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{"created":"2022-01-31T14:59:51.690059+00:00","id":"lit20745","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 104: 129-132","fulltext":[{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Weiterer Beitrag zur Kenntnis des im Harn und in Harnsteinen vorkommenden Cystins1).\nVon\nEiuil Abderhalden.\n'A\u00ab\u00ab dcm l\u2019hysiolofMselicn Institut der luiversitiit Halle.)\n'Der Redaktion zugegaiitfin am 6. Dezember 191*.)\nBekanntlich ist die Cystinurie in ihrem Wesen sehr verschieden beurteilt worden. Es bestand zun\u00e4chst die M\u00f6glichkeit, da\u00df die Cystinausscheider diese Aminos\u00e4ure im Dafin-kanal bilden und dann jenseits des Darms nicht verwerten k\u00f6nnen. Solange man die Vorstellung hatte, da\u00df die Eiwei\u00dfk\u00f6rper im Magen-Darmkanal im wesentlichen nur bis zu Peptonen abgebaut werden, und die Bildung von Aminos\u00e4uren Bakterien zugeschrieben wurde, war eine solche Auffassung der Ursache der Cystinurie verst\u00e4ndlich. Sie wurde noch durch die Beobachtung gest\u00fctzt, da\u00df in vielen F\u00e4llen von Cystinurie im Ilarn Diamine auftreten. Die Feststellung, da\u00df die Eiwei\u00dfk\u00f6rper normalerweise vor ihrer Aufnahme in\u00b0 weitgehender Weise durch die Fermente des Magen-Darmkanals' zerlegt werden und im wesentlichen wohl nur Aminos\u00e4uren zur Aufnahme gelangen, hat der erw\u00e4hnten Auffassung der Ursache der Cystinurie den Boden entzogen. Immer mehr drang die Anschauung durch, da\u00df der Stoffwechsel des Cy\u00f6tin-ausscheiders im allgemeinen ganz normal verl\u00e4uft. Gest\u00f6rt st nur der Abbau des Cystins. Ob die St\u00f6rung die Gesamtheit des im Zellstoffwechsel entstehenden Cystins betrifft,, ist\n\u2019) Vergl. Emil Abderhalden: Beitrag zur Kenntnis des in Harnsteinen vorkommenden Cystins. Diese Zeitschr., Bd. 51. S. 391. 1907 Hoppe-Seyier\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. C1V.\tQ","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nEmil Abderhalden,\nfraglich. Es w\u00e4re von gr\u00f6\u00dfter Bedeutung, die Galle eines Cystinausscheiders auf den Gehalt an Taurochols\u00e4ure zu untersuchen, um festzustellen, ob die Taurinkomponente gebildet werden kann. Es w\u00fcrde dann mit gr\u00f6\u00dfter Wahrscheinlichkeit der Beweis gef\u00fchrt sein, falls die Leber des Cystinausscheiders Taurin bildet, da\u00df wenigstens die Leberzellen Cystin umwandeln k\u00f6nnen. Weitere Beobachtungen haben dann ergeben, da\u00df die Cystinurie nicht unbedingt mit der Ausscheidung von Diaminen verkn\u00fcpft zu sein braucht. Ferner wurde beobachtet, da\u00df neben Cystin auch andere Aminos\u00e4uren zur Ausscheidung gelangen k\u00f6nnen. Wir haben es offenbar mit einer mehr oder weniger spezialisierten St\u00f6rung im Abbau von Aminos\u00e4uren zu tun. Es gibt ohne Zweifel reine Cystinausscheider und daneben solche, die neben Cystin auch andere Aminos\u00e4uren zur Ausscheidung bringen. Ferner gibt es sicherlich auch Personen, die kein Cystin ausscheiden. jedoch andere Aminos\u00e4uren, wie z. B. Tyrosin!).\nEine neue Beleuchtung erhielt das ganze Problem durch die Annahme von Neuberg, wonach das im Harn zur Ausscheidung gelangende Cystin und speziell das in Steinen enthaltene eine andere Struktur haben sollte, als die am Aufbau der Eiwei\u00dfstoffe beteiligte Aminos\u00e4ure. Bekanntlich ist sie durch weitere Beobachtungen nicht gest\u00fctzt worden. Die Wichtigkeit des ganzen Problems erfordert, da\u00df jeder Fall von Cystinausscheidern und von Cystinsteinen eingehend untersucht und die Art des vorhandenen Cystins genau festgestellt wird.\nIch hatte Gelegenheit, aus dem Nachla\u00df der Sammlung des Pharmakologen Erich Harnack vier Cystinsteine von verschiedener Herkunft zu untersuchen. Ferner konnte ich den Harn eines Cystinausscheiders dank der Freundlichkeit des Herrn Kollegen Winternitz untersuchen. Der betreffende Fall ist in der Inaugural-Dissertation von Alois Lorenz (Halle a. S., 1916) beschrieben worden. Der Harn des Patienten zeigte nach kurzem St\u00e8hen ein Sediment, in dem die charakteristischen Cystinkristalle feststellbar waren. Neben dem\nz Die Literatur vergl. in Abderhalden 1. c.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Weiterer Beitrag zur Kenntnis des im Harn vorkommenden Cystins. 131\nCystin wurden Tyrosin und Leucin festgestellt. Interessanterweise folgten Tagen, an denen au\u00dfer Cystin keine anderen Aminos\u00e4uren im Harn anzutreffen waren, Tage mit schwankendem Tyrosingehalt. Leucin wurde nur zweimal in sehr geringer Menge beobachtet. Leider verhinderten die Zeitumst\u00e4nde eine genaue Untersuchung des Falles. Es w\u00e4re nat\u00fcrlich von gr\u00f6\u00dftem Interesse gewesen, festzustellen, ob das Erscheinen anderer Aminos\u00e4uren als Cystin etwas mit der Zusammensetzung der Nahrung zu tun hatte.\nBei dem Cystinausscheider sind die N\u00e4gel und die Haare auf den Gehalt an Cystin untersucht worden. Die Hydrolyse dieser Eiwei\u00dfk\u00f6rper erfolgte in der \u00fcblichen Weise mit der dreifachen Menge konzentrierter Salzs\u00e4ure. Die L\u00f6sung wurde dann mit der gleichen Menge Wasser verd\u00fcnnt und mit Tierkohle gekocht. Das nur sehr schwach hellgelb gef\u00e4rbte Filtrat wurde nunmehr unter K\u00fchlung mit Eiswasser mit Natronlauge bis zur schwach sauren Reaktion versetzt. Es erfolgte bald Ausscheidung von Cystin. Sie wurde durch Zusetzen von Eisessig vervollst\u00e4ndigt. Das so erhaltene Rohcystin wurde in der \u00fcblichen Weise durch L\u00f6sen in 10\u00b0/0igem Ammoniak und Ausf\u00e4llen mit Eisessig gereinigt. Mit der gefundenen Menge verglichen wir die aus N\u00e4geln resp. Haaren einer Person, die kein Cystin im Harn aufwies, erhaltene. Diese Untersuchung war vorgenommen wrorden, um einen Einblick in die Verwendung des Cystins im Organismus, des Cystinausscheiders zu erhalten. Ein Unterschied im Cystingehalt der erw\u00e4hnten Keratinarten war nicht vorhanden.\nAus dem Harn ist das Cystin in der \u00fcblichen Weise durch Zusatz von Eisessig abgeschieden wrorden. Die Reinigung erfolgte durch L\u00f6sen in 10\u00b0/oigem Ammoniak und Ausf\u00e4llen mit Eisessig. Es konnten im ganzen 2 g vollst\u00e4ndig reines Cystin erhalten werden. Das in Normal-Salzs\u00e4ure gel\u00f6ste Cystin drehte \u2014214,3\u00b0 C.\nVon diesem Cystin wurde au\u00dferdem der salzsaure Di-methylester dargestellt. Dieses Produkt stimmte in s\u00e4mtlichen Eigenschaften mit denen des entsprechenden Derivats des aus Eiwei\u00df dargestellten Cystins \u00fcberein. Es besteht somit kein","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132 Emil Abderhalden, Weiterer Beitrag zur Kenntnis des Cystins\nZweifel, da\u00df das untersuchte Harn-Cystin mit dem Eiwei\u00df-Cystin vollst\u00e4ndig identisch war.\n\\on den erw\u00e4hnten vier Cystinsteinen waren drei mit 1) rosin verunreinigt. Diese Aminos\u00e4ure lie\u00df sich leicht mit Hilfe des Millonschen lieagenses erkennen. Ein Stein enthielt ausschlie\u00dflich Cystin. Die Reinigung erfolgte in der \u00fcblichen Weise durch L\u00f6sen in Ammoniak und Ausf\u00e4llen mit Eisessig. Sehr empfehlenswert ist auch die Ausscheidung des Cystins als salzsaures Salz. Das Cystin aller vier Steine entsprach m KnstaUform und in allen \u00fcbrigen Eigenschaften und besonders auch in seinem optischen Verhalten durchaus dem\nEiwei\u00df-Cystin. Das Drehungsverm\u00f6gen betrug _________210,5\"\n4.19,\u00ab , \u2014-17,o und 222,0\" C. Auch von diesem Cystin wurde in jedem Einzelfalle der salzsaure Dimethylester dargestellt, Auch seine Eigenschaften best\u00e4tigten, da\u00df ein Unterschied mit Eiwei\u00df-Cystin nicht vorhanden war. Somit hat auch diese Untersuchung keinen Anhaltspunkt daf\u00fcr ergehen, da\u00df es ein besonderes Harn- oder Stein-Cystin gibt.","page":132}],"identifier":"lit20745","issued":"1919","language":"de","pages":"129-132","startpages":"129","title":"Weiterer Beitrag zur Kenntnis des im Harn und in Harnsteinen vorkommenden Cystins","type":"Journal Article","volume":"104"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:59:51.690064+00:00"}