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{"created":"2022-01-31T14:52:03.358245+00:00","id":"lit20822","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Feulgen, R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 108: 147-157","fulltext":[{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber eine susammengesetste Nukleins\u00e4ure.\nVorl\u00e4ufige Mitteilung.\nVon\nR. Feolgen.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.) (Der Itedaktion zogegangen am 1. August 1919.)\nIn der Pankreasdr\u00fcse liegen die Verh\u00e4ltnisse hinsichtlich der Nukleins\u00e4uren besonders verwickelt. Es kommen n\u00e4mlich liier zwei verschiedene Arten von Nukleins\u00e4uren vor, die Guanyls\u00e4ure und die Pankreasnukleins\u00e4ure, welch letztere offenbar zum Typus der echten Nukleins\u00e4uren geh\u00f6rt. \u2022\nEine solche Nukleins\u00e4ure ist von verschiedenen Autoren isoliert worden. Zum Teil hatte man aber dabei gar keine R\u00fccksicht auf die Guanyls\u00e4ure genommen, deren Allruligalg bei der Alkoholf\u00e4llung ebenso niedergeschlagen wird wie die Pankreasnukleins\u00e4ure, so da\u00df in einem solchen Falle ein Gemenge der beiden Arten erhalten wurde ; und soweit Analysenzahlen \u00fcberhaupt v\u00f6rliegen, beweisen diese, da\u00df eine Reindarstellung dieser Nukleins\u00e4ure noch nicht erfolgt ist, was \" csentlich auch auf mangelhafte Methoden zur Trennung dieser beiden Nukleins\u00e4uren zur\u00fcckzuf\u00fchren ist.\nNun ist bekannt, da\u00df die Guanyls\u00e4ure in Gestalt eines Nukleoproteids aus der Pankreasdr\u00fcse leicht extrahiert Werden kann, wobei es in pr\u00e4parativer Hinsicht gleichg\u00fcltig ist, nach welcher Methode man das Proteid herstellt. Will man auf die Guanyls\u00e4ure hinarbeiten, so wird man nat\u00fcrlich dasjenige Verfahren w\u00e4hlen, welches die besten Ausbeuten liefert und das bequemste Arbeiten gestattet.\nAm bequemsten l\u00e4\u00dft sich ein K\u00f6rper von der Klasse der Nukleoproteide (bzw. Nukleine) nach der Methode von Ham-\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CVIII.\t1,","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nR. Feulgen,\nmar8ten durch Auskochen der zerkleinerten Dr\u00fcsenmasse mit Wasser gewinnen und die Ausbeute an Rohmaterial f\u00fcr die Guanyls\u00e4ure wird wesentlich gesteigert, wenn man die w\u00e4\u00dfrigen Ausz\u00fcge nicht mit Essigs\u00e4ure, sondern nach dem Vorg\u00e4nge von H. Steudel mit Alkohol f\u00e4llt.\nDiese Eigent\u00fcmlichkeit der leichten Extraktion des Proteids mu\u00df pr\u00e4parativ als ein \u00fcberaus gl\u00fccklicher Zufall bezeichnet werden, gelingt es doch auf diese Weise, durch einfaches Auskochen mit Wasser die Guanyls\u00e4ure in Form einer verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig einfachen Verbindung zu isolieren und durch eine einfache Operation von der \u00fcberaus l\u00e4stigen gro\u00dfen Masse der Dr\u00fcsensubstanz zu befreien. So ist denn auch die Guanyls\u00e4ure von Bang, wenn auch in sehr unreinem Zustande, zuerst aus dem Nukleoproteid dargestellt worden.\nOffengeblieben war bisher die Frage, ob auch die Pankreasnukleins\u00e4ure im Proteid vertreten ist. Die Untersuchungen in dieser Richtung litten auch hier unter dem Mangel einer brauchbaren Methode, Guanyls\u00e4ure und Pankreasnukleins\u00e4ure zu trennen, und letztere rein, vor allem biuretfrei darzustellen. Mit der Essigs\u00e4uref\u00e4llung der Guanyls\u00e4ure, mit der Bang seine Theorie von der a-, \u00df- und f-Guanyls\u00e4ure begr\u00fcndet1, kommt man nicht weiter, da, wie in der vorigen Arbeit* *) auseinandergesetzt, die^Guanyls\u00e4ure nur in Gegenwart einer basischen Verunreinigung mit Essigs\u00e4ure f\u00e4llbar ist, mit welcher Feststellung diese Theorie zusammenf\u00e4llt.\nErleichtert wurden mir meine Untersuchungen durch das Auffinden einer f\u00fcr das guanyls\u00e4ure Natrium charakteristischen 1* \u00e4llungsmethode, die darin besteht, da\u00df guanylsaures Natrium durch essigsaures Natrium \u00e4u\u00dferst leicht aus w\u00e4\u00dfrigen L\u00f6sungen ausgesalzen wird, w\u00e4hrend pankreasnukleinsaures Natrium in L\u00f6sung bleibt* Ferner wurde die in der vorigen Arbeit bei der Guanyls\u00e4ure als notwendig erkannte F\u00e4llung mit Alkohol in alkalischer Reaktion verallgemeinert, und ich gewann den Eindruck, da\u00df Nukleins\u00e4uren bei der \u00fcm-\n*) Hofmeister, Beitr\u00e4ge Bd. 4, S. 175.\n*) Diese Zeitschr. Bd. 106, 8. 249 (1919).","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Cber eine zusammengesetzte Nukleins\u00e4ure.\t149\nf\u00e4llung mit Alkohol nur in alkalischer Reaktion von basi-| sehen Verunreinigungen befreit werden, die sonst leicht von den Nukleins\u00e4uren in salzartiger Bindung mitgerissen werden.\nEin Schulbeispiel hierf\u00fcr werden wir im Laufe dieser. Arbeit bekommen.\nAus diesen Gesichtspunkten heraus ist die in der vorigen Arbeit beschriebene Aufspaltung des Proteids und Trennung der beiden Nukleins\u00e4uren erfolgt und damit der Nachweis erbracht, da\u00df auch eine Nukleins\u00e4ure vom Typus der echten im Proteid enthalten ist.\nBei der quantitativen Verfolgung dieser Vorg\u00e4nge zeigte es sich nun, da\u00df die beiden Nukleins\u00e4uren \u2014 Guanyls\u00e4ure und Pankreasnukleins\u00e4ure \u2014 in molekularen Gewichtsverh\u00e4ltnissen im Proteid enthalten sind. Hieran habe ich weiter die Vermutung gekn\u00fcpft, die beiden Nukleins\u00e4uren k\u00f6nnten in st\u00f6chiometrischem Verh\u00e4ltnisse etwa zu einer zusammengesetzten Nukleins\u00e4ure h\u00f6herer Ordnung gepaart, Vorkommen, und ich nanm an, da\u00df eine Darstellung dieser eigenartigen Nukleins\u00e4ure deswegen noch nicht gegl\u00fcckt ist, weil diese \u00e4u\u00dferst leicht durch Alkalien in die Komponenten \u2014 Guanyls\u00e4ure und Pankreasnukleins\u00e4ure \u2014 gespalten wird. In der Tat wenden alle Autoren bei der Darstellung der Nukleins\u00e4uren aus der Pankreasdr\u00fcse in irgend einem Stadium eingreifendere alkalische Reaktion an.\nIch versuchte also, ohne Anwendung von Alkalien das Proteid aufzuspalten und fand zu diesem Zwecke ein Ferment vorz\u00fcglich geeignet, das im k\u00e4uflichen \u201ePankreatin Merck\u201c vorhanden ist. Eine Spaltung der Nukleins\u00e4ure selbst findet dabei nicht statt.\n#\nNukleoproteide sind schon wiederholt verdaut worden; so hatte schon Umber1) vor vielen Jahren das Pankreasproteid der Trypsinverdauung unterworfen und gezeigt, da\u00df eine Spaltung in Eiwei\u00df, das weiter abgebaut wird, und in eine Nukleins\u00e4urekomponente erfolgt. Die Nukleins\u00e4urekomponente hielt er f\u00fcr Guanyls\u00e4ure.\n') Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 43, S. 282 (1901).","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nR. Fettigen,\nBringt man in eine Proteidl\u00f6sung von 40\u00b0 etwas (0,5%) Pankreatin zur Aufl\u00f6sung, so beobachtet man innerhalb weniger Minuten eine Ver\u00e4nderung. Die vorher stark klebrige, viskose und sch\u00e4umende Proteidl\u00f6sung verliert diese Eigenschaften, ein Zeichen beginnenden Abbaus. Die Fl\u00fcssigkeit wurde, mit etwas Toluol versetzt, noch einige Tage im Brutschrank gehalten, klar zentrifugiert und mit Alkohol gef\u00e4llt. Es zeigte sich, da\u00df ein K\u00f6rper abgeschieden wurde, der seiner Zusammensetzung nach im wesentlichen das Natriumsalz einer Nukleins\u00e4ure sein mu\u00dfte. Eine L\u00f6sung des so gewonnenen Pr\u00e4parates war nun mit Essigs\u00e4ure f\u00e4llbar. An sich w\u00e4re dai an ja nichts Auff\u00e4lliges zu erblicken ; hier aber erwies sich die F\u00e4llbarkeit als im hohen Grade unerfreulich. Es zeigte sich n\u00e4mlich, da\u00df diese F\u00e4llbarkeit mit Essigs\u00e4ure etwas ganz Unkontrollierbares war, mal war sie mehr, mal weniger ausgesprochen, und gerade deswegen mu\u00dfte ich mich eingehend damit besch\u00e4ftigen. Es sah n\u00e4mlich so aus, als h\u00e4tte ich gar keinen einheitlichen K\u00f6rper in H\u00e4nden. Versuche, durch fraktionierte F\u00e4llung eine Trennung zu bewerkstelligen, mi\u00dfgl\u00fcckten g\u00e4nzlich, und endlich kam ich zu der \u00dcberzeugung, da\u00df die h\u00e4llbarkeit mit Essigs\u00e4ure nur eine scheinbare war und bedingt wurde durch die Gegenwart einer basischen Verunreinigung, die in essigsaurer L\u00f6sung mit dem dargcstellten nukleinsauren Natrium etwa durch doppelte Umsetzung ein unl\u00f6sliches Salz bildete.\nIch mu\u00dfte also daraus den Schlu\u00df ziehen, da\u00df der durch Fermentwirkung und Alkoholf\u00e4llung gewonnene K\u00f6rper (trotz wiederholtem Umf\u00e4llen) noch sehr unrein war. Auf der Suche nach Reinigungsmethoden fand ich nach vielen Versuchen eine I1 \u00e4llung mit k\u00e4uflichem Kristallviolett als vorz\u00fcglich brauchbar. Kristallviolett bildet mit nukleinsaurem Natrium unter doppelter Umsetzung ein in Wasser unl\u00f6sliches Farbsalz (und Natriumchlorid). Diese F\u00e4llung ist in dreifacher Hinsicht f\u00fcr den vorschwebenden Zweck besonders geeignet: Erstens ist sie bereits eine sehr elektive, zweitens ist der Niederschlag in wasserhaltigem Alkohol leicht l\u00f6slich, und es gelingt auf diese AVeise, eine gro\u00dfe Menge weiterer Verunreinigungen","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber eine zusammengesetzte Nukleins\u00e4ure.\t.jgj\nungel\u00f6st zu entfernen; drittens gelingt es leicht, durch Zusatz von Natriumacetatl\u00f6sung zur alkoholischen L\u00f6sung des F\u00e4rb-salzes unter doppelter Umsetzung wieder das Natriumsalz der Nukleins\u00e4ure, weil in Alkohol unl\u00f6slich, zu gewinnen. Auch diese letzte F\u00e4llung mu\u00df als sehr elektiv angesehen werden. Durch wiederholtes L\u00f6sen in Wasser und Ausf\u00e4llen mit Alkohol gelang es, das nukleinsaure Natrium frei von Farbstoff zu erhalten. Diese Reinigungsmethode bedient sich also nur doppelter Umsetzungen in neutralen L\u00f6sungen und indifferenter L\u00f6sungsmittel: Eine chemische Ver\u00e4nderung (Hydrolyse) war g\u00e4nzlich ausgeschlossen.\nUm so merkw\u00fcrdiger war der Erfolg der Reinigung; denn das nukleinsaure Natrium hatte seine F\u00e4llbarkeit mit Essigs\u00e4ure vollst\u00e4ndig eingeb\u00fc\u00dft. Der Verdacht best\u00e4rkte sich, da\u00df nur eine basische Verunreinigung Schuld an der F\u00e4llbarkeit mit Essigs\u00e4ure gewesen war.\nWenn dies wirklich der Fall war, so mu\u00dfte es gelingen, die basische Verunreinigung aus dem Rohprodukte los zu w erden, wenn man das gewonnene nukleinsaure Natrium in alkalischer L\u00f6sung mit Alkohol f\u00e4llte; denn es war zu erwarten, da\u00df dann die basische Verunreinigung durch das Alkali von einer Salzbindung freigehalten wird. Bei dieser F\u00e4llung in alkalischer Reaktion mu\u00dfte ich sehr vorsichtig Vorgehen, um eine Spaltung der Nukleins\u00e4ure zu vermeiden. Ich wandte daher Temperaturen von 0\u00b0 an.\nDa auch dieser Versuch in vollkommen befriedigender W eise ausfiel, so war die Essigs\u00e4ure-F\u00e4llbarkeit der gewonnenen Nukleins\u00e4ure endg\u00fcltig abgetan.\nIn diesem Stadium der Untersuchungen erinnerte ich mich der angeblichen F\u00e4llbarkeit der Guanyls\u00e4ure Bangs mit Essigs\u00e4ure und ich nahm an, da\u00df diese Erscheinung ebenfalls auf dem Vorhandensein einer basischen Verunreinigung beruhe. Aus Gr\u00fcnden der \u00dcbersichtlichkeit habe ich dar\u00fcber in der vorherigen Arbeit *) berichtet und die Darstellung der Guanyls\u00e4ure einer entsprechenden Kritik unterzogen.\n') Diese Zeitschr. Bd. 106, S. 249 (1919).","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nR. Feulgen,\nWas nun unsere aus dem Proteid gewonnene Nukleins\u00e4ure anbetrifft, so habe ich beide Reinigungsmethoden (F\u00e4llung mit Alkohol aus alkalischer Reaktion und Reinigung \u00fcber das alkoholl\u00f6sliche Farbsalz) kombiniert und glaube dadurch Pr\u00e4parate von gr\u00f6\u00dferer Reinheit dargestellt zu haben.\nWas war nun eigentlich der vorliegende K\u00f6rper? Da\u00df es eine Nukleins\u00e4ure war, ergab sich ohne weiteres aus den Analysen und aus den Resultaten der Spaltung. Ich konnte n\u00e4mlich feststellen: Phosphors\u00e4ure, L\u00e4vulins\u00e4ure, Guanin. Adenin, Cytosin und Thymin, mithin alle Spaltprodukte der echten Nukleins\u00e4ure. Eine Biuret- oder sonstige Eiwei\u00dfreaktion gab der K\u00f6rper hingegen nicht.\nGegen F\u00e4llungsmittel verhielt er sich ebenfalls genau so wie gew\u00f6hnliches und zwar (wegen mangelnder Gelatinierf\u00e4higkeit) wie b-nukleinsaures Natrium. Aus der w\u00e4\u00dfrigen L\u00f6sung wurde die freie S\u00e4ure ebenso wie die echte Nukleins\u00e4ure und im Gegens\u00e4tze zu der Guanyls\u00e4ure durch Minerals\u00e4uren als Niederschlag ausgef\u00e4llt; sie ist also in Wasser sehr schwer l\u00f6slich. Das Natriumsalz der neuen Nukleins\u00e4ure war leicht l\u00f6slich in Wasser und wurde \u2014- im Gegens\u00e4tze zu dem guanylsauren Natrium \u2014 durch essigsaures Natrium nicht ausgesalzen, vielmehr war es in 20\u00b0 (,iger Natriumacetatl\u00f6sung sehr leicht l\u00f6slich, also unter Bedingungen, unter denen guanylsaures Natrium sehr schwer l\u00f6slich ist (vgl. vorige Arbeit). Durch Alkohol wurde es aus w\u00e4\u00dfriger L\u00f6sung \u2014 wie alle Natriumsalze von Nukleins\u00e4uren \u2014 gef\u00e4llt. Aus diesen Erscheinungen geht hervor, da\u00df der K\u00f6rper weder guanylsaures Natrium war noch solches mechanisch beigemengt enthielt, vielmehr sah es ganz so aus, als ob eine Thymonukleins\u00e4ure vorl\u00e4ge.\nIndessen ergaben sich wesentliche Unterschiede gegen\u00fcber einer solchen S\u00e4ure. Zun\u00e4chst gab der K\u00f6rper mit Phloroglucin und Salzs\u00e4ure echte Pentosenreaktion und bei der Destillation * mit Salzs\u00e4ure lieferte er erheblich mehr Furfurol als eine echte Nukleins\u00e4ure. Die Vermutung war also berechtigt, da\u00df neben dem Kohlenhydrat der echten Nukleins\u00e4ure auch noch eine Pentose vorhanden war. Da nun aber Pentosen in der","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber eine zusammengesetzte Nukleins\u00e4ure.\t153\nGuanyls\u00e4ure Vorkommen, so mu\u00dfte man annehmen, da\u00df die neue Nukleins\u00e4ure eine Verbindung von Guanyls\u00e4ure mit der Pankreasnukleins\u00e4ure war.\nDieser Verdacht wurde durch das eigenartige optische Verhalten des K\u00f6rpers best\u00e4tigt. Das neutrale Natriumsalz dieser Nukleins\u00e4ure dreht n\u00e4mlich stark rechts ([a]\t= ca. 50\u00b0),\nnach Zusatz von Natronlauge aber sehr schwach links, und nach Abstumpfen des Alkalis trat wieder die urspr\u00fcngliche hechtsdrehung aut. Diese merkw\u00fcrdige scheinbare Inversion war mir lange Zeit unerkl\u00e4rlich, bis ein genaues Studium derselben Verh\u00e4ltnisse bei der echten Nukleins\u00e4ure das merk-\\\\ \u00fcrdige Resultat hatte, da\u00df das echte nukleinsaure Natrium in alkalischer Reaktion seine Rechtsdrehung vollst\u00e4ndig verliert und optisch inaktiv wird,, w\u00e4hrend die Guanyls\u00e4ure unter \u00e4hnlichen Bedingungen ihre Aktivit\u00e4t nicht wesentlich \u00e4ndert. \u00dcber diese Dinge habe ich bereits in einer fr\u00fcheren Arbeit ausf\u00fchrlich berichtet * ). Jetzt erst war die scheinbare Inversion im Falle der neuen Nukleins\u00e4ure erkl\u00e4rlich: Der K\u00f6rper ist eine Verbindung von Guanyls\u00e4ure und einer Nukleins\u00e4ure vom Typus der echten (Pankreasnukleins\u00e4urej. Die beobachtete Rechtsdrehung ihres Natriumsalzes ist etwa die Resultante aus der starken Rechtsdrehung der Pankreasnukleins\u00e4ure und der schwachen Linksdrehung der Guanyls\u00e4ure. Auf Zusatz' von XuOH aber verschwindet die Rechtsdrehung der Pankreas-modeins\u00e4ure, w\u00e4hrend die schwache Linksdrehung der Guanyl->\u00e4ure bestehen bleibt (vgl. vorige Arbeit).\nDieses optische \\ erhalten der neuen Nukleins\u00e4ure ist nun in zweifacher Hinsicht von Wichtigkeit: Erstens zeigt es mit Wahrscheinlichkeit, da\u00df die neue Nukleins\u00e4ure eine Verbindung von Guanyls\u00e4ure mit der Pankreasnukleins\u00e4ure ist, zweitens ergibt sich daraus, da\u00df die optische Inaktivierung der Nukleins\u00e4uren vom Typus der echten mittels Alkalien auch in Verbindungen der Nukleins\u00e4ure zu Tage tritt. Da sie auch hei direkten niederen Derivaten (Thymins\u00e4ure) zu beobachten ist, so folgt daraus, da\u00df die optische Inaktivierung\nDiese Zeitsclir. Bd. 104, S. 189 (1919).","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nR. Fealgen,\nin alkalischer L\u00f6sung keine Zufallserscheinung ist, sondern im innersten Wesen des Nukleins\u00e4urekernes begr\u00fcndet sein mu\u00df.\nMan mu\u00df es also als sehr wahrscheinlich ansehen, da\u00df der vorliegende K\u00f6rper eine Verbindung der Guanyls\u00e4ure mit der Pankreasnukleins\u00e4ure ist. Der endg\u00fcltige Beweis f\u00fcr diese Anschauung konnte durch die partielle Hydrolyse erbracht werden. Es zeigte sich n\u00e4mlich, da\u00df der K\u00f6rper in Gegenwart von Alkalien sehr leicht quantitativ gespalten wird in guanylsaures Natrium, das nunmehr mit Natrium -acetat ausgesalzen werden kann, und pankreasnukleinsauros Natrium, das in L\u00f6sung bleibt. Die Spaltung vollzieht sich schon beim Stehen einer L\u00f6sung der Nukleins\u00e4ure in 2 % iger Natronlauge. Bei 40\u00b0 war die Spaltung in 24 Stunden beendet.\nZur quantitativen Ausf\u00fchrung der Hydrolyse werden in einem Zentrifugenglase 5,00 g der Substanz in 25 ccm 20 0 iger Natronlauge gel\u00f6st und die L\u00f6sung 24 Stunden im Brutschrank stehen gelassen. Sodann l\u00f6st man darin noch 1 g kristallisiertes Natriumacetat auf, macht mit 50% iger Essigs\u00e4ure neutral, wobei dichte Ausflockung des guanylsauren Natriums erfolgt, und stellt das Glas zur v\u00f6lligen Abscheidung des guanylsauren Natriums f\u00fcr mehrere Stunden in Eis. Alsdann zentrifugiert man eiskalt, w\u00e4scht das guanylsaure Natrium mit wenig eiskalter 10% iger Natriumacetatl\u00f6sung nach, entw\u00e4ssert mit Alkohol und trocknet. Ausbeute an guanylsaurem Natrium 1,20 g =24% des angewandten nukleinsauren Natriums (ber. 23,2%)*\nZur v\u00f6lligen Reinigung und Identifizierung des guanylsauren Natriums wird dieses durch Umscheiden aus hei\u00dfer 20% iger Natriumacetatl\u00f6sung vollends gereinigt. Es ist mit dem guanylsauren Natrium der vorigen Arbeit identisch und gelatiniert mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure unter Bildung des sauren Salzes.\nDie abzentrifugierte L\u00f6sung l\u00e4\u00dft auf Zusatz von 4 Volumen Alkohol das Natriumsalz der Pankreasnukleins\u00e4ure mi\u00dffallen ; sie gab die gr\u00fcne Fichtenspanreaktion, ein Zeichen, da\u00df auch das Kohlenhydrat mit dem der echten Nukleins\u00e4ure","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber eine zusammengesetzte Nukleins\u00e4ure.\t155\nsehr nahe verwandt, vielleicht identisch ist, und wurde in \u00fcbersch\u00fcssiger Natronlauge optisch inaktiv. Sie geh\u00f6rt mithin zum Typus der echten Nukleins\u00e4ure.\nDie mitgeteilten Versuche haben also ergeben, da\u00df in der Tat eine Verbindung der Guanyls\u00e4ure mit der Pankreasnukleins\u00e4ure vorliegt, wobei zun\u00e4chst die Frage nicht endg\u00fcltig entschieden werden kann, ob die Bindung durch Vermittlung eines dritten noch unbekannten K\u00f6rpers erfolgt, oder nach Art der Nukleotidbindungen in der echten Nukleins\u00e4ure zu denken ist. Im ersteren Falle k\u00f6nnte dieser dritte Stoff nur ein kleines Molekulargewicht haben, in welchem Falle er sich in Anbetracht des gro\u00dfen Molek\u00fcls der gesamten Nukleins\u00e4ure 'ca. 1800) beim pr\u00e4parativen und analytischen Arbeiten der Aufmerksamkeit entziehen k\u00f6nnte. Die einfachste und vorl\u00e4ufig wahrscheinlichste Annahme ist die, da\u00df auch die neue Nukleins\u00e4ure nur aus Nukleotiden besteht. Ich bezeichne diesen K\u00f6rper als Guanylnukleins\u00e4ure. Man kann Stoffe dieser Art als Dinukleins\u00e4uren auffassen, weil sie aus zwei selbst\u00e4ndig vorkommenden Nukleins\u00e4uren bestehen. Doch l\u00e4gen einer solchen Auffassung lediglich pr\u00e4parative Eigenschaften zu Grunde. Im Gegens\u00e4tze hierzu sei die Struktur der Guanylnukleins\u00e4ure von einem allgemeineren Standpunkte aus betrachtet.\nNach Levene bezeichnet man Komplexe, bestehend aus l'hosphors\u00e4ure, Kohlenhydrat und Base als Nukleotide. Guanyls\u00e4ure w\u00e4re danach ein einfaches Nukleotid, die echte Nukleins\u00e4ure aber ein Polinukleotid, und zwar ein Tetranukleotid. Von diesem Gesichtspunkte aus w\u00e4re die Guanylnukleins\u00e4ure ein Pentanukleotid, von dem bisher wregen der Unvollkommenheit der Methoden nur zwei Bruchst\u00fccke bekannt waren. Guanyls\u00e4ure und Pankreasnukleins\u00e4ure sind also lediglich Kunstprodukte, entstanden wegen der leichten Spaltbarkeit der Guanylnukleins\u00e4ure bei den bisherigen Darstellungsmethoden.\nFreie, nicht organisch gebundene Guanyls\u00e4ure bzw. deren Salze habe ich im Pankreasnukleoproteid nicht nachweisen k\u00f6nnen.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nR. Feulgcn,\nEs w\u00e4re nun von gro\u00dfem Interesse, nachzupr\u00fcfen, ob die Guanyls\u00e4ure bei ihrem Vorkommen in andern Organen stets mit einer andern Nukleins\u00e4ure gepaart vorkommt; sollte das der Fall sein, so w\u00e4re die Guanyls\u00e4ure \u00fcberhaupt nicht als selbst\u00e4ndige Nukleins\u00e4ure aufzufassen, sondern nur als ein einfaches, aus einer Nukleins\u00e4ure abgespaltenes Nukleotid.\nBei der Beurteilung der Analysenzahlen kommt es nun vor allem auch auf das Molekulargewicht des K\u00f6rpers an. Obgleich die Molekulargr\u00f6\u00dfe des kohlenhydrat\u00e4hnlichen K\u00f6rpers in der echten Nukleins\u00e4ure noch nicht endg\u00fcltig feststeht, kann man doch sagen, da\u00df das Molekulargewicht des gesamten Komplexes der echten Nukleins\u00e4ure sehr nahe bei 1390\u20141400 liegt (f\u00fcr das Na-Salz). Das Molekulargewicht der freien Guanylnukleins\u00e4ure bekommt man also durch, Addition der Molekulargewichte der Komponenten und Abzug eines Molek\u00fcls Wasser. Es bleibt aber noch die Frage offen, wieviel durch Metall ersetzbare Wasserstoffatome die S\u00e4ure besitzt. Die Anzahl der phosphorsauren Wasserstoffatome in Nukleins\u00e4uren ist, wie ich fr\u00fcher gezeigt habe '), abh\u00e4ngig von der Bindungs-art der einzelnen Nukleotide untereinander. Nun wissen wir aber \u00fcber die Art der Bindung der Guanyls\u00e4ure mit der Pankreasnukleins\u00e4ure zurzeit noch nichts, mithin kann auch die Frage nach der Wertigkeit der S\u00e4ure noch nicht entschieden werden. Bei der freien S\u00e4ure w\u00e4re diese Frage f\u00fcr die Analyse zwar unerheblich, indessen ist die S\u00e4ure in freiem Zustande wie die echte Nukleins\u00e4ure leicht zersetzlich und nicht mit w\u00fcnschenswerter Reinheit zu gewinnen; ob sie zu Analysenzwecken geeignet ist, sollen sp\u00e4tere Versuche zeigen: vorl\u00e4ufig habe ich nur mit Na-Salzen gearbeitet. Das Na-Salz der echten Nukleins\u00e4ure ist quatern\u00e4r. Guanylnukleinsaures Natrium kann 5 oder 6 Natriumatome enthalten je nach der Beteiligung der Phosphors\u00e4uremolek\u00fcle an der Bindung der Nukleotide. Eine endg\u00fcltige Entscheidung .in dieser Frage mu\u00df ich mir Vorbehalten. Praktisch kommen diese Unterschiede allerdings kaum in Frage, denn die beiden Salze\nDies? Zeit sehr. Btl. 101, S, 288 (1918).","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber eine zusammengesetzte Nukleins\u00e4ure.\n157\nunterscheiden sich nur um das Atomgewicht des Natriums abz\u00fcglich des Atomgewichtes des Wasserstoffs, mithin um 22. Da der gesamte Komplex des guanylnukleinsauren Natriums aber ein \u00abMolekulargewicht von etwa 1760 hat, so sind die\nUnterschiede in den Analysenzahlen, das eine Mal mit dem\n%\nf\u00fcnf-, das andere Mal mit dem sechswertigen Salze berechnet, zu vernachl\u00e4ssigen. Ich rechne vorderhand mit dem f\u00fcnfwertigen Natriumsalz von der Molekulargr\u00f6\u00dfe 1760. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.\n0,1622 g verloren bei 100\u00b0 \u00fcber P,Os 0,0294 g Wasser;\n0,1078 g entsprachen 10,2 ccm n;l0-S\u00e4ure (Kjeldahl);\n0,2488 g ,\t22,7\tccm\tn/10* \u201e\t,\t;\n0,0998 g \u201e\t12,2\tccm\t\u00ab/,-Lauge (Neumann).\n\tBerechnet\t\u201c * - -\t\u2014\u2014\t* \u2014 \u2014\u2014 *\u201c \u25a0\n\tf\u00fcr das guanylnukleinsaure\tGefunden\n\tNatrium\t\nN\t15,95\u00bb/.\t15,72\u00bb,, 15,62\u00bb/,\nP\twu\t8,60\u00bb/.\nDie Untersuchungen wurden mit Mitteln aus der \u201e Gr\u00e4fin Bose-Stiftung\u201c ausgef\u00fchrt.","page":157}],"identifier":"lit20822","issued":"1919-20","language":"de","pages":"147-157","startpages":"147","title":"\u00dcber eine zusammengesetzte Nucleins\u00e4ure, Vorl\u00e4ufige Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"108"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:52:03.358250+00:00"}