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{"created":"2022-01-31T14:47:53.747223+00:00","id":"lit20931","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schmiesing, Tilde","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 112: 295-300","fulltext":[{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdauung von S\u00e4uglingsnahrung.\nVon\nBr. Tilde Schmiesing.\n(Mit 2 Figuren.)\nAus \u00ab1cm physiologischen Institut uml der Kinderklinik der Universit\u00e4t Hamburg.\nAllgemeines Krankenhaus Eppendorf.)\n(Der Redaktion zugegangen am 22. Januar 1921.)\nWenn auch schon zahlreiche Studien \u00fcber die Wirkung der verschiedenen Nahrungsgemische (Milchmischungen) beim S\u00e4ugling vorliegen, so sind wir doch \u00fcber die Vorg\u00e4nge bei der Magen- und D\u00fcnndarmverdauung noch mangelhaft unterrichtet. Da\u00df Ausheberungen des Magens und Untersuchungen des Mageninhalts nach Milchgenu\u00df nicht zum Ziele fuhren, hat T obier \u2014 wenn auch nicht unbestritten -- gezeigt. Ich versuchte auf Vorschlag von Prof. Kestner mit Hilfe des Tierversuchs weiterzukommen und stellte mir die Aufgabe, die gebr\u00e4uchlichen Milchmischungen in ihrer Wirkung auf die verschiedenen - Teile des Verdauungstraktus zu untersuchen. Ich stellte meine Versuche mit Fistelhunden an, denen Fisteln an verschiedenen Teilen des Darmkanals angebracht waren. Diese Versuche an Hunden sind um so mehr gerechtfertigt, als wir auf Grund der Arbeit von Cohnheim und Dreyfu\u00df1) wissen, da\u00df die Reflexe, die auf die Magenmotilit\u00e4t, auf die Salzs\u00e4uresekretion sowie auf die Absonderung von Pankreassaft und Galle wirken, beim Menschen dieselben sind wie beim Hund. Diese Tatsache ist k\u00fcrzlich von amerikanischer Seite best\u00e4tigt worden. Eine Probemahlzeit beim Hund ergibt\nnach der Arbeit von Cohn heim und Dreyfu\u00df eine Magen-\n*\n') O. Cohnheim und G. L. Dreyfu\u00df, Diese Zeitachr. Bd. 58, S. 50 (1908).","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"^96\tTilde Schmiesing,\nt \u2022\nsaftsekretion von 700-800 ccm: \u00fcbereinstimmend damit stellte der Amerikaner Carls son1) bei einem Menschen mit einer Fistel eine ,Sekretm\u00e9nge von 720 ccm fest. Ebenso \u00fcbereinstimmend war die Konzentration des reinen Magensaftes1). Au\u00dferdem stimmen auch die S\u00e4ttigungswerte der einzelnen Nahrungsbestandteile, die an Hunden gewonnen sind, mit den bei dem Menschen gefundenen \u00fcberein. Diese Tatsachen gen\u00fcgen, um den Hund als Versuchstier geeignet erscheinen zu lassen. Gegen meine Versuche speziell kann eingewendet werden, da\u00df bei dem Hund einerseits und dem S\u00e4ugling anderseits quantitative Unterschiede in der Sekretmenge bestehen, denn man mu\u00df bedenken, da\u00df stets Milch in irgendeiner Form ver-i\u00fcttert wurde; Milch schmeckt ab\u00e8r dem Hund so gut, da\u00df er immer Maximalwerte sezerniert. Diesen \u00dcbelstand konnten wir vorl\u00e4ufig noch nicht eliminieren; wir hoffen aber, da\u00df es uns im Laufe der Zeit gelingt, an jungen Hunden Fistelversuche zu machen. Da dies Arbeitsgebiet aber noch ein neues ist, schien .es mir gerechtfertigt, vorl\u00e4ufig am erwachsenen Hund die wichtigsten in Betracht kommenden Milch-mischungen zu untersuchen.\nIch arbeitete mit einem Duodenaltistelhund, dessen Kan\u00fcle im oberen Teil des Duodenums sa\u00df, unmittelbar gegen\u00fcber dei Einm\u00fcndungsstelle des unteren Pankreasgangs. Man erh\u00e4lt also neben dem Mageninhalt Pankreassaft und Galle. Die Kan\u00fcle hatte die von Cohnheim eingef\u00fchrte Einspritzvorrichtung3), so da\u00df wir nach Messung der Sekretmenge quantitativ alles wieder analw\u00e4rts ins Duodenum einf\u00fchren konnten. Ich verf\u00fctterte eine Reihe der in der Kinderheil-kimde gebr\u00e4uchlichen S\u00e4uglingsnahrungen (Milchmischungen). Die quantitativen Ergebnisse sind aus beifolgender Tabelle II zu ersehen, und zwar f\u00fcr:\n1.\tVollmilch.\n2.\t2/a Milch, 5/3 Schleim (3\u00b0/t) ohne Zucker.\n' \\\n/ A 1* Crfrlsaon, Americ. Joum. of Physiol. Bd. 37, S. 50 (1015).\n*) Derselbe, ebenda Bd. 38 S. 248 (1915).\n) .Beschrieben O. Kestner, Abderhaldens Handbuch 1. und 2. Auf).","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdauung von S\u00e4uglingsnahrung.\n297\n\t\u2022\t\t\t\t'\t\t\t\n\t,\t\t\t\t\t\t\tV\n\t\t\t\t\t\t\t\tm \u2022\n1\t\t\t\t\t4\t\t\u2022 \u2022 \u2022 \u2022\t- !\n\t\t\t\t\t1\t\t\u2022 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 S\t\n\t\t\t\t-\t\t\u2022 \u2022 0\t\u2022 \u2022 \u2022 m P*\tI\n\t\t\u2022\t\t\t\t\u2022 \u2022 \u00bb \u2022 \u2022 \u2022 \u2022\tI \u00abf \u00ab c*\t> \\ i \\ \\ |\n\t\t\t\t\t\t\t0 % \u2022 /] * 1\tHi m\n* l\t\t\t\u2022 .\t\t\u00bb. \u2022\u2022\u2022\u2022\u2022.\t>S\t4r ^ 1\tIrt l\\\n\t\t\t\t\t\u2713 #- - - - \u25a0\tA \u00bb\tvvj m \u2022\\\thi\u2014 1 * I \u2022 i \u2022\u2022 *\u2022 1 \\t\n\t\t\t\t\t\t\tk\\%I Ir\t\n\t\t\t^ .\t^ \u2014\t-y\t^5\tf\u00bb\t\n\t\u2022\t\t\t. 'V\t7*\u2014 \u25ba V\t\u2022'*\t.\u2022m\t\u2014Y\" \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022\n\t\t\t\t9\t> T %\tX\t/\t\n\t\t\t\u25ba\t\u2022\tfl\t\t\u2022 V *.\t\n\t\t\u2022\t\u2022\t\t. .*;*\t..\u2022z?*\t\t\n\t\t\t\u2022\u2022y j.'\t\t\t\t\t\t\n\t\u2022\u2022\u2022\u2022 I\t> o #a*\t*\u2022\u2022\u2022\u00ab\tB _\t\u2022\t\u2022\u00ab5*41\t-\u2022 r**1\t\tK Ssfb\n8\n*\n\u00ab\nst\n9\n\u00ab\n\u00ab\n9\n0\nI\n8\n\u00ab\nst\nB\no\n1\n00\n0%\nCO\n'S\n\u00e4 \u2022\nM Q\nja a\n\u2022ptf\n.2 w\n*\ts.\nm S\ni\n: 3\n\u00ce *\n;!\n\u00fb \u00a9\ni\u00ab\nNJ o \u00ab \u00b0 i \u00ab\n*\ts\n1\u00b0\nII\nu\na .\n:\n\u2022\u00bb . i :\ni \u2022\ni *\nr\n* \u00bb\n\u00bb\nI\n\u00a3\n9\n<0","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"208\nTilde Schmiesing.\n3.\tButtermilch (Acidit\u00e4t 3,8 auf 10 ccm).\n4.\tFrauenmilch.\n5.\tKellersche Malzsuppe (V3 Milch)\nTM\u00f6\nDer zeitliche Ablauf f\u00fcr dieselben Mischungen geht aus Tabelle I hervor, in der die Sekretmengen von 10:10 Minuten dargestellt sind. Verf\u00fcttert wurden stets 100 ccm.\nWeiter wurden Versuche an einem zweitien Hund mit einer Fistel in der Mitte des D\u00fcnndarmes angestellt. Bei Verf\u00fctterung von:\n1.\t200 ccm Vollmilch wurden in 3 Stunden 279 ccm aufgefangen.\n2.\t200 ccm Buttermilch (Acidit\u00e4t 4,9) in 2 Stunden 112 ccm.\n3.\t200 ccm */8 Milch, */3 Schleim ohne Zucker in 2 Stunden .300 ccm.\nLeider konnten die noch fehlenden Versuche mit den analogen Milchmischungen wie oben nicht fortgesetzt werden, da das Tier starb.\nBei einem zweiten Versuch mit Vollmilch an demselben Tier wurde die Menge, die in 28 Minuten sezerniert wurde = 36 ccm aufgefangen und genauer analysiert. Die Acidit\u00e4t betrug f\u00fcr 10 ccm mit Natronlauge bis zum Farbumschlag (Ind. Phenolphthalein) 4,7. Die Menge wurde mit etwas Essigs\u00e4ure versetzt, gekocht, filtriert und der trockene Filterr\u00fcckstand wurde mit \u00c4ther im Soxhletapparat ausgelaugt. Mit dem Filtrat wurden folgende Proben angestellt:\nipn&mno&Q\nTabelle II.\n1.\tVollmilch.\n2.\t*/# Milch, V8 Schleim ohne Zucker.\n3.\tButtermilch (Acidit\u00e4t 3,8).\n4.\tFrauenmilch.\n5.\tKellersche Malzsuppe.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Die Verdauung von S\u00e4uglingsnahrung.\t299\n1.\tZucker +.\n2.\tBiuret 0.\n3.\tMillon ++ (in der Fl\u00fcssigkeit, nicht im Niederschlag) Fett wurde in nicht w\u00e4gbaren Spuren gefunden.\nNach Entnahme der 36 ccm Sekret wurde die Kan\u00fcle f\u00fcr 1 Stunde geschlossen, dann 10 Minuten ge\u00f6ffnet, in denen\n15 ccm Sekret entleert wurden. Acidit\u00e4t 3,4, Zucker 0, Biuret ?, Millon + + Fett = 0,25 g.\nDrittens w\u00fcrden 5 Versuche an einem Hund mit tiefer D\u00fcnndarmfistel (wenige cm oberhalb der Heocoecalklappe) gemacht. Nach Verlauf von mehreren Stunden fand sich nie eine Entleerung, d. h. es wird die Nahrung im Verlauf de\u00bb D\u00fcnndarms ganz resorbiert.\t\u25a0\nFasse ich die Ergebnisse unserer Versuche zusammen, so komme ich zu folgenden Feststellungen : Wie bei der fl\u00fcssigen Nahrung zu erwarten war, tritt zun\u00e4chst, eine rasche, dann eine langsame, schubweise Entleerung des Magens ein. In ihrer Passage durch den D\u00fcnndarm werden die einzelnen Milchmischungen vollst\u00e4ndig resorbiert. Es ist hervorzuheben, da\u00df Schleim und !/3 Milch mit a/3 Schleim \u2014 beides ohne Zucker eine geringe Gesamtsekretion hervorruft; diese ist etwa nur lj2 so gro\u00df wie die f\u00fcr die meisten \u00fcbrigen verf\u00fctterten Milchmischungen gefundenen Werte. Ebenso bedingt 7s Milch mit */3 Wasser ohne Zucker nur eine relativ geringe Sekretmenge, die allerdings um 50 ccm gr\u00f6\u00dfer ist als bei den vorgenannten. Daraus l\u00e4\u00dft sich folgern, da\u00df diese Nahrungsgemische dem Verdauungskanal eine geringe Arbeit zumuten, also eine schonende Wirkung auf ihn aus\u00fcben.\nWas die andern verf\u00fctterten Milchmischungen anbelangt, so ist wesentlich, da\u00df zwischen Vollmilch (174 ccm),1: */8 Milch, %. Schleim ohne Zucker (230 ccm), Buttermilch (214 ccm), Frauenmilch (180 ccm) und Kellerscher Malzsuppe (230 ccni) nur geringe Unterschiede in der Sekretmenge sowohl als auch im zeitlichen Ablauf der Magenentleerung vorhanden sind, d. h. die Belastung des Verdauungskanals ist in Bezug auf seine Sekretproduktion f\u00fcr die oben angef\u00fchrten so ganz vor-","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300 T. Schmiesing, Die Verdanting von S\u00e4nglmgw^hiung,\nschieden zusammengesetzten Nahrungsgemische nur wenig verschieden. Daraus l\u00e4\u00dft sich folgern, da\u00df der Magen auf die einzelnen verschieden zusammengesetzten Milchmischungen mit einer ziemlich konstanten Sekretion der Verdauungsreste antwortet. Nun hat Wolfsberg1) gezeigt, da\u00df bei Verf\u00fctterung von Milch eine Sekretsteigerung proportional der verf\u00fctterten Menge eintritt. Er f\u00fchrt diesen Umstand auf bestimmte Stoffe in der Milch zur\u00fcck, die unabh\u00e4ngig vom Eiwei\u00df- und Fettgehalt derselben sind und etwa den Extraktivstoffen de* Fleisches \u00e4hneln. Und dieser Stoff erkl\u00e4rt auch in unserem Fall die konstante Sekretmenge, wenigstens f\u00fcr die Vollmilch, Vs Milch, Buttermilch und Frauenmilch. F\u00fcr die Malzsuppe! die nur ys Milch enth\u00e4lt, w\u00fcrde sich die trotzdem aufgetretene hohe Sekretmenge erkl\u00e4ren lassen dadurch, da\u00df man im Malz einen analog wirkenden Extraktivstoff annimmt.\nDie von uns verf\u00fctterten Milchmischungen zeigen also auf die Magenmotilit\u00e4t und die Magensaftsekretion keine Wirkung, nach der man sich die empirisch l\u00e4ngst bekannte Heil-.Wirkung dieser in der Kinderheilkunde gebr\u00e4uchlichen Nahrungen erkl\u00e4ren k\u00f6nnte, wir m\u00fcssen daher annehmen, da\u00df die Hauptvorg\u00e4nge sich in den tiefer gelegenen Abschnitten des Verdauungstraktus abspielen, oder da\u00df die Wirkung erst am krankhaft ver\u00e4nderten Magen deutlich wird. Derartige Versuche sind im Laboratorium in Angriff genommen.\n*) 0. Wolfsberg, Diese Zeitschr. Bd. 1. S. 344 (1914).","page":300}],"identifier":"lit20931","issued":"1921","language":"de","pages":"295-300","startpages":"295","title":"Die Verdauung von S\u00e4uglingsnahrung","type":"Journal Article","volume":"112"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:47:53.747228+00:00"}