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Studien über das Verhalten von Substanzen der Dibenzylreihe (Dibenzyl, Hydrobenzoin, Desoxybenzoin, Benzoin, Benzil, Benzilsäure) im Organismus

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{"created":"2022-01-31T14:51:05.190543+00:00","id":"lit20826","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Sieburg, Ernst","role":"author"},{"name":"Erich Harloff","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 108: 195-206","fulltext":[{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Stadien \u00fcber das Verhalten von Substanzen der Dibenzylreihe (Dibenzyl, Hydrobenzoin, Desoxybenzoin, Benzoin, Benzil,\nBenzils&nre) im Organismus\u00ab\nVon\nErnst Sieburg und Erich Harloff\u00ab\nAus dem Institut f\u00fcr Pharmakologie und physiologische Chemie der Univcrsitlt\nzu Rostoek.)\n\u2022 Der Redaktion zugegangen am 4. Oktober 1919.)\nEs steht fest, da\u00df im allgemeinen in aromatischen Verbindungen der Benzolkem im Organismus au\u00dferordentlich schwer der Verbrennung unterliegt. Eine Oxydation dieser Verbindungen setzt fast immer, wo solche vorhanden, an den aliphatischen Seitenketten ein, die, wenn sie aus zahlreichen Gliedern bestehen, meist bis auf wenige Glieder aboxydiert werden. Solche Substanzen verlassen dann zu gemischt aromatisch-aliphatischen Alkoholen, Ketonen oder S\u00e4uren oxydiert den Tierk\u00f6rper.\nEs ergibt sich die Frage: Wie verh\u00e4lt sich der Organismus gegen\u00fcber solchen Substanzen, bei denen eine aliphatische Kette beiderseits durch aromatische Reste verschlossen ist, die a priori also eine geringere Angriffsm\u00f6glichkeit bieten als Benzolderivate mit offenen aliphatischen Seitenketten? AI\u00bb Studienobjekte, laden die einfachen, reaktionsf\u00e4higen, in der synthetischen Chemie oft gebrauchten Abk\u00f6mmlinge des Di-benzyls in ihren verschiedenen Oxydationsformen ein:\nC.H-CH, CeHj\u2014CH, C.H5-CH(OH) C4H4-CH(0H)\n|\t|\t|\tI\nC.Hj-CH, C6HS\u2014CO CeHj\u2014CH(OH) C,H5-CO\nDibenzyl Desoxybenzoin Hydrobenzoin Benzoin C,H5-CO C6H5-C(OH)\nc,h4-co c*h6/cooh\nBenzil Benzilsinre.","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\tErnst Siebarg und Erich Harloff,\nAlle diese K\u00f6rper \u2014 mit Ausnahme der Benzils\u00e4ure -sind in Fetten und Fettl\u00f6sungsmitteln mehr oder weniger reichlich, in Wasser dagegen nur in geringem Ma\u00dfe l\u00f6slich. So wurde als ann\u00e4hernde Wasserl\u00f6slichkeit bei 15\u00b0 ermittelt f\u00fcr Dibenzyl etwa 1:10000, f\u00fcr Desoxybenzoin, Hydroben-zoin und Benzoin etwa 1:6250, f\u00fcr Benzil etwa 1:5000. w\u00e4hrend Benzils\u00e4ure leicht wasserl\u00f6slich ist. Die L\u00f6slich keit in k\u00f6rperwarmem \u00d6l (R\u00fcb\u00f6l) wurde nur insofern festgestellt, als sich alle Substanzen hierin mehr wie 1:100 l\u00f6sten, am betr\u00e4chtlichsten Dibenzyl und Desoxybenzoin, am wenigsten gut das Hydrobenzoin.\nWenn man die Regel, da\u00df die Methanderivate, welche eine derartige geringe L\u00f6slichkeit in Wasser mit einer sehr gro\u00dfen L\u00f6slichkeit in Fettl\u00f6sungsmitteln kombinieren, ausgesprochene Narkotika sind, auf gemischt aromatisch-aliphatische Verbindungen \u00fcbertragen will, so stand zu erwarten, da\u00df die vorliegenden Substanzen sich als relativ starke Narkotika erweisen w\u00fcrden.\nDie an Froschlarven, den \u00fcblichen Versuchsobjekten, gewonnenen Resultate *) ergaben f\u00fcr die einzelnen Substanzen, der St\u00e4rke ihrer narkotischen Wirkung nach geordnet, folgendes Bild:\nSubstanz\tSchwellenwert der narkotischen Wirkung\tWirksame Molekular-Konzentration\nDibenzyl ....\tetwa 1:20 000\tetwa 0,00027\nBenzoin ....\t,\t1:12500\t* 0,00038\nDesoxybenzoin . .\t\u201e\t1:12500\t\u00bb 0,00041\nBenzil\t\t\u2022 1; 10000\t* 0,00048\nHydrobenzoin . .\t, 1; 6250\t*\t0,00075\nAm st\u00e4rksten wirkt der Kohlenwasserstoff, dann folgen die drei Ketoverbindungen in ungef\u00e4hr der gleichen St\u00e4rke, wobei die gleichzeitige Gegenwart einer Alkoholgruppe nichts\n\u2022) Ausf\u00fchrlicheres siehe E. Harloff, Inaug.-Dissert., Rostock 1919.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Stadien aber das Verhalten Ton Substanzen der Dibenzylreihe usw. X97\n*\nausmacht, w\u00e4hrend die Anwesenheit von zwei Hydroxylen im Hydrobenzoin einen deutlich abschw\u00e4chenden Effekt ausl\u00f6st. Mit bekannten Narkotika der Fettreihe bei gleicher Versuchsanordnung von anderer Seite verglichen, die als Schwellenwerte der narkotischen Wirkung beispielsweise f\u00fcr Chloroform eine 0,017 %ige w\u00e4\u00dfrige L\u00f6sung (1:6000) und eine eben noch wirksame Molekular-Konzentration von 0,0014, f\u00fcr Trional eine 0,03%ige (1:3300) L\u00f6sung und eine Molekular-Konzentration von 0,0013 zeigen, ergibt sich f\u00fcr die ganze K\u00f6rper-khisse ein recht hoher, ja noch ein h\u00f6herer narkotischer Effekt als bei den bekannten Methanderivaten.\nDie Benzils\u00e4ure zeigt dagegen nur S\u00e4urewirkung, und zwar erweist sie sich schon dadurch chemisch als stark dissoziierte S\u00e4ure, da\u00df ein Krist\u00e4llchen davon, auf feuchtes Kongopapier gebracht, dies intensiv bl\u00e4ut. Eine Konzentration der freien S\u00e4ure 1: 1000 macht Froschlarven innerhalb 30 Minuten bewegungslos und l\u00e4\u00dft sie wei\u00dflich ange\u00e4tzt erscheinen, in frischem Wasser tritt keine Erholung ein. Niedrigere Konzentrationen zeigen keine Einwirkung mehr. Auch beeinflu\u00dft die mit Natriumcarbonat neutralisierte L\u00f6sung der Benzils\u00e4ure 1:500 Kaulquappen innerhalb 24 Stunden nicht sichtbar.\nBei Fr\u00f6schen selbst sind nun \u00fcberraschenderweise Diben-zyl, Hydrobenzoin, Benzoin und Benzil, wenn man diese Substanzen zu 0,1 g fein zerrieben in \u00d6l suspendiert in den R\u00fccken* lymphsack einspritzt, ohne Wirkung. Das Desoxybenzoin verh\u00e4lt sich anders. Gibt man \u00fcber 0,05 g in \u00d6l suspendiert, so zeigen die Tiere nach Verlauf von etwa 1 Stunde eine gewisse gesteigerte Reflexerregbarkeit, die aber nicht in Kr\u00e4mpfe \u00fcbergeht. Im Verlauf von weiteren 3\u20145 Stunden kommt es dann allm\u00e4hlich zum Stillstand der Atmung und des Kreislaufs, ohne da\u00df vorher ein ausgepr\u00e4gt narkotisches Stadium zu erkennen ist. Die Dose von 0,05 g Desoxybenzoin in 1 ccm \u00d6l, worin es nahezu vollst\u00e4ndig l\u00f6slich ist, bildet die Grenze, bei der obige Erscheinungen eintreten. Gaben von 0,025 g wirken nicht mehr, bzw. die Tiere erholen sich wieder. Bei den Sektionen zeigen sich mit ziemlicher Konstanz multiple kleine Blutungen, besonders auf der Unt\u00e8r-\nHoppe-\u00e4eyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CVM.\n15","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\tErnst Sieburg and Erich Hsrloff,\nseite des Herzens, ins Myocard und Pericard, sowie in den unteren Teil des Oesophagus und in die Mucosa des Pylorus. Dies abweichende Verhalten des Desoxybenzoins gegen\u00fcber den anderen Substanzen m\u00f6chten wir zum Teil durch seine gro\u00dfe L\u00f6slichkeit in dem \u00f6ligen Vehikel erkl\u00e4ren, wodurch die Bedingungen f\u00fcr eine viel schnellere Resorption gegeben sind als bei den anderen Substanzen in \u00f6liger Suspen-8ion. \u2014 Von der Benzils\u00e4ure rufen w\u00e4\u00dfrige neutralisierte L\u00f6sungen von 0,1 g in 1 ccm keine Erscheinungen hervor.\nAuch beim Kaninchen l\u00f6sten die Substanzen selbst in verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gro\u00dfen Dosen nicht nur keinen narkotischen Effekt aus, sondern sie lassen \u00fcberhaupt keine Wirkung erkennen. Eine Erkl\u00e4rung hierf\u00fcr kann uns das Schicksal der Substanzen im Organismus geben.\nD i b e n z y I.\nEin Kaninchen von 850 g erh\u00e4lt 1 g Dibenzyl in 5 ccm\n\u00d6l gel\u00f6st subcutan und 24 Stunden sp\u00e4ter noch einmal dieselbe Dosis.\nDer Harn war frei von Eiwei\u00df und Traubenzucker und drehte nach Kl\u00e4rung mit saurem Bleiacetat nach links. Nach energischer Spaltung mit Schwefels\u00e4ure in der Hitze zeigte er ein intensives Reduktionsverm\u00f6gen gegen alkalische Kupferl\u00f6sung und gab stark positive Farbreaktionen mit Orcin und Phloroglucin. Die Tollenssche Naphtoresorcinreaktion ergab den bekannten, in \u00c4ther mit' blau violett er Farbe l\u00f6slichen Farbstoff mit dem Absorptionsstreifen im Gr\u00fcn des Spektrums, und zeigte eine gepaarte Glykurons\u00e4ure an.\nDiese Glykuronausscheidung erreichte, nach der Intensit\u00e4t der Naphtoresorcinreaktion zu urteilen, am dritten Tag nach der letzten Injektion ihren H\u00f6hepunkt, um dann langsam nachzulassen. So wurden die Harnportionen der ersten f\u00fcnf Beobachtungstage gesammelt und gemeinsam verarbeitet. Da es weniger darauf ankam, die gepaarte S\u00e4ure zu isolieren, als den einen Paarling, das Aglykuronoid, zu ermitteln, wurde der Harn mit so viel konzentrierterSchwefels\u00e4ure versetzt, da\u00df","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Studien Ober das Verhalten von Substanzen der Dibenzylreihe usw. 199\nsein Gehalt daran 5\u00b0/0 betrug, und dann unter st\u00e4ndigem Durchleiten von Wasserd\u00e4rapfen etwa 6 Stunden hindurch der Destillation unterworfen. Auf dem w\u00e4\u00dfrigen Destillat sammeln sich seidengl\u00e4nzende Massen an, die nur ganz wenig wasserl\u00f6slich sind, sich nach dem Abfiltrieren als gut l\u00f6slich in Alkohol und als spielend leicht l\u00f6slich in \u00c4ther erweisen. Nach einmaligem Umkristallisieren aus verd\u00fcnntem Alkohol ist der erhaltene K\u00f6rper, der in atlasgl\u00e4nzenden Schuppen kristallisiert, rein und zeigt den konstanten Schmelzpunkt von 124\u00b0. Durch den Schmelzpunkt und die nachfolgenden Keaktionen wurde er als Stilben C6H5\u2014CH=CH\u2014C6H5 identifiziert.\nDieses Stilben wurde mit einer Eisessig-Chroms\u00e4urel\u00f6surg behandelt, das Reaktionsgemisch mit Wasser verd\u00fcnnt und dann ausge\u00e4thert. In dem \u00c4therr\u00fcckstand lie\u00df sich Benzoes\u00e4ure durch weitere Oxydation derselben zu Salizyls\u00e4ure mittels Wasserstoffsuperoxyd bei Gegenwart von Eisensulfat durch die Eisenchloridreaktion nachweisen. Weiter schieden sich beim Behandeln des gefundenen Stilbens mit in \u00c4ther gel\u00f6stem Brom winzige N\u00fcdelchen aus, die, aus hei\u00dfem Xylol umkristallisiert, den Schmelzpunkt des Stilbenbromids von 235* zeigten.\nEs w\u00e4re immerhin als ein sonderbares Ph\u00e4nomen zu betrachten, wenn ein vollkommen ges\u00e4ttigter Kohlenwasserstoff iui tierischen Organismus sich vor einer Paarung nicht nur lucht zu einem Alkohol oder auch zu einem andersartigen K\u00f6rper oxydierte, sondern im Gegenteil sogar zu einem sauerstofffreien unges\u00e4ttigten Kohlenwasserstoff reduziert w\u00fcrde. Nun ist aber bekannt, da\u00df sich Stilben beim Erhitzen von Diphenyl\u00e4thanol (Stilbenhydrat) C,H6-CH2~CH(OH)-C,H, mit Schwefels\u00e4ure durch Wasserabspaltung bildet. Dieser ^ organg d\u00fcrfte auch hier durch den Kontakt mit der S\u00e4ure w\u00e4hrend der langdauernden Destillation stattgefunden haben, und das Stilben als sekund\u00e4re Bildung aufzufassen sein, w\u00e4hrend tats\u00e4chlich im Organismus eine Oxydation des Dibenzyls zu Stilbenhydrat erfolgt ist:","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"Ernst Sieburg and Erich Harloff,\nC.H.-UH, C.H.-CH,\nI -------------------------------\u25ba\t|\nC,H,-CHH\nC,H6-CH,\tC,H,-CH(OH)\nBi benzyl\tStilbenhydrat\n(Diphenyl&thanol)\n\u25ba\nDer Angriff f\u00fcr die Oxydation ist hier, wo der Organismus die Wahl zwischen endst\u00e4ndigen Phenyl- und mittel-st\u00e4ndigen Athylresten hat, am aliphatischen Komplex erfolgt. Beim Diphenyl 0eH6-CeH, mu\u00df, wie Klingenberg') in unserm Institut zeigte, der Organismus vor der Paarung am aromatischen Komplex, unter Umwandlung in p-Oxy-diphenvl angreifen.\nHydrobenzoin, D e s o x y be n z o i n, Benzoin,\nB e n z i 1.\nDie Ausf\u00fchrung der Versuche mit diesen vier Substanzen, die einzeln durchpi obiert wurden, war die gleiche, wie auch das Itesultat \u00fcberraschenderweise das gleiche war, d. h. die Tiere schieden die verschiedenen Verbindungen unter Umwandlung in den n\u00e4mlichen Paarling an Qlykurons\u00e4ure gebunden aus. Nur die Dauer der Ausscheidung schien, nach der Intensit\u00e4t der Naphtoresorcinreaktion zu urteilen, verschieden zu sein; bei den leichter in \u00d6l l\u00f6slichen Desoxyben-zoin und Benzil hatte sie in etwa 24 Stunden den H\u00f6hepunkt erreicht, w\u00e4hrend hei Benzoin und dem sehr schwer l\u00f6slichen Hydrobenzoin der Ham 2-3 Tage lang Glykuronausscheidung\nzeigte.\nF\u00fcr jede Substanz wurde nat\u00fcrlich ein besonderes Tier benutzt von 1\u20143 kg Gewicht. Die Versuchsperiode betrug jedesmal 5 Tage. Nach der Injektion von 1 g Substanz in 10 ccm \u00d6l wurde am n\u00e4chsten Tage dieselbe Menge noch eit mal gegeben und der Harn bis zum Ende der Versuchs-\n') K. Klingenberg, Studien Ober Oxydationen aromatischer Substanzen im tierischen Organismus. Inaug. Dissert., Rostock 1891.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":".Stadien \u00fcber das Verhalten von Substanzen der Dibenzylreihe usw. 201\ndauer sorgf\u00e4ltig gesammelt. Die Tiere vertrugen die Einspritzungen ohne St\u00f6rung.\nNachdem festgestellt war, da\u00df sich nach dem Ans\u00e4uern der filtrierten Harne keine der dargereichten Substanzen unver\u00e4ndert oder auch als Um Wandlungsprodukt irgendwelcher Art mit \u00c4ther aussch\u00fctteln lie\u00df, wurde der Glykuronpaarling auf dieselbe Weise isoliert wie beim Dibenzyl, die sich auch hier ausgezeichnet bew\u00e4hrte. Der Harn wird wieder zu 5\u00b0/#\nschwefelsauer gemacht und stundenlang unter Einleiten von Wasserd\u00e4mpfen destilliert. Das ein wenig opaleszent getr\u00fcbte Destillat war mit vereinzelten wei\u00dflichen Partikelchen durchsetzt und von nicht unangenehmem aromatischen Gerucht etwas an Benzoe und Vanille erinnernd. \u00c4ther nimmt die Substanz leicht und v\u00f6llig aus dem Destillat auf und hinterl\u00e4\u00dft sie nach dem Entw\u00e4ssern der \u00e4therischen L\u00f6sung mit Natriumsulfat in Form langer, b\u00fcschelf\u00f6rmig angeordneter, ein wenig gelblich gef\u00e4rbter Nadeln, die nach mehrmaligem Umkristallisieren aus \u00c4ther bei 108\u2014109\u00b0 schmolzen. Kristallisiert man aus Benzol um, so erh\u00e4lt man v\u00f6llig farblose Kristalle vom konstanten Schmelzpunkt 114\u00b0. ln wundervoll zarten, \u00fcber 1 cm langen, seidengl\u00e4nzenden spitzen N\u00fcdelchen\nerh\u00e4lt man die Substauz, wenn man sie bei der W\u00e4rme des\n_______ >\nWasserbades zwischen zwei Sch\u00e4lchen sublimiert. Sie wurde als o-Benzylbenzoes\u00e4ure C,H6\u2014CH., \u2014 CeH4\u2014COOH erkannt.\nDiese S\u00e4ure l\u00f6st sich in kaltem Wasser nur wenig, besser in hei\u00dfem, sehr leicht in Alkohol, \u00c4ther, Chloroform und Benzol. Die hei\u00df ges\u00e4ttigte w\u00e4\u00dfrige L\u00f6sung reagiert gegen Lakmus schwach sauer, ver\u00e4ndert Kongorot aber nicht. Sie ist jedoch immerhin so stark dissoziiert, da\u00df sie nach einigem Stehen eine H\u00e4nioglobinl\u00f6sung in Meth\u00e4moglobin umwandelt. Die Alkalisalze sind leicht wasserl\u00f6slich. Ein Calciumsalz wurde in langen gl\u00e4nzenden Nadeln aus alkoholischer L\u00f6sung auf Zusatz von Calciumchlorid erhalten. Das Silbersalz f\u00e4llt als wei\u00dfer flockiger Niederschlag beim Versetzen des Ammonium-Salzes mit Silbernitratl\u00f6sung aus; es ist in Wasser fast unl\u00f6slich und f\u00e4rbt sich am Licht langsam dunkel.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"\u00d402\nErnst Siebarg and Erich Harloff,\nVon einer Ermittelung der elementaren Zusammensetzung wurde abgesehen, da sie kaum eine zuverl\u00e4ssige Unterlage f\u00fcr die Beurteilung geboten h\u00e4tte. Denn Benzylbenzoes\u00e4ure ist mit Benzoin isomer und unterscheidet sich von gewissen Verwandten nur unwesentlich in der elementaren Zusammensetzung. Es gelang aber au\u00dfer durch den Schmelzpunkt noch anderweitig den Beweis zu erbringen, da\u00df Benzylbenzoes\u00e4ure vorlag, und zwar o-Benzylbenzoes\u00e4ure. Wenn man n\u00e4mlich etwas von der fraglichen Substanz mit konz. Schwefels\u00e4ure einige Stunden im siedenden Wasserbade h\u00e4lt und dann nach dem Verd\u00fcnnen mit Wasser mit warmem Benzol auszieht, so erh\u00e4lt man bei 155\u00b0 schmelzende N\u00fcdelchen von Anthranol, die sich in der K\u00e4lte nur wenig in verd\u00fcnnten Alkalien l\u00f6sen, ziemlich gut aber in der Siedehitze unter Gelbf\u00e4rbung. Die alkalische L\u00f6sung gibt mit diazotierter Sulfanils\u00e4ure einen violetten Azofarbstoff. Von den drei bekannten Benzylbenzoes\u00e4uren l\u00e4\u00dft sich nur die o-Verbindung in Anthranol \u00fcberf\u00fchren.\nAu\u00dferhalb des Tierk\u00f6rpers lassen sich unsere vier Substanzen durch einfache Reduktionen bzw. Oxydationen ineinander \u00fcberf\u00fchren. Im Organismus des Kaninchens gehen sie in o-Benzylbenzoes\u00e4ure \u00fcber:\nH,\nC.H6-CH(OH) H---CeH6\u2014CH(OH)\t-y CeH5-CO\n_\t6 1\t# veu,-vmvn\nDesoxybenzoin Hydrobenzoin\nBenzoin\nDabei handelt es sich bei Benzoin nur um eine intramolekulare Atomverschiebung, bei Desoxybenzoin und Hydro-benzoin au\u00dferdem um vorherige Oxydation, in ersterem Falle unter Sauerstoffaddition, im letzteren um Wegnahme von Wasserstoff. Der \u00dcbergang von Benzil in Benzylbenzoes\u00e4ure","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Stadien \u00fcber das Verhalten von Substanzen der Dibenzylreihe usw. 203\nstellt sich in seinem Endergebnis als ein Keduktionsvorgang dar. Ob nicht bei dem Verhalten der vier verschiedenen Typen im Tierk\u00f6rper insofern ein einheitlicher Proze\u00df vorliegt, als das Desoxybenzoin und Hydrobenzoin durch Oxydation, das Benzil durch Reduktion zun\u00e4chst in Benzoin \u00fcbergeht und dieses dann die Umlagerung erleidet, l\u00e4\u00dft sich in den vorgenommenen Untersuchungen nicht entscheiden. Eine andere M\u00f6glichkeit kann auch darin erblickt werden, da\u00df die h\u00f6heren Oxydationsstufen zun\u00e4chst durch Reduktion in das verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gut l\u00f6sliche Desoxybenzoin und dies dann sekund\u00e4r unter Umlagerung zu* Benzylbenzoes\u00e4ure oxydiert wird. Die letztere M\u00f6glichkeit scheint uns insofern diskutabel, als Hydrobenzoin im Reagenzglas durch wasserentziehende Mittel unschwer eine intramolekulare Atom Verschiebung erleidet und sich in Diphenylacetaldehyd (CeH^CHCHO um wandelt. Freilich ist diese Atomverschiebung eine andere, denn hier lagern sich, genau wie beim Behandeln von Benzil mit \u00c4tzkali Benzil in Benzils\u00e4ure \u00fcbergeht, symmetrisch endst\u00e4ndige Phenylgruppen in asymmetrisch endst\u00e4ndige um, w\u00e4hrend in vorliegenden F\u00e4llen sich eine endst\u00e4ndige Phenylgruppe in eine aliphatische Kette einschiebt. Diese Tatsache scheint uns um so interessanter, als wir in der chemischen Literatur eine derartige Verschiebung von Radikalen bei unserer K\u00f6rperklasse durch chemische Eingriffe extra corpus nicht erw\u00e4hnt finden. Als zweiten Punkt m\u00f6chten wir noch als erw\u00e4hnenswert hervorheben, da\u00df der durch die Umlagerung mittelst\u00e4ndig gewordene Phenylrest den Benzylrest und die Carboxylgruppe in Ortho-Stellung zu\u00e9in-ander enth\u00e4lt, w\u00e4hrend bei einfachen Oxydationen aromatischer Reste der Angriff des Sauerstoffs gew\u00f6hnlich in Para-Stellung zu einem bereits vorhandenen Radikal erfolgt.\nBringt man in eine w\u00e4\u00dfrige L\u00f6sung der o-Benzylbenzoe-s\u00e4ure 0,01:100 Kaulquappen, so stellen diese alsbald ihre Bewegungen ein und erholen sich nur wieder, wenn man sie sofort nach erkennbarer Wirkung in frisches Wasser zur\u00fccksetzt. Bel\u00e4\u00dft man sie dagegen einige Stunden in der Giftl\u00f6sung, so tritt eine wei\u00dfliche An\u00e4tzung ein und eine Erholung erfolgt nicht mehr.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\tErnst Siebarg und Erich Harloff,\nDa\u00df es sich dabei aber nicht nur um eine S\u00e4urewirkung handelt, sondern um eine Wirkung des ganzen Molek\u00fcls, l\u00e4\u00dft die Tatsache, da\u00df auch die mit Natriumcarbonat sorgf\u00e4ltig neutralisierte L\u00f6sung der S\u00e4ure 1:10000 Kaulquappen innerhalb einiger Stunden t\u00f6tet, erkennen.\nFr\u00f6sche ertragen von der neutralisierten S\u00e4ure 0,1 g in 1 ccm in den Lymphsack gespritzt nicht mehr, sie gehen etwa innerhalb drei Stunden zu Grunde, ohne da\u00df die Sektion makroskopisch einen Befund bietet.\nDa die o-Benzylbenzoes\u00e4ure als Natriumsalz in einer Konzentration 1:10000 Kaulquappen t\u00f6tet und auch in Dosen von 0,1 g auf Fr\u00f6sche in kurzer Zeit t\u00f6dlich wirkt, ist sie als giftiger anzusehen als ihre Muttersubstanzen, und es wird verst\u00e4ndlich, warum der Organismus sie mit Glykurons\u00e4ure paart.\nDiese Benzylbenzolglykurons\u00e4ure wurde aus dem Harn eines Kaninchens, das Desoxybenzoin erhalten hatte, darzustellen versucht. Der mit Essigs\u00e4ure stark anges\u00e4uerte Harn wird mit Bleiacetat ausgef\u00e4llt, diese Bleifallung verworfen, und dann so lange mit basischem Bleiacetat versetzt, als noch ein Niederschlag entsteht. Nach dem Abfiltrieren wird dieser mit sehr verd\u00fcnntem Bleiessig gr\u00fcndlich ausgewaschen und in Wasser suspendiert mit Schwefelwasserstoff zerlegt. In dem sauer reagierenden Filtrat stumpft man die S\u00e4ure mit Ammoniak ab und konzentriert auf dem Wasserbade. Der sirup\u00f6se R\u00fcckstand wird nach dem Ans\u00e4uern mit viel \u00e4therhaltigem Alkohol aufgenommen und diese Fl\u00fcssigkeit bis auf ein geringes verjagt. Dann \u00fcberl\u00e4\u00dft man im Exsiccator der Kristallisation. Man erh\u00e4lt so selbst nach vielt\u00e4gigem Stehen eine noch gelblich gef\u00e4rbte sirupartige Masse, die mit unregelm\u00e4\u00dfig kubischen Kristallen durchsetzt ist, welch letztere an der Luft alsbald zerflie\u00dfen. 0,964 g der gr\u00f6\u00dften Kristalle ergaben zu 25 ccm Wasser gel\u00f6st im 200 mm-Rohr bei 20\u00ae eine Drehung von +3,15\u00b0.\nBringt man Kaulquappen in eine w\u00e4\u00dfrige L\u00f6sung von 1:300 der Benzylbenzoylglykurons\u00e4ure, so erscheinen die Tiere in den ersten 8 Stunden des Versuchs nicht beeinflu\u00dft ; l\u00e4\u00dft inan sie l\u00e4nger in der L\u00f6sung, so gehen allerdings einige von","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber das \\ erhalten you Substanzen der Dibenzylreihe usw. 205\nihnen zu Grunde, wohl infolge einer langsamen hydrolytischen Zerlegung der gepaarten S\u00e4ure.\nImmerhin erscheint uns das Ergebnis der Kaulquappen* versuche mit \u00dfenzylbenzoes\u00e4ure und Benzylbenzoylglykuron-s\u00e4ure eine Best\u00e4tigung der Auffassung, da\u00df in dem Vorgang der Glykuronpaarung in erster Linie ein Entgiftungsvorgang zu erblicken ist. Gewi\u00df mag in manchen F\u00e4llen zun\u00e4chst eine Schaffung anderer L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnisse in Betracht kommen, hier d\u00fcrfte eine solche aber eine untergeordnete Rolle spielen. Denn die Benzylbenzoes\u00e4ure ist an und f\u00fcr sich schon, und noch viel mehr in Form ihrer Alkalisalze, wasserl\u00f6slich und somit \u201eharnf\u00e4hig\u201c, aber, u. a. wohl weil noch zu stark dissoziiert, ein Protoplasmagift, und erst durch Glykuronpaarung verliert sie diese Eigenschaft.\nBenzils\u00e4ure.\n\u2022 \u00ab\nEinem Kaninchen von 850 g wurden 2 g Benzils\u00e4ure mit Natronlauge neutralisiert innerhalb 24 Stunden eingespritzt, und der Harn von vier Tagen gesammelt. S\u00e4uert man diesen mit Minerals\u00e4ure stark an, so fallt ein wei\u00dfer Niederschlag aus, der glatt in \u00c4ther \u00fcbergeht. Kristallisiert man den Atherr\u00fcckstand mehrmals aus Benzol und dann aus siedendem Wasser um, so restieren wei\u00dfe Nadeln, die bei 150\u00b0 schmelzen und mit konz. Schwefels\u00e4ure eine prachtvoll violettstichig rote Farbenreaktion geben, also unver\u00e4nderte Benzils\u00e4ure sind. Glykurons\u00e4urereaktionen gibt der Harn nach Darreichung dieser Substanz nicht, Benzils\u00e4ure verl\u00e4\u00dft den Kaninchenk\u00f6rper unver\u00e4ndert.\nWenn man im Reagenzglas Desoxybenzoin, Hydrobenzoin, Benzoin und Benzil und auch das Dibenzyl einer energischen Oxydation unterwirft, so erfolgt in allen F\u00e4llen einer Aufhebung der Bindung in der Mitte des Molek\u00fcls unter \u00dcbergang in Benzoes\u00e4ure. Ein \u00e4hnlicher Vorgang wurde auch bei der Passage durch den Kaninchenorganismus erwartet. Die Ergebnisse der Versuche entt\u00e4uschten diese Erwartung. Es wurde stets versucht, aus den jeweiligen Harnportionen Benzoes\u00e4ure auszusch\u00fctteln und in den Destillaten solche, wenn auch nur","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206 Sieburg und Harloff, Studien \u00fcber das Verhalten usw.\nspurweise, zu ermitteln, was niemals gelang. Die mittelst\u00e4ndige aliphatische Gruppe verh\u00e4lt sich im Organismus also einer oxydativen Sprengung gegen\u00fcber viel resistenter als im Reagenzglas. \u2014 Eine zweite gewisse Entt\u00e4uschung kann man vielleicht darin erblicken, da\u00df sich unsere Substanzen beim Warmbl\u00fcter als Narkotika ganz indifferent erwiesen im Gegensatz zu ihrem starken narkotischen Effekt bei den Froschlarven, der hierbei den mancher therapeutisch verwerteten weit \u00fcbertrifft. Einen Hinweis f\u00fcr den Grund dieser Tatsache scheinen uns die Versuche am Kaninchen insofern zu ergeben, als sie eine Umwandlung mit darauffolgender Paarung zeigen. Es m\u00fc\u00dft * demnach diese Ver\u00e4nderung sofort nach der Resorption ersetzen und sofort quantitativ vor sich gehen, so da\u00df keine M\u00f6glichkeit gegeben w\u00e4re, da\u00df unver\u00e4nderte Substanz durch den Kreislauf den nerv\u00f6sen Organen zugef\u00fchrt w\u00fcrde.","page":206}],"identifier":"lit20826","issued":"1919-20","language":"de","pages":"195-206","startpages":"195","title":"Studien \u00fcber das Verhalten von Substanzen der Dibenzylreihe (Dibenzyl, Hydrobenzoin, Desoxybenzoin, Benzoin, Benzil, Benzils\u00e4ure) im Organismus","type":"Journal Article","volume":"108"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:51:05.190548+00:00"}

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