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{"created":"2022-01-31T14:36:52.567831+00:00","id":"lit20730","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Waentig, P.","role":"author"},{"name":"W. Gierisch","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 103: 87-103","fulltext":[{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Ober ein einfaches Verfahren, die Verdaulichkeit dH Cellulose-anteils von Pflanzenfaser, insbesondere von Holzfaser, sch\u00e4tzungsweise zu bestimmen.\nVon\nP. Waentig und W. Gierlscb.\nmmm wn \u25a0 i n , ,\t*\n<MitteiIune aus dem Physiologischen Institut der Tier\u00e4rztlichen Hochschule zu Dresden\nDirektor: Geheimrat Prof. Dr. Ellenberger.)\n(Der Redaktion zugegangen am 16. M\u00e4rz 1918.)\nBei der Beurteilung der Verdaulichkeit von Pflanzenfaser spielt die Feststellung des Verholzungsgrades eine ganz wesentliche Rolle.1) Es steht jetzt so ziemlich fest, da\u00df die verholzte, ligninhaltige Faser unverdaulich ist, w\u00e4hrend die vop den verholzenden Substanzen befreite Zellwand dem Angriff der verdauenden Agentlen des Pflanzenfressers; im hoben Grade unterliegt.\tJ\nBesonders f\u00fcr die Holzarten ist der Gebalt an Ligninsubstanzen von ausschlaggebender Wichtigkeit. Diese sind die haupts\u00e4chliche, vielleicht einzige Ursache der \u00fcnverdaulichkeit der nat\u00fcrlichen Holzfaser. Die in den letzten Jahren ausgef\u00fchrten Ausnutzungsversuche mit verschiedengradig aufgeschlossenem Holzmaterial haben zur Evidenz erwiesen, da\u00df eiue gr\u00fcndliche Trennung der Ligninsubstanz von der Faser erforderlich ist, um ein einigerma\u00dfen hochgradig verdauliches Material zu erhalten.2)\nDiese Trennung unter Erzielung eines f\u00fcr Futterzwecke brauchbaren Produktes ist unseres Wissens bisher nur durch Aufl\u00f6sen und Herauswaschen der Ligninsubstanz aus der Holz-faser, nicht aber durch mechanische Abtrennung mit Hilfe\n*) Vgl. Haberlandt und Zuntz, Sitzungsber. d. preu\u00df. Akad d. Wissensch. 1915, S. 699.\n*) Vgl. W. Ellenberger und P. Waentig, Deutsch. Landw. Presse 1917, Kr. 41, 42 und Nr. 76.\nHoppe-Seyler\u00bb\u2019 Zeitschrift f. physiol. Ghomie. CHI.\t7\t\u00b0","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"$8\tP. Waentig und W. Gierisch,\nphysikalischer und chemischer Hilfsmittel (Zerm\u00f6rbung) und ebensowenig durch Herausl\u00f6sen (Verzuckerung) der Cellulose und der \u00fcbrigen verzuckerbaren Bestandteile des Holzes m\u00f6glich gewesen.1)\nDie allgemein \u00fcbliche Form der Futtermittelanalyse gibt \u00fcber den Verholzungsgrad keine oder nur ungen\u00fcgende Auskunft. Allerdings findet bei der Entfernung der Ligninsubstanz eine Anreicherung der sogenannten Rohfaser statt, aus deren Gehaltsermittelung man also indirekt einen Schlu\u00df auf den Grad der Entfernung der sogenannten inkrustierenden Substanzen ziehen k\u00f6nnte. Die \u00fcblichste dieser Rohfaserbestimmungsmethoden, die sogenannte We e n d e r-Methode, versagt jedoch durchaus bei der Untersuchung des Holzes, weil sie die Inkrusten nicht vollst\u00e4ndig zu entfernen gestattet. Man m\u00fc\u00dfte zu einer der zahlreichen Reincellulosebestimmungsmethoden greifen, \u00fcber deren Auswahl erst eine \u00dcbereinkunft zu.treflen w\u00e4re, da sie abweichende Ergebnisse liefern.2) Aber auch derartige Bestimmungen, die \u00fcbrigens eine nicht ganz einfache, analytische Aufgabe darstellen, k\u00f6nnen f\u00fcr sich \u00fcber die Verdaulichkeit und den event. N\u00e4hrwert eines rohfaserreichen Futters nichts aussagen, und zwar aus folgenden Gr\u00fcnden: Vergleichbare Bestimmungen setzen n\u00e4mlich einen gleichen oder \u00e4hnlichen Zustand der Faser, an der sie gemacht werden, voraus. Dieser ist zwar bei einer bestimmten Art nat\u00fcrlicher Faser im allgemeinen gegeben, nicht aber, wenn es sich um verschiedenartige Faser handelt, die obendrein noch einer verschiedenartigen und verschiedengradigen Bearbeitung unterzogen wurde. Es ist hinreichend bekannt, da\u00df die Cellulose bei Aufschlie\u00dfungsprozessen, die auf eine Befreiung der Faser von den Inkrusten hinzielen, h\u00e4ufig nicht v\u00f6llig unversehrt bleibt, sondern Ver\u00e4nderungen erleidet, unter\n') Vgl. die vorstehend angef\u00fchrten Mitteilungen, ferner W. Ellenberger und P. Waentig, Berl. Tier\u00e4rztl. Wochenschr. Nr. 8, 36 u. 37 (1917), v. d. Heide, Steaber und Zuntz, Deutsche Landw. Presse 1918, Nr. 12, A. Stutzer, Landw. Versuchsstationen, Bd. 87, S. 228.\n*) Vgl. C. G. Schwalbe, Die Chemie der Cellulose, Bd. 2, S. 613ff.\n(1911).","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 89\ndenen wohl Oxydation und Hydrolyse die wichtigsten sind. . Solche Cellulosen werden sich den analytischen Prozessen gegen\u00fcber anders verhalten als nat\u00fcrliche Cellulose, ohne notwendigerweise an N\u00e4hrwert einzub\u00fc\u00dfen. Es werden geringere Gehalte an Cellulosematerial vorget\u00e4uscht werden, als tats\u00e4chlich vorhanden sind. Ferner ist zu bedenken, da\u00df ganz abgesehen von den in der Holzfaser enthaltenen, geringen Mengen von Eiwei\u00df und St\u00e4rke, welche allerdings bei den in Rede stehenden Aufschlie\u00dfungsverfahren unverdaulich gemacht oder entfernt sein d\u00fcrften und daher nicht in Betracht kommen, die nat\u00fcrliche Holzfaser einen nicht unerheblichen Anteil an Kohlehydrat enth\u00e4lt,1) der wahrscheinlich nicht nur nicht die Verdaulichkeit der Cellulose in der Faser beeintr\u00e4chtigt, sondern als solcher einen gewissen N\u00e4hrwert besitzt.* *) Dieser Anteil wird nat\u00fcrlich bei der Reincellulosebestimmung nicht ber\u00fccksichtigt.\nEs sind bei teilweiser oder v\u00f6lliger Aufschlie\u00dfung der Holzfaser u. a. folgende F\u00e4lle denkbar: 1. Es wird der Kohlehydratanteil des Holzes teilweise oder vollst\u00e4ndig gel\u00f6st und entfernt, ohne da\u00df Lignin oder Cellulose entfernt werden. Die Folge ist ein Ansteigen des Rohfaser- und Cellulosegehaltes, ohne da\u00df die Verdaulichkeit oder der N\u00e4hrwert des Produktes wachsen; im Gegenteil, diese werden geringer werden. 2. Es wird Kohlehydratanteil und Lignin teilweise und gleichzeitig entfernt : hier wird zwar im allgemeinen das Ansteigen des Rohfaser- und Cellulosegehalts mit einer Steigerung der Verdaulichkeit verbunden sein, aber der auf Grund des Cellulose- bezw. Rohfaser-gehalts erwartete Effekt d\u00fcrfte leicht den tats\u00e4chlichen \u00fcbertreffen. 3. Es wird der Celluloseanteil gleichzeitig \u2018angegriffen und in eine l\u00f6slichere Form \u00fcbergef\u00fchrt. Die Folge Wird sein, da\u00df ein scheinbar zu geringer Cellulosegehalt eine zu ung\u00fcnstige Beurteilung des Futters herbeif\u00fchrt. 4. Es wird das Lignin vollst\u00e4ndig entfernt, was stets wohl mit einem gleichzeitigen Verlust an Kohlehydrat und Cellulose verbunden sein\n*) Nadelholz kann bis 15 \u00b0/o, Laubholz 20\u00b0/* und noch mehr Holzgummi enthalten.\n*) Vgl. z. B. auch die neueren Untersuchungen von Rub'ner, Archiv f. Anat. u. Physiol., Jahrg. 1915, S. 257 (1916).","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"P. Waentig und W. Gierisch,\ndurfte: Erst jetzt wird \u2014 aber auch nur, wenn der Aufschlie\u00dfungsproze\u00df so geleitet ist, da\u00df die Hauptmenge der Cellulose nicht ver\u00e4ndert wird \u2014 ein hoher Rohfaser- bezw. Cellulosegehalt einer hohen Verdaulichkeit entsprechen.\nIn der Tabelle I sind einige Versuche an verschiedenartigem Holzfasermaterial zusammengestellt, das in Hinsicht auf seine Verdaulichkeit im Ausnutzungsversuch am Pferd im hiesigen Physiologischen Institut gepr\u00fcft wurde. Die Tabelle veranschaulicht deutlich die Unzweckm\u00e4\u00dfigkeit der Heranziehung derWeender-Rohfaserbestimmung zur Beurteilung der Verdaulichkeit von Holzpr\u00e4paraten, l\u00e4\u00dft aber auch erkennen, da\u00df die Bestimmung der Reincellulose ebensowenig zum gew\u00fcnschten Ziele f\u00fchrt.1)\nTabelle I.\nHolzart\t. W\u00e8ender- Rohfaser \u00b0/o\tReincellulose nach Hoffmeister\tLignin- reaktion \u2022 >\tVerdaulichkeit der Rohfaser #/o\nUnver\u00e4ndertes Fichtenholz 1 \u00bb\t67,58\t48,59\tsofort stark positiv\t\u2014\nUnver\u00e4ndertes Fichtenholz II\t69,88\t48,09\t: desgl.\t22.6\nUnver\u00e4ndertes Kiefernholz\t1 64,23\t47,23 \\\tdesgl.\t\u2014\nFichtenholzbraun- schliff \u2014: - . * *\t75,92\t50,09*)\tetwas undeutl. infolge der Braunf\u00e4rbung, sonst wie oben\t10,3\nMit Salzs\u00e4ure teilweise verzuckertes Holz\t61,54 1\ty 44,34\tpositiv, aber stark geschw\u00e4cht (inhomogen)\t11,5\n*) Zur Bestimmung der Reincellulose bedienten wir uns der von R ubner neuerdings bei seinen Celluloseverdauungsversuchen mit Birkenholz angewendeten Methode von Hoffmeister. Diese Methode liefert im Vergleich zu anderen etwas zu niedrige Werte, was offenbar damit zusammenh\u00e4ngt, da\u00df bei der Behandlung geringe Anteile der Cellulose mit fortgel\u00f6st werden.\n*) Nach C. G. Schwalbe. 1. c.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 91\nTab. I (Fortsetzung).\nHolzart\tWeender- Rohfaser 1\t\u00b0/o\tReincellulose nach Hoffmeister V\u00bb\tLignin- reaktion\tVerdaulichkeit der Rohfaser \u2022/*\nMit \u00c4tzkalk behandeltes Holz .\t1 t CO !>\u2022 - !\t! 54,66 \u2019\tf selbst nach langem Stehen negativ [\tunverdaut, bis 3,4\nMit Natronlauge behandeltes Holz 1\t76,84\t52,09\tdesgl.\t13,8\nMit Natronlauge behandeltes Holz II\t78,15\t63,35\tdesgl.\tio,6\nNatronzellstof\u00ee I (Fichte)\t\u25a0 ! 76,43 i\ti 77,02 1\tschwach positiv\t87,9\nNatronzellstoff 11 (Kiefer)\t82,07\t82,80 \u2022\tsehr schwach positiv\t84,3\nSulfitzellstofT I\t79,53\t| 77,53\tganz schwach positiv\t.80,9\nSulfitzellstoff II\t66,46\t75,83\tdesgl.\t87,6\nNach dem Vorangegangenen durfte klar sein, da\u00df f\u00fcr eine Beurteilung der Verdaulichkeit von Holzfaser und von Pflanzenfaser \u00fcberhaupt wesentlich ist die Ermittelung der ihre Verdaulichkeit verhindernden Bestandteile, unter denen bei Holzpr\u00e4paraten insbesondere die Lignin-Substanzen in Betracht kommen.\nDie in der Literatur vorgeschlagenen qualitativen und quantitativen Verfahren zur Bestimmung des Verholzungsgrades d\u00fcrften f\u00fcr den vorliegenden Zweck ungeeignet sein. Die von Benedikt und Bamberger*) ausgearbeitete Methode zur Bestimmung des in der Holzfaser vorhandenen Methoxyls mit Hilfe von Jodwasserstoffs\u00e4ure ist nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnis am geeignetsten, einen sicheren Ma\u00dfstab f\u00fcr den Verholzungsgrad zu gew\u00e4hren. Sie ist aber ziemlich umst\u00e4ndlich und zeitraubend und k\u00e4me nur als Kontrolle f\u00fcr das von uns\n- \u25a0 - \u2014 ^\n'). Monatshefte f\u00fcr Chemi\u00e8, Bd. 11, S. 260 (1890).","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\tP. Waentig und W. Gierisch,\nim folgenden vorgeschlagene Verfahren in Betracht. Dem von Gross, Bevan und Briggs1) vorgeschlagenen Verfahren, durch Bestimmung des Phloroglucinabsorptionsverm\u00f6gens den Verholzungsgrad festzustellen, d\u00fcrfte zwar auch eine echte Ligninreaktion zugrunde liegen, doch hat es, wie schon eine neuerliche Pr\u00fcfung der Methode durch E. Ungar2) gezeigt hat, seine erheblichen M\u00e4ngel. Trotzdem haben wir das Verfahren auf einen gro\u00dfen Teil des uns vorliegenden Versuchsmaterials angewandt.3) Die dabei erhaltenen Resultate sind in den Tabellen H u. III angegeben. Man erkennt leicht, da\u00df das Verfahren f\u00fcr den vorliegenden Zweck wenigstens hinsichtlich der Holzproben ungen\u00fcgend ist. Der Hauptgrund daf\u00fcr d\u00fcrfte, abgesehen von den von Ungar angef\u00fchrten M\u00e4ngeln, darin liegen, da\u00df sich auf diesem Wege nur vergleichbare Ergebnisse erzielen lassen, wenn eine v\u00f6llig gleichm\u00e4\u00dfige und feine Verteilung und eine gen\u00fcgende \u00abReinigung\u00bb des Untersuchungsmaterials vorausgegangen ist. Die\nbekannten, von Wiesner aufgefundenen Farbreaktionen mit organischen Basen und Phenolen, welche nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse der Lignocellulosen ihre Entstehung einem nur akzessorischen Bestandteile der verholzten Faser, dem Tr\u00e4ger der Carbonylgruppe verdanken, insbesondere die vielfach so brauchbare Reaktion mit Phloroglucinsalzs\u00e4ure, besitzen nebenbei den \u00dcbelstand, da\u00df sie f\u00fcr st\u00e4rker gef\u00e4rbte Objekte schlecht verwendbar sind. Besonders hervorzuheben ist vor allen Dingen, da\u00df durch gewisse chemische Eingriffe die Ligninsubstanz so ver\u00e4ndert wird, da\u00df die f\u00fcr die Phloroglucinsalzs\u00e4urereaktion charakteristische Rotf\u00fcrbung nicht mehr auftritt, ohne aber \u2014 und dies ist hier f\u00fcr die in Frage kommenden Zwecke wesentlich \u2014 da\u00df das Fasermaterial seine Unverdaulichkeit verloren hat. Ein Blick auf die. vorhin erw\u00e4hnten Tabellen wird diese Behauptung best\u00e4tigen und erl\u00e4utern, wie er ebenso zeigt, da\u00df )die hochgradig aufgeschlossene und daher auch\nhochgradig verdauliche Sulfitcellulose in ungebleichtem Zu-\u00bb\n*) Bericht der deutsch, chem. Gesellsch., Bd. 40, S. 3119 (1907).\n*) Dissert. Z\u00fcrich 1914.\n8) Dabei richteten wir uns streng nach den Ausf\u00fchrungsbestimmun gtn, vgl. C. G. Schwalbe, Die Cellulose. S. 638.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 93\nstand immer noch eine deutlich erkennbare, wenn auch geringe Rotfarbung mit Phloroglucinsalzs\u00e4ure liefert.\nMan wird also zwar bei einer deutlich positiven Phloroglucinreaktion einer Holzfaserprobe mit einer un** gen\u00fcgenden Aufschlie\u00dfung und infolgedessen mit einer geringgradigen Verdaulichkeit derselben zu rechnen haben. Es ist aber nicht berechtigt, aus dem Fehlen der Phloroglucin-salzs\u00e4urereaktion schlie\u00dfen zu wollen, da\u00df es sich um^ ein gut aufgeschlossenes und daher hochgradig verdauliches Material handelt; und dazu kommt, wie gesagt, da\u00df andererseits eine sehr geringf\u00fcgige positive Reaktion, wie sie beispielsweise Sulfitcellulose und gewisse Kraftstrohproben noch zeigen, mit R\u00fccksicht auf die Verdaulichkeit des Produktes von geringem Belang ist. Die qualitative Reaktion, die auf der Rotf\u00e4rbung von mit Chlor behandelter verholzter Faser beruht,' wenn man sie mit Sulfitl\u00f6sung behandelt, die sog. M\u00e4ulesche Reaktion mit Permanganat und Ammoniak, die Reaktion mit rotem Blutlaugensalz und Ferrichlorid erweisen sich f\u00fcr vorliegende Zwecke als zu empfindlich, indem sie noch bei Natron-' und Sulfitzellstoff und bei hochgradig verdaulichem Strohstoff stark posi-tive Reaktion liefern, w\u00e4hrend andererseits beispielsweise die M\u00e4ulesche Reaktion bei Nadelholz \u00fcberhaupt versagt.1) Die erstgenannte Probe hat allerdings vor der Phlorpglucinprobe den Vorzug, da\u00df sie bei mit Alkalien behandeltem. Holz, auch wenn es nur geringgradig aufgeschlossen wurde, auftritt.\nBeim Suchen nach einer einfachen Methode, schnell und n\u00e4herungsweise ein Ma\u00df f\u00fcr die in einem Holzfasermateriale vorhandenen, nicht verzuckerbaren, daher unverdaulichen und die Verdauung der wertvollen Bestandteile hindernden Substanzen zu erhalten, kamen wir darauf, das Chlorbindungsverm\u00f6gen in Betracht zu ziehen Wenn man Chlor auf Holzfaser einwirken l\u00e4\u00dft, so wird zun\u00e4chst fast ausschlie\u00dflich das Lignin, welches in der Faser enthalten ist, angegriffen, und der jeweilig vorhandenen Menge Lignih entspricht\neine bestimmte Menge Chlor, die hierbei verbraucht wird. Die\n- ________ . \u2022\n*) S. a. E. Ungar, Dissert\u00e2t. Z\u00fcrich 1914.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"^\tP- Waentig und W. Gierisch,\nWirkung yon Chlor auf verholzte Faser ist zuerst von Cross und Be van1) bei der Chlorierung von Jute untersucht worden. Nach ihrer Ansicht handelt es \u00bbsich hierbei um die Substitution von 4 W\u00e4sserstoffatomen in einem aromatischen Kern, welcher dem Ligninkomplex zugeh\u00f6rt, unter Bildung eines Chinon-chlorids. Bei anderer verholzter Faser scheint die Reaktion \u00e4hnlich zu verlaufen, nur da\u00df hier die Menge der gebildeten Salzs\u00e4ure gr\u00f6\u00dfer ist, als man nach dem einfachen Substitutionsproze\u00df erwarten sollte, woraus sich schlie\u00dfen l\u00e4\u00dft, da\u00df auch noch Oxydationsvorg\u00e4nge stattfinden. Doch ist die Sachlage noch nicht v\u00f6llig gekl\u00e4rt. Den praktischen Zweck dieser Untersuchung im Auge soll an dieser Stelle nicht n\u00e4her hierauf eingegangen werden. Nur soviel sei bemerkt, da\u00df wir den Ausf\u00fchrungen von Heuser und Sieber2) nicht in jeder Beziehung beipflichten k\u00f6nnen.\nWenn man z. B. durch eine mit einer bestimmten Menge der feuchten Holzfaser gef\u00fcllte und tarierte Gaswaschflasche einen langsamen Strom feuchten Chlors leitet, bis keine erhebliche Gewichtszunahme mehr stattfindet, so kann man leicht aus der eintretenden Gewichtszunahme durch erneute W\u00e4gung die Menge Chlor ermitteln, die zu dem oben erw\u00e4hnten Vorgang gebraucht wird, da unter Einhaltung der erw\u00e4hnten Bedingungen (Verwendung feuchten Chlorgases, langsames Einleiten, Anwendung gen\u00fcgend feuchten Fasermaterials) merkliche Verluste durch Wasserabgabe und Verluste durch Verdampfen von durch Oxydation bezw. Reduktion entstandenen fl\u00fcchtigen S\u00e4uren vermieden werden k\u00f6nnen und auch Nebenreaktionen, wie sie infolge zu starker Erw\u00e4rmung bei stark ligninhaltigem Material und bei Anwendung trockener Faserstoffe eintreten k\u00f6nnen, zu vermeiden sind. Die Dauer der Chlorierung h\u00e4ngt in erster Linie von dem Ligningehalt, aber auch von der sonstigen Beschaffenheit des Untersuchungsmaterials ab. F\u00fcr\nunver\u00e4ndertes Holz bedarf es einer Chlorierung von\n*\n') Cross und Be van, Besear\u00e7hes on Cellulose 1, S. 95, 102 ff. 194\u00cf\u00ce. (1895).\n*) s. die Anmerkung auf folgender Seite.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 95\n5\t\u2022\t. \u2022\t.\nmehreren Stunden, bis eine ann\u00e4hernde Gewichtskonstanz erreicht ist, welche die Beendigung des Chlorierungsvorgangs anzeigt. Es ist nicht erforderlich, da\u00df das Material sehr fein verteilt ist, ein Feinheitsgrad von der Art gr\u00f6beren S\u00e4gemehls gen\u00fcgt. Wesentlich ist, da\u00df das Material gut durchfeuchtet ist, ohne da\u00df jedoch Wasser aus dem Material heraustritt. Hierzu bedarf es einer Wassermenge von 20 bis 25 ccm auf 10 g lufttrockenes Material, je nach dem Aufsaugungsverm\u00f6gen des Untersuchungsobjektes. Die auftretende Gewichtskonstanz ist keine absolute. Bei fortgesetztem Einleiten von Chlor nimmt die aufgenommene Chlormenge weiterhin langsam, aber st\u00e4ndig zu. Dies liegt daran, da\u00df letzte Reste der Ligninsubstanzen erst ganz allm\u00e4hlich von der Chlorierung ergriffen werden, ferner aber daran, da\u00df auch die verzuckerbaren Anteile der Faser allm\u00e4hlich einer Einwirkung des Chlors unterliegen.1) Wesentlich erscheint f\u00fcr die Erzielung vergleichbarer und reproduzierbarer \u00abChlorzahlen\u00bb, da\u00df die Chlorierung etwa bei Zimmertemperatur vorgenommen wird. Starke Selbsterw\u00e4rmung infolge zu raschen Einleitens von Chlor oder Anwendung von trockenem Material bedingt Nebenreaktionen, zu tiefe Temperaturen verlangsamen die bei derartigen Vorg\u00e4ngen sehr wesentlichen Diffusionsvorg\u00e4nge.\nZur Bestimmung der Chlorzahl, worunter also die Gewichtszunahme in Prozenten zu verstehen ist, die berechnet auf Trockensubstanz das Untersuchungsmaterial erf\u00e4hrt, wenn man es in der angegebenen Weise der Einwirkung eines Chlorstromes aussetzt, verfahren wir, wie folgt :\n10 g des in der angegebenen Weise angefeuchteten Materials werden in eine weithalsige Gaswaschflasche; die mit einem Schliff versehen ist, eingebracht, die Flasche wird tariert und unter Zwischenschaltung eines mit nassen Bimsteinst\u00fccken gef\u00fcllten sog. Trockenturmes und eines Gasbiasenz\u00e4hlers mit einem Chlorentwicklungsapparat in Verbindung gesetzt; darauf\n*) Vgl. hier\u00fcber auch E. Heuser und R. Sieber, Zeitschr. f\u00fcr angewandte Chemie, Bd. 26, S. 801 (1913).","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\tP. Waetig und W. Gierisch.\nwird ein langsamer Strom von Chlor durch die Masse hindurchgeleitet. Nach je einer halben Stunde wird die Gewichtszunahme der von \u00fcbersch\u00fcssigem Chlorgas befreiten Flasche mit Hilfe einer Hundertstelgramm genau angebenden Wage bestimmt und das Einleiten so oft wiederholt, als die Gewichts* Zunahme noch betr\u00e4chtlich ist. Bei den meisten Materialien ist dieser Zustand nach ein- bis zweist\u00fcndigem Einleiten erreicht. In einzelnen F\u00e4llen bei hartem, harzhaltigem Holz in nicht sehr feiner Verteilung ist die Grenze der S\u00e4ttigung unscharf, weil offenbar die Diffusion erschwert ist, doch handelt es sich in solchen F\u00e4llen um sehr ligninreiche .Faser mit Chlorzahlen von etwa 45\u00b0/o, die sich hierdurch schon in gen\u00fcgender Weise als unverdaulich charakterisiert. Die endg\u00fcltig eingetretene Gewichtszunahme entspricht der in Reaktion getretenen Menge Chlor. Die Verluste durch Entweichen von Wasserdampf und der durch die Einwirkung des Chlors gebildeten fl\u00fcchtigen S\u00e4uren sind beim Arbeiten in der angegebenen Weise unwesentlich. Eine kleine Korrektur ist f\u00fcr die von dem Wasser aufgenommene Chlormenge zu machen, die sich leicht angeben l\u00e4\u00dft, wenn man ber\u00fccksichtigt, da\u00df 100 ccm Wasser von Zimmertemperatur 0,7 g Chlor bei S\u00e4ttigung aufnehmen.\nEs ist \u00fcbrigens das Bestreben auch dahin gegangen, dem Verfahren eine ma\u00dfanalytische Grundlage zu geben, doch scheiterten die bisherigen Bem\u00fchungen in dieser Richtung an der geringen L\u00f6slichkeit des Chlors im Wasser und den sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten. Vielleicht d\u00fcrfte hierf\u00fcr der Ersatz von Chlor durch Brom am Platze sein, das, wie wir feststellten, in fast \u00e4quivalenter Menge von der verholzten Faser aufgenommen wird, oder die Verwendung von Hypochlorit- oder Chlorkalkl\u00f6sung. Wir sind mit der Pr\u00fcfung\neines derartigen Verfahrens noch besch\u00e4ftigt.\nIn der beigef\u00fcgten Tabelle II sind nun eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl bearbeiteter und unbearbeiteter Nadelholzproben zusammengestellt, die zum gr\u00f6\u00dften Teil einerseits im Aus-nutzungsvers\u00f9ch am Pferd auf den Grad der Verdaulichkeit der in ihnen enthaltenen Rohfaser hin gepr\u00fcft wurden und von","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usu\\ 97\nTabeUe n.\nHolzart\tChlorzahl\tVerdau- < lichkeit d. Rohfaser \u2022/\u00ab\tPhloroglacin absorption in * */\u2022 tor Trockengut)-stanz.\nBraunschliff\t\t\t .\t58.8\t\u2022 10.3\t5,12\n\t46,7\t22.7\t4,90\nFichtenholz II........... .\t47,5\t\u2022\tV\t\u2022 * \u2022\t\nKiefernholz \t\t\t\tca. 47,0\t\u2014\t5,28\nBearbeitetes Kiefernholzmehl I . * . .\t46,6\tUTerdaaliek\t4,07\n\u00bb\t*\tII . . . .\tca. 47,0\t\u00a5\t4,59\n\u00bb\t*\tIII . . .\t43,4\t13,8\t3,7\u00bb;\n*\t>\tIV . . .\t44.8\t10,6\t1.56\n*\t>\tV. . . .\t42.6\t6,3\t2,73\nVI ... .\t31,3\t41.2 \u00ea\t2.84\n>\t\u00bb\tVII . . .\t26,7 i\t:\t45,2\t2,83\n\u00bb\t>\tVIII. . -\t; 22.2\t68,5\t2.39\n*\t\u00bb\tIX . . .\t1 21.7\t63,8 :\t1,34\n\u00bb \u25a0\t\u00bb\tX. . . .\tj 19,0\t78,4 \u2018\t2.60\n\u00bb\t\u00bb\tXI . . .\ti 1S1.0\t82.5\t0,54\nSulfitzelistoff I\t\ti 13,2 1 1\t80 ,9 ;\t1,06\n>\tII .... . ......\tj 9,0\t87,6 V\t1,12\nNatronzellstoff I (Fichte)\t\ti H.7\t87.9 \u25a0\ti 0,11 \u201d\n>\tII (Kiefer)\t\ti 9.8\tQO ** W\tt 006\ndenen andererseits die Chloraahl festgestellt wurde. Die Proben sind ungef\u00e4hr nach der H\u00f6he der Chlorzahl geordnet, und man erkennt leicht, da\u00df bis auf wenig geringf\u00fcgige Ausnahmen Chlorzahl und \u00fcnyerdaulichkeit im gleichen Sinn zu- bezw. abnehmen. Die ungebleichten, technischen Endprodukte der Holzzellstoffgewinnung: Natronzellstoff und Sulfit-\ncellulose stehen an dem einen Ende der Reihe mit niedrigsten Chlorzahlen und h\u00f6chster Verdaulichkeit, unver\u00e4ndertes Nadelholz und einige v\u00f6llig ungen\u00fcgend technisch aufg\u00ebschlossene","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022*\u201c\tP. Waentig und W. Gierisch,\nProdukte am anderen Ende. Da\u00df das unver\u00e4nderte Nadelholz und der sogen. Braunschliff eine h\u00f6here Chlorzahl bei gleichgro\u00dfer oder h\u00f6herer Verdaulichkeit auf weisen als einige bearbeitete Holzproben, liegt einerseits daran, da\u00df bei geringgradigem Aufschlu\u00df zun\u00e4chst neben dem Lignin auch in gr\u00f6\u00dferer Menge leicht verdauliche Anteile der Holzfaser entfernt werden, soda\u00df zun\u00e4chst ein der beabsichtigten Wirkung entgegengesetzter Erfolg gezeitigt wird, d. h. ein R\u00fcckgang der Verdaulichkeit eintritt. Die feinere Verteilung des Schliffmaterials kann nicht als Ursache f\u00fcr die gesteigerte Chloraufnahme angesehen werden: Wei\u00dfschliff, der bekanntlich im geringeren Ma\u00dfe als der Braunschliff einer Auslaugung unterworfen wird, liefert ann\u00e4hernd die gleiche Chlorzahl wie gew\u00f6hnliches Fichtenholzs\u00e4gemehl.\nDeutlich scheint \u00fcbrigens aus der Art, wie Chlorzahl und Rohfaserverdaulichkeit sich miteinander \u00e4ndern, hervorzugehen, da\u00df eine geringe Abnahme der Chlorzahl, mithin des Ligningehaltes, so gut wie keinen Einflu\u00df auf die Verdaulichkeit aus\u00fcbt, da\u00df vielmehr die Chlorzahl, also auch der Ligningehalt erheblich abnehmen mu\u00df, damit ein nennenswerter praktischer Effekt erzielt wird. Die daraus sich ergebenden Schlu\u00dffolgerungen darzulegen, mu\u00df unterbleiben.\n\u00dcbrigens scheint andererseits die vollst\u00e4ndige Entfernung des Lignins zur Erzielung eines Verdaulichkeitsgrades von 80\u00b0/o der Rohfaser und mehr nicht erforderlich zu sein, wie aus dem immer noch betr\u00e4chtlichen Chlorbindungs~ verm\u00f6gen der Holzzellstoffproben hervorgeht, dem ja auch bei den Sulfitcelluloseproben eine deutliche, wenn auch schwache Ligninreaktion entspricht.1)\nReinere Celluloseproben wie Baumwollcellulose, reine Flachscellulose, reines Filtrierpapier mit einem Reincellulosegehalt von 98\u00b0/o liefern erheblich niedrigere Chlorzahlen, n\u00e4mlich 1,3, 2,2 bezw. 3,8.\n*) Dasselbe Verhalten zeigen \u00fcbrigens die untersuchten StrohstofT-proben. Auch diejenigen, deren Rohfaser 90\u2014100\u00b0/o verdaulich ist, liefern eine schwach positive Ligninreaktion, der auch hier ein noch immer merkliches Chlorbindungsverm\u00f6gen' entspricht.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 99\nAuf Grund von Tabelle II durfte jedenfalls zu folgern sein, da\u00df bei Verfahren, die auf eine Befreiung der Holzfaser von der Holzsubstanz abzielen, die Ghlorzahl des fertigen Produktes auf etwa 30 heruntergedr\u00fcckt werden mu\u00df, um zu einem mittelm\u00e4\u00dfig ausnutzbaren Cellulosefutter zu gelangen, da\u00df aber zur Erzielung hochgradig verdau* liehen Materials die Chlorzahl auf etwa 20 tfnd weniger sinken mu\u00df.\nWie gesagt, handelt es sich in der eben diskutierten Zusammenstellung ausschlie\u00dflich um Nadelholz und zwar um Kiefer und Fichte. Wir haben noch die Chlorzahlen einiger anderer H\u00f6lzer ermittelt und festgestellt, da\u00df sie nicht sehr viel von den Zahlen f\u00fcr Nadelholz entfernt liegen. Naturgem\u00e4\u00df fallen die Zahlen f\u00fcr Laubh\u00f6lzer etwas niedriger aus, was einerseits mit ihrem teilweise etwas h\u00f6heren Gehalt an Cellu* lose, andererseits damit zusammenh\u00e4ngt, da\u00df ein gr\u00f6\u00dferer Teil der nicht celluloseartigen Bestandteile nicht ligninartige Beschaffenheit besitzt, insbesondere da\u00df der Holzgummigehalt bei diesen H\u00f6lzern ein h\u00f6herer ist. Holzgummi aber wird, wie ein Versuch mit isoliertem^Buchenholzgummi zeigte, unter den Versuchsbedingungen, die zur Ermittelung der Chlorzahlen in Anwendung kommen, wenig von Chlor angegriffen.\nEs wurden gefunden als Chlorzahlen f\u00fcr 2 Proben Pappel* holz 36,2 und 37,0\u00b0/o, f\u00fcr eine Probe Birkenholz 42,0\u00b0/o, f\u00fcr 3 Proben Buchenholz 35,0, 37,9 und 39,0\u00b0/o, f\u00fcr Eichenholz 43,4\u00b0/o, f\u00fcr eine Probe Erlenholz 43,4\u00b0/o, w\u00e4hrend eine Probe Tannenholz den Wert von 47,4\u00b0/o ergab. Untereinander streng vergleichbar sind diese Zahlen nicht, da Alter, Jahreszeit der Gewinnung, Herkunft und morphologische Zugeh\u00f6rigkeit nicht bekannt waren.\nMit aufgeschlossenen Laubh\u00f6lzern ist fast nicht gearbeitet worden, es ist aber kaum anzunehmen, da\u00df die Verh\u00e4ltnisse hinsichtlich der Beziehung zwischen Chlorbindungsverm\u00f6gen und Verdaulichkeit hier sehr wesentlich anders liegen.\nEs fragt sich nun, ob die Chlorzahl auch f\u00fcr anderes Pflanzenfasermaterial zur Feststellung des wahrschein-","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\tP. Waentig und W. Gierisch,\nliehen Verdaulichkeitsgrades herangezogen werden k\u00f6nnte, insbesondere f\u00fcr Stroh.\nHierf\u00fcr liegt \u00fcbrigens ein so dringliches Bed\u00fcrfnis nicht vor, da im Laboratorium von Emil Fischer k\u00fcrzlich einfache Pr\u00fcfungsverfahren f\u00fcr Kraftstrohuntersuchungen ausgearbeitet worden sind, die zur Orientierung ausreichen d\u00fcrften. >)\nFerner ist zu ber\u00fccksichtigen, da\u00df die geringgradige Verdaulichkeit des Strohs nicht ausschlie\u00dflich auf seiner Verholzung zu beruhen scheint, sondern da\u00df Inkrustationsprozesse anderer Art wie die sogenannte Kutinisierung und die Verkieselung dabei eine betr\u00fcchtliche Rolle spielen. Was die bekannten Farbreaktionen zur Feststellung des Verholzungsgrades anlangt, so gilt hier das f\u00fcr die Pr\u00fcfung der Holzfaser Bemerkte. Dazu kommt, da\u00df infolge der oben erw\u00e4hnten Kutinschicht die Farbreaktionen gerade bei unver\u00e4ndertem Stroh nur allm\u00e4hlich und unvollkommen zustande kommen. Auch die Cross sehe Methode eignet sich nicht f\u00fcr Vergleichszwecke.\nIn der folgenden Tabelle III sind die Ergebnisse zusammengestellt, die mit einer Anzahl Naturstrohproben einerseits und sogen. Kraftstrohproben andererseits, die durch Behandeln von Stroh mit Alkalien auf verschiedene Weise hergesteilt waren, erhalten wurden. Die Chlorzahlen f\u00fcr Naturstroh, von dem noch eine gr\u00f6\u00dfere Zahl weiterer Proben untersucht wurde, weichen nicht sehr erheblich voneinander ab. Es ergab sich ein Mittelwert von 31,8. Bei gut aufgeschlossenem Stroh dagegen sinkt die Chlorzahl unter 20, meist unter 15\u00b0/o8) herab, w\u00e4hrend sie bei mittelm\u00e4\u00dfig aufgeschlossenen Proben mit einem mittleren Verdaulichkeitsgrad Betr\u00e4ge \u00fcber 20\u00b0/o annimmt. Nur eine einzige der untersuchten Proben verhielt sich abweichend. Es ist die nach\n\u2018) Vgl. aucli F. Mach und P. Le der le, Landw. Versuchsstationen, Bd. 90, S. 269.\n*) Zwei aus Leipzig uns \u00fcbersandte Strohstoffproben lieferten Ghlor-zahlen von 11,9 und 8,2 ; 2 Proben aus Braunsdorf 12,3 und 14,7; eine Probe von Rittergut Meding, die offenbar gering gradiger aufgeschlossen war, 17,1.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 101\nTabelle UL\nStrohart\t] Chlorzahl\t! Verdau-! lichkeit d. Rohfaser \u00b0/*\tLigninprobe\tFhloroflucin-absorption in % der } Trockensubstanz\nStrohprobe 1 .\t28,3 \u2022\t45,4\tsofort stark positiv #\t4,05\nStrohprobe II\t30,3 '\ti 40.2 1 \u2022 \u2022 ( '\ti desgl.\t3,83\nStrohstoff L.\t24,0\t72,1 i\tdeutlich positiv \u2022 * 1\t1 \" 0,84 i\nStrohstoff Nossen\tj 20,1\t\t94,4\tnach einigen Minuten stellenweise schwache Rotf\u00e4rbung\t0,72\nStrohstoff Mischfutter | ' 4fl- 1\t\u201e. Dresden\t10,7 i '**\u25a0& t\t1\t;\t\t\tdesgl. 1 \u2022\t1,09\nStrohstoff Roslau a. E.\t13,5\t!\t'\t!..\t~\tJ j\t78,6\tj\tdesgl. t\t'\t!\t\t0,83\nStrohstoff Dahlem\t11,5\t' 1 87,2 i desgl. . 1\t\t1,68\nSlrohstoff Dresden\t\u00bb 10,8\t! bis 100 I\t\tdesgl.\t1,35 i\t-\u2022 i\nihrem Herkunftsort mit Nossen bezeichnete Strohstoffprobe, die trotz einer sehr guten Verdaulichkeit ein Chlorbindungsverm\u00f6gen von 20\u00b0/o aufweist. Diese Strohprobe war auffallend dunkel, fast braun gef\u00e4rbt, wahrscheinlich infolge der Einwirkung hoher Temperaturen. Es hat sich in der Folge gezeigt, da\u00df derartig ver\u00e4ndertes Stroh regelm\u00e4\u00dfig zu hohe Chlorzahlen liefert. Wahrscheinlieh unterliegt in dieser Weise ( ver\u00e4ndertes Stroh leichter einer oxydierenden Wirkung des Chlors. Bei einer weiteren Anzahl hell gef\u00e4rbter, gut aufgeschlossen\u00e8r\nKraftstrohproben haben wir immer Chlorzahlen unter 20\u00b0/o gefunden.\nEs fragt sich endlich, ob die Bestimmung der Chlorzahl auch f\u00fcr die Beurteilung nach anderen Aufschlie\u00dfungsverfahren gewonnener Pflanzenfaserprodukte von Be-","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\tP. Waentig und W. Gierisch.\nI\ndeutung sein kann. Es liegt auf der Hand, da\u00df nur solche Verfahren in Betracht kommen, bei denen es sich um eine v\u00f6llige Zerst\u00f6rung oder gleichzeitige Entfernung der Ligninsubstanzen handelt. Daher werden sich beispielsweise Strohstoffproben, welche teilweise oder ganz aufgeschlossen wurden, denen aber nachtr\u00e4glich die eingedampfte Schwarzlauge wieder zugef\u00fcgt worden ist, nur dann mit Hilfe des Chlorierungsverfahrens pr\u00fcfen lassen, wenn man durch vorherige Extraktion die Bestandteile der Schwarzlauge wieder entfernt. Es kommen f\u00fcr die Pr\u00fcfung auch nicht solche Produkte in Betracht, bei denen es auf eine blo\u00dfe mechanische Ver-\u00e4nderung der Faser oder auf eine Ver\u00e4nderung der verzuckerbaren Bestandteile der Faser abgesehen ist, wenn nicht gleichzeitig mit diesen Prozessen eine Zerst\u00f6rung oder Entfernung der Ligninsubstanz erreicht wurde.\nEs lie\u00df sich daher erwarten, da\u00df mit Hilfe von S\u00e4uren\nzerm\u00fcrbtes und teilweise verzuckertes Holzmaterial\n* * \u2022 '\nkeine Abnahme der Chlorzahl erkennen lassen w\u00fcrde, wie ja auch die Verdaulichkeit der Rohfaser so behandelten Holzes keine erhebliche Ver\u00e4nderung zeigt. Die verholzende Substanz wird offenbar durch die Wirkung der S\u00e4ure weder in ihren sch\u00fctzenden Eigenschaften auf die Cellulose noch in ihrem Chlorbindungsverm\u00f6gen beeintr\u00e4chtigt. Dementsprechend wurden auch bei der Chlorierung einer Anzahl nach dem S\u00e4ureverfahren aufgeschlossener Holzmehlproben, deren Rohfaser nur geringe Verdaulichkeit aufweist,1) Chlorwerte gefunden, die praktisch mit den Chlorzahlen der unver\u00e4nderten Holzarten identisch sind. Wir erhielten f\u00fcr drei aus Fichtenholz hergestellte Proben Werte von 50,3,49,2 und 52,4 \u00b0/o, f\u00fcr ein aus Kiefernholz hergestelltes Produkt 49,5 \u00b0/o. Die Wirkung des Aufschlu\u00dfmittels, der Salzs\u00e4ure, erstreckt sich offenbar, soweit eine solche eintritt, auf die verzuckerbaren Anteile des Holzes, die einer partiellen Hydrolyse unterworfen werden. Der\nLigninanteil bleibt intakt und sch\u00fctzt nach wie vor die\n') Vgl. W. Ellenberger und P. Waentig, Berl. Tier\u00e4rztl. Wochenschrift 1917, Nr. 8, 36 und 37-","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser usw. 103\nnichthydrolysierten Teile der Zellwand vor dem Angriff der Verdauungss\u00e4fte. Da\u00df der Ligninanteil des Holzes gegen S\u00e4uren im hohen Grad resistent ist, ist \u00fcbrigens aus Verzuckerungsversuchen zu folgern, die wir an Holzproben mit starker Salzs\u00e4ure nach dem Vorgang von Willst\u00e4tter angestellt haben. Man erh\u00e4lt auf diese Weise die Ligninsubstanz in mehr oder weniger reiner Form, und diese Verzuckerungsr\u00fcckst\u00e4nde liefern * dann je nach ihrem Reinheitsgrad Ghlorzahlen bis l\u00f6O\u00b0/o.\nDresden, im Februar 1918.\n\\\n\u2018V\n*\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. C11I.\n8","page":103}],"identifier":"lit20730","issued":"1918","language":"de","pages":"87-103","startpages":"87","title":"\u00dcber ein einfaches Verfahren, die Verdaulichkeit des Celluloseanteils von Pflanzenfaser, insbesondere von Holzfaser, sch\u00e4tzungsweise zu bestimmen","type":"Journal Article","volume":"103"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:36:52.567837+00:00"}