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{"created":"2022-01-31T14:48:43.128468+00:00","id":"lit20823","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Pillat, Arnold","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 108: 158-164","fulltext":[{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"I\n\u00dcber einige Versuche, Brom in normalen menschlichen Organen\nnachanweisen.\nVon\nDr. Arnold Pill\u00e2t.\niAns dem mediz.-chem. Institut der Prager deutschen Universit\u00e4t.) (Der Redaktion zngegangen am 15. September 1919.)\nDie hier mitzuteilenden Versuche sind 1914 abgeschlossen worden und sollten urspr\u00fcnglich in mehrfacher Weise nach dem Kriege erg\u00e4nzt werden. Aus \u00e4u\u00dferen Gr\u00fcnden ist dies jetzt nicht m\u00f6glich, weshalb die bisherigen Resultate mitgeteilt werden m\u00f6gen.\nDie Versuche waren als eine Fortsetzung der im Jahre 1906 von E. Pribram1) hier ausgef\u00fchrten Untersuchungen unternommen worden. E. Pribram hatte nach einem verl\u00e4\u00dflichen, aber nicht empfindlichen Verfahren den Nachweis erbracht, da\u00df irgend gr\u00f6\u00dfere Mengen von Bromverbindungen im Gehirn, in der Leber, der Milz und der Schilddr\u00fcse der Menschen normalerweise nicht Vorkommen, d. h. da\u00df bei Verarbeitung von etwa 200 g dieser Organe der m\u00f6glicherweise vorhandene Bromgehalt nur weniger als 0,002 g betragen k\u00f6nnte.\nNach diesem einwandfrei erscheinenden Ergebnisse wurde auf eine Diskussion der kurz darauf erschienenen Arbeit von Jakob Justus*), auf Grund welcher in verschiedenen Organen ganz enorm gro\u00dfe Brommengen sich vorfinden sollen, verzichtet.\n\u2019) Diese Zeitschr. Bd. 49, S. 457. s) Virchow9 Archiv Bd. 190, S. 524 (1907).","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"1 bcr Versuche, Brom in normalen rrenschl. Organen nachzuweisen. 159\nDer Gedanke,-da\u00df Brom ein normaler Bestandteil des Organismus sei, hat insofern etwas Bestechendes, als die Lebenswichtigkeit der andern Halogene feststeht. Auch da\u00df 0. Th. M\u00f6rner1) Dibromtyrosin, die der Jodgorgos\u00e4ure analoge Bromverbindung, in Anthozoen auffand, best\u00e4rkte solche Vermutungen: es w\u00e4re nicht ausgeschlossen, da\u00df kleinere Mengen von Brom, als durch das Pfibramsche Verfahren nachweisbar sind, zum normalen Best\u00e4nde des Organismus geh\u00f6rten.\nEinen Ansporn zu neuen Untersuchungen gab die Entdeckung empfindlicher und charakteristischer Bromreaktionen.\nJ. Guareschi*) fand, da\u00df Schiffs Aldehydreagens (durch schweflige S\u00e4ure entf\u00e4rbtes Fuchsin) ein sehr empfindliches und auch bei Gegenwart von Chlor und von Jod verwendbares Reagens auf freies Brom darstelle.\nJ. A. Labat*) zeigte, da\u00df die von Baubigny angegebene (nach Guareschi4) zuerst von Swarts mitgeteilte) Reaktion der Eosinbildung aus Fluorescein durch Brom eine verl\u00e4\u00dfliche Bromreaktion sei, wenn nur der gebildete Farbstoff spektroskopisch gepr\u00fcft werde, da dem Eosin ein ebarak-teiistisches, vom Fluorescein verschiedenes Spektrum zukomme6).\nDurch die Untersuchungen dieser beiden Autoren ist der Nachweis des Broms wesentlich vereinfacht worden, denn die\numst\u00e4ndliche Trennung der Bromide von den Chloriden kann nunmehr unterbleiben.\nIch habe zum Bromnachweis in meinen Versuchen die Reaktion von Swarts-Baubigny in der von Labat angegebenen Weise gew\u00e4hlt, wiewohl die Reaktion von Guareschi nach meinen, mit den Angaben der Autoren \u00fcbereinstimmenden Vorversuchen etwa viermal empfindlicher ist als die eretere.\n\u2019) Diese Zeitschr. Bd. 88, S. 138 (1913).\n*) Fresenius' Zeitschr. Bd. 52, S. 538 und 609 (1913).\t* '\n*) Dissertation Bordeaux 1912.\n4) Fresenius\u2019 Zeitschr. Bd. 52, S. 454 (1913).\n) ^ \u00b0gl\u00bb Spektralanalyse (1877) S. 275, Form\u00e0nek-Grandmougin,\nUntersuchung organ. Farbstoffe auf Spektroskop. Wege, I. Teil, S. 133 (1908).","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nArnold Pill\u00e2t,\nBestimmend f\u00fcr diese Wahl war, da\u00df die erstere Reaktion in einer L\u00f6sung durchf\u00fchrbar ist, wodurch eine kolorimetrische Sch\u00e4tzung der Brommenge erm\u00f6glicht wird, w\u00e4hrend die Guareschische Reaktion auf einem Reagenspapier sich vollzieht; auch kann mit der Swarts-Baubignyschen Probe noch immer die Guareschische Probe ausgef\u00fchrt werden.\nWas die absolute Empfindlichkeit der Swarts-Baubignyschen Reaktion anbelangt, fand ich, da\u00df 0,03 mg Brom in 10\u201420 ccm Fl\u00fcssigkeit bei Verwendung einer Schichtdicke von 34 mm ein deutliches Spektrum geben, da\u00df 0,02 mg Brom noch durch die Eosin far bung gegen einen wei\u00dfen Grund erkennbar sind, jedoch ist das Spektrum kaum mehr wahrzunehmen.\nEs kamen nat\u00fcrlich uur die Organe von solchen Menschen in Betracht, welche bei sonstiger Gesundheit eines pl\u00f6tzlichen Todes gestorben waren, soda\u00df irgendwelche medikament\u00f6se Behandlung so gut wie ausgeschlossen war. F\u00fcr die \u00dcberlassung des Leichenmaterials bin ich Herrn Prof. Dr. P. Dittrich, Vorstand des hiesigen deutschen gerichtt.-mediz. Instituts, sowie Herrn Assistenten Dr. Marx zu besonderem Danke verpflichtet.\nDie Ausf\u00fchrung der Analysen gestaltete sich folgenderma\u00dfen:\nDie Verarbeitung der Organe wurde sofort nach der Sektion vorgenommen. Sie wurden entsprechend zerkleinert, mit 10 \u00b0/0 ihres Gewichts an reinem \u00c4tzkalk (e marmore, Merck) nach Bereskins1) Vorschlag verrieben, hierauf 24 Std. auf dem Wasserbad getrocknet. Von der Bromfreiheit des \u00c4tzkalks wie der andern verwendeten Reagentien habe ich mich durch Kontrollver8uche wohl \u00fcberzeugt. Alle Eindampfungs- und Veraschungsoperationen erfolgten in einem Laboratoriumsraum, in welchem eine Luftverunreinigung durch Brom oder bromhaltigen Staub ausgeschlossen war.\nDie Veraschung der getrockneten Organe wurde in Partien von 100 g ausgef\u00fchrt, in guten Porzellan- oder Quarzschalen, wobei die Schale mit einer zweiten \u00fcberdeckt war.\n0 Nencki, opera omnia II S. 481.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Cher Versuche, Brom iu normalen menschl. Organen nachzuweisen. 161\nDie Hitze wurde nur allm\u00e4hlich gesteigert, so da\u00df die Veraschung mehrere Tage in Anspruch nahm.\nNach dem Erkalten wurde die Asche mit Wasser aufgenommen und einige Stunden auf dem Wasserbade digeriert, hierauf wurde filtriert und gut nachgewaschen. Filtrat und Waschw\u00e4sser, die immer farblos waren, erreichten ein Volum von 5\u2014600 ccm. Sie wurden auf dem Wasserbad auf etwa 100 ccm eingeengt, nach Zusatz von 1 g Ferriammoniumsulfat wurde das eventuell vorhandene Jod abdestilliert,). Dabei wurde die Fl\u00fcssigkeit noch weiter auf etwa 50 ccm eingeengt.\nDiese Fl\u00fcssigkeit kam in einen Kolben aus Jenenser Glas von etwa 130 ccm Fassungsraum. Der Kolben war durch einen eingeschliffenen Glasst\u00f6psel, der zwei R\u00f6hren nach Art der R\u00f6hren einer Spritzflasche besa\u00df, verschlossen. Das lange, zum Boden des Kolbens reichende Rohr wurde mit einer Wasch-fiasche verbunden, die den Zweck hatte, in den Kolben beim Ansaugen nur reine (bromfreie) Luft gelangen zu lassen; ich f\u00fcllte sie mit einer verd\u00fcnnten Lauge. Das k\u00fcrzere Rohr trug an dem \u00e4u\u00dferen Ende einen Glasschliff, an welchen das Rohr eines etwa 30 cm langen absteigenden Liebigschen K\u00fchlers pa\u00dfte, der anderseits mit der zur Absorption des Broms bestimmten Vorlage verbunden war.\nDas Brom wurde aus der Fl\u00fcssigkeit durch Zusatz von 1 g Kaliumbichromat und 10 ccm 50\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure freigemacht; w\u00e4hrend des ganzen Versuchs wurde langsam Luft durch den Apparat gesaugt.\nAls Vorlage diente eine gleichfalls mit Glasschliff angeschlossene Waschflasche, in welcher das Destillat in 5 ccm Wasser und 0,1 ccm einer 0,025 \u00b0/0igen Fluoresceinl\u00f6sung aufgefangen wurde.\n- \u2014 \u2014 \u2014 _ #\n') Oer Einwand Labats (3. 27 seiner Dissertation), da\u00df bei Pf i-brams Versuchen durch Erhitzen einer mit Schwefels\u00e4ure angesftuerten w\u00e4\u00dfrigen verd\u00fcnnten Bromwasserstoffs\u00e4ure sich Bromwasserstoff verfl\u00fcchtige, ist nicht stichhaltig, jedoch gelingt die quantitative Entfernung des Jods auch auf die obige Weise, weshalb wir auf den Schwefelslnre-zusatz verzichtet haben.","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nArnold Pill\u00e2t,\nDas Einleitungsrohr der Waschflasche war au\u00dfen gegabelt das freie, nicht mit dem K\u00fchler verbundene Rohr war mit einem Glasst\u00f6psel verschlossen. Nach L\u00fcftung dieses Verschlusses konnten w\u00e4hrend des Versuchs Reag\u00e8ntien eingef\u00fchrt werden.\nNun wurde der Kolben mit einer kleinen Flamme erhitzt.\nSobald die ersten Spuren von Brom \u00fcbergehen, nimmt die Fluoresceinl\u00f6sung den deutlich erkennbaren, r\u00f6tlichen Eosinton an, die Farbe und das Spektrum des Fluoresceins verschwinden immer mehr und mehr, das Eosinspektrum, ein scharfer Absorptionsstreifen bei E bis b, wird alsbald deutlich. Sobald alles Fluorescein aufgebraucht ist, wird durch das freie Rohr in der Waschflasche wiederum 0,1 ccm der Fluoresceinl\u00f6sung eingebracht und mit wenig Wasser nachgesp\u00fclt.\nDas Erhitzen wurde fortgesetzt, bis etwa */3 der Fl\u00fcssigkeit \u00fcberdestilliert waren, hierauf wurde noch */* Std. weiter Luft durchgeleitet. Gegen Ende der Destillation trat manchmal, wohl durch Ubergehen von S\u00e4ure, eine pl\u00f6tzliche Entf\u00e4rbung der vorgelegten Fl\u00fcssigkeit auf, welche sich sofort auf Zusatz von 1\u20142 Tropfen Ammoniak beheben l\u00e4\u00dft.\nEs wurden folgende F\u00e4lle untersucht:\n1.\t2 Monate altes M\u00e4dchen. Todesursache unbekannt. Sektionsbefund: Bronchitis capillaris, Hyperplasie des lymphatischen Apparates. Das Kind hatte noch keine Medikamente bekommen.\n1 eiatbeitet wurde die linke Gehirnhemisph\u00e4re im Gewicht '\u00b0n 21\" S* Resultat: Keine Spur von Brom nachweisbar.\n2.\t64 Jahre alter Mann. Tod durch Erh\u00e4ngen. Seklionsbefund. Eitrige Bronchitis, m\u00e4\u00dfige Atherosklerose.\n\\ erarbeitet wurde die linke Gro\u00dfhirnhemisph\u00e4re im Gewicht von b<6 g. Resultat: Brom nicht nachweisbar.\nS. Harn von einem 22j\u00e4hrigen Mann, der Masern, Keuchhusten, Gelbsucht durchgemacht hat, seit seinem 7. Lebensjahre sicher keine Medikamente zu sich genonuneu hat, sich an fr\u00fchere Medikationen nicht erinnern kann.\nVerarbeitet wurde 1 1 Harn von saurer Reaktion, der im Laufe von 16 Stunden gewonnen worden war. Der Harn wurde in 2 Portionen mit je 10 g des gepr\u00fcften \u00c4tzkalk9 versetzt eingedampft und verascht. Resultat: 0,4 mg Brom, kolorimetrisch gesch\u00e4tzt.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Versuche, Brom in normalen menschl. Organen nach zuweisen. 163\n4.\t18 j\u00e4hriger Mann aus einem Epileptikerheim. Tod durch Erh\u00e4ngen. Sektionsbefund: Status lympathicus, Thymus ziemlich\ngro\u00df erhalten, Thyreoidea stark kolloidhaltig, alle Organe ohne pathol. Ver\u00e4nderungen.\nVerarbeitet wurden: 756 g Leber. Resultat: 1,83 mg Brom nach der kolorimetrischen Sch\u00e4tzung; 194 g Milz enthielt kolo-rimetrisch gesch\u00e4tzt 0,43 mg Brom; 126 g Niere enthielt 0,3 mg Brom, kolorimetri8ch gesch\u00e4tzt.\n5.\t58 Jahre alter Mann. Tod durch Kopfschu\u00df. Bei der Sektion erwiesen sich die Organe als normal.\nVerarbeitet wurde die Schilddr\u00fcse im Gewicht von 19 g. Resultat: Brom nicht nachweisbar.\n6.\t18 Jahre alte Frau. Tod durch Ertr\u00e4nken. Die Leiche wurde bald geborgen. Sektion: Gravid im 3. Monat, s\u00e4mtliche Organe ohne pathol. Ver\u00e4nderungen.\nVerarbeitet wurden: 46 g Schilddr\u00fcse, 545 g Gehirn. In beiden Organen war kein Brom nachzuweisen.\nZur Kontrolle wurden 543 g Gehirn mit 0,1 mg Biom (in Fonn von Bromkalium) versetzt und wie oben beschrieben verarbeitet. Resultat: Brom deutlich nachweisbar.\nDiese Untersuchungen sprechen wohl daf\u00fcr, da\u00df Brom kein normaler Bestandteil unseres Organismus ist.\nEs sei ferner, darauf hingewiesen, da\u00df auch Labat, der 24 Schilddr\u00fcsen untersucht hat, in 8 F\u00e4llen kein Brom nach-weisen konnte. In Anbetracht der Hartn\u00e4ckigkeit, mit welcher Bromide im Organismus zur\u00fcckgehalten werden, w\u00e4re es wohl m\u00f6glich, da\u00df positive Bromfunde bei normalen Individuen mit der Art der Nahrung (vgl. Guareschis Erfahrungen \u00fcber das Vorkommen von Brom im Pflanzenreich) Zusammenh\u00e4ngen, und es ist nicht auszuschlie\u00dfen, da\u00df in dieser Hinsicht entgegengesetzte Untersuchungsergebnisse in verschiedenen Gegenden zu erhalten w\u00e4ren.\nAuffallend ist aber doch, da\u00df im normalen menschlichen Harn Brom nachgewiesen wurde, wenngleich auf diesen einen Fall nicht zu viel Gewicht gelegt werden darf. Guareschi hat (1. c. S. 542) bei der Verarbeitung von 240 ccm Harn eines Menschen, der \u201eweder Brom noch Mineralwasser zu sich genommen hatte\u201c, ebenfalls eine, wenn auch schwache, so doch eindeutige Reaktion auf Brom erhalten, und mit dem Harn eines andern Menschen, der auch weder Bromid noch andere\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CVII1.\t12","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164 A. Pill\u00e2t, Ober Versuche, Brom in normal en menschl Organen usw.\nMedikamente eingenommen hatte, eine sehr scharfe Bromreaktion erhalten.\n\\\nIn diesem Sinne sollen vorerst die Untersuchungen fortgesetzt werden, um zu sehen, ob die Bromausscheidung durch den Harn konstant ist oder abh\u00e4ngig von Nahrung und Umgebung. Die historischen Erfahrungen betreffend das Jod der Schilddr\u00fcse mahnen jedenfalls, mit einem abschlie\u00dfenden Urteil vorsichtig zu sein.","page":164}],"identifier":"lit20823","issued":"1919-20","language":"de","pages":"158-164","startpages":"158","title":"\u00dcber einige Versuche, Brom in normalen menschlichen Organen nachzuweisen","type":"Journal Article","volume":"108"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:48:43.128473+00:00"}