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{"created":"2022-01-31T14:58:25.441688+00:00","id":"lit20909","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Zellner, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 111: 293-296","fulltext":[{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 >\nUber den Milchsaft von Lactarins vellereus Fr.\nVon\nJulias Zellner.\n(I)or Redaktion zugeg&ngen am 21. Oktober 1920.)\nBez\u00fcglich des Milchsaftes der Lactariusarten liegen bereits einige chemische Angaben vor1). Die Gewinnung des Milchsaftes von Lactarius vellereus geschah gleich im Walde, indem der eingerollte Rand des Hutes sowie die Lamellen nahe der Basis ihrer L\u00e4nge nach abgeschnitten wurden und die austretende Fl\u00fcssigkeit in einem W\u00e4gegl\u00e4schen gesammelt oder auf reines Filtrierpapier tropfen gelassen wurde, auf dem sie an der Luft rasch und ohne sichtbare Ver\u00e4nderung eintrocknet. Der frische Milchsaft zeigt einen scharfen Geschmack, schwachen Pilzgeruch und schwach saure Reaktion gegen Lakmus. Unter dem Mikroskop erweist er sich als eine Emulsion, deren Tr\u00f6pfchen meist so klein sind, da\u00df sie die Brownsche Bewegung zeigen, was auch schon Boudier bemerkt hat. Daneben linden sich etwas gr\u00f6\u00dfere Tr\u00f6pfchen und hie und da auch kugelf\u00f6rmige Kristallaggregate. Die Menge des Milchsaftes wechselt nach dem Entwicklungsstadium und den Feuchtigkeitsverh\u00e4ltnissen. Junge und namentlich halbentwickelte Exemplare liefern am meisten (bis zu 25 Tropfen), alte Individuen, besonders nach l\u00e4ngerer Trockenheit, wenig oder gar nichts.\nDie chemische Untersuchung gestaltete sich einfach, da kolloide und zersetzliche Stoffe nicht vorhanden sind. Der auf dem Wasserbad eingetrocknete Milchsaft bzw. das den\n\u2018) boudier, Die Pilze, \u00fcbersetzt von Th. Husemann 1867, S. 77 ff. Chodat und Chuit, Chem. Zentralbl. 1889 Bd. II S. 144 und 467. Bougault und Charaux, ebenda 1911 Bd. 11 S. 1463 und 1598; 1912 Bd. I S. 23, 214, 732. Zellner, Monatshefte f. Chem. 1^20 Bd. 41, S. 443.","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nJulius Z\u00f6llner,\neingetrockneten Saft enthaltende Filtrierpapier wurden im Soxhletapparat mit \u00c4ther ausgezogen, der die Hauptmenge der festen Stoffe in L\u00f6sung bringt. Nach dem Einengen des Extraktes scheiden sich Kristalle aus, die nur zweimal unter Tierkohlezusatz aus w\u00e4\u00dfrigem Alkohol umkristallisiert zu werden brauchen, um rein zu sein. Es liegt freie Stearins\u00e4ure vor.\nIdentifizierung: Perlmuttergl\u00e4nzende, fettig anzuf\u00fchlende Kristalle von den L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnissen der h\u00f6heren Fetts\u00e4uren, Schmelzpunkt 69\u201470\u00b0. 0,8653 g Substanz verbrauchten zur Neutralisation 6,2 cm* Lauge vom Titer 0,02811 g KOH pro cm*, Neutralisationswert 201,4, berechnet f\u00fcr C18Hm02 197,1, 0,4072 g des in bekannter Weise bereiteten und im Vakuum getrockneten Barytsalzes lieferten 0,1365 g BaS04, entsprechend 22,01% BaO (berechnet 21,76%).\nBoudier sah die Kristallisation als ein Harz an, Chodat und Chuit hielten sie f\u00fcr die von Th\u00f6rner1) und Bissinger2) irrt\u00fcmlich als eine neue Fetts\u00e4ure beschriebene Lactars\u00e4urc von der vermeintlichen Formel C15H3002, Bougault und L har aux erkannten sie als Stearins\u00e4ure, was durch meine Untersuchung best\u00e4tigt wird. Die Stearins\u00e4ure bildet neben Wasser den Hauptbestandteil des Milchsaftes.\nIn andern Lactariusarten findet sich die von Bougault und Charaux entdeckte Lactarins\u00e4ure (eine Ketostearins\u00e4ure C18Hst08) vor. Es kann als sicher gelten, da\u00df im Milchsaft der Lactariusarten Stearin- oder Lactarins\u00e4ure im freien Zustand emulgiert enthalten sind, wenn auch die Isolierung in vielen F\u00e4llen nicht aus dem Milchsaft selbst, sondern aus dein ganzen Pilz erfolgte. In zwei F\u00e4llen, bei L. rufus und torminosus, habe ich mich in letzter Zeit \u00fcberzeugt, da\u00df ihre Milchs\u00e4fte freie Fetts\u00e4uren enthalten. Nach den Angaben von Bougault und Charaux wie auch nach einigen eigenen Beobachtungen8) verteilen sich die beiden genannten Fetts\u00e4uren auf verschiedene Lactariusarten folgenderma\u00dfen: Lactarins\u00e4ure f\u00fchrende Arten sind L. uvidus Fr., theiogalus Bull., lilacinus Lasch., suhdulcis Bull, (blasse Variet\u00e4t), plumbeus Bull., pyrogalus Bull., rufus Scopol., pallidus Pers., Stearins\u00e4ure enthalten L. azonites Bull., controversus Pers., vellereus Fr., piperatus L., subdulcis Bull., torminosus Schaeff., scrobiculatus Scopol, deliciosus L.\n') Berl. Ber. 1879 S. 1635.\n*) \u00dcber Bestandteile der Pilze Lactarius piperatus und Elaphomyces granulatus. Dissertation Erlangen 1883.\n8) Monatshefte Bd. 34, S. 321 (1912): Bd. 36, S. 611 (1915)* 1920 Bd. 41, S. 443.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Milchsaft von Lactarios vellerens Fr.\n295\nIn den Mutterlaugen von der Stearins\u00e4urekristallisation ist ein harzartiger Stoff enthalten, welcher der Hauptsache nach nicht verseifbar ist und daher in der Weise von den Resten der S\u00e4ure getrennt werden kann, da\u00df man mit alkoholischer Lauge erw\u00e4rmt und nach dem Verdampfen des Alkohols mit \u00c4ther oder Petrol\u00e4ther aussch\u00fcttelt. Er bildet eine klebrige, gelbe amorphe Masse, die in Benzin, \u00c4ther, Aceton, Trichlor\u00e4thylen, Alkohol und Benzol l\u00f6slich ist. Gegen den Luftsauerstoff ist er anscheinend nicht empfindlich, hingegen wird die L\u00f6sung in Aceton durch Oxydationsmittel wie Eisenchlorid, verd\u00fcnnte Chroms\u00e4ure, Wasserstoffperoxyd und besonders Chlor beim Erw\u00e4rmen rasch dunkel gef\u00e4rbt. Der Milchsaft einiger anderer Lactariusarten f\u00e4rbt sich an der Luft bekanntlich gelb, gr\u00fcnlich, grau oder violett; es ist wahrscheinlich, da\u00df es sich in diesen F\u00e4llen auch um Harze handelt, die aber schon durch den Luftsauerstoff oxydiert werden. Das Harz, von Chodat und Chuit Piperon genannt, hat einen widerlichen, brennenden Geschmack, der aber nicht so scharf ist wie der des frischen Pilzsaftes, dessen Sch\u00e4rfe \u00fcbrigens ziemlich schwankend zu sein scheint. Boudier war der Meinung, da\u00df das im Speichel schwer l\u00f6sliche Harz deshalb im urspr\u00fcnglichen Zustande die Geschmacksnerven st\u00e4rker affiziere, weil es dort in feinster Verteilung und daher mit gr\u00f6\u00dfter Oberfl\u00e4che wirksam sei. Indes schmeckt auch die alkoholische L\u00f6sung und die durch Eingie\u00dfen derselben in Wasser erhaltene Emulsion des Harzes nicht so brennend wie der Pilzsaft selbst, und ich halte es daher nicht f\u00fcr ausgeschlossen,. da\u00df der scharfe Geschmack des Milchsaftes noch durch andere, fl\u00fcchtige Stoffe mitbedingt werde, eine Ansicht, die Boudier bek\u00e4mpfte. F\u00fcr Versuche in dieser Richtung stand nicht genug Material zur Verf\u00fcgung. Das Harz ist neben der Stearins\u00e4ure der am reichlichsten vorhandene organische Bestandteil des Milchsaftes. Neutralfette und K\u00f6rper der Ergosteringruppe konnten nicht gefunden werden.\nIn Alkohol sind nur geringe Stoflfmengen l\u00f6slich. Aus dem eingeengten Extrakt kristallisiert Mannit aus, der nach zweimaligem Umkristallisieren rein erhalten wird.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296 Julios Z\u00f6llner, \u00dcber den Milchsaft von Lactarins vellereus Fr.\nIdentifizierung: Seidengl\u00e4nzende Nadeln vom Schmelzpunkt 166\u00b0, aus w\u00e4\u00dfrigem Holzgeist, deren L\u00f6sung s\u00fc\u00df schmeckt und optisch inaktiv ist.\nIn der Mutterlauge des Mannits l\u00e4\u00dft sich Traubenzucker nach weisen.\nNachweis: Fehlingsclie Probe, a-Naphtolreaktion von Molisch, Bildung des Glukosazons, das nach dreimaligem Umkristallisieren aus w\u00e4\u00dfrigem Alkohol in gelben, b\u00fcschelig oder rosettenartig geh\u00e4uften Nadeln vom Schmelzpunkt 204\u00b0 erhalten wurde.\nIm hei\u00df bereiteten Wasserauszug finden sich nur sehr geringe Stoffmengen, haupts\u00e4chlich ein Kohlehydrat vom Typus des Mycetids1), kleine Quantit\u00e4ten organischer S\u00e4uren, die nicht n\u00e4her untersucht werden konnten, und anorganische Salze, haupts\u00e4chlich Kaliumphosphat.\nDer in hei\u00dfem Wasser unl\u00f6sliche R\u00fcckstand besteht der Hauptsache nach aus Eiwei\u00dfk\u00f6rpern. Der frische Milchsaft gerinnt bei kurzem Aufkochen nicht, wohl aber, wenn er zur Trockne eingedampft wird. Minerals\u00e4uren bewirken schon in der K\u00e4lte Gerinnung, die beim Erhitzen vollst\u00e4ndiger wird.\nIn quantitativer Beziehung wurde folgendes festgestellt: Wassergehalt des frischen Milchsaftes . . . 80,50% in \u00c4ther l\u00f6sliche Stoffe (Stearins\u00e4ure und Harz) 14,65% in hei\u00dfem Wasser l\u00f6sliche organische Stoffe\n(Mannit, Traubenzucker, Mycetid usw.) .\t2,17%\nMineralstoffe (fast ganz in Wasser l\u00f6slich) .\t0,44%\nin indifferenten L\u00f6sungsmitteln und hei\u00dfem\nWasser unl\u00f6sliche Stoffe (Eiwei\u00dfk\u00f6rper) .\t2,24%\nDer Milchsaft von Lactarius vellereus stellt also im wesentlichen eine Emulsion eines Stearins\u00e4ure-Harzgemisches in einer w\u00e4\u00dfrigen L\u00f6sung von Eiwei\u00df und Kohlehydraten dar.\n1 Boudier 1. c. S. 49 und Zellner, Monatshefte Bd. 38, S. 326 (1917).","page":296}],"identifier":"lit20909","issued":"1920","language":"de","pages":"293-296","startpages":"293","title":"\u00dcber den Milchsaft von Lactarius vellereus Fr.","type":"Journal Article","volume":"111"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:58:25.441694+00:00"}