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{"created":"2022-01-31T16:09:42.158969+00:00","id":"lit20803","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Waentig, P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 107: 225-230","fulltext":[{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Nochmals dio tierische Rohfaserverdauung.\nTon\nP. Waentig.\n(Hiaeilune aus dem physiologischen Institut der tier\u00e4rztlichen Hochschale za Dresden,\nDirektor: Geh. Rat. Prof. Ellenberger.)\n(Der Redaktion zagegangen am 27. Jali 1919.)\nZwei Ver\u00f6ffentlichungen \u00fcber Zellulose- bzw. Rohfaserverdauung veranlassen micht im folgenden einige Versuche mitzuteilen, deren Ergebnis infolge der Zensurschwierigkeiten nicht ver\u00f6ffentlicht werden konnte, bzw. auf anderweit schon ver\u00f6ffentlichte Arbeiten nochmals hinzuweisen.\nIn einer vor einiger Zeit erschienenen Arbeit \u00fcber Ausnutzungsversuche mit Zellstoff am Hammel kommt G. Fingerling1) zu dem Ergebnis, da\u00df \u201edie von den Verholzungssubstanzen befreite Holzzellulose f\u00fcr dieses Versuchstier ebenso verdaulich ist, als die von den inkrustierenden Bestandteilen befreite Strohzellulose und da\u00df kein Unterschied zwischen der Verdaulichkeit der nach dem Natronlaugeverfahren und dem Mitscherlich8chen Verfahren hergestellten Holzzellulose besteht\u201c. W. Ellenberger und ich sind bei Versuchen am Pferd, die in der \u201eDeutschen Landwirtschaftlichen Presse**) ver\u00f6ffentlicht wurden, zu den gleichen Ergebnissen gelangt. Dies ist offenbar von Fingerling \u00fcbersehen worden. Es scheint aber wichtig, auf diese \u00dcbereinstimmung nochmals hinzuweisen, da gelegentlich* *) immer noch die Ansicht vertreten wird, da\u00df nur der Wiederk\u00e4uer imstande sei, Zellulose\n*) Die landwirtschaftl. Versuchsstationen Bd. 92, S. 147 (1918).\n\u2019) Deutsche Landw. Presse Bd. 44, Nr. 41,42, 71 ; Bd. 45, Nr. 31 (1917).\n*) Jonscher, Zeitschr. f. \u00f6ffentl. Chemie Bd.24, S.279 (1918).","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\tP. Waentig,\nund Zellulosefutter zu verdauen und zu verwerten, obgleich eine solche Auffassung bei den anerkannt wertvollen Diensten, die das Kraftstroh und auch in \u00bbzweckm\u00e4\u00dfiger Weise aufgeschlossenes Holz gerade zur Erhaltung unserer Arbeitspferde geleistet hat, als g\u00e4nzlich verfehlt betrachtet werden mu\u00df. Der Grund f\u00fcr eine solche unrichtige Betrachtungsw ;ise liegt wohl darin, da\u00df bei der Beurteilung von zellulosehaltigen Futtermitteln zu wenig R\u00fccksicht auf die Art der Aufschlie\u00dfung genommen worden ist. Es ist eine nunmehr feststehende Tatsache, da\u00df die Zellulose geeigneter Pflanzenmaterialien bis zu einem gewissen, bei Holz sehr weitgehenden Grade, von den mit ihr vereinigten Inkrusten befreit werden mu\u00df, um sowohl f\u00fcr den Wiederk\u00e4uer wie f\u00fcr das Pferd und auch das Schwein in betr\u00e4chtlichem Ma\u00dfe verdaulich zu werden. \u2014\nFerner haben Karl Thomas und Hans Pringsheim1) eine Untersuchung \u00fcber die Verdaulichkeit der Zellulose ver\u00f6ffentlicht, in der sie zu dem Ergebnis kommen, da\u00df Sulfitzellulose vom Hund nicht, vom Kaninchen zu 25\u00b0/0 und vom Hammel zu 50% verdaut wurden. Die Angaben f\u00fcr den Hund, welche sich mit den fr\u00fcheren von Knieriem, Scheu-nert und L\u00f6tsch und von v.Hoe\u00dflin2) decken,stehen im Widerspruch zu denen von Rubner, der eine ganz betr\u00e4chtliche, 30\u201440% betragende Zelluloseverdauung beim Hund selbst in verholzten Materialien, wie Birken- und Fichtenholz und Haselnu\u00dfschalen, fand. Thomas und Pringsheim8) erkl\u00e4ren die Verschiedenheit der Resultate durch eine wechselnde Darm-fiora bei den verschiedenen Individuen. Es ist immerhin auff\u00e4llig, da\u00df derartige Verschiedenheiten bei andern Tieren nicht gefunden wurden, trotzdem die Versuchsbedingungen, und insbesondere das Beifutter, recht verschieden von den verschiedenen Versuchsanstellern gew\u00e4hlt worden sind. Auch von mir sind vor einiger Zeit Versuche \u00fcber die Verdaulichkeit der Rohfaser in aufgeschlossenem Stroh beim Hund vorge-\n0 Arch. f. Anat. u. Physiol., Physiol. Abt. S. 25 (1918).\n*) Vgl. A. Scheunert, Diese Zeitschr. Bd. 48, S. 9 (1906). *) Arch. f. Anat. u. Physiol., Physiol. Abt. S. 159 (1915).","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"227\nNochmals die tierische Rohfaserrerdanong.\nnommen worden, die zu einem praktisch negativen Resultat f\u00fchrten. Zu diesen Versuchen, die im folgenden kurz beschrieben werden, sei bemerkt, da\u00df sie insofern nicht v\u00f6llig exakt sind, als die besondere Ermittlung der Rohfaserverdaulichkeit der als Beikost zum Untersuchungsfutter mit gef\u00fctterten Kartoffelflocken unterblieben ist. Bei dem negativen Resultat der Versuche d\u00fcrfte jedoch die sich hieraus ergebende Unsicherheit des Ergebnisses wenig auf sich haben. Ferner handelt es sich nicht, wie bei den Versuchen bei Prings-heim, um die Ermittlung der Verdaulichkeit der Cross-Zellulose, oder wie bei denen von Rubner um die nach Hoffmeister ermittelte Zellulose, sondern um die Weender-Rohfaser. Die Ermittlung der Verdaulichkeit dieses Analysenproduktes erschien zum Zweck der Vergleichung mit den zahlreichen \u00fcbrigen Tierversuchen erw\u00fcnscht. \u00dcbrigens ist die aus Strohmaterialien isolierte Weender-Rohfaser nicht so unrein, wie manchmal angenommen zu werden scheint, und es mu\u00df immer wieder betont werden, da\u00df die Wahl der Zellulosebestimmungsmethode Sache der \u00dcbereinkunft ist, denn wir wissen, da\u00df auch die Cross-Zellulose nicht immer den wahren Zellulosegehalt angibt. Au\u00dfer zwei Versuchen, in denen dem Versuchstier der Strohstoff in vermahlenem Zustand direkt verf\u00fcttert wurde, wurden noch einige weitere angestellt, bei denen der Strohstoff in Brot verbacken zur Verf\u00dctterung gelangte. Und zwar wurde sowohl Brot verwendet, das mit 20\u00b0/o gemahlenem Strohstoff, wie solches, das mit 20% Natur-Roggenstroh gestreckt war.\na) Ausnutzung der Stroh-Rohfaser beim Hund bei F\u00fctterung mit getrocknetem, gemahlenem\nStrohstoff1).\nDie Ermittlung der Ausn\u00fctzung der Rohfaser des getrockneten Strohstoffes wurde in der \u00fcblichen Weise ausgef\u00fchrt, indem dem Versuchstier eine bekannte Menge Strohstoff von bekanntem 6ehalt an Rohfaser mit einem sehr rohfaserarmen\n) Der zu diesen Versuchen verwendete Strohstoff stammte von der preu\u00dfischen Dom\u00e4ne in Dahlem bei Berlin.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\tP. Waentig,\nBeifutter, bestehend aus Kartoffelflocken und Pferdefleisch, verf\u00fcttert und in dem mit diesem Putter abgeschiedenen Kot der eingetretene Verlust an Rohfaser ermittelt wurde. Zu diesem Zweck erhielt der Hund 3 Tage lang pro Tag 75 g Strohstoff, 125 g Kartoffelflocken, 100 g gekochtes Pferdefleisch in Form eines Futterbreies. Um den Kot dieses Futters von dem Kot der vorausgegangenen und folgenden F\u00fctterungen abzugrenzen, erhielt das Tier am vorhergehenden und folgenden Tage eine mit 0,3 g Karmin gef\u00e4rbte, nur aus Pferdefleisch und Kartoffelflocken bestehende Futterration. Die Abgrenzung des Karminkotes war scharf, doch wurde zu dem Kot des Unters\u00fcchungsfutters vorsichtshalber eine geringe Menge des demselben unmittelbar vorausgehenden und folgenden Karminkotes beigef\u00fcgt. Die so gewonnene Kotmenge wurde auf dem Wasserbad getrocknet, gewogen und der Rohfasergehalt darin ermittelt.\nDie Kotabgabe war regelm\u00e4\u00dfig, der Kot zeigte im ganzen normale Beschaffenheit, doch war er gegen Ende des Versuches stets etwas trockener und fester. Es wurden im ganzen 2 Versuche im Abstand von einigen Wochen mit dem gleichen Versuchstier, einer gesunden, kr\u00e4ftigen H\u00fcndin, unter Benutzung derselben Strohstoffprobe ausgef\u00fcbrt. Beim 2. Versuch wurden statt 125 g Kartoffelflocken nur 100 g verabreicht, das Futter wurde stets restlos aufgenommen.\n1.\tVersuch. Die im Futter verabreichten 225 g Strohstoff, 350 g Kartoffelflocken und 300 g Pferdefleisch lieferten 255 g Trockenkot mit 47,86% Rohfaser. Da der Strohstoff 56,18% und die Kartoffelflocken 2,12% Rohfasern enthielten, so waren also mit dem Strohstoff aufgenommen:\n126,4 g Rohfaser, mit den Kartoffelflocken 7,95 g, zusammen 134,4 g, mit dem Kot abgeschieden 122,1 g. Demnach waren im Darm aufgel\u00f6st worden: 12,3 g.\n2.\tVersuch. Die im Futter verabreichten 225 g Strohstoff, 300 g Kartoffelflocken und 300 g Pferdefleisch lieferten 263 g Trockenkot mit 47,27% Rohfaser. Da der Strohstoff an Rohfaser 56,18% und die Kartoffelflocken 1,80% Rohfaser enthielten, so waren also mit dem Strohstoff aufgenommen:","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Nochmals die tierische Rohfaserverdauung.\n126,4 g Rohfaser, mit den Kartoffelflocken 5,4 g Rohfaser, zusammen 131,8 g Rohfaser; mit dem Kot abgeschieden\n124,3 g Rohfaser. Demnach waren im Darm aufgel\u00f6st worden: 7,5 g Rohfaser.\nSelbst wenn man, was kaum anzunehmen ist, die Kartoffelrohfaser als v\u00f6llig verdaulich annehmen wollte, so w\u00e4ren von der Strohstoff-Rohfaser nur verdaut im Versuch 1: 9,73, im Versuch 2: 5,93\u00b0/\u00ab.\nb) Ausnutzung von Strohstoff-Rohfaser beim Hund bei F\u00fctterung mit ca. 20% Strohstoff enthaltendem Roggenmehlbrot.\nEs wurden im ganzen 3 Versuche an demselben Versuchstier im Abstand von einigen Wochen mit verschiedenen Backproben ausgef\u00fchrt. Von diesen Versuchen hat der erste als mi\u00dflungen zu gelten, weil die Wasserbestimmung des verf\u00fctterten Brotes nicht rechtzeitig ausgef\u00fchrt worden war. Es soll daher dieser Versuch nicht n\u00e4her beschrieben werden. Ich begn\u00fcge mich mit dem Hinweis, da\u00df die F\u00fctterung keinerlei Schwierigkeiten verursachte. Bei den beiden andern Versuchen erhielt das Versuchstier in 3 Tagesrationen 900 g Strohstoffbrot und 300 g Pferdefleisch.\n2. V e r s u c h. Die im Futter verabreichten 900 g Strohstoffbrot und 300 g Pferdefleisch lieferten 182 g Trockenkot mit 34,66% Rohfaser. Da das verf\u00fctterte Brot 6,61% Rohfaser enthielt, von der, wie durch eine Bestimmung des Rohfasergehaltes aus demselben Mehl hergestellten strohfreien Brots ermittelt wurde, nur ein verschwindender Teil aus dem Brotmehl stammte, waren mit dem Strohstoff brot aufgenommen :\n59,43 g Rohfaser, mit dem Kot abgeschieden: 60,28 g Rohfaser.\n3. Versuch. Eine F\u00fctterung, genau wie oben, lieferte -01 g Trockenkot mit 32,89% Rohfaser, es waren also mit dem Strohstoffbrot aufgenommen: 66,08 g Rohfaser, mit dem Kot abgeschieden 66,01 g Rohfaser.\nEs hatte also in beiden F\u00e4llen nicht die geringste Verdauung der Rohfaser des Brotes stattgefunden.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CVO.\n16","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230 P* Waentig, Nochmals die tierische Rohfaserverdauung.\nc) Ausnutzung von Rohfaser aus Natur-*\nRoggenstroh durch den Hund.\nZum Vergleich mit den oben beschriebenen Versuchen wurde auch ein Ausnutzungsversuch mit unter Zusatz von gew\u00f6hnlichem gemahlenen Roggenstrohmehl hergestelltem Brot an demselben Versuchstier ausgef\u00fchrt. Das Versuchstier erhielt wieder in 3 Tagesrationen 900 g Strohbrot und 300 g Pferdefleisch. Diese 3 Tagesrationen lieferten 174 g Trockenkot mit 2\u00df,06% Rohfaser. Da das Strohbrot 4,99% Rohfaser enthielt, so war mit dem Strohbrot aufgenommen: 44,91 g Rohfaser, mit dem Kot abgegeben: 40,12 g Rohfaser, demnach waren in dem Darm gel\u00f6st worden: 4,79 g Rohfaser. Das w\u00fcrde also besagen, da\u00df etwas mehr als 10% der Rohfaser des Naturstrohes aus dem Brot im Hundedarm verdaut wurden, wenn man wiederum die geringe Menge der im normalen Brot vorhandenen Rohfaser vernachl\u00e4ssigt; auch hier ist also die verdaute Menge recht gering. Die Tatsache, da\u00df \u00fcberhaupt etwas zur L\u00f6sung bzw. Verdauung gelangt, erkl\u00e4rt sich wohl daraus, da\u00df in der Naturstroh-Rohfaser noch leichter l\u00f6sliche Anteile vorhanden sind, die aus dem Strohstoff infolge der chemischen Behandlung entfernt sind.","page":230}],"identifier":"lit20803","issued":"1919","language":"de","pages":"225-230","startpages":"225","title":"Nochmals die tierische Rohfaserverdauung","type":"Journal Article","volume":"107"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:09:42.158974+00:00"}