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{"created":"2022-01-31T14:58:28.709491+00:00","id":"lit20805","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Stepp, Wilhelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 107: 264-268","fulltext":[{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"Ober das Vorkommen von Glukurons\u00e4uren im menschlichen\nBlute.\nVorl\u00e4ufige Mitteilung.\nVon\nWilhelm Stepp.\n(Ans der Medizinischen Universit\u00e4tsklinik zu Gie\u00dfen.) (Der Redaktion zugegangen am 4. August 1918.)\nVon dem Restkohlenstoff des mit Phosphorwolframs\u00e4ure ent ei wei\u00df ten Blutes ist nur der kleinere Anteil durch bekannte Substanzen gedeckt1), der gr\u00f6\u00dfere Teil geh\u00f6rt offenbar unbekannten kohlenstoffreichen K\u00f6rpern an. \u00dcberlegt man nun, welche Substanzen hier in erster Linie in Frage kommen, so scheidet zun\u00e4chst einmal die ganze Reihe derer aus, die von Phosphorwolframs\u00e4ure in schwefelsaurer L\u00f6sung niedergeschlagen werden. In erster Linie wird man an Vertreter aus der Gruppe der Kohlehydrate denken d\u00fcrfen, insbesondere an gepaarte Glukurons\u00e4uren, deren Kohlenstoff zusammen mit dem ihres Paarlings unter Umst\u00e4nden ganz erkleckliche Anteile der \u201eunbekannten* * Kohlenstoffquote zu decken verm\u00f6chte. Diese \u00dcberlegung und die Ergebnisse neuerer in dieser Zeitschrift von mir j\u00fcngst mitgeteilten Untersuchungen2) \u00fcber die reduzierenden Substanzen des Blutes veranla\u00dften mich, im Blute von Gesunden, von Diabetikern und Nephritikern auf Glukurons\u00e4uren zu fahnden.\n*) W. Stepp, Diese Zeitschr. Bd. 97, S. 213 (1916); vgl. auch mein\u00bb\u00bb zusammenfaaeende Darstellung \u00fcber den Restkohlenstoff, M\u00fcnch. Med. Wo\u00e7henschr. Nr. 28, S. 771 (1919). (Hier finden sich auch Hinweise auf meine andern Arbeiten zum Restkohlenstoffproblem) ; ferner Zentralbl. f. innere Mediz. Nr. 24 (1919),\n*) Diese Zeitschr. Bd. 107, S. 29 (1919).\t*","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"ses\n\u00dcber das Vorkommen von Glukurons\u00e4uren osw.\n%\nDie Untersuchungen lie\u00dfen sich sehr einfach im Rahmen der eben erw\u00e4hnten Studien \u00fcber den \u201eBlutzucker* ausf\u00fchren *). Die Blutausz\u00fcge waren zum Zwecke der Polarisation und der G\u00e4rung im Vakuum auf etwa */\u2022\u2014:Vio des urspr\u00fcnglichen Blul-volumens eingeengt und stellten so verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig konzentrierte L\u00f6sungen dar. In diesen Blutextrakten stellte ich die von B. Tollens seinerzeit angegebene Naphthoresorcin-probe an. Da in den eingeengten Blutausz\u00fcgen in der Regel noch eine ganze Reihe anderer Untersuchungen vorgenommen wurde (Reduktion nach Maquenne und Bertrand, G\u00e4rungsprobe usw.), verwandte ich meist nur kleine Mengen zu der Keaktion. 0,3\u20140,5 ccm wurden mit einig\u00e8n winzigen K\u00f6rnchen Xaphthoresorcin versetzt, die gleiche Menge rauchende oder -r)%ige Salzs\u00e4ure2) zugef\u00fcgt, gekocht und etwa lj% Minute im Kochen gehalten. Dann wurde unter flie\u00dfendem Wass\u00e9r gek\u00fchlt, das Reaktionsgemisch mit \u00c4ther versetzt und der gebildete Farbstoff ausgesch\u00fcttelt.\nDas Ergebnis der Untersuchungen war nun folgendes: S\u00e4mtliche bisher untersuchten Blutproben v\u00f6n einigen Gesunden, Diabetikern und Nephritikern zeigten eine deutliche positive Reaktion. Unmittelbar nach dem Beginn des Kochens f\u00e4rbte sich die vorher vollkommen klare, kaum eine Spur gelblich gef\u00e4rbte L\u00f6sung unter intensiver Tr\u00fcbung rot, dann violett und zeigte schlie\u00dflich eine blaugr\u00fcnliche Verf\u00e4rbung. Beim Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther verschwand die Tr\u00fcbung, der \u00c4ther nahm eine prachtvolle tiefblauviolette F\u00e4rbung an, w\u00e4hrend die darunter befindliche Fl\u00fcssigkeit eine sch\u00f6ne gr\u00fcne Fluoreszenz zeigte. Es wurde sorgf\u00e4ltig darauf geachtet, da\u00df die Verf\u00e4rbung des \u00c4thers nicht etwa durch Beimengung fein verteilter Fl\u00fcssigkeitstr\u00f6pfchen hervorgerufen\nwar, wodurch nach Neuberg eine T\u00e4uschung entstehen kann.\n\u2014 \u2014 ' - , . * #\n') Bez\u00fcglich der Enteiwei\u00dfung des Blutes mit Phosphorwolframaiurc und seiner weiteren Aufarbeitung (Entfernung der Phosphorwerfframsiure\nmit Bleiacetat, Entfernung des Bleies, Einengen im Vakuum auf */#_y\n\u00ables urspr\u00fcnglichen Volumens) sei auf die erw\u00e4hnte Arbeit in dieser Zeitschrift Bd. 107, S. 29 (1919) verwiesen.\n*) 25*/0ige Salzs\u00e4ure gen\u00fcgt auch.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nWilhelm Stepp,\nDie \u00e4therische L\u00f6sung zeigte das typische spektroskopische Bild, das dunkle Band an der Na-Linie.\nDen st\u00e4rksten Ausfall der Reaktion beobachtete ich bei Nephritikern im Stadium der Azot\u00e4mie, sehr deutlich war sie auch bei Normalen, wechselnd dagegen beim Diabetes. Die letzteren Befunde scheinen mir\n\u2022. * ...\nam interessantesten zu sein, worauf weiter unten noch kurz einzugehen sein wird.\nNeben der Naphthoresorcinprobe wurde bei den zuletzt untersuchten F\u00e4llen noch die Orcin- und Phloroglucin-reaktion angestelli W\u00e4hrend die Orcinprobe bei der gew\u00f6hnlichen Art der Anstellung nur eine leichte Gelbf\u00e4rbung zeigte, wies die Phloroglucinprobe die bekannte sch\u00f6ne tiefrote F\u00e4rbung auf. Einen stark positiven Ausfall zeigte auch die Orcinreaktion, wenn man sie in der von Bial1) empfohlenen Weise ausf\u00fchrte. Bial benutzte bei seinen Untersuchungen, um die Spaltungsbedingungen der gepaarten Glukurons\u00e4uren zu verbessern, einen Zusatz von Eisenehlorid und bekam nun nach 1 Minuit Kochdauer eine stark positive Probe (kr\u00e4ftige sch\u00f6ne .Gr\u00fcnf\u00e4rbung- der Fl\u00fcssigkeit mit charakteristischem Absorptionsstreifen am Ende des Rot), w\u00e4hrend er auf die gew\u00f6hnliche Weise selbst nach 3 Minuten w\u00e4hrendem Kochen kein sicheres Ergebnis erzielt hatte. Ich hielt mich genau an Biais Vorschrift (auf 2\u20143 ccm Fl\u00fcssigkeit etwa 5 ccm rauchende Salzs\u00e4ure, eine Messerspitze Orcin, 1 Tropfen Liq. ferr. sesguichl.) und bekam nach 1 Minute Kochen eine prachtvolle Gr\u00fcnf\u00e4rbung der Fl\u00fcssigkeit, der der Farbstolf mit Amylalkohol mit Leichtigkeit entzogen werden konnte. Das spektroskopische Verhalten war allerdings nicht so ganz typisch. Ich fand einen nicht ganz scharfen Streifen am Ende des Rot und einen zweiten gleichfalls nicht ganz scharfen Streifen zwischen der E- und F-Linie.\nDie Wahrscheinlichkeit ist wohl au\u00dferordentlich gro\u00df, da\u00df es sich hier um Glukurons\u00e4uren handelt. Zwar geben\n*) Hofmeisters Beitr. zur chem. Physiol, u. Path. Bd. II, S. 52b (1902). \u25a0 ,","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Ober das Vorkommen von Glnkurons\u00e4uren usw. 267\nnach Mandel und Neuberg1) neben Glukurons\u00e4uren noch viele andere Substanzen, die die Gruppierung\nCOH\nCOOH\noder\nCO\nCOOII\nenthalten, eine positive Naphthoresorcinreaktion, doch zeigt liier, wie C. Tollens betont2), die Farbe der \u00c4therschicht - wenigstens gilt das f\u00fcr eine ganze Reihe von Stoffen \u201eein mehr oder weniger ^intensives Kirsch-Feuerrot oder auch mehr vei waschen r\u00f6tliche Nuancen \u201cK und das spektroskopische Verhalten ist etwas abweichend. Bei unseren F\u00e4llen war die Farbe des \u00c4thers, wie bereits betont, von einem pr\u00e4chtigen Blauviolett. Aber selbst wenn man mit Neuberg die Bewertung der Naphthoresorcinprobe dahin einschr\u00e4nkt, da\u00df sie .bei richtiger Ausf\u00fchrung eine ausgezeichnete Probe auf Car-bonyls\u00e4uren ganz allgemein darstellt, ohne da\u00df sie aber f\u00fcr Glukurons\u00e4uren voll beweisend ist\u201c8), verlieren die erhobenen Befunde nicht an Interesse.\n\u00dcber das Vorkommen von Glukurons\u00e4uren im menschlichen Blute konnte ich in der Literatur nur ganz sp\u00e4rliche Angaben finden. Aus Rinderblut gelang es Paul Mayer4), Glukurons\u00e4ure als p-Bromphenylhydrazinverbindung zu isolieren. Gelegentlich der Mitteilung jenes Befundes schreibt \u2022 \u00bbMan wird diesen Befund wohl ohne* weiteres auf das Menschenblut \u00fcbertragen k\u00f6nnen, besonders da ich das charakteristische Verhalten des Blutes nach der Verg\u00e4rung des Zuckers Linksdrehung, Reduktion, Phloroglucin- und Orcin-piobe \u2014 auch im menschlichen Blute konstatiert habe, und meine fr\u00fcheren Untersuchungen es sehr wahrscheinlich erscheinen lie\u00dfen, da\u00df die Glukurons\u00e4ure im normalen Blute zirkuliert.\u201c Von andern Autoren, die \u00fcber den Befund von\nGlukurons\u00e4uren im Blute des Menschen berichten, sind nur\n\u2022 -\t\u2022\n') Biochem. Zeitsclir. Bd. 13, S. 148 (1908).\n2) M\u00fcnch, med. Wochenschr. Nr. 13, S. 652 (1909).\n8) Neuberg, Der Harn Bd. I, S. 436. Berlin, Springer, 1911.\n4) Diese Zeitsclir. Bd. 32, S. 518 (1901).","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268 W. Stepp, \u00fcber das Vorkommen von Gluknronsfturen usw.\nL\u00e9pine und Boulud1) noch zu nennen. Mit der Tollens-schen Naphthoresorcinreaktion, die im Gegensatz zur Phloro-glucin- und Orcinprobe Pentosen nicht anzeigt, sind, soviel ich sehe, Untersuchungen im menschlichen Blute bisher nicht ausgef\u00fchrt gewesen.\nVon ganz besonderer Bedeutung erscheint mir, wie bereits erw\u00e4hnt, der schwache Ausfall der Naphthoresorcinreaktion im Blute einiger Diabetiker, der wohl auch eine \u2014 im Vergleich zum Blute des Normalen \u2014 verminderte Glukurons\u00e4uremenge anzunehmen erlaubt. Dieser Befund steht im besten Einklang zu den Ergebnissen meiner Untersuchungen \u00fcber den Restkohlenstoff des Blutes bei Diabetikern8). Ich konnte zeigen, da\u00df bei einem erheblichen Prozentsatz aller Diabetiker die Restkohlenstoffzahlen des Blutes kleiner sind, als man nach dem Blutzucker erwarten sollte. Zur Erkl\u00e4rung dachte ich neben anderem auch an die M\u00f6glichkeit, da\u00df der nicht auf den Zucker entfallende Anteil des Restkohlenstoffes eine Verminderung erfahrt. Damit w\u00e4re erkl\u00e4rt, da\u00df in einem derartigen Fall der Restkohlenstoff sich nicht in dem Ma\u00df vermehrt, wie es d\u00e8r Fall sein m\u00fc\u00dfte, wenn bei der Zunahme des Blutzuckers das Verhalten der \u00fcbrigen an der Zusammensetzung des Restkohlenstoffs beteiligten K\u00f6rper keine \u00c4nderung erf\u00fchre. Durch den Nachweis, da\u00df bei manchen F\u00e4llen von Diabetes die Naphthoresorcinreaktion im Blute im Verh\u00e4ltnis zum normalen Blute schwach ausf\u00e4llt, findet vielleicht der hier relativ niedrige Restkohlenstoff seine Erkl\u00e4rung.\n\u2018) Zit. nach v. Noorden, Handbuch d. Pathologie d. Stoffwechsels, II. Aull. Berlin 1906.\n8) 1. c., insbesondere Mttnch. Med. Wochenschr. Nr. 28 (1919).","page":268}],"identifier":"lit20805","issued":"1919","language":"de","pages":"264-268","startpages":"264","title":"\u00dcber das Vorkommen von Glukurons\u00e4ure im menschlichen Blute: Vorl\u00e4ufige Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"107"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:58:28.709497+00:00"}