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{"created":"2022-01-31T14:51:39.481759+00:00","id":"lit20882","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Jess, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 110: 266-276","fulltext":[{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00e4uren der Linsenproteine.\nVon\nProf. Dr. A. Jess, Oberarzt der Univ.-Augenklinik zu Gie\u00dfen.\n(Ans dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Halle.) (Der Redaktion zugegangen am U. August 1920.)\nDie chemischen Ver\u00e4nderungen, welche in der Linse des Auges im Falle ihrer Tr\u00fcbung, der Starerkrankung, nachzuweisen sein d\u00fcrften, beanspruchen in hohem Ma\u00dfe das Interesse der Ophthalmologen. Ist doch zu hoffen, da\u00df auf diesem, bisher kaum begangenen Wege unser Verst\u00e4ndnis f\u00fcr die Entstehung des Stares in allen seinen verschiedenen Formen von ganz anderen Gesichtspunkten aus erweitert werden kann. Ich habe in fr\u00fcheren Arbeiten (\u201eZur Chemie der Cataracta senilis\u201c, Arch. f. Aghlk. Bd. 71, S. 3, und \u201eBeitr\u00e4ge zur Kenntnis der Chemie der normalen und der pathologisch ver\u00e4nderten Linse des Auges\u201c, Zeitschr. f. Biologie 1913) zun\u00e4chst den Nachweis gef\u00fchrt, da\u00df die sogenannte Cysteinreaktion, d. h. die Rotf\u00e4rbung mit Nitroprussidnatrium und Ammoniak, welche die meisten tierischen und viele pflanzlichen Eiwei\u00dfk\u00f6rper geben (Heffter1), Arnold* *), die in der normalen Linse au\u00dferordentlich intensiv ausf\u00e4llt, aber nach Rei\u00df *)4) Untersuchungen bei ihrer katarakt\u00f6sen Umwand-\n*) Heffter, Die reduzierenden Bestandteile der tierischen Organe, Med. naturw. Archiv Bd. 1. Ref. in: Jahresbericht \u00fcber die Fortschritte der Tierchemie Bd. 67, S. 565.\n*) Arnold, Eine Farbreaktion von Eiwei\u00dfk\u00f6rpern mit Nitroprussid* natrium, Diese Zeitschr. Bd. 70.\n*) Rei\u00df, \u00dcber die Cyateinreaktion der normalen und der patholo* gisch ver\u00e4nderten Linse, Graefes Arch. f. Ophthal. Bd. 80, S. 588.\n4) Rei\u00df, Die Bestimmung der Reife des Alterstares auf Grund biochemischer Reaktion der Linse, Arch. f. Aghlk. Bd. 72, S. 2.","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos&uren der Linsenproteine.\t267\nlung mehr oder weniger verschwindet, da\u00df diese Reaktion in der Hauptsache an das \u00df-Kristallin, in geringerem Ma\u00dfe an das ^-Kristallin gebunden ist, da\u00df sie aber bei 'der wasserunl\u00f6slichen Eiwei\u00dfart der Linse, dem sogenannten Albmnoid (M\u00f6rner1), v\u00f6llig fehlt. Es lag deshalb die Vermutung nahe, da\u00df eben der Verlust der wasserl\u00f6slichen \u201eKristalline\u201c mit der krankhaften Tr\u00fcbung der klaren Linsensubstanz Hand in Hand gehe, wobei es zun\u00e4chst offen blieb, ob mit einem Austritt dieser beiden Eiwei\u00dfk\u00f6rper aus der Linse oder vielleicht mit einer Umwandlung derselben in die unl\u00f6sliche Eiwei\u00dfart durch Abspaltung gewisser Bausteine zu rechnen sei. Durch sorgf\u00e4ltige quantitative Untersuchungen an zahlreichen einzelnen normalen und katarakt\u00f6sen Rinderlinsen konnte ich8) dann feststellen, da\u00df die w\u00e4hrend des ganzen Lebens gleichm\u00e4\u00dfig weiterwachsende Linse allm\u00e4hlich eine Verschiebung der Mengenverh\u00e4ltnisse der Eiwei\u00dfarten erkennen l\u00e4\u00dft. W\u00e4hrend in ganz jugendlichen Linsen die wasserl\u00f6slichen Proteine, also die beiden Kristalline, und das nur spurweise vorkommende Albumin (M\u00f6rner8) den Hauptteil des Gesamteiwei\u00dfes ausmachen, nimmt im Alter das Albumoid an Menge bedeutend zu. Das Verh\u00e4ltnis der Kristalline wechselt schon in der normalen Linse von 82 :18 in der Jugend bis zu 41 \u00ee 59 im Alter, oder auf das Linsengewicht berechnet: von 25,5% : \u00b0\u00bbb% bis zu 14,8% : 21,5 %. Anatomisch findet diese \u00c4nderung der chemischen Zusammensetzung ihren Ausdruck in der Linsensklerose, klinisch in dem Verlust der Akkomodationsf\u00e4higkeit, d. h. in der M\u00f6glichkeit, nach Entspannung der Zonulafasern die Linse sich der Kugelgestalt n\u00e4hern zu lassen und dadurch die Refraktion des Auges zu erh\u00f6hen, um ein deutliches Sehen auch in der N\u00e4he zu erzielen.\nBei katarakt\u00f6sen Linsen zeigte sich nun aber das Mengenverh\u00e4ltnis der l\u00f6slichen Eiwei\u00dfe zum Albumoid in noch viel st\u00e4rkerem Ma\u00dfe versch\u00f6ben und zwar bis auf 25:75. Dabei\n*) M\u00f6rner, Untersuchung der Proteinsnbstsnzen in den lichtbrechenden Medien des Auges I, Diese Zeitschr. Bd. 18, S. 61.\n*) 1. c.\n*) 1. c.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nA. Jess,\nhatten alle Linsen erheblich an Gewicht abgenommen infolge hochgradigen Wasaerverlustes und erheblicher Eiwei\u00dfabgabc, Diese letztere war jedoch nur auf Kosten der Kristalline erfolgt, w\u00e4hrend das Albumoid in der Mehrzahl der F\u00fclle sogar eine absolute Zunahme erfahren hatte, welche den Gedanken an die M\u00f6glichkeit einer Umwandlung der ersten Eiwei\u00dfarten in die letztere in der Tat nicht ganz unberechtigt er-scheinen lie\u00df.\nDa meine weiteren Untersuchungen ferner den Beweis lieferten, da\u00df der Gehalt an \u00e4therl\u00f6slichen Bestandteilen in der Starlinse keineswegs, wie fr\u00fcher vielfach angenommen wurde, vermehrt war, da\u00df von einer Verfettung der Linsensubstanz also keine Rede sein konnte, erschien es von ganz besonderer Wichtigkeit, die Kenntnis der von M\u00f6rner s. Zt. isolierten drei haupts\u00e4chlichen Eiwei\u00dfarten auf der Grundlage der modernen Eiwei\u00dfchemie zu f\u00f6rdern. Ich schlo\u00df meine damalige Arbeit deshalb mit den Worten:\n\u201eDie schwieligste, vom physiologisch-chemischen Standpunkt aber interessanteste Aufgabe bleibt, durch Aufspalten der Eiwei\u00dfarten nach der Kossel-Kutscherschen resp. Emil Fisch ersehen Methode in ihre Aminos\u00e4uren Unterschiede in ihrer Zusammensetzung festzustellen, welche den Vorgang einer Umwandlung der Kristalline in das Albumoid dem Verst\u00e4ndnis n\u00e4her bringen, nachdem durch meine fr\u00fcheren Untersuchungen bereits der Nachweis erbracht wurde, da\u00df eine Aminos\u00e4ure, das Cystein, nur in den Kristallinen, nicht im Albumoid vorhanden ist.\"\nDie Ausf\u00fchrung dieser Arbeit wurde durch den langen Krieg verhindert, nach seiner Beendigung durch die Schwierigkeiten der Materialbeschaffung erheblich verz\u00f6gert.\nHerr Geheimrat Abderhalden hat es mir in freundlichster Weise erm\u00f6glicht, die Aufspaltung der Eiwei\u00dfe in ihre Monoaminos\u00e4uren nach der Emil Fischerschen Methode an seinem Institut durchzuf\u00fchren. Ich bin ihm f\u00fcr sein liebensw\u00fcrdiges Entgegenkommen, f\u00fcr seine Unterst\u00fctzung und f\u00fcr sein Interesse an meiner Arbeit zu gro\u00dfem Dank verpflichtet. Ebenso danke ich seinen Assistenten, Herrn","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminostturen der Linaenproteine.\t269\nPrivatdozent Dr. F odor, f\u00fcr manche Ratschl\u00e4ge und Herrn Privatdozent Dr. Weil f\u00fcr seine freundliche Hilfe, welche mir die Einarbeit in die Methodik und die Durchf\u00fchrung der Arbeit trotz schwieriger \u00e4u\u00dferer Verh\u00e4ltnisse besonders erleichtert hat.\nUm gen\u00fcgende Mengen der drei Linseneiwei\u00dfarten zu erhalten, habe ich zun\u00e4chst in Gie\u00dfen aus etwa 3000 Rinderlinsen die drei haupts\u00e4chlichsten Proteine gewonnen. Die Sammlung einer solchen Menge von Linsen begegnete unter den heutigen Verh\u00e4ltnissen naturgem\u00e4\u00df gro\u00dfen Schwierigkeiten und sie mu\u00dfte in den Winter verlegt werden, da die Rinderaugen gr\u00f6\u00dftenteils einem k\u00fcrzeren oder l\u00e4ngeren Bahntransport ausgesetzt waren. Durch das Entgegenkommen der Schlachthausverwaltungen einer gr\u00f6\u00dferen Anzahl* benach- \u2022 barter St\u00e4dte, besonders auch des besetzten Gebietes, gelang es mir, nach und nach die n\u00f6tige Anzahl zusammen zu bringen. Die meisten Augen kamen 24\u201448 Stunden nach der Schlachtung in noch v\u00f6llig frischem Zustand in meine H\u00e4nde, alle \u00e4lteren und schon deutliche Zeichen der Zersetzung abweisenden Augen wurden ausgeschaltet, ebenso aber auch diejenigen, bei welchen die bekannte Erscheinung der K\u00e4ltetr\u00fcbung der Linse anzeigte, da\u00df\u2018sie angefroren gewesen waren. Jedesmal etwa 100 der frischen Rinderlinsen wurden nach vorsichtigem Herausnehmen aus den \u00e4quatorial aufgeschnittenen Aug\u00e4pfeln und nachdem die Kapsel ohne Substanzverlust entfernt worden war, in einer Metallpresse zerquetscht, die h\u00e4rteren Linsenkerne sodann, noch durch feine Drahtsiebe hindurchgedr\u00fcckt und gerieben und mit sovie| destilliertem Wasser aufgenommen, da\u00df auf jede Linse 20 ccm kamen; die milchigwei\u00dfe Fl\u00fcssigkeit wurde in verschlie\u00dfbaren Standzylindern l\u00e4ngere Zeit kr\u00e4ftig gesch\u00fcttelt und nach Zusatz von etwas Chloroform 24 Stunden an der K\u00e4lte stehen gelassen, wobei wiederholtes Sch\u00fctteln f\u00fcr m\u00f6glichste Aufl\u00f6sung der wasserl\u00f6slichen Proteine sorgte. Durch lst\u00fcndiges Zentrifugieren (bis 2000 Umdrehungen in der Minute) wurde das wasserunl\u00f6sliche Albumoid zu Boden geschlagen. Um es vollkommen von l\u00f6slichem Eiwei\u00df zu reinigen, wurde der Nieder-","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nA. Jess,\nschlag noch 5 mal mit destilliertem Wasser aufgenommen, kr\u00e4ftig durchgesch\u00e4ttelt, unter Chloroformzusatz stehengelassen und wiederum abzentrifugiert. Naturgem\u00e4\u00df ging hier bei jedesmal y2 st\u00e4ndigem Zentrifugieren mit dem Waschwasser auch ein Teil des Albumoids verloren, so da\u00df die schlie\u00dfliche Ausbeute verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gering war. Die Erfahrung lehrte, da\u00df nach 5 maligem Auswaschen des Niederschlages die He 11 ersehe Probe im Waschwasser negativ ausfiel. Auch gab der Niederschlag jetzt nur noch ganz schwach die vorher sehr intensive Cysteinreaktion, so da\u00df mit einiger Sicherheit angenommen werden konnte, da\u00df ihm h\u00f6chstens noch geringe Spuren der l\u00f6slichen Proteine beigemengt waren. Er wurde mit Alkohol aufgenommen, abfiltriert, in warmer Luft getrocknet und zu einem feinen Pulver verrieben. Die nach dem erstmaligen 1 st\u00e4ndigen Zentrifugieren gewonnene Fl\u00e4ssig-keit enthielt au\u00dfer wohl nur geringen noch suspendierten Albumoidteilchen die l\u00f6slichen Kristalline und das ja nur spur-weise vorkommende Albumin. Um zun\u00e4chst das \u00ab-Kristallin zu erhalten, wurde die L\u00f6sung unter st\u00e4ndigem Umr\u00f6hren mit 0,1% Essigs\u00e4ure versetzt, bis die ganze Menge etwa 0,03% Essigs\u00e4ure enthielt. Es entstand eine reichliche, \u00e4u\u00dferst feinflockige F\u00e4llung, die auf der Nutsche scharf abgesaugt und ausgepre\u00dft, mit Alkohol gewaschen, getrocknet und zu Pulver verrieben wurde. Diese genau nach M\u00f6rners 7 Vorschrift gewonnene Eiwei\u00dffraktion stellte das \u00ab-Kristallin dar. Da\u00df sie nur ganz wenig durch \u00df-Kristallin verunreinigt war, ergab sich aus dem verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig schwachen Ausfall der Nitroprussidnatriumreaktion. Auf mehrfaches Wiederaufl\u00f6sen und Neuausfallen des Niederschlages, um ihn von allen Spuren des durch Essigs\u00e4ure nicht f\u00e4llbaren Proteins zu befreien, mu\u00dfte verzichtet werden, da der Proze\u00df dadurch so lange ausgedehnt worden w\u00e4re, da\u00df eine Zersetzung der Eiwei\u00dfk\u00f6rper kaum zu vermeiden gewesen sein d\u00f6rfte. In dem wasserklaren, nur mehr oder weniger leicht opaken Filtrat befand sich das \u00df-Kristallin und das nur spurweise vorkom-\n*) l. c.","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00e4uren der Linsenproteine.\t271\ninende Albumin. .Dieses letztere f\u00fcr sich zu gewinnen, war bei seiner geringen Menge \u2014 von den 35% Eiw\u00e9ifi der Linse kommen nur 0,2% auf das Albumin \u2014 und aus dem eben schon angef\u00fchrten Grunde unm\u00f6glich. Es wurde deshalb, das \u00df-Kristallin zusammen mit dem Albumin mit absolutem Alkohol gef\u00e4llt. Der aus der klaren L\u00f6sung sich ausscheidende sehr reichliche wei\u00dfe Niederschlag wurde ebenso wie das a-Kristallin gewonnen und unter Vernachl\u00e4ssigung der geringen Verunreinigung durch das Albumin als \u00df-Kristallin bezeichnet. Auch M\u00f6rner ging f\u00fcr die elementare Untersuchung dieses Proteins so vor und bemerkte dazu, da\u00df \u201eder unbedeutende Teil albuminartigen Eiwei\u00dfstoffes, der darin enthalten ist, nicht in bemerkenswertem Ma\u00dfe auf das Resultat der Analyse einwirken kann*1).\nDie so erhaltenen Eiwei\u00dfarten zeigten denselben untereinander leicht differierenden Stickstoffgehalt, welchen M\u00f6rner nach vielfachen Analysen als Mittelwert festgestellt hatte.\nMehrere Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl in einer exsikkatortrockenen Portion der in der eben geschilderten Weise gewonnenen Eiwei\u00dfarten ergaben f\u00fcr:\nAlbumoid im Durchschnitt 16,34% (M\u00f6rner 16,62%), a-Kristallin \u201e\t,\t16,46% N (M\u00f6rner 16,68%),\n\u00df-Kristallin \u201e\t\u201e\t17,0% N (M\u00f6rner 17,04%).\nEs ist angesichts dieser gut \u00fcbereinstimmenden Verh\u00e4ltniszahlen an der Identit\u00e4t der gewonnenen Eiwei\u00dfarten mit den von M\u00f6rner aus der Linse isolierten Proteinen wohl nicht zu zweifeln; die bei der Trennung derselben voneinander nicht zu vermeidenden gegenseitigen Verunreinigungen sind offenbar sehr gering und kommen als Fehlerquellen nicht in Betracht.\nF\u00fcr einen Teil dieser pr\u00e4parativen Arbeiten wurden mir von Herrn Professor B\u00fcrker und Herrn Privatdozenten Dr. Feulgen die Einrichtungen desGie\u00dfener physiologischen Instituts in dankenswerter Weise zur Verf\u00fcgung gestellt.\nIn Halle habe ich sodann alle drei Eiwei\u00dfarten nebeneinander der Hydrolyse mit 25% H2 S04 unterworfen. Nach\n*) 1. c. S. 97.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nA. Jess,\nquantitativer Entfernung der S\u00e4ure mit BaC03 wurde durch Einengen des Hydrolysates das Tyrosin zur Ausscheidung gebracht, sodann in der \u00fcblichen Weise mit absolutem Alkohol und trockenem Salzs\u00e4uregas verestert. Nach 2maligem vergeblichen Versuch, Glykokollesterchlorhydrat zu gewinnen und nochmaliger Veresterung des eingedampften R\u00fcckstandes wurden die Ester mit Natronlauge und Kaliumkarbonat in Freiheit gesetzt, in \u00c4ther aufgenommen, 12 Stunden \u00fcber Magnesiumsulfat getrocknet und sodann nach Abdampfen des \u00c4thers der fraktionierten Destillation unterworfen.\nVier Fraktionen wurden aufgefangen: die erste bis 60\u00b0 des Wasserbades bei 12-15 mm Druck,\nzweite \u201e\t100\u00b0\t\u00bb *\t. 12-15 ,\tw\ndritte \u201e\to o o H\t\u00bb\t\u00bb 0,1-0,5 \u201e\tn\nvierte \u201e\t175\u00b0\t\u201e \u00d6lbades\t, 0,1-0,5 .\tn\nDie Verseifung und Weiterverarbeitung der Ester erfolgte genau nach den Vorschriften, wie sie von Abderhalden in seinem Werke \u201eNeuere Ergebnisse auf dem Gebiet der speziellen Eiwei\u00dfchemie* (Verlag von Fischer, Jena 1909) S. 18 ff. gegeben worden sind. Der sirup\u00f6se tiefdunkle Destillationsr\u00fcckstand wurde als Fraktion 5 bezeichnet, 30 Stunden mit Salzs\u00e4ure gekocht und durch 8 maliges Kochen mit Tierkohle vom gr\u00f6\u00dften Teil seiner Farbstoffe befreit, so da\u00df schlie\u00dflich eine hellgelb gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit \u00fcbrig blieb, aus welcher die Glutamins\u00e4ure als Chlorhydrat gewonnen wurde.\nAlle drei Eiwei\u00dfarten wurden so auf die gleiche Weise behandelt, die Fehlerquellen sind also \u00fcberall dieselben und es d\u00fcrfte demnach nicht unberechtigt sein, die gewonnenen Zahlen des Gehaltes an einzelnen Aminos\u00e4uren untereinander zu vergleichen, obgleich die Methode an sich keinen Anspruch darauf machen kann, als eine quantitative zu gelten, wie Abderhalden es wiederholt hervorhebt, und wie die Arbeiten von Abderhalden und Weil1): \u201e\u00dcber die bei der Isolierung\n*) Diese Zeitecbr. Bd. 74, S. 445 und Bd. 77, 8. 59.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00c4uren der Linsenproteine.\t273\nder Monoaminos\u00e4uren mit Hilfe der Estermethode entstehenden Verluste\u201c es erkennen lassen.\nDie zun\u00e4chst folgende Tabelle I gibt eine \u00dcbersicht \u00fcber die Verteilung des Stickstoffes bei der Verarbeitung der einzelnen Eiwei\u00dfk\u00f6rper, die ersten drei Reihen zeigen die absoluten Zahlen, die folgenden die Prozentzahlen auf den Stickstoffgehalt des Ausg\u00e4ngsmaterials berechnet, die letzten drei die Verh\u00e4ltniszahlen zum \u00c4therextrakt der Ester.\nBemerkenswert ist in dieser erst\u00e9n Tabelle, da\u00df der Melaninr\u00fcckstand des \u00df-Kristallins au\u00dferordentlich gering ist gegen\u00fcber dem der beiden andern Eiwei\u00dfarten. Es kommt auf ihn nur 0,1 % des Stickstoffes, w\u00e4hrend er beim \u00ab-Kristallin 1,1%, beim Albumoid 0,6% betr\u00e4gt. Ferner f\u00e4llt auf, da\u00df der Ammoniakgehalt beim \u00df-Kristallin verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gro\u00df ist; 11,4% entfallen auf ihn, beim \u00ab-Kristallin 7,1%, beim Albumoid nur 6,0 %\u2022 Im Barytr\u00fcckstand ging trotz 5\u20148 maligen Auskochens und Auswaschens, bis das Filtrat nicht mehr Milions Reaktion gab, ein nicht unbetr\u00e4chtlicher Teil Stickstoff (13\u201421,5%) verloren. Bei der Infreiheitsetzung der Ester blieb ann\u00e4hernd die H\u00e4lfte des noch\u2018vorhandenen Stickstoffes im Karbonatr\u00fcckstand. Die f\u00fcr den \u00c4therextrakt angegebene Zahl wurde aus der Differenz des tyrosinfreien Barytfiltrats und des Karbonatr\u00fcckstandes berechnet. F\u00fcr die Gewinnung der Monoaminos\u00e4uren blieben demnach 36,6\u201440,3% des Ausgangsmaterials zur\u00fcck. ' Bei der Destillation der Ester zeigten die einzelnen Fraktionen des Albumoids und des a-Kristallins weitgehende \u00dcbereinstimmung im Stickstoffgehalt, w\u00e4hrend beim \u00df-Kristallin in der zweiten und vierten erheblich geringere, in der dritten Fraktion aber um so gr\u00f6\u00dfere N-Werte gefunden wurden. Der Stickstoffverlust bei der fraktionierten Destillation der Ester war beim \u00df-Kristallin gr\u00f6\u00dfer als bei den anderen Proteinen, was wohl zum Teil auf den h\u00f6heren Ammoniakgehalt zur\u00fcckgef\u00fchrt werden mu\u00df.\nDie Gesamtmenge des Phenylalanins wurde aus dem Gewicht der Ester berechnet, da bei der fraktionierten Kristallisation des Phenylalanins des \u00df-Kristallins und des Albu-","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nA. Jess,\nTabelle I.\n\ta-Kr. gN\t\u00df-Kr. g N\tAd. gN\ta-Kr. % von I\t\u00df-Kr. 7o von I\tAd. 0/ /\u2022 von I\ta-Kr. % v. Vb\t\u00df-Kr. % v. Vb\tAd. % v. Vb\nI. Ausgangs-material .\t34,02\t35,04\t. 18,2\t100,0\t100,0\t100,0\t\t\t\t\n11. a) Hydro-lysat . .\t33,63\t34,65\t18,1\t98,9\t98,8\t99,4\t\t\t\nb) Probeentnahme\t0,39\t0,16\t0,1\t1,1\t0,5\t0,05\t\t\u25a0\t\nc) Ammoniak . .\t2,4\t3,98\t1,1\t7,1\t11,4\t6,0\t\t\t\nd) Melanin\t0,39\t0,03\t0,11\tU\t0,1\t0,6\t\t\t_\t_\nIII. a) Baryt-filtrat ohne Tyrosin .\t28,23\t28,76\t13,9\t83,0\t82,0\t76,5\t\t\t\nb) Barytr\u00fcckstand\t4,4\t5,1\u00ab,\t3,9\t13,0\t14,7\t21,5\t\t\u00ab\t\nc) Probeentnahme\t0,43\t. 0,5\t0,06\t1,2\t1,4\t0,3\t\"\t\t\nd) Tyrosin\t0,57\t0,57\t0,31\t1,7\t1,6\t1,7\t\u2014\u2014\t\t\nIV. Barytfiltrat -(c + d)\t27,8\t28,26\t13,84\t81,5\t80,5\t76,2\t\t\t\t\nV. a) Karbo-natrttck-stand . .\t14,6\t15,4\t6,5\t42,9\t44,0\t35,7\t\t\t\t\nb) \u00c4ther-anszng .\t13,18\t12,86\t7,34\t38,8\t36,6\t40,3\t100,0\t100,0\t100,0\n1. Fraktion der Ester\t0,41\t0,3\t0,3\t1,2\t0,9\t1,6\t3,1\t2,3\t4,1\n2. Fraktion\t2,75\t0,98\t1,53\t8,1\t2,8\t8,4\t21,0\t7,6\t20,8\n3. Fraktion\t0,52\t1,9\t0,4\t1,5\t5,4\t2,2\t4,0\t14,8\t5,6\n4. Fraktion\t3,0\t1,23\t1,62\t8,8\t3,5\t8,9\t22,8\t9,6\t22,1\n5. Fraktion (Deatill.- Ettckstand)\t4,38\t3,6\t2,05\t12,9\t10,3\t11,3\t33,2\t28,0\t27,9\nSomme der Ester . .\t11,06\t8,0\t5,9\t32,5\t22,8\t32,5\t84,0\t62,3\t80,5\nVerlast bei der Esterdestillation . .\t2,12\t4,85\t1,43\t6,2\t13,8\t7,8\t16,0\t37,7\t19,5","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00e4uren der Linsenproteine.\t275\nmoids Verluste eingetreten waren. Nachdem aus der vierten Fraktion das Phenylalanin, Glutamins\u00e4ure und Asparagins\u00e4ure entfernt waren, blieb ein geringer sirup\u00f6ser R\u00fcckstand zur\u00fcck, in welchem das Serin als Kupfersalz nachgewiesen, jedoch nicht quantitativ bestimmt werden konnte.\nDas Tryptophan wurde ebenfalls nur qualitativ in jeder Eiwei\u00dfart nachgewiesen. Es wurden je 5 g von <x-, \u00df-Kri-stallin und Albumoid in je 150 ccm 1 %ige Sodal\u00f6sung gebracht, etwas Pankreas hinzugesetzt, die Fl\u00fcssigkeit mit Toluol \u00fcberschichtet und im Thermostaten bei 370 aufbewahrt. Nach 38 Stunden gaben alle drei L\u00f6sungen bereits deutliche Violett-farbung, nachdem sie mit Bromd\u00e4mpfen durchgesch\u00fcttelt waren.\nTabelle II.\n100 g HaO- und aschefreie Substanz von a-Kristallin, \u00df-Kristallin, Albumoid enthalten:\nLfd. Nr.\t\ta-Kristallin\t^\u2022Kristallin\tAlbumoid\n1\tGlykokoll\t\t0\t0\t\u00d6\n2\tAlanin\t\t3,6\t2,6\t0,8\n3\tValin\t\t0,9\t2,1\t0,2\n4\tLeucin und Isomere .\t5,7\t2,8\t5,3.\n5\tAsparagins\u00e4ure . . .\t1,2\t0,4\t0,5\n6\tGlutamins\u00e4ure . . .\t3,6\t2,7\t4,6\n7\tTyrosin\t\t3,5\t3,7\t3,6\n8\tProlin\t\t1,8\t1,4\t1,9\n9\tPhenylalanin ....\t5,5\t4,1\t4,6\n10\tSerin\t\t+\t+\t+\n11\tTryptophan ....\t4*\t+\t\u2022+ * \u2022\nDie zweite Tabelle gibt sodann einen \u00dcberblick \u00fcber den Gehalt von je 100 g wasser- und aschefreier Substanz an den einzelnen Monoaminos\u00e4uren. Sieht man hier von m\u00e4\u00dfigen Unterschieden in der Ausbeute z. B. an Phenylalanin, Glutamins\u00e4ure, Asparagins\u00e4ure ab, die vielleicht der Ungenauigkeit der Methode zuzuschreiben sind, so mu\u00df doch die Differenz im Gehalt von Alanin, Valin und Leucin bemerkt werden. Auffallend gering ist der Gehalt des","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276 A. Jess, Die Monoaminos&uren der Linsenproteine.\n\u00c0lbumoid8 an Alanin, er betr\u00e4gt nur 0,8% gegen\u00fcber 2,6% und 3,6% beim \u00df-Kristallin und a-Kristallin. Beim Albumoid war nur in die erste Esterfraktion Alaninester \u00fcbergegangen, w\u00e4hrend beim a- und \u00df-KristaHin sich erhebliche Mengen auch in der zweiten Fraktion, beim \u00df-Kristallin noch in der dritten fanden.\nFerner ist bemerkenswert, da\u00df im Albumoid Valin nur spurweise nachweisbar war, da\u00df diese Aminos\u00e4ure dagegen im \u00df-Kristallin in der lOfachen Menge gefunden wurde, w\u00e4hrend das a-Kristallin etwa die 5 fache Menge erkennen lie\u00df. Leucin und Isomere sind im a-Kristallin und im Albumoid im gleichen Verh\u00e4ltnis vorhanden, w\u00e4hrend aus dem \u00df-Kri-st allin etwa nur die H\u00e4lfte gewonnen werden konnte.\nDer Gehalt an Tyrosin und Prolin zeigte bei allen drei Proteinen gro\u00dfe \u00dcbereinstimmung. Die f\u00fcr das Prolin eingesetzten Zahlen bezeichnen das aus dbn ersten drei Esterfraktionen mit Alkohol extrahierte Rohprolin.\n\u00dcberblicken wir nochmals die Ausbeute an Monoamino-s\u00e4uren, so k\u00f6nnen wir hervorheben, da\u00df diejenige Eiwei\u00dfart, welche bei der katarakt\u00f6sen Erkrankung der Linse vorherrscht, das wasserunl\u00f6sliche Albumoid, arm ist an Valin und Alanin, da\u00df aber diese beiden Bausteine gerade in den sog. Kristallinen, die aus der getr\u00fcbten Linse verschwinden, in gr\u00f6\u00dferer Menge aufgefunden werden konnten.\nHieraus irgendwelche Schl\u00fcsse zu ziehen, d\u00fcrfte vorl\u00e4ufig kaum erlaubt sein. \u00dcber den Gehalt der Linsenproteine an Diaminos\u00e4uren und an Cystin werde ich in einer zweiten Mitteilung demn\u00e4chst berichten.","page":276}],"identifier":"lit20882","issued":"1920","language":"de","pages":"266-276","startpages":"266","title":"Die Monoaminos\u00e4uren der Linsenproteine","type":"Journal Article","volume":"110"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:51:39.481764+00:00"}