Open Access
{"created":"2022-01-31T15:18:43.235839+00:00","id":"lit20908","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Herzog, R. O.","role":"author"},{"name":"F. Beck","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 111: 287-292","fulltext":[{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufl\u00f6sung von Zellulose in Salzen der Alkalien\nund Erdalkalien.\nVon\nR. 0. Herzog und F. Beck.\n(Ans <lem Kaiser Wilhelm Institut f\u00fcr Faserstoffchemie, Berlin-Dahlem.\u00bb\n(Der Redaktion zugegangen am 20. Oktober 1920.)\n1. \\ oi einiger /eit hat P. von Weimarn1) angegeben, da\u00df jede beliebige Zelluloseart in eine gallertartig plastische torm sowie in den Zustand einer kolloidalen L\u00f6sung dadurch \u00fcbergef\u00fchrt werden kann, da\u00df man sie bei geeigneter Konzentration und Temperatur mit konzentrierten w\u00e4\u00dfrigen Salzl\u00f6sungen behandelt. C. Schwalbe2) und E. Heuser\u00bb) konnten diese Beobachtungen nicht best\u00e4tigen. Bei dem Interesse, das P. von Weimarns Angaben f\u00fcr die Chemie der Zellulose besitzen, haben wir uns ziemlich eingehend mit ihrer Nachpr\u00fcfung besch\u00e4ftigt und berichten nachstehend in K\u00fcrze \u00fcber das Ergebnis unserer Versuche.\nAls Ausgangsmaterial diente rohe und nach Schwalbe4) ' gereinigte Baumwolle verschiedener Herkunft, k\u00e4ufliche gebleichte Watte, Holzzellstoff und auf verschiedenen Wegen gewonnene sog. Hydrozellulose. Die Zellulose wurde mit konzentrierten, eventuell ges\u00e4ttigten Salzl\u00f6sungen entweder im offenen Gef\u00e4\u00df oder im geschlossenen Rohr, mitunter auch im Autoklaven unter R\u00fchrung erhitzt. Auf 100 ccm wurden ip der Regel 0,2\u20142 g Zellulose angewendet. Au\u00dfer der Salzkonzentration wurde die Temperatur \u2014 bis zu 170\u00b0 \u2014 sowie die Einwirkungsdauer variiert. Die Versuche wurden abgebrochen, wenn Quellung bzw. L\u00f6sung der Zellulose oder starke Humusbildung und Reduktionswirkung auf Fehlingsche\n*) Ko11- Zeitschr. Bd. 11, S. 41 (1912). D. R.P. 275 882, Kl. 29.\n*) F\u00e4rberztg. 1913, 436.\ns) Kunststoffe 1915, 126.\n*) Vgl. Chr. Bay, Diss. Gie\u00dfen 1913.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nR. 0. Herzog und F. Beck,\nL\u00f6sung oder schlie\u00dflich, wenn nach langer Einwirkungsdauer keinerlei Reaktion eintrat.\n2. Zu den nachstehend beschriebenen Versuchen wurde k\u00e4ufliche gebleichte Watte, Natron- oder Sulfitzellstoff verwendet.\nDas Ergebnis war stets negativ mit L\u00f6sungen von Chloriden, Bromiden, Nitraten, Sulfaten, Rhodaniden, Acetaten und Lactaten des Na, K, NH4, Mg, ferner von Bromiden des Ba und Sr und von Ba(CNS)2. Ca(N03)2 greift Zellulose in anderer Weise an.\nQuellung unter Erhaltung der Struktur wurde bewirkt durch KJ in hei\u00dfges\u00e4ttigter L\u00f6sung bei 120-140\u00b0. und 6 st\u00e4ndiger Behandlung und durch die Jodide der Erdalkalien in kaltges\u00e4ttigter L\u00f6sung nach 2-4st\u00fcndiger Einwirkung bei 120\u2014150\u00b0.\nL\u00f6sung trat ein mit hei\u00dfges\u00e4ttigten L\u00f6sungen von NaJ1) und Li CI, mit konzentrierten hei\u00dfen L\u00f6sungen von Li Br und LiJ2), mit CaJ2 schon nach kurzem Erhitzen eventuell bis zum Sieden, ferner mit Sr(CNS)2. Weitere Ergebnisse bringt die folgende Tabelle:\nSubstanz\tKonzentration\tTemperatur\tZeit\tWirkung\nLiNOs\thei\u00dfges\u00e4ttigt\t120\u00b0\t2 Std.\tgel\u00f6st\nCa Br.\thei\u00dfges\u00e4ttigt\t120\u00b0\t2 Std.\tgel\u00f6st\n\t\t\t(kaltges\u00e4ttigt Quellung)\t\nCa(CNS).\t8\u20149 norm.\t100-120\u00b0\t2 Std. |\tgel\u00f6st\nl) Wird Zellulose bei 120\u2014150\u00b0 4 Stunden mit kaltges\u00e4ttigter w\u00e4\u00dfriger L\u00f6sung von Jodiden behandelt, so f\u00e4rbt sie sich rotbraun. Auf Zusatz von Wasser verschwindet die F\u00e4rbung fast momentan bis auf einige Stellen, die schwach gef\u00e4rbt bleiben. Natronzellstoff zeigt dieselbe Erscheinung, nur l\u00e4\u00dft sich die F\u00e4rbung schwerer mit Wasser entfernen.\n*) Setzt man zu hei\u00dfer LiJ-L\u00f6sung eine ganz kleine Menge Zellulose zu, so l\u00f6st sich diese tr\u00e4ge auf. Sobald sie aber gel\u00f6st ist, wird frisch zugesetzte Zellulose selbst bei etwas niedrigerer Temperatur (80\u00b0) leicht aufgel\u00f6st. Diese Erscheinung konnte auch bei andern Salzen beobachtet werden. \u2014 bringt man zur hei\u00dfen L\u00f6sung von Zellulose in LiJ Wasser, und zwar das 3 fache Volumen der urspr\u00fcnglichen L\u00f6sung, so tritt tiefdunkle F\u00e4rbung mit violettem Stich auf.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufl\u00f6sung von Zellulose in Salzen der Alkalien usw. 289\nMit k\u00e4uflichem \u201ereinem\u201c CaCl2 konnte L\u00f6sung nicht erzielt werden. Dies gelang aber auf folgende Weise. CaCL* in verd\u00fcnnter L\u00f6sung wurde mit 0,01 nHCl vollst\u00e4ndig neutralisiert, hierauf sehr weitgehend eingeengt. Je 10 ccm dieser L\u00f6sung wurden mit 0,1 g Watte im Trockenschrank 24 Stunden auf 120\u2014130\u00b0 erhitzt. Nach dieser Zeit war die Watte weitgehend gelatiniert.\nEin Zusatz von CaCl2 zu Ca(CNS)2 setzt die L\u00f6slichkeit kaum herab, dagegen verhindern die Chloride von Na, NH4, K die Aufl\u00f6sung. KHgJ3 l\u00f6st Zellulose spielend.\n3.\tDie Wirkung des Calciumrhodanids auf Zellulose ist eingehender als die der andern Salze untersucht worden. 8n-L\u00fcsung vermag bei 120\u00b0 nach 2 Stunden zu l\u00f6sen, w\u00e4hrend eine 7,8n-L\u00f6sung nach 5 Stunden bei 120\u2014130\u00b0 nur Quellung, aber keine L\u00f6sung bewirkt. lOn-L\u00f6sung l\u00f6st bei 100\u00b0 vollst\u00e4ndig nach 2 Stunden auf, nicht bei tieferer Temperatur. 10 ccm der 10 n-Rhodansalzl\u00f6sung verm\u00f6gen bis zu 7* g Zellulose vollst\u00e4ndig aufzul\u00f6sen, 1 g Zellulose wird dagegen in eine Gallerte umgewandelt. Von der Salzl\u00f6sung werden also maximal 10 \u00b0/o an Zellulose aufgenommen. Bei gew\u00f6hnlicher Temperatur erstarren die L\u00f6sungen, die mehr als 0,3% Zellulose enthalten, zu mehr oder weniger festen Gallerten, aus denen sich das Rhodancalcium mit Wasser, Alkohol usw. auswaschen l\u00e4\u00dft. Die zur\u00fcckbleibende Zellulose bildet ein milchwei\u00dfes Gel. Behandelt man die salzhaltige Gallerte mit organischen Fl\u00fcssigkeiten, die mit Wasser nicht mischbar sind, wie Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff usw., so wird sie elastisch und gummiartig.\n4.\tDie Gegenwart von Abbauprodukten der Zellulose scheint ganz allgemein ihre Angreifbarkeit autokatalytisch zu erleichtern1)- Auch die nachstehenden Versuche zeigen, da\u00df die L\u00f6slichkeit von Zellulosepr\u00e4paraten in Salzl\u00f6sungen von ihrer Vorgeschichte abh\u00e4ngt.\nRohe \u00e4gyptische, mit Petrol\u00e4ther 1\u20142 Stunden extrahierte\n') Vgl. C. Schwalbe und E. Becker, Zeitschr. f. angew. Chemie Bd. 33, I, S. 57 (1920). (S. auch vorige S. Anm. 2).\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. CXI.\n21","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nR. O. Herzog und F. Beck,\nBaumwolle konnte in L\u00f6sung von Li CI nicht aufgel\u00f6st werden, selbst nicht, als hei\u00dfges\u00e4ttigte Li Cl-L\u00f6sung 6 Stunden darunter 120\u2014150\u00b0 einwirken gelassen wurde. Ebensowenig wurde nach Schwalbe gereinigte Zellulose aufgel\u00f6st.\nAuch NaJ-L\u00f6sung brachte nicht extrahierte Rohbaumwolle selbst nach 24 st\u00e4ndigem Erhitzen nicht zur L\u00f6sung. Mit Petrol\u00e4ther extrahierte Baumwolle wird dagegen schon nach einigen Minuten beim Sieden vollst\u00e4ndig gel\u00f6st; dasselbe gilt von Zellulose, die nach Schwalbe gereinigt ist. Die gleiche Erfahrung wurde mit LiBr, LiJ, CaBra, CaJa, SrJa, CalCNS), gemacht. Die Salze waren aber imstande, jede Art Baumwolle nach Extraktion mit Petrol\u00e4ther aufzul\u00f6sen. (Schutz durch die Cuticula?)\nVersuche mit Holz, Stroh und Flachs ergaben \u00e4hnliche Resultate.\nVersuche mit Salzen in organischen L\u00f6sungsmitteln verliefen durchaus negativ1).\n5. Weiterhin sind Versuche \u00fcber die Eigenschaften der in den konzentrierten Salzl\u00f6sungen aufgel\u00f6sten und aus ihnen wieder ausgef\u00e4llten Zellulose bzw. deren Abbauprodukten angestellt worden.\nEs wurde die sog. Kupferzahl2), die Hydrolysierzahl4) und die Feuchtigkeit bestimmt. In der folgenden Tabelle sind vergleichsweise Werte f\u00fcr das Ausgangsmaterial angegeben.\nMaterial\tKupferzahl\tHydrolysierzahl\tFeuchtigkeit\nurspr\u00fcngl. Zell. . .\t1,1\t3,3\t6,67*\naus Rhodancalcium\t\t\t\nwiedergewonnene\t\t\t\nZell. i. M. . . .\t1,3\t18,5\t00\n\u00c4hnliche Verh\u00e4ltnisse bestehen bei der Behandlung von Zellulose anderen Ursprungs oder anderer Vorbehandlung. Die Aschengehalte unterscheiden sich kaum.\n') \u00dcber die L\u00f6slichkeit in S\u00e4uren bei Salzgegenwart vgl. Deining, Journ. am. ehern. Soc. Bd. 13, S. 1515 (1911).\n*) H\u00e4gglund, Papierfabrikant, 1909, Heft 15, S. 3.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Aufl\u00f6sung von Zellulose in Salzen der Alkalien usw. 291\nUm einen weiteren Vergleich mit der urspr\u00fcnglichen Zellulose anstellen zu k\u00f6nnen, wurde neuerlich die L\u00f6sef\u00e4higkeit der mit Wasser ausgef\u00e4llten Produkte in konzentrierten Salzl\u00f6sungen gepr\u00fcft. Hierzu wurde haupts\u00e4chlich aus Rhodancalcium gef\u00e4llte Zellulose benutzt. Im allgemeinen ergab sich, da\u00df bereits Salzl\u00f6sungen von geringerer Konzentration ihnen gegen\u00fcber L\u00f6sef\u00e4higkeit besitzen, als gegen gew\u00f6hnliche Zellulose; ferner l\u00f6sen die Jodide des Mg und Ba das Produkt bei 120\u2014140\u00b0 in 4 Stunden, w\u00e4hrend sie z. B. gebleichte Watte bei diesen Bedingungen nicht aufzul\u00f6sen verm\u00f6gen. Im Gegensatz zu Zellulose wird das Produkt durch\nMagnesiumacetat bei 2st\u00fcndigem Erhitzen auf 120\u00b0 vollst\u00e4ndig gelatiniert, aber hierbei spielt sicherlich die Hydrolyse des Salzes mit.\nEndlich wurde das Verhalten zu Alkalien und S\u00e4uren gepr\u00fcft. Die Einwirkung der ersteren ergibt sich aus folgender Tabelle:\nl\u00b0/oiges Na OH . . . schwache Quellung,\t\u2022\n2\t,\tNaOH\t.\t.\t.\n8\t,\tNaOH\t.\t.\t.\tst\u00e4rkere\t\u201e\tschwache Gelbf\u00e4rbung\n10\t,\tNaOH\t.\t.\t.\tstarke\t,\tstarke\t,\n\u201e\tNaOH\t_\t.\tschw\u00e4chere\t*\tschwache\t\u201e\n5'J \u201e NaOH . . .\t\u201e\nWie ersichtlich, f\u00e4llt das Verhalten gegen 10%ige Natronlauge heraus ; das Produkt wird stark gelb gef\u00e4rbt und quillt sehr stark, und zwar in der K\u00e4lte nach l\u00e4ngerer Zeit, momentan bei Siedetemperatur.\nBei der Behandlung mit kalten konzentrierten S\u00e4uren (HCl, H2S04) ballt sich das pulverf\u00f6rmige Produkt zusammen und wird schwer benetzt. Ist es gel\u00f6st, so kann zum Unterschied gegen Zellulose schon durch wenig Wasser leicht in zusammenh\u00e4ngender Masse ausgef\u00e4llt werden.\n0. Zusammenfassung. Aus den Versuchsergebnissen folgt, da\u00df die L\u00f6slichkeit der Zellulose in konzentrierten Salzl\u00f6sungen eine Funktion der Hydratation der Ionen ist, aus denen sich das Salz zusammensetzt; je gr\u00f6\u00dfer diese, desto gr\u00f6\u00dfer die L\u00f6slichkeit. Die Hydra-","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292 R. 0. Herzog und F. Beck, \u00dcber die Aufl\u00f6sung von Zellulose usw,\ntation des Anions und Kations addieren sich. Man kann aus den bekannten Reihen f\u00fcr die Hydratation der Ionen1 *):\nNH4 < K < Na < Li\nBa < Sr < Ca\nYt S04 < Cl < Br < J < CNS*) die L\u00f6slichkeit eines Salzes direkt entnehmen3).\nAuf die chemischen Ursachen des L\u00f6sungsvorganges soll nicht n\u00e4her eingegangen werden, bevor nicht kl\u00e4rende Versuche an chemisch definiertem Material vorliegen. Man m\u00f6chte annehmen, da\u00df zun\u00e4chst Komplexe aus Zellulose, dem Salz und Ha0 gebildet werden, die sich unter Wasseraufnahme des Kohlehydrates wieder spalten.\nDie Angaben P. v. Weimarns bestehen nur in gewissen, oben angegebenen Grenzen zurecht.\n\u2018) Vgl. z. B. Nernst, Lehrbuch der theoretischen Chemie, 7 Aufl 1913, S. 413.\n*) N03 m\u00fc\u00dfte der Hydratation nach zwischen J und CNS stehen, der L\u00f6sef\u00e4higkeit nach zwischen \u00bb/, S04 und den Halogenen.\n3) H\u00f6chstwahrscheinlich auch das Verhalten gegen St\u00e4rke und andere nahestehende Stoffe.","page":292}],"identifier":"lit20908","issued":"1920","language":"de","pages":"287-292","startpages":"287","title":"\u00dcber die Aufl\u00f6sung von Zellulose in Salzen der Alkalien und Erdalkalien","type":"Journal Article","volume":"111"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:18:43.235845+00:00"}