Open Access
{"created":"2022-01-31T14:37:17.066798+00:00","id":"lit20892","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"T\u00fcrk, Walter","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 111: 69-75","fulltext":[{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bb I\n\u00fcber das Sericin nnd die quantitative Bestimmung seiner\nbasischen Bestandteile.\nVon\nDr. Walter T\u00fcrk.\n(Chornische Abteilung der Kgl. ung. Drogeukulturstation in Budapest.) (Der Redaktion zugegangeu am 21. Juli 1920.)\nDer Seidenfaden, der von der Raupe des Bombyxmori gesponnen und aus dem Sekret ihrer Spinndr\u00fcsen gefertigt wird, tritt als honigdicke Masse aus zwei \u00d6ffnungen unter dem Mund hervor und erh\u00e4rtet \u2014 oxydiert \u2014 an der Luft zu einem Faden, der aus dem eigentlichen Seidenstoff oder Fibroin und dem Seidenleim oder Sericin besteht. \u00dcber diesen ver\u00f6ffentlichten zuletzt E. Fischer und Skita1) und Abder* balden und Worm2) Arbeiten \u00fcber die hydrolytischen Spaltungsprodukte, unter denen Glykokoll, Alanin, Serin, Leucin, Asparagins\u00e4ure, Phenylalanin, Prolin und Tyrosin prozentuell bestimmt werden. Von den Hexonbasen liegt nur eine quantitative Bestimmung des Arginins vor und die qualitative Abscheidung des Lysins als Pikrat. Aber schon dieser Nachweis hat die Frage aufgeworfen, ob die mit Phosphorwolframs\u00e4ure f\u00e4llbaren hydrolytischen Zersetzungsprodukte beim Sericin nicht zahlreicher sind wie beim Fibroin, welches wieder zum Unterschied mehr Monoamidos\u00e4uren unter seinen Spaltungsprodukten aufweisen m\u00fc\u00dfte, da schon Wetzel3) darauf hinweist, da\u00df die basische K\u00f6rper liefernde Gruppe \u2014 Protaminkern Kossels \u2014 im Sericin ausgepr\u00e4gter sein mu\u00df als beim\n*) Diese Zeitschr. Bd. 35, S. 221 (1902).\n3) Diese Zeitschr. Bd. 62, S. 142 (1902).\n8) Diese Zeitschr. Bd. 26, S. 535. (1902).\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CXI.\n6","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\tWalter T\u00fcrk,\nFibroin. Wetzel hat gefunden, da\u00df K\u00f6rper, die arm an basischen Spaltungsprodukten sind, keine weitere Verwendung mehr im Stoffwechsel finden und mit der Bildung von organischer Substanz nichts mehr zu tun haben \u2014 Fibroin; im Gegensatz zu diesen K\u00f6rpern sind die Bildungsst\u00e4tten organischer Substanz reich an Gruppen, welche Hexonbasen liefern, w\u00e4hrend die Monoamidos\u00e4uren unter den Spaltungsprodukten zur\u00fccktreten. Danach w\u00e4re ako das Sericin lohnend f\u00fcr eine Untersuchung auf seine basischen Bestandteile.\nDas Ausgangsmaterial bildete das nach dem unten beschriebenen Verfahren dargestellte Sericin. Die Untersuchung auf die Hexonbasen geschah in der Weise, da\u00df Sericin mit Schwefels\u00e4ure aufgespalten, das Tyrosin, Leucin und Serin entfernt wurde und die basischen Bestandteile Arginin, Lysin und Histidin nach dem Kutscher-Kossel-Verfahren isoliert wurden. Es zeigte sich, da\u00df im Sericin alle drei Hexonbasen vorhanden sind und auch quantitativ bestimmt werden konnten. Die tabellarische Zusammenstellung der gefundenen Werte wurde an den Schlu\u00df gesetzt.\nExperimenteller Teil.\nDarstellung des Sericins.\n100 g gewaschene gelbe und wei\u00dfe Seidenraupenseide wurde mit der 25 fachen Menge Wasser 3 Stunden im Autoklaven bei 3 Atmosph\u00e4ren und 145\u00b0 C. gekocht. Dadurch geht das dem Seidenfaden anhaftende Sericin in L\u00f6sung, und zwar nach den Angaben von Bondi1) als ein Gemisch von schwer- und leichtl\u00f6slichem Seidenleim. Die letztere Modifikation besitzt die Neigung, in die erstere \u00fcberzugehen, welche sich dann beim Erkalten flockig ausscheidet. Die L\u00f6sung bildet, hei\u00df filtriert, beim Eindampfen an der Oberfl\u00e4che unl\u00f6sliches Sericin in Form einer Haut, welche, in die L\u00f6sung ger\u00fchrt, sich nicht wieder l\u00f6st, sondern als hellbrauner Ballen auf der L\u00f6sung verbleibt. Schon Mulder2) hat auf diese\n0 Biese Zeitschr. Bd. 34, S. 481.\n*) Annalen der Physik und Chemie, Poggendorf, Bd. 37.\ni","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"tiber das Sericin und die quantitative Bestimmung usw. 77\nschwerl\u00f6sliche Sericinart hingewiesen und glaubte, da\u00df beim Eindampfen der L\u00f6sung Eiwei\u00df nach Art des unl\u00f6slichen, geronnenen Eiwei\u00dfes abgeschieden werde. Cramer1) h\u00e4lt diese unl\u00f6sliche Modifikation, da doch die L\u00f6sung beim Aufkochen klar bleibe, als Zersetzungsprodukte des Sericins, welches somit die charakteristische Eigenschaft aller Tierleime besitzt: collagenartige K\u00f6rper zu bilden. Die oben erhaltene Sericinl\u00f6sung wurde bis zu ihrem konstanten Gewicht eingedampft und enthielt so 27% Sericin der verarbeiteten Seide. Das lufttrockene Fibroin machte 69% der Seide aus. Auf diese Weise wurden 3 kg Rohseide auf Sericin verarbeitet.\nBehandlung der Sericinl\u00f6snng mit absolutem Alkohol.\nEine Probe einer konzentrierten, dunkelbraunen Sericinl\u00f6sung wurde mit der doppelten Menge absoluten Alkohols versetzt. Es fiel Sericin als ein klebriger, \u00f6liger, beim Umr\u00fchren sich zuammenballender K\u00f6rper aus, der stark fadenziehend war. Der Alkohol, in dem ein Teil des Sericins in L\u00f6sung blieb, war intensiv gelb gef\u00e4rbt. Der ausgefallene K\u00f6rper wurde mit weiteren Mengen Alkohol so lange verrieben, bis er k\u00f6rnig und fest wurde. Auf diese Weise wurden alle Sericinl\u00f6sungen behandelt. Das k\u00f6rnige Sericin wurde abgesaugt, im Vakuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet und zerrieben. Die Ausbeute betrug aus 3 kg Rohseide 530 g. Eine Feuchtigkeitsbestimmung zeigte einen Gehalt von 17,83% Wasser. Die gelben Alkoholausz\u00fcge wurden vereinigt, der Alkohol abdestilliert und die adstringierende L\u00f6sung bis zum konstanten Gewicht gedampft. Beim Abk\u00fchlen schied sich das Sericin in hellgelben, glasigen Lamellen ab, welche einen Feuchtigkeitsgehalt von 14,93% ergaben und in einer Ausbeute von 225 g erhalten wurden.\nFarbenreaktionen. Die mit beiden Sericinarten ausgef\u00fchrten Farbenreaktionen der Eiwei\u00dfk\u00f6rper, verglichen mit einer gleichprozentigen Kaseinl\u00f6sung (nach Hammarsten) zeigten untereinander keine Unterschiede. Von den Farbenreaktionen, welche das Kasein gibt, weichen die unter Nr. 4\n\u2018) Journ. f. prakt. Chemie Bd. 96, S. 76 (1865).","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nWalter T\u00fcrk,\nbis 7 angef\u00fchrten insoweit ab, als diese bei beiden Sericinarten viel intensiver zutage treten.\nName der Reaktion\tKaseinl\u00f6sung *%. L\u00f6sungsm. KOH\tSericinl\u00f6sung 5%. durch Alkohol gef\u00e4llt, Sericinl\u00f6sunj\tSericinl\u00f6sung 5%) in Alkohol l\u00f6slich, gsmittel HaO\n1. Biuretreaktion . .\trotviolett\trosa\trosa\n2. Xanthoprotein . .\tgelbes Koagulum\thellgelbe L\u00f6sung\thellgelbe L\u00f6sung\n3. Millon\t\teigelbes Koagulum\trotbrauner Niederschlag\trotbrauner Niederschlag\n4. Molisch\t\tr\u00f6tlichbraun\tdunkelrotbraun, L\u00f6sung undurchsichtig\tdunkelrotbraun, L\u00f6sung undurchsichtig\n5. Thymol\t\t! *\t\t*\n6. Adamkiewitz- Hopkins\trotviolett\tdunkelrot\tdunkelrot\n7 Liebermann. . . .\tn\t*\t\u00ab\nAus diesen Farbenreaktionen ist zu ersehen, da\u00df die f\u00fcr den Kohlehydratkomplex im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl charakteristischen Reaktionen \u2014 mit a-Naphthol und mit Thymol \u2014 beim Sericin sehr intensiv sind. Es ist wahrscheinlich, da\u00df wir in diesem Albuminoid einen stark ausgepr\u00e4gten Kohlehydratrest haben. Diese Annahme sowie die Entstehungsweise des Seidenleims durch die Raupe, deren Nahrung aus Bl\u00e4ttern besteht, verleiteten zur Pr\u00fcfung auf Cellobiose nach dem Verfahren von Skraup und K\u00f6nig1) mit Essigs\u00e4ureanhydrid und Schwefels\u00e4ure. Es konnte jedoch kein Acetylprodukt gefunden werden, welches auf das Vorhandensein einer Biose h\u00e4tte schlie\u00dfen lassen k\u00f6nnen.\nHydrolyse des Sericins mit Schwefels\u00e4ure.\nDie oben gefundenen Sericinarten wurden im Verh\u00e4ltnis von 300 g durch Alkohol f\u00e4llbares und 100 g in Alkohol\n0 Monatshefte f\u00fcr Chemie 1901, S. 1011.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sericin und die quantitative Bestimmung usw.\nl\u00f6sliches Sericin gut gemischt und davon 50 g mit der 3 fachen Menge Schwefels\u00e4ure (spez. Gewicht 1,8) und der 5fachen Menge Wasser versetzt. Unter Umsch\u00fctteln geht der Seidenleim in L\u00f6sung und wird unter R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchlung 12 Stunden lang gekocht, hierauf mit Wasser auf 1 Liter verd\u00fcnnt und die Schwefels\u00e4ure quantitativ mit Baryumhydroxyd nach der T\u00fcpfelmethode ausgef\u00e4llt. Der Baryumsulfatniederschlag wurde so lange mit kochendem Wasser nachgewaschen, bis eine Probe des Waschwassers keine Tyrosinreaktion mehr gab. Filtrat und Waschwasser werden vereinigt und zur Kristallisation eingedampft. Durch fraktioniertes Auskristallisieren wurden zwei Kristallisationen erhalten, welche vereinigt wurden. Kristalle A, Mutterlauge B.\nKristalle A. Die erhaltenen Kristalle wurden in wenig hei\u00dfem Wasser gel\u00f6st und langsam eingeengt. Der erste Anschu\u00df wog bei 110\u00b0 getrocknet 3,12 g und bestand aus Tyrosinnadeln, die mit Leucin verunreinigt waren. Um beide rein zu erhalten, wurden die Kristalle in hei\u00dfem Wasser gel\u00f6st und durch systematisches Umkristallisieren und Eindampfen verarbeitet. Wenn das auskristallisierende Gemisch unter dem Mikroskop verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig mehr Leucin zeigte, wurde in der 40 fachen Menge Wasser hei\u00df gel\u00f6st, wenn Tyrosinnadeln vorherrschten, in der 20 fachen Menge Wasser. Dieses Arbeiten wurde bis zum Verschwinden der Tyrosinreaktion fortgesetzt. Auf diese Weise wurde nach Entf\u00e4rben der L\u00f6sungen mit Tierkohle und Auskristallisieren 2,37 g reines Tyrosin vom F = 285\u00b0 (unkorr.) erhalten und 0,75 g Leucin. Letzteres wurde in sein charakteristisches Cu-Salz \u00fcbergef\u00fchrt und dieses analysiert.\n0,1474 g Substanz gaben 0,0368 CuO.\nIn 100 Teilen! Gefunden Berechnet f\u00fcr Leucin-Cu* Cu.... 19,95%\t19,65%.\nAus der Mutterlauge der oben erhaltenen 3,12 g schweren Kristalle wurden 2,85 g Serin in Form seiner drusenartigen Kristalle erhalten. Ein Teil derselben, welche F = 2420 (korr.) hatten, wurde ins Cu-Salz \u00fcbergef\u00fchrt.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nWalter T\u00fcrk,\n0,2160 g Substanz gaben beim Gl\u00fchen 0,0640 g CuO.\nIn 100 Teilen:\tGefunden Berechnet f\u00fcr Serin-Cu\nCu-----23,67 %\t23,50%.\nAus der Mutterlauge der Serinkristalle fiel selbst nach langem Stehen nichts aus. Als dicker Sirup gewogen, hatte sie ein Gewicht von 0,28 g.\nMutterlauge B. Diese wurde mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und nach dem modifizierten Verfahren von Kossel und Kutscher auf den Gehalt der Hexonbasen untersucht. Statt des vorgeschriebenen Silbersulfates wurde frisch bereitetes Silberoxyd verwendet, da sich dieses erfahrungsgem\u00e4\u00df in sehr fein verteiltes Sulfat umsetzt und den Endpunkt der S\u00e4ttigung leichter und besser erkennen l\u00e4\u00dft. Es wurden alle drei Basen: Arginin, Histidin und Lysin gefunden und bestimmt. Zur Neutralisation der Argininl\u00f6sung wurden 58 cm3 n/5 HN03-L\u00f6sung verbraucht, entspricht 1,91 g Arginin.\nDer Quecksilberniederschlag des Histidins war hellbraun gef\u00e4rbt und lieferte, nach der Vorschrift in das Dichlorid verwandelt, 0,64 g salzsaures Histidin. Nach zweimaligem Umkristallisieren zeigten die Kristalle den richtigen Zersetzungspunkt bei 234\u2014235\u00b0 C.1).\n0,094 g Substanz gaben 0,1174 g AgCl.\nIn 100 Teilen:\tGefunden Berechnet f\u00fcr C8H8N30, \u2022 2 HCl\nCI.... 30,88%\t31,14%.\nDer das freie Lysin enthaltende Sirup wog 2,37 g und lieferte 2,09 g rohes Lysinpikrat, welches dreimal umkristallisiert wurde. Aus dem ersten Anschu\u00df der sch\u00f6nen Kristalle, welche hei 105\u00b0 getrocknet den richtigen Zersetzungspunkt bei 250\u00b0 zeigten, wurden zwei Analysen gemacht:\nI. 0,2030 g Substanz gaben 0,2880 g CO, und 0,0856 g H,0,\nII. 0,1200 g s \u201e\t0,1696 g CO, , 0,0511 g H,0.\nIn 100 Teilen: Gefunden Berechnet f\u00fcr C8HuN,0, \u2022 CaH,N,07 I. II.\nC .... 38,69%; 38,54%\tC . ... 38,40%,\nH.... 4,71%; 4,76%\tH..., 4,63%.\n*) Diese Zeitschr. Bd. 28, S. 382.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sericin und die quantitative Bestimmung usw. 75\nEs wurden demnach bei der Hydrolyse von 50 g Sericin (Wassergehalt 16,38\u00b0/0) gefunden:\nTyrosin.......................2,37 g\nLeucin........................0,75 g\nSerin.........................2,85 g\nHistidindichlorid.............0,64 g\nArginin.......................1,91 g\nLysinpikrat...................2,09 g.\nUmgerechnet auf die Trockensubstanz in Prozentzahlen der roh isolierten Verbindungen:\nTyrosin.......................5,69 \u00b0/0\nLeucin........................1,79%\nSerin.........................6,81%\nArginin . . ..................4,56%\nLysin.........................1,96%\nHistidin......................1,02%.","page":75}],"identifier":"lit20892","issued":"1920","language":"de","pages":"69-75","startpages":"69","title":"\u00dcber das Sericin und die quantitative Bestimmung seiner basischen Bestandteile","type":"Journal Article","volume":"111"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:37:17.066804+00:00"}