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{"created":"2022-01-31T15:23:59.296233+00:00","id":"lit20906","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"London, E. S.","role":"author"},{"name":"N. P. Kotschnew","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 111: 273-279","fulltext":[{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Tiefblutforschungen.\nVon\nE. 8. London unter Mitwirkung von N. P. Kotschnew.\nI. M i 11 e i 1 u n g.\nDie Vasostomie.\nMit 5 Abbildungen.\n(Ans der Abteilung f\u00fcr allgemeine Pathologie des Instituts f\u00fcr experimentelle Medizin zu St. Petersburg.)\n(Der Redaktion zugegxngen am 23. September 1920.)\nAuf dem Gebiete physiologischer und pathologischer Forschung ist das Experiment um so vollkommener und die daraus zu ziehenden Schlu\u00dffolgerungen sind um so beweiskr\u00e4ftiger, je n\u00e4her die Versuchsbedingungen an die nat\u00fcrlichen Lebensverh\u00e4ltnisse herankommen. Die Entwicklung der Versuchs-methodik besteht auch gerade in einer'st\u00e4ndigen Ann\u00e4herung des Experimentes an die Bedingungen physiologischer oder pathologischer Wirklichkeit. Nicht immer jedoch ist das leicht zu erreichen. In manchen F\u00e4llen ist es noch aussichtslos, die Versuchsbedingungen an die normalen Lebensverh\u00e4ltnisse heranzubringen.\nSo war es unter anderem mit dem Experiment an tiefliegenden Blutgef\u00e4\u00dfen und besonders Venen bestellt. Physiologen und besonders Chemo-Physiologen strebten schon l\u00e4ngst darnach, zur Kl\u00e4rung einiger Fragen der Resorption und Ern\u00e4hrung Blutproben aus der Pfortader w\u00e4hrend des Verdau\u00fcngs-aktes zu analysieren. Da der direkte Weg zu diesem Gef\u00e4\u00df unzug\u00e4nglich ist, so versuchten die Forscher auf dem Umwege der Eckschen Operation dahin zu gelangen unter der Voraussetzung, da\u00df das peripherische Blut beim Eckschen Hunde sich vom Portalblut nur dadurch unterscheide, da\u00df es mit dem\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. CXI.\t20","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nE. S. London,\nK\u00f6rperblut verd\u00fcnnt sei. Andere Gef\u00e4\u00dfe innerer Organsysteme mu\u00dften ganz beiseite gelassen werden wegen Unzug\u00e4nglichkeit; unter normalen Lebensbedingungen und in entsprechenden i allen wurde dann der Zustand des Organismus entweder durch vivisektorische Eingriffe ver\u00e4ndert oder es mu\u00dfte bisweilen eine vollst\u00e4ndige Umdrehung der nat\u00fcrlichen Verh\u00e4ltnisse verursacht werden durch Anwendung der Durchsp\u00fclungsmethode am \u00fcberlebenden Organ.\nImmerhin werden alle diese Eingriffe ihre Bedeutung behalten als experimentelle Hilfsmittel. Es ist aber sicher, da\u00df die Lehre des intermedi\u00e4ren Stoffwechsels, der inneren Sekretion und der Organexkrete schon jetzt eine bedeutend bessere Entwicklung haben w\u00fcrde, als sie bis jetzt erreicht ist, wenn die experimentelle Forschung \u00fcber eine Methode verf\u00fcgte, freien Zutritt zu den tiefliegenden Gef\u00e4\u00dfen innerer Organe zu schaffen unter Einhaltung nat\u00fcrlicher Lebensbedingungen.\nAls ich vor einigen Jahren bei der Erforschung des Verdauungschemismus mich unmittelbar den Darmwandprozessen gegen\u00fcbergestellt sah, befand ich mich in einer Sackgasse. Ein Ausweg war nur m\u00f6glich, wenn ein direkter freier Weg zur Portalvene und weiterhin zur Lebervene gefunden sein w\u00fcrde, sei es auch unter denselben, im allgemeinen normalen, Bedingungen, die der Methode der Magen- und Darmfisteln eigent\u00fcmlich ist. Eine derartige Methode gab es aber nicht, und ich war angewiesen, an die Ausarbeitung derselben zu schreiten. Bei der gegenw\u00e4rtigen Sachlage kann es mir erlassen werden, den verschlungenen und dornenreichen Pfad zu schildern, der begangen werden mu\u00dfte, ehe sich die geeignete Richtung fand. Es mag gen\u00fcgen, das Prinzip der Methodik und die operative Technik in gro\u00dfen Z\u00fcgen anzugeben.\nDas Prinzip besteht einfach darin, das tiefliegende Blutgef\u00e4\u00df durch Heranziehen der \u00e4u\u00dferen Bauchwand zu n\u00e4hern und hier zu fixieren. Darauf wird eine Kan\u00fcle besonderer Konstruktion (Fig. 1 und 2) an das Gef\u00e4\u00df befestigt, um nach Belieben eine Spritzennadel einf\u00fchren zu k\u00f6nnen. Die Durchf\u00fchrung dieses, seinem Wesen nach einfachen Prinzips setzt aber sehr komplizierte Manipulationen voraus, je nach den","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Tiefblutforschungen.\n275\nanatomischen und topographischen Eigent\u00fcmlichkeiten des einzelnen Falles. F\u00fcrs erste ist nur f\u00fcr die Portalvene und die Lebervene eine Methode endg\u00fcltig ausgearbeitet worden.\nFig. 1. Pfortaderkan\u00fcle.\tFig. 2. Leberkan\u00fcle.\nDie Pfortaderwand ist zu schwach, als da\u00df es m\u00f6glich w\u00e4re, gleichzeitig ihre Fixierung an der Bauchwand und die Befestigung einer Metallkan\u00fcle an ihr vorzunehmen. Sicherer ist es, diese Operation zweizeitig zu machen. Zuerst wird die Pfortader von ihrer peritonealen Bekleidung befreit und losgel\u00f6st, zwischen zwei Ligaturen wird der zur Milz f\u00fchrende Zweig getrennt und auf diese Weise das Gef\u00e4\u00df in der Bauchh\u00f6he freibeweglich gemacht. Dorsal von der Vene wird das Duodenum mit dem Colon vern\u00e4ht, wodurch ein Zur\u00fccksinken der Vene in ihr altes Lager verhindert wird. Die \u00fcber die vern\u00e4hten Darmschlingen sich w\u00f6lbende Vene wird nun der","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nE. S. London,\nBauchwand gen\u00e4hert und mit zwei F\u00e4den daran fixiert, nachdem vorher an dieser Stelle Haut und \u00e4u\u00dfere Muskelschicht durchtrennt worden waren. Der von der \u00e4u\u00dferen Muskellage und der Haut freigemachte innere Muskel gibt dem Zuge der Vene leicht nach und bildet eine trichterf\u00f6rmige Vertiefung, welche mit der Zeit wieder ausgeglichen wird. Wird die Vene mit der unversehrten Bauchwand vern\u00e4ht, so f\u00fchrt der, be-\ntig. 3. a Leber; b Gallengang; c, f Pfortader; d Haftungsstelle;\ne Bauchwand.\nsonders bei Hunden mit hoher Brust, starke Zug nicht selten zu einer Durchschneidung der F\u00e4den mit t\u00f6dlichem Ausgang. Ungef\u00e4hr 2 Wochen nach der Operation hat sich der Hund so weit erholt, da\u00df es m\u00f6glich ist, zur zweiten Operation zu schreiten. Bei der Er\u00f6ffnung des Bauches findet sich dann ein verschiedenes Bild. Entweder liegt das Gef\u00e4\u00df an der Fixationsstelle (Fig. 3, c, f, d), oder es ist davon abgewichen, an einem Strange haftend, oder endlich es hat sich vollkommen von der Bauch wand abgeschn\u00fcrt . Welches Bild sich aber auch bieten","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Tiefblutforschungei).\n277\nniag, das Ziel der Operation ist erreicht, da dieselbe zu einer Verst\u00e4rkung und Verdickung der Venenwand gef\u00fchrt hat, bis zum Grade einer Arterienwand. Hat das Gef\u00e4\u00df keine Zeit gehabt, abgeschn\u00fcrt zu werden, so wird der Strang *'durch-\nhg. }. n Jugulariskan\u00fcle; & Leberkan\u00fcle; c Pfortaderkan\u00fcle; a trichterf\u00f6rmige Hautvertiefung.\nschnitten und an das freigelegte Gef\u00e4\u00df der Kan\u00fclenring an-gelegt (Fig. 1 und 4, c). Die Kan\u00fclenr\u00f6hre wird durch den mittleren Bauchschnitt gef\u00fchrt, wobei die Vene mit zwei Seiten-fciden diesseits und jenseits des Ringes fixiert wird.\nMit der Lebervene steht es anders. Hier ist eine zweite Operation nicht n\u00f6tig, weil die Venenwand gen\u00fcgend stark ist","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nE. S. London,\nund einen recht starken Zug vertr\u00e4gt. Zur Fixation wird der frei zwischen festem linken und anliegendem kleinen Leberlappen (Fig. 5) eingelagerte Randteil des Gef\u00e4\u00dfstammes (v. portae) gew\u00e4hlt. Die Anlegung des Kan\u00fclenringes an der Lebervene ist viel schwieriger als an der Pfortader infolge der versteckten Lage der zahlreichen Verzweigungen der Lebervene und deren unregelm\u00e4\u00dfiger Anordnung, ganz abgesehen von der Unbest\u00e4ndigkeit ihrer Anzahl. Die Erfahrung hat gezeigt, da\u00df das Anlegen des Kan\u00fclenringes in folgender Weise* leicht gelingt: mit einer flachen Sonde wird der rechte freie Rand der Vene von der unterliegenden Pfortader abpr\u00e4pariert. Durch die Pr\u00e4parations\u00f6ffnung wird leicht geneigt in dorsal\u00ab r Richtung unter die \\ene eine Dechamps-Nadel eingef\u00fchrt, deren Ende unter Fingerkontrolle aus der Leber nach au\u00dfen gef\u00fchrt wird. Anwendung von Gewalt ist dabei zu vermeiden, und man mu\u00df eine Stelle suchen, die der Nadel freien, un-behindei ten Eintritt gestattet, um die Verletzung irgend eines ^ enenzweiges zu vermeiden. An das l\u00e4ngere Ringende (Fig. 2) wird ein Netzgipfel geheftet und der dazu benutzte Seidenfaden durch das Nadel\u00f6hr gezogen. Wird nun die Nadel herausgezogen, so tritt das Ringende mit dem Netz in den Nadelkanal. Die das Netz fixierenden Fadenteile dienen auch dazu, den Zusammenschlu\u00df der beiden Ringenden zu bewirken. Weiter wird die dicht unter dem Rande der Lebervene liegende Pfortader an die Bauchwand geheftet, wobei abermals nicht die ganze Muskellage der letzteren erfa\u00dft wird, sondern nur der innere Muskel. Die Kan\u00fcle wird einen Zentimeter \u00fcber der Fixierungsnaht nach au\u00dfen gef\u00fchrt (Fig. 4, b). Eine dadurch verursachte trichterf\u00f6rmige Einziehung (Fig. 4, d) wird mit der Zeit ausgeglichen.\nWenn es w\u00fcnschenswert ist, an demselben Hunde eine \\ asostomie der Pfortader und eine solche der Lebervene auszuf\u00fchren (Fig. 4), so werden beide R\u00f6hren zugleich mit der zweiten Operation angelegt1).\nBei dem abgebildeten Hunde ist noch eine dritte Kan\u00fcle (an der v. jugularis) angelegt.","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Tiefblutforschungen.\n279\nDie geschilderten F\u00e4lle geben uns Beispiele f\u00fcr ein frei in der Bauchh\u00f6hle gelagertes Gef\u00e4\u00df und f\u00fcr ein mit seinem Organ eng verbundenes Gef\u00e4\u00df. In allen denkbaren F\u00e4llen, in denen es sich um freien Zutritt zu einem tiefliegenden Blutgef\u00e4\u00df handelt, werden wir immer bald diesen, bald jenen Gef\u00e4\u00dftypus vorfinden, so da\u00df mit dem Vorstehenden die Operationsmethode der Vasostomie eigentlich ersch\u00f6pfend dargestellt ist.","page":279}],"identifier":"lit20906","issued":"1920","language":"de","pages":"273-279","startpages":"273","title":"Tiefblutforschungen, I. Mitteilung: Die Vasostomie","type":"Journal Article","volume":"111"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:23:59.296239+00:00"}