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Über die schädigende Wirkung der Kohlensäure auf rote Blutkörperchen

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{"created":"2022-01-31T14:55:03.312215+00:00","id":"lit20833","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Patzschke, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 109: 1-11","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure auf rote\nBlutk\u00f6rperchen.\nVon\nW. PatzHclike.\nAii' \u00bblern Physiologischen Institui der Universit\u00e4t Hamburg (Allgemeines Krankenhaus\nIfamburg-Eppendorf].)\n(l\u00bber Redaktion zugegangon am 1\u00ab. November lf\u00fcu\nEs ist eine bekannte Tatsache, da\u00df gewisse Gifte im K\u00f6rper sich anders verhalten, als man es nach ihrer Einwirkung auf Blutk\u00f6rperchen im Experiment erwarten sollte. Eine Verst\u00e4rkung von h\u00e4molytischen und meth\u00e4moglobinbildenden Giften erzielt man zuweilen durch die Kohlens\u00e4ure. So fand v. Me rin g bei Untersuchungen der Wirkung des chlorsauren Kali, da\u00df mit Kohlens\u00e4ure ges\u00e4ttigtes Blut viel rascher und st\u00e4rker Meth\u00e4moglobin bildet, als arterielles. Dies gilt alter nicht nur f\u00fcr das chlorsaure Kali, sondern f\u00fcr fast alle meth\u00e4moglobinbildenden Gifte. Nach Kobert unterscheidet man als Meth\u00e4moglobinbildner : Salze, oxydierende, reduzierende Substanzen und solche, die in keine der genannten Gruppen passen. Da aber die Salze sowohl reduzieren als auch oxydieren und bei der Meth\u00e4moglobinbildung der Reduktion stets eine Oxydation folgt, so ist es praktischer, sie einzuteilen in anorganische und organische Meth\u00e4moglobinbildner, denen eine prim\u00e4re Oxydation und eine nach erfolgter Reduktion stattfindende Aktivierung des aufgenommenen Sauerstoffs gemeinsam ist.\nA. Anorganische Meth\u00e4moglobinbildner.\nUntersucht wurde zun\u00e4chst das chlorsaure Kali, das nach der von uns gew\u00e4hlten Versuchsanordnung in bei weitem\nHoppe-Soylei\u2019s Zeitschrift f. physiol, Chemie. C1X.\ti","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nW. Patzsclike,\nst\u00e4rkeren Ma\u00dfe wirkt, als man nach den v. Meringschen Resultaten erwarten sollte.\n/\nYersuchsanordnung:\nVerwendet wurde defibriniertes Menschenblut in 5% Aufschwemmung, das nicht \u00e4lter als 2 Tage war. Zu 1,0 ccm dieser Blutaufschwemmung wurden von einer bestimmten L\u00f6sung fallende Mengen (1,0 bis 0,1 ccm) hinzugef\u00fcgt. Die Kohlens\u00e4ure wurde aus dem Kippschen Apparat vor Zusatz der Salzl\u00f6sungen nicht l\u00e4nger als 5 Sekunden vorsichtig eingeleitet, die Versuchsreihen im Brutschrank bis zu 6 Stunden beobachtet. Die Blutver\u00e4nderungen waren so, da\u00df schon makroskopisch Meth\u00e4moglobinbildung festzustellen war. Dies geschah au\u00dferdem noch spektroskopisch.\nIa. 5% Blut 5% KCI0.,\n1,0 4- 1,0 =\n1,0\t-f- 0,5 \u2014\n1.0\t0,o\t~\n1.0\t-f 0.1 -\nnach 30 Minuten unver\u00e4ndert.\nNach Verlauf von 2 Stunden ist das Blut bis zum 3. R\u00f6hrchen dunkelbraun gef\u00e4rbt, im 4. R\u00f6hrchen (0,1 ccm) eine Spur br\u00e4unlich. Spektroskopisch Meth\u00e4moglobin nachweisbar. Bei Zimmertemperatur war nach 4 Stunden noch keine Ver\u00e4nderung ein-getreten.\nlb. 5% C03 Blut 5\u00b0/0 KC10.,\n1,0\t-f- 1,0 \u2014 nach 5 Minuten Braunf\u00e4rbung\n1,0\t4 0,5 = \u201e 5\t\u201e\n1,0\t+ 0,3 = \u201e 5\t,\n1,0\t-f 0,1 = Braunf\u00e4rbung abnehmend.\nNach 30 Minuten kaffeebraune F\u00e4rbung. Meth\u00e4moglobin spektroskopisch stark positiv.\n5% Blut 1% KClOg 1,0 + 1.0=1\n1,0\t4 0,5 =\n1,0\t4- 0,3 =\nnach 2 Stunden unver\u00e4ndert.\n1,0\t4- 0,1 =\nNach 4 Stunden bis zum 3. R\u00f6hrchen r\u00f6tlichbraune Verf\u00e4rbung, nach weiteren 2 Stunden keine Ver\u00e4nderung mehr. Im 4. R\u00f6hrchen auch spektroskopisch Meth\u00e4moglobin negativ.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure usw.\t3\n2h. 5% CO, Blut 1% KCIO,\n1,0\t-|~ 1,0 = nach 10 Minuten br\u00e4unlich\n1,0\t+ 0,5 =\t,\t10\t,\n1,0\t4\" 0,3 = schwach br\u00e4unlich\n1,0 + 0,1 = ,\nNach 30 Minuten kaffeebraune F\u00e4rbung, nach unten zu mehr kastanienbraun. Nach 2 Stunden gr\u00fcnlichschwarze Verf\u00e4rbung in allen R\u00f6hrchen. Nach 4 Stunden hat sich ein festhaftender Bodensatz von zusammengebackenen Blutk\u00f6rperchen gebildet bis zum 3. R\u00f6hrchen. Meth\u00e4moglobin und H\u00e4matin 44.\n3a. Versetzt man arterielles Blut mit einer 1 %0igenKC103-L\u00f6sung, so gelingt es nach 6 st\u00e4ndigem Aufenthalt der R\u00f6hrchen im Brutschrank nicht, eine Meth\u00e4moglobinbildung zu erzielen, dagegen mit ven\u00f6sem Blut in kurzer Zeit:\n3b. 5% Blut l\u00b0/oo KClOj\n1,0 -(-\u2022 1,0 = I nach 30 Minuten kastanien-1,0 4 0,5 = j braune F\u00e4rbung\nNach 2 Stunden kaffeebraune bis rotbraune F\u00e4rbung. 0,1* ist unver\u00e4ndert. Nach \u00f6 Stunden ist beim 1. und 2. R\u00f6hrchen der Bodensatz fest agglutiniert, das 3. R\u00f6hrchen dunkelbraun, das 4. R\u00f6hrchen Spur br\u00e4unlich.\nDie Kohlens\u00e4ure-Blut*Kontrollen waren auch bei 2 maligem Einleiten von Kohlens\u00e4ure (5 Sekunden lang) nach 6st\u00e4ndigem Aufenthalt im Brutschrank negativ auf Meth\u00e4moglobin.\nBei Einwirkung auf eine nicht weiter behandelte, d. h. wesentlich Oxyh\u00e4moglobin enthaltende Blutaufschwemmung bildet also im Brutschrank eine l\u00b0/0ige Kalichloricum-L\u00f6sung (bis 0,1 ccm herab) erst nach 4 Stunden Meth\u00e4moglobin, w\u00e4hrend dies mit kohlens\u00e4urehaltigem Blut bereits nach 10 Minuten geschieht. In diesen R\u00f6hrchen setzt sich oft schon nach 2\u20143 Stunden eine siegellackf\u00f6rmige Kuppe von zusammengeballten Blutk\u00f6rperchen so fest ab, da\u00df es auch bei starkem Sch\u00fctteln nicht gelingt, sie wieder zu l\u00f6sen. Dar\u00fcber befindet sich eine klare Schicht des vei d\u00fcnnten Serums, in der nicht nur Meth\u00e4moglobin, sondern auch H\u00e4matin spektroskopisch","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nW. Patzschke.\nnachweisbar ist. Durch Zusatz einer 1 %0 igen L\u00f6sung von Kali-chloricum wird arterielles Blut nicht mehr ver\u00e4ndert. Dagegen tritt bei kohlens\u00e4urehaltigem Blut sp\u00e4testens nach einer halben Stunde eine mehr oder minder starke Meth\u00e4moglobinbildung ein.\nVergleichende Betrachtungen f\u00fchren zu dem Ergebnis, da\u00df durch die Kohlens\u00e4ure etwa eine Verst\u00e4rkung um da* 50\u2014lOOfache stattfindet. Wiederholtes Einleiten von Kohlens\u00e4ure beschleunigt den Ablauf der Reaktion erheblich.\nEinflu\u00df der Temperatur.\nStellt man die R\u00f6hrchen bei h\u00f6heren Temperaturen auf, so erzielt man nach Zusatz von chlorsaurem Kali eine Beschleunigung keine Verst\u00e4rkung selbst. Es ist bemerkenswert, da\u00df schon durch Erh\u00f6hung um wenige Grade ein bedeutender Unterschied konstatiert werden kann. Untersucht wurde bei 20\u00ae, o6\u00b0 und 42\u00b0C. Die Fl\u00fcssigkeiten waren vorgew\u00e4rmt. Dabei ergaben sich folgende Unterschiede:\n42\" CO,. Blut l\u00b0/0 KC10.,\n1.0\t4- 1,0 = Braunf\u00e4rbung nach 2 Minuten\n1.0\t+ 0,5 =\n1,0 -J- 0,3 = r\ty \u201e\n1,0\t+ 0.1 =\t-\t\u201e 10 15 Minuten\n37\" CO, Blut 1% KC10,\n1,0\t-j- 1,0 = Braunf\u00e4rbung nach 10 15Minuten\n1.0\t+\t0,5\t-\n1.0\t+\t0.3\t=r\t.\t\u201e\ty\n1.0\t+\t0,1\t=\t,\t\u201e\tca.\t30\t,\n20\" CO, Blut 1% KC103\n1.0\t1,0 =: Braunf\u00e4fbungnach25 30 Minuten\n1.0\t4-\t0,5\t=\t\u201e\t\u00ab\t|\t\u201e\n1.0\t4- 0,3 -\t\u201e y\n1.0\t-j- 0,1 \u2014\t.\t. 45 Minuten.\nBei 42\u00b0 tritt bei gro\u00dfen Dosen von Kalichloricum eint* Meth\u00e4moglobinbildung fast sofort ein, im Brutschrank bei 37\u00b0\n') Buter \\ erst\u00e4rkung verstehe ich den Einflu\u00df der Erscheinungen bei Herabsetzung der wirksamen Dosis, unter Beschleunigung nur den rascheren Eintritt.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"( bn di\u00ab* sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure usw.\nnach 10\u201415 Minuten. \u00c4hnliche Resultate wie mit dem chlor-sauren Kali erh\u00e4lt man auch mit dem ebenfalls gepr\u00fcften Chlors\u00e4uren Natrium.\nVersuche mit Natriumnitrit.\nDas Natriumnitrit, das nach Ansicht der modernen Chemie inaktiven Sauerstoff an sich rei\u00dft und ihn aktiv wieder ah-gibt, geh\u00f6rt zu der zweiten meth\u00e4moglobinbildenden Gruppe, hei der nach stattgefundener Reduktion eine Oxydation erfolgt. Wenn auch praktisch ohne besondere Bedeutung, so f\u00fchre ich \u2022*s mit an, weil es die Verst\u00e4rkung der Meth\u00e4moglobinbildungen durch Kohlens\u00e4ure in fast noch sch\u00f6nerer Weise als das chlor-\"rture Kali zeigt. Ein Protokoll m\u00f6ge dies kurz erl\u00e4utern.\n\u2022'>\"/\u201e Blut NaNO, 1:10000\nnach 1 Stunde Spur br\u00e4unlich, nach 6 Stunden braunrot schwach br\u00e4unlich\n| unver\u00e4ndert.\n\u2022V\u2019o CO, Blut NaNOa 1:10000 nach\t1\u20143 Minuten\tkaffeebraun\n,\t1-3\t,\n,\t1-3\t,\n1\u20143.\t\u201e\tbraunrot.\nArterielles Blut weist erst nach 0 Stunden eine V er*: \u00e4nderung beim 1. R\u00f6hrchen (schwach braunrote F\u00e4rbung) auf. Mit ven\u00f6sem Blut findet bei derselben Dosierung eine Braun-l\u00e4rbung der Blutk\u00f6rperchen schon nach 3\u20145 Minuten bis zum 4. R\u00f6hrchen herab statt. Selbst bei einer Verd\u00fcnnung 1 : lOOOOo ist mit ven\u00f6sem Blut Meth\u00e4moglobin nach einer halben Stunde bis zum 2. R\u00f6hrchen nachweisbar (Zusatz von 0,5 ccm). \u00c4hnlich verh\u00e4lt sich Kaliumnitrit.\nB. Organische Meth\u00e4moglobinbildner.\nViel geringer ist die Wirkung der Kohlens\u00e4ure bei der Metli\u00e4moglobinbildung durch Pyrogalluss\u00e4ure. Hier tritt bei Verwendung einer 1%- oder l%0igen L\u00f6sung von Pyrogallol auf ven\u00f6ses Blut die Braunf\u00e4rbung nur mehrere Minuten fr\u00fcher\n1.0\t-r 1,0 ^\n1.0\t+ 0,5 =\n1.0\t+ 0.3 =\n1.0\t4- 0.1 =\n1.0\tr 0,1 \u2014\n1.0\t0,5\t\u2014\n1.0\t~j- 0,3 =\n1.0\t4- 0,1","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nW. Patzsclike,\nein. Eine Verst\u00e4rkung findet nur um einige R\u00f6hrchen statt. Interessanter sind in vieler Hinsicht die Versuche mit Anilin und Nitrobenzol. Verwendet man eine 27a%ige L\u00f6sung in physiologischer Kochsalzl\u00f6sung, so zeigt sich bei kohlens\u00e4urehaltigem Blute eine langsam eintretende H\u00e4molyse, die nach I2 1 Stunde total ist, bis zu Dosen von 0,3 ccm herab, bei der Kontrolle ohne Kohlens\u00e4ure dagegen eine Nachl\u00f6sung erst nach 4\u20146 Stunden.\nGanz andere Resultate bekommen wir jedoch, wenn wir eine 1\u00b0 0ige L\u00f6sung von Anilin aufs Blut einwirken lassen:\n5% Blut 1% Anilin 1,0 -f 1,0 =\n1,0\t+ 0,5 =\n1,0\t-{- 0,3 =\n1,0 + 0,1 =\nnach 12 Stunden unver\u00e4ndert.\nCU Blut 5% 1% Amlin\n1,0 + 10 = \u2019 1.0 -f 0,5 =\n1.0\t-1- 0,3 ^\n1.0\t-f- 0.1 \u2014\nnach 2\u20144 Stunden nach 2\u20143maligem Einleiten von C02 eine Braunf\u00e4rbuiig Spekt roskopisch Meth\u00e4moglobin-f 4. Kontrolle 0.\nSauerstoffhaltiges Blut ist nach 12 Stunden vollkommen unver\u00e4ndert, das kohlens\u00e4urehaltige hat Meth\u00e4moglobin bi> 0,1 ccm herab gebildet. \u00c4hnlich verh\u00e4lt sich Nitrobenzol, da> in physiologischer Kochsalzl\u00f6sung fast unl\u00f6slich ist. Eine f /o ige Emulsion von Nitrobenzol in Kochsalzl\u00f6sung l\u00f6st ven\u00f6se'* Blut nach 7,-1 Stunde, arterielles Blut nach ungef\u00e4hr 6 Stunden bis zu Dosen von 0,5 ccm herab. Die l\u00fc/0(lige Emulsion verwandelt die sauerstoffhaltigen Blutk\u00f6rperchen nicht, w\u00e4hrend es mit ven\u00f6sem Blut nach 10\u201412 Stunden gelingt, eine Met-h\u00e4moglobinbildung bis 0,1 ccm herab zu erzielen, ja sogar noch bei einer Verd\u00fcnnung von 1: 10000 bis 0,5 ccm herab. Die Kohlens\u00e4urekontrollen ohne Nitrobenzolzusatz waren nat\u00fcrlich negativ.\n5\u00b0/0 Blut Nitrobenzol 1 \u00b0,tM)\n1.0 + 1,0 =\n1,0\t0,5 \u2014 nach 12 Stunden keine Ver\u00e4nderung.\n1.0\t+ 0,3 =\tMeth\u00e4moglobin spektroskopisch 0.\n1.0\t+ 0,1 =","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure usw.\n7\nCO, Blut 5*/0 Nitrobenzol l\u00b0/0\n1,0 + 1,0 = '\n1,0 -f 0,5 = nach 12 Stunden kaffeebraune F\u00e4rbung. 1,0 + 0,3 = Spektroskopisch Meth\u00e4moglobin-f -f 1,0 + 0,1 =\nEbensowenig wie beim Anilin ist es beim Nitrobenzol bisher gelungen, im Reagenzglas an Menschen-Blutk\u00f6rperchen ohne C02 eine Meth\u00e4moglobinbildung hervorzurufen. Diese Versuche machen es wahrscheinlich, da\u00df bei Einwirkung dieser Gifte im Organismus die Kohlens\u00e4ure eine Umwandlung in Meth\u00e4moglobin bedingt, das dann weiter zu H\u00e4matin ab-\u00abrebaut wird.\nErkl\u00e4rung der Kohlcns\u00e4urewirkung.\nDer Gedanke liegt nahe, anzunehmen, da\u00df es sich bei der Kohlens\u00e4urewirkung um eine einfache Wirkung der S\u00e4ure handle. Dann m\u00fc\u00dften aber so geringe Mengen von S\u00e4uren, die an sich keine Ver\u00e4nderungen an Blutk\u00f6rperchen hervor-rufen, eine \u00e4hnliche Verst\u00e4rkung machen, wie die mit Kohlens\u00e4ure beladenen Blutk\u00f6rperchen bei Zusatz von meth\u00e4moglobin-bildenden Giften. Das ist aber nicht der Fall. Mehr Aufschlu\u00df scheinen uns die physiologisch-chemischen Arbeiten von Hamburger, H\u00f6ber und anderen zu geben. Sie fanden, da\u00df die roten Blutk\u00f6rperchen durch Kohlens\u00e4ure elektrisch umgeladen und dadurch f\u00fcr bestimmte Anionen durchg\u00e4ngig gemacht werden. Wollte man diese Theorie auf obige Versuche an-wenden. so w\u00fcrde das bedeuten, da\u00df auch Anionen unserer L\u00f6sungen in die kohlens\u00e4urehaltigen Blutk\u00f6rperchen eindringen und Meth\u00e4moglobin bilden. Die Versuche, die ich hierauf aus-gof\u00fchrt habe, sprechen daf\u00fcr, da\u00df eine lockere Bindung von malzen nur au den mit Kohlens\u00e4ure beladenen Blutk\u00f6rperchen stattfindet. Blutk\u00f6rperchen in 5\u00b0/0iger Aufschwemmung wurden mit gleichen Teilen einer 1 \u00b0, 00 igen L\u00f6sung von Kalichloricum versetzt und auf G R\u00f6hrchen zu 20 ccm verteilt im Brutschrank 15 Minuten stehen gelassen. Eine l%oige Kalichloricuml\u00f6sung w\u00e4hlte ich deshalb, weil sie arterielles Blut, wie obige Versuche dartun, \u00fcberhaupt nicht mehr ver\u00e4ndert, bei ven\u00f6sem erst nach 30 Minuten eine beginnende Meth\u00e4moglobinbildung","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nW. Patzsohke,\neintritt. Ich leitete nun in 3 R\u00f6hrchen Kohlens\u00e4ure ein. lieh s*e 5, 10 und 15 Minuten im Brutschrank einwirken und wusch nach dieser Zeit das arterielle sowie das ven\u00f6se Blut dreimal mit physiologischer Kochsalzl\u00f6sung, wodurch also die Kali-chloricuml\u00f6sung durch reine physiologische Kochsalzl\u00f6sung ersetzt wurde. Die jetzt vorgenommene spektroskopische Untersuchung ergab noch keinen Meth\u00e4moglobinstreifen. Jetzt leitete ich in alle R\u00f6hrchen Kohlens\u00e4ure ein mit dem Erfolg da\u00df nach mehrst\u00fcndigem Aufenthalt im Brutschr\u00e4nke in den 3 zuerst mit Kohlens\u00e4ure behandelten R\u00f6hrchen spektroskopisch Meth\u00e4moglobin nachweisbar war, in den arteriellen jedoch nicht. Nach diesem sp\u00e4ter wiederholten Versuch, der zu demselben Ergebnis f\u00fchrte, d\u00fcrfen wir annehmen, da\u00df durch die Kohlens\u00e4ure eine lockere Bindung der Salze an den Blutk\u00f6rperchen statttindet.\nEs erhob sich nun die weitere Frage, ob die Kohlens\u00e4urt an den Blutk\u00f6rperchen oder dem H\u00e4moglobin selbst Ver\u00e4nde-l ungen hervorruft. Zu diesem Zwecke untersuchte ich zun\u00e4chst mit destilliertem Wasser gel\u00f6stes Blut. Es verhielt sich gegen\u00fcber chlorsaurem Kali genau so wie Blutk\u00f6rperchen in physiologischer Aufschwemmung. Au\u00dferdem pr\u00fcfte ich noch H\u00e4moglobinl\u00f6sungen, die fast ganz von Stroma und Verunreinigungei', befreit waren, nach einer Methode von Schulz1). Mehrmals gewaschene Menschenblutk\u00f6rperchen wurden mit der 3fachen Menge destillierten Wassers gel\u00f6st und mit der gleichen Mengt ges\u00e4ttigter Ammoniumsulfatl\u00f6sung versetzt. Aus dieser L\u00f6sung schieden sich nach einiger Zeit H\u00e4moglobinkristalle aus. Dicst l\u00f6ste ich wieder und kristallisierte sie zweimal in der gleiche! Weise durch Zusatz von Ammoniumsulfatl\u00f6sung um. Dadurch wird jedenfalls der gr\u00f6\u00dfte Teil des Stromas und anderer Eiwei\u00dfstoffe entfernt. Trotzdem fand ich wieder dieselben Resultate, d. h. die kohlens\u00e4urehaltige H\u00e4moglobinl\u00f6sung bildete nach derselben Zeit wie die kohlens\u00e4urehaltige Blutk\u00f6rperchenaufschwemmung durch Kalichloricum bedingtes Meth\u00e4moglobin\nDiesen Versuch wiederholte ich mit Waschblut, das mit\n0 Zitiert aus: Chemie der Eiwei\u00dfk\u00f6rper von Prof. Colin he im H\u00bbll. 8t. 357.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure u&w.\ndestilliertem Wasser gel\u00f6st wurde und das ich in dem Kutscher-Steudelschen Ather-Extraktionsapparat \u00fcber 1 Stunde von lipoidl\u00f6slichen Substanzen befreite. Auch hier trat nach Einleiten von Kohlens\u00e4ure in die mit l%iger Kalichloricuml\u00f6sung beschickten R\u00f6hrchen eine Meth\u00e4moglobinbildung ein, die demnach nicht an die Anwesenheit des Stromas gekn\u00fcpft sein kann.\nEs ist also sehr wahrscheinlich, da\u00df die Kohlens\u00e4ure am H\u00e4moglobin selbst Ver\u00e4nderungen hervorruft und nicht am Stroma der Blutk\u00f6rperchen, da sich Blutk\u00f6rperchenaufschwemmungen, gel\u00f6stes Blut sowie H\u00e4moglobinl\u00f6sungen gleich verhalten. Da\u00df \u00fcbrigens die Kohlens\u00e4ure bei der Sauerst offbindun g des Blutes eine Rolle spielt, ist schon seit den Arbeiten von \u00f6arcroft bekannt. Erw\u00e4hnt sei noch, da\u00df Einleiten von Wasserstoft oder Stickstoff an Stelle der Kohlens\u00e4ure zu einer Meth\u00e4moglobinbildung nicht f\u00fchrt, d. h. wir haben es nicht mit einem auf Reduktion beruhenden Vorgang zu tun.\nAlle angestellten Versuche zeigen uns, da\u00df wir in den ven\u00f6sen Blutk\u00f6rperchen labile, gegen\u00fcber gewissen Sch\u00e4dlichkeiten wenig widerstandsf\u00e4hige Zellen vor uns haben, im Gegensatz zu den sauerstoffhaltigen K\u00f6rperchen.\nVorhalten von Kohlens\u00e4ure und sauerstoffhaltigen roten illur-k\u00f6rpeielien in hypotonischen und isotonischen L\u00f6sungen.\nIch pr\u00fcfte dann noch die Widerstandsf\u00e4higkeit der Blutk\u00f6rperchen in hypotonischen Kochsalzl\u00f6sungen und fand dabei, da\u00df ven\u00f6ses Blut bei viel h\u00f6herer Konzentration in L\u00f6sung geht, als arterielles. So werden in einer 0,6% igen Kochsalzl\u00f6sung Blutk\u00f6rperchen, in die wir 3 Sekunden Kohlens\u00e4ure eingeleitet hatten, schwach partiell, in einer 0,425%igen so-, fort ganz gel\u00f6st, w\u00e4hrend die sauerstoffhaltigen Blutk\u00f6rperchen erst bei einer Konzentration unter 0,45 % eine eben beginnende L\u00f6sung aufweisen. Mit schwachen Salzs\u00e4urel\u00f6sungen erzielt man \u00fcbrigens einen \u00e4hnlichen Effekt, bei Verwendung einer 0,5 % igen Kochsalzl\u00f6sung.\nIm Tierexperiment fanden wir obige Versuche best\u00e4tigt. Das aus der Vena jugularis einer Katze entnommene Blut wurde in einer 0,7% igen Kochsalzl\u00f6sung partiell gel\u00f6st, das aus der","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nW. Patzsckke,\nArt. carotis jedoch nicht. Sauerstoff sch\u00fctzt also die Blut-k\u00f6i perchen in hypotonischen Kochsalzl\u00f6sungen vor einer Aufl\u00f6sung, die Kohlens\u00e4ure bef\u00f6rdert sie. Demnach m\u00fc\u00dfte auch in einer physiologischen Aufschwemmung von Blut durch wiederholtes Einleiten von Sauerstoff ein Zugrundegehen der roten Blutk\u00f6rperchen verz\u00f6gert, durch die Kohlens\u00e4ure dagegen ein Absterben beschleunigt werden k\u00f6nnen. Dieses ist nun tats\u00e4chlich der Fall. Wir stellten, um schneller zum Ziele zu gelangen, mit gleichen Teilen physiologischer Kochsalzl\u00f6sungen versetztet defibriniertes Blut in 3 R\u00f6hrchen im Wasserbad bei 40 \u00b0C. auf und leiteten in das erste dauernd langsam Sauerstoff, in das zweite aus dem Kippschen Apparat Kohlens\u00e4ure so vorsichtig ein, da\u00df ein Sch\u00e4umen des Blutes vermieden wurde. Ein drittes R\u00f6hrchen diente uns als Kontrolle. Nach 8 Stunden war bei der mit Kohlens\u00e4ure ges\u00e4ttigten Aufschwemmung bereits eine H\u00e4molyse eingetreten, Meth\u00e4moglobin nicht nachweisbar, bei der mit Sauerstoff behandelten dagegen erst nach 30 Stunden, w\u00e4hrend die Kontrolle (defibriniertes arterielles Blut) nach 24 Stunden schwach h\u00e4molytisch wurde. Diese Schutzwirkung des Sauerstoffs gegen\u00fcber Blutk\u00f6rperchen ist auch praktisch zu verwerten, wenn es sich darum handelt, Blutaufschwemmungen bei hohen Temperaturen m\u00f6glichst lance gebrauchsf\u00e4hig zu erhalten.\nAus den \u00fcbereinstimmenden Resultaten, die wir mit kohlens\u00e4urebeladenen Blutk\u00f6rperchen und H\u00e4moglobinl\u00f6sungen, die last gauz vom Stroma befreit waren, erzielt haben, schlossen wir, da\u00df die Kohlens\u00e4ure am H\u00e4moglobin Ver\u00e4nderungen her-vorruft. Das Verhalten der mit Kohlens\u00e4ure behafteten Blutk\u00f6rperchen in hypotonischen Kochsalzl\u00f6sungen scheint dem zu widersprechen. Um diesen Widerspruch zu l\u00f6sen, m\u00fcssen wir annehmen, da\u00df das H\u00e4moglobin am Stroma nicht einfach mechanisch im Stroma enthalten ist, sondern da\u00df es mit dem Stroma sich in irgend einer chemischen Bindung befindet.\nZusammenfassung.\nNach Beagenzglasversuchen verst\u00e4rkt die Kohlens\u00e4ure die W iikung anorganischer meth\u00e4moglobinbildender Blutgifte um","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"( bei die sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure usw.\n11\ndas 50 -100fache. H\u00f6here Temperaturen beschleunigen den Eintritt der Reaktion bedeutend. Beim Anilin und Nitrobenzol k\u00f6nnen wir am menschlichen Blut \u00fcberhaupt erst durch Ein-!eiten der Kohlens\u00e4ure eine Meth\u00e4moglobinbildung im Reagenzglase beobachten. Diese Versuche machen es wahrscheinlich, da\u00df nur im ven\u00f6sen Kreislauf durch die Kohlens\u00e4ure gewisse \u2666\u00eeifte ihre Wirkung entfalten k\u00f6nnen. Sie geben uns zugleich \u2666dne Erkl\u00e4rung daf\u00fcr, da\u00df schon geringe Mengen dieser Substanzen gen\u00fcgen, um im K\u00f6rper Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Die Verst\u00e4rkung der Meth\u00e4moglobinbildung durch Kohlens\u00e4ui e l\u00e4\u00dft sich nicht nur an Blutk\u00f6rperchenaufschwemmungen, sondern auch an Blutk\u00f6rperchenl\u00f6sungen und H\u00e4moglobinl\u00f6sungen, die zum gr\u00f6\u00dften Teile vom Stroma befreit -ind, erzielen. Man kann also annehmen, da\u00df die Kohlens\u00e4ure am H\u00e4moglobin Ver\u00e4nderungen hervorruft, durch die eine Meth\u00e4moglobinbildung beg\u00fcnstigt wird.\nMit Kohlens\u00e4ure beladene Blutk\u00f6rperchen sind labile, Sch\u00e4dlichkeiten leicht zug\u00e4ngliche Zellen. Sauerstoff dagegen sch\u00fctzt, dauernd eingeleitet, die Blutk\u00f6rperchen ziemlich lange Zeit vor dem Untergang.\nLiteratur.\n*\u25a0 '*\u2022 v*\tDas cblorsaure Kali, seine physiologischen, toxischen\nmul therapeutischen Wirkungen. Berlin 1885.\nMarlis mul Friede mann. Biochcm. Zeitschr. Bd. 12 (1908).\n\u2022\u00ce. F. Sachs, ebenda.\n\u2022*.\t. f atzschk** und K. .1 uudas. \u00dcber die h\u00e4molytische Wirkung der\nKohlens\u00e4ure usw Zeitschr. f. Immunit\u00e4tsforsch. Bd. 2S (1919).\n\u00bb. Kobert. Lehrbuch der Intoxikationen.\n*\u00bb. Cohnheim, Chemie der Kiwci\u00dfk\u00f6rper.\n?. H\u00f6her. Physikalische Chemie der Zelle rtnd der Gewebe (1914;.\n<\\ Jon Barkroft. The dissociation curve of Blood. Journal of Phv* 39 (190910).\nHamburser, Zeitschr. f. Biologie Bd. 28. S. 405.","page":11}],"identifier":"lit20833","issued":"1920","language":"de","pages":"1-11","startpages":"1","title":"\u00dcber die sch\u00e4digende Wirkung der Kohlens\u00e4ure auf rote Blutk\u00f6rperchen","type":"Journal Article","volume":"109"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:55:03.312220+00:00"}

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