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{"created":"2022-01-31T15:04:59.587700+00:00","id":"lit21187","links":{},"metadata":{"alternative":"Ingenieurwerke in und bei Berlin: Festschrift zum 50j\u00e4hrigen Bestehen des Vereines Deutscher Ingenieure","contributors":[{"name":"Hagen, E.","role":"author"},{"name":"K. Scheel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Ingenieurwerke in und bei Berlin: Festschrift zum 50j\u00e4hrigen Bestehen des Vereines Deutscher Ingenieure, edited by Herzberg, A. und D. Meyer, 60-67. Berlin","fulltext":[{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"Die Physikalisch=Technische Reichsanstalt.\nIm Verlauf der Verhandlungen, welche bis in den Anfang der 70er Jahre zur\u00fcckreichend auf die Begr\u00fcndung eines Institutes zur Hebung der Pr\u00e4zisionstechnik hinzielten, machte Werner Siemens im Jahre 1884 der Reichsregierung das hochherzige Anerbieten der Schenkung eines an der Marchstra\u00dfe in Charlottenburg gelegenen Grundst\u00fcckes im Werte von t/2 Million M. Zu diesem einschlie\u00dflich des Stra\u00dfenlandes etwa 20 000 qm gro\u00dfen Gebiete kaufte das Reich sp\u00e4ter ein anliegendes 13 000 qm gro\u00dfes Grundst\u00fcck hinzu. Auf diesem Gel\u00e4nde sind die Dienstgeb\u00e4ude der 1887 begr\u00fcndeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (vergl. den Lageplan) errichtet worden*).\nDer Reichsanstalt, deren erster Pr\u00e4sident Hermann v. Helmholtz war, liegt die experimentelle F\u00f6rderung der exakten Naturwissenschaft und der Pr\u00e4zisionstechnik ob; sie zerf\u00e4llt in zwei Abteilungen.\nDie Aufgabe der ersten Abteilung, welcher der Pr\u00e4sident als Direktor vorsteht, ist die Ausf\u00fchrung solcher wissenschaftlicher Untersuchungen physikalischer Art, welche einen gr\u00f6\u00dferen Aufwand an Beobachtern und instrumente! len H\u00fclfsmitteln erfordern, als der Regel nach von andern wissenschaftlichen Instituten aufgeboten werden kann. Die zweite Abteilung, die unter der Leitung eines eigenen Direktors steht, hat die Aufgabe, die Ergebnisse der Forschung nach der technischen Seite hin weiterzubilden und f\u00fcr die Pr\u00e4zisionstechnik nutzbar zu machen. Im besondern geh\u00f6rt zu den Aufgaben der zweiten Abteilung die Pr\u00fcfung und Beglaubigung aller physikalischen Me\u00dfger\u00e4te, mit Ausnahme derjenigen, welche in den Bereich der Ma\u00df- und Gewichtsordnung fallen.\nDie Baulichkeiten der ersten Abteilung gruppieren sich um das Observatorium, einen nahezu quadratischen Bau, der, um Ersch\u00fctterungen durch den Stra\u00dfenverkehr tunlichst auszuschlic\u00dfen, in gr\u00f6\u00dferer Entfernung von der Marchstra\u00dfe errichtet ist.\nDas Observatorium erhebt sich auf einer 2 m dicken Betonplatte und umfa\u00dft drei nutzbare Geschosse: Unter-, Haupt- und Obergescho\u00df, unter denen sich noch ein kellerartiges Gescho\u00df von geringer H\u00f6he (in den Gew\u00f6lben nur etwa 2 m) befindet.\n*) Die Neubauten der ersten Abteilung wurden Herbst 1890, die der zweiten 1896 bezogen.","page":60},{"file":"p0060s0001table1.txt","language":"de","ocr_de":"Guericke\nSfr.\nO O C\u00e2 O <%\n\\Wi\u00a3\u00bb\tQ^~\n-V,\nD\t\t\t\n\tJ\u2014.\t,\tI 'Mas\u00e7n/n\u00e7nnaus 1 i\t\t*=sf\t\n/erwa/tungsg e bau de I\n\u00a3\n\nT\nLufth\u00e0use/j\u00e8t\n\u2022A\nWt\nsmipt\u00ab?\u00bb-\u00ae'\nk'Q\nn r\nT\nIQ\n'ft?\t1)- ;^\n<\u00ff\n\u25a0yj &, 3 'S\u00bb '\u00dcfc\nu?\u00bb\n3 l\nSI\niieS\nL\u00a3d\n\t\n\t\nA\u00e0\t\nQ\t\n\t' <5\n\t\nV /&, \u00c2h'\t\n\\\t\nI k>\n\u25a02,Q'\u00ae\u00ef\nV<a\\\nc\u00f4O-\u00b0\nX\nI /\nI \u00aby /? \u00e0\na \u00e7$ a \u00eea\n^'o-o a-^'a^p\"\n,\u25a0<3 '(5T<*. flft\u00f6-T? ij\u00eer-. .- y -,Q! a\u25a0 a - \u2022a'^-g'-o g< a\t'6:\u00e6i\nXi'\u00bb'\n\u2014, -i -1\nr'\u00db f &\nFraunhoJ'e r\nStr.\n. Entw\u00e4sserung\n---------Bew\u00e4sserung\n. Gas\n10\t5\t0\n50m.\nDie Physikalisch-Technische Reichsanstalt.","page":0},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\n61\nDies Gescho\u00df dient zun\u00e4chst zur besseren W\u00e4rmeisolierung des Geb\u00e4udes gegen den Erdboden, ferner zur Aufnahme der Kessel f\u00fcr die Warmwasserheizung, welche durch Dampf vom Maschinenhause her erhitzt werden, sowie einer gr\u00f6\u00dferen Akkumulatorenbatterie, die gleichfalls vom Maschinenhause her geladen wird. Auch sind in diesem Kellergescho\u00df die Hauptverteilungsleitungen f\u00fcr Gas, Wasserzu- und -abflu\u00df, Elektrizit\u00e4t und Heizung teils unter der Decke, teils auf dem Fu\u00dfboden offen und leicht zug\u00e4nglich verlegt. Endlich dient das Kellergescho\u00df auch gelegentlich Beobachtungszwecken, falls eine besonders gro\u00dfe Stabilit\u00e4t gefordert wird.\nDie drei nutzbaren Geschosse bauen sich \u00fcber dem Kellergescho\u00df durchweg in Gew\u00f6lkekonstruktion auf und zeigen die gleiche Grundfl\u00e4cheneinteilung. Die Mitte jedes Geschosses wird von einem vollkommen eingebauten Saale von gro\u00dfen Abmessungen gebildet, welcher nur von oben her Tageslicht empf\u00e4ngt, dessen Intensit\u00e4t in den unteren Geschossen nat\u00fcrlich immer geringer wird. Diese S\u00e4le sind von dicken Mauern umgeben und weisen demzufolge nur geringe Temperaturschwankungen auf, die durch Temperaturregulatoren noch herabgedr\u00fcckt werden k\u00f6nnen. Die S\u00e4le sind nur nach einer Seite von einem Beobachtungsraume begrenzt; auf den andern drei Seiten l\u00e4uft in jedem Gescho\u00df um den Mittelsaal ein hufeisenf\u00f6rmiger Korridor, von dem aus die nach der Au\u00dfenseite des Geb\u00e4udes liegenden Zimmer zug\u00e4nglich sind. \u2014\u2022 Besondere Sorgfalt ist auf die W\u00e4rmeisolierung des Untergeschosses verwendet, indem hier noch ein fast 1 m breiter Korridor au\u00dfen um das ganze Geb\u00e4ude herumf\u00fchrt.\n\u00dcber dem Korridor und den Au\u00dfenzimmern des Obergeschosses ist ein niedriges Zwischengescho\u00df eingebaut, welches lediglich Ventilationszwecken dient und von einem wagerechten Dache mit Kiesbesch\u00fcttung abgedeckt wird; doch ist nach der Marchstra\u00dfe zu \u00fcber dem Treppenhause noch Raum f\u00fcr photographische Dunkelkammern gewonnen. \u00dcber dem Mittelraume liegt zun\u00e4chst wieder eine ebene Glasdecke und \u00fcber dieser ein doppeltes schr\u00e4ges Glasdach. Der s'o erhaltene lichtreiche Raum wird zu photographischen Aufnahmen benutzt.\nDie Raumverteilung auf die einzelnen Arbeitsgebiete ist im Observatorium im wesentlichen so vorgenommen, da\u00df Arbeiten auf dem Gebiete der W\u00e4rme im Untergescho\u00df ausgef\u00fchrt werden, w\u00e4hrend sich Elektrizit\u00e4t und Optik in das Obergescho\u00df teilen. Das Hauptgescho\u00df nimmt Arbeiten aus verschiedenen Gebieten auf; hier befinden sich auch die R\u00e4ume des Pr\u00e4sidenten, das Bureau und die umfangreiche Fachbibliothek. Ein den unmittelbaren Zwecken der ersten Abteilung dienender kleiner Werkstattraum ist im Obergescho\u00df untergebracht.\nAu\u00dfer dem Observatorium rechnet zur ersten Abteilung noch das links an der Marchstra\u00dfe gelegene Wohnhaus des Pr\u00e4sidenten, sowie diesem Geb\u00e4ude gegen\u00fcber rechts an der Marchstra\u00dfe das zweist\u00f6ckige Verwaltungsgeb\u00e4ude, welches den Sitzungssaal und die Zimmer des Pr\u00e4sidenten des Kuratoriums, sowie Wohnungen f\u00fcr einige Beamte und Assistenten enth\u00e4lt', ferner hinter dem Observatorium ein kleines H\u00e4uschen, das f\u00fcr magnetische Messungen bestimmt und dementsprechend eisenfrei erbaut ist. Neben dem Verwaltungsgeb\u00e4ude endlich liegt das Maschinenhaus der ersten Abteilung, das sich an Baulichkeiten der zweiten Abteilung anlehnt. Es enth\u00e4lt zwei gr\u00f6\u00dfere Kessel, welche einmal den zur Heizung des Observatoriums, anderseits aber auch den zum Betrieb einer Dampfmaschine n\u00f6tigen Dampf liefern, ferner einen Gasmotor, eine Gleichstromdynamomaschine, eine Lindesche Maschine","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nDie Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\nzur Erzeugung fl\u00fcssiger Luft nebst Zubeh\u00f6r, schlie\u00dflich eine K\u00e4ltemaschine, die sowohl auf Erzeugung k\u00fcnstlichen Eises, als auch auf Abk\u00fchlung eines dem Maschinenhause angegliederten Raumes mit dreifachen W\u00e4nden bis auf Temperaturen unter 0\u00b0 geschaltet werden kann.\nDie Geb\u00e4ude der zweiten Abteilung umfassen das Hauptgeb\u00e4ude, das Maschinenhaus, das Laboratoriumgeb\u00e4ude, das Ventilatorgeb\u00e4ude (Lufth\u00e4uschen) und das Direktorwohnhaus.\nDas Hauptgeb\u00e4ude, mit seiner 158 m langen Front nach der Werner Siemens-Stra\u00dfe gelegen, ist ein U-f\u00f6rmig gestalteter vierst\u00f6ckiger Bau. Im Treppenschacht des nord\u00f6stlichen Seitenfl\u00fcgels befindet sich ein elektrischer Fahrstuhl, der haupts\u00e4chlich zur Bef\u00f6rderung von Apparaten usw. dient, aber auch von Personen benutzt werden kann. Er nimmt nur etwa zwei Drittel des Treppenschachtes ein; der \u00fcbrige Raum ist frei gelassen, um sp\u00e4ter ein zur Messung sehr hoher Drucke bestimmtes, aus kommunizierenden U-R\u00f6hren hergestelltes Quecksilbermanometer, das durch alle Stockwerke des Geb\u00e4udes hindurchgehen soll, aufnehmen zu k\u00f6nnen. Die Ablesung der Quecksilberst\u00e4nde in den einzelnen U-R\u00f6hren soll unmittelbar vom Fahrstuhl aus erfolgen.\nBei der Bauausf\u00fchrung des Hauptgeb\u00e4udes wurden zun\u00e4chst nur seine Hauptmauern und Fu\u00dfb\u00f6den ausgef\u00fchrt, alle d\u00fcnneren Zwischenw\u00e4nde indes erst sp\u00e4ter. Hierdurch, sowiq infolge des Umstandes, da\u00df f\u00fcr jede Fensterachse eine besondere T\u00fcr\u00f6ffnung*) und Heizvorrichtung vorgesehen ist, ist die M\u00f6glichkeit geboten, durch Einziehen oder Fortnehmen von Zwischenw\u00e4nden erforderlichenfalls sp\u00e4ter leicht und ohne erhebliche Umbauten die jetzige Raumeinteilung zu \u00e4ndern. F\u00fcr die letztere war ma\u00dfgebend, da\u00df jedes der verschiedenen in dem Hauptgeb\u00e4ude untergebrachten Laboratorien seine s\u00e4mtlichen R\u00e4ume in einem und demselben Stockwerk haben sollte. Nur auf diese Weise ist ein bequemer und sicherer Transport der Apparate innerhalb des betreffenden Laboratoriums und gleichzeitig eine m\u00f6glichste Beschr\u00e4nkung in der Zahl der Unterbeamten erreichbar. Bez\u00fcglich der Benutzung der einzelnen Stockwerke des Hauptgeb\u00e4udes ist folgendes zu erw\u00e4hnen:\nDurch die vom Haupteingang in der Werner Siemens-Stra\u00dfe zug\u00e4ngliche, aus nur einem Lauf bestehende Mitteltreppe gelangt man in das Erdgescho\u00df des Geb\u00e4udes. Links von der Eingangshalle liegt das Meldezimmer. Daran schlie\u00dfen sich die Zimmer f\u00fcr die Kanzlei und das Bureau, die Kasse, die Handbibliothek und die Dienst- und Laboratoriumzimmer f\u00fcr den Direktor an. In der andern H\u00e4lfte des Erdgeschosses liegt das optische Laboratorium. Besonders hervorzuheben sind dessen photometrische R\u00e4ume, von denen der gr\u00f6\u00dfere 16 m L\u00e4nge hat. Reicht auch dies nicht aus, so kann der ansto\u00dfende, f\u00fcr gew\u00f6hnlich als Rechenzimmer benutzte Nebenraum hinzugenommen und dadurch eine 23 m lange Photometerbahn gewonnen werden. Au\u00dferdem ist auf der einen Seite**) das Photometerzimmer durch zwei Stockwerke hindurchgef\u00fchrt, so da\u00df es dort 9 m hoch ist, was f\u00fcr manche Untersuchungen von Bogen- oder Intensiv-Gaslampen und deren Messung unter verschiedenen Ausstrahlungswinkeln erw\u00fcnscht war. Abzugschlote an der Decke und kleine\n*) als Wandschrank verwendet, wenn nicht als T\u00fcr benutzt.\n**) Die Raumverteilung des optischen Laboratoriums ist aus dem Lageplan nicht ersichtlich, da dort das Untergescho\u00df dargestellt ist.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\n63\nim Innern dieses Photometerschachtes von 2 zu 2 m H\u00f6he angebrachte Galerien erm\u00f6glichen, die Lampen in jeder gew\u00fcnschten H\u00f6he aufzuh\u00e4ngen und zu bedienen.\nDie nach S\u00fcden gelegene Ecke des Geb\u00e4udes ist im Erdgescho\u00df und in den beiden dar\u00fcberliegenden Stockwerken abgeschr\u00e4gt und mit je einem kleinen Heliostatenfenster versehen. Das entsprechende Fenster des optischen Laboratoriums ist von au\u00dfen her von einem Balkon aus zug\u00e4nglich, um den Heliostaten bedienen zu k\u00f6nnen.\nIn dem zu ebener Erde gelegenen Untergescho\u00df sind in dem s\u00fcdwestlichen Fl\u00fcgel die Wohnungen f\u00fcr den Kastellan und den Maschinisten, im andern Fl\u00fcgel die R\u00e4ume des pr\u00e4zisionsmechanischen Laboratoriums untergebracht. Die drei nach der Werner Siemens-Stra\u00dfe zu liegenden Zimmer desselben sind vertieft und haben, da ein Teil des Kellergeschosses hinzugenommen ist, etwa 6 m H\u00f6he. Dadurch sind hier tief gelegene R\u00e4ume von gro\u00dfem Luftinhalt und dementsprechend gr\u00f6\u00dferer Konstanz der Temperatur erhalten. Es sind darin die zur Untersuchung von L\u00e4ngen- und Kreisteilungen dienenden, zum Teil \u00e4u\u00dferst wertvollen und eine gro\u00dfe Ruhe der Aufstellung erfordernden Apparate und Maschinen untergebracht. Aus letzterem Grunde ist unterhalb dieser 3 R\u00e4ume eine 1 m starke, von den Um-fassungs- und Zwischenw\u00e4nden des Geb\u00e4udes vollst\u00e4ndig getrennte Betonplatte verlegt und der Holzfu\u00dfboden etwa 1 m \u00fcber der Betonplatte auf freiliegenden I-Tr\u00e4gern aufgef\u00fchrt worden. Auf diese Weise ist die M\u00f6glichkeit gegeben, nach Ausschneiden des Holzfu\u00dfbodens und Aufmauern kleiner Steinpfeiler auf der genannten Betonplatte auch sp\u00e4ter noch etwa zu beschaffende Apparate ersch\u00fctterungsfrei aufstellen zu k\u00f6nnen. Die zum Temperieren der Heizkasten des L\u00e4ngenausdehnungs-Apparates dienenden sogenannten Thermostaten, je 1 cbm Wasser enthaltend, und die dazu notwendigen Heiz\u00f6fen sind in einem dem Komparatorraum benachbarten Zimmer aufgestellt.\nIn dem unterhalb des Au\u00dfengel\u00e4ndes und des Untergeschosses gelegenen, nur schwach erhellten Kellergescho\u00df liegen in der Mitte die Warmwasserkessel, die vom Kesselhause aus durch Dampf geheizt werden, und im Zuge der Korridore der dar\u00fcber liegenden Stockwerke die Luftzuf\u00fchrkan\u00e4le f\u00fcr die L\u00fcftung. Die \u00fcbrigen R\u00e4ume, soweit sie nicht in der oben erw\u00e4hnten Weise f\u00fcr das pr\u00e4zisionsmechanische Laboratorium in Anspruch genommen oder als Wirtschafts- und Ger\u00e4tekeller, sowie zur Aufstellung einer gro\u00dfen Akkumulatorenbatterie benutzt werden, sind verf\u00fcgbar und werden je nach Bedarf f\u00fcr solche Versuche verwendet, die eine gro\u00dfe Solidit\u00e4t der Aufstellung ihrer Apparate erfordern.\nIm ersten Stockwerk ist auf der einen Seite das Schwachstrom-Laboratorium, auf der anderen das magnetische Laboratorium untergebracht. Au\u00dferdem ist in einem nach dem Hof zwischen den Seitenfl\u00fcgeln gelegenen Zimmer dieses Geschosses die im Jahre 1890 von Julius Wanschaff f\u00fcr die Reichsanstalt gebaute Kreisteilmaschine von 80 cm Kreisdurchmesser aufge\u2019stellt. Sie wird f\u00fcr die beteiligte Industrie in der Weise nutzbar gemacht, da\u00df es den darum nachsuchenden Mechanikern gestattet wird, sich auf der Teilkreismaschine der Reichsanstalt Mutterkreise f\u00fcr ihren eigenen Bedarf gegen eine entsprechende Benutzungsgeb\u00fchr selbst zu teilen, um diese dann sp\u00e4ter f\u00fcr die Fabrikation von Kreisen zweiter Ordnung zu verwenden.\nDas zweite Stockwerk enth\u00e4lt in der Mitte der Hauptfront einen gro\u00dfen, mit einem Vorbereitungszimmer verbundenen Sitzungssaal, der mit den f\u00fcr experi-","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nDie Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\nmentelle Vorf\u00fchrungen erforderlichen Einrichtungen versehen ist. Alle \u00fcbrigen R\u00e4ume des Stockwerkes sind dem Laboratorium f\u00fcr W\u00e4rme und Druck zugewiesen, das weitaus die gr\u00f6\u00dfte Anzahl aller an die zweite Abteilung der Reichsanstalt herantretenden Pr\u00fcfunganstr\u00e4ge zu erledigen hat. Dahin geh\u00f6rt die Pr\u00fcfung aller Arten von Thermometern, ausgehend von den bis zur Temperatur der fl\u00fcssigen Luft hinabreichenden Petrol\u00e4ther- oder Pentanthermometern bis hinauf zu den unter hohem Druck gef\u00fcllten sogenannten hochgradigen Quecksilberthermometern, die Messungen bis etwa 550\u00b0 C zulassen, sodann die Pr\u00fcfung der f\u00fcr Temperaturen bis 1600\u00b0 bestimmten le Chatelierschen Thermoelemente, der Platinwiderstands-Thermometer und optischen Pyrometer, weiter die Pr\u00fcfung von Kalorimetern, Manometern, Barometern, Indikatoren usw.\nDas Dachgescho\u00df enth\u00e4lt au\u00dfer Bodenr\u00e4umen, von denen je einer den verschiedenen Laboratorien zur Aufbewahrung alter oder zur\u00fcckgesetzter Apparate und Materialien zugewiesen ist, in einem Aufbau einen gro\u00dfen f\u00fcr besondere optische Versuche vorbehaltenen Raum und daneben eine photographische Dunkelkammer.\nDie nach der Guerickestra\u00dfe zu liegenden Baulichkeiten der zweiten Abteilung umfassen das Kessel- und Maschinenhaus, das Starkstromlaboratorium, das chemische Laboratorium und die mechanische Werkstatt.\nErsteres enth\u00e4lt drei gro\u00dfe Kessel, welche den Dampf f\u00fcr die Heizung der Geb\u00e4ude der zweiten Abteilung*) wie zum Betriebe der 35pferdigen Dampfdynamo-maschinc des Starkstromlaboratoriums liefern. An das Kesselhaus st\u00f6\u00dft der Maschinensaal, der mit einem Kran ausger\u00fcstet ist, um gro\u00dfe zur Pr\u00fcfung eingesandte Maschinen gleich vom Wagen aus an die erforderliche Stelle bringen zu k\u00f6nnen. Im Saal sind au\u00dfer den erforderlichen Belastungswiderst\u00e4nden, den Gleich- und Wechselstrommaschinen und -motoren die Schalttafeln angebracht. Eine derselben dient zum Anschlu\u00df der im Akkumulatorenkeller zwischen dem Kesselhaus und dem Laboratoriumgeb\u00e4ude aufgestellten Sammlerbatterien an die verschiedenen teils im Hauptgeb\u00e4ude, teils im Starkstromlaboratorium befindlichen Verteilungsleitungen. Eine andre Schalttafel ist f\u00fcr die verschiedenen Maschinens\u00e4tze bestimmt, die Gleichstrom in Drehstrom umformen und umgekehrt. Dementsprechend befinden sich am Schaltbrett au\u00dfer zu den Maschinen Leitungen nach den Akkumulatorenbatterien, den Arbeitspl\u00e4tzen f\u00fcr Wechselstromuntersuchungen und den Transformatoren (3 St\u00fcck zu 60, 15 und 5 KW), die an das Charlottenburger Elektrizit\u00e4tswerk (Drehstrom) angeschlossen sind. Da die Antriebmaschinen mit Akkumulatoren gespeist werden k\u00f6nnen, so steht f\u00fcr die Wechselstrompr\u00fcfungen (Z\u00e4hler u. a.) durchaus ruhiger Strom zur Verf\u00fcgung.\nAn den Maschinensaal sto\u00dfen die R\u00e4ume f\u00fcr Wechselstrom- und Hochspannungsarbeiten an. F\u00fcr letztere ist eine 11 000 V-Batterie kleiner Akkumulatoren sowie ein 40000 V-Einphasentransformator vorhanden. Zurzeit ist das Starkstromlaboratorium f\u00fcr folgende Me\u00dfbereiche ausger\u00fcstet:\nf\u00fcr Gleichstrom bis 800 V und 10 000 Amp maximal ;\nf\u00fcr ein- und dreiphasigen Wechselstrom bis 3x500 V und 3x 1000 Amp maximal. Dieser Bereich wird in n\u00e4chster Zeit auf 3 X 2000 V und 3 x 5000 Amp erh\u00f6ht werden.\n*) mit Ausnahme des Direktorwohnhauses.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\n65\nDer Me\u00dfbereich f\u00fcr Isolationsmessungen (11 000 V Gleichspannung und 40 000 V Wechselspannung) soll demn\u00e4chst durch einen Transformator f\u00fcr mindestens 100 000 V erweitert werden.\nEin Gang, der durch den Akkumulatorenkeller hindurchf\u00fchrt, verbindet das Maschinenhaus mit den in dem Laboratoriumgeb\u00e4ude gelegenen andern R\u00e4umen des Starkstromlaboratoriums. Im untersten Gescho\u00df desselben sind eine kleine zu diesem Laboratorium geh\u00f6rige Reparaturwerkstatt, eine photographische Dunkelkammer, ein Pack- und ein chemischer Raum, sowie zwei gro\u00dfe Zimmer, die zurzeit f\u00fcr funkentelegraphische Versuche benutzt werden, enthalten. Im Erdgescho\u00df dar\u00fcber befinden sich die R\u00e4ume f\u00fcr Untersuchungen an Gleichstrom und Elektrizit\u00e4tsz\u00e4hlern sowie der Raum zur Annahme und Abfertigung der zur Pr\u00fcfung einlaufenden elektrischen Apparate; endlich in Zimmern des ersten Stockes die R\u00e4ume f\u00fcr Untersuchung von Selbstinduktionen und Kapazit\u00e4ten.\nDen zweiten Stock des Laboratoriumgeb\u00e4udes hat das chemische Laboratorium inne.\nDie mechanische Werkstatt der Reichsanstalt ist in sch\u00f6nen R\u00e4umen oberhalb des Maschinensaales und der an ihn ansto\u00dfenden drei Zimmer untergebracht. Sie enth\u00e4lt au\u00dfer 8 kleineren Pr\u00e4zisions-Drehb\u00e4nken eine gro\u00dfe Fr\u00e4smaschine, eine Leitspindelbank, eine Bank zum Schneiden genauester Gewinde sowie eine Hobel-, Schleif- und Bohrmaschine. Au\u00dferdem besitzt die Werkstatt eine Zerrei\u00dfmaschine f\u00fcr Festigkeiten bis zu 1000 kg und eine L\u00e4ngenteilmaschine. Eine Klempnerei, eine Schmiede mit drei Feuerstellen und eine Tischlerei sind vorhanden. Die s\u00e4mtlichen Werkzeugmaschinen werden durch zwei Elektromotoren von 1 bzw. 2 PS angetrieben. Ein dritter Motor von 2^2 PS dient zum Betrieb der Bands\u00e4ge der Tischlerei, ein vierter kleinerer f\u00fcr das Gebl\u00e4se in der Schmiede.\nZum Schlu\u00df ist noch das an der Ecke der Werner Siemens- und der Fraunhofer-Stra\u00dfe gelegene Direktorwohnhaus zu erw\u00e4hnen, welches au\u00dfer der Wohnung des Direktors Zimmer f\u00fcr zwei Assistenten und eine Wohnung f\u00fcr einen zugleich als Pf\u00f6rtner des Hauses besch\u00e4ftigten Unterbeamten der Reichsanstalt enth\u00e4lt.\nDas umfassende Arbeitsgebiet der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt kann hier nat\u00fcrlich nur fl\u00fcchtig skizziert werden. Bemerkt mag werden, da\u00df in vielen F\u00e4llen die L\u00f6sung der Aufgaben gleichzeitig von beiden Abteilungen in Angriff genommen und unter verschiedenen Gesichtspunkten durchgef\u00fchrt wird. Dies gilt namentlich f\u00fcr Arbeiten auf dem Gebiete der W\u00e4rme, insbesondere bei L\u00f6sung der grundlegenden Aufgabe, die Temperaturskala in ihrem ganzen Verlauf festzulegen und zu verk\u00f6rpern.\nDie internationale Temperaturskala beruht bekanntlich auf dem Verhalten eines vollkommenen Gases unter dem Einflu\u00df der W\u00e4rme. Obgleich dieses Verhalten wohldefiniert ist, so ist doch die Handhabung eines \u201eGasthermometers\u201c recht schwierig und in der Praxis des t\u00e4glichen Lebens unm\u00f6glich. Es war darum und ist noch Aufgabe der Reichsanstalt, Methoden zur Messung von Temperaturen auszubilden und die Ergebnisse der Messung auf die Angaben des Gasthermometers unter den gleichen Bedingungen zu beziehen. Es handelt sich hierbei in erster Linie um Fl\u00fcssigkeitsthermometer, Thermoelemente und Metalldr\u00e4hte, welche ja bekanntlich ihren elektrischen Widerstand mit der Temperatur ver\u00e4ndern (Widerstandsthermo-\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nDie Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\nmeter). In allen diesen F\u00e4llen mu\u00dfte das verwendete Material eingehend studiert werden, es mu\u00dften neue Materialien (neue Glassorten und Legierungen) beschafft, andere Materialien (z. B. die Metalle der Platingruppe) in gr\u00f6\u00dferer chemischer Reinheit dargestellt werden.\nGanz neue Mittel der Temperaturmessung wurden aus dem Studium der Strahlungsgesetze gl\u00fchender K\u00f6rper erschlossen, und es wurde dadurch das mit leicht zu handhabenden Apparaten ausme\u00dfbare Gebiet bis 2000\u00b0 C erweitert.\nAu\u00dfer der Thermometrie harrten noch eine gro\u00dfe Zahl anderer Probleme ihrer Erledigung, so die Untersuchung der physikalischen Eigenschaften des Wassers und des Quecksilbers hinsichtlich ihrer Dichte und Dampfspannung, deren Kenntnis f\u00fcr alle Teile der Physik von grundlegender Bedeutung ist, ferner die Bestimmung der Ausdehnung fester K\u00f6rper, namentlich reiner Metalle, welche nach verschiedenen Methoden ausgef\u00fchrt und auf die durch neuere H\u00fclfsmittel erreichbaren tiefsten und h\u00f6chsten Temperaturen erstreckt wurde. Daneben konnten auch die Schmelzpunkte einer Reihe von Metallen in der Skala des Gasthermometers ermittelt werden. Eingehende Versuche erstreckten sich auf die Bestimmung der spezifischen W\u00e4rme und des W\u00e4rmeleitverm\u00f6gens reiner Metalle, insonderheit in Verbindung mit dem Studium der elektrischen Eigenschaften der gleichen K\u00f6rper, sowie auf die Bestimmung der spezifischen W\u00e4rme von Gasen bei hohen Temperaturen.\nEine der Hauptaufgaben des optischen Laboratoriums, n\u00e4mlich die Vervollkommnung der Messungsmittel f\u00fcr die Photometrie sowie die Erforschung der Strahlungsgesetze, von denen oben schon die Rede war, ist im wesentlichen als gel\u00f6st zu betrachten. Daneben hat eine mit neuen H\u00fclfsmitteln ausgef\u00fchrte Untersuchung der Spektrallinien \u00fcber die Zusammensetzung des Lichtes gl\u00fchender Gase wichtige Aufschl\u00fcsse geliefert und neue Probleme gestellt, deren L\u00f6sung noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird.\nDas elektrische Laboratorium hat sich um die Verfeinerung der elektrischen Me\u00dfmethoden und die Vervollkommnung der Me\u00dfapparate, unter denen in erster Linie der Kompensationsapparat zu nennen ist, besondere Verdienste erworben. Sein Hauptarbeitsgebiet ist jedoch durch die Aufgabe gegeben, die elektrischen absoluten Einheiten zu verk\u00f6rpern. Die Schaffung der Widerstandseinheit, des \u201eOhm\u201c, ist dabei von derselben Bedeutung geworden wie seinerzeit die Herstellung eines international , anerkannten Meters durch das zu diesem Zwecke seitens der interessierten Staaten begr\u00fcndete Bureau international des Poids et Mesures.\nAuch die Verk\u00f6rperung der Einheiten f\u00fcr Stromst\u00e4rke und Spannung, der ersteren durch das Silbervoltameter, der letzteren durch ein Normalelement, war und ist noch heute ein Arbeitsgebiet von gro\u00dfer Ausdehnung. Mehr als in irgend einem andern Teile der Physik spielen die Fragen hier auf das Gebiet der physikalischen Chemie hin\u00fcber und verlangen so die Aufnahme auch dieser Disziplin inj das Arbeitsgebiet der Reichsanstalt.\nGleichfalls in Beziehung zur physikalischen Chemie stehen ausgedehnte Messungen des elektrolytischen Leitverm\u00f6gens, f\u00fcr welche die Reichsanstalt die einheitliche, \u00fcberall angenommene Grundlage geschaffen hat.\nEinen weiten Raum in der T\u00e4tigkeit der Reichsanstalt nehmen die Pr\u00fcfungsarbeiten der zweiten Abteilung ein. Man vermag dieses Arbeitsgebiet erst dann voll zu w\u00fcrdigen, wenn man sich vor Augen h\u00e4lt, da\u00df es vor der Gr\u00fcndung der Reichs-","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt.\n67\nanstalt keine beh\u00f6rdliche Stelle gab, an welche sich die Technik mit ihren W\u00fcnschen nach Pr\u00fcfung und Beglaubigung ihrer Erzeugnisse wenden konnte. Gerade diese T\u00e4tigkeit der Anstalt hat denn auch eine Ausdehnung gewonnen, wie sie vorher kaum zu erwarten war, und es d\u00fcrfte deshalb nicht ohne Interesse sein, hier anzugeben, da\u00df in den 18 Jahren des bisherigen Bestehens der Reichsanstalt folgende Gegenst\u00e4nde von ihr gepr\u00fcft worden sind:\n1\t000 L\u00e4ngenma\u00dfe,\n900 Schraubengewinde,\n180 Umdrehungsz\u00e4hler,\n2\t700 Stimmgabeln,\n1\t800 elektrische Me\u00dfger\u00e4te f\u00fcr Strom, Spannung, Leistung,\n2\t000 Elektrizit\u00e4tsz\u00e4hler,\n40 Dynamomaschinen und Transformatoren,\n2\t500 elektrische Einzelwiderst\u00e4nde und Rheostaten,\n1 600 Normalelemente,\n650 Akkumulatoren und galvanische Elemente,\n800 magnetische Materialien und Me\u00dfger\u00e4te,\n217 000 \u00e4rztliche Thermometer,\n30 000 andere Thermometer, gro\u00dfenteils f\u00fcr feine Messungen,\n5 000 pyrometrische Thermoelemente (Verkaufswert etwa 700 000 M), 450 Barometer,\n250 technische Druckmesser und Indikatorfedern,\n50 000 Sicherungen f\u00fcr Dampfkessel,\n3\t200 Apparate zur Untersuchung von Erd\u00f6len,\n1 300 Normallampen f\u00fcr die Lichteinheit (Hefnerlampen),\n250 Quarzplatten zur Zuckerbestimmung,\n3\t500 elektrische Lampen,\n1 800 Lampen f\u00fcr Leuchtgas, Petroleum, Azetylen, Spiritus usw., wobei zu den letzten beiden Nummern Dauerpr\u00fcfungen von zusammen etwa 400 000 Brennstunden geh\u00f6ren.\nDie j\u00e4hrliche Durchschnittsumme der Pr\u00fcfungen betr\u00e4gt hiernach etwa 20 000.","page":67}],"identifier":"lit21187","issued":"1906","language":"de","pages":"60-67","startpages":"60","title":"Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:04:59.587705+00:00"}