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{"created":"2022-01-31T13:59:22.733464+00:00","id":"lit20902","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kostytschew, S.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 111: 236-245","fulltext":[{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"Ober Zuckerbildung aus Nichtsuckerstoffen durch Schimmelpilze.\nVon\nS. Kostytschew.\n(Aus dem pflanzenphysiologischen Laboratorium der Universit\u00e4t St. Petersburg.) (Der Redaktion angegangen am 18. September 1920.)\nAls Material der Pflanzenatmung dienen in erster Linie Zuckerarten. Es ist gegenw\u00e4rtig allgemein anerkannt, da\u00df die Atmung der Samenpflanzen als eine Zuckeroxydation anzusehen ist, und ich halte es f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, diese Frage ausf\u00fchrlich zu erl\u00e4utern, um so mehr als eine \u00dcbersicht der einschl\u00e4gigen Literatur in allen Lehrb\u00fcchern der Pflanzenphysiologie und Pflanzenchemie zu finden ist.\nDas vorr\u00e4tige Atmungsmaterial der Samenpflanzen besteht entweder aus Kohlenhydraten oder aus Fetten. Letztere werden, wie bekannt, zuerst in Zucker verwandelt und als Zucker veratmet; wir sind also wohl berechtigt, anzunehmen, da\u00df Samenpflanzen \u00fcber eine best\u00e4ndige \u201eGarnitur\u201c der f\u00fcr Verarbeitung des Betriebsmaterials dienenden Fermente verf\u00fcgen. Es sind erstens die Fermente der alkoholischen G\u00e4rung, die eine prim\u00e4re Zuckerspaltung bewirken und labile intermedi\u00e4re G\u00e4rungsprodukte erzeugen, zweitens aber oxydierende Fermente, die eine Oxydation der G\u00e4rungsprodukte einleiten. Schon l\u00e4ngst habe ich dargetan, da\u00df oxydierende Fermente der Pflanzen nicht imstande sind, Zucker direkt anzugreifen, aber die in angegorenen Zuckerl\u00f6sungen enthaltenen Stoffe unter C02-Bildung oxydieren1). Anderseits ist \u00c4thylalkohol, das Endprodukt der alkoholischen G\u00e4rung, kein\nl) S. Kostytschew, Diese Zeitschr. Bd. 67, S. 116 (1910).","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Zuckerbildung au8 Nichtzuckerstoffen durch Schimmelpilze. 237\nMaterial der vitalen Oxydation1). Diese experimentellen Ergebnisse dienten als Grundlage obiger Theorie der Anteilnahme von Zymase am Atmungsvorgange, die sich gegenw\u00e4rtig einer Anerkennung in weiteren Kreisen erfreut.\nIn Betreff der Omnivoren niederen Pflanzen, speziell der Schimmelpilze, scheint die Frage verwickelter zu sein. Vom theoretischen Standpunkte aus sind die beiden folgenden Voraussetzungen m\u00f6glich:\n1. S\u00e4mtliche verschiedenartige N\u00e4hrstoffe werden \u00fcber die Zwischenstufe von Zucker durch eine und dieselbe \u201eGarnitur\u201c der Fermente veratmet. Der relative N\u00e4hrwert\u201d verschiedener Stoffe w\u00e4re also, dieser Ansicht zufolge, nur davon abh\u00e4ngig, inwiefern sie als Material f\u00fcr den physiologischen Zuckeraufbau dienen k\u00f6nnen.\n2. Eine jede N\u00e4hrsubstanz wird nach eigener Art durch jeweilige Fermente verarbeitet. Das Plasma der Omnivoren I ilze mu\u00df also die F\u00e4higkeit besitzen, sehr verschiedenartige Fermente auf bauen zu k\u00f6nnen.\nAuch intermedi\u00e4re Arten der Ern\u00e4hrung sind wohl denkbar: es k\u00f6nnten z. B. einige Stoffe direkt, andere aber durch die Zwischenstufe von Zucker assimiliert bzw. veratmet werden. Nur experimentelle Untersuchungen k\u00f6nnen dar\u00fcber Aufschlu\u00df geben, welche Annahme die richtige ist.\nIn der vorliegenden Mitteilung will ich nur die wichtige I rage der intermedi\u00e4ren Zuckerbildung durch den Schimmelpilz Aspergillus niger erl\u00e4utern. Ausf\u00fchrliche physiologische Untersuchungen \u00fcber die Veratmung verschiedenartiger N\u00e4hrstoffe durch Schimmelpilze sollen in einer an anderer Stelle zu publizierenden Abhandlung von S. Kostytschew und M. Afanassjewa zusammengefa\u00dft werden.\t' \u2019\nDer Nachweis einer Zuckerbildung aus verschiedenen N\u00e4hrstoffen kann entweder direkt oder durch eine indirekte Methode erbracht werden. Im letzteren Falle dient die Einleitung einer Alkoholbildung bei Sauerstoffmangel als Hinweis darauf, da\u00df namentlich Zucker verarbeitet wird, da nur Zucker-\n*) 8. Kostytschew, Biochem. Zeitschr. Bd. 15, S 164 no\u00fcfiv Bot, Ber. Bd. 26a, S. 565 (1908).\t'\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f physiol. Chemie. CXI.\n17","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nS. Kostytschew,\narten als Material der Zymaseg\u00e4rung dienen. Hierbei wird zwar nicht erkannt, welche Zuckerart entstanden war, doch k\u00f6nnen wir anderseits mit sehr gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit annehmen, da\u00df die Atmung namentlich auf Kosten von Zucker vor sich geht, indem das Vorhandensein der Zymase mit dem allgemein \u00fcblichen Mechanismus der \u201eZuckeratmung\u201c zusammenh\u00e4ngt. Au\u00dferdem bietet die indirekte Methode den Vorteil, da\u00df sie einen Zuckernachweis auch in dem Falle gestattet, wo Zuckerverarbeitung mit gr\u00f6\u00dferer Geschwindigkeit, als Zuckerbildung stattfindet und also gar keine Zuckeranh\u00e4ufung zustande kommt. Ich habe beide Methoden benutzt.\nAspergillus nigcr wurde kultiviert in flachen, breiten zylindrisch-konischen, 400 ccm fassenden Kolben (Fl\u00e4che der Pilzdecke 167 qcm). Ein jeder Kolben wurde versetzt mit 250 ccm N\u00e4hrl\u00f6sung, welche pro Liter 3 g NH4N03, \\ g KH2P04; 1 g MgS04, 0,01 g ZnS04, SpurFeS04 und au\u00dferdem wechselnde Mengen von verschiedenen organischen Stoffen, die als Kohlenstoffquelle dienten, enthielt. Die Sterilisation erfolgte im Autoklaven bei 120\u00b0; zur Impfung diente immer eine an die zu untersuchende N\u00e4hrsubstanz vollkommen gew\u00f6hnte Kultur. S\u00e4mtliche Kulturen wurden bei 34\u00b0 gezogen.\nDer Nachweis der Zucker- bzw. Alkoholbildung erwies sich als eine feine und schwierige Aufgabe. Nur auf Mannit-l\u00f6sungen erfolgte unter gew\u00f6hnlichen Kulturverh\u00e4ltnissen eine Zuckeranh\u00e4ufung. F\u00fcr Kulturen auf anderen N\u00e4hrstoffen erwiesen sich besondere Kunstgriffe als durchaus notwendig.\nVor allem habe ich die streng aerobe Natur des Pilzes dazu benutzt, die vitalen Dissimilationsvorg\u00e4nge durch Sauerstoffabschlu\u00df herabzudr\u00fccken. In einigen F\u00e4llen f\u00fchrte dieses Verfahren zum Ziele, in anderen F\u00e4llen war es aber an und f\u00fcr sich noch ungen\u00fcgend; hierdurch wird die experimentelle Schwierigkeit der Arbeit gut illustriert. Besonders lehrreich ist der Umstand, da\u00df die Alkoholbildung von Aspergillus niger bei Sauerstoffabschlu\u00df auf einigen Substraten durch Gegenwart minimaler Mengen von freien S\u00e4uren vollkommen eingestellt wird, indes der genannte Pilz bei Sauerstoffzutritt stark saure Reaktion der L\u00f6sung ganz gut aush\u00e4lt.","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Zuckerbildung aus Nichtzuckerstoffen durch Schimmelpilze. 239\nGute Dienste leistete hier die Methode der frischen L\u00f6sungen, die auch in der gleichzeitig zu publizierenden Arbeit von S. Kostytschew und E. Tswetkowa \u00fcber Nitratverarbeitung durch Pilze von gro\u00dfem Nutzen war. Die urspr\u00fcngliche N\u00e4hrl\u00f6sung wurde entfernt, die untere Fl\u00e4che der Pilzdecke mit sterilisiertem Wasser wiederholt abgesp\u00fclt und eine frische L\u00f6sung desselben N\u00e4hrstoffes hineingetan, wobei durch Zusatz von suspendiertem Calziumcarbonat, oder durch andere Ma\u00dfnahmen die neutrale Reaktion gesichert war. S\u00e4mtliche hierzu geh\u00f6rigen Manipulationen konnten unter aseptischen Kautelen bewerkstelligt werden. Methodische Hinweise werden in der vorstehend erw\u00e4hnten Abhandlung von S. Kostytschew und M. Afanassjewa angegeben werden.\n1. Kohlenstoffquelle d-Weins\u00e4ure.\nDie N\u00e4hrl\u00f6sung enthielt pro Liter au\u00dfer mineralischen Bestandteilen 30 g freie d-Weins\u00e4ure. Bei Sauerstoffzutritt waren zuckerartige Stoffe in der L\u00f6sung auch spurenweise nicht nachweisbar. Gr\u00f6\u00dfere Mengen der L\u00f6sungen wurden mit Na OH neutral gemacht, bei vermindertem Druck eingeengt, die Weins\u00e4ure mit Bleiacetat gef\u00e4llt, der Niederschlag abfiltriert, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff entbleit und mit Fehlingscher L\u00f6sung gepr\u00fcft. Niemals wurde eine Reduktion von CuO wahrgenommen; auch Osazonproben fielen immer negativ aus. Dies ist wohl darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, da\u00df unter gew\u00f6hnlichen Kultur Verh\u00e4ltnissen Zuckerveratmung mit gr\u00f6\u00dferer Geschwindigkeit als Zuckerbildung erfolgt. Die in frische Weins\u00e4urel\u00f6sung total versenkten Pilzdecken erzeugen dagegen Alkohol und Zucker. Bei vollkommenem Sauerstoffabschlu\u00df (im Wasserstoffe) findet Alkoholbildung nur in neutralen L\u00f6sungen der Tartrate statt. S\u00e4mtliche Alkoholbestimmungen wurden von Fri. M. Afanassjewa nach der bequemen und zuverl\u00e4ssigen Methode von M. Nicloux1) ausgef\u00fchrt und in einzelnen F\u00e4llen durch pyknometrische Methode best\u00e4tigt.\nl) M. Nicloux, Bull, de la soc. chim. Bd 35, S. 330 (190H).","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nS. Kostytschew,\nEine Kultur in L\u00f6sung von freier Weins\u00e4ure versenkt hat\ngebildet in 48 Stunden................71 mg Alkohol.\nEine Kultur in L\u00f6sung von Weins\u00e4ure versenkt im Wasserstoff hat gehildet in\n48 Stunden............................o mg\nEine Kultur bei neutraler Reaktion im\nWasserstoffe hat gebildet in 48 Stunden 103 mg\nMit Zuckerl\u00f6sungen versetzt, erzeugten Weins\u00e4urekulturen immer bedeutende Alkoholmengen.\nDie Substrate von mehreren, auf Weins\u00e4urel\u00f6sungen bei Sauerstoffabschlu\u00df belassenen Kulturen zeigten nach der vorstehend beschriebenen Behandlung eine energische Reduktion der Fe Illingsehen L\u00f6sung. Nach Bearbeitung mit Phenylhydrazin in essigsauer L\u00f6sung auf dem Wasserbade bildete sich der kristallinische Niederschlag von Glukosazon. Er wurde abgesaugt, mit wenig Benzol gekocht, abfiltriert und schlie\u00dflich aus 50%igem Alkohol unter tropfenweisem Zusatz von 1 yridin umkristallisiert. Die Substanz schmolz scharf bei 205\u00b0 unter Zersetzung.\nStickstoffbestimmung:\n0,1324 g gaben 18,4 ccm N bei 18\u00b0 und 733 mm.\ntos Hm N4 04: Berechnet N = 15,64%, Gefunden N = 15 81%.\nDiese Resultate zeigen, da\u00df Glukosazon vorliegt. Der gebildete Zucker kann also entweder Glukose oder Fruktose sein. Durch Ermittelung der spezifischen Drehung wurde der Zucker als Glukose identifiziert:\n1.\tEine Zuckerbestimmung in 20 ccm L\u00f6sung nach G. Bertrand1) ergab: 20 ccm L\u00f6sung/wurden mit Wasser auf 50 ccm aufgef\u00fcllt und davon 20 ccm f\u00fcr die Analyse verwendet. Cu =117,8 mg; also Zucker als Glukose berechnet 68 mg oder 0,315%. Glukose in 20 ccm urspr\u00fcnglicher L\u00f6sung 0,7877\u00ae.\n2.\t20 ccm Zuckerl\u00f6sung (Zuckergehalt 0,787%) drehte im 20 cm-Rohr 0,82\u00b0 nach rechts.\n(*)\u25a0> = 52,1\u00b0.\n___________ Glukose: (a)D = 52,5\u00b0.\n*) G. Bertrand, Bull, de la soc. chim. Bd. 35, S. 1285 (1906).","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Zuckerbildung aus Nichtzuckerstoffen durch Schimmelpilze. 241\nDie auf Weins\u00e4ure gez\u00fcchteten Pilzkulturen erzeugen also Traubenzucker. Der Mechanismus der Zuckerbildung bleibt einstweilen unbekannt, doch scheint die M\u00f6glichkeit der Auffindung der Zwischenprodukte auf Grund einiger Beobachtungen nicht ausgeschlossen zu sein.\n2. Kohlenstoffquelle Glycerin.\nDie N\u00e4hrl\u00f6sung enthielt pro Liter au\u00dfer mineralischen Bestandteilen 30 g Glycerin.\nEbenso wie in der Weins\u00e4ureserie wurde keine Zuckerbildung bei normalen Verh\u00e4ltnissen wahrgenommen, die in L\u00f6sung versenkten Mycelien erzeugten aber Zucker und Alkohol, so z. B.:\nEine\tKultur\tbei Luftmangel\tmit CaC03 Alkohol 135 mg.\nEine\tKultur\tim Wasserstoffe .,\t\u201e\t\u201e\t104\n\u00bb\t\u00bb\t\u00bb \u201e\tohne CaC03\t.,\t0\t\u201e\nId., aber Stickstoffquelle \u2014\tPepton\t.,\t155\nEine gr\u00f6\u00dfere Menge der vereinigten Glycerinsubstrate wurde unter Zusatz von CaC03 vorsichtig eingedampft, mit Bleiessig gereinigt und durch Schwefelwasserstoff entbleit. Das Filtrat vom Schwefelblei reduzierte stark CuO; nach Bearbeitung mit Phenylhydrazin bei Siedehitze in essigsaurer L\u00f6sung bildete sich ein Osazon, welches nach der vorstehend beschriebenen Reinigung bei 205\u00b0 unter Zersetzung schmolz.\nStickstoffbestimmung:\n0,1445 g gaben 20,0 ccm N bei 17\u00b0 und 739 mm. C19H22N404:\tBerechnet\tGefunden\nN = 15,64%.\tN = 15,84%.\nDie Bestimmung der spezifischen Drehung ergab folgendes Resultat:\n1.\tZuckerbestimmung nach G. Bertrand:\n20 ccm L\u00f6sung gaben 98 mg Cu; Zucker als Glukose berechnet = 51,5 mg, oder 0,257%.\n2.\t20 ccm Zuckerl\u00f6sung (Gehalt 0,257%) drehte im 20 cm-Rohr 0,27\u00ae nach rechts.\n(a)D = 52,5\u00b0.\nGlukose (a)u = 52,5\u00b0.","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nS. Kostytschew,\nAuch auf Glycerinl\u00f6sungen wird also Glukose gebildet. Es ist ziemlich wahrscheinlich, da\u00df als intermedi\u00e4res Produkt der Glukosebildung eine Triose entsteht, doch sind die Bedingungen der Triosebildung noch nicht in befriedigender Weise aufgekl\u00e4rt. Die Arbeit von S. Kostytschew und E. Tswetkowa \u00fcber die intermedi\u00e4ren Produkte der Nitratassimilation durch Schimmelpilze zeigt, wie gro\u00df die Bedeutung der Yersuchsdauer bei derartigen Forschungen ist. Nur einmal erhielt ich geringe Menge von einem Osazon, das in hei\u00dfem Benzol gut l\u00f6slich war. Aus Benzol umkristallisiert, zeigte die Substanz den Schmelzpunkt 132\u00b0 und besa\u00df die Kristallform des Trioseosazons. Die Zersetzung der Substanz erfolgte erst bei 170\u00b0, was ebenfalls den Eigenschaften des Trioseosazons entspricht. F\u00fcr eine ausf\u00fchrlichere Untersuchung war die Menge der Substanz unzureichend.\n3. Kohlenstoffquelle Chinas\u00e4ure.\nDie N\u00e4hrl\u00f6sung enthielt pro Liter au\u00dfer mineralischen Bestandteilen 50 g freie Chinas\u00e4ure.\nChinas\u00e4ure\tist eine ganz\tausgezeichnete\tNahrung\tf\u00fcr\nAspergillus niger, was wohl darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, da\u00df sie ein sehr geeignetes Material f\u00fcr physiologische Zuckerbildung vorstellt. Bei tadellosem Luftzutritt wird zwar auch auf Chinas\u00e4ure keine Spur von Zucker erzeugt, doch entsteht immer Zucker bei Luftmangel bzw. Luftabschlu\u00df. Unter anaeroben Verh\u00e4ltnissen wird auch Alkohol reichlich produziert, und zwar nicht nur bei neutraler, sondern auch bei saurer Reaktion:\nEine Kultur\tbei Luftmangel\tohne\tCaC03\tAlkohol\t175\tmg\nEine Kultur im Wasserstoffe\tohne\tCaCO\u00bb\t\u201e\t155\t.\n9\tIf\tI\nDurch die vorstehend beschriebene Behandlung der Substrate von den bei Luftabschlu\u00df belassenen Kulturen erhielt ich ein Osazon, das nach Abkochen mit Benzol und Umkristallisieren aus verd\u00fcnntem, pyridinhaltigem Alkohol bei 2050 schmolz.","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Zuckerbildung aus Nichtzuckerstoffen durch Schimmelpilze. 243\nStickstoffbestimmung:\n0,1227 g gaben 16,3 ccm N bei 16\u00b0 und 748 mm.\nC, 8 H ,3 N 4 0 4 : Berechnet\tGefunden\nN = 15,64 \u00b0/0.\tN = 15,44%.\nDie Veratmung von Chinas\u00e4ure erfolgt also, allem Anschein nach, \u00fcber die Zwischenstufe von Zucker. Schon l\u00e4ngst habe ich darauf hingewiesen, da\u00df Aspergillus niger, auf Chinas\u00e4ure gezogen, eine CuO-reduzierende Substanz bei Sauerstoffabschlu\u00df erzeugt1).\n4. Kohlenstoffquelle Mannit.\nDie N\u00e4hrl\u00f6sung enthielt au\u00dfer mineralischen Bestandteilen pro Liter 50 g Mannit.\nAuf Mannitl\u00f6sungen entsteht Zucker nicht nur bei Sauerstoffabschlu\u00df, sondern auch bei Sauerstoffzutritt. Auch Alkohol wird bei Sauerstoffabschlu\u00df, allerdings in Gegenwart von CaCOs, reichlich produziert. In einer bereits vor Jahren ver\u00f6ffentlichten Mitteilung habe ich darauf hingewiesen, da\u00df Man-nitkulturen von Aspergillus niger bei Sauerstoffabschlu\u00df zwar CO2 abscheiden, aber keine Alkoholbildung bewirken8). Dies ist tats\u00e4chlich der Fall bei schwach saurer Reaktion der L\u00f6sung, die aber in Mannitkulturen von Aspergillus niger immer spontan entsteht. Auf diese Weise mu\u00df man eiji Ausbleiben der Alkoholproduktion bei Luftabschlu\u00df immer mit Vorsicht beurteilen.\nEine Kultur im Wasserstoffe mit CaC03 hat gebildet 222 mg Alkohol.\nDas auf vorstehend beschriebene Weise erhaltene Osazon schmolz unter Zersetzung bei 204\u00b0\u2014205\u00b0.\nStickstof fbe Stimmung:\n0,1558 g gaben 21,2 ccm N bei 18\u00b0 und 748 mm. \u00fci8H,2N404: Berechnet\tGefunden\nN = 15,64%.\tN = 15,71%.\n!) S. Kostytschew, Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. 40, S. 563 (1904).\n*) S. Kostytschew; Bot. Ber. Bd. 25, S. 178 (1907).","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nS. Kostytschew,\nDie Natur des Zuckers ist noch nicht festgestellt. Qualitative Proben sprechen daf\u00fcr, da\u00df Fruktose vorliegt, was auch vom chemischen Standpunkte aus das wahrscheinlichste w\u00e4re.\n5. Kohlenstoffquelle G\u00e4rungsmilchs\u00e4ure.\nDie N\u00e4hrl\u00f6sung enthielt pro Liter au\u00dfer mineralischen Bestandteilen 30 g freie G\u00e4rungsmilchs\u00e4ure.\nMilchs\u00e4urekulturen bildeten Zucker und Alkohol bei anaeroben Verh\u00e4ltnissen ebenfalls nur in Gegenwart von Ca CO Das Wachstum von Aspergillus niger auf Milchs\u00e4ure war schw\u00e4cher als auf vorstehend untersuchten Stoffen; die Zuckerund Alkoholproduktion waren daher auch unbedeutend.\nEine Kultur im Wasserstoffe mit CaCO\u00bb ergab: Alkohol 39 mg\n* .\t\u201d\t\u201d\t- ohne CaC03 \u201e\t, o ,\nMit Zuckerl\u00f6sungen versetzt, bewirkten Milchs\u00e4urekulturen immer eine lebhafte Alkoholbildung.\nDas auf \u00fcbliche Weise erhaltene und gereinigte Osazon schmolz bei 205\u00bb. Mit reinem Glukosazon gemischt, schmolz die Substanz ebenfalls bei 205\u00bb. Von einer ausf\u00fchrlicheren Untersuchung wurde wegen Mangel an Material Abstand genommen; soviel scheint aber deutlich zu sein, da\u00df Milchs\u00e4ure \u00fcber die Zwischenstufe von Zucker veratmet wird. Dies steht wohl nicht im Einkl\u00e4nge mit den Bestrebungen, die \u201eMilch-sauretheone\u201c der alkoholischen G\u00e4rung wieder zu beleben.\n6. Kohlenstoffquelle Pepton.\nDie N\u00e4hrl\u00f6sung enthielt pro Liter au\u00dfer mineralischen Bestandteilen 30 g Witte-Pepton. Ammoniumnitrat wurde von den Mineralsalzen ausgeschlossen.\nEs gelang mir nicht, eine Zuckerbildung in Peptonkulturen naclizuweisen; auch wurde keine Alkoholbildung bei Sauer-stoflabschln\u00df wahrgenommen, obgleich die Reaktion der Substrate immer neutral, oder schwach alkalisch war. Die alkalische Reaktion ist wohl auf eine sekund\u00e4re Ammoniakbildung zuruckzuf\u00fchren. Auch in Gegenwart von CaC03 entstand keine Spur von Alkohol. Besond\u00e9rs beachtenswert scheint der Umstand zu sein, da\u00df auch nach reichlicher Zuckergabe","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Zuckerbildung aus Nichtzuckerstoffen durch Schimmelpilze. 245\nfin Form von Traubenzucker) keine Alkoholbildung bei Sauerstoffabschlu\u00df zu verzeichnen war; erst nach kurzdauerndem Verweilen auf Zuckerl\u00f6sungen bei vollem Luftzutritt haben Peptonkulturen im Wasserstoffe eine ausgiebige Alkoholproduktion bewirkt. Es ist also ersichtlich, da\u00df Peptonkulturen an und f\u00fcr sich zymasefrei sind.\nVorstehend beschriebene Versuche zeigen also, da\u00df mit verschiedenartigen stickstoffreien Stoffen ern\u00e4hrte Kulturen bei Sauerstoffmangel Zucker und Alkohol erzeugen. Es liegt also die Annahme nahe, da\u00df in allen derartigen F\u00e4llen \u201eZuckeratmung\u201c vorliegt. Dagegen scheint es, da\u00df stickstoffhaltige Stoffe aus der Gruppe der eiwei\u00df\u00e4hnlichen Verbindungen auf eine eigent\u00fcmliche Weise, und zwar nicht \u00fcber die Zwischenstufe von Zucker, veratmet werden. Bereits fr\u00fcher habe ich darauf hingewiesen, da\u00df die anaerobe Atmung der Pflanzen in manchen F\u00e4llen nicht als alkoholische G\u00e4rung anzusehen ist. Diesen Vorgang belegte ich mit dem Namen \u201eanaerobe Atmung sensu stricto\u201c ; ein wohl nicht gl\u00fccklich gew\u00e4hlter und unbestimmter Ausdruck! Besser scheint es mir jetzt, den betreffenden Vorgang als \u201eEiwei\u00dfatmung\u201c zu bezeichnen. In der angek\u00fcndigten Mitteilung von S. Kostytschew und M. Afanassjewa sollen sowohl \u201eZuckeratmung\u201c als \u201eEiwei\u00dfatmung\u201c vom physiologischen Gesichtspunkte aus besprochen werden.","page":245}],"identifier":"lit20902","issued":"1920","language":"de","pages":"236-245","startpages":"236","title":"\u00dcber Zuckerbildung aus Nichtzuckerstoffen durch Schimmelpilze","type":"Journal Article","volume":"111"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:59:22.733470+00:00"}