkohol) in unverd\u00fcnntem Zustand ein trockenes Objekt desinfizieren kann.\nDesinfektionsversuche mit nassen Bakterien bilden eine Methode, die sehr h\u00e4ufig angewendet wurde, aber den Nachteil hat, da\u00df eine geringe Menge des4 Desinfektionsmittels mit in","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"28^\tJohanne Christiansen,\ndas Kulturmedium hin\u00fcbergetragen wird und hier die Entwicklung der Bakterien hemmt, Dieser Umstand spielt indessen f\u00fcr die Alkohole keine Rolle, weil diese in so kleinen Konzentrationen keine hemmenden Wirkungen entfalten. Die schlie\u00dflichen Experimente wurden daher in der folgenden Weise angestellt:\nIn einer Reihe kleiner steriler Reagenzgl\u00e4ser wurden mit steriler Pipette je 2 ccm des Desinfektionsmittels in den gew\u00fcnschten Konzentrationen abgemessen. In jedes Glas wurden drei \u00d6sen (auf demselben Platindraht gedreht) einer 24 st\u00e4ndigen Bouillonkultur von Staphylococcus pyogenes aureus getaucht und mit der L\u00f6sung gemischt. Nach bestimmten Desinfektionszeiten wurden drei \u00d6sen dieser Mischung in Bouillon hin\u00fcbergekracht. Die kleinen Reagenzgl\u00e4ser waren in einem Zinkstativ angebracht, das wieder in einem Wasserbade mit konstanter Temperatur stand. Die angewendete 24 Stunden-Bouillonkultur war von einer Agarkultur geimpft, die alle 14 Tage auf neues Agar \u00fcbergeimpft und bei Zimmertemperatur aufbewahrt wurde. In dieser Weise erzielt man nach den Anweisungen von Chick und Martin recht konstante Resultate. Nichtsdestoweniger kann man nicht sicher sein, immer dieselbe Anzahl der Bak-terien in jeder 24 st\u00e4ndigen Bouillonkultur zu haben, und daher k\u00f6nnen nicht s\u00e4mtliche Resultate der Kurven 4\u20146 im Verh\u00e4ltnis zueinander ganz , richtig sein. Um dies zu erreichen, w\u00e4re es, wie schon erw\u00e4hnt, n\u00f6tig, s\u00e4mtliche Versuche an einem Tage anzustellen. Dies war indessen unm\u00f6glich und angesichts der speziellen theoretischen Aufgabe auch nicht n\u00f6tig. Es galt nur festzustellen, welche Konzentrationen der drei Alkohole gleich stark desinfizierten, und es wurde daher an demselben Tage immer mit allen drei Alkoholen (und mit Acetone) zu denselben Versuchszeiten gearbeitet. Hierbei wurde erreicht, da\u00df die Kurven ein zuverl\u00e4\u00dfliches Material zur Beurteilung der Rolle der Oberfl\u00e4chenspannung f\u00fcr die Alkoholdesinfektion ausmachen. Dagegen sind sie weniger zuverl\u00e4\u00dflich, wenn es gilt, die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Abt\u00f6tungszeit und Konzentration f\u00fcr den einzelnen Alkohol zu beurteilen.\nDie ersten Versuche wurden bei 25\u00b0 und 15\u00b0 vorgenommen, und die Resultate sind in der Tabelle 4 und den","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 285\nFig. \u2018ic 5 aufgezeichnet. Die Konzentrationen sind sowohl in Gewichtsprozenten wie auch in Vol-o/o (d. h. Volumen Alkohol zu Totalvolumen von Alkohol und Wasser vor Mischung) angegeben. In den letzten Kolonnen sind f\u00fcr jeden Alkohol die Oberfl\u00e4chenspannungen der verwendeten Konzentrationen an-\n90","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":". i \u25a0\nJohanne Christiansen,\ngegeben, soda\u00df man die Oberfl\u00e4chenspannungen der zu derselben Zeit desinfizierenden Alkohole direkt vergleichen kann.\nZ. B.: Bei 25\u00b0 C. sind die Oberfl\u00e4chenspannungen f\u00fcr die Desinfektionszeit V* Minute die folgenden : 0,45 (Methylalkohol), 0,43 (\u00c4thylalkohol), 0,42 (Propylalkohol) und 0,42 (Aceton).\nTabelle 4.\nTh. C.\tDesin-fek-tions-zeit in Min.\tMethylalkohol\t\t\t\u00c4thylalkohol\t\t\tPropylalkohol\t\t\tAceton\t\t\n\t\tVol. \u2022/\u2022\tg */\u2022\tOber- fl\u00e4chen- span- nung\tVol. \u00b0/0\tg #/#\tOber- fl\u00e4chen- span- nung\tVol. \u2022/\u2022\tg\tOber- fl\u00e4chen- span- nung\tVol.\tg\tOber- fl\u00e4chen- span- nung\n25\u00b0\t60\t35\t30\t0,55\t23,7\t20\t0,53\t11\t9\t0,53\t\t\u2022\t\u2022\n\u2014\t30\t39\t33\t0,52\t26,7\t2%\u00e9\t0,51\t13\t10,5\t0,51\t\t\t\n\u2014\t10\t44\t38,5\t0,50\t28\t23,5\t0,50\t15\t12,5\t0,48\t39\t33,5\t0,47\n\u2014\t3.\t50\t44,2\t0,47\t32,7\t27,7\t0,47\t18\t15\t0,45\t46\t40,2\t0,44\n\u2014\tV*\t55\t49\t0,45\t41\t35,5\t0,43\t22\t18,5\t0,42\t55\t49,2\t0,42\n15\u00b0\t60\t48\t42,5\t0,48\t32,5\t27,5\t0,47\t14\t11,5\t0,5\t\t\u2022 *\t\n\u2014\t30\t54\t48\t0,46\t36,4\t31\t0,45\t15\t12,5\t0,48\t46\t40,2\t0,41\n\u2014\t10\t59\t53\t0,44\t41\t35,5\t0,43\t17\t14\t0,46\t51\t45,2\t0.43\n\u2014\t3\t68\t63\t0,42\t47,5\t42\t0,41\t20\t16,5\t0,44\t55\t49,2\t0.42\n\\\tV\u00bb\t75\t71\t0,39\t51\t45,5\t0,40\t25\t21\t0,40\t60\t54,2\t0,41\nDie Variationen sind auch bei den anderen Versuchszeiten von derselben Gr\u00f6\u00dfenordnung, d. h. sie sind kaum gr\u00f6\u00dfer als die m\u00f6glichen Versuchsfehler veranlassen k\u00f6nnten.\nEs ist bekannt, da\u00df die Oberfl\u00e4chenspannung einen sehr kleinen Temperaturkoefflzienten hat, und es war daber auffallend, da\u00df die Desinfektion bei 25\u00b0 viel kr\u00e4ftiger als bei 15\u00b0 war. Man mu\u00df sich daher vorstellen, da\u00df andere Momente, n\u00e4mlich wahrscheinlich die Diffusion und die Lipoidl\u00f6slichkeit der Alkohole diesen gro\u00dfen Temperaturkoeffizienten der Desinfektion verursachen. Eine niedrige Oberfl\u00e4chenspannung ist an sich nicht gef\u00e4hrlich f\u00fcr die Zelle, aber sie gibt die Bedingung f\u00fcr die Wirkung der \u00fcbrigen delet\u00e4ren Eigenschaften der Alkohole.\nEs war interessant zu untersuchen, wie die Verh\u00e4ltnisse bei 0\u00b0 lagen. Vielleicht w\u00e4re hier eine noch gr\u00f6\u00dfere","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"fftnufo/i.\nZur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 287\n\u00bb\nN\t\u2022\n\u00dcbereinstimmung mit der Oberfl\u00e4chenspannungstheorie zu ermitteln.\nDie Resultate dieser Versuchsreihe (Tab. 5 und Fig. 6) waren indessen insoweit entt\u00e4uschend, als es selbst bei genauen vergleichenden Versuchen nicht m\u00f6glich war, ganz konstante Resultate zu erlangen. Die Versuche bei 0\u00b0 C. waren daher zur Beurteilung der Bedeutung der Oberfl\u00e4chenspannung nicht brauchbar, sie gaben aber ein anderes sehr interessantes und unerwartetes Resultat, das gleichzeitig die Unsicherheit der Versuche erkl\u00e4rte. Wie Fig. 6 zeigt, wirken n\u00e4mlich die hohen Konzentrationen von Methylalkohol, \u00c4thylalkohol und Aceton bei 0\u00b0 nur schwach desinfizierend, soda\u00df zwei dieser Kurven ganz wie die Desinfektionskurven mit eingetrockneten Bakterien (Fig. 3) ausgesprochene Minima haben. Propylalkohol dagegen wirkt auch bei 0\u00b0 kr\u00e4ftig desinfizierend in einer gro\u00dfen Konzentrationsbreite (30\u2014100%).\nDa\u00df absoluter Alkohol bei Zimmertemperatur eingetrocknete Bakterien nicht t\u00f6tet, sondern dagegen feuchte, ist eine wohlbekannte Tatsache. Ihre Ursache ist die, da\u00df der Alkohol zwei verschiedene Wirkungen auf das Protoplasma aus\u00fcbt: 1. die eigentlich t\u00f6tende, eiwei\u00dff\u00e4llende,.2. die aus-\n10\t10'\tSO\nFiff.6 0\u00bb\tVot%","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"Johanne Christiansen,\nTabelle 5. Temperatur 0\u00b0 C.\nMethylalkohol\t\t\u00c4thylalkohol\t\tPropylalkohol\t\tAcetone\t\nVol.\tDesinfekt.-\tVol.\tDesinfekt.-\tVoL\tDesinfekt.-\tVol.\tDesinfekt-\n*/\u2022\tzeit\t\u00b0/o\tzeit\t>\tzeit\t\u2022/.\tzeit\n70\t> 60 Min.\t60\t> 60 Min.\t20\t> 60 Min.\t60\t> 60 Min.\n75\t>60 *\t65\t45-65 *\t25\t20-60 *\t70\t7-60 *\n80\t10\u201420 *\t70\t4-60 \u00bb\t30\t7* >\t80\t10-40 >\n90\t7-20 \u00bb\t80\t2 >\t40\t7\u00ab *\t90\t15 \u00bb\n95\t3-10 \u00bb\t90\t4 >\t50\tV* >\t100\t>60 .\n100\t2-7 *\t100\t> 60 >\t60\ty* *\t\t\n\t\t\t. \u2019 s\t80\t7\u00ab >\t\t\n*\t* -\t\t\t100\tV* \u00bb\t\t\ntrocknende Wirkung, gegen welche das Bakterium sehr widerstandsf\u00e4hig ist. Getrocknete Bakterien werden daher von konzentriertem Alkohol nicht get\u00f6tet, feuchte werden dagegen bei Zimmertemperatur get\u00f6tet, weil der konzentrierte Alkohol durch das dem Bakterium umgebende Wasser diffundieren mu\u00df und daher die t\u00f6tende Konzentration fr\u00fcher erreicht, als die austrocknende. Bei 0\u00b0 verl\u00e4uft offenbar der t\u00f6tende Proze\u00df so langsam, soda\u00df der Alkohol seine austrocknende Konzentration erreicht, bevor das Bakterium zerst\u00f6rt ist.\nDa\u00df Propylalkohol auch , bei 0\u00b0 in jeder Konzentration \u00fcber 25\u00b0/o feuchte Bakterien t\u00f6tet, bedeutet nicht, da\u00df er keine wassersaugende Wirkung hat \u2014 das Gegenteil ist aus Fig. 3 zu ersehen \u2014, sondern nur da\u00df die t\u00f6tende Wirkung auch bei 0\u00b0 so gro\u00df ist, da\u00df sie der austrocknenden Wirkung zuvorkommt.'\nDie zwei Alkoholwirkungen auf das Eiwei\u00df der Bakterien, die f\u00e4llende und die austrocknende, k\u00f6nnen auch in Eiwei\u00dfl\u00f6sungen demonstriert werden : Wenn man in einer Reihe von Reagenzgl\u00e4sern gleichviel salzfreies (dialysiertes) Serumalbumin abpipettiert hat und dann mit verschiedenen Konzentrationen Alkohol (z. B. 40, 50, 60\u00b0/o bis 100 \u00ae/o) f\u00e4llt, dann bekommt man wei\u00dfe Bodens\u00e4tze, deren Gr\u00f6\u00dfe mit der Alkoholkonzen-tration anw\u00e4chst. Alle diese F\u00e4llungen sind reversibel, d. h.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 289\n..\nsie werden in \u00dcberschu\u00df von Wasser wieder gel\u00f6st. Benutzt man dagegen gew\u00f6hnliches salzhaltiges Serum, dann bekommt man f\u00fcr die niedrigen Alkoholkonzentrationen irreversible F\u00e4llungen \u2014 somit eine bleibende Denaturierung von Eiwei\u00df \u2014 und nur die h\u00f6chsten Alkoholkonzentrationen geben reversible F\u00e4llungen. In der histologischen Technik werden diese zwei Alkoholwirkungen auf Eiwei\u00df beziehungsweise Fixierung (50\u201470\u00b0/o) und Erh\u00e4rten (80\u2014100\u00b0/o) genannt. F\u00fcr Fixierung ist Salz n\u00f6tig, n\u00e4mlich das Salz, das im Protoplasma des Gewebes oder des Bakteriums zu finden ist.\nDie Grenze zwischen irreversibler und reversibler F\u00e4llung (oder mit anderen Worten: zwischen Fixierung und Erh\u00e4rten) liegt bei desto h\u00f6heren Alkoholkonzentrationen, je mehr Salz vorhanden ist. Es ist leicht, ein Maximum der Denaturierung von Eiwei\u00df \u2014 analog mit dem Desinfektionsmaximum \u2014 in der folgenden Weise zu demonstrieren:\nGleiche Mengen Salz-Eiwei\u00dfl\u00f6sung werden in sieben Reagenzgl\u00e4ser abpipettiert. Hierzu wird Alkohol und Wasser zii-gef\u00fcgt, soda\u00df die Alkoholkonzentrationen 40, 50, 60 bis 100%> ausmachen. Die schlie\u00dflichen Konzentrationen von Eiwei\u00df und Salz waren in allen Gl\u00e4sern 3\u00b0/o Pferdeserum und 0,9 \u00b0/o Natriumchlorid. Das Reagenzglas mit 40\u00b0/o Alkohol zeigt jetzt eine Opazit\u00e4t ohne Bodensatz, w\u00e4hrend die Bodens\u00e4tze bei den gr\u00f6\u00dferen Alkoholkonzentrationen von 50\u2014100\u00b0/o immer gr\u00f6\u00dfer werden. Wenn man nun den Inhalt jedes Glases in ein gr\u00f6\u00dferes Glas hin\u00fcbergie\u00dft und mit 5mal soviel Wasser auff\u00fcllt, dann sieht man, da\u00df die Bodens\u00e4tze yon den Gl\u00e4sern mit 90\u2014100% Alkohol ganz und der von dem Glase mit 80\u00b0/o Alkohol unvollst\u00e4ndig gel\u00f6st wird; die gr\u00f6\u00dften bleibenden Bodens\u00e4tze r\u00fchren von den Gl\u00e4sern mit 60 und 70\u00b0/o Alkohol her, somit ungef\u00e4hr dieselben Konzentrationen, wo das Desinfektionsmaximum liegt.\nDieses Maximum von irreversibler Alkohol-Salzf\u00e4llung (Fixierung) von Eiwei\u00df verschiebt sich, wie schon erw\u00e4hnt, mit steigendem Salzgehalt, soda\u00df ein gro\u00dfer Salzgehalt einem Maximum bei hoher Alkoholkonzentration entspricht, w\u00e4hrend das Maximum bei z. B. 0,03 \u00b0/o NaCl so niedrig liegt, da\u00df es einer Konzentration von 50\u00b0/o Alkohol entspricht.","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\tJohanne Christiansen,\n. \u00ab\nMan k\u00f6nnte sich daher die M\u00f6glichkeit denken, da\u00df man bei Vergleichung der Desinfektionskurven mit Alkohol-Salzf\u00e4llungen in Reagenzgl\u00e4sern den Salzgehalt verschiedener Bakterien bestimmen k\u00f6nnte. Dies scheitert indessen an der Schwierigkeit, da\u00df die Salzf\u00e4llung in w\u00e4sseriger-alkoholiseher L\u00f6sung Hardys F\u00e4llungsgesetz folgt, d. h. di- und trivalente Kationen f\u00e4llen viel kr\u00e4ftiger als monovalente. Man mu\u00dfte daher zuerst \u00fcber die Art der Kationen im Bakterienprotoplasma g\u00ebnau orientiert sein. Au\u00dferdem haben verschiedene Bakterien unzweifelhaft verschiedene Oberfl\u00e4chenspannung.\nDie hier gegebene theoretische Deutung der Alkoholdesinfektionskurven kann in der folgenden Weise zusammengefa\u00dft werden:\nWenn der Alkohol eine gewisse, niedrige Oberfl\u00e4chenspannung (ca. 0,4) erreicht hat, dringt er mit gro\u00dfer Geschwindigkeit in die Zelle. Diese Geschwindigkeit ist auch von der Temperatur abh\u00e4ngig in der Weise, da\u00df dieselbe Oberfl\u00e4chenspannung bei h\u00f6herer Temperatur eine gr\u00f6\u00dfere Geschwindigkeit erlaubt. Die Geschwindigkeit des Eindringens nimmt bei steigender Oberfl\u00e4chenspannung ganz au\u00dferordentlich ab, und hierdurch wird der sehr steile Verlauf des ersten Teils der Desinfektionskurve bedingt. In der Zelle \u00fcbt der Alkohol eine fixierende Wirkung, d. h. in Verbindung mit dem Salz des Bakteriums gibt er irreversible F\u00e4llungen des Protoplasmas, wodurch das Bakterium get\u00f6tet wird. Hohe Alkoholkonzentrationen bewirken nur ein Austrocknen des Protoplasmas, was Bakterien bekanntlich sehr , gut ertragen.\nSporen sind sehr salzarm,1) und ihre gro\u00dfe Widerstandskraft gegen Alkohole ist! vielleicht hierdurch bedingt, weil Salz wie erw\u00e4hnt f\u00fcr die Denaturierung des Protoplasmas notwendig ist: Eine andere M\u00f6glichkeit ist die, da\u00df ihre Oberfl\u00e4chenspannung niedriger als die niedrigste, die Alkohole erreichen k\u00f6nnen (ca. 0,3) sein k\u00f6nnte, und da\u00df der Alkohol aus dieser Ursache nicht imstande war, in die Zelle einzudringen.\nDer Ausgangspunkt dieser Abhandlung war der Versuch, eine St\u00fctze f\u00fcr die anf\u00e4nglich erw\u00e4hnte Hydrattheorie zu finden.\n\u2018\t*) W. Kruse, Allgemeine Mikrobiologie 1910, S. 53.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 291\nDies ist insoweit nicht gelungen, als die St\u00e4rke der Wasserbindung der Alkohole aus dem Verlaufe der Desinfektionskurven nicht gesch\u00e4tzt werden kann, weil mehrere verschiedene Wirkungen der Alkohole auf das Resultat einen Einflu\u00df aus\u00fcben. Es ist jedoch unzweifelhaft, da\u00df s\u00e4mtliche Alkohole wasserbindend sind, weil keiner von ihnen in reinem 7n\u00abtand ein trockenes Objekt schnell desinfizieren kann.\nIst es auch nicht m\u00f6glich, bei Desinfektionsversuchen die f\u00fcr die Wasseransaugung charakteristische Qu\u00f6tientenreihe 2:4:8 wiederzufinden, so kann man sie doch bei gewissen anderen jetzt zu erw\u00e4hnenden Versuchen ermitteln.\nEs wurde fr\u00fcher erw\u00e4hnt, da\u00df die F\u00e4llungsgrenzen f\u00fcr Serumalbumin, wenn 0,9 \u00ae/o NaCl zugegen ist, bei den molekul\u00e4ren Konzentrationen: 4,3 Mol.-\u00ab/o Propylalkohol, 9 Mol.-<>/o \u00c4thylalkohol und 17,5 Mol-\u00bb/\u00ab Methylalkohol liegen; das Verh\u00e4ltnis zwischen den \u00e4quivalent fallenden Konzentrationen ist somit hier mit gro\u00dfer Ann\u00e4herung : 2 :4 : 8.\nIn der Literatur findet man entsprechende Versuche betreffend die hemmende Wirkung der Alkohole Hefe gegen\u00fcber. Unten sind Regnards Untersuchungen \u00fcber die hemmende Wirkung der Alkohole auf das Fermentierungsver-m\u00f6gen der Hefezellen mit Bruno Kischs Untersuchungen\n\u00fcber die hefet\u00f6tende Wirkung der Alkohole zusammengestellt worden.\n*\tHemmende Alkoholkonzen-\t\tOber-\ti\t T\u00f6tende Alkoholkonzen-\t\tOber-\n\ttrationen\t\tfl\u00e4chen-\ttrationen\t\tfl\u00e4chen-\n. . :\u2022 ' \"\u2022\tVol. \u00b0/o\tMol. \u00b0/o\tSpannung\tVol. \u00b0/0\tMol. \u00b0/o\tspannung\nMethylalkohol . .\t20\t10\t0,66\t45\t27\t0,5\n\u00c4thylalkohol. . .\t15\t5,2\t0,61\t28\t10,7 2,6\t0,5\nPropylalkohol . .\t10\t2,6\t0,48\t10\t\t0,48\nMan sieht, da\u00df bei der hemmenden Wirkung die Quotientenreihe 2:4:8 (n\u00e4mlich: 2,6 : 5,2 :10) dominiert, w\u00e4hrend die Oberfl\u00e4chenspannung gro\u00dfe Variationen zeigt ; die t\u00f6tende Wirkung h\u00e4ngt dagegen allein von der Oberfl\u00e4chenspannung ab, und die Traubesche Quotientenreihe (1:3:9)","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\tJohanne Christiansen, .\nist daher f\u00fcr das Verh\u00e4ltnis zwischen den molekularen Konzentrationen ma\u00dfgebend.\nAnaloge Verh\u00e4ltnisse findet man bei den Bakterien. Meine Untersuchungen beweisen, da\u00df die Oberfl\u00e4chenspannung der wichtigste Faktor f\u00fcr die Desinfektion ist. Was die Hemmung der Entwicklung in Bouillon betrifft, hat dagegen Wirgin die folgenden \u00e4quivalent hemmenden Konzentrationen gefunden: 0,5 n-Propylalkohol, 1,3 n-\u00c4thylalkohol und 2,5 n-Methylal-kohol, somit wenigstens eine n\u00e4here \u00dcbereinstimmung mit der Quotientenreihe 2:4:8 als mit Tr aubes Quotientenreihe.\nAu\u00dfer der theoretischen Bedeutung der beschriebenen Desinfektionsversuche haben sie auch ein bedeutendes praktisches Interesse.\nPropylalkohol ist n\u00e4mlich eine Substanz, die wahrscheinlich in der praktischen Heilkunde sehr brauchbar sein k\u00f6nnte. Er desinfiziert wenigstens viermal so gut wie \u00c4thylalkohol (s. Fig. 6) und in einer sehr gro\u00dfen Konzentrationsbreite. Er hat in denselben Konzentrationen wie \u00c4thylalkohol eine niedrigere Oberfl\u00e4chenspannung und \u2014 was spezielle Untersuchungen gelehrt haben \u2014 ein gr\u00f6\u00dferes l\u00f6sendes Verm\u00f6gen f\u00fcr Fett und Lipoide als dieser, und diese beiden Eigenschaften bedingen, da\u00df der Alkohol in die Poren der Haut hineindringen kann.\nWenn man einen Tropfen Propylalkohol auf die Haut bringt, breitet er sich schnell aus in einer d\u00fcnnen Schicht und dringt in alle Unebenheiten hinein, wogegen ein Tropfen eines w\u00e4sserigen Desinfektionsmittels (z. B. Sublimatwasser) auf der Haut rollt, ohne eigentlich diese gr\u00fcndlich zu n\u00e4ssen. Weiter ist Propylalkohol ungiftig oder kann h\u00f6chstens bei Resorption von gr\u00f6\u00dferen Wundfl\u00e4chen einen leichten Bausch geben ; er hat einen angenehmen Geruch und Konsistenz und ist nicht viel fl\u00fcchtiger als Wasser (Siedepunkt 97 \u00b0).\nEr kann somit im Gegensatz zu \u00c4thylalkohol, der schnell verdampft, in stark desinfizierende und \u2014 wie klinische Erfahrungen gelehrt haben \u2014 f\u00fcr die Haut ganz unsch\u00e4dliche Umschl\u00e4ge verwendet werden. Weil er \u2014 infolge der fr\u00fcher erw\u00e4hnten Hydrattheorie \u2014 erst in Konzentrationen h\u00f6her als 35\u00b0/o (dem Hydrate 1 Mol. Propylalkohol -j- 8 Mol. Wasser","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 2&3\n\u2666\nentsprechend) beginnt wassersaugend zu wirken, kann man bei Behandlung mit Konzentrationen zwischen 20 und 35\u00b0/o eine sehr stark desinfizierende Wirkung ohne Austrocknen auf der Haut erreichen, was mit \u00c4thylalkohol nicht gelingt, weil dieser Alkohol erst in schon stark wassersaugenden Konzentrationen desinfiziert (das Hydrat: 1 Mol. \u00c4thylalkohol + 4 Mol. Wasser entspricht 45 Vol.-\u00b0/o \u00c4thylalkohol).\nEs war daher geboten, praktische Versuche mit Propylalkohol auszuf\u00fchren, teils chirurgischer, teils dermatologischer Art. Es war schwierig, gr\u00f6\u00dfere Mengen von Propylalkohol f\u00fcr die chirurgische Praxis zu verschaffen, und ich begn\u00fcgte mich daher vorl\u00e4ufig damit, bei Versuchen auf der dermatologischen Abteilung auf dem Reichshospital in Kopenhagen zu konstatieren, inwieweit der Stoff unangenehme Nebenwirkungen h\u00e4tte, und ob er therapeutisch gegen infekti\u00f6se Hautkrankheiten verwendbar w\u00e4re. Dem Vorsteher dieser Abteilung^ Professor C. Rasch, hin ich vielen Dank schuldig f\u00fcr sein freundliches\nInteresse f\u00fcr diese Aufgabe. Die Resultate sind sehr g\u00fcnstig\ngewesen und sollen in einer sp\u00e4teren .Abhandlung ver\u00f6ffentlicht werden.\nEs liegt nahe zu fragen, warum nicht einer der noch h\u00f6heren Alkohole (Butylalkohol oder Amylalkohol) f\u00fcr Hautdesinfektion verwendbar war. Da\u00df Propylalkohol die gr\u00f6\u00dfte Desinfektionskraft s\u00e4mtlicher Alkohole (wie auch von G Wirgin gefunden) hat, beruht darauf, da\u00df er der letzte in der Reihe der vollkommen l\u00f6slichen Alkohole ist. Butylalkohol und Amylalkohol sind ziemlich schwer l\u00f6slich in Wasser\u201e und selbst wenn sie l\u00f6slich w\u00e4ren, w\u00e4re bei ihrer Anwendung nicht viel gewonnen, weil sie keine niedrigere absolute Oberfl\u00e4chenspannung erreichen k\u00f6nnen als Propylalkohol, sondern nur in gr\u00f6\u00dferer Verd\u00fcnnung dieselbe Oberfl\u00e4chenspannung erreichen. Weiter steigt die Giftigkeit der Alkohole sehr stark mit steigendem Molekulargewicht, soda\u00df bei Behandlung ausgedehnter\nWundfl\u00e4chen z. B. mit Amylalkohol Vergiftung bei Resorption eintreten k\u00f6nnte.\nWenn eine niedrige Oberfl\u00e4chenspannung und gro\u00dfes Mischungsverm\u00f6gen mit Wasser und Lipoiden als wesentliche","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\tJohanne Christiansen,\n\\ . \u201e\n/\nMomente f\u00fcr Hautdesinfektion akzeptiert werden k\u00f6nnen, dann ist ohne Zweifel Propylalkohol das zurzeit beste Desinficiens f\u00fcr die Haut. Aceton ist, wie die Kurven zeigen, nicht empfehlenswert, und andere, chemisch indiff\u00e9rente, stark oberfl\u00e4chenaktive und vollst\u00e4ndig wasserl\u00f6sliche Substanzen kennt man nicht.\nEs ist sehr merkw\u00fcrdig, da\u00df Propylalkohol nicht fr\u00fcher als Hautdesinfektionsmittel Verwendung gefunden hat, obgleich sowohl Methylalkohol wie auch Aceton \u2014 die beide bedeutend schlechter als \u00c4thylalkohol desinfizieren \u2014 versucht worden sind.\nDie einzige praktische Verwendung, die Propylalkohol gefunden hat, war zur Schw\u00e4mme-Desinfektion (E. Saul). Kochen mit 30\u00b0/oigem Propylalkohol zerst\u00f6rt n\u00e4mlich mit Sicherheit alle Sporen.\nIn der Literatur sind au\u00dfer Sauls Abhandlung nur zwei Arbeiten \u00fcber Propylalkoholdesinfektion zu finden, n\u00e4mlich eine Arbeit von 1901 von Buchner, Fuchs und Megele und eine von 1904 von G. Wirgin, Alle diese Verfasser ziehen aus ihren Versuchen den Schlu\u00df, da\u00df die Alkohole ziemlich schwache Desinficientia sind. Buchner schreibt in einer Erw\u00e4hnung von den Experimenten von Buchner, Fuchs und Megele: \u00abIm ganzen ist die desinfizierende Wirkung der Alkohole jedenfalls eine ungemein geringe\u00bb, obgleich er hervorhebt, da\u00df Propylalkohol mehr als doppelt so gut wie Methylalkohol und \u00c4thylalkohol desinfiziert.\nG. Wirgin schreibt: \u00abdie Alkohole leisten alle mehr als die l\u00b0/oige Carbols\u00e4ure und n\u00e4hern sich in ihren Wirkungen der 3\u00b0/oigen Carbols\u00e4ure\u00bb. Dies kann ja niemanden dazu verf\u00fchren, den viel teureren Propylalkohol in die medizinische Therapie einzuf\u00fchren.\nIn den Tabellen der erw\u00e4hnten Verfasser sucht man vergebens einen Grund f\u00fcr ihre Geringsch\u00e4tzung des Propylalkohols. Die vergleichenden Versuche mit Carbols\u00e4ure, die mit Wirgins Schlu\u00dfsatz \u00fcbereinstimmen, beziehen sich auf Sporen. .Versuche mit Sporen erlauben aber keine generellen Schlu\u00dffolgerungen. Es geschah wegen einer analogen Generalisierung,","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 295\ngezogen aus Kochs Experimenten mit Milzbrandsporen, da\u00df \u00c4thylalkohol viele Jahre hindurch als nichtdesinfizierend angesehen wurde.\nEs ist bekannt, da\u00df die H\u00e4ndedesinfektion in der chirurgischen Praxis nur beabsichtigt, die vegetativen Formen zu t\u00f6ten, weil die wichtigsten pathogenen Sporen \u00fcberhaupt in kurzer Zeit bei Zimmertemperatur nicht angegriffen werden, selbst von den \u00abst\u00e4rksten\u00bb Desinfektionsmitteln (Jod,1) Sublimat usw.). Es spielt somit gar keine praktische Rolle f\u00fcr die Verwendung der Alkohole zur Hautdesinfektion, da\u00df ihre Wirkung auf Sporen minimal ist.\nAu\u00dferdem ist es garnicht notwendig, da\u00df die Desinficientia sich in derselben Reihe nach ihrer St\u00e4rke ordnen vegetativen Formen sowie Sporen gegen\u00fcber.\nEs ist \u00fcberhaupt eine sehr schwierige Sache, Desinfektionsmittel zu standardisieren, und man mu\u00df, um ein gerechtes Urteil lallen zu k\u00f6nnen, genau pr\u00e4zisieren, was man zn desinfizieren w\u00fcnscht.\nIch werde im folgenden versuchen, den Propylalkohol auf seinen rechten Platz zwischen den zahlreichen anderen Desinfektionsmitteln zu stellen.\nDreierlei Arten der Desinfektion, die sowohl Nachteile wie Vorteile des Propylalkohols zeigen k\u00f6nnen, sollen Erw\u00e4hnung finden.\nI. Desinfektion gr\u00f6\u00dferer Massen (F\u00e4kalien usw.).\nZu diesem Zweck ist Propylalkohol garnicht geeignet, weil er, wenn mehr als f\u00fcnfmal verd\u00fcnnt, jede Spur von seiner Desinfektionskraft verliert. Es ist hier notwendig, ein Mittel zu verwenden, das auch bei sehr gro\u00dfer Verd\u00fcnnnng wirksam ist (z. B. Chlorkalk).\nDies Verhalten ist eben die Ursache davon, da\u00df die \u2022 Alkohole gew\u00f6hnlich als schwache Antiseptica betrachtet wer* den, und es wird daher zweckm\u00e4\u00dfig sein, an dieser Stelle ein\n*) J\u00b0d t\u00f6tet nach noch nicht ver\u00f6ffentlichten Experimenten von Dr. med. J. Seedorf erst nach V* bis 1 Stunde Einwirkung feuchter L\u00f6sung Tetanussporen.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"\u201c\u201cb\tJohanne Christiansen,\n\u00a5\npraktisches Ma\u00df zur Vergleichung zwischen verschiedenen Desinfektionsmitteln einzuf\u00fchren. Man mu\u00df nat\u00fcrlich verlangen, da\u00df ein starkes Desinficiens imstande sein soll, Bakterien sehr schnell zu t\u00f6ten, und die folgende Definition des Standardwertes eines Desinfektionsmittels wurde daher gew\u00e4hlt, n\u00e4mlich : Die Konzentration eines Antisepticums, die eben imstande ist, drei \u00d6sen einer frischen 24-st\u00fcndigen Bouillonkultur von Staphylococcus pyogenes aureus in 2 ccm des Desinfektionsmittels im Laufe von einer Minute bei 20\u00b0 C. zu t\u00f6ten.\nIn speziellen Versuchsreihen wurde dieser Standard-Wert ann\u00e4herungsweise f\u00fcr die folgenden Desinfektionsmittel bestimmt:\n0,005 \u00b0/o Jod-Jodkalium 0,1 \u00b0/o Silbernitrat 0,1 \u00b0/o Chlorkalk 0,1 \u00b0/o Sublimat 0,2 \u00b0/o Kaliumpermanganat 0,5 \u00b0/o Chroms\u00e4ure 0,7% Phenosalyl 1,5 \u00b0/o Carbols\u00e4ure 2 \u00b0/o Wasserstoffsuperoxyd 3\u00b0/o Protargol 6\u00b0/o Formaldehyd 7% Resorcin 25\u00b0/o Propylalkohol 30% Zinkchlorid 50\u00b0/o \u00c4thylalkohol 60\u00b0/o Aceton 70\u00b0/o Methylalkohol.\nDer oben angegebene Standardwert f\u00fcr Sublimat (0,1 \u00b0/o) ist wahrscheinlich zu niedrig, weil keine Neutralisation mit Schwefel-\n_\tt\nWasserstoff oder Schwefelammonium vorgenommen wurde.\nDie folgenden schwachen Desinfektionsmittel waren nicht imstande, die Staphylocokken so schnell zu t\u00f6ten, n\u00e4mlich 2l/*\u00b0/o Bors\u00e4ure, 2 \u00b0/o basisches Bleiacetat, 8 \u00b0/o Aluminiumacetat, ges\u00e4ttigte L\u00f6sungen von Salicyls\u00e4ure und Thymol, 3,3 \u00b0/\u00f6 chlorsaures Kali, 20% ArgyroL","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfekti\u00f6n. 297\nEs ist leicht zu verstehen, da\u00df die Alkohole, die nur in hohen Konzentrationen brauchbar sind, gew\u00f6hnlich als zwischen den starken und den schwachen Desinfektionsmitteln stehend betrachtet werden ; diese Anschauung ist vielleicht in formeller\nHinsicht eine korrekte, praktisch gesehen ist es aber eine sehr schlechte und irref\u00fchrende Klassifikation, weil die penetrie-\nschaft machen will, ist es nat\u00fcrlich geboten, nur die Standardwerte der Desinfektionsmittel zu vergleichen. Es ist jaz. B. nicht so merkw\u00fcrdig, da\u00df 2\u00b0/o Silbernitrat, dessen Konzentration 20 mal gr\u00f6\u00dfer ist als sein Standard-Wert (0,1 \u00ae/o), besser in die Tiefe dringt als 2\u00ae/o Carbols\u00e4ure (Standard Wert 1,5\u00b0/\u00ab). Wenn man dagegen in dieser Beziehung \u00e4quivalente Konzentrationen von Silbernitrat und Carbols\u00e4ure (d. h. 0,i\u00b0/o Silber-nitrat und l,5\u00b0/o Carbols\u00e4ure) vergleicht, sieht man (Tab. 6), da\u00df Carbols\u00e4ure \u2014 wie auch Resorcin \u2014 viel penetrierender als Metallsalze sind.\nDie folgenden Tabellen 6 und 7, die Desinf\u00e8ktionsver-suche auf Haut enthalten, zeigen, da\u00df Jod, Metallsalze, Chlor, Wasserstoffsuperoxyd usw. nur schwach penetrierend sind,' wenn sie nicht in Konzentrationen vielmal gr\u00f6\u00dfer als ihre Standard-Werte verwendet werden, und dann wird das Desinfektionsmittel zugleich ein Irritationsmittel (z. B. : 5 \u00b0/o Jod ist 1000 mal st\u00e4rker als sein Standard-Wert!).\nDie Alkohole dagegen zeichnen sich aus dadurch, da\u00df sie das Verm\u00f6gen haben, in die d\u00fcnne Fettschicht, die immer die Haut bekleidet und die Bakterien einschlie\u00dft, einzudringen. Ihr penetrierendes Verm\u00f6gen geht im Gegens\u00e4tze zu allen w\u00e4sserigen Desinfektionsmitteln mit ihrem bakteriziden Verm\u00f6gen parallel: z. B. 50\u00b0/o Propylalkohol (2mal sein Standard-Wert) ist, wie die Tabelle 6 zeigt, ein besseres Desinfektionsmittel f\u00fcr\ndie Haut als 2r/o Silbernitrat (20 mal sein Standard-Wert).\n\u2018 * \u2022 \u00a7\n% * \\\nII. Desinfektion der Haut.\nNur sehr wenige Desinfektionsmittel eignen sich f\u00fcr diesen Zw,eck. Carbols\u00e4ure, Sublimat, Silbernitrat, Jod haben alle ihre\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie, Ctt.\t21","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\tJohanne Christansen,\nwohlbekannten Nachteile. Das einzige \u2014 dank den Untersuchungen von F\u00fcrbringer und Ahlfeld \u2014 allgemein anerkannte Desinfektionsmittel f\u00fcr H\u00e4nde ist \u00c4thylalkohol, aber die Chirurgen sind nicht einig, welche Konzentration von Alkohol die zweckm\u00e4\u00dfigste ist. Diese Uneinigkeit ist nicht merkw\u00fcrdig, weil eine jede der in Rede kommenden Konzentrationen ihre Vorteile und Nachteile hat.\nEinige Chirurgen ben\u00fctzen in \u00dcbereinstimmung mit wissenschaftlichen Resultaten 70 \u00b0/oigen Alkohol, wobei sie doch riskieren, da\u00df eine kleine zuf\u00e4llige Verd\u00fcnnung die Wirkung bedeutend herabsetzt.\nAndere Chirurgen ben\u00fctzen nach dem Beispiel Ahlfelds 96\u00b0/oigen Alkohol, aber Ahlfeld selbst gibt zu, da\u00df die H\u00e4nde bei h\u00e4ufigem Gebrauch rauh werden und dann nat\u00fcrlich wieder schwieriger zu desinfizieren sind.\nSchlie\u00dflich ben\u00fctzen viele Chirurgen 50\u00b0/oigen Alkohol, wahrscheinlich um die h\u00e4rtende Wirkung der h\u00f6heren Konzentrationen zu vermeiden. Weil diese Alkoholkonzentration nicht sicher desinfiziert, ist es n\u00f6tig, au\u00dferdem ein anderes Desinfektionsmittel zu ben\u00fctzen (z. B. Sublimat, das schon 1888 von F\u00fcrbringer vorgeschlagen wurde).\nEs ist klar, da\u00df Propylalkohol, der eine viel gr\u00f6\u00dfere Desinfektionskraft und -breite als \u00c4thylalkohol besitzt, dem \u00c4thylalkohol als H\u00e4ndedesinfektionsmittel vorgezogen werden mu\u00df. Nur \u00f6konomische Gr\u00fcnde k\u00f6nnen den Vorzug von \u00c4thylalkohol veranlassen.\ni\nDie direkten Experimente auf Haut habe ich auf kleine St\u00fcckchen von Rattenschw\u00e4nzen vorgenommen. * Diese sind immer im h\u00f6chsten Grade schmutzig und mit Bakterien \u00fcberf\u00fcllt und konstituieren daher \u2014 im Gegensatz zu Menschenhaut \u2014 ein recht gleichf\u00f6rmiges Versuchsobjekt.\nDiese kleinen St\u00fcckchen (*/4^\u2014V\u00ab cm) von Rattenschw\u00e4nzen wurden frisch abgeschoren in das Desinfektionsmittel bei Zimmer* temperatur (ca. 22\u00b0) gebracht; nach bestimmten Zeiten wurden sie aufgenommen und nach Absp\u00fclung in Bouillon in geschmolzenes Agar oder Gelatine gebracht. Nachdem diese Gl\u00e4ser je","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"t;\t*\nZur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 299\n\u2018 '\t. ' V \u2022\t. '\t\u2018\n5 mal auf- und abgewendet worden waren, go\u00df man den Inhalt in Petrischalen, die beziehungsweise bei 37 und 22\u00b0 kultiviert wurden. Die auf Agar aufgegangenen Kolonien wurden nach 24, auf Gelatine nach 48 Stunden gezahlt. Die Resultate sind in der Tabelle 6 aufgezeichnet.\nWeil keine Neutralisation des Desinfektionsmittels vorgenommen wurde, sind die Resultate bei einigen der Substanzen von der Hemmung mitgebrachter Spuren des Desinfektionsmittels beeinflu\u00dft. Die unregelm\u00e4\u00dfigen Result\u00e0te der Desinfektion mit den starken Jodl\u00f6sungen in der Tabelle 6 und 7 und das relativ zu gute Resultat der Desinfektion mit 0,2 \u2022/\u2022 Sublimat in der Tabelle 6 sind auf diese Fehlerquelle zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nTabeUe 6.\nDesinfektionsmittel\tMinuten\tAnzahl der Kolonien\t\t\n\t\tAgar\t\tGelatine * * : v .. *\n25\u00b0/o Propylalkohol\t1\t> 50000\t> 50000\t\t\n25 \u00b0/o\t>\t5\t14\t160\t\n25 \u00b0/o\t10\t1\t20\t\u2014\u2014\n35 \u00b0/o\t1\t230\t\u2014\t135\n35 \u00b0/o\t5\t1\t\u2014\t14\n50*/o\t1\t40\t50\t\u2014\n50\u00b0/o\t>\t2\t6\t200\t_\n50 V\t5\t\u2014\t\u2014\t72\n50 \u2022/\u2022\t10\t2\t4\t\n50\u00b0/o\t30\t5\t\t. -,\n50 V\t60\t3\t2\t_\n70\u00b0/o /\t1\t. 400\t1000\t7000\n70 \u00b0/o\t5\t90\t90\t70\n100 v\t1\t600\t700;\t_ ?\n25 V \u00c4thylalkohol\t60\t10000\t14000\t' i\t\u2022 .\t\u2022\t.\n35#/o\t1\t> 50000\t> 50000 * \u00bb\t\n35V\t5\t6000\t\u2014\t10000\n50 V\t1\t> 50000\t> 60000\t\u2014\n60 V\t2\t1600\t1800\t\u2014\n21*","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"Johanne Christiansen,\nTabelle 6 (Fortsetzung).\no Desinfektionsmittel\tMinuten\tAnzahl der Kolonien\t\t\n\t\tAgar\t\tGelatine\n70 V \u00c4thylalkohol\t1\t400\t5\t\n100*/*\t1\t600\t2200\t\u25a0*. \u201c\u25a01 \u25a0 \u00bb.\n0,02 \u00b0/o Jod in 30\u00ae/o Alkohol\t1\t> 50000\t> 50000\t\u2014\n0,02 \u00b0/o \u00bb * 30\u00ae/o\t\u00bb\t5\t> 50000\t\u2014\t\u2014\n1\t\u00ae/o \u00bb\t\u00bb 60*/*\t\u00bb\t1\t10000\t600\t1200\n5\t\u00b0/o \u00bb * 93*/o\t\u00bb\t1\t0\t920\t8&0\nl\u00b0/o Menthol in 70\u00b0/o Alkoh.\t1\t325\t270\t\u2022\n0,067 \u2022/\u2022 Jod-Jodkalium\t5\t> 50000\t.\t> 50000\n0,67 \u2022/\u00ab\t1\t150\t10000\t18000\n2\u00b0/o Carbols\u00e4ure\t1\t12000\t30000\t\u2014\n2*/o\t\u00bb\t5\t1100\t\t2000\n4\u00ae/#\t\u00bb\t1\t33\t530\t\n0,1 \u00ae/o nitrat, argent.\t1\t1200\t13000\t\u2014\n0,3 \u00ae/o\t*\t>\t1\t1400\t1600\t\u2014\n1 \u2022/. >\t1\t600\t350\t\u2014\n2\u00ae/o\t\u00bb\t1\t70\t76\t\u2014\n0,1 \u00ae/o Sublimat\t1\t> 50 000\t> 50000\t\u2014\n, 0,1\u00ae/. * .*\u2022\t1\tj\t5\t12000\t\u2014\t1600\no,iV >\t10\t20\t\u2014\t200\n0,2\u00ae/\u00ab\t1\t180\t160\t400,\n2 \u2022/\u2022 Chlorkalk\t1\t15 000\t1100\t2000\n2\u00ae/\u00ab \u00bb\t5\t30\t\u2014\t1400\n2 \u2022/\u2022 \u00bb\t60\t4\t3\t\u2014\n2\u00ae/* acetat. alum.\t60\t1400\t800\t\u2014\n8\u00b0/\u00ab \u00bb \u00bb\t60\t500\t400\t\u2014\n2\u00ae/o basisches Bleiacetat\t60 * t\t> 50000\t> 50000\t\u2014\n2,\u00f6\u00b0/o acid, boric.\t60\t> 50000\t> 50000\t\u2014\nDakins L\u00f6sung\t1\t13000\t\u2014\t> 50000\n> \u00bb\t5\t900\t\u2014\t10000\n\u00bb >\t20\t220\t\u2014\t500\n1\u00ae/\u00ab Formaldehyd\t1\t>\t5000\t\u2014\t3000\n1 \u2022/\u00ab \u00bb\t5\t500\t\u2014\t2000","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 301\nTabelle 6 (Fortsetzung).\nDesinfektionsmittel \u00bb\tMinuten\tAnzahl der Kolonien\t\t\n\t\tAgar\t\tGelatine\n2 \u00b0/o Formaldehyd\t1\t10000\t\t3000\n2\u00bb/\u00ae\t5\t185\t\u2014\u2022\t100\n4*/.\t1\t500\t\u2014\t1000\n4 \u2022/\u2022\t5\t200\t_\t0\n40 \u00b0/o\t1\t140\t\u2014\t160\n40 o/o\t5\t16\t\t0\n1 \u2022/\u2022 Phenosalyl\t1\t20000\t40000\t\u2022w \u00ab\n1 \u2022/\u2022\t5\t; 3600\t6000\t...\n33,3 \u00b0/o Chroms\u00e4ure\t1\t500\t1000\ts.\n3\u00b0/o H,0,\t5\t3000\t4000\t\n10\u00b0/o H,0,\t1\t4000\t\t12000\n10\u00b0/o HsO,\t5\t25\t\u2014\t150\n30 \u00f6/o H,0,\t1\t3\t5\t\u2014\n30\u00b0/o HjOg\t5\t0.\t0\t^ \u2022\n5\u00b0/\u00ab Resorcin\t1\t7 000\t8000\t_ '\n5\u00b0/o\t5\t4000\t3000\t\n10 \u00bb/o\t1\t400\t\u2014\t3000\n10\u00b0/o\t5\t130\t\u2014\t1000\n20% \u00bb \u2022<\t1\t80\t1300\t-\n20\u00b0/\u00ab \u00bb\t5\t6\t70\t\u2014\nNichtsdestoweniger zeigt die Tabelle, da\u00df 50\u00b0/o Propylalkohol die Haut besser desinfiziert als 4\u00bb/. Carbols\u00e4ure, 2\u2022/\u00ab Silbernitrat und 0,2 \u2022/\u00bb Sublimat.\nMan k\u00f6nnte gegen die Versuchsanordnung einwenden, da\u00df eine Menge von Bakterien im Schw\u00e4nzchen, zur\u00fcckbleibt und sich der Z\u00e4hlung entzieht, aber dieser Umstand spielt fanm. eine beachtenswerte Rolle. Die Kolonien sind in der N\u00e4he des Schwanzst\u00fcckchens gew\u00f6hnlich nicht zahlreicher als an anderen Stellen auf der Platte. Der warme Agar oder Gelatine (37\u00bb) scheint die d\u00fcnne Fettschicht zu l\u00f6sen und die eingeschlossenen Bakterien gleichm\u00e4\u00dfig \u00fcber die ganze Platte auszubreiten.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"Johanne Christiansen,\nUm dieses Verhalten n\u00e4her zu beleuchten, wurde der folgende Versuch gemacht: Ein St\u00fcckchen Rattenschwanz wurde in 27 Gelatinegl\u00e4sern nach einander gewaschen, und von diesen wurden Platten gemacht. Es zeigte sich bei der Z\u00e4hlung nach 48 Stunden, da\u00df ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte (ca. 50000) der gesamten Anzahl von Bakterien auf der ersten Platte zu finden war. Die Anzahl verminderte sich auf den folgenden Platten sehr schnell, und die letzte Platte mit dem Schwanzst\u00fcckchen war ganz steril.\nIn einer anderen Versuchsreihe wurden die Schwanzst\u00fcckchen nach Desinfektion mit Propylalkohol in Bouillon an \u2022 Stelle von Agar gelegt. Nach einer Behandlung von einigen Stunden mit 25\u201470\u00b0/o Propylalkohol wurde in ungef\u00e4hr einem Drittel der F\u00e4lle eine v\u00f6llig klare Bouillon gefunden, nur mit einer Schicht von Bacillus subtilis bedeckt. Heubacillen sind n\u00e4mlich immer, wenn auch in geringer Zahl, auf Rattenschw\u00e4nzen zu finden, und sie sind nat\u00fcrlich wegen der Sporen nicht auszurotten. Beim Verimpfen auf Agar von diesen F\u00e4llen mit klarem Bouillon und einer Subtilisschicht war es nicht m\u00f6glich, andere Bakterien zu entdecken. Wenn man in Betracht zieht, da\u00df ein einziges \u00fcberlebendes Bakterium imstande w\u00e4re, die Bouillon zu tr\u00fcben, mu\u00df dieses Resultat als ein sehr sch\u00f6nes betrachtet werden, namentlich weil es mit einem ganz unsch\u00e4dlichen Desinfektionsmittel erreicht worden ist.\nEs ist wahrscheinlich, da\u00df frische Menschenhaut \u2014 die Partie um die N\u00e4gel ausgenommen \u2014 noch leichter als Rattenhaut durch Propylalkohol zu sterilisieren ist. Scholtz und Raab haben \u2014 in Obereinstimmung mit Sabourauds Anschauungen \u2014 bei Untersuchung gesunder Haut des menschlichen Unterarmes nur sehr wenige und oberfl\u00e4chlich liegende Bakterien gefunden (5 bis 15 pro qcm). Eine Untersuchung extrahierter Haare meines eigenen Unterarms best\u00e4tigte dies in vollem Ma\u00dfe.\nIII. Desinfektion der Wunde.\nDakin hat neulich eine Menge der gebr\u00e4uchlichen Desinfektionsmittel einer Kritik unterworfen und fand, da\u00df keines von ihnen zugleich unsch\u00e4dlich und stark wirksam war.","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 303\nt\nDas von ihm vorgeschlagene Desinfektionsmittel, eine mit Bors\u00e4ure neutralisierte L\u00f6sung von Natriumhypochlorit, hat sich dagegen als ein sehr starkes und nicht irritierendes Desinfektionsmittel bew\u00e4hrt. Sie hat dagegen, wie die Tabellen 6 und 7 zeigen, kein gr\u00f6\u00dferes Penetrationsverm\u00f6gen als die \u00fcbrigen w\u00e4sserigen Desinfektionsmittel. Dakin erw\u00e4hnt nicht \u00c4thylalkohol, vielleicht weil er ihn als ein schwaches und irritierendes Desinficiens f\u00fcr Wunden betrachtet. Man mu\u00df indessen bedenken, da\u00df \u00c4thylalkohol von einer Reihe von Chirurgen (Salzwedel, Pfuhl, Wohl) auch f\u00fcr Wundbehandlung gebraucht worden ist und oft mit ausgezeichneten Resultaten, wodurch eine St\u00fctze f\u00fcr den Gedanken einer Verwendung von Propylalkohol in derselben Weise gegeben ist.\nDie Schwierigkeiten einer Wunddesinfektion sind sehr gro\u00df. Erstens k\u00f6nnen die in den Gewebezellen eingeschlossenen Bakterien kaum erreicht werden, zweitens wirkt Blut und Materie hemmend und verd\u00fcnnend auf das Desinfektionsmittel.\nTabelle 7.\n<4 Desinfektionsmittel\tMinuten\tAnzahl der Kolonien\t\t\n\t\tAgar\t\tGelatine *\n50\u00b0/\u00ab Propylalkohol\t\u2022* 0\t850\t1200\u2018\t\u2022\u2022\u2022\u2022 . .\n50\u00b0/o\t15\t180\t200\t\u2022\n70 \u2022/\u2022\t0\t20\t82\t175\n100 \u00b0/o\t5\t250\t220\t950 }\n50\u00b0/o \u00c4thylalkohol\t5\t10000\t\u2014\t> 50000\n70 \u00ae/o\t>\t5\t3000\t4000 \u2019\t\n100 #/o\t>\t5\t4000\t9000\t_\n5\u00b0/o Jod in 93 > Alkohol\t5\t25\t500\t5000\n0,67 \u2022/\u2022 Jod-Jodkalium\tW\u00df 0\t45\t1400\t3000\n4\u00b0/o Carbols\u00e4ure\t5\t50000\t30000'\t\n2 \u2022/\u2022 nitrat, argent.\t4\t24000\t10000'\t\u2014j\n2 \u00ae/o\t\u00bb\t>\t8\t5000\t3000 \u2022\t_ r \u2019\n0,1 \u2022/\u2022 Sublimat\t5\t6000\t20000\t1400\n2\u00b0/\u00ab Chlorkalk\t5\t15000\t600<\u00ee\t\nDakins L\u00f6sung\t5\t2000\t4000\u2019\t- .\n> >\t15\t1600\t3000\t\u2014","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"30*\tJohanne Christiansen,\nDie Versuche der Tabelle 7 wurden, um diese letzten Schwierigkeiten einigerma\u00dfen nachzuahmen, in der Weise angestellt, da\u00df kleine Rattenschwanzst\u00fccke in je 2 ccm von Pferdeserum angebracht und darauf 2 ccm der in der ersten vertikalen Reihe der Tabelle 7 aufgezeichneten Desinfektionsmittel zugesetzt wurden. Nach bestimmten Zeiten wurden die St\u00fcckchen aufgenommen und Platten gegossen.\nEs erhellt aus diesen Versuchen (Tabelle 7), da\u00df Propylalkohol allen den anderen untersuchten Desinfektionsmitteln unter diesen sehr schwierigen Bedingungen \u00fcberlegen ist.\nEs wird daher rationell sein, dieses neue Desinfektionsmittel zur Desinfektion von Wunden zu versuchen, obgleich die Behandlung nat\u00fcrlich nicht ohne Schmerzen ist.\t1\nDer zu s\u00e4mtlichen Versuchen benutzte Propylalkohol war der normale G\u00e4rungspropylalkohol, f\u00fcr die Reagenzglasversuche Kahlbaums reiner, f\u00fcr die Patientenbehandlung sein technischer Propylalkohol (Preis per Kilo vor dem Kriege 4,50 Mk.).\n,_Isopropylalkohol ist kaum zu empfehlen; sein Siedepunkt\nist relativ niedrig (83\u00b0), und es ist nicht unwahrscheinlich, da\u00df er (wie Aceton) die Haut bei l\u00e4ngerem Gebrauch irritiert.\nEs ist notwendig, vor schlechten Pr\u00e4paraten zu warnen. Ein gutes Pr\u00e4parat mu\u00df vollst\u00e4ndig mit Wasser mischbar sein und wenn man dreimal soviel Wasser zusetzt, soll die Oberfl\u00e4chenspannung ca. 0,4 werden (d. h. wenn der benutzte Sta-lagmometer 100 Tropfen Wasser gibt, soll 25\u00b0/o Propylalkohol 240 Tropfen bei 15\u00b0 geben).\nAldehyd darf nicht oder nur in Spuren zugegen sein. Bei Bestellung technischer Pr\u00e4parate mu\u00df man ausdr\u00fccklich darauf aufmerksam machen, da\u00df diese Beimengung unerw\u00fcnscht ist.\nR\u00e9sum\u00e9:\nI. \u2019 Eine theoretische Deutung der Alkoholdesinfektionskurven als abh\u00e4ngig von Oberfl\u00e4chenspannung, Eiwei\u00dff\u00e4ll\u00fcng und Hydratation der Alkohole wird gegeben.","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion. 305\nII. n-Propylalkohol wird als dermatologisches und chirurgisches Desinfektionsmittel vorgeschlagen.\nSchlie\u00dflich w\u00fcnsche ich Herrn Professor C. J. S\u00e4iomonse n f\u00fcr sein lebhaftes Interesse an meiner Arbeit meinen herzlichen Dank auszusprechen, ebenso Dr. med. Vilh. Jensen f\u00fcr viele gute Ratschl\u00e4ge und Frau J. Levison f\u00fcr technische Hilfe.\nBibliographie.\nAhlfeld, F., Deutsch, med. Wochenschr. 1895, S.851.\n-----Zeitschr. f. Geburtshilfe u. Gyn\u00e4kologie, Bd. 75, S. 504 (1914).\nBarendrecht, Zeitschr. f. physikalische Chemie 1896, S. 234.\nBeyer, A., Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 70, S. 225 (1911).\nBuchner, Hans, M\u00fcnchn. med. Wochenschr. 1899, S. 1301 Buchner, Fuchs und Megele, Archiv f. Hygiene, Bd.40, S. 317 (1901). Christiansen, Johanne, Zeitschr. f. physik, Chemie, Bd.90,S.628(1915).\n-----Ebenda, Bd. 92, S. 257 (1917).\nChick and Martin, Joum. of Hygiene, Bd. 8, S. 655 (1908).\nCzapek, F., Ber. d. deutsch, botan. Gesellsch., Bd. 28, S. 480, 1910. Dakin, Brtish medical Joum., Bd. 2, S. 318 (1915).\nDuclaux, Annales de\u2019Chimie et de Physique (5), Bd. 13,-S. 76 (1878). F\u00fchner, H., Zeitschr. f. Biologie, Bd. 57, S. 465 (1912).\nF\u00fchner und Neubauer, Archiv f. exp. Pathol, und Pharmakol., Bd.50 S. 333 (1907).\nF\u00fcrbringer, Untersuchungen und Vorschriften \u00fcber die Desinfektion der H\u00e4nde usw., Wiesbaden 1888.\nGregersen, J. P., Zentrabi, f. Bakt., Bd. 77, S. 168 (1915).\nH\u00e4berle, A., Zeitschr. f. Geburtshilfe u. Gyn\u00e4kol., Bd. 69, S. 388 (1911). Kisch, Bruno, Biochem. Zeitschr., Bd. 40, S. 153 (1912).\nKoch, R., Mitt aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte 1881, S. 234. Pedersen, P. 0., Philosoph. Transact. 1908, A. 207, p. 341.\nPfuhl, A., Zeitschr. f; Hygiene, Bd.47, S. 313 (1904).\nRamsay and Shields, Philosoph. Transact. 1893, A., S. 647. Regnard, P\u201e Comptes rendus de la Soc. de Biologie. 1889, 9. S\u00e9rie, 10. Salzwedel, Berl. klin. Wochenschr. 1896, Nr. 46.\nSaul, Arch. f. klin. Chirurgie, Bd. 56, S. 686 (1898).\nScholtz et Raab, Annales de Dermatologie et de Syphil. 4. S\u00e9rie, T. I. Traube, J., Annalen der Chemie, Bd. 265, S. 27 (1891).\n-----Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 105, S. 541 (1904),\nWirgin, G., Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 46, S. 149 (1904).\nWohl, Deutsch, med. Wochenschr. I, Bd. 30, S. 241 (1904). '","page":305}],"identifier":"lit20725","issued":"1918","language":"de","pages":"275-305","startpages":"275","title":"Zur Theorie und Praxis der Alkoholdesinfektion","type":"Journal Article","volume":"102"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:40:10.838840+00:00"}

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