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{"created":"2022-01-31T15:20:22.773706+00:00","id":"lit22711","links":{},"metadata":{"contributors":[{"name":"Scripture, Edward Wheeler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Leipzig: Johann Ambrosius Barth","fulltext":[{"file":"a0001.txt","language":"de","ocr_de":"Anwendung\nder graphischen Methode\nauf Sprache und Gesang\nVon\nProfessor Dr. E. W. Scripture\nWien\nMit 72 Figuren im Text","page":0},{"file":"a0002.txt","language":"de","ocr_de":"Alle Hechte,\ninsbesondere das der \u00dcbersetzung, Vorbehalten. Printed in Germany.","page":0},{"file":"a0003introduction.txt","language":"de","ocr_de":"Vorwort\nDurch Jahrzehnte sind, fortw\u00e4hrend Anfragen von Phonetikern, Philologen, Psychologen und in letzter Zeit auch von Neurologen \u00fcber eine Gebrauchsanweisung f\u00fcr die graphische Registrierung der Sprache und die Ausarbeitung der Kurven gestellt worden. Bei der Gr\u00fcndung meines Laboratoriums f\u00fcr Experimentalphonetik in Wien mufste eine gen\u00fcgend vollst\u00e4ndige, aber doch knappe Anweisung geschaffen werden. Das vorliegende Buch ist das Resultat. W\u00e4hrend zweier Jahre ist das Manuskript als praktischer Leitfaden benutzt worden und ich darf hoffen, dafs in dem Buche keine wesentliche Anweisung fehlt und dafs sich auch kein \u00fcberfl\u00fcssiges Wort darin befindet. Ich habe immer im Auge behalten, dafs die meisten Benutzer des Buches ganz selbst\u00e4ndig und ohne Vorf\u00fchrung sich die Apparate anschaffen werden und sich belehren m\u00fcssen.\nDieses Buch ist aber mehr als ein praktischer Leitfaden. Es enth\u00e4lt die erste Darstellung der Molekulartheorie der Sprache, wonach alles gesprochene aus Sprachatomen besteht, welche zu Einheiten verschiedener Ordnung (Molek\u00fcle) zusammengebunden sind. Es wird verlangt, dafs alle Eigenschaften der Sprachatome und der Sprachmolek\u00fcle genau physikalisch bestimmt und wom\u00f6glich gemessen werden sollen. Die physikalisch festgestellten Tatsachen (Sprachkinetik) sind dann auf ihre psychologischen Ursachen (Sprachdynamik) zur\u00fcckzuf\u00fchren und durch ihre Verh\u00e4ltnisse zu den anderen Spraeherscheinungen der Gegenwart und der Vergangenheit (Sprachphilologie) zu deuten. Der V. Teil behandelt ein altes Gebiet mit neuen Methoden. Eine Verszeile wird als ein Strom von Sprachenergie betrachtet; nach Feststellung bzw. Messung der physikalischen Eigenschaften wird die Energiekurve aufgestellt und die Verteilung der Kr\u00e4ftezentroide (Taktschl\u00e4ge) ausgerechnet. Aus den Resultaten ist eine vollst\u00e4ndig neue Vers-wissenschaft entstanden. Der VI. Teil soll eine Grundlage f\u00fcr die","page":0},{"file":"a0004introduction.txt","language":"de","ocr_de":"IV\nVorwort\nSprachneurologie liefern. Die Wichtigkeit dieses neuen Zweiges der Medizin f\u00fcr die Pathologie, Diagnose und Therapie der Nervenkrankheiten ist einleuchtend. Die Darstellung in diesem Teil schliefst sich eng an einen Aufsatz in dem Archiv f. Psychiatrie, 1924, LXXII, 323. Die Anwendung der graphischen Methode auf den Taubstummenunterricht (VII. Teil) ist auch ein neues Gebiet, dessen praktische Auswertung schon in Angriff genommen wird.\nWien, 1. Juli 1927\nE. W. Scripture","page":0},{"file":"a0005content.txt","language":"de","ocr_de":"Inhalt\nSeite\nVorwort.................................................... III\nI. Teil. Handhabung der Methode\nTrommelregistrierung....................................... 1\nRegistriertrommel \u2014 Registriergabel \u2014 Stimmen der genau bekannten Gabel \u2014 Pr\u00fcfung der Registriergabel \u2014 Gabelregistrierung \u2014 Graphisches Chronometer \u2014 Sekunden-\nregistrierung \u2014 Fixierung \u2014 Pr\u00fcfung des variablen Fehlers der Trommelbewegung \u2014 Pr\u00fcfung des progressiven Fehlers der Trommelbewegung \u2014 Pr\u00fcfung der Fehler bei verschiedenen Geschwindigkeiten \u2014 Zeitgleichung der Trommel \u2014 Sekundenskala\nKapselregistrierung........................................ 6\nSchreibkapsel \u2014 Kapselkurvenkoordinaten \u2014 Zeitmessungen von Kapselkurven\nLippen- und Zungenregistrierung............................ 7\nLippen- und Zungenampullen \u2014 Verbindungsventil \u2014 Lippen-und Zungenunruhe\nRegistrierung von Atembewegungen............................... 9\nG\u00fcrtelschlauch \u2014 Doppelte Registrierung\nSprachregistrierung............................................ 11\nMundsprachzeichner \u2014 Pr\u00fcfung des Mundsprachzeichners \u2014 Mund- und Mundnasenregistrierung \u2014 Nasenregistrierung \u2014 Separate Registrierung von Mund und Nasenstrom \u2014 Kehlkopf-registrierung \u2014 Gleichzeitige Registrierung von Mund, Nase und Kehlkopf \u2014 Doppeltrommelregistrierung \u2014 Mundkurven \u2014 Murid-, Nasen- und Kehlkopfkurven\nLiteratur..................................................... 11\nII. Teil: Messungslehre und Messungsapparate\nDas Messen und die Beobachtungsfehler.......................... 17\nDas Messen \u2014 Absolut genaue Messungen \u2014 Messungsfehler \u2014\nDas arithmetische Mittel \u2014 Die Binzelfehler \u2014 Der durchschnittliche Fehler \u2014 Der mittlere Fehler \u2014 Der wahrscheinliche Fehler \u2014 Genauigkeit der Messungen \u2014 Fehlerrechnung \u2014\nBeispiel","page":0},{"file":"a0006content.txt","language":"de","ocr_de":"VI\tInhalt\nSeite\nMikroskopische Kurvenmess^ngen............................ 20\nMikroskop mit Okularskala \u2014 Die Okulargleichung \u2014 Mefs-mikroskop Modell A \u2014 Mefsmikroskop Modell B\nWellenmessungen........................................... 24\nNormalwellen \u2014 Pr\u00fcfung des Wellenmessens mit einem in Zehntelmillimeter eingeteilten Mafsstab \u2014 Pr\u00fcfung des Wellenmessens mit einer Okularskala \u2014 Pr\u00fcfung des Wellenmessens mit Kreuzfaden und bewegtem Mikroskop oder Kurventisch \u2014 Feststellung des variablen Fehlers der Registriertrommel \u2014 Sprachwellenmessungen mit einer Okularskala \u2014 Beurteilung der Resultate der Sprachwellenmessungen\nSchwankungsgr\u00f6fsen....................................... .\t30\nMessungsfehler und SchwankungsVorg\u00e4nge \u2014 Charakteristische Schwankungsgr\u00f6fsen \u2014 Berechnung der charakteristischen Schwankungen \u2014 Bedeutung der Schwankungsgr\u00f6fsen\nIII. Teil: Sprachanalyse\nSprachelemente.......................................... 32\nDie Sprache \u2014 Der Sprachstrom \u2014 Teleromische Untersuchungsmethode \u2014 Die mikrophonische Sprache \u2014 Mikro-phonische Sprachelemente \u2014 Pelaromische Untersuchungsmethode \u2014 Die graphische Methode \u2014 Vollst\u00e4ndige und beschr\u00e4nkte pelaromische Registrierung \u2014 Makrophonische Sprachelemente \u2014 Tabelle der Sprachelemente\nSprachatome................................................ 36\nBegriffsbestimmung \u2014 Makrophonische Eigenschaften \u2014 Bestimmung der Eigenschaften der Sprachatome aus einer graphischen Aufnahme \u2014 Tabelle der Sprachatome\nSprachatomgruppen........................................... 39\nLaute und Worte \u2014 Stopplaute \u2014 Vokale \u2014 Hauchlaute \u2014\nFlatterlaute\nSprachmolek\u00fcle............................................. 43\nDefinition \u2014 Ideophon \u2014 Silbe \u2014 Fortlaufende Eigenschaften der Sprachmolek\u00fcle \u2014 Verlauf der Dauer \u2014 Verlauf der St\u00e4rke \u2014 Verlauf der Tonh\u00f6he \u2014 Herstellung der Melodiekarte \u2014 Verlauf der Qualit\u00e4t \u2014 Verlauf der Genauigkeit \u2014 Synthese \u2014 Typenfestigkeit \u2014 Andere Eigenschaften\nBeispiele graphischer Sprachanalyse........................ 47\nErstes Beispiel \u2014 Zweites Beispiel\nGrundbegriffe der Sprachwerte............................... 49\nEinzelwerte und Mittelwerte \u2014 Mittelwert und charakteristische Variationen \u2014 Personalwert und Personalvariation \u2014 Dialektwert und Dialektvariation\nSprachkinetik und Sprechdynamik............................. 53\nSprachkinetik \u2014 Sprechdynamik \u2014 Sprach-, Sprech- und Kausalgleichungen \u2014 Biologische Kraftgleichungen Literatur\n57","page":0},{"file":"a0007content.txt","language":"de","ocr_de":"Inhalt\tVII\nIY. Teil:\tSatzlehre\tSelte\nDeutsche Satzlehre......................................... 57\nMaterial \u2014 Melodie \u2014 Laut\u00e4nderung \u2014 Lautst\u00e4rke \u2014 Lautgenauigkeit \u2014 Wesen der Betonung\nEnglische Satzlehre........................................ 61\nBehauptungssatz \u2014 Fragesatz \u2014 Ausrufsatz\nT. leih Terslehre\nUntersuchungsmethoden...................................... 71\nArten des Verses \u2014 Die Sprechenden \u2014 Registriermethoden \u2014 Gewonnenes Material\nAnalyse einer Aufnahme vom\tDichter Ginzkey............. 73\nLautanalyse \u2014 Energieanalyse \u2014 Versform\nAnalyse einer Aufnahme vom Dichter Schaukal................ 78\nLautanalyse \u2014 Energieanalyse\nAnalyse einer Aufnahme von Goethes Urfaust................. 80\nGrundgesetze............................................ 81\nLiteratur ................................................. 82\nTL Teil: Sprachneurologie\nA n wen dung der graphischen\tMethode................. 82\nParakinesis............................................... 82\nPathologie der Sprachatome \u2014 Pathologie der Sprachmolek\u00fcle \u2014 Beispiel der Parakinesis \u2014 Kinetische Sprachgleichung\nSprechdynamik.............................................. 85\nDefinition \u2014 Dynamische Sprechgleichung \u2014 Biologische Kraftgleichung \u2014 Therapeutische Kraftgleichung\nKausalgleichungen.......................................... 87\nKinetisch- dynamische Kausalgleichung Sprachgleichungen aus verschiedenen Krankheitsgebieten 88 Progressive Bulb\u00e4rparalyse \u2014 Multiple Sklerose \u2014 Allgemeine progressive Paralyse \u2014 Epilepsie\nGrundgesetze der Sprachneurologie.......................... 97\nDie drei Gesetze \u2014 Anwendung auf die Epilepsiefrage Sprachkurven und Sprachgleichungen als diagnostische\nHilfsmittel ......................................... 190\nDiagnostische Sammlung\u2022\u2022 \u2014 Erstes Beispiel \u2014 Zweites Beispiel \u2014\nDrittes Beispiel\nLiteratur................................................. 192\nVII. Teil: Taubstummenunterricht\nDie sprachliche Entwicklung des kongenitaltauben Kindes 103 Die Sprechorgane des tauben Kindes \u2014 Die Methoden des Sprechenlernens \u2014 Pr\u00fcfung, Korrektur und Erg\u00e4nzung\nPr\u00fcfung und Korrektur..................................... 104\nAnwendung der graphischen Methode \u2014 Ein deutsches Beispiel \u2014 Ein englisches Beispiel","page":0},{"file":"a0008content.txt","language":"de","ocr_de":"VIII\tInhalt\nSeite\nDie Gesichtsalleinmethode...................................107\nDie zugrunde zu legenden Erw\u00e4gungen \u2014 Das Prinzip einer neuen Methode \u2014 Ausbildung der Sprechf\u00e4higkeit \u2014 Zeit der Anwendung\nLiteratur ................................................ 109\nYIIL Teil: Gesangslehre\nDie Atembewegungen beim Gesang..............................109\nBrust- und Bauchatmung \u2014 Registrierungen\nMundaufnahmen...............................................111\nEine bei canto-Auf n\u00e4hme von einem Sch\u00fcler Garcias \u2014 Vibrato Liter at ur\n114","page":0},{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"I. Teil.\nHandhabung der Methode.\nTrommelregistrierung.\nRegis trier trommel.\nDie Registriertrommel besteht im wesentlichen aus einem Zylinder, welcher sich sehr genau und regelm\u00e4lsig drehen mufs. Eine Oberfl\u00e4chengeschwindigkeit von wenigstens 1 mm pro 0.01 Sek. mufs erreicht werden k\u00f6nnen. Geringere Geschwindigkeiten, wie z. B. 10 mm pro Sek., sind auch notwendig.\nEine f\u00fcr die Zwecke der Experimentalphonetik eigens gebaute Trommel wird in Fig. 1 abgebildet. Der Antrieb geschieht durch ein gut gearbeitetes Grammophonuhrwerk. Mittels Friktion wird die Bewegung auf zwei freie Achsen \u00fcbertragen.\nEs sind drei Achsen mit verschiedenen Geschwindigkeiten vorhanden. Die Trommel wird auf eine Achse gesetzt und hat je nach Achsenwahl und Regulierung eine Oberfl\u00e4chengeschwindigkeit von 1 mm = 0.174 Sek. bis 1 mm = 0.0028 Sek.\nEin Bogen geeigneten Papieres wird an einem Ende mit Kleister bestrichen und um die Trommel gespannt. Nach vollst\u00e4ndiger Eintrocknung des Kleisters wird die Trommel auf das Beruf sungsgestell aufgesetzt. Zur Beruf sung mit Leuchtgas dient ein langer Brenner mit vielen kleinen L\u00f6chern. Das Gas passiert eine Flasche, welche mit Benzin durchtr\u00e4nkte St\u00fcckchen von L\u00f6schpapier oder Watte enth\u00e4lt. Wenn ein solcher Berufsungs-apparat nicht zur Verf\u00fcgung steht, wird ein besonderer kerzen\u00e4hnlicher Kellerleuchter mit sehr grofsem Dochte \u2014 ein sogenannter ,,rat de cave\u201c \u2014 benutzt. Die Trommel wird so gestellt, dafs die Oberfl\u00e4che in den weifsen Teil der Flamme kommt, und schnell gedreht. Die Trommelfl\u00e4che wird gleichm\u00e4fsig sehr leicht braun berufst.\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u. Gesang.\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nHandhabung der Methode.\nRegistriergabel.\nZwischen den Zinken einer Gabel von 100 Schwingungen pro Sekunde wird eine magnetische Spule eingesetzt (Fig 1). Ein an einer Zinke befestigter Draht tr\u00e4gt eine kleine Platinkugel. Gleich unter der kleinen Kugel befindet sich eine kleine, auf das Ende einer Stellschraube gel\u00f6tete Platinscheibe. Diese Stellschraube wird von einem durch eine nicht leitende Platte vom Gestell isolierten Arm gehalten. Von diesem Arm f\u00fchrt ein Draht zu den Windungen des Elektromagneten. Das andere Ende des Magnetdrahtes wird mit einer isolierten Klemmschraube verbunden. Die\nFig. 1. Registriertrommel mit Registriergabel und Rufsgestell.\nandere Klemmschraube ist an dem Metallhalter der Gabel befestigt. Von der Klemmschraube f\u00fchren zwei Dr\u00e4hte zu einer 4-Volt-Batterie. Wenn die Stellschraube so gedreht wird, dafs die Platinscheibe mit der Platinkugel in Kontakt kommt, wird der Stromkreis geschlossen und der Elektromagnet zieht die Zinken zusammen. Dabei wird die untere Zinke gehoben und die Platin-kugel von der Platte entfernt. Hierdurch wird der Stromkreis unterbrochen, der Magnet verliert die Anziehungskraft, die untere Zinke f\u00e4llt zur\u00fcck, die Kugel stellt den Kontakt wieder her und der ganze Vorgang erneuert sich. Dadurch werden die Zinken","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Trommelregistrierung.\n3\ndauernd in Schwingung gehalten. Die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde h\u00e4ngt von der Gr\u00f6fse und der Beschaffenheit der Zinken ab. Vor dem Gebrauche ist es ratsam, die Gabel von einem Pr\u00fcfungsamte untersuchen und bescheinigen zu lassen.\nDas Stimmen der genau bekannten Gabel.\nAls Zeiteinheit gilt die Sekunde. Ein elektrischer Strom wird durch den Pendelkontakt einer astronomischen Uhr und ein elektrisches Signal geleitet. Signal und Gabel werden nebeneinander zum Schreiben auf der berufsten Trommel eingestellt. Die registrierten Schwingungen w\u00e4hrend 20 Sek. werden gez\u00e4hlt. Abfeilen an den Enden erh\u00f6ht die Schwingungszahl; Abfeilen an den Biegungen vermindert sie. Die Gabel wird auf 100.00 Schwingungen gestimmt.\nPr\u00fcfung der Registriergabel.\nDie Registriergabel wird mit einer anderen Gabel verglichen, deren Schwingungszahl genau bekannt ist. Die Schreibspitze der in Gang gesetzten zu pr\u00fcfenden Gabel wird gleich vor die Schreibspitze der ebenfalls in Gang befindlichen genau bekannten Gabel gestellt, und man schaut durch die zwei Spitzen. Wenn die Gabeln genau gleich gestimmt sind, erscheinen die zwei Spitzen als ein grauer Schleier mit einem stillstehenden Fleck. Mit der geringsten Verstimmung bewegt sich dieser Fleck. Diese Methode ist so empfindlich, dafs die leiseste Verstimmung bemerkbar ist. Es kann z. B. gezeigt werden, dafs die Schwingungszahl fast unabh\u00e4ngig von der Schwingungsweite ist usw.\nGabelregistrierung.\nDie Trommel wird in Bewegung gesetzt, die Schreibspitze der in Schwingung befindlichen Gabel w\u00e4hrend einer Umdrehung leicht an die berufste Oberfl\u00e4che gelegt und dann entfernt. Die Gabelregistrierung wird bei grofser Geschwindigkeit benutzt.\nGraphisches Chronometer.\nDas graphische Chronometer von Jacquet (Fig. 2) besteht aus einem Ankeruhrwerk, dessen Schl\u00e4ge einen leichten Schreibhebel in Bewegung setzen. Wenn die Spitze des Hebels die berufste\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nHandhabung der Methode.\nTrommeloberfl\u00e4che ganz leise ber\u00fchrt, zeichnet sie eine Linie mit scharfen Sekundenstrichen. Durch eine andere Einstellung werden auch die E\u00fcnftelsekunden mittels kleinerer Striche eingetragen.\nDas graphische Chronometer hat auch zwei Zifferbl\u00e4tter mit Zeigern, das eine f\u00fcr Minuten und das andere f\u00fcr Sekunden. Mit einem Hebel wird das Uhrwerk in Gang gesetzt oder abgestellt; durch Druck auf einen Hebel werden die Zeiger auf Hull gestellt. Hiermit leistet das Chronometer den Dienst einer Stoppuhr.\nSekundenregistrierung.\nSekundenstriche k\u00f6nnen mit dem graphischen Chronometer auf die Trommelfl\u00e4che gebracht werden. Die Sekundenregistrierung wird bei kleiner Geschwindigkeit benutzt.\nFixierung.\nDer Daumen der linken Hand wird auf den oberen Rand des berufsten Blattes angelegt. Mit der scharfen Spitze eines Schneidewerkzeuges, z. B. einem Messer, wird das Papier vertikal vom Daumen heruntergeschnitten; die paar Millimeter unter dem Daumen bleiben ungeschnitten (oder werden vorher geschnitten). Mit der rechten Hand wird eine Papierklemme an das eine Ende des Blattes befestigt. Durch eine schnelle Bewegung wird das Blatt abgenommen und auf den Tisch gelegt. Mit der Hand auf einem Schutzbrette werden Datum, Stunde, Name und etwaige Bemerkungen mit einem scharfen Holzstifte, Bleistift oder Glasstifte in den Rufs geschrieben.\nDas Blatt wird dann durch den Eixiertrog gezogen. Als Fixierl\u00f6sung wird ein stark verd\u00fcnnter \u00dcberzugslack \u2014 Etikettenlack \u2014 empfohlen. Bei Verwendung einer L\u00f6sung von mit \u00c4ther verd\u00fcnntem Kollodium werden die Bl\u00e4tter in f\u00fcnf Minuten trocken : die Oberfl\u00e4che wird aber nicht stark gesch\u00fctzt. Verd\u00fcnnter Zaponlack erzeugt eine nicht zu \u00fcbertreffende Oberfl\u00e4che; der Geruch ist aber unangenehm. Auch eine L\u00f6sung von Damar in Benzolin leistet gute Dienste.\nPr\u00fcfung des variablen Fehlers der Trommelbewegung.\nDie Trommel wird aufgezogen. Die Schreibspitze der Registriergabel wird genau w\u00e4hrend einer Umdrehung angelegt und","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Trommelregistrierung.\n5\ndann so weit von der Schreibfl\u00e4che entfernt, dafs sie nicht mehr schreibt. Man beobachte jetzt die Wellenlinie durch den bewegten Spitzenfand oder die bewegten Kanten der Zinke oder lasse den Schatten der Zinke auf die Wellenlinie fallen. Die Wellenlinie wird nur intermittierend sichtbar. Wenn sich die Trommel immer genau und gleichm\u00e4fsig dreht, sieht man kleine stillstehende Figuren. WTenn Unregelm\u00e4fsigkeiten vorhanden sind, schwanken die Figuren hin und her.\nPr\u00fcfung des progressiven Fehlers der Trommelbewegung.\nDie Gabelspitze wird an die rotierende Trommel wie oben w\u00e4hrend einer Revolution angelegt und dann entfernt. Die Wellenlinie wird durch die bewegte Spitze oder Zinke beobachtet. Nach 10, 20, 30 . . . Sek. wird die Wellenlinie wieder beobachtet. Sobald sich die Wellen bewegen, ist eine Geschwindigkeits\u00e4nderung zu konstatieren.\nDie Trommel mufs entweder eine sehr lange Feder oder ein doppeltes Federlaufwerk wie ein Grammophonuhrwerk haben, um einen bedeutenden progressiven Fehler zu vermeiden.\nPr\u00fcfung der Fehler bei verschiedenen Geschwindigkeiten.\nDie gr\u00f6fste Geschwindigkeit wird durch Aufsetzen der Trommel auf die erste Achse hervorgerufen. Der Regulator wird auf schnellsten Gang gestellt. Der variable und der progressive Fehler werden mittels der Gabel beobachtet. Der Regulator wird dann auf mittleren Gang gestellt und die Fehler werden an einer neuen Wellenlinie beobachtet. Der Regulator wird nun auf den langsamsten Gang gestellt und die Fehler werden wieder beobachtet. Man findet, dafs der Gang nicht unter eine gewisse Grenze mittels des Regulators ohne grofsen Fehler herabgesetzt werden darf. Die Betrachtungen werden bei dem Gebrauch der. zweiten Achse wiederholt. F\u00fcr die dritte Achse ist diese Pr\u00fcfungsart unbrauchbar; wegen des langsamen Gangs zeichnet die Gabel blofs einen weif sen Streifen und nicht eine Wellenlinie. In diesem Falle wird das graphische Chronometer gebraucht.\nZeitgleichung der Trommel.\nDie Trommel wird in Gang gesetzt. Man l\u00e4fst die Registriergabel w\u00e4hrend einer Umdrehung die Zeitlinie aufschreiben. Nach","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nHandhabung der Methode.\nFixierung z\u00e4hlt man 100 Wellen ab und mifst die Entfernung mit einer Millimeterskala. Daraus bekommt man die Zeitgleichung. Die Strecke von 100 Wellen mifst z. B. 132 mm; da jede Welle eine Hundertstel Sek. registriert, ist der Zeitwert eines Millimeters Vi32 von 1.00 Sek. = 0.0076 Sek.\nSekunden skala.\nBei geringerer Geschwindigkeit kann eine Sekundenskala statt eines Millimetermafsstabes benutzt werden. Mit dem graphischen Chronometer werden die F\u00fcnftelsekunden w\u00e4hrend einer Umdrehung registriert. Nach Fixierung wird der Streifen abgeschnitten. Er wird als Skala zur Ablesung von Zehntelsekunden gebraucht.\nKapselregistrierung.\nSchreibkapsel.\nDie pneumatische Schreibkapsel (Fig. 2) besteht aus einer mit Gummi- oder \u00d6lseidemembran \u00fcberzogenen Metallschale. Jede\nFig. 2. Lippenregistrierung mit Gummikugel, Schreibkapsel und graphischem\nChronometer.\nBewegung der Membrane wird mittels eines Zwischenst\u00fcckes auf einen Hebel \u00fcbertragen; durch Verschiebung des Mittelst\u00fcckes","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Kapselregistrierung \u2014 Lippen- und Zungenregistrierung.\t7\nkann die Vergr\u00f6fserung ge\u00e4ndert werden. Auf die Stahlnadel des Hebels wird ein kleiner Strohhalm mit einer Stahlschreibspitze auf gesteckt. Jeder Ein- oder Austritt von Luft durch das an der Seite der Schale angebrachte Rohr erzeugt eine Bewegung der Schreibspitze. Durch verschiedene Schrauben und Hebel sind mehrere Einstellungen der Schreibspitze m\u00f6glich. Schreibkapseln von 10, 30 und 50 mm Durchmesser sind gebr\u00e4uchlich.\nKapselkurvenkoordinaten.\nDie horinzontale oder X-Achse ist eine gerade Linie; die Einheiten sind der Zeit proportional. Die vertikale oder Y-Achse ist ein Kreisbogen, dessen Radius gleich der Hebell\u00e4nge ist.\nZeitmessungen von Kapselkurven.\nE\u00fcr alle auf der X-Achse liegenden Punkte ist die Zeit der horizontalen Entfernung proportional und ist mittels der Sekundenskala oder der Zeitgleichung zu bestimmen. E\u00fcr jeden anderen Punkt wird ein Lot auf die X-Achse gef\u00e4llt, oder die Entfernung von einer Anfangsvertikallinie gemessen. Ein solcher Wert enth\u00e4lt einen dem Kreuzbogen entsprechenden Fehler und mufs korrigiert werden.\nDie Korrekturwerte k\u00f6nnen festgestellt werden, indem vor einer Aufnahme die Hebelspitze am Fufse einer vertikalen Linie angelegt und dann in die H\u00f6he getrieben wird. Die Entfernung des Kreisbogens von der vertikalen Linie gibt die Gr\u00f6fse der Korrektur f\u00fcr jede H\u00f6he der Registrierlinie.\nLippen- und Zungenregistrierung.\nLippen- und Zungenampullen.\nUm Druck und Bewegung der Lippen und der Zunge zu studieren, werden kleine, d\u00fcnnwandige Gummikugeln benutzt.\nVerbindungsventil.\nDas Ventil besteht aus einem Metallrohr mit einer verschliefs-baren Seiten\u00f6ffnung. Durch Fingerdruck auf einen Hebel wird die Seiten\u00f6ffnung zur Ausgleichung des Luftdrucks freigemacht.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nHandhabung der Methode.\nLippen- und Zungenunruhe.\nEine kleine zwischen die Lippen gehaltene Ampulle (Fig. 2) wird mittels Schlauch und Ventil mit einer Schreibkapsel von 10 mm Durchmesser verbunden. Die Ampulle wird nachher hinter die Vorderz\u00e4hne gelegt; die Zungenspitze gegen dieselbe geprefst. Die Kurven in Fig. 3 mit der Zeitgleichung 1 mm = 0.136 Sek. zeigen, dais die Lippen und die Zunge fortw\u00e4hrend in Unruhe sind. Es wird oft beobachtet, dafs z. B. beim Denken an das Alphabet oder an ein Gedicht unwillk\u00fcrliche unbewufste Lippen-und Zungenbewegungen ausgef\u00fchrt werden.\nRegistrierungen von Lippenbewegungen mit einer Ampulle und einer Schreibkapsel von 30 mm Durchmesser sind in Fig. 4 wiedergegeben. Die Zeitgleichung dazu ist 1 mm = 0.022 Sek.\nDie Kurve f\u00fcr papa in der ersten Linie zeigt eine Lippenbewegung, welche f\u00fcr das erste p etwas\nFig. 3. Lippen- und Zungenunruhe.\tFig. 4. Lippenbewegungen\nbei rhythmischem Sprechen.\nst\u00e4rker und l\u00e4nger ist als f\u00fcr das zweite. Die Lippen beteiligen sich also an dem Rhythmus des Iambus. Die Kurve f\u00fcr papa in der zweiten Linie zeigt Analoges f\u00fcr den Troch\u00e4us. F\u00fcr den Anap\u00e4stus p a papa in der dritten Li nie ist das erste p das st\u00e4rkste und l\u00e4ngste. Der Rhythmus in diesemFalle besteht wahrscheinlich haupts\u00e4chlich in den Vokalunterschieden (hier nicht gezeigt); aber warum das erste p sich so verh\u00e4lt, ist unerkl\u00e4rlich. An der Daktylus papapa","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Registrierung von Atembewegungen.\n9\nin der vierten Linie nehmen die Lippen ihren Anteil ; nur ist das letzte p sonderbar schwach.\nRegistrierung von Atembewegungen.\nG\u00fcrtelschlauch.\nDer G\u00fcrtelschlauch besteht aus einem an den Enden geschlossenen Gummischlauch, welcher auf einem Segeltuchg\u00fcrtel befestigt ist. Der G\u00fcrtelschlauch wird um die Brust oder den Bauch geschnallt. Bei jeder Atembewegung tritt Luft durch einen Leitungsschlauch aus oder ein.\n5. Atemregistrierung.\nEine Schreibkapsel von 50 mm Durchmesser wird zur Registrierung an die auf eine Geschwindigkeit von etwa 1 cm = 1 Sek. eingestellte Trommel bereitgestellt. An das Seitenrohr wird ein beliebig langer kleiner Gummischlauch angebracht. Der G\u00fcrtelschlauch wird um den K\u00f6rper befestigt. Der Kapselschlauch und der Verbindungsschlauch werden mit dem Ventil verbunden;","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nHandhabung der Methode.\ndurch den Druck auf den Ventilhebel wird das richtige Luftverh\u00e4ltnis hergestellt. Auf diese Weise werden die Atembewegungen mittels Luft \u00dcbertragung auf der\" rotierenden Trommel registriert.\nDoppelte Registrierung.\nMit zwei G\u00fcrtelschl\u00e4uchen k\u00f6nnen Brust- und Bauchatmung gleichzeitig registriert werden (Fig. 5). Vor der Registrierung m\u00fcssen die Schreibspitzen genau senkrecht \u00fcbereinandergestellt werden. Dazu dienen die verschiedenen Einstellungsm\u00f6glichkeiten an den Kapseln. Die G\u00fcrtelschl\u00e4uche werden um die Brust in der H\u00f6he der Brustwarzen und um den Bauch in Nabelh\u00f6he geschnallt und die Schreibkapseln genau eingestellt.\nFig. 6 gibt ein St\u00fcck aus einer Registrierung der Atembewegungen von einem Bariton wieder. Beim Einatmen wird die Brust stark gehoben und der Bauch sehr stark ausgew\u00f6lbt. Beim\nFig. 6. Atmungskurven.\nSingen senkt sich die Brustlinie ganz gleichm\u00e4fsig und stetig. Die Bauchlinie hat einen ganz anderen Verlauf. W\u00e4hrend der ersten H\u00e4lfte der Ausatmung senkt sie sich ein wenig. Die Bauchmuskeln und das Diaphragma werden also fast still gehalten, w\u00e4hrend die Brustmuskeln die Ausatmungsrolle \u00fcbernehmen. Pl\u00f6tzlich senkt sich die Bauchlinie, w\u00e4hrend sich die Brustlinie \u2014 welche schon ziemlich tief steht \u2014 ein wenig hebt; der Brustraum wird also in seiner L\u00e4nge verk\u00fcrzt, um in der Breite noch umfangreich genug zu bleiben. Ganz regelm\u00e4\u00dfig \u00fcbernehmen die Brustmuskeln zuerst beinahe den ganzen Luftverbrauch ; die Bauchmuskeln halten fest; sp\u00e4ter, wenn die Brustbewegung zu Ende ist, zieht sich der Bauch stark ein, um einen richtigen Luftstrom zustande zu bringen. Der Puls registriert auch in kleineren Wellen. Sehr merkw\u00fcrdig","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachregistrierung.\n11\nsind die anderen kleinen Bewegungen der Brust- und Baueh-\u00fcnie. Solche kleine Bewegungen sind auch beim Sprechen zu finden. Sie sind abh\u00e4ngig davon, was gesprochen oder gesungen wird. Sie sind nicht Luftdruckserscheinungen, sondern wirkliche Sprachbewegungen. Man spricht also nicht nur mit der Zunge, sondern auch mit Brust und Bauch.\nSprachregistrierung.\nMundsprachzeichner.\nDer in Fig. 7 abgebildete Sprachzeichner besteht aus drei Teilen. Die Muffe kann auf einem 9 mm starkem vertikalen oder\nFig. 7. Mundsprachzeichner.\nhorizontalen Metallstab befestigt werden. Die Muffe h\u00e4lt den langen Schenkel des rechtwinkligen Sprachrohres. In das obere Ende des Sprachrohres wird dieRegistriervorrichtung gesteckt. Diese besteht im wesentlichen aus einer zwischen einer Fl\u00e4che und einem Ring so eingeklemmten Membrane, dafs sie die \u00d6ffnung des Sprachrohres schliefst. Sie wird durch den geringsten Luftdruck gehoben. Ein kleines Gelenk \u00fcbertr\u00e4gt die Bewegungen der Membran auf einen leichten Hebel, welcher aus einer Stahlnadel mit Strohhalm","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nHandhabung der Methode.\nund Stahlspitze besteht. Eine fein verstellbare Feder besorgt den schnellen R\u00fcckgang der Nadel und Membrane in die Ruhelage. Das Ventil am kurzen Schenkel des Sprachrohres dient zum Entweichen \u00fcbersch\u00fcssiger Luft. - Die Membrane ist aus \u00d6lseide, deren Steifheit ausgerieben ist; sie hat keine Eigenschwingungen \u2014 ist also eine tote Membrane. Sie arbeitet am besten, wenn sie etwas erw\u00e4rmt wird.\nPr\u00fcfung des Mundsprachzeichners.\nUm die Bewegungen der Membran zu pr\u00fcfen wird ein Kokonfaden oder ein sehr feiner Seidenfaden an dem Hebel befestigt. Der Hebel wird in eine beliebige H\u00f6he gezogen. Die Schreibspitze wird an eine Registriertrommel angelegt. Mit einer kleinen Flamme wird der Faden durchgebrannt und der Hebel f\u00e4llt. Wenn das System keine Eigenschwingungen hat, schreibt die Spitze eine Kurve von oben bis Null ohne Nachschwingungen. Wenn Eigenschwingungen vorhanden sind, macht die Spitze am Ende des Fallens einige kleine Schwingungen. Die Zeit des Fallens bis auf Null soll m\u00f6glichst klein sein.\nMund- und Mundnasenregistrierung.\nVon dem Sprachzeichner f\u00fchrt ein weiter Gummischlauch zu einem Sprachtrichter. F\u00fcr den Mund allein besteht dieser aus einem elliptischen Zelluloidtrichter, welcher am Rande ein pneumatisches Gummikissen tr\u00e4gt. Der Rand wird leise an den Mund gehalten. F\u00fcr Mund und Nase zusammen ist der Trichter dreieckig. Nach dem Gebrauche durch eine Person wird der Trichter gewaschen und in eine Sterilisierl\u00f6sung (Karbols\u00e4ure, Lysol, Merkurperchlorid) eingetaucht.\nNasenregistrierung.\nEine Nasenolive aus Glas wird in ein Nasenloch gesteckt und mittels eines Gummischlauches mit einer empfindlichen Schreibkapsel verbunden. Das andere Nasenloch wird je nach den Umst\u00e4nden w\u00e4hrend eines Versuches offen gelassen oder geschlossen. Eine Bewegung der Schreibspitze deutet das Entweichen der Luft durch die Nase an.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachregistrierung.\n13\nSeparate Registrierung von Mund- und Nasenstrom.\nDie empfindliche Nasenschreibkapsel wird auf dem horizontalen Schenkel des Sprachzeichners befestigt (Fig. 8). Durch Vor- oder Zur\u00fcckschieben und Drehen der Nasenkapsel und durch Drehung des Schreibapparates des Sprachzeichners werden die zwei Schreibspitzen genau untereinander auf der Trommel eingestellt.\nFig. 8. Mund- und Nasenregistrierung.\nKehlkopf regist rierung.\nEin kleines Gummikissen wird mittels eines Halsbandes \u00fcber den Kehlkopf befestigt ; der Schlauch \u2014 mit Verbindungsventil \u2014 f\u00fchrt zu einer Schreibkapsel von 10 mm Durchmesser (Fig. 9).\nGleichzeitige Registrierung von Mund, Nase und\nKehlkopf.\nDie drei Sprachzeichner \u2014 von der Trommelseite gesehen \u2014 sind in Fig. 9 abgebildet.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nHandhabung der Methode.\nDoppeltrommelregistrierung.\nUm l\u00e4ngere Aufnahmen zu machen, wird ein langer Streifen Papier mit Hilfe einer Zusatztrommel benutzt (Pig. 10). Vorher wird das Papier um zwei horizontale Trommeln gelegt und berufst.\nFig. 9. Mund-, Nasen- und Kehlkopfregistrierung. Mundkurven.\nEin Vokal wird zuerst auf einen tiefen und dann auf einen hohen Ton gesungen. Tiefe T\u00f6ne werden als horizontal lange, hohe als horizontal kurze Schwingungen registriert. Ein porta-","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachregistrierung.\t15\nme nt o gesungener Vokal zeigt allm\u00e4hliche \u00c4nderungen der Wellenl\u00e4nge.\nDerselbe Vokal wird erst leise und dann lauter mit derselben Tonh\u00f6he gesungen; die vertikale Wellenh\u00f6he \u2014 die Amplitude \u2014 wird gr\u00f6fser.\nDerselbe Vokal wird erst ohne Luftverschwendung, aber m\u00e4fsig laut und dann mit Luftverschwendung mit derselben Tonh\u00f6he und ungef\u00e4hr gleich laut gesungen. Der Luftaustritt registriert sich als Hebung der Wellenlinie \u00fcber Null.\nVerschiedene Vokale a, o, u, i, werden mit derselben Ton-\nFig. 10. Doppeltrommelregistrierung.\nh\u00f6he und ungef\u00e4hr gleich laut gesungen; keine zuverl\u00e4fslichen \u00c4nderungen der Wellenform sind zu konstatieren.\nDie Mundkurve registriert den Luftaustritt und die Stimmbandschwingungen. Um die Leistungsf\u00e4higkeit des Mundsprach-zeichners zu pr\u00fcfen, wird scharf gesprochenes pa-pa-pa rasch mehrmals wiederholt. Die Linie mufs Strecken von scharf abgegrenzter Nullinie zeigen; nach jedem Vokal mufs die Linie schn\u00e8ll sinken. Es wird ma-ma-ma mehrmals wiederholt. Mit einem empfindlichen Sprachzeichner sollen Wellen w\u00e4hrend des m vorhanden sein. Bei den Explosionen von p, t usw. darf der Schreibhebel nicht zu stark emporschnellen.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\tHandhabung der Methode \u2014 Sprachregistrierung.\nF\u00fcr die Konsonanten werden Verschlnfs und Hauch zeitlich sehr genau registriert. Die H\u00f6he der Registrierlinie ist nicht einfach proportional dem Drucke der ausstr\u00f6menden Luft.\nMund-, Nasen- und Kehlkopfkurven.\nIn der Mundkurve in Fig. 11 erscheint der erste Vokal mit starken Wellen ohne Hebung \u00fcber Null. Die Nasenkurve zeigt, dafs die Luft durch die Nase entweicht ; also dafs der Vokal nasaliert wird. Darnach folgt das m mit sehr schwachen Wellen in der Mundlinie, aber mit sehr starken Wellen und starkem Luftaustritt in der Nasenlinie. F\u00fcr d bleibt die Mundlinie auf Null ; die Nasenlinie senkt sich nicht sofort bis Null ; das d ist also anfangs nasaliert.\nMund\nKehlkopf\nFig. 11. Mund-, K\u00e4sen- und Kehlkopfkurven.\nDer Vokal e zeichnet sich in seinem ersten Teil durch eine gehobene Mundlinie mit starken Wellen aus; im letzten Teil senkt sich die Mundlinie bis auf Null. Die Nasenlinie zeigt f\u00fcr den ersten Teil nur schwache Wellen auf der Nullinie, welche von den Ersch\u00fctterungen des V\u00e9lums herr\u00fchren; es ist kein Luftaustritt zustande gekommen \u2014 also keine Nasalierung. F\u00fcr den letzten Teil aber ist Luftaustritt mit starken Wellen \u2014 also Nasalierung \u2014 vorhanden. F\u00fcr das n zeigt die Mundlinie nur \u00e4ufserst schwache Wellen auf Null bis zum Ende, wo starke Wellen zum Vorschein kommen. Das n wird also durch einen vokalartigen Schlufs beendet. In der Nasenlinie ist Luftaustritt mit starken Wellen zu sehen. In der Kehlkopflinie sind Wellen vom Anfang bis zum Ende vorhanden. Das Steigen und Senken der Linie deutet auf Hebung und Senkung des Kehlkopfes als Ganzes.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Messungslehre u.Me\u00dfmethoden. \u2014 Das Messen u. die Beobachtungs fehler.\t17\nLiteratur.\nRousselot, Principes de la Phon\u00e9tique Exp\u00e9rimentale, Paris, 1897; Scripture, Elements of Experimental Phonetics, New York, 1902; Calzia, Die experimentelle Phonetik in ihrer Anwendung auf die Sprachwissenschaft, Berlin, 1924.\nII. Teil.\nMessungslehre und Me\u00dfmethoden.\nDas Messen und die Beobachtungsfehler.\nDas Messen.\nEine Gr\u00f6lse messen heilst angeben, durch wieviele einer gew\u00e4hlten Einheit sie dargestellt werden kann. Die Messung besteht aus einer Zahl und aus einer Einheit. Die Gr\u00f6lse der Zahl h\u00e4ngt von der Gr\u00f6lse der Einheit ab. Z. B. die Messung der Registrierung eines Verschlulslautes mittelst eines Millimetermalsstabes ergibt das Resultat 17 mm; eine Messung mittelst eines Zehntelmillimetermalsstabes ergibt aber 173Zehntelmillimeter. Es ist zu beobachten, dals die Zahl f\u00fcr eine gewisse Einheit nichts \u00fcber die Zahlen f\u00fcr kleinere Einheiten aussagt; 17 mm ist das Meisergebnis f\u00fcr alle L\u00e4ngen zwischen 17 \u00b1 0.5000 . . . mm.\nAbsolut genaue Messungen.\nWenn die Einheit so grols gew\u00e4hlt wird, dals beliebig viele Messungen immer dasselbe Resultat geben, wird die Messung bis auf die gew\u00e4hlte Einheit als absolut genau bezeichnet. Es kann z. B. die oben genannte Strecke mit einem Millimeter-mafsstab beliebig oft gemessen werden; das Resultat wird immer 17 mm sein.\nMessungsfehler.\nWenn die Einheit gen\u00fcgend klein gew\u00e4hlt wird, werden die Messungen einer Gr\u00f6lse schwanken. In Zehntelmillimetern wird die obengenannte Dauerstrecke verschiedene Werte ergeben, z. B. 16.8, 16.9, 17.3, 17.1 usw. Diese Schwankungen r\u00fchren von verschiedenen Faktoren her, z. B. Unbestimmtheit in der Feststellung der Grenzen, Unbestimmtheit in dem Urteil, ob eine\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u. Gesang.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nMessungslehre und Me\u00dfmethoden.\nGrenze zu diesem oder jenem Teilstrich geh\u00f6rt usw. Es wird angenommen, dafs ein unbekannter wahrer Wert existiert und dafs die angegebenen Messungen mit Fehlern behaftet sind.\nDas arithmetische Mittel.\nDer wahre Wert kann nie eruiert werden. Aber wenn alle Messungen gleich zuverl\u00e4ssig sind, ist nach den Bestimmungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung das arithmetische Mittel der wahrscheinlichste Wert.\nDie Einzelfehl er.\nDie wahren Fehler der Einzelmessungen k\u00f6nnen nicht bestimmt werden, da der wahre Wert unbekannt ist. Die Abweichungen der Einzelwerte von dem arithmetischen Mittel werden als Einzelfehler angenommen, obwohl sie nicht die wahren Fehler sind.\nDer durchschnittliche Fehler.\nEs werden die Einzelfehler ohne R\u00fccksicht auf + oder \u2014 addiert. Die Summe wird durch die Zahl der Messungen dividiert. Dies ist der durchschnittliche Fehler einer Einzelmessung.\nDer mittlere Fehler.\nDie Einzelfehler werden quadriert. Die Summe der Fehler -quadrate wird durch die um 1 verminderte Anzahl der Fehler dividiert. Die Quadratwurzel hieraus ist der mittlere Fehler einer Einzelmessung. Dies ist der Fehler, welchen man bei einer neuen Messung am wahrscheinlichsten begehen w\u00fcrde.\nDer wahrscheinliche Fehler.\nDie Multiplikation des mittleren Fehlers mit 0.674 (nahe 2/3) gibt den wahrscheinlichen Fehler, d. h. jenen Fehler, von dem mit gleicher Wahrscheinlichkeit behauptet werden kann, der wirklich begangene Fehler sei kleiner, wie er sei gr\u00f6fser als er.\nGenauigkeit der Messungen.\nAus den Betr\u00e4gen der Fehler kann die Genauigkeit einer Einzelmessung oder des arithmetischen Mittels gesch\u00e4tzt werden. Je kleiner der durchschnittliche oder mittlere oder wahrscheinliche Fehler, desto genauer die Messungen und umgekehrt.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"19\nDas Messen und die Beobachtungsfehler.\nFehlerrechnung.\nEs seien a1; a2, a3, . . . an die Einzelmessungen. Das arithmetische Mittel ist\na = &1 -f- a2 + a3 + . . . + an\nn\nDie Einzelfehler sind = a,1 \u2014 a, v2 = a2 \u2014 a, v3 = a3 \u2014 a. . . ., vB = an \u2014 a. Der durchschnittliche Fehler einer Einzelmessung ist\nd =\nn\nwo v den absoluten Wert (d. h. ohne Ber\u00fccksichtigung von + oder -|-) gibt und 2 das Summenzeichen ist. Der mittlere Fehler ist\n\u00dfer wahrscheinliche Fehler ist\nr = 0.674 m.\nDas arithmetische Mittel hat eine gr\u00f6\u00dfere Wahrscheinlichkeit als eine Einzelmessung. Es wird angenommen, dafs die Wahrscheinlichkeit umgekehrt proportional der Wurzel aus der Messungs-zahl w\u00e4chst. Der durchschnittliche Fehler des arithmetischen Mittels von n Messungen ist also\nder mittlere Fehler\nund der wahrscheinliche Fehler\nR = 0.674 M.\nDie charakteristischen Fehler werden oft als Prozentsatz des arithmetischen Mittels ausgedr\u00fcckt. Es wird also d t a = d' %, m \u2014\u25a0 a = m' % oder r -f- a = r' % angegeben.\nBeispiel.\nEs seien die Einzelmessungen wie in der Spalte a nebenstehender Tabelle gegeben. Die Einzelfehler ohne Vorzeichen sind","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nMessungslehre und Me\u00dfmethoden.\nin der Spalte v und ihre Quadrate in der Spalte v2 eingetragen. Das arithmetische Mittel ist 22.7. Der durchschnittliche Fehler ist d = 0.62. Die Berechnung aus den Quadraten ergibt den mittleren Fehler m = \u00b1 0.6, wonach der wahrscheinliche Fehler als r = \u00b1 0.4 zu berechnen ist. Der mittlere Fehler ist 3\u00b0/0 und der wahrscheinliche 2 % des arithmetischen Mittels.\n22.7\nTabelle.\nBeispiel einer Ausrechnung.\na\tV\tV2\t\n23\t0.3\t0.09\t\n22\t0.7\t0.49\t\n23\t0.3\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\t\n21\t1.7\t2.89\t\n23\t0.3\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\ta = 22/\n23\t0.3\t0.09\tm = \u00b1\n22\t0.7\t0.49\tr = 0.6\u2018\n23\t0.3\t0.09\t\n22\t0.7\t.0.49\t\n23\t0.3\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\t\n22\t0.7\t0.49\t\n23\t.03\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\t\n23\t0.3\t0.09\t\n22\t0.7\t0.49\t\nn\u2014 1\n6.60\nT<r\n= 0.35\n! 0/\n1 /O\n0.62\nMikroskopische Kurvenmessungen.\nMikroskop mit Okularskala.\nDer Tubus tr\u00e4gt ein schwaches Objektiv mit einer Ver-gr\u00f6fserung von 1 bis 1 % und ein Okular mit 5f\u00e2cher Vergr\u00f6fserung","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Mikroskopische Kurvenmessungen.\n21\nund einer Skala von hundert Einteilungen. Die Skala mufs stark schwarz sein.\nDas Okular wird vom Mikroskop entfernt und gegen eine helle Fl\u00e4che gerichtet. Die obere Linse wird bewegt, bis die Skala ganz scharf ist. Die Einstellung \u00e4ndert sich f\u00fcr verschiedene Augen.\nDas Mikroskop mit Objektiv und Okular wird auf die zu messende Kurve eingestellt. Man erkennt die richtige Einstellung, indem man den Kopf etwas hin- und herbewegt. Wenn die Einstellung genau ist, bewegt sich die Skala nicht \u00fcber der Kurve.\nDie Okulargleichung.\nEine in Zehntelmillimeter eingeteilte Skala, z. B. ein lineares Objektmikrometer aus der Mefslupe von Zeiss, wird unter das Mikroskop gelegt. Die Lagen des Nullpunktes der Okularskala \u2014 zweckm\u00e4fsig auf Null des Objektmikrometers gebracht \u2014 und des 100-Punktes werden abgelesen. Aus der L\u00e4nge der Okularskala wird der Wert eines Skalenteiles berechnet. Z. B. es sei 7.3 mm die auf 100 Skalenteile entfallende L\u00e4nge. Die Okulargleichung ist dann 1 Ska. = 7.3 mm -f- 100 = 0.073 mm.\nMefsmikroskop Modell A.\nDas Mikroskop ist am Ende eines horizontalen von einem vertikalen Stativ getragenem Arm befestigt (Fig. 12). Das Stativ wird auf einem kleinen Schlitten befestigt, welcher von zwei Stangen getragen wird., Diese Stangen sind ihrerseits in einem l\u00e4ngeren Schlitten befestigt. Mittels der zwei Schlitten kann das Mikroskop in zwei genau senkrecht stehenden Richtungen bewegt werden. Die Bewegungen geschehen durch senkrecht zueinander stehende Millimeterschrauben. Jede Schraube tr\u00e4gt eine in Hundertstelmillimeter eingeteilte Trommel an einem Ende. Die untere Fl\u00e4che des Apparates wird mit einem Schutztuch aus Filz bedeckt.\nDas Blatt wird auf dem Reifsbrett mit der Nullinie parallel der unteren Seite befestigt. Das Mef smikroskop wird auf dem Blatte neben einer befestigten Reifsschiene gelegt. Das Mikroskop wird auf die Kurve eingestellt.\nDie Trommel an den Enden der Schrauben erm\u00f6glichen sehr","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nMesaungslehre und Me\u00dfmethoden.\ngenaue Koordinatenmessungen, wie z. B. die Ausmessungen einer Vokalwelle f\u00fcr die FouRiERsche Analyse (Scripture, The Study of Speech Curves, Carnegie Institution, 1906, Washington, D. C., U. S. A.).\nMefsmikroskop Modell B.\nDas Mikroskop mit Mefsokular ist am Ende eines horizontalen Armes befestigt und zwar so, dafs es um die Achse dieses Armes gedreht' und dann befestigt werden kann (Fig. 13). Der hori-\nFig. 12. Mefsmikroskop Modell A.\nzontale Arm ist innerhalb einer H\u00fclse mit Zahn und Trieb bewegbar. Diese H\u00fclse ist an einem vertikalen Stative befestigt. Das Stativ ist auf einem Dreifufs mit Stellschrauben angebracht. Das Ganze steht auf einem Holzklotz. Unterhalb des Mikroskops ist ein Metalltisch, welcher mit Zahn und Trieb quer zum horizontalen Arm bewegt werden kann.\nDie horizontale Bewegung des Metalltisches, die horizontale Bewegung des Metallstabes und die vertikale Bewegung des Mikroskops m\u00fcssen genau senkrecht zueinander eingestellt werden.\nDer Metalltisch tr\u00e4gt eine eingeritzte gerade L\u00e4ngslinie und genau senkrecht dazu eine Querlinie. Man stellt das Mikroskop","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Mikroskopische Kurvenmessungen.\n23\nauf den Kreuzungspunkt ein und bringt einen Punkt der Okularskala genau \u00fcber diesen Punkt. Der Tisch wird dann von dem einen Ende zu dem anderen bewegt. Der eingestellte Punkt mufs immer in der L\u00e4ngslinie liegen. Wenn dies nicht der Fall ist, mufs der Tisch entsprechend gedreht werden.\nEin Punkt der Okularskala wird wieder \u00fcber den Kreuzungspunkt gebracht. Mittelst des horizontalen Armes wird das Mikroskop \u00fcber die ganze L\u00e4nge der Querlinie der Tischplatte bewegt ; der Punkt mufs in der Linie bleiben. Wenn dies nicht der Fall ist, mufs das Miskroskopstativ nach links oder rechts gedreht und wieder befestigt werden.\nFig. 13. Mefsmikroskop Modell B.\nBei Tiefstellung des Mikroskops wird der Kreuzungspunkt scharf eingestellt. Das Mikroskop wird in die H\u00f6he bewegt und wieder eingestellt. Der Kreuzungspunkt mufs genau auf derselben Stelle des Gesichtsfeldes bleiben. Wenn sich der Punkt nach links oder rechts bewegt, mufs das Mikroskop um die horizontale Achse links oder rechts gedreht werden. Wenn sich der Punkt vor-oder r\u00fcckw\u00e4rts bewegt, dann ist der horizontale Stab nicht mit der Tischplatte parallel; die Lage wird durch Drehung der vorderen Stellschraube korrigiert.\nDas betreffende Kurvenst\u00fcck wird auf die Tischplatte mit Gummil\u00f6sung befestigt; die Achse soll mit der L\u00e4ngslinie zusammenfallen.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nMessungsMire und Me\u00dfmethoden.\nWellenmessungen.\nNormalwellen.\nEine feste, vertikale Trommel mit sehr geringer Reibung wird mit Papier bespannt und berufst. Die elektrische Gabel wird zur Pr\u00fcfung des variablen Fehlers bereitgestellt (S. 4). Die Gabel wird w\u00e4hrend einer Umdrehung angebracht. Es wird\nWWWWVA/VWVWWWWWAAAAAAAAAAAAAAAAAAA/WWVWVWWVWVWVWWV\nFig. 14. Normalwellen.\nwie oben (S. 4) der variable Fehler gepr\u00fcft. Es soll keiner vorhanden sein. Nach Fixierung ist die gepr\u00fcfte Wellenlinie f\u00fcr den vorliegenden Zweck als eine absolut genaue Wellenreihe anzusehen. Eine solche Wellenlinie ist in halber Gr\u00f6fse in Fig. 14 reproduziert.\nPr\u00fcfung des Wellenmessens mit einem in Zehntelmillimeter eingeteilten Mafsstab.\nEin in Zehntelmillimeter eingeteilter Mafsstab wird unter die Normalwellenlinie gelegt. Die Lagen der untersten Punkte von 20 Wellen werden mittelst einer Lupe, z. B. einer Uhrmacherlupe, abgelesen. Die Differenzen ergeben die Wellenl\u00e4ngen. Der mittlere und der wahrscheinliche Fehler werden ausgerechnet (S. 19) und in Prozents\u00e4tzen ausgedr\u00fcckt. Da die Normalwellen f\u00fcr den vorliegenden Zweck als absolut genau anzusehen sind, dr\u00fccken diese Fehler die Ungenauigkeit der Methode aus.\nEs hatte z. B. der die ganze Strecke mit 20 Wellen eine L\u00e4nge von 453 Zehntelmillimeter ; 22.7 Zehntelmillimeter ist dann als der sehr angen\u00e4herte wahre Wert anzusehen. Das aus den Messungen berechnete arithmetische Mittel stimmt ann\u00e4hernd mit dem wahren Werte \u00fcberein. Die Quellen der Ungenauigkeit lassen sich angeben. Die Ablesungseinheit des Mafsstabes ist ein Zehntel* millimeter. F\u00fcr die Werte 22 oder 23 Zehntelmillimeter gibt es Ablesungswerte, aber nicht f\u00fcr 22.7 Zehntelmillimeter. Obwohl alle Wellen eine L\u00e4nge von 22.7 Zehntelmillimeter hatten, k\u00f6nnten sie nur als 22 oder 23 abegelsen werden. Nach einigen Ablesungen mit 23 m\u00fcfste sich notwendigerweise eine Ablesung","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"W ellenmessungen.\n25\n22 einstellen. Die Ablesung 21 ist offenbar ein Fehler f\u00fcr 22; da die Messungen fortlaufend waren, hat sie sich in den nachfolgenden Ablesungen ausgeglichen. Er hat das arithmetische Mittel nicht ge\u00e4ndert; wohl aber ist es in dem mittleren Fehler zum Ausdruck gekommen.\nPr\u00fcfung des Wellenmessens mit einer Okularskala.\nDas Kurvenst\u00fcck mit den Normalwellen wird unter das Mikroskop gelegt; die Achse soll mit der Bewegungsachse zusammenfallen.\nDer Nullstrich der OkidarSkala wird auf den ersten Wellenberg oder auf das erste Wellental gebracht. Die Lagen der folgenden Wellenberge bzw. Wellent\u00e4ler werden auf der Skala abgelesen. Bei der letzten Ablesung macht man einen kleinen Strich mit einer scharfen Nadel unter dem gemessenen Punkt. Die Kurve oder das Mikroskop wird dann fortbewegt, bis der Nullstrich \u00fcber dem zuletzt gemessenen Punkt zu liegen kommt ; die Lage der folgenden Wellenberge bzw. Wellent\u00e4ler werden wieder auf der Skala abgelesen. Dieses Verfahren wird auf 20 Wellen ausgedehnt.\nDurch Subtraktion werden die einzelnen Wellenl\u00e4ngen bestimmt. Die charakteristischen Fehler werden ausgerechnet (S. 19) und als Prozents\u00e4tze ausgedr\u00fcckt. Da die Normalwellen f\u00fcr den vorliegenden Zweck als genau anzusehen sind, dr\u00fccken die Fehler die Ungenauigkeit der Methode aus.\nDie in dem vorangehenden Paragraphen erw\u00e4hnten Wellen wurden mittelst eines Mefsmikroskopes mit einem Objektive von 50 mm \u00e4quivalenter Brennweite und einem Okular mit Skala gemessen. Die hier gebrauchte Einstellung ergab eine Okulargleichung von einem Skalenteil = 0.219 mm; das Bild der Wellen wurde also etwas verkleinert auf die Skala geworfen. Das Bild samt Skala wurde von der oberen Linse des Okulars vergr\u00f6fsert. Halbe Skalenteile wurden abgelesen. Die Ausrechnung folgt wie in nebenstehender Tabelle.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nMessungslehre und Me\u00dfmethoden.\nTabelle.\nBeispiel einer Ausrechnung von Normalwellenmessungen.\na\tV\tva\n17\t0.5\t0.25\n17%\t0.0\t0.00\n17%\t0.0\t0.00\n17\t0.5\t0.25\n17%\t0.0\t0.00\n18\t0.5\t0.25\n17 %\t0.0\t0.00\n17\t0.5\t0.25\n18\t0.5\t0.25\n17\t0.5\t0.25\n18\t0.5\t0.25\n18\t0.5\t0.25\n18\t0.5\t0.25\n17\t0.5\t0.25\n17%\t0.0\t0.00\n18\t0.5\t0.25\n17%\t0.0\t0.00\n18\t0.5\t0.25\n17\t0.5\t0.25\n17%\t0.0\t0.00\n17.5\t0.33\t\n2 va n \u20141\n3.25\n19\n= 0.17\na = 17.5 d = 0.3 = 2 % m = \u00b1 |/0.17 = \u00b1 0.4 = \u00b1 2 % r = 0.647 = \u00b1 0.3 = \u00b1 1 %\u2022\nPr\u00fcfung des Wellenmessens mit Kreuzfaden und be.-wegtem Mikroskop oder Kurventisch.\nDer Kreuzfaden des Mikroskopes wird auf den Gipfel einer Welle eingestellt. Durch Bewegung des Mikroskops oder des Tisches wird er dann auf den Gipfel der folgenden Welle eingestellt. Die Gr\u00f6fse der Bewegung wird je nach dem Apparat an der Millimeterskala mittelst des Nonius in Zehntelmillimetern oder an der Trommel der Millimeterschraube in Hundertstelmillimetern abgelesen. Die charakteristischen Fehler werden berechnet und als Prozents\u00e4tze ausgedr\u00fcckt.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"W ellenmessungen.\n27\nFeststellung des variablen Fehlers der Registriertrommel.\nEine Zeitlinie wird auf der zu benutzenden Trommel angebracht. Die Wellen werden nach einer der oben beschriebenen Methoden gemessen. Da die Schwingungen der Gabel hier als vollkommen konstant anzunehmen sind, dr\u00fcckt der daraus gewonnene charakteristische Fehler das Resultat der Ungenauigkeit der Trommel plus der Ungenauigkeit der Methode aus. Wenn der Fehler der Mefsmethode klein im Vergleich mit dieser Summe ist, kann das ganze auf Rechnung der Trommel gestellt werden.\nSprachwellenmessungen mit einer Okularskala.\nMittelst der Okulargleichung (S. 21) und der Zeitgleichung wird die Okularzeitgleichung auf gestellt. Es fallen z. B. 10\u00d6 Skalenteile auf 22.3 mm. Die Okulargleichung ist dann 1 Ska. = 0.223 mm. Bei einer Aufnahme mit einer Zeitgleichung von 1 mm = 0.0062 Sek.\nVI\nV\n\n0\t1 2\t3\t4\t5\t6\t7\t8\t9\nSkalen-ablesung '\t...18\t35\t52\t70\t88\nWellenl\u00e4nge..\t...18\t17\t17\t18\t18\nPeriode\t\t. 0.0088\t0.0083\t0.0083\t0,0088\t0.0088\nFrequenz....\t....113\t120\t120\t113\t113\nFig. 15. Wellenmessung mit Okularskala.\nist die Okularzeitgleichung 1 Ska. = 0.0062 Sek. X 0.223 = 0.00135 Sek.\nDas betreffende Kurvenst\u00fcck wird unter das Mikroskop mit gelegt ; die Achse soll mit der Bewegungsachse zusammenfallen.\nDie Okularskala wird in die Kurvenachse gestellt. Der Nullstrich wird auf den ersten Wellenberg oder das erste Wellental gebracht (Fig. 15). Die Lage der folgenden Wellenberge bzw. Wellent\u00e4ler werden an der Skala abgelesen. Bei der letzten Ablesung macht man einen kleinen Strich mit einer scharfen Nadel","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nMessungslehre und Me\u00dfmethoden.\nunter dem gemessenen Punkt. Die Kurve oder das Mikroskop wird dann fortbewegt, bis der Nullstrich \u00fcber dem zuletzt gemessenen Punkt zu liegen kommt; die Lagen der folgenden Wellenberge bzw. Wellent\u00e4ler werden wiederum auf der Skala abgelesen.\nDie Abmessungen werden fortlaufend in der ersten Spalte unter der Rubrik Laufende Messungen in Skalenteilen eines Protokolls eingetragen. Die Unterschiede zwischen den nacheinanderfolgenden Werten werden in der zweiten Spalte unter der Rubrik Wellenl\u00e4ngen in Skalenteilen eingeschrieben.\nDie Werte unter der letztgenannten Rubrik mit der Okularzeitgleichung multipliziert ergeben die Dauer der Wellen. Die Dauer der Wellen werden in der dritten Spalte unter der Rubrik Periode eingetragen.\nEins durch die Periode dividiert ergibt die Schwingungszahl pro Sekunde. Die betreffenden Zahlen werden unter der Rubrik Frequenz eingetragen.\nDas Eintr\u00e4gen vieler Zahlen kann auf folgende Weise vermieden werden. Man stellt eine Liste der vorkommenden Skalenwerte der Wellen in der ersten Spalte einer kleinen Nebentabelle auf. In der zweiten Spalte werden die Perioden mit f\u00fcnf Dezimalstellen, in der dritten Spalte die Frequenzen eingetragen.\nF\u00fcr die sp\u00e4tere Herstellung einer Melodiekurve auf Millimeterpapier ist es zweckm\u00e4fsig, eine vierte Spalte aufzustellen, worin die Halbperioden auf drei Dezimalstellen abgerundet als ganze Zahlen eingetragen werden. Die Halbperiodenzahl ist die Anzahl Millimeter f\u00fcr die Periode auf der Melodiekarte, wenn 1 mm = 0.002 Sek. ist.\nBeurteilung der Resultate der Sprachwellenmessungen.\nEs werden z. B. 20 Wellen eines Vokales registriert. Wenn die Summe der festgestellten Fehler der Mefsmethode und der Trommelregistrierung nicht grofs im Vergleich zu der hier festgestellten Schwankungen ist, d\u00fcrfen diese Schwankungen auf den Vokal bezogen werden.","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"W ellenmessimgen.\n29\nBeispiel einer Nebentabelle.\nSkalenteile\tPeriode\tFrequenz\tHalbperiodenzahl\n5\t0.00690\t145\t3%\n5%\t0.00759\t132\t4\n6\t0.00828\t121\t4\n6%\t0.00897\t111\t4%\n7\t0.00966\t104\t5\n\t0.00135\t97\t5\n8\t0.01104\t91\t5%\nGO\t0.01173\t85\t6\nBeispiel des Anfangs eines Protokolls.\nLaufende Messung in Skalenteilen\tWellenl\u00e4nge m Skalenteilen\tPeriode\tFrequenz\tHalbperioden zahl\n6\t6\t0.00828\t121\t4\n11\t5\t0.00690\t145\t3%\n18\t7\t0.00966\t104\t5\n25\t7\t0.00966\t104\t5\n3i %\t6%\t0.00887\t111\t4%\n38\t6%\t0.00897\t111\t4%\n45\t7\t0.00966\t104\t5\n52\t7\t0.00966\t104\t5\n29\t7\t0.00966\t104\t5\n66\t7\t0.00966\t104\t5\n72%\t6%\t0.00897\t111\t4%\n79\t6%\t0.00897\t111\t4%\n85%\t6%\t0.00897\t111\t4%\n929\t6%\t0.00897\t111\t4%\n98\t6\t0.00828\t121\t4\n6%\t6%\t0.00897\t111\t4%\n12%\t6\t0.00828\t121\t4\n19\t6%\t0.00897\t111\t4%\n26\t7\t0.00966\t104\t5\n33\t7\t0.00966\t104\t5\n39\t6\t0.00828\t121\t4\n46\t7\t0.00966\t104\t5\n52\t6\t0.00828\t121\t4","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nMessungslehre und Me\u00dfmethoden.\nSchwankungsgr\u00f6fsen.\nMessungsfehler und Schwankungsvorg\u00e4nge.\nWenn der Messungsfehler so klein ist, dafs er im Vergleich zu den Schwankungen der Werte eines wiederholten Vorganges keine Rolle spielt, dann sind die Schwankungen der Werte selbst als mefsbare Gr\u00f6fsen zu betrachten. Es werden z. B. die Verschlufs-zeiten von wiederholt ausgesprochenem p gemessen. Wiederholte Messungen einer einzelnen Verschlufszeit ergeben einen mittleren Fehler von 1 %. Die verschiedenen Verschlufszeiten schwanken aber um das Zehnfache. Der Beobachtungsfehler kann vernach* l\u00e4ssigt werden und es wird jede Verschlufszeit nur einmal gemessen; dieser Wert wird als der wahre physikalische Wert angesehen.\nCharakteristische Schwankungsgr\u00f6fsen.\nDie Schwankungen der physikalisch wahren Werte sind auf pers\u00f6nliche Vorg\u00e4nge zu beziehen; sie sind physiologisch oder psychologisch. Die Gr\u00f6fse dieser Schwankungen ist ebenso wichtig wie das arithmetische Mittel. Die durchschnittlichen, die mittleren und die wahrscheinlichen Schwankungen werden als charakteristisch f\u00fcr den untersuchten Vorgang betrachtet. Die Berechnung der charakteristischen Schwankungen ist nach demselben Schema wie bei den Beobachtungsfehlern auszuf\u00fchren.\nBerechnung der charakteristischen Schwankungen.\nIn irgendeinem vorliegendem Fall werden das arithmetische Mittel, der durchschnittliche Fehler, der mittlere Fehler und wahrscheinliche Fehler nach folgendem Muster berechnet. Die Messungen von 11 Stoppzeiten bei wiederholt registrierten pa ergeben z. B. die in der mit a bezeichneten Spalte der nebenstehenden Tabelle befindlichen Werte.\nZuerst wird das arithmetische Mittel berechnet, in diesem Falle 19.8. Dann wird der Unterschied zwischen jedem Wert und dem arithmetischen Mittel in die Spalte v ohne R\u00fccksicht auf + oder \u2014 eingetragen; dieselben sind die Variationen der Einzelwerte vom arithmetischen Mittel.\nAls Mafs der Variation kann die durchschnittliche Variation, die mittlere Variation oder die wahrscheinliche Variation benutzt werden.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Scliwankungsgr\u00f6\u00df en.\n31\nDie durchschnittliche Variation ist das arithmetische Mittel der Einzelvariationen. In dem vorliegenden Falle ergibt die Summe der Einzelvariationen 12.2 durch 11 dividiert die durchschnittliche Variation 1.11.\nDie mittlere Variation ist die in einer anderen Registrierung am wahrscheinlichsten zu erwartende Einzel variation. In dem vorliegendem Fall werden die Quadrate der Einzelvariationen in derSpalte v2 eingetragen. Die Summe 17.44 wird durch die Zahl der Variationen um 1 vermindert \u2014 d. h. durch 10 \u2014\na\tV\tV2\n21\t1.2\t1.44\n19\t0.8\t0.64\n19\t' 0.8\t0.64\n18\t1.8\t3.24\n22\t2.2\t4.84\n20\t0.2\t0.04\n21\t1.2\t1.44\n19\t0.8\t0.64\n18\t1.8\t3.24\n20\t0.2\t0.04\n21\t1.2\t1.44\n11/218\t11/12.2\t17.44\n19.8\t1.11\t\ndividiert; aus dem Quotient 1.744 wird die Quadratwurzel gezogen, woraus sich 1.32 als mittlere Variation ergibt.\nDie wahrscheinliche Variation ist 0.674mal (2/3) die mittlere Variation, also 0.88. Diese Variation ist eine Gr\u00f6lse, welche eine zu erwartende Einzelvariation ebenso wahrscheinlich \u00fcberschreiten als untertreffen wird ; man kann also eins gegen eins wetten, dafs eine zu erwartende Einzel variation gr\u00f6fser bzw. kleiner als die wahrscheinliche Variation sein wird.\nBedeutung der Schwankungsgr\u00f6fsen.\nBei gen\u00fcgend genauer Registrier- und Mefsmethoden sind die Schwankungen bei Sprachregistrierungen als Resultate von Vorg\u00e4ngen bei den Sprechenden zu betrachten. Sie sind also Forschungsobjekte. Es kann z. B. eine lange Reihe von ununterbrochen schnell wiederholten Silben wie pa-pa-pa...in Strecken","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nSprachanalyse.\nvon je sechs Silben eingeteilt werden. Die \u00c4nderung der mittleren Schwankung kann, wenn positiv, als \u00dcbung und, wenn negativ, als Erm\u00fcdung gedeutet werden.\nIII. Teil.\nSprachanalyse.\nSprachelemente.\nDie Sprache.\nDer Mensch besitzt einen besonderen Handlungsmodus, bei welchem irgendein Symbol zwischen Initiative und Ausf\u00fchrung eines Aktes teilnimmt. Dies nennt Henry Head \u201esymbolische Formulierung und Ausdruck\u201c. Derjenige Teil dieser T\u00e4tigkeit, bei welchem gesprochene, geh\u00f6rte, geschriebene oder gedruckte Worte benutzt werden, heilst die Sprache. Die Sprache ist also eine Handlungsweise mittelst Wortsymbolen.\nDer Sprachstrom.\nDas Resultat einer sprachlichen Handlung ist die \u00e4ufsere Sprache, oder die gesprochene Sprache. Das uns jetzt vorliegende Problem ist, diese \u00e4ufsere Sprache zu registrieren und analysieren. Auf zweifache Weise kann dies unternommen werden : zu 1. in einiger Entfernung vom Gesicht, 2. ganz nahe am Gesicht. Die erste Methode wird die teleromische, die zweite die pelaromische genannt.\nTeleromische Untersuchungsmethode.\nAuf mehrfache Weise hat man die Sprache in einiger Entfernung vom Gesicht graphisch registriert, z. B. mit Gummimembran und berufster Trommel (Scott 1856), mit Membran aus Papier (Barlow 1874), mit Ohrmembran (Blake 1876), mit Membran aus Glas (Schneebeli 1878), mit Goldschl\u00e4gerhaut (Hensen 1887), mit Spiegelablenkung und Photographie (Hermann 1889), mit Mikrophon und Oszillograph (mehrere Forscher) usw. Auch hat man die Sprache mit einem Phonographen registriert und dann die Kurven vergr\u00f6fsert abgeschrieben (Mayer 1878,","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachelemente.\n33\nHermann 1890). Besonders geeignet zu solchen Untersuchungen sind abgeschriebene Grammophonaufnahmen (Scripture 1899).\nDie mikrophonische Sprache.\nAls erstes Resultat der teleromischen Methode wird konstatiert, dafs die Sprache in einiger Entfernung vom Gesicht ausschliefslich aus kleinen eigent\u00fcmlichen Variationen eines konstanten Zustandes der Luft \u2014 d. h. aus Exkursionen der Luftpartikeln aus ihren Gleichgewichtslagen \u2014 besteht. Im Mikrophontelephonverbindungskreis besteht sie aus elektrischen Schwankungen. In der Lautsprechermembran besteht sie aus Massenbewegungen und Biegungen. In der Grammophonplatte besteht sie aus Kurvenbiegungen.\nDie Summe dieser kleinen Variationen soll die mikrophonische Sprache heifsen.\nBeispiele von mikrophonischen Kurven einiger Vokale sind in Fig. 16 wiedergegeben. Sie sind durch Abschreibung von einer\n\nFig. 16. Mikrophonische Kurven von Vokalen.\nGrammophonplatte gewonnen. Das u ist aus your, das e aus health, das ae aus and und das u aus einem etwas anders ausgesprochenen your.\nMikrophonische Sprachelemente.\nBei dem Studium der mikrophonischen Sprachkurven konstatiert man zuerst folgende Tatsachen.\n1.\tEs sind Strecken gerader Linie vorhanden. Dies ist der Ausdruck daf\u00fcr, dafs die Luftpartikel in Ruhe sind, d. h. dafs nichts geschieht. Der Zustand w\u00e4hrend einer solchen Strecke soll Stille genannt werden.\n2.\tEs sind Strecken mit Wellenlinien vorhanden. Diese registrieren einen Zustand von Schwingungen.\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u. Gesang.\t3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nSprachanalyse.\n3.\tAuch finden sieh Strecken mit unregelm\u00e4fsigen Hinundher-bewegungen der Linie, welche unregelm\u00e4fsige Ersch\u00fctterungen der Luftpartikeln dar stellen.\n4.\tAuch kommen Stellen vor, wo Schwingungen oder Ersch\u00fctterungen vorhanden sind, aber wo das ganze in bezug auf\n\u00c0\u00c2\nV\n\n\n'^/VvvWVVV, *\n\n\n-(20c'M-)----\n\n\nh\n\n\n\n\u00df\n\\f\\jyw\u00e8^A^\ty^yvA/VV\\AAAAM'/\nyv^\n\n(8hm.)\u2014\n\u00a3\u2018\t.\n\u2014\u25a0\u2014------ \u25a0V\\av^j\nAYvYVl\nrVWV<v/\u00abv\\ Ay>--\nFig. 17. Mikrophonische Kurven von Konsonanten.\nGr\u00f6fse gr\u00f6blich auf- und nieder schwankt. Solche Bewegungen d\u00fcrfen Flattern genannt werden.\nAlle vier mikrophonischen Elemente lassen sich in den in Fig. 17 reproduzierten grofsartigen Kurven von Hermann studieren.","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachelemente.\n35\nDie Stille f\u00fcr p erscheint als eine gerade Linie \u2014 wovon in der Figur 20 cm herausgeschnitten worden sind. \u00dcberall bei Lauten, wie 1, m, n, sind Schwingungsstrecken vorhanden. Unregelm\u00e4fsige Ersch\u00fctterungen werden in den Kurven f\u00fcr f, s, s, \u00e7 usw. gefunden. Wackeln zeigt sich in den Kurven f\u00fcr rx und r 2.\nPelaromische Untersuchungsmethode.\nGanz nah am Gesicht sind im Sprachstrom auch grobe Luftbewegungen vorhanden. Die Luft als Masse wird hin- und hergeschoben.\nDie graphische Methode.\nDer erste Versuch Lautkurven mittelst der graphischen Methode zu gewinnen, wurde im Laboratorium Mabeys von Rosapelly schon in den siebziger Jahren gemacht. Ein Mundtrichter wurde mit, einer MAREYschen Schreibkapsel verbunden. Der Versuch gelang nicht; obwohl man in den Trichter hineinsprechen konnte, erhielt man keine deutlichen Kurven.\nRousselot hat die Versuche angesehen und hat den Gedanken zur Herstellung seines Sprachzeichners benutzt. Vom Mundtrichter f\u00fchrt ein weites Rohr zu einer Gummimembran, deren Schwingungen von einem Schreibhebel auf einer berufsten Trommel registriert werden. Dieser Sprachzeichner gibt gute Lautkurven und wird immer noch gebraucht. Die Hauptschwierigkeit liegt in den starken Eigenschwingungen der Gummimembran. Diese k\u00f6nnen vermieden werden, indem eine tote Membrane aus \u00d6lseide gebraucht wird.\nVollst\u00e4ndige und beschr\u00e4nkte pelaromische Registrierung.\nEine vollst\u00e4ndige Registrierung w\u00fcrde sowohl die makro-phonischen wie die mikrophonischen Elemente zeigen. Vorl\u00e4ufig ist dies nicht zu erreichen. Die graphische Methode liefert nur eine beschr\u00e4nkte pelaromische Registrierung.\nIn den pelaromischen Kurven kommen Eigenschaften zum Vorschein, welche in den teleromischen Registrierungen nicht vorhanden sind. Diese sind die groben Luftdruck\u00e4nderungen vor dem Gesicht. Die Summe dieser Massenbewegungen sollen die makrophonische Sprache heifsen.\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nSprachanalyse.\nIn den Kurven nach der graphischen Methode werden nicht nur die groben Luftdruck\u00e4-nderungen, sondern auch die Stimmschwingungen registriert.\nMakrophonische Sprachelemente.\nIn den makrophonischen Sprachkurven konstatiert man folgende Elemente:\n1.\tStrecken gerader Linie; diese registrieren Luftstillstand, also Ruhe.\n2.\tStrecken gehobener Linie; diese registrieren erhaltene Ausstr\u00f6mung der Luft.\n3.\tStrecken mit mehr oder minder pl\u00f6tzlichem Steigen der Linie; diese registrieren vermehrte Ausstr\u00f6mung.\n4.\tStrecken mit mehr oder minder pl\u00f6tzlichem Sinken der Linie; diese registrieren verminderte Ausstr\u00f6mung.\n5.\tStrecken mit groben, unregelm\u00e4fsigen Bewegungen, welche Wackeln darstellen.\nTabelle der Sprachelemente.\nMikrophonische Elemente\tMakrophonische Elemente\nStille -------- \u201e ,\nRuhe -----\nSchwingungen\tEnthaltene Ausstr\u00f6mung ~~\nErsch\u00fctterungen\t,------\u2014\nVermehrte Ausstr\u00f6mung \u2014---------\nFlattern -VY\u2014\t-x\nVerminderte Ausstr\u00f6mung ----S-----\nWackeln\nSprachatome.\nBegriffsbestimmung.\nEs ist oft n\u00fctzlich, den Sprachstrom in Teile zu zerlegen Als Teilungsprozefs nimmt man an: der Sprachstrom wird in solche Strecken eingeteilt, dafs der Lautcharakter w\u00e4hrend jeder Strecke f\u00fcr den vorliegenden Zweck mit gen\u00fcgender Genauigkeit als konstant anzusehen ist. Eine solche gen\u00fcgend konstante Strecke m\u00f6chte ich ein","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachatome.\n37\nSprachatom nennen. Da sich jedes makrophonische Element mit jedem mikrophonischen verbinden kann, sind mehr als zwanzig verschiedene Arten von Sprachatomen m\u00f6glich.\nMakrophonische Eigenschaften.\nAlle makrophonischen Elemente besitzen Dauer. Die verschiedenen Arten der Ausstr\u00f6mung besitzen Dauer, St\u00e4rke, Qualit\u00e4t und Genauigkeit. Als Beispiele von Qualit\u00e4tsunterschieden k\u00f6nnen verschiedene Registrierungen von s dienen. Wenn man das Wort System registriert, hat das erste s eine andere Form als das zweite. Es ist ein besonderer Vorzug der makrophonischen Methode, dafs sie Aufschlufs \u00fcber die Genauigkeit der Atomformen gibt. Man registriere ein Wort zuerst sehr genau und dann nachl\u00e4ssig ausgesprochen ; in dem einen Falle sind die Atome viel pr\u00e4ziser als in dem anderen. Die Schwankungen besitzen Dauer, St\u00e4rke und Periode, auch Qualit\u00e4t, d. h. gewisse Eigent\u00fcmlichkeiten der Form. Die Ruhe hat Dauer und Genauigkeit.\nBestimmung der Eigenschaften der Sprachatome aus einer graphischen Aufnahme.\nUm die Dauer der Sprachelemente zu bestimmen, m\u00fcssen die Registrierungen gemessen und in Zeit ausgedr\u00fcckt werden. Am bequemsten wird ein Millimetermafsstab gleich unter die Nulllinie gelegt. Ein rechtwinkliges Brett (Dreieck) wird an den Mafsstab angelegt und nacheinander an die Grenzen der Sprachatome eingestellt. Jede Einstellung wird die Dauer in Millimetern ergeben. Die Zahl der Millimeter mit der Zeitgleichung multipliziert gibt die Dauer in Sekunden an. Es seien z. B. die Werte 8, 13, 16 . . . am Mafsstab abgelesen. Die Dauern der Elemente sind dann 8, 5, 3 . . . mm. Da die Zeitgleichung der Aufnahme 1 mm = 0.0046 Sek. war, sind die Dauern 0.036, 0.023, 0.019, . . . Sek.\nDie St\u00e4rke eines Lautelementes kann durch den Luftdruck definiert werden. Mit der graphischen Methode ist die Hebung der Registrierlinie \u00fcber Null das Resultat eines gr\u00f6fseren Luftdruckes. Das Verh\u00e4ltnis zwischen dem Grad der Hebung und dem Luftdruck bleibt noch unbekannt. Die St\u00e4rke ist also nicht","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nSprachanalyse.\nmefsbar und kann nur durch Bezeichnungen, wie stark, mittel, schwach, angedeutet werden.\nDie Frequenz- oder Tonh\u00f6he ist die Zahl, welche angibt, wie vielmal eine Schwingung in einer Sekunde wiederholt werden kann. Wie oben angegeben, wird die horizontale L\u00e4nge einer Welle gemessen; der reziproke Wert der Periode ist die Tonh\u00f6he.\nTabelle der Sprachatome.\nMikro-\tMakro-\nphonisehe\tphonische\nKegi-\tRegistrierung\tstrierung\nSprach-\nzeichner-\nRegi-\nstrierung\nStille K\u00fche\nRuhe mit Schwingungen /'\\/'\\/'\\/w\nErhaltene Ausstr\u00f6mung mit Stille\nErhaltene Ausstr\u00f6mung mit Ersch\u00fctterungen\nErhaltene Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen\nErhaltene Ausstr\u00f6mung mit Ersch\u00fctterungen und Flattern\n\u2014*\u2014\nErhaltene Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen und Flattern\n/WWh\n'VWW\nVermehrte Ausstr\u00f6mung mit Stille\nVermehrte Ausstr\u00f6mung mit Ersch\u00fctterungen\nVermehrte Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen\nm\nVerminderte Ausstr\u00f6mung mit Stille\nVerminderte Ausstr\u00f6mung mit Ersch\u00fctterungen\nVerminderte Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen\n\n'YVWb\nDie Qualit\u00e4ten der Vokale erscheinen nicht in einer makro-phonischen Registrierung. Die Qualit\u00e4ten der Konsonanten sind sehr klar dargestellt. Die Qualit\u00e4t ist nicht meisbar, und kann nur durch Bezeichnungen, wie gut, mittel, schlecht, angedeutet werden.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachatomgruppen.\n39\nIn jedem einzelnen Fall stimmt die registrierte Bewegung mehr oder minder genau mit der idealen Atomform \u00fcberein. Wenn die Ruhe w\u00e4hrend eines p durch eine gerade Linie registriert wird, weifs man, dafs sie vollkommen genau ist. Wenn aber die Linie teilweise ein wenig gehoben ist, ist dies ein Beweis, dafs die Ruhe nicht ganz genau ist. Die Genauigkeit der Konsonanten kann sehr scharf beurteilt werden.\nSprachatomgruppen.\nLaute und Worte.\nEine Gruppe von Sprachatomen, welche in der Sprache regelm\u00e4fsig verbunden Vorkommen, heifst ein\nStopplaute.\nLaut. Phonetisch kannein Wort als eine gebr\u00e4uchliche Zusammenstellung von Lauten definiert werden.\nDas Hauptmerkmal ist ein Atom mit Ruhe. Dazu kommen gew\u00f6hnlich vorn ein Atom mit verminderter Ausstr\u00f6mung und","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nSprachanalyse.\nhinten ein Atom mit vermehrter Ausstr\u00f6mung. Die drei Atome werden Implosion, Stoppen und Explosion genannt.\nDie erste Zeile in Fig. 18 beginnt mit dem Laut P. Die Explosion ist scharf und stark. Das Stoppen ist da, aber die Stoppzeit hat keine Abgrenzung von der vorhergehenden Pause und ihre L\u00e4nge kann nicht bestimmt werden. Physikalisch existiert sie auch nicht ; weder makrophonisch noch mikrophonisch ist etwas vor der Explosion geschehen. Akustisch ist sie auch nicht da; das erste, was man von dem Laut erf\u00e4hrt, ist eben die Explosion. Physiologisch f\u00e4ngt das Stoppen mit dem Anfang des gesteigerten Lippendrucks an; dies hat aber kein sprachliches Resultat. Der Vokal a in dieser Zeile besteht aus zwei Atomen, n\u00e4mlich verminderte und darnach folgende vermehrte Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen. F\u00fcr das zweite p ( = pp) sind Implosion, Stoppen und Explosion deutlich registriert. Das e besteht aus einer verminderten und einer vermehrten Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen. Darnach folgt eine verminderte Ausstr\u00f6mung mit Schwankungen ohne Schwingungen. Ein Schlufsatom dieser Art befindet sich sehr oft am Schlufs eines Sprachmolek\u00fcls. Es wird als ein schwacher Hauch geh\u00f6rt. Phonetisch richtiger w\u00e4re es, das Wort hier als Pape' anzugeben, wobei c den Schlufshauch bedeutet.\nDie zweite Zeile f\u00e4ngt mit einer ganz minimal vermehrten Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen f\u00fcr den Vokal E an. Der letzte Teil des Vokals ist st\u00e4rker. Die Implosion des bb mit einer Schwingung wird von Stoppen und Explosion mit Schwingungen gefolgt. Der Schlufsvokal hat keinen Nachhauch.\nIn der dritten Zeile wird die langsam vermehrte Ausstr\u00f6mung mit Schwingungen f\u00fcr A von Implosion, Stoppen und Explosion des t gefolgt. Der Vokal e geht in sehr schwachen Schwingungen in m \u00fcber.\nIn der vierten Zeile zeigt das d nur Stoppen und Explosion, beide mit Schwingungen.\nDas H in der f\u00fcnften Zeile zeigt eine m\u00e4fsig vermehrte Ausstr\u00f6mung. Das ck zeigt Implosion, Stoppen, Explosion und Nachhauch. Das gg in der sechsten Zeile zeigt nur Stoppen mit Schwingungen.\nVokale.\nEs ist gebr\u00e4uchlich, gewisse Laute als Vokale zu bezeichnen. Im allgemeinen zeigen die Kurven der Vokale starke Schwingungen.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachatomgruppen.\n41\nHa\tf\ten\nE sch\te\n1 ie\tg+ e\n1 a ch\te\n____\u2014\nLa 9+\te\naha\nFig. 19. Graphische Kurven voir Hauchlauten.\nDer Luftaustritt kann steigend, erhalten oder fallend sein. Das 1 und das ungerollte r sind oft Vokale.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nSprachanalyse.\nHauchlaute.\nDas gemeinsame Merkmal ist ein Atom mit mehr oder minder starker Arxsstr\u00f6mung.\nDas H in der ersten Zeile in Fig. 19 zeigt eine vermehrte Ausstr\u00f6mung. Das f f\u00e4ngt mit einer verminderten Ausstr\u00f6mung ohne Schwingungen an; diese mufs man als eine Implosion auffassen. Danach folgt eine Strecke mit wenig gehobener Linie, welche eine schwache erhaltene Ausstr\u00f6mung anzeigt. Der letzte Teil des Lautes besteht aus einer stark vermehrten Ausstr\u00f6mung. Die physiologische Interpretation liegt auf der Hand. Die Lippe schliefst sich gegen die oberen Z\u00e4hne w\u00e4hrend der Implosion, bleibt sehr fest angedr\u00fcckt w\u00e4hrend der erhaltenen Ausstr\u00f6mung und l\u00e4fst dann los w\u00e4hrend der explosions\u00e4hnlichen vermehrten Ausstr\u00f6mung. Wegen energischer Artikulation ist dieser Reibelaut fast ein Stopplaut geworden.\nDas w in der zweiten Zeile erscheint fast wie ein abgeschw\u00e4chter Vokal.\nDas s in der dritten Zeile ist schwach. Dieser Laut kann\nbeliebig stark sein. Das stimmhafte ss in der vierten Zeile ist schwach.\nIm Deutschen kommt es nicht selten vor, dafs ein Konsonant die Hauptrolle in einem Wort spielt. In dem zweisilbigen Wort Esche in der f\u00fcnften Zeile liegt das Energiezentrum nicht in dem Vokal, sondern im sch. Die zwei Reibelaute in liege und Lage stellen die nordhochdeutsche Aussprache dar. Zwischen zwei Vokalen hat das h fast immer Schwingungen.\na r\nFig. 20. Graphische Kurven von 1 und r.\nElatterlaute.\nDas Hauptmerkmal ist ein Atom mit Flattern. Hierher sind die verschiedenen Arten des gerollten r zu rechnen.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachmolek\u00fcle.\n43\nDie erste Zeile in Fig. 20 ist eine Kurve von a la. Hier ist das 1 ein vollkommener Vokal. Die zweite Linie enth\u00e4lt die Kurve eines gerollten Zungen-r, die dritte diejenige eines syllabischen, stimmlosen tschechischen r, und die letzte diejenige eines un-gerollten vokal\u00e4hnlichen englischen r.\nSprachmolek\u00fcle.\nDefinition.\nSprachmolek\u00fcl soll die Bezeichnung f\u00fcr dasjenige sein, was als eine selbst\u00e4ndige Einheit gesprochen wird. Eine Sprachbewegung wie pa ist ein Sprachmolek\u00fcl. Das Wort Vater ist auch ein Sprachmolek\u00fcl, ebenso der Satz: Heute ist das Wettersehr sch\u00f6n, weil er ein einheitliches Sprachgef\u00fchle ist.\nIdeophon.\nEin Gedanke kann auf verschiedene Weise ausgedr\u00fcckt werden. Die Vorstellung eines Hauses kann 1. durch ein Bild, 2. durch ein kompliziertes Symbol, wie ein chinesisches Ideogramm. 3. durch ein ebenso kompliziertes Symbol, wie das Wort Haus, 4. durch ein gesprochenes Wort oder 5. durch eine Sprachkurve dargestellt werden. Das Bild, das chinesische Symbol, das gedruckte Wort Haus und die Sprachkurve sind Ideogramme. Ein Ideophon ist als der sprachliche Ausdruck eines Gedankens zu definieren. Die Sprachkurve unterscheidet sich von den anderen Ideogrammen, indem sie ein mathematisch genauer Ausdruck des Ideophons ist, w\u00e4hrend die anderen in keinem Verh\u00e4ltnisse dazu stehen.\nDer psychologisch begr\u00fcndete Begriff des Ideophons ist identisch mit dem physikalisch, aufgestellten Begriff des Sprach-molek\u00fcls. Ein als eine Einheit gesprochener Satz ist nicht nur ein Ideophon, sondern auch ein Sprachmolek\u00fcl.\nSilbe.\nDie Silbe ist ein Begriff, welcher physikalisch noch nicht definiert wurde und vielleicht auch nicht definiert werden kann.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nSprachanalyse.\nMan hat versucht die Silbe als einen Lautkomplex zu definieren, welcher selbst\u00e4ndig existieren kann. Jedes Sprach-molek\u00fcl \u2014 selbst ein ganzer Satz \u2014 ist dann eine Silbe. Aber Spraehmolek\u00fcle k\u00f6nnen nicht in Silben eingeteilt werden, weil solche Teile nicht selbst\u00e4ndig existieren k\u00f6nnen. DasWort Vater w\u00e4re nach dieser Definition eine Silbe Der erste Teil \u2014 welcher mit Va bezeichnet wird \u2014 kann nicht in derselben Form wie in Vater selbst\u00e4ndig hervorgebracht werden. Ein Va selbst\u00e4ndig gesprochen sieht anders aus, als der erste Teil des Wortes Vater. Man k\u00f6nnte daran denken, ein Wort in ebensoviele Silben einzuteilen, als man ungef\u00e4hr \u00e4hnliche selbst\u00e4ndige Spracheinheiten erzeugen k\u00f6nnte, aber es sind in Vater vier Phasen, v, a, t, er, zu denen man \u00e4hnliche selbst\u00e4ndige Laute erzeugen k\u00f6nnte.\nDer Begriff der Silbe ist lexikologisch von grundlegender Bedeutung. In dieser Beziehung d\u00fcrfte man die Silben als diejenigen Teile definieren, in welche ein gedrucktes Wort f\u00fcr typographische und lexikologische Zwecke eingeteilt wird.\nDie Silbe ist wahrscheinlich urspr\u00fcnglich ein psychologischer Begriff, welcher auf dem Gef\u00fchle von Einheit und Verschiedenheit im Lautstrom gegr\u00fcndet ist. Bis jetzt l\u00e4fst sich nichts in dieser Beziehung auf der Grundlage der physikalischen Sprachforschung feststellen. In der physikalischen Betrachtung der Sprache also existiert die Silbe nicht.\nFortlaufende Eigenschaften der Spraehmolek\u00fcle.\nEin Sprachmolek\u00fcl besitzt in jedem Augenblicke die f\u00fcnf Eigenschaften der Sprachatome : Dauer, St\u00e4rke, Tonh\u00f6he, Qualit\u00e4t und Genauigkeit. Diese Eigenschaften \u00e4ndern sich von Augenblick zu Augenblick w\u00e4hrend des Verlaufes des Sprachmolek\u00fcls. Das Sprachmolek\u00fcl besitzt also f\u00fcnf weitere Eigenschaften, n\u00e4mlich : Verlauf der Dauer, Verlauf der St\u00e4rke, Verlauf der Tonh\u00f6he, Verlauf der Qualit\u00e4t und Verlauf der Genauigkeit.\nVerlauf der Dauer.\nDie verschiedenen Phasen des Sprachmolek\u00fcls k\u00f6nnen langsamer oder schneller aufeinander folgen. Die Verh\u00e4ltnisse in bezug auf die Dauer k\u00f6nnen durch eine Dauerkarte dargestellt werden. Es wird auf der X-Achse ein Punkt f\u00fcr jedes Sprachatom angenommen. Die Werte f\u00fcr die Dauer werden als Ordinaten auf-","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachmolek\u00fcle.\n45\ngerichtet. Eine durch die oberen Endpunkte der Ordinaten einer Dauerkarte gezogene Linie stellt bildlich den Verlauf der Dauer dar.\nVerlauf der St\u00e4rke.\nIm allgemeinen kann man nur Sch\u00e4tzungen \u00fcber die St\u00e4rke machen. Nur in besonders g\u00fcnstigen F\u00e4llen ist es m\u00f6glich, die Hebungen in Millimetern zu messen und die Resultate mittels einer St\u00e4rkekarte darzustellen.\nVerlauf der Tonh\u00f6he.\nDer Verlauf der Tonh\u00f6he, oder die Sprachmelodie, wird durch Messungen der Schwingungen in der Sprachaufnahme festgestellt. Die Wellenmessungen werden wie auf S. 27 angegeben ausgef\u00fchrt.\nHerstellung der Melodiekarte.\nF\u00fcr die X-Achse ist die Gleichung 1 mm = 0.002 Sek., f\u00fcr die Y-Achse 1 mm = 2 Schwingungen pro Sekunde zu nehmen.\nAuf der X-Achse wird eine Strecke gleich der ersten Halbperiodenzahl (S. 29) in Millimetern zur\u00fcckgelegt. Dar\u00fcber wird ein Punkt in einer der Frequenz entsprechenden H\u00f6he gesetzt. Um die Halbperiodenzahl der zweiten Welle nach rechts wird die zweite Frequenz eingetragen. Man f\u00e4hrt immer um die Halbperiodenzahl einer Welle vorw\u00e4rts und tr\u00e4gt die entsprechende Frequenz ein.\nNach Aufstellung einer Reihe von Punkten zieht man eine Linie mitten durch dieselben. Diese Linie gibt die Tonh\u00f6henbewegung genauer als die Reihe von Punkten selbst und zwar aus folgenden Gr\u00fcnden: 1. Wegen der Abrundung ist der Apex eines Wellenberges oder eines Wellentales selten genauer als auf einen halben Skalenteil festzustellen; 2. Wenn ein halber Skalenteil als Einheit gebraucht wird, unterscheiden sich die berechneten Frequenzen f\u00fcr die benachbarten Halbskalenteile um 5, 10, 15 Einheiten. Die Einheiten der nach den Wellenmessungen auf-gestellten Melodienskala sind gr\u00f6fser als die in ganzen Schwingungs-zahlen angegebenen Frequenzen. In dem auf S. 29 angef\u00fchrten Beispiel mit Halbskalenteileinheiten gibt es keinen Platz f\u00fcr Viertelskalenteile. Eine Reihe von Wellen mit einer konstanten L\u00e4nge von 6 % Skalenteilen w\u00fcrde die Serie von 6, 6 y2, 6, 6 % \u2022 \u2022 \u25a0","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nSprachanalyse.\nSkalenteilen ergeben, woraus die Frequenzen 121, 111, 121, 111 . . . berechnet werden. Diese Reihe w\u00fcrde als \u00e9lne Anzahl alternierend h\u00f6herer und niedrigerer Punkte in der Melodiekarte erscheinen; eine mittendurchgezogene gerade Linie stellt die Wirklichkeit viel besser vor als eine durch die Punkte gelegte Zickzacklinie.\nDie Strecken der Kurve ohne Wellen werden gemessen und nach ihren Zeitwerten auf der X-Achse eingetragen.\nBei hohen Stimmlagen liegen die Resultate f\u00fcr die Messungseinheiten sehr weit auseinander, und es ist oft zweckm\u00e4fsig, Papier mit Logarithmenordinaten zu gebrauchen.\nVerlauf der Qualit\u00e4t.\nMit der graphischen Methode lassen sich die Qualit\u00e4ten der Konsonanten genau bestimmen; die Qualit\u00e4ten der Vokale aber gehen ganz verloren.\nVerlauf der Genauigkeit.\nDie graphische Sprachkurve erm\u00f6glicht gute Schl\u00fcsse \u00fcber die Genauigkeit der Konsonanten. Es lassen sich Regionen mit gr\u00f6fserer Genauigkeit von Regionen mit minderer Genauigkeit unterscheiden.\nSynthese.\nDie Sprachmolek\u00fcle sind aus verschiedenen Atomen gebaut. Die Molek\u00fcle Hippopotamus und Heute ist es sch\u00f6n k\u00f6nnen m\u00f6glicherweise denselben Verlauf von Dauer, St\u00e4rke usw. haben; sie sind aber durch ihren Aufbau voneinander total verschieden. Die Sprachmolek\u00fcle unterscheiden sich also nach ihrer Synthese aus den Sprachatomen.\nTypenfestigkeit.\nEine weitere Eigenschaft der Sprachmolek\u00fcle ist die Typen-festigkeit. Gleichartige Atome innerhalb eines Molek\u00fcls sind einander nie absolut gleich ; sie variieren durchschnittlich um einen gewissen Prozentsatz um einen Mittelwert. Die charakteristische Prozentualvariation ist einMafs der Typenvariabilit\u00e4t ; der reziproke Wert ist das Mafs der Typenfestigkeit. |\nDie Zusammensetzung der Atome in einer Sprache, einem Dialekt, bei einer Person oder in der Rede einer Person erfolgt nach fest bestimmten Regeln. Obwohl die Atome in dem Sprach-","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Beispiele graphischer Sprachanalyse.\n47\nmolek\u00fclVat er im allgemeinen \u00e4hnlich zusammengesetzt sind, sind sie f\u00fcr verschiedene Personen, Dialekte und Sprachen verschieden. Im S\u00fcddeutschen z. B. ist die Stille f\u00fcr t lang und von einer starken vermehrten Ausstr\u00f6mung gefolgt; im Norddeutschen ist die Stille k\u00fcrzer und die vermehrte Ausstr\u00f6mung schw\u00e4cher. Weiter nach Norden wird die vermehrte Ausstr\u00f6mung sehr stark und lang; das t wird \u201easpiriert\u201c. Ein Franzose w\u00fcrde das t als eine Stille ohne Ausstr\u00f6mung \u00e4ussprechen. Jeder normale Mensch beh\u00e4lt die von ihm als typisch angelernte Form. Es ist also eine Eigenschaft des Sprachmolek\u00fcls noch die Typenfestigkeit \u2014 Saphia \u2014 anzuerkennen.\nAndere Eigenschaften.\nDie Sprachmolek\u00fcle besitzen noch zahlreiche andere Eigenschaften, welche durch weitere Forschung zu entdecken sind.\nBeispiele graphischer Sprachanalyse.\nErstes Beispiel.\nIn Fig. 21 ist eine Registration von erbracht wiedergegeben. Die Zeitgleichung ist 1 mm = 0.0085 Sek. Die Resultate der Analyse befinden sich in nebenstehender Tabelle (S. 48).\nFig. 21. Kurve von erbracht.\nDie Dauerkarte befindet sich in Fig. 22; die gestrichelte Linie stellt den Verlauf der Dauer dar. Die Tonh\u00f6hen- oder Melodiekurve ist in Fig. 23 reproduziert.\nSek.\n0.200-\n0.100-\ne r b r\u00e4cht\nFrequenz\n200-r M\ne r\n0.200\nFig. 23.\nr a ch t \nSi\u00d6 0600\t0.800 Sek.\nMelodiekarte zu Fig. 21.\nFig. 22. Dauerkarte zu Fig. 21.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nSprachanalyse.\nZweites Beispiel.\nDie Resultate der Analyse der Kurve von Hippot a mus in Rig. 24 sind in nebenstehender Tabelle (S. 50) angegeben.\nFig. 24. Kurve von Hippopotamus.\nDie gestrichelte Linie in der Dauerkarte in Fig. 25 gibt den molekularen Verlauf der Dauer. Die Melodiekarte befindet sich in Fig. 26.\nTabell e\nAnalyse der Kurve in Figur 21.\nKegist.\tAtom\tDauer in Sek.\tLaut- gruppierung\n\tVermehrte Ausstr\u00f6m. mit Schwingungen\t0,119\te\n\tFlattern mit Schwingungen\t0,085\tr\n\u2014-\tRuhe mit Schwingungen\t0,059\t\\\n/\tVermehrte Ausstr\u00f6m, mit Schwingungen\t0,025\t/\n\\\tVerminderte Ausstr\u00f6m, mit Schwingungen\t0,017\t1\t' r\n'V'\tFlattern mit Schwingungen\t0,051\t/\n\tErhaltene Ausstr\u00f6m, mit Schwingungen\t0,144\ta\n-\t\tErhaltene Ausstr\u00f6m, ohne Schwingungen\t0,051\t\u00ee\tch\n/\tVermehrte Ausstr\u00f6m, ohne Schwingungen\t0,042\t\n\\\tVerminderte Ausstr\u00f6m, ohne Schwingungen\t0,008\t|\n\u2014\tStille, Ruhe\t0,068\t*\n\tVerminderte Ausstr\u00f6m, ohne Schwingungen\t0,051\t)\nA\tVerminderte Ausstr\u00f6m, ohne Schwingungen\t0,170\t","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Grundbegriffe der Sprachwerte.\n49\nGrundbegriffe der Sprachwerte.\nEinzelwerte und Mittelwerte.\nWenn man die verschiedenen Stoppzeiten einer Anzahl wiederholter Laute mit einem Millimetermafsstab mifst, bekommt man eine Reihe verschiedener Werte.\nDie Betrachtungsweisen bei den physikalischen Messungen d\u00fcrfen hier nicht ohne weiteres angewendet werden. Wenn diese Messungen physikalisch w\u00e4ren, z. B. wiederholte Messungen der Lange eines Tisches, w\u00fcrde man versuchen, aus den variierenden Resultaten den wahren Wert anzun\u00e4hern. Die Einzelresultate sind als mit Fehlern behaftet zu betrachten. Der wahrscheinlichste Wert ist -\u2014 nach den Bestimmungen der Wahrscheinlichkeits-\nSek.\n\u20ac.300 -\n0.200-\n0.100-\nH i ppo p o t amu s\nFig. 25. Dauerkarte zu Fig. 24.\ntheorie \u2014 das arithmetische Mittel der Einzelwerte. DieseS\u2019ist nicht der wahre Wert, sondern ein Ann\u00e4herungswert, welcher mit einem Fehler behaftet ist. Das Bereich dieses Fehlers wird durch die Fehlerrechnung bestimmt.\nBei den Sprachkurven liegt die Sache anders. Die Mefs-methode wird so genau vorgenommen, dafs jede Einzelmessung den wahren Wert mit ausreichender Genauigkeit angibt. Die Messung einer Stoppzeit mit einem Millimeterstab gibt die wahre Stoppzeit. Jede Stoppzeit ist ein wahrer Wert.\nWas bedeutet es aber, dafs die verschiedenen Werte voneinander abweichen ? Es k\u00f6nnte angenommen werden, dafs eine gewisse Stoppzeit vom Sprechenden gewollt wurde, dafs aber seine Absicht wegen einer St\u00f6rung nicht ausgef\u00fchrt worden ist.\nSoripture, Anwendung der graphischen Methode aufSprachen. Gesang.\t4\n200\n100\nFtequenz\nX\nH t pp' 0 p o to. rn u.\n: 0.200\t0.400\t0.600\t0.800 SeK.\nFig. .26. Melodiekarte zu Fig. 24.","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nSprachanalyse.\nTabelle\nAnalyse der Kurve in Fig. 24.\nRegist- rierung\tAtom\tDauer in Sek.\tSt\u00e4rke\tTonh\u00f6he\tLaut\ny\tvermehrte Ausstr\u00f6m.\t0,032\tmittel \u00ab35\t0\tH\n_____ _\terhaltene Ausstr\u00f6m.\t\t\t\t\n-\\\tm. Schwingungen\t0,023\tmittel\t162\ti\nV\tverminderte Ausstr\u00f6m.\t0,014\t\u2014\t0\t)\n\tstille Ruhe\t0,059\t0\t0\t} pp\ny\tvermehrte Ausstr\u00f6m.\t0,014\tmittel\t0\tJ\n\terhaltene Ausstr\u00f6m, m.\t\t\t\t\n\tSchwingungen\t0,050\tmittel\t148-194\t0\n\\\tverminderte Ausstr\u00f6m.\t0,018\tschwach\t0\t1\n\tstille Ruhe\t0,050\t0\t0\tp\nX\tvermehrte Ausstr\u00f6m.\t0,014\tmittel\t0\tJ\n\terhaltene Ausstr\u00f6m, m.\t\t\t\t\n\tSchwingungen\t0,086\tstark\t115\t0\nV\tvermind. Ausstr\u00f6m.\t0,018\t\u2014\t0\t)\n\tstille Ruhe\t0,023\t0\t0\t\ny\tvermehrte Ausstr\u00f6m.\t0,014\tmittel\t0\tj\n\terhaltene Ausstr\u00f6m, m.\t\t\t\t\n\tSchwingungen\t0,032\tmittel\t108\ta\nV\tvermind. Ausstr\u00f6m.\t0,010\tschwach\t0\t)\n\t\tRuhe m. Schwingungen\t0,059\tschwach\t91\tm\ny\tvermehrte Ausstr\u00f6m.\t0,005\tschwach\t0\tJ\n\tvermehrte Ausstr\u00f6m, m.\t\t\t\t\n\t\tSchwingungen\t0,081\tmittel\t84\tu\n\u2014\u2022\terhaltene Ausstr\u00f6m.\t0,216\tstark\t0\ts\n\"X\tvermind. Ausstr\u00f6m.\t0,050\t\t0\t\nDie Annahme eines solchen Normalwertes ist aber eine reine Hypothese, welche der Begr\u00fcndung bedarf. Eine solche Hypothese kann entbehrt werden, wenn man die Einzelwerte einfach als endg\u00fcltig gegebene Tatsachen betrachtet, welche keiner weiteren Erkl\u00e4rung bed\u00fcrfen. Der Mittelwert einer Anzahl von wahren Einzel werten ist ein wahrer Wert.\nMittelwert und charakteristische Variationen.\nEs seien a1; a2, a3, . . ., an, die Resultate einer Reihe von Messungen bei Wiederholung eines Lautes. Das arithmetische Mittel","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Grundbegriffe der Sprachwerte.\n51\na2 + a3 + .\na\ni \u25a0\nist also der Mittelwert dieses Lautes. Variation ist\n2 jvl\nd = \u2014u-,\nDie durchschnittliche\nwo yx = a,1 \u2014 a, v2\na2 a, Yj \u2014 a3 \u2022 (|v| = abs v).\n\u25a0 a,\nDie mittlere Variation ist\nm = \u00b1\n\nUm die charakteristischen Variationen in verschiedenen F\u00e4llen zu vergleichen, k\u00f6nnen sie als Bruchteile der Mittelwerte bzw. als Prozente ausgedr\u00fcckt werden. Die relativen charakteristischen Variationen sind also\nd\tm\n<5 = \u2014,\tM -------\na\ta\nDer \u00dcbereinstimmungsgrad der Einzelwerte kann als der reziproke Wert der relativen charakteristischen Variation gesetzt werden, also\n1 1\noder u = \u2014 ft\n<3\nPersonalwert und Personalvariation.\nUnter konstanten Umst\u00e4nden ergibt sich f\u00fcr einen bestimmten Laut f\u00fcr jede Person ein gewisser Mittelwert und eine gewisse charakteristische Variation. Jede Person hat ihr eigenes System f\u00fcr ihre Laute.\nSchon 1894 (Stud. Yale Psych. Lab. II, 103) habe ich die mittlere Variation bei Messungen \u00fcber Gewichtst\u00e4uschungen als ein Mafs der Personalunsicherheit benutzt. In einer langen Reihe von Untersuchungen \u00fcber Reaktionszeit bei normalen Personen unter verschiedenen Umst\u00e4nden, bei Nervenkrankheiten usw. habe ich immer die mittlere charakteristische Variation als das Mafs einer psychischen Handlung benutzt. In 1916 wurde der\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nSprachanalyse.\nBegriff auf die Sprache ausgedehnt und die durchschnittliche Variation als Mafs f\u00fcr die Typenfestigkeit \u2014Saphia \u2014 angewandt.\nDialektwert und Dialektvariation.\nDie Personalwerte innerhalb eines Sprachgebietes unterscheiden sich voneinander. F\u00fcr das Gebiet ist ein Dialektmittelwert aus den Personalwerten zu berechnen. Die Variationen der Personalwerte von den Dialektmittelwerten sind Dialektvariationen.\nEs sollen A1; A2, A3, . . ., Am die nach der auf S. 50 angegebenen Methode berechneten Personalwerte f\u00fcr m Individuen sein. Der Mittelwert f\u00fcr die Gruppe soll bestimmt werden. Das einfache arithmetische Mittel dieser Werte kann nicht als Mittelwert gelten, weil die Personalwerte Ax, A2, A3, . . ., Am f\u00fcr diese Bestimmung nicht gleichwertig sind. Der Personalwert Ax kann von einer sehr kleinen und ein zweiter Wert A, von einer sehr grofsen Anzahl von Messungen herr\u00fchren; der zweite Wert mufs also einen gr\u00f6fseren Einflufs bei der Bestimmung des Resultats haben. Aufserdem soll ein Wert mit einer kleineren Personalvariation mehr Einflufs auf die Bestimmung als ein Wert mit einer gr\u00f6fseren Variation haben. Es wird also jedem Wert ein Gewicht\nu\nbeigelegt, wo n die Anzahl der zur Berechnung von A und u der \u00dcbereinstimmungsgrad sind.\nDer Mittelwert f\u00fcr die Gruppe ist also\nA = Pi At + p3 A + p3 A3 + . . . + pm Am Pi + Pa + P3 + \u2022 \u2022 \u2022 + Pm\nEs ist wichtig, die Gruppenvariation oder Dialektvariation, festzustellen. Die durchschnittliche Dialektvariation ist\nD =\n|P V|\n2p\nwo Vj = Ai \u2014 A, V2 = A2 \u2014 A, V3 = A3 \u2014 A,..., Vm = Am \u2014 A\n(]p V | = abs p V).\nAuf \u00e4hnliche Weise ist die mittlere Dialektvariation zu bestimmen, also:","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachkinetik und Sprechdynamik.\n53\nM = \u00b1\n\nDie relativen Dialektvariationen sind\nA =\nD\nX\u2019\nr =\nM\nX\nund der Dialekt\u00fcbereinstimmungsgrad\n1\t1\nV = \u2014 oder Y = \u2014\u25a0\nj\tr\nDer Mittelwert der Personalvariationen ist auch charakteristisch f\u00fcr den Dialekt. Es seien die relative durchschnittliche Personalvariationen <J1( <?2, <53, . . dm vorhanden. Diese haben Gewichte, welche proportional der Zahl der Messungen sind.\nDie mittlere relative durchschnittliche Personalvariation ist also\nnxdi + n2\u00f62 + n3ci3 + . . . + nmdm\nA = ---------;----;-------;----;\t*\nnl + n2 + n3 + \u25a0 \u2022 \u2022 + nm\nDie mittlere relative mittlere Personalvariation ist auf \u00e4hnliche Weise zu berechnen, also\ng _\t+ n2^2 + u3y\u00ab3 + \u25a0 \u25a0 . + nm^3\nnT + n2 + n3 + . . . + nn3\nDer mittlere \u00dcbereinstimmungsgrad der Personalvariationen l\u00e4fst sich analogerweise aus den Werten f\u00fcr u bestimmen oder als\n1 v\t1\n77 = \u2014 bzw. n = \u2014\nA\tK\nangeben.\nSprachkinetik und Sprechdynamik.\nSprachkinetik.\nIn der Mechanik wird die Bewegung eines Massenpunktes durch die auf die Zeit bezogenen Lage\u00e4nderungen definiert.\nDie Kinetik ist die Wissenschaft von den Bewegungen. Die Kinesis eines K\u00f6rpers ist sein Bewegungszustand. Die Sprachkinetik ist die Lehre von den Luftbewegungen vor Nase und Mund. Die Sprache \u2014 das Gesprochene \u2014 besteht einzig und allein aus diesen Luftbewegungen. Die in diesen Luftbewegungen","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nSprachanalyse.\nenthaltenen Eigent\u00fcmlichkeiten sind die Sprache selbst; aulser ihnen enth\u00e4lt die Sprache im Sinne des Gesprochenen nichts. Es folgt, dafs eine Wissenschaft der Sprache mit dem Studium dieser Luftbewegungen, also der Sprachkurven, anfangen mufs.\nSprechdynamik.\nDie Sprechdynamik ist die Lehre von den k\u00f6rperlichen und psychischen Vorg\u00e4ngen bei der Erzeugung von Sprechbewegungen. Eine Aufz\u00e4hlung der Elemente der Sprechdynamik w\u00fcrde fast die ganze Neurologie und Psychologie umfassen.\nUnter den psychologischen Kr\u00e4ften, welche zur Erzeugung der Sprechbewegungen und dadurch zur Erzeugung der gesprochenen Sprache dienen, werden solche Grundtriebe wie Ausdrucks-bed\u00fcrfnis, Mitteilungsbed\u00fcrfnis, Verst\u00e4ndigungsbed\u00fcrfnis usw. zu finden sein. Als Resultat dieser Triebe besteht eine erste Sprechkraft, die innere Sprache. Da das Wort Sprache zwei Bedeutungen hat, mufs immer klar gemacht werden, ob dadurch die innere Sprache, das sprachliche Denken (\u201elanguage\u201c auf Englisch), oder die gesprochene Sprache (\u201espeech\u201c auf Englisch) gemeint wird. Die innere Sprache ist rein psychisch, die gesprochene Sprache rein physikalisch. Unter die psychischen Sprechkr\u00e4fte sind auch alle Gem\u00fctsbewegungen einzureihen. Aufser den bewu\u00dften psychischen Kr\u00e4ften gibt es noch starke, ja sogar beherrschende unbewu\u00dfte Kr\u00e4fte. Die ganze Verskunst ist z. B. ein Erzeugnis des Unbewufsten des Dichters. Bewufst weifs der Dichter meistens nichts \u2014 weder nach Form noch nach Inhalt \u2014 \u00fcber seine Verse, bis sie vollkommen fertig aus seinem Unbewufsten herausgeschleudert werden.\nDie psychischen Kr\u00e4fte finden ihren sprachlichen Ausdruck durch dieAusl\u00f6sung von Kr\u00e4ften des Nervensystems. Das Nervensystem ist kein totes Werkzeug mittelst welchem die Seele sich ausdr\u00fcckt, wie ein von einem Musiker gespieltes Klavier. Im Nervensystem liegen nicht nur die aufgespeicherten autogenetischen Erfahrungen des Individuums, sondern auch die phylogenetischen der ganzen tierischen Vergangenheit. Die ersten m\u00f6gen teilweise aus verdr\u00e4ngten und vergessenen bewufsten Erfahrungen bestehen; die anderen sind aber angeborene Mechanismen, welche niemals bewufst werden.\nDie T\u00e4tigkeit des Nervensystems beim Sprechen besteht nicht darin, die psychischen Impulse zur Ausf\u00fchrung zu bringen, sondern","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachkinetik und Sprechdynamik.\n55\ndarin seine eigenen Kr\u00e4fte auf Anregung des psychischen Impulses zu entfalten. Die Wissenschaft der Sprachneurologie (siehe VI. Teil dieses Buches) ist jetzt noch in einem Anfangsstadium, aber das Fundamentalprinzip steht fest: die gesprochene Sprache ist in ihrer G\u00e4nze und in allen ihren Einzelheiten das Erzeugnis des Nervensystems. Die Sprachkurve ist also die Registrierung der T\u00e4tigkeit des Nervensystems. Das Prinzip wird nicht dabei angetastet, dafs das Sprechen durch organische Hindernisse \u2014 z. B. exstirpierte Zunge oder weggeschossener Kiefer \u2014 ver\u00e4ndert oder verhindert wird.\nSprach-, Sprech- und Kausalgleichungen.\nDie Resultate der Untersuchung einer gewissen Sprach-erscheinung k\u00f6nnen in einer Sprachgleichung zusammengefafst werden. Es wird z. B. konstatiert, dafs die Hervorhebung eines Wortes in einem deutschen Satz aus verl\u00e4ngerter Dauer, gr\u00f6fserer St\u00e4rke, erh\u00f6hter Tonh\u00f6he und gr\u00f6fserer Genauigkeit besteht; dies wird in einer Sprachgleichung folgendermafsen ausgedr\u00fcckt:\nvermehrte Hervorhebung = vermehrte Dauer + vermehrte St\u00e4rke\n+ vermehrte Tonh\u00f6he + vermehrte Genauigkeit.\nEs wird auch konstatiert, dafs die Hervorhebung eines Wortes das Resultat eines Impulses zu momentan st\u00e4rkerem Sprechen ist, also eines Betonungsimpulses. Die Kausalgleichung\nHervorhebung <- Betonungsimpuls\nwird aufgestellt. Diese behauptet, dafs der physikalische Vorgang in den Luftbewegungen bei der Hervorhebung das Resultat eines beim Sprechenden zu findenden psychologischen Antriebs zur Betonung ist.\nEs ist oft m\u00f6glich den Sprechimpuls in Bestandteile zu zerlegen; das Resultat wird in einer Sprechgleichung ausgedr\u00fcckt. Es kann z. B. angenommen werden, dafs der Betonungstrieb aus Verst\u00e4ndniswunsch und Aggressivit\u00e4t entsteht ; die Sprachgleichung wird dann durch\nBetonungsimpuls = Verst\u00e4ndniswunsch + Aggressivit\u00e4t ausgedr\u00fcckt.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nSprachanalyse \u2014 Sprachkinetik und Sprechdynamik.\nDie Sprachgleichung ist rein physikalisch und die Sprechgleichung rein psychologisch bzw. physiologisch. Durch Zusammenbringen der beiden Gleichungen erh\u00e4lt man eine vollst\u00e4ndige Kausalgleichung, in welcher alle auf der linken Seite angef\u00fchrten physikalischen Erscheinungen urs\u00e4chlich aus den auf der rechten Seite angegebenen psychologischen bzw. physiologischen Prozessen erkl\u00e4rt werden m\u00fcssen.\nDie Typenfestigkeit (S. 46) \u2014 Saphia \u2014 kt das Resultat eines inneren Impulses zur \u00dcbereinstimmung mit dem Handeln der umgebenden Menschen. Diesen Impuls m\u00f6chte ich De ont-hormia nennen. Es besteht also die Kausalgleichung\nSaphia <- Deonthormia.\nBei allen normalen Melodiekarten bemerkt man fortw\u00e4hrend kleine Fluktuationen der Tonh\u00f6he, welche immer vorhanden sind, ganz unabh\u00e4ngig davon, ob die Melodie steigt oder f\u00e4llt. Die Fluktuation wird gr\u00f6fser, wenn der Sprecher gef\u00e4llig sein will, und kleiner wenn er der Umgebung feindlich gegen\u00fcber steht \u2014 dies ganz unabh\u00e4ngig davon, was er f\u00fcr eine Melodie gebraucht. Vermutlich ist die Fluktuation auch in der Lautst\u00e4rke usw. vorhanden. Die physikalische Erscheinung \u2014 die Fluktuation \u2014 m\u00f6chte ich Kymia nennen; die psychologische Erscheinung der freundlichen Einstellung \u2014 Harmottia. Die Kausalgleichung wird dann lauten\nKymia <- Harmottia.\nBiologische Kraftgleichungen.\nAlle Sprechbewegungen sind das Resultat von drei Kr\u00e4ftesummen :\n1.\tein Impuls zur Ausf\u00fchrung der n\u00f6tigen Gruppe von Bewegungen ;\n2.\tein diese Ausf\u00fchrung erschwerendes Hindernis;\n3.\tein Impuls zur \u00dcberwindung des Hindernisses.\nIch m\u00f6chte die drei Faktoren Eudynia, Antidynia und Anadynia nennen. Sie sind spezielle F\u00e4lle allgemeiner biologischer Grundgesetze (Scripture, Three biological principles observed in speech inscriptions, Nature, 1924, Mar. 15, CXIII, 386).\nDie beim Sprechen tats\u00e4chlich angewandte Sprechenergie m\u00f6chte ich mit der Bezeichnung Dynia belegen. Bei irgendeinem sprachlichen Vorgang hat die biologische Kraftgleichung","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Satzlehre \u2014 Deutsche Satzlehre.\n57\nDynia = Eudynia + Antidynia + Anadynia\nGeltung.\nGleich vom Anfang an wird das Kind zum Richtigsprechen erzogen. Ein immer vorhandenes Hindernis liegt in dem Widerstand gegen die zu leistende geistige Arbeit, d. h. in dem psychischen Tr\u00e4gheitsmoment. Dieses mufs durch Aufmunterung bzw. Strafe \u00fcberwunden werden. Den Impuls die eigenen Handlungen nach dem verlangten Typus auszuf\u00fchren \u2014 Eudeontia \u2014 steht immer der Gegenimpuls der Tr\u00e4gheit \u2022\u2014 Antideontia \u2014 gegen\u00fcber, auf welchen durch den Korrektionsimpuls \u2014 Anadeontia\u2014geantwortet wird. Die biologische Kraftgleichung ist also\nDeontia = Eudeontia + Antideontia + Anadeontia.\nLit eratur.\nFechwer, Kollektivmaislehre, Leipzig 1897. \u2014 Bruns, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kollektivmafslehre, Leipzig 1906.\nIV. Teil.\nSatzlehre.\nDeutsche Satzlehre.1\nMaterial.\nEs wurden folgende S\u00e4tze auf genommen: 1. Die feindlichen Reiter kamen gestern wieder (ohne irgendwelcher absichtlicher besonderer Betonung). 2. Die feindlichen Reiter kamen gestern wieder. 3. Die feindlichen Reiter kamen gestern wieder. Die Aufnahmen wurden von folgenden Gesichtspunkten ausgearbeitet: a) Melodie; b) Laut\u00e4nderungsgeschwindigkeit; c) Lautst\u00e4rke; d) Lautgenauigkeit.\nMelodie.\nIn dem ersten Satze \u2014 ohne absichtlicher Betonung \u2014 steigt und f\u00e4llt die Melodie (Eig. 27) fortw\u00e4hrend. Zuerst sind die\nb Nach einem Aufsatz: Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Betonung im deutschen Satz, Neuere Sprachen, 1925, XXXIII, 280.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nSatzlehre.\nkleinen Schwankungen zu merken, welche bei der normalen Sprache niemals fehlen. Dann bemerkt man, dafs der Melodieverlauf eigentlich auch grofse wellen\u00e4hnliche Bewegungen zeigt. Der Anfang jedes Melodieberges stimmt ungef\u00e4hr mit dem Anfang jedes Teilgedankens \u00fcberein. Also, der erste Teilgedanke ist feindlichen; \u00fcber dem ersten ein wenig betonten Teil steigt die Melodie. \u00c4hnliches ist bei Reiter, kamen und wieder zu sehen. Schon fr\u00fcher (Elements of Experimental Phonetics, New York, 1904, Ch. XXXII) habe ich beobachtet, dafs jede Gedanken-\nFrequenz\n200 100\no\ti.oroo\t2.looo sek.\nDie f ei nd I i chen R ei terka men. gestern wiede r\nliehe n R ei terka meng e st er n w ie de .ooo\t2.oooSek.\n0\t1-000\t2.000 Sek.\nFig. 27. Melodiekarten zu Die feindlichen Reiter kamen gestern\nwieder.\neinheit sich in einem Melodieberg kundgibt. Dieser Satz kann als die Zusammenschmelzung von vier Teilgedanken angesehen werden.\nDie Melodiekarte zu dem zweiten Satz zeichnet sich dadurch aus, dafs eine starke Hebung w\u00e4hrend einc\u00fc stattfindet und dafs die freie Beweglichkeit der Melodie im \u00fcbrigen vermindert ist. Der dritte Satz zeigt eine Hebung bei ei.\nLaut\u00e4nderung.\nBei allen Sprachaufnahmen bemerkt man, dafs es sich nicht um Zusammensetzungen von Einzellauten handelt. Die Sprach-","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Deutsche Satzlehre.\n59\nkurve ist von Anfang bis zum Ende kontinuierlich. Es k\u00f6nnen nat\u00fcrlich Pausen Vorkommen; diese sind aber auch als Sprach-elemente zu behandeln. Die unter den Melodiekarten in Figuren eingezeichneten Buchstaben zeigen die Stellen an, wo der Lautstrom jedesmal ungef\u00e4hr den Charakter des angegebenen Lautes angenommen hat.\nDie Lautver\u00e4nderungen kann man auf folgende Weise darstellen. Man mifst die L\u00e4ngenstrecken zwischen den Punkten, welche man als ungef\u00e4hre Anfangspunkte der neuen Lautphasen festgestellt hat. Diese L\u00e4ngen werden als Lautdauer bezeichnet und in den Dauerkarten (Fig. 28) dargestellt.\n\u00bb Bei den Messungen war es unm\u00f6glich, eine Grenze zwischen\nSek.\nSek.\nSek.\nDiefeindi iche nReiterkameno esternwierie r\n0.200 -\n0.100\nDiefeindl ichenReiterkamen g est ernwieder\nFig. 28. Dauerkarten za Die feindlichen Reiter kamen gestern\nwieder.\nn und d in feindlichen anzugeben; die Strecke wurde also als ein Laut behandelt. Das er in Reiter und gestern stellte einen Vokallaut vor, etwa einen Diphthong. Am Ende des Satzes dagegen erscheint das r deutlich etwas Selbst\u00e4ndigkeit zu haben.\nIm ersten Satz findet sich eine Strecke ie feind, wo die Lautdauer gr\u00f6fser ist, also wo die Laut\u00e4nderung langsamer vor sich geht. Es folgt dann eine Strecke, liehen, wo die Lautdauer geringer ist, also wo die Laut\u00e4nderung schneller geschieht. Strecken mit gr\u00f6fserer Lautdauer kommen in eiter ka, n ge, ern wieder vor.\nIn dem zweiten Satz mit Betonung auf dem zweiten Wort ist das f sogar k\u00fcrzer als im ersten Satze. Das e i dagegen ist","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nSatzlehre.\nziemlich und das nd bedeutend l\u00e4nger Das 1 ist auch l\u00e4nger. Die letzten Laute des Wortes dagegen sind nur wenig l\u00e4nger. Die Dauerkarten stimmen mit den Melodiekarten \u00fcberein, indem sie eine wirkliche Betonung nur des ersten Teiles des Wortes anzeigen. Die Betonung des e dr\u00fcckt sich haupts\u00e4chlich in einem m\u00e4chtigen Aufschwellen der Tonh\u00f6he aus, wobei eine grofse Verlangsamung nicht vorhanden zu sein braucht.\nIn der Dauerkarte f\u00fcr den dritten Satz ist keine Verlangsamung in dem betonten Wort Reiter zu konstatieren. Die Betonung hat sich in der Steigung der Tonh\u00f6he ausgedr\u00fcckt.\nLautst\u00e4rke.\nUm sehr genaue Messungen von den Wellenl\u00e4ngen zu erzi\u00e7len, wurde diese Aufnahme auf einer sehr schnell rotierenden Trommel gemacht. Die Kurve wurde dabei horizontal so in die L\u00e4nge gezogen, dafs vertikale Vergleiche der verschiedenen Teile nicht gut gemacht werden konnten. Es liefsen sich daher keine zuverl\u00e4ssigen Beobachtungen \u00fcber die Lautst\u00e4rke machen.\nLautgenauigkeit.\nAus fr\u00fcheren Arbeiten weifs man, dafs die Laute mehr oder minder genau geformt werden, und zwar je nach dem Grade der Betonung. Bei diesen Untersuchungen aber habe ich nicht gewagt, Beobachtungen anzustellen.\nWesen der Betonung.\nAus diesen ersten deutschen Aufnahmen erfahren wir, dafs Steigerung der Tonh\u00f6he und Verlangsamung der Laut\u00e4riderung als Faktoren der Betonung Vorkommen. Vermutlich sind auch zwei anderen Faktoren \u2014 vergr\u00f6fserte Lautst\u00e4rke und vergr\u00f6fserte Lautpr\u00e4zision \u2014 vorhanden.\nEs ist m\u00f6glich, dafs noch andere Faktoren der Betonung der Entdeckung warten. Es ist wahrscheinlich, dafs verschiedene Dialekte den einen oder den anderen Faktor bevorzugen. Dies alles harrt der Untersuchung.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Englische Satzlehre.\n61\nEnglische Satzlehre.\nBehauptungssatz1).\nDie Kurven von vier S\u00e4tzen sind in Figur 29 wiedergegeben. In der obersten Linie sind die Worte Fred is sleepy mit keiner besonderen Betonung \u00fcber das hinaus, was die Worte im gew\u00f6hnlichen Aussagesatz bedeuten, gesprochen worden. Die steigende Linie im Anfang bezeichnet den Luftstofs f\u00fcr F. Die Laute, die durch re angedeutet werden, sind in Wirklichkeit ein Diphthong; sie erscheinen als eine Reihenfolge von Schwingungen. Das d wird angezeigt durch ein leichtes Heruntergehen der Linie, wodurch ein nur teilweises Abbrechen des Atems angedeutet wird. Ein sorgsam gebildetes d w\u00fcrde ein vollst\u00e4ndiges Herabfallen der\nd___________i.\tss\t1 ee\tp\ty\nF re\td L_________________s_s\tl ee p\nT re\td\nFig. 29. Spraehkurven von Fred is sleepy.\nLinie verursachen, das auch einem vollst\u00e4ndigen Abbrechen des Atems gleichk\u00e4me. Der Vokal i erscheint als eine Reihe von Schwingungen. Im Druck folgt diesem Vokal das End-s von is und das Anfangs-s von sleepy. Die Kurve zeigt, dafs nur ein Laut da ist, der die Linie nach oben treibt. Durch einen Vergleich mit anderen Kurven kann man feststellen, dafs dieser Laut nicht l\u00e4nger als das gew\u00f6hnliche einfache s ist. F\u00fcr 1 sinkt die Kurve mit Schwingungen etwas herab. Der ziemlich kurze Vo.kal e e hat starke Schwingungen. F\u00fcr p f\u00e4llt die Linie vollst\u00e4ndig herab, da der Luftstrom hier ganz unterbrochen ist (der\n-1) Zusammenfassung von einer Abhandlung: Die Betonung im englischen Satz, Arch. f. d. Studium d. neueren Sprachen, 1921, CXVIII, 203.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nSatzlehre.\nSek.\n0.200-\n0.100-\nFred iss I eep y\nSek.\n0.200-\n0.100\nLred issleepY\nVerschlufs); sie endet mit einem starken Ausschlag nach oben (Explosion). Die Schwingungen am Schluls geh\u00f6ren zu dem y. Der erste bemerkenswerte Punkt ist, dais sich keine Unterbrechungen in der Kurve zeigen ; wir haben also einen kontinuierlichen Sprachstrom. Die gedruckten Worte geben also eine durchaus irrt\u00fcmliche Vorstellung; es ist keine Unterbrechung zwischen Fred und is, wie man aus dem Druck folgern w\u00fcrde. Der \u00dcbergang von einem Laut zum n\u00e4chsten geschieht h\u00e4ufig ganz allm\u00e4hlich.\nDoch kann man approximative Grenzen zwischen zwei benachbarten Lauten ziehen, wobei man immer im Auge behalten mufs, dafs die Unbestimmtheit nicht von der Kurve herr\u00fchrt, sondern durch das allm\u00e4hliche \u00dcbergehen eines Lautes in den folgenden verursacht ist. Diese L\u00e4ngen werden gemessen. Die Resultate zeigen die Dauerkarten Fig. 30, worin die senkrechte Linie \u00fcber jedem Buchstaben die Dauer des betreffenden Lautes in Tausendstelsekunden angibt.\nDie Melodiekarte f\u00fcr diese Kurve wird in Fig. 31 gegeben. Die Stimme beginnt mit 110 Schwingungen pro Sekunde und bleibt fast konstant durch das r e. Sie steigt etwas w\u00e4hrend des d und des i; sie f\u00e4llt ein wenig in den wenigen Schwingungen, die sich im Beginne von ss zeigen. Sie f\u00e4llt w\u00e4hrend 1 und e e und endet in y auf einen Ton von ungef\u00e4hr 80 Schwingungen. Somit haben wir einen Fall von ungef\u00e4hr 120: 80 oder 3:2 oder einer Quinte.\nDie zweite Linie der Figur 31 ist eine Kurve desselben Satzes, der diesmal mit Betonung auf Fred gesprochen wurde. Die Linie f\u00fcr F steigt zuerst allm\u00e4hlich und dann pl\u00f6tzlich. Dies zeigt, dafs die Lippe eng gegen die Z\u00e4hne geprefst wird, so dass der Luftstrom hier geringer ist und dafs diese Pressung pl\u00f6tzlich gel\u00f6st wird. In der Tat\n0.200-\n0.100 \u2022\nSek.\nFred i ss\neep y\nSek.\n0.200 -\n0.100 -\n\u00ab\nFred i ssl eepy\nFig. 30. Dauerkarten zu Fig. 29.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Englische Satzlehre.\n63\nist diese F eine explosive Frikativa, statt einer einfachen Frikativa wie im vorhergehenden Falle. Der Laut wird mit gr\u00f6fserer Muskelenergie hervorgebracht. Die Schwingungen des Diphthongs r e sind horizontal k\u00fcrzer als diejenigen des anderen Satzes. Lange Schwingungen entsprechen tiefen T\u00f6nen, kurze Wellen dagegen hohen. Die Tonh\u00f6he des r e ist hier gr\u00f6fser als in dem ersten Falle. F\u00fcr d f\u00e4llt die Linie pl\u00f6tzlich zur Basis; es wird dadurch ein vollst\u00e4ndiger Ver-schlufs angezeigt. Die gerade Linie endet mit einer scharfen Steigung (der Explosion). An Stelle des nachl\u00e4ssig gebildeten d des ersten Satzes finden wir hier ein sorgf\u00e4ltig artikuliertes. Die Kurve f\u00fcr F und d zeigt also einen bisher noch nicht beobachteten Faktor der Betonung, n\u00e4mlich verst\u00e4rkte Energie und Pr\u00e4zision der Artikulation. Schon mit dem blofsen Auge ist zu erkennen, dafs das Wort Fred l\u00e4nger ist, wenn es betont gesprochen wird.\nBei einem Vergleiche mit dem ersten Satz stellt man fest, dafs die Verl\u00e4ngerung haupts\u00e4chlich auf die ersten beiden Laute f\u00e4llt. Erh\u00f6hte Dauer ist also ein zweiter Faktor der Betonung.\nDie Melodiekarte zeigt, dafs die Stimme eine H\u00f6he von ungef\u00e4hr 160 Schwingungen w\u00e4hrend des betonten Fred und auch w\u00e4hrend des folgenden Lautes i beh\u00e4lt. Gesteigerte Tonh\u00f6he ist also ein dritter Faktor der Betonung.\nBemerkenswert ist, dafs die Wellenlinie f\u00fcr r e h\u00f6her \u00fcber der Null-Linie ist als in dem ersten Satz. Dies verr\u00e4t st\u00e4rkere Ausgabe von Atem und gr\u00f6fsere St\u00e4rke des Lautes als einen weiteren Faktor der Betonung.\nIm dritten Satze wird die Betonung auf i s gelegt. Das F ist kurz und schwach ; dies hebt den Gegensatz zu den anderen Lauten\nFrequenz\nI.OOOSek.\nFrequenz\n1.000 Sek.\nFrequenz\n1.000 Sek.\nFrequenz\n1.000 Sek.\nFig. 31. Melodiekarten zu Fig. 29.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nSatzlehre.\nhervor. Die Dauerkarte zeigt, da Cs die Verl\u00e4ngerung nur auf i f\u00e4llt. Die Melodiekarte zeigt eine Steigung zu einem Ton von ungef\u00e4hr 210 Schwingungen f\u00fcr i. Der Satz endet auf einen Ton von ungef\u00e4hr 70 Schwingungen; der Fall erstreckt sich \u00fcber l1/2 Oktave. Die Betonung wird in diesem Fall durch verl\u00e4ngerte Dauer, gr\u00f6fsere Intensit\u00e4t und gesteigerte Tonh\u00f6he ausgedr\u00fcckt.\nIm vierten Satz wird die Betonung auf sleepy gelegt. Die Dauerkarte zeigt, dafs keine Verl\u00e4ngerung vorhanden ist. Aus der Melodiekarte ist ein sehr hoher Ton \u2014 fast 200 Schwingungen \u2014 f\u00fcr den Vokal e e ersichtlich. Die Satzmelodie f\u00e4llt von 200 auf ungef\u00e4hr 80 Schwingungen. Die Betonung wird hier durch eine Steigung der Tonh\u00f6he erzielt.\nDiese Kurven zeigen, dafs in einem englischen Satze die Betonung durch einen oder mehrere oder alle der folgenden Faktoren erreicht werden kann:\n1.\tgr\u00f6fsere Anstrengung hei der Artikulation,\n2.\tl\u00e4ngere Dauer,\n3.\tgesteigerte Tonh\u00f6he,\n4.\tgr\u00f6fsere St\u00e4rke.\nDiese vier Faktoren der Betonung k\u00f6nnen auf einen gemeinsamen Ursprung zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, n\u00e4mlich auf die verst\u00e4rkte Anstrengung beim Sprechen. Die gr\u00f6fsere Kraft der Artikulation kommt von der st\u00e4rkeren Zusammenziehung der Sprechmuskeln. Die l\u00e4ngere Dauer verlangt gr\u00f6fsere Arbeit beim Halten eines Tones. Die gesteigerte Tonh\u00f6he wird durch gr\u00f6fsere Spannung der Glottismuskeln erreicht; die gr\u00f6fsere St\u00e4rke ist das Ergebnis des erh\u00f6hten Atemdruckes. Alle diese Faktoren gr\u00f6fserer Muskelanstrengung sind als die Ergebnisse st\u00e4rkerer Willensanspannung anzusehen. Diese Anstrengung w\u00fcrde ungef\u00e4hr der des Armes oder der Hand gleichkommen, wenn man auf einen Gegenstand weist, der aufmerksam betrachtet werden soll. Gerade die Frage, warum die gr\u00f6fsere Anstrengung sich in dem einen oder dem anderen Faktor der Betonung in der Rede ausdr\u00fcckt, ist ein Problem, das noch der Untersuchung Vorbehalten ist.\nDie Grundthese, auf welche die Erkl\u00e4rung aller Ergebnisse der Sprechuntersuchungen basiert werden sollte, ist, dafs \u2014 abgesehen von Einzelheiten, die durch die Sprechorgane und das Nervensystem bedingt sind \u2014 jedes Sprechgeschehen der Ausdruck irgendeines geistigen Vorganges ist. Welchen geistigen Vorgang dr\u00fcckt nun die Betonung aus 1 Aufschlufs \u00fcber diese","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Englische Satzlehre.\n65\nFrage kann man gewinnen, wenn man Personen in aufgeregtem Zustande beobachtet. \u00dcberbetonung bemerkt man beim \u00c4rger und anderen Formen der Erregung; Unterbetonung tritt ein bei Furcht, tiefem Schmerz und Depressionszust\u00e4nden. Ein Redner wird mehr Betonung gebrauchen, wenn er seinen Zuh\u00f6rern einen Gedanken auf zwingen will ; dagegen wird er die Betonung mindern, wenn er sie zur Ruhe oder zum Mitgef\u00fchl bes\u00e4nftigen m\u00f6chte. Man m\u00f6chte vermuten, dass die Betonung das Ergebnis einer aggressiven Gem\u00fctsstimmung bei einer Person ist, die ihren Willen dem H\u00f6rer aufzuzwingen sucht. Fred is sleepy dr\u00fcckt nicht allein die Tatsache aus, dass Fred schl\u00e4frig ist, sondern auch gleichzeitig die aggressive Erregung welche \u2014 stark ausgedr\u00fcckt \u2014 vielleicht so gefasst werden k\u00f6nnte: Du dummer Kerl, warum h\u00f6rst du nicht auf mich. Irre Dich doch nicht so; Fred ist es, der schl\u00e4frig ist. Die Feststellung Fred is sleepy kann vielleicht einen agressiven Zustand bei dem Sprechenden ausdr\u00fccken, der in folgender Weise gefasst werden k\u00f6nnte: Widersprich mir nicht und l\u00fcge nicht. Fred ist tats\u00e4chlich schl\u00e4frig und Du weisst es auch! Die Feststellung Fred is sleepy ist die h\u00f6fliche Form, wiederum einen aggressiven Gem\u00fctszustand auszudr\u00fccken, der vielleicht so wieder zugeben w\u00e4re: Du irrst Dich vollkommen, Fred ist nicht krank, er ist schl\u00e4frig.\nWir sind zu folgenden Schl\u00fcssen gekommen :\n1.\tDie Betonung zeigt sich im englischen Satze in einer oder mehreren oder allen der vier oben bezeichneten Arten, n\u00e4mlich : gr\u00f6ssere Pr\u00e4zision in der Artikulation, l\u00e4ngere Dauer, gesteigerte Tonh\u00f6he und gr\u00f6ssere St\u00e4rke der in Betracht kommenden Lautgruppen.\n2.\tDie Betonung ist ein Ausdruck geistiger Aggressivit\u00e4t (vgl. oben S. 55.)\nFragesatz.\nF\u00fcnf Registrierungen des Fragesatzes Is Fred sleepy? sind in Fig. 32 wiedergegeben. Der erste Satz wurde ohne besondere Betonung gesprochen. Im zweiten Satz wurde das Wort Is betont, im dritten das Wort Fred und im vierten das Wort sleepy. Im f\u00fcnften Satz wurde das Wort sleepy mit einem Anschlag von Zweifel gesprochen. Die Dauerkarten sind in Fig. 33 und die Melodiekarten in Fig. 34 angegeben.\nIn der zweiten Kurve bemerkt man sofort, dafs die I-Strecke\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u. Gesang.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nSatzlehre.\nl\u00e4nger ist. Sie hat also gr\u00f6ssere Dauer. Der gr\u00f6sste Teil des I hat vertikal gr\u00f6ssere Wellen, ist also st\u00e4rker. Die Wellen werden horizontal k\u00fcrzer; der Stimmton steigt also in die H\u00f6he.\nDie s - Strecke ist auch l\u00e4nger. Ihre Hauchlinie ist ungef\u00e4hr von derselben H\u00f6he. Dieses s ist stimmlos.\nF\u00fcr F sinkt die Linie nur wenig. Die Lippenhewegung ist also gering. Die Strecke re ist k\u00fcrzer; d und s sind ungef\u00e4hr gleich den entsprechenden Stellen in der ersten Kurve. Das 1 zeigt mehr Stimmhaftigkeit. Die letzten Strecken zeigen keine grofsen Unterschiede.\nDie dritte Kurve f\u00e4ngt mit einem kurzen, schwachen, tiefen I an. Das s ist mittelstark und mittellang; nur der Anfang ist\nFig. 32. Sprachkurven von Is Fred sleepy?\nstimmhaft. Das F ist mittelstark und mittellang mit einer starken Explosion am Ende. Die Vokalstrecke r e ist stark und mittellang; der Stimmton steigt bedeutend in die H\u00f6he. Bei d ist der Verschlufs nicht ganz vollst\u00e4ndig. Die \u00fcbrigen Strecken zeigen nichts besonderes.\nDie vierte Kurve zeigt kurzes, kaum mittelstarkes s und F. Das re ist mittellang, aber ziemlich schwach. F\u00fcr d ist nur eine Verengung, kein Verschluss vorhanden. Das s ist mittellang, aber schwach. Bei ee ist der Stimmton sehr hoch. Das y ist sehr lang. Die letzten Wellen in der Kurve sind abgeschnitten worden.\nDer erste Teil der f\u00fcnften Kurve ist dem der vierten \u00e4hnlich Das s in sleepy ist kurz, das 1 dagegen sehr lang. Das ee ist etwas kurz und sehr tief. Das y ist sehr hoch.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Englische Satzlehre.\n67\nJede der Kurven in Fig. 32 ist die Aufzeichnung eines sprachlich ausgedr\u00fcckten, gef\u00fchlsbetonten Gedankens, mit mehr oder weniger Nachdruck. Untersuchen wir zuerst, wie sich der Nachdruck \u2014 also die Betonung \u2014 in den Kurven zeigt.\nDer erste Satz ist der Ausdruck eines ruhigen Verlangens nach Auskunft ohne irgendwelchen Nachdruck oder irgendwelche Betonung.\nIn der zweiten Kurve ist I s betont. Gr\u00f6ssere St\u00e4rke undDauer und ein h\u00f6herer Stimmton sind zu konstatieren. Diese Eigenschaften zeigen sich sehr deutlich in den Dauer- und Melodie-\n0.2DO-\n0.100 -\n0.200-\n0.200 -\nSek.\n0200-\n0.100-\n0.100-\ns F re d s.\nee_\u00df_y?\nI s F re d s I ee p yg\nFig. 33. Dauerkarten zu Fig. 32.\nkarten. In der dritten Kurve wird Fred betont; eben dieselben Faktoren kommen zum Vorschein. In der vierten Kurve wird sleepy betont. Mit Ausnahme von y sind hier die Lautstrecken nicht l\u00e4nger. Ausserdem sind die Laute eigentlich schw\u00e4cher als in den anderen Kurven. Der Stimmton f\u00fcr ee steigt aber m\u00e4chtig in die H\u00f6he.\nIn diesen Kurven zeigt sich die Betonung durch l\u00e4ngere Dauer, gesteigerte Tonh\u00f6he und gr\u00f6fsere St\u00e4rke. Die gr\u00f6fsere Pr\u00e4zision als Element der Betonung habe ich in diesen Kurven nicht nachweisen k\u00f6nnen.\nDie Gef\u00fchlsunterschiede bei den ersten vier S\u00e4tzen sind etwa\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nSatzlehre.\nfolgende. Der erste Satz wurde fast indifferent gesprochen. Das einzige Gef\u00fchl ist ein ruhiges Verlangen nach Auskunft. Bei Is Bred sleepy? kommt ein Gef\u00fchl des Zweifels hinzu; der Sprechende h\u00e4tte ebsensogut sagen k\u00f6nnen ' I want to know if Fred is really sleepy. Bei I s Fred sleepy ? liegt ein pers\u00f6nliches Interesse f\u00fcr Fred vor. Bei Is Fred sleepy? liegt das Interesse in dem Zustand ; der Sprechende will wissen, ob Fred schl\u00e4frig oder m\u00fcde oder sonst etwas ist.\nBeim Studium der Melodiekarte f\u00e4llt es sofort auf, dafs die Melodien der ersten vier S\u00e4tze eigentlich dieselben sind, wie f\u00fcr die schon behandelten Aussages\u00e4tze. Die Kurven dieser vier\n200\n100\nFrequenz\ns F re d s\tI ee p y?\n1.000 Sek\n200\n100\nFrequenz\n_s___F re d 5 I ee p y?\n300\n200\n100\nFrequenz\ns F re d s I ee p y ?\n200\n100\nFrequenz\nI s F re d s I ee p y?\n1.000 Sek. o 3 00 200\n_____. 100\n1.000 Sek\nFig. 34. Melodiekarten zu Fig. 32.\nS\u00e4tze sind gleich den Kurven von Aussages\u00e4tzen. Philologisch betrachtet geh\u00f6ren beide Gruppen von Kurven in eine Klasse.\nDer Satz Is Fred sleepy? ist phonetisch fast identisch mit dem Aussagesatz I wonder if Fred is sleepy oder dem Befehlssatz Tell me if Fred is sleepy. Alle diese S\u00e4tze unterscheiden sich philologisch wieder nicht von dem Satz Fred is sleepy. Psychologisch aber besteht ein Grundunterschied. Bei Fred is sleepy weifs der Sprechende etwas; bei den anderen will er etwas wissen.\nDer letzte Satz unterscheidet sich deutlich von den vier anderen. Der Stimmton sinkt gegen das Ende sehr tief und wird von einem viel h\u00f6heren Ton gefolgt. Der Schlufs ist also fallend-","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Englische Satzlehre.\n69\nsteigend. Wenn man den Satz so ausspricht, f\u00fchlt man ein starkes Verlangen nach Auskunft. Der Nachdruck wird auf das Verlangen gelegt. Dieser Satz ist also ein Beispiel des Fragesatzes wie er gew\u00f6hnlich beschrieben wird. Eine Kurve dieses Satzes, wo das starke Verlangen sich auf Fred bezieht, habe ich nicht analysiert. Die Melodiekarte wird wahrscheinlich zeigen, dafs der Stimmton hei Fred sehr tief anf\u00e4ngt und w\u00e4hrend dieses Wortes schnell in die H\u00f6he steigt, um nachher hoch zu bleiben.\nMan hat es also mit zwei verschiedenen Arten von Frages\u00e4tzen zu tun. Bei der einen verlangt der Sprechende eine Auskunft, aber in einer ebenso ruhigen Weise wie er eine Behauptung macht.\nWh a t a sleep y F\tre\nd !\n-wTTiTt---as__________l\nWhst a s l eep y F______________r_e____ d !\nFig. 35. Sprachkurven von What a sleepy Fred!\nBei der anderen will er seine Wifsbegier auf mehr energische Weise kenntlich machen.\nAusrufsatz1.\nDer Satz What a sleepy Fred! wurde mit verschiedener Betonung f\u00fcnfmal in der bekannten Weise auf einer berufsten Trommel auf genommen (Fig. 35). Der erste Satz hatte keine besondere Betonung. In dem zweiten wurde der Nachdruck auf What, in dem dritten auf sleepy und in dem f\u00fcnften auf Fred gelegt. Der vierte Satz wurde mit einem lang ausge-\n1 Zusammenfassung von einer Abhandlung: Emphasis in an English exclamatory sentence, Festkrift till\u00e4gnad Hugo Pipping, Svenska Litteratur-sallskapet i Finland, 1920, CLXXV, 465.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nSatzlehre. \u2014 Englische Satzlehre,\nSek.\nid\nSek.\nWha tas leepyFred !\nLLL\nWha t a s I eepy Fred !\nzogenen sleepy gesprochen, um eine andere Gef\u00fchlsbetonung auszudr\u00fccken.\nDie Dauerkarten sind in den Fig. 34 und die Melodiekarten in in den Fig. 37 wiedergegeben. Die Betonung von What im zweiten Satz dr\u00fcckt sich in einer Verl\u00e4ngerung und in einer Tonerh\u00f6hung der Worte aus. Die Betonung von sleepy im dritten Satz zeichnet sich besonders durch Tonerh\u00f6hung aus. Die Betonung im f\u00fcnften Satze verursachte eine geringe Verl\u00e4ngerung und eine grofse Tonerh\u00f6hung, wobei die Erh\u00f6hung den vorhergehenden Vokal y mit betrifft.\nWir haben noch zu fragen, welche Gem\u00fctszust\u00e4nde bei diesen\nS\u00e4tzen ausgedr\u00fcckt werden. Psychologisch betrachtet, wie unterscheidet sich der SatzWhat a sleepy Fred! von Fred is sleepy und Is Fred sleepy? Bei dem Ausrufsatze wird eine Tatsache festgestellt, wie im Behauptungssatze. Dazu kommt noch einGef\u00fchl der \u00dcberraschung. Mit diesem Vorhandensein von mehr Gef\u00fchlsinhalt stimmt die grosse Beweglichkeit und Flexibilit\u00e4t ' der Melodie Kurve \u00fcberein. Bei dem Satz What a sleepy Fred! kommt ein Gef\u00fchl des Erstaunens dazu; hier ist noch mehr Melodiebewegung. Bei dem Satz What a sleepy Fred! hatte der Sprechende ein Gef\u00fchl etwa von \u00dcberraschung; deshalb die grofse Melodiebewegung bei sleepy. In dem Satz What a sle-e-epy Fred! kommt ein Gef\u00fchl des Mitleids mit dem Fred hinzu; daher die lange ruhige Melodiebewegung bei sleepy (vgl. A study of the emotions by speech inscriptions, Vox, 1921, XXXI, 179). Der Satz What a sleepy Fred! dr\u00fcckt etwas \u00c4rger aus; deshalb die K\u00fcrze und die sehr bewegte Melodie. Gegen\u00fcber dem ruhigen ersten Satz haben die vier anderen mehr Gem\u00fctsinhalt einer expansiven (nach aufsen gerichteten) Art.\nWha tas 1 eep v Fred !\nSek.\nWh a t a s_j.ee qy_Fred\nSek.\n01\nWha ta s I eepy-Fred. !\nFig. 36. Dauerkarten zu Fig. 35.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Verslehre \u2014 Untersuchungsmethoden.\n71\nDiese Zust\u00e4nde erhalten Beleuchtung durch die Hinzuf\u00fcgung eines passenden zweiten Satzes in jedem Fall, etwa wie folgt:\n1.\tWhat a sleepy Fred! He really should be awake.\n2.\tWhat a sleepy Fred! He is more sleepy than the others.\nFrequenz\n1.000 Sek.\nFrequenz\n0.1000 Sek.\nFrequenz\n1.000 Sek.\nFrequenz\nWhat a s\n1.000 Sek.\nFrequenz\n1.000 Sek.\nFig. 37. Melodiekarten zu Fig. 35.\n3.\tWhat a sleepy Fred and what a lively Johnny! 4. What a sle-e-epy Fred! Poor little fellow. 5. What a sleepy Fred! Really he is almost naughty.\nV. Teil.\nVerslehre.\nUntersuchungsmethoden.\nArten des Verses.\nDrei Arten des Verses lassen sich untersuchen: der gesprochene Vers, der gedruckte (oder geschriebene) Vers, der geh\u00f6rte Vers. Die graphische Methode l\u00e4fst sich nur auf den gesprochenen Vers anwenden.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nVerslehre.\nDie Sprechenden.\nDerjenige, welcher den Vers zum Untersuchungszweck sprechen soll, kann der Dichter selbst sein. Es ist auch von Interesse, den Vers von Schauspielern und ge\u00fcbten Rednern registrieren zu lassen. Von hoher Bedeutung ist es, Versauf nahmen vom Publikum zu analysieren. Das Gef\u00fchl des Volkes bestimmt diejenigen Vers-formen, welche zur Geltung kommen d\u00fcrfen. Auch der Dichter selbst hat diese Formen von seiner Umgebung gelernt. Heutzutage werden die Gedichte gedruckt und von dem zahllosen Publikum gelesen bzw. gesprochen. Wie ein Dichter seine Verse wirklich vortr\u00e4gt, kann man selten erfahren; \u00fcbrigens k\u00fcmmert sich niemand darum. Die Grundgesetze des Verses sind bei dem Publikum zu suchen.\nRegis trier met hoden.\nEs l\u00e4fst sich daran denken, gesprochene Verse grammo-phonisch aufzunehmen und die Kurven auf der Platte vergr\u00f6ssert abzuschreiben und zu analysieren. Diese Methode habe ich in meinen Studien \u00fcber Cock Robin benutzt. Diese Methode ist sehr zeitraubend, aber f\u00fcr viele Probleme unentbehrlich.\nViel bequemer ist die graphische Methode. Sie hat den Vorteil, dafs die Luftbewegungen der Konsonanten vor dem Mund auch registriert werden, aber den Nachteil, dafs die Vokalqualit\u00e4ten vollst\u00e4ndig verloren gehen.\nGewonnenes Material.\nDie ersten Untersuchungen wurden durch Abschreibung einer Grammophonaufnahme von CockRobinin meinem Laboratorium an der Yale University im Jahre 1897 gemacht. Die erste'Untersuchung nach der graphischen Methode war eine Analyse von zwei Zeilen des Gedichts Der Eichtenbaum (The Study of Speech Curves, Carnegie Institution, Washington, 1906). Erst anderthalb Dezennium sp\u00e4ter wurde die Arbeit mit einer Aufnahme von Somebodysaidin London fortgesetzt. Die Faust -Aufnahme wurde im Hamburger Laboratorium (Prof. Calzia), die sp\u00e4teren in dem Wiener Laboratorium gemacht.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse einer Aufnahme vom Dichter Oinzkey.\n73\nAnalyse einer Aufnahme vom Dichter Ginzkey.\nDer Dichter Franz Karl Ginzkey (Salzburg) hat die ersten zwei Zeilen\nF\u00fcr meine Seele kommt Besuch;\nEin sch\u00f6nes, wohlgewachsnes Buch.\nF\t\u00fcr\tm ei\tne\tS\nFig. 38. Graphische Aufnahme vom Dichter Franz Karl Ginzkey.\naus seinem Gedicht Das Buch in den Registrierapparat hineingesprochen; Fig. 10 ist eine Photographie des Dichters selbst","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nVerslehre.\nw\u00e4hrend der Aufnahme. Die Kurve ist in Fig. 38 reproduziert worden.\nLautanalyse.\nDie Kurve beginnt mit einer starken Hebung der Linie f\u00fcr F. Nach dem Vokal \u00fcr mit starken Schwingungen folgt m mit schwachen Schwingungen. Darnach folgen ei und n. F\u00fcr e steigt die Wellenlinie in die H\u00f6he. Eine noch weitere Steigung zeigt zuerst schwache und dann starke Wellen; nachher sinkt die Wellenlinie. Dies alles geh\u00f6rt zu S. Der lange Vokal e e wird von einem fast ebenso langen 1 gefolgt. Nach dem kurzen Vokal e findet ein Hauch statt. Das Stoppen f\u00fcr k geht in eine starke Explosion\nSek.\n600 \u2014\n300-\nFiirmeine Seel e c kommt\u00dfe such'/Ei nscfi\u00f6n e swotil g ewachs n es B uch'\nFig. 39. Dauerkarte zu Fig. 38.\n\u00fcber. Nach dem Vokal o sind \u00e4ufserst schwache Wellen f\u00fcr m zu sehen. In der nachfolgenden Strecke in der Nullinie bis zur Explosion des B sind keine Wellen vorhanden; eine Abgrenzung zwischen t und B kann nur willk\u00fcrlich gemacht werden. Der kurze Vokal e geht in ein schwach stimmhaftes s \u00fcber. Der Vokal u wird von einem sehr langen Hauchlaut ch gefolgt. Der Nachhauch ist auch sehr lang. Nach einer Pause f\u00e4ngt die zweite Zeile mit dem Vokal Ei an. Das n ist kurz, das sch stark und lang. Das lange \u00f6 zeigt eigent\u00fcmliche Schwankungen der Intensit\u00e4t. Nach kurzem n und e zeigt sich ein ausserordentlich langes starkes s. Das schwache w wird von einer Wellenlinie gefolgt, welche verschiedene H\u00f6henschwankungen zeigt. Die Laute sind","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse einer Aufnahme vom Dichter Ginzhey.\n75\nhier alle als kurz und, nicht stark zu bezeichnen. Auch sind sie nicht genau gebildet. Das ch und das s fHessen als ein starker langer Laut zusammen. Nach den kurzen Lauten nes B folgen das lange u und das starke ch.\nNach der H\u00f6he der Registrierlinie sind folgende Laute als stark zu bezeichnen; in der ersten Linie F, S, k, s, ch, und in der zweiten sch, s, s, u und ch.\nDie Werte f\u00fcr die Dauer der Laute werden in Fig. 39 veranschaulicht. Gr\u00f6ssere Werte finden sich in der ersten Zeile bei ei (meine), See (Seele) und such (Besuch). In der zweiten Zeile\n200-\n100-\nF Sr m ei ne S , ee\n200-100 \u2014\n200-\n100-\n200-\n100-\n1.000\no mm t B e s u ch.\n\nX\n3.000\nEi n sch \u00f6\tnes\n2.000\ni\n4.000\nw oh 1 ge\n5.000\n6.000\nwachs nes Bu ,ch c\nzooo\nFig. 40. Melodie zu Fig. 38.\naooo\ntreten als lang vor: sch\u00f6 (sch\u00f6nes), s (sch\u00f6nes), oh (wohl) undu (Buch).\nDie erste Zeile in Fig. 40 zeigt eine geringe Tonerh\u00f6hung in ei (meine) und eine lange und gr\u00f6ssere in eele (Seele). Die Melodie f\u00e4llt am Ende der Zeile in u (Besuch). Eine starke Steigung erscheint in \u00f6ne (sch\u00f6nes) mit Schluss auf einem hohen Ton vor s. In dem Bereich von ohl (wohl) steigt die Tonh\u00f6he. Ein Steigen und ein Fallen befinden sich in u (Buch).\nIn bezug auf die Genauigkeit der Aussprache zeichnen sich folgende Laute durch ihre Pr\u00e4zision aus : F, k in der ersten Zeile und B in der zweiten Zeile. Als nachl\u00e4ssig und ohne feste Grenzen sind die Laute 1 und g in der zweiten Zeile zu bezeichnen.\nVon den Qualit\u00e4tsunterschieden erf\u00e4hrt man kaum je etwas","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nVerslehre.\naus den graphischen Kurven. Nach dem Ohr beurteilt haben e e (Seele), ch (Besuch), sch und s (sch\u00f6nes) und uch (Buch) eine eindrucksvollere Qualit\u00e4t.\nEnergieanalyse.\nDie Resultate der vorhergehenden Analyse sind in der Energie -tabelle (Fig. 41) zusammengestellt. Bei den meisten Registrierungen laufen die Energiefaktoren gew\u00f6hnlich parallel; ein starker Laut ist gew\u00f6hnlich l\u00e4nger, h\u00f6her und pr\u00e4ziser als ein schwacher. Hier scheint diese Zusammenwirkung nicht immer stattzufinden.\nNach der Energietabelle und den obigen Betrachtungen\nEnergietabelle\n\tF \u00fcr\tm ei n e\tS ee 1 e\t\tk o mmt B e\ts u ch 7\nLautst\u00e4rke\t+\t\t+\t\t+\tH\" +\nDauer\t+ +\t+\t+ + -\t\t\t+ + +\nTonh\u00f6he\t\u2014\t- + +?-\t\th + +\t\t+ +\t\nGenauigkeit\t+\t\t\t\t+\t\nQualit\u00e4t\t\t\t+\t\t\t+\nEnergie\tS\tw\ts\tW\t8\tW\t'S\n\tEi n\tsch\u00f6 n e\tS\twoh 1\tgewachs n\te s B u chc\nLautst\u00e4rke\t\tH\u201c\t+\t\t+\t+ + +\nDauer\t\u2014\t+ + --\t+\t+\t+\t+\nTonh\u00f6he\t\u2014\t+ + +\t\t+ +\t\t+\nGenauigkeit\t\t\t\t\u2014\t\u2014\t+\nQualit\u00e4t\t\t+\t+\t\t\t..+ +\nEnergie\tW\tS\tW\t\u00a3\tr\tw\t\u2022 S\tW\tS\n4L Energietabelle zu Fig. 38.\nkann die Energiekurve ann\u00e4herungsweise wie in Fig. 42 dargestellt werden.' Sch\u00e4tzungsweise sind die Zentroide in den Zeitpunkten I wie unten in beigegebener Tabelle angegeben. Die Differenzen ergeben die rhythmischen Perioden T.\nErste\tZeile\tZweite\tZeile\n1\tT\ti\tT\n0.10\t1.30\t4.80\t0.60\n1.40\t1.00\t5.40\t1.00\n2.40\t0.80\t6.40\t0.70\n3.20\t\t7.10\t","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"77\nAnalyse einer Aufnahme vom Dichter Ginzkey.\nVersf orm.\nDie Verszeilen wurden in zwei durch eine Pause getrennten Einheiten gesprochen. Es sind also zwei Molek\u00fcle vorhanden, welche den gedruckten Zeilen entsprechen.\nUm ein Versmolek\u00fcl zu charakterisieren, wird zuerst die Zahl der Zentroide bestimmt. Hier sind beidemale vier vorhanden. Da man im Zusammenh\u00e4nge mit den Zentroiden taktiert, ist die Verszeile hier ein Vierschl\u00e4ger zu nennen. Der Ausdruck \u201eVierheber\u201c wird vermieden. Wenn man zu einemVers tanzt, marschiert oder taktiert, wird der Euss oder der Dirigentenstab bei den Zentroiden nicht gehoben, sondern nach unten geschlagen.\nF \u00fcr m ei ne S , ee 1 e c k ,\n1.000 2.000\no mm t B e s u ch,c V\n3.000\n4.000\nEi n sch\nw oh\nn e\n5.000\nwachs nes Bu ch c\n\u2014-\u2014\u2014----------------------1__________________________i\n7.000\t8.000\nFig. 42. Energiekurve zu Fig. 38.\nIn diesen Zeilen befinden sich die Zentroiden in F\u00fcr, e e, o, ch, \u00f6, s, s, ch. Mit Zentroidzeichen sind die Zeilen wie folgend zu drucken:\nF\u00fcr meine Seele kommt Befuch:\nEin sch\u00f6nes wohlgewachsnes Buch.\nSehr interessant ist die Tatsache, dafs die Konsonanten hier so oft die Rolle des Zentroidentr\u00e4gers \u00fcbernehmen. Im Deutschen wird diese Rolle meistens von den Vokalen vertreten. Wenn ein Konsonant ein Zentroidentr\u00e4ger ist, wird der nebenstehende Vokal in dem Versschema nicht gez\u00e4hlt.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nVerslehre.\nDas Schema f\u00fcr diese Zeilen ist\nDie erste Zeile ist ein zwei-eins-konkav er und die zweite ein null-zwei-eins-konkaver Vierschl\u00e4ger. Sehr interessant ist es, dafs, wenn stark und schwach mit lang und kurz \u00fcbersetzt werden, die erste Zeile mit einem griechischen choriambischen Dimeter erster Art \u2014und die zweite mit einem Glykoneus\t\u00fcbereinstimmt.\nAnalyse einer Aufnahme vom Dichter Schaukal.\nEine Aufnahme der ersten Zeile des Gedichts Das Kind \u2014 vom Dichter selbst gesprochen \u2014 wird in Fig. 43 reproduziert.\nLautanalyse.\nDie Kurve zeigt ungew\u00f6hnliche Genauigkeit der Lautbildung. Diese ist nicht nur als das Resultat von Rede \u00dcbungen, sondern\nFig. 43. Graphische Aufnahme vom Dichter Richard Schaukal.\nauch als eine Charaktereigent\u00fcmlichkeit anzusehen. Gr\u00f6ssere Lautst\u00e4rke ist bei ei, ir, t, d, ch, ch zu konstatieren.\nDauerkarte, Melodiekurve, Energietabelle und Energiekurve sind in Eigg. 44 bis 47 gegeben. Die Zentroide liegen sch\u00e4tzungsweise in den Zeitpunkten 0.20, 0.75, 1.60, 2.20, 2.80 Sek. Die rhythmischen Perioden sind also 0.55, 0.85, 0.60, 0.60 Sek.\nEnergieanalyse.\nVon der Dauerkarte, der Melodiekurve, der Energietabelle und der Energiekurve bekommt man den Eindruck, dafs diese Zeilen einen Grundrhythmus von stark-schwach besitzen,","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse einer Aufnahme vom Dichter Schaukal.\n79\nwelcher dem Gedankeninhalt entspricht. Die erste H\u00e4lfte der Zeile ist st\u00e4rker als die zweite. Dazu kommt noch der spezielle\n300-\n200 \u2014\nb m irt reumei n K i n d verl assm\nFig. 44. Dauerkarte zu Fig. 43.\n200 -\n100 \u2014\nB 1 ei b m ir t r eu\n1000\n200 -100 \u2014\n200-\n100\nm ei n K in d v er la 2h00\nss\nm i ch n i ch t\n3.000\nFig. 45. Melodiekarte zu Fig. 43.\nEnergietabelle.\nB 1 ei b m ir t r eu m ei n K i n d v er 1 a ss m i ch n i ch t Genauigkeit\t++\t+\t+\t+\t+\nLautst\u00e4rke +\t++\t+\t, T T .\nDauer\t++\t++++\t+\t++++++\nTonh\u00f6he ++ + +14J;, _______________ ^ _,,_______________\nEnergie\tSWS\tW SWSW S\nFig. 46. Energietabelle zu Fig. 43.\nf\u00fcnfgliedrige Rhythmus. Im Druck kann der Gesamtrhythmus der Zeile folgendermassen angedeutet werden:\nBleib mir treu mein Kind verlafs mich nicht.\nDer f\u00fcnfgliedrige Rhythmus wird durch das Schema","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nVerslehre.\ndargestellt. F\u00fcr die rhythmische Bewegung\tm\u00f6chte\nich den griechischen Namen Kretikus behalten und m\u00f6chte den\nBl ei b m ir t\nmein K i n d verla ss\nm i ch\nn i ch t\n1.500\n3.000\nFig. 47. Energiekurve zu Fig. 43.\nBegriff auf ganze Verszeilen ausdehnen. Diese Zeile ist also ein kretischer F\u00fcnfschl\u00e4ger zu nennen.\nAnalyse einer Aufnahme des Anfangsmonologs im Urfaust.1\nDie ersten zehn Zeilen des Urfaust wurden von einem Hamburger Taubstummenlehrer in den Registrierapparat hinein-\nHah enunachdiePhi loso pfieyy Medizin und J u r i 5 4 \u00df rsy y\nz\nFig. 48. Dauerkarte der ersten zwei Zeilen der Faust-Aufnahme.\ngesprochen. Dauerkarte, Melodiekurve, Energietabelle und Energiekurve des Anfangs sind in Figg. 48 bis 51 wiedergegeben.\nVier Energiewellen sind zu konstatieren. Sch\u00e4tzungsweise liegen die Zentroiden der ersten Zeile in den Zeitpunkten 0.4, 0.9, 1.4 und 2.0 Sek. Die rhythmischen Perioden sind also 0.5, 0.5, 0.6 Sek. Mit Vokalnotierung ist das Schema wie unten.\n1) Auszug aus einem Aufsatz mit demselben Titel in Zeitschrift f Psychologie, 1927, CII, 310.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Grundgesetze.\n81\nDie auf diese Weise gesprochene Zeile ist also ein eins-zwei konkaven Vierschl\u00e4ger zu nennen.\n200r\n100 -H\nv\t'\ti\u00f6\u00f6o\t*\t\"\t\u2019\tSflfl\nFig. 49. Melodiekarte der ersten Zeile der Faust-Aufnahme.\nENERGIETABELLE\nHaben\nTonh\u00f6he\t+ 4+4\nWtrlangsatnung + '\nLautheit\nGenauigkeit .\t__\nEnergieverlauf H\nunach\u00f6iePhi l o s o phey i M \u00ab d\u00eet s \u00bb \u00ab o \"fl J w\n+\t4 4\t4\t+ +\n4+\t+\t+\t4+4\t444\n4\t+\t4\t4\nS H S H SHSHS\tH\tS\nFig. 50. Energietabelle der ersten zwei Zeilen der Faust-Aufnahme.\nFig. 51. Energiekurve der ersten Zeile der Faust-Aufnahme.\nGrundgesetze.\nDie Grundgesetze des gesprochenen Verses k\u00f6nnen folgenderweise ausgedr\u00fcckt werden:\n1.\tDer gesprochene Vers besteht aus einem Strom von Energie der Luftbewegungen, welcher sich mit der Zeit fortlaufend \u00e4ndert.\n2.\tDie Energie\u00e4nderung ist periodisch, d. h. die Zentroide sind voneinander zeitlich ungef\u00e4hr gleichweit entfernt.\n3.\tDie Periodenl\u00e4nge \u00e4ndert sich mit dem Gedankeninhalte, dem Gem\u00fctszust\u00e4nde des Sprechenden, der Pers\u00f6nlichkeit usw. Solche \u00c4nderungen k\u00f6nnen als Mafs des betreffenden Zustandes benutzt werden.\n4.\tDie einzelnen Perioden schwanken um einen Mittelwert. Die durchschnittliche oder mittlere Schwankung (S. 51) dient auch als Mafs des betreffenden Zustandes.\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u. Gesang.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nSprachneurologie.\nLiteratur.\nScripture, Researches in experimental phonetics (first series), Stud. Yale Psych. Lab., 1899, VII, 1. \u2014 Elements of Experimental Phonetics, Appendix II, Yale University Press, 1902. \u2014 The nature of verse, Brit. Jour. Psychology, 1921, XI, 223. \u2014 The study of speech by new methods of phonetic investigation, Proc. Brit. Acad., 1923, XI, 1. \u2014 The physical nature of verse, Nature, 1924, CXIV, 534. \u2014 Das Wesen des Verses, Neuere Sprachen, 1925, 6. Beiheft, Festgabe Karl Luick, 82. \u2014 Analyse einer Aufnahme von Versen des Dichters von Schaukal, Festschrift Karl Meinhof, 1927.\nVI. Teil.\nSprachneurologie.\nAnwendung der graphischen Methode.\nDie Krankheiten des Nervensystems \u00e4ulsern sich oft \u2014 vielleicht immer \u2014 in St\u00f6rungen der Muskelt\u00e4tigkeit. Eine empfindliche Methode zur Erforschung dieser St\u00f6rungen ist in den Ver\u00e4nderungen der Sprache zu suchen. Die graphische Methode in der Sprachneurologie bezweckt die genaue Registrierung dieser St\u00f6rungen.\nDie ersten Untersuchungen auf diesem Gebiete wurden in der Vanderbilt Clinic in New York im Jahre 1908 von mir angestellt; sie wurden sp\u00e4ter in London fortgef\u00fchrt und 1925 nach Wien verlegt.\nEs werden alle Eigenschaften der Sprachat\u00f6me und Sprach-molek\u00fcle (S. 36) genau untersucht. Dauerkarten und Melodiekarten werden auf gestellt.\nParakinesis.\nPathologie der Sprachat\u00f6me.\nPathologische Ver\u00e4nderungen der f\u00fcnf Eigenschaften der Sprachat\u00f6me werden wie folgend bezeichnet und definiert:\n1. Parachronia: pathologische V er \u00e4nderung der Dauer ;\n\u201e\t\u201e\t,,\tSt\u00e4rke;\n,,\t,,\t\u201e\tTonh\u00f6he;\n\u00bb\t\u201e\t\u201e\tQualit\u00e4t;\n\u00bb\t\u201e\t,,\tGenauig-\nkeit.\n2.\tParapachia:\n3.\tParahypsia:\n4.\tParagenia:\n5.\tParaponia:","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Anwendung der graphischen Methode.\n83\nWenn alle f\u00fcnf Eigenschaften ver\u00e4ndert sind, kann man von Paratomia totalis: pathologische Ver\u00e4nderung s\u00e4mtlicher Eigenschaften der Sprachatome sprechen.\nPathologie der Sprachmolek\u00fcle.\nBei den Sprachmolek\u00fclen wird von f\u00fcnf verschiedenen Arten zu sprechen sein, n\u00e4mlich\n1.\tParachronodromia : pathologische Ver\u00e4nderung des Verlaufs der Dauer;\n2.\tParapachidromia: ebensolche der\tSt\u00e4rke;\n3.\tParahypsodromia:\t,,\t,,\tTonh\u00f6he;\n4.\tParagenodromia:\t,,\t,,\tQualit\u00e4t;\n5.\tParaponodromia:\t,,\t\u201e\tGenauigkeit.\nE\u00fcr den Verlauf der Tonh\u00f6he existiert schon der Ausdruck Melodie; es kann also Paramelodia statt Parahypsodromia gebraucht werden. Es mufs noch\n6.\tParakymia: pathologische Fluktuation\nhinzugef\u00fcgt werden. Wenn alle sechs Eigenschaften des Verlaufs ge\u00e4ndert sind, kann von\nParadromia totalis: pathologische Ver\u00e4nderungen aller sechs Eigenschaften des Verlaufs\ngesprochen werden. Da die Sprachmolek\u00fcle verschieden zusammengesetzt sind, kann auch eine\n7.\tParasynthesia: pathologische Zusammensetzung Vorkommen. Es befindet sich event, auch\n8.\tParasaphia: pathologische Typenfestigkeit.\nBeispiel der Parakinesis.\nEine Registrierung des Wortes Hippopotamus von einem Pall von infantiler zerebraler Diplegie ist in Eig. 52 wiedergegeben.\nDie Analyse zeigt starke Abnormit\u00e4ten aller Eigenschaften der Sprachatome. Das H ist zu stark und zu lang. Das erste p(pp) hat Schwingungen und keine Explosion. Das erste o wird am Ende\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nSprachneurologie.\n\u00fcberm\u00e4fsig stark. Das zweite p hat eine sehr lange geblasene Explosion, usw. Das Sclilufs-s ist Stimmhaft und enorm ausgedehnt. Die Dauerverh\u00e4ltnisse sind in Fig. 53, diejenigen des Tonh\u00f6henverlaufs in Fig. 54 gegeben. Die hochgehobene Linie in Fig. 52 zeigt \u00fcberall in einzelnen und im Verlauf eine abnorme St\u00e4rke. Die falsch geformten Laute zeigen im einzelnen und im\nFig. 52. Hippopotamus-Aufnahme bei zerebraler Kinderl\u00e4hmung.\nVerlauf verminderte Qualit\u00e4t. Die Ungenauigkeit ist in jeder Beziehung grofs.\nEs sind also Paratomia totalis und Paradromia totalis zu konstatieren. Die Molek\u00fcle sind aber korrekt zusammengesetzt. Es wurden die richtigen Atome f\u00fcr das gew\u00fcnschte Molek\u00fcl gebraucht; der Patient hat Hippopotamus und nicht etwa Hippopopamus oder Hitoppopamus gesagt. Eine Parasynthesia ist also nicht vorhanden.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Sprechdynamik.\n85\nSek\n1.218\nt\nKinetische Sprachgleichung.\nDas Ziel der Sprachneurologie ist in erster Linie, die pathologische Ver\u00e4nderung der Sprache genau festzustellen. Die Resultate k\u00f6nnen in Gleichungen ausgedr\u00fcckt werden, welche Definitionsgleichungen sind. Auf der linken Seite steht der zu bestimmende pathologische Zustand der Sprache, auf der rechten die Gesamtheit der gefundenen Eigent\u00fcmlichkeiten. Bei dem oben behandelten Fall von cerebraler Kinderl\u00e4hmung besteht die Gleichung:\n0.30 0-\n0.200- K\n0.1 00-\nParakinesis dipl. cer. tomia totalis dipl. cer. inf. totalis dipl. cer. inf.\ninf. = Para-+ Paradromia\nH ippopot amus\nFig. 53. Dauerkarte zu Fig. 52.\nSprechdynamik.\nDefinition.\nDie Sprechdynamik ist die Lehre von den k\u00f6rperlichen und psychischen Vorg\u00e4ngen bei der Erzeugung von Sprechbewegungen, Eine Aufz\u00e4hlung dieser Elemente w\u00fcrde fast die ganze Neurologie und Psychologie umfassen. Bei jeder Krankheit werden die pathologisch ver\u00e4nderten Elemente festgestellt.\nDynamische Sprechgleichung.\nDie dynamische Sprechgleichung soll die Zusammensetzung der gest\u00f6rten Kr\u00e4ftesummen beim Sprechen darstellen, bzw. die gest\u00f6rte Punktion als Summe der gest\u00f6rten Kr\u00e4fte angeben. Bei der zerebralen Kinderl\u00e4hmung z. B. besteht nur ein ver\u00e4nderter Tonus; die dynamische Sprechgleichung lautet also\nDysdynia dipl. cer. inf. = Dystonia dipl. cer. inf.\nBiologische Kraftgleichung.\nDie Grundprinzipien sind oben (S. 53) angef\u00fchrt. Als Beispiel aus der Pathologie sei folgendes angef\u00fchrt.\nBei der zerebralen Kinderl\u00e4hmung setzt sich die Dystonia aus","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"Fig. 54. Melodiekarte zu Fig. 52,\nO\nO\nN)\nO\nO\np\nO\n0\n01\no'\nO\nO\nbo\nO\no\nO\n(\neinem Antrieb zu richtigem Tonus (Eutonia), einem st\u00f6renden Einflufs (Antitonia) und einem Trieb zur Kor-rektur(Anatonia) zusammen. DieAnti-tonia ist in diesem Falle eine Hypertonia. Sie wirkt in demselben Sinn wie dieEutonia, ist also positiv zu nehmen. Die Korrektur, die Anatonia, ist gew\u00f6hnlich auch positiv ; der Patient korrigiert durch weitere Anstrengung. Es besteht also die biologische Kraftgleichung\nDystonia dipl. fcer. inf. = Eutonia dipl. cer. inf. + Antitonia dipl. cer. inf. + Anatonia dipl. cer. inf.\no\no\no\n\nTherapeutische Kraftgleichung.\nAus der biologischen Kraftgleichung kann ein wichtiger Schlufs in bezug auf die Therapie gezogen werden. Die ausgef\u00fchrten Bewegungen sind wegen der Hypertonia (Antitonia) bei dieser Krankheit abnorm stark. In den Muskelkontraktionen kann die Hypertonia nicht vermindert werden, wohl aber kann ein vermindertes Wollen der Bewegungen, also verminderte Eutonia und Anatonia, gelehrt werden. Die richtige Behandlung dieser F\u00e4lle besteht nicht in sorgf\u00e4ltigen \u00dcbungen im Sprechen, Gehen usw. Dies ist eine positive Anatonia und erzeugt kein gutes Resultat. Der Patient soll darin ge\u00fcbt werden, dafs er seine Bewegungen fortw\u00e4hrend weniger stark wollen soll, d. h. die Eutonia und die Antitonia sollen vermindert werden. Die therapeutische Sprachgleichung ist also\nTonia normalis = korrigierte Dystonia dipl. cer. inf. = (1\u2014a) Eutonia dipl.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Kausalgleichungen.\n87\ncer. inf. + Antitonia dipl. cer. inf. + (1\u2014\u00df) Anatonia c\u00fcpl. cer. inf.,\nwo a und, \u00df die Quantit\u00e4ten der Verminderung angeben sollen. Die sehr g\u00fcnstigen Erfolge dieser von der therapeutischen Kraft-gleichung hergeleiteten Heilmethode habe ich an anderer Stelle ver\u00f6ffentlichtx).\nKausalgleichungen.\nKinetisch-dynamische Kausalgleichung.\nDie kinetische Sprachgleichung stellt die pathologischen Befunde in den Luftbewegungen dar; die dynamische Sprechgleichung dr\u00fcckt das Resultat aller Befunde \u00fcber die k\u00f6rperlichen und geistigen Vorg\u00e4nge aus, welche die Ursachen der Elemente in der kinetischen Sprachgleichung sind. Es besteht also zwischen den zwei Gleichungen ein strenger Kausalzusammenhang, welcher durch eine Kausalgleichung auszudr\u00fccken ist. Dies kann folgender-mafsen dargestellt werden:\nKinesis Dynamis.\nWegen dieser allgemeinen Kausalgleichung besteht z. B. f\u00fcr die zerebrale Kinderl\u00e4hmung die spezielle Kausalgleichung\nParakinesis dipl. cer. inf. <- Dysdynia dipl. cer. inf.\nDie Ausdr\u00fccke links und rechts sind auszuf\u00fcllen. Nach den obigen Ausf\u00fchrungen (S. 85) ist die Kausalgleichung:\nParatomia totalis dipl. cer. inf. + Paradromia totalis dipl. cer. inf. <- Dystonia dipl. cer. inf.\nDie Wichtigkeit solcher Kausalgleichungen zeigt sich darin, dafs auf der linken Seite die ganze Summe der konstatierten Sprachst\u00f6rungen zu finden ist, w\u00e4hrend auf der rechten Seite die ganze Summe der Ursachen steht. Die ganze Bewegungspathologie wird dadurch ausgedr\u00fcckt. Um diese wichtige Tatsache klar im Auge zu behalten, kann die Kausalgleichung folgendermafsen geschrieben werden:\nb Inscriptions of speech in cerebral diplegia, with indications of a new method of treatment, Proc. Roy. Soc. Med., 1917, X (Children), 36. \u2014 Treatment of infantile cerebral diplegia, Brit. Med. Journ., 1917, I, 363.","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nSprachneurologie.\nParatomia totalis dipl. cer. inf. + Paradromia totalis dipl. cer. inf. + 0 <- Dystonia dipl. cer. inf. + 0.\nHier deutet die Null auf der linken Seite an, dafs bei dieser Krankheit gar keine weiteren pathologischen Erscheinungen in der Sprache vorhanden sind. Die Null auf der rechten Seite gibt an, dafs nur die angegebene Ursache der St\u00f6rung vorhanden ist.\nWie die Kausalgleichung f\u00fcr die zerebrale Kinderl\u00e4hmung ausdr\u00fcckt, entstehen alle Mifsverh\u00e4ltnisse der Sprache aus einer einzigen Quelle, der Dystonia. Der Verminderung der Dystonia soll also eine Verbesserung in allen Richtungen folgen. Die Erziehung zu einem verminderten Wollen gen\u00fcgt also zu einer Verbesserung des Sprechens. Eine Erziehung in genauem Sprechern ist kontraindiziert eben weil sie ein vergr\u00f6fsertes Wollen erzeugt. Mit der Erziehung zum Wenigerwollen stellt sich nicht nur eine vermindert spastische, sondern auch 'eine korrektere |Sprache['ein.\nSprachgleichungen aus verschiedenen Krankheitsgebieten.\nProgressive Bulb\u00e4rparalyse.\nEine Aufnahme von Hippopotamus von einem Mann A. N. von 65 Jahren mit ausgebildeten Symptomen ist in Fig. 55 wieder-\nFig. 55. Hippopotamus-Aufnahme bei progressiver Bulb\u00e4rparalyse.\n4\ngegeben. Sie f\u00e4ngt mit einer sehr starken und langen Ausstr\u00f6mungslinie an, welcher ein stark gehauchtes und gedehntes h entspricht. Darnach folgen starke Wellen mit einer grofsen Aus-","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachgleichungen aus verschiedenen Krankheitsgebieten.\n89\nSek.\n0 200\n0.100 -\nStr\u00f6mung \u00fcber einer langen Strecke; dies registriert ein lautes, stark gehauchtes, sehr langes i. F\u00fcr pp kommt weniger Luft heraus, aber eine Stille (Yerschlufs) wird nicht gemacht. Aufserdem dauern die Stimmschwingungen abnormalerweise fort. Der Vokal o zeigt Schwingungen, welche in ihrer Form etwas unregelm\u00e4fsig sind; es kommt wenig Luft heraus. F\u00fcr das p wird wirklich eine Stille (Verschlufs) gebildet ; die Stimmschwingungen sind aber vorhanden. Die folgenden Laute sind \u00e4hnlich gebildet, aber sie werden immer schw\u00e4cher. Die Stimmschwingungen setzten sich in s fort.\nAls erste Eigent\u00fcmlichkeit ist eine Verschwommenheit der Grenzen zwischen den Sprachatomen zu konstatieren. Zwischen i und pp oder pp und o kann von Grenzen kaum gesprochen werden. Mit fortschreitender Krankheit verschwinden die Grenzen vollkommen; die Sprache wird ein undeutliches Gemurmel.\nDie Dauerkarte ist inFig. 56gegeben; die Fragezeichen bedeuten, dafs die Grenzen der Atome nicht genau waren.\nDie Dauerwerte in Figur sind grofs geworden. Der Verlauf ist verlangsamt, aber\nweiter l\u00e4fst sich nichts bestimmtes sagen. Am Anfang ist das Wort \u00fcberm\u00e4fsig stark, aber es wird nachher sehr schwach. Ver\u00e4nderte St\u00e4rke und ver\u00e4nderter St\u00e4rkeverlauf sind also zu konstatieren.\nDie Melodiekarte, Fig. 57, zeigt einen h\u00f6heren Ton f\u00fcr den Anfang, aber im Vergleich zu der Normalaufnahme in Fig. 26 findet sich sonst nichts abnormes in dem allgemeinen Verlauf. Die grolse L\u00e4nge r\u00fchrt von der grofsen Dauer der Laute her. Der Mangel an L\u00fccken entsteht dadurch, dafs der Stimmton f\u00fcr die Konsonanten nicht unterbrochen wurde.\nDie Qualit\u00e4t ist stark ver\u00e4ndert. Die Vokale sind teilweise gehaucht. Die Formen der Wellen sind unregelm\u00e4fsig. Die Konsonanten enthalten falsche Eigenschaften.\nDie Genauigkeit ist, wie oben erkl\u00e4rt, sehr vermindert. Jede Eigenschaft der Sprachatome ist pathologisch geworden; es besteht also Paratomia totalis.\nEin Vergleich der Dauerkarte (Figur 56) mit einer normalen\nH i ppo p o t am u s'\nFig. 56. Dauerkarte zu Fig. 55.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"0 200\t0.400\t0.600\t0.000\t1 000\t1.200\t1.400\t1.500 Sek.\n90\nSprachneurologie.\nDauerkarte (Fig. 25) zeigt einen ver\u00e4nderten Verlauf der Dauer. Auch f\u00e4ngt das Wort \u00fcberm\u00e4fsig stark an und wird nachher sehr schwach; ein ver\u00e4nderter St\u00e4rkeverlauf ist auch vorhanden. Wegen des hohen Anfangstons ist der Melodieverlauf auch nicht normal. Der Verlauf der Qualit\u00e4t sowie auch der Genauigkeit ist auch ge\u00e4ndert. Es besteht also Paradromia totalis. Die kleinen Schwankungen der Melodie sind aber vorhanden; es ist also keine Parakymia vorhanden. Das Molek\u00fcl ist auch richtig zusammengesetzt; es besteht also keine Parasynthesia. Die kinetische Sprachgleichung ist\nParakinesis par. bulb. prog. = Paratomia totalis par. bulb. prog. + Paradromia totalis par. bulb. prog.\nDas Wesen dieser Krankheit ist eine Schw\u00e4che der motorischen Kerne. Die dynamische Sprechgleichung ist also\nDysdynia par. bulb. prog. = Dys-thenia par. bulb. prog.\nWie bei der Facialisparase und der Muskeldystrophie wird eine pathologische Stimmhaftigkeit bei Ver-schlufslauten konstatiert. Hier wie dort ist die Dysdynia vagi als Resultat der Dysthenia fac. erkl\u00e4rt. Die angegebene Sprechgleichung besteht also zu recht und die Kausalgleichung lautet:\nParatomia totalis par. bulb. prog. + Paradromia totalis par. bulb. prog. <\u2022\u2022 Dysthenia par. bulb. prog.\nFig. 57. Melodiekarte zu Fig. 55.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachgleichungen aus verschiedenen Krankheitsgebieten.\n91\nMultiple Sklerose.\nVerschiedene Registrierungen von a gesprochen und gesungen von einer Anzahl Patienten mit multipler Sklerose sind in Fig. 58 wiedergegeben. Sie alle zeigen zwei, drei oder mehr unregelm\u00e4lsige Wellen in der Vokalregistrierung. Mit Ausnahme von vereinzelten flakziden F\u00e4llen fehlt diese Erscheinung niemals bei der multiplen Sklerose. Eine so kurze Erscheinung kann man nicht h\u00f6ren. Sie ist aber immer vorhanden, obwohl man keine Sprachst\u00f6rung h\u00f6ren kann. Diese unregelm\u00e4fsigen Wellen k\u00f6nnen nicht willk\u00fcrlich erzeugt werden; die k\u00fcrzeste Willk\u00fcr be-wegung erfordert mehr Zeit. Sie r\u00fchren nicht etwa von einer Muskell\u00e4hmung oder einem schlotternden Aryknorpelgelenk ; solche St\u00f6rungen \u00e4ndern die Form der Wellen, aber nicht die L\u00e4nge. Diese Erscheinung kann als ein Fehler in der Tonh\u00f6he aufgefafst werden. Sie wird also als Parahypsia bezeichnet.\nDieMelodiekarte eines Satzes gibt Fig. 59. Paramelodia (Monotonie) und Parakymia (mangelhafte Fluktuation) werden konstatiert. Die pl\u00f6tzlichen \u00c4nderungen r\u00fchren von der Parahypsia her. In den Anfangsstadien wird die Monotonie vom Ohr nicht bemerkt.\nBeim Fortschreiten der Krankheit werden alle Sprachatome und die Verlaufseigenschaften der Sprachmolek\u00fcle gesch\u00e4digt. Es bestehen also Paratomia totalis und Paradromia totalis. Para-synthesia kommt nicht vor.\nUm die dynamische Sprachgleichung zu gewinnen, kann man von den zeitlich unregelm\u00e4fsigen Schwingungen ausgehen. Die Periode der Stimmbandschwingungen wird von der Spannung Mm. cricothyreodei und der Mm. vocales bestimmt. Sie bet\u00e4tigen sich dabei als Antagonisten. Um konstante oder sich \u00e4ndernde aber regelm\u00e4fsige Wellenl\u00e4ngen zu erzeugen, m\u00fcssen sie richtig koordiniert sein. Unregelm\u00e4fsigkeiten sind ein Beweis der Inkoor* dination. Wenn man Koordination als Taxia bezeichnet, sind diese unregelm\u00e4fsigen Wellen ein Beweis einer vorhandenen Dys-taxia. Melodiekurven wie in Fig. 59 mit Paramelodia und Parakymia kommen regelm\u00e4fsig bei hypertonischen Zust\u00e4nden vor. Hier liefern sie den Beweis einer Dystonia. Alle anderen St\u00f6rungen\nFig. 58. Vokalaufnahmen von F\u00e4llen mit multipler Skle-","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nSprachneurologie.\nlassen sich restlos als Resultate von Dystaxia und Dystonia erkl\u00e4ren.\nDie Kausalgleichung f\u00fcr das fr\u00fche Stadium der Sprachst\u00f6rung ist also\nParahypsia scier, mult. + Paramelodia scier, mult. + Para-kymia scier, mult, \u00abs- Dystaxia scier, mult. + Dystonia scier, mult.\nP\u00fcr das vorgeschrittenere Stadium der Sprachst\u00f6rung ist die Kausalgleichung\nParatomia totalis scier, mult. + Paradromia totalis scier, mult. <- Dystaxia scier, mult. + Dysdynia scier, mult.\nEine charakteristische Kurve von gesprochenem a bei einem vorgeschrittenen Eall zeigt Eig. 60. Der Vokal wird in kleinen St\u00fccken durch Stillestrecken getrennt herausgeschleudert. Dies l\u00e4fst sich durch den hohen Grad der Dystonie erkl\u00e4ren. Beim Ver-\nFrequenz\n\u2019d I i\n2.000\nFig. 59. Melodiekarte von einem Fall von multipler Sklerose.\nsuch zu sprechen werden alle Muskeln der Sprech- und Atmungsorgane so stark gespannt, dals nur Stille entsteht-. Dieses Resultat kann auf zweierlei Weise erkl\u00e4rt werden. Man kann annehmen, dai's der Willensimpuls zur Vokalbildung nur von Zeit zu Zeit momentan die Gegenkr\u00e4fte \u00fcberwinden kann. Oder man kann es als eine Art Intentionstremor betrachten. In diesem Fall aber kann die Inkoordination nicht aus falscher Zusammenwirkung von Agonisten, Antagonisten und Synergisten allein erkl\u00e4rt werden; es mufs eine h\u00f6here Koordination von s\u00e4mtlichen Sprech- und Atmungsmuskeln gest\u00f6rt werden.\nAllgemeine progressive Paralyse.\nIn den Sprachaufnahmen vom fr\u00fchesten Stadium dieser Krankheit findet man als einziges Merkmal eine Art Ungenauigkeit, welche nicht unregelm\u00e4fsig ist, sondern einem bestimmten System unterliegt.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachgleichungen aus verschiedenen Krankheitsgebieten.\t93\nIn Fig. 61 wird, ein St\u00fcck aus einer Registrierung von pa-pa-pa-.. . von einem Paralytiker wiedergegeben. Jedes einzelne pa allein betrachtet ist vollkommen normal. Die verschiedenen Beispiele unterscheiden sich aber etwas voneinander. In einem Falle ist die gerade Linie (Verschlufszeit der Lippen) ein wenig l\u00e4nger, in einem anderen ein wenig k\u00fcrzer usw. In einem Fall ist das Auf schnellen der Linie (Explosion) pl\u00f6tzlich, in einem anderen aber langsam, w\u00e4hrend es in einem dritten vollst\u00e4ndig fehlt. In dem einen Fall folgen die\nFig. 60. Aufnahme von a von einem vorgeschrittenen Fall von multipler\nSklerose.\nVokalschwingungen sofort auf der Explosion; in einem anderen wird die Explosion gehaucht; usw. Alle diese F\u00e4lle stellen Variet\u00e4ten von p dar. Jede solche Variet\u00e4t ist in irgendeiner Sprache oder in irgendeinem Dialekt vollkommen normal und es kann jede Variet\u00e4t von einer Normalperson hervorgebracht werden. Es wird z. B. ein Z\u00fcricher eine solche Reihe von p mit langer Ver-\nFig. 61. Aufnahme von pa-pa-pa von einem Fall von allgemeiner progressiver Paralyse.\nschlufszeit aussprechen. Ein Franzose wird sie alle ohne Explosion machen. Ein Skandinavier wird alle Explosionen stark hauchen. Es kann sich jeder Mensch die eine oder andere Sprechweise aneignen. Es kann aber kein Mensch die verschiedenen Sprechweisen zu gleicher Zeit gebrauchen; z. B. kann er nicht eine Reihe von pa-pa-pa-, . . so sprechen, dafs das erste p auf z\u00fcrichsche, das zweite p auf skandinavische, das dritte p auf franz\u00f6sische Art usw. hervorgebracht wird. Dies ist aber gerade das, was der Para-","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nSprach neurologie.\nlytiker macht. Er h\u00e4lt sich nicht an den gelernten Typus, sondern schwankt davon in allen Richtungen ab. Die typische Form eines jeden Lautes wird von dem Individuum angelernt und es kann sich nicht davon frei machen. Es wird nach der Regel seiner Umgebung aufgezogen und ist durch seine Ein\u00fcbung gezwungen, dem Mittelwert innerhalb der zul\u00e4ssigen Grenze treu zu bleiben. Diese h\u00f6chste Errungenschaft ist aber gerade dasjenige, was dem Paralytiker zuerst verloren geht.\nEs ist mir gelungen, diese Typentreue zahlenm\u00e4fsig zu bestimmen. Es werden z. B. die Verschlufszeiten f\u00fcr die Reihe pa-pa-pa-, . . gemessen. Das arithmetische Mittel davon wird berechnet. Der Unterschied zwischen jedem Einzelwert und dem Mittelwert wird berechnet ; diese sind die Einzelvariationen. Das Mittel der Einzelvariationen ist die Personalvariation des Betreffenden. Sie wird dann als Prozent des Mittelwertes ausgedr\u00fcckt. Ein Beispiel folgt.\n35\t9,6\n20\t5,4\n17\t8,4\n25\t0,4\n31\t5,6\n18\t7,4=\n20\t5,4\n31\t5,6\n35\t9,6\n27\t1,6\n20\t5,4\n11/279\t11/64,4\n25,4\t5,86\n5,86\n~25A\nBei einem Normalmenschen betr\u00e4gt die mittlere Personalvariation gew\u00f6hnlich 5% bis 15% des Mittelwertes. Bei einem Paralytiker betr\u00e4gt die mittlere Personalvariation 50 %, 100 %, 200% usw.\nDen Grad der Regelm\u00e4fsigkeit eines Lautes um seinen Mittelwert habe ich Saphia genannt. Wenn der normale Grad \u00fcberschritten wird, ist von Parasaphia zu sprechen. Solche Bestimmungen der Saphia habe ich regelm\u00e4fsig ben\u00fctzt, um den Fortschritt der Malariabehandlung dieser Krankheit zu kon-","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachgleichungen aus verschiedenen Krankheitsgebieten.\n95\ntrollieren. In dem Anfangsstadium dieser Krankheit ist die kinetische Sprachgleichung\nParakinesis all. prog. par. <- Parasaphia all. prog. par.\nDie n\u00e4chste Frage dreht sich um die dynamische Sprechgleichung. Um dieselbe zu gewinnen, mache ich die Annahme, dafs es in jedem Menschen eine Kraft gibt, welche ihn zwingt seine Aktivit\u00e4ten innerhalb einer gewissen Grenze um einen von ihm angelernten Mittelwert zu halten. In bezug auf die Sprache sowie auf die meisten seiner Handlungen ist dies eine soziale Kraft. Was eben bei einem Paralytiker zuerst verloren geht, ist gerade die h\u00f6chste, angelernte F\u00e4higkeit sich seinen sozialen Pflichten \u2014 unter welche eben auch das Richtigsprechen zu rechnen ist \u2014 zu gen\u00fcgen. Diese F\u00e4higkeit m\u00f6chte ich mit Deonthormia bezeichnen. Die dynamische Sprechgleichung f\u00fcr den Paralytiker \u2014 solange keine weiteren Erscheinungen vorhanden sind \u25a0\u2014 ist also\nDysdynia all. prog. par. = Dysdeonthormia all. prog. par. Als Kausalgleichung wird\nParasaphia <- Dysdeonthormia aufgestellt (vgl. S. 56).\nMit der vorschreitenden Krankheit kommen alle m\u00f6glichen Sprecheigent\u00fcmlichkeiten zum Vorschein. Wenn man es verstehen k\u00f6nnte, die verschiedenen Erscheinungen in den Sprachkurven kausal auf die betreffenden psychischen L\u00e4sionen der Kranken zur\u00fcckzuf\u00fchren, w\u00fcrde man in der Kausalgleichung ein vollst\u00e4ndiges Bild der Psychologie des Sprechens erhalten.\nEpilepsie.\nDie Sprachkurven der Epileptiker erscheinen dem Auge vollkommen normal. Nur nach Ausmessung der Wellen und Aufstellung der Melodiekarte bemerkt man etwas eigent\u00fcmliches, n\u00e4mlich das Fehlen der normalen Fluktuation. Mit den in Fig. 62 reproduzierten normalen Melodiekurven sind die epileptischen in Fig. 63 zu vergleichen. Das Merkmal der epileptischen Sprache ist also die Parakymia. Aus gewissen anderen Beobachtungen mit dem Ohr vermute ich eine regelm\u00e4fsige schlechte Qualit\u00e4t des Vokaltones, also eine Paragenia; da dies vorl\u00e4ufig nicht zu be-","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nSprachneurologie.\nweisen ist, werde ich die Betrachtung auf die Parakymia beschr\u00e4nken.\nDas Fehlen der Fluktuation kommt bei allen F\u00e4llen von Paramelodia z. B. bei spastischen Zust\u00e4nden usw. vor, aber Parakymia bei vollkommen normaler Melodie besteht nur bei Epilepsie. Sie ist also pathognomonisch f\u00fcr diese Krankheit. Die kinetische Sprachgleiehung ist also\nParakinesis ep. = Parakymia ep.\nDie hohe Bedeutung dieses Zeichens f\u00fcr die Diagnose ist offenbar. Ich betone besonders drei Punkte: 1. die Sprachdiagnose ist automatisch; sie wird durch Messungen von registrierten Wellen aufgestellt; eine Meinung von seiten des Arztes kommt niemals in Betracht; 2. die Parakymia ist streng pathognomonisch; sie\n200\n100\n0 100\t0.200 0.300 0.400 0.500 0600 0700 0.800 0900 l.OQO SZ\u00a3\n! d If\tket\tO 9 O\th\tO\tm<2\n0'---1----1---1----1___I___I____I___1____1___i___1----!---1---i--\n0.100\t0.200 0300 0.400 0.500 0.600 0.700 0-600 0.900 1:000 l.lOO 1.200\t1.300 \u00bb400 $5C-\nFig. 62. Normale Sprachmelodie'.\nkommt bei keiner anderen Krankheit vor und sie kann nicht nachgeahmt werden; 3. die Sprachdiagnosen zeigen, dafs ein grofser Prozentsatz der F\u00e4lle, welche jetzt als idiopathische Epilepsie diagnostiziert werden, nicht epileptisch sind.\nWie ich schon mehrmals ausgef\u00fchrt habe (Archiv f. Psychiatrie, 1924, LXXIII, 323 usw.), ist dies die einzige Methode, welche immer eine zuverl\u00e4ssige Diagnose in bezug auf Epilepsie gibt. In Fig. 64 ist die obere Linie die Melodiekarte eines Soldaten, welcher auf Grund von im Krieg erworbener Epilepsie Pensionierung verlangte. Die Melodiekarte beweist, dafs er Epileptiker war. Die untere Kurve r\u00fchrt von einem Soldaten mit \u201eAnf\u00e4llen\u201c, welcher um Entlassung suchte. Die Kurve zeigt, dafs er trotz den \u201eAnf\u00e4llen\u201c nicht Epileptiker war.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Grundgesetze der Sprachneurologie.\n97\nGrundgesetze der Sprachneurologie.\nDie drei Gesetze.\nDie bisherigen Untersuchungen haben zu der Ableitung einiger Gesetze der Sprachneurologie gef\u00fchrt.\nDas erste ist das Gesetz der Spezifit\u00e4t: Jede Nerven-l\u00e4sion, welche mit Spracherscheinungen begleitet wird, verursacht eine streng spezifische Art des Sprechens. Das umgekehrte mufs nat\u00fcrlich auch g\u00fcltig sein: eine gewisse Art des Sprechens entspricht einer und nur einer Nervenl\u00e4sion. Z. B. die multiple Sklerose liefert Sprachkurven einer eigent\u00fcmlichen Art, welche\n) d li ket o a \u00f4 h o\tme\nn i\ti i\td i l i i------------------1\u2014\n0.100 0.200 0.300 0 400 0.500 0.600 0.700 0.900 0900 SeC.\n30 0\n200\n100 -\nl(jli ket oaoh\to me\n0----1----1---1-------\u2018---1---1---1---1\u2014\no.ioo 0.200 o.3oo 0.400 0.500 0.600 o.7oo o.Qoo 0.900 sec.\nFig. 63. Epileptische Sprachmelodie.\nvon den Kurven aller anderen Krankheiten verschieden sind. Es folgt, dafs, wenn ein Patient eine solche Kurve liefert, er an multipler Sklerose leidet.\nDas zweite ist das Gesetz der Best\u00e4ndigkeit bei strukturellen L\u00e4sionen: Das von einer Nervenl\u00e4sion verursachte abnormale Sprechen kann konstant sein oder sich kontinuierlich positiv oder negativ \u00e4ndern; Unregelm\u00e4fsigkeiten oder Diskontinuit\u00e4ten kommen nicht vor. Die Sprache eines Sklerotikers z. B. kann konstant bleiben oder sich verbessern oder verschlimmern ; sie kann nicht pl\u00f6tzlich dauernd oder vor\u00fcbergehend normal sein.\nDas dritte ist das Gesetz der Unbest\u00e4ndigkeit bei\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u. Gesang.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nSpmchneurologie.\nfunktionellen St\u00f6rungen: Unregelm\u00e4fsigkeiten und Diskontinuit\u00e4ten in den pathologischen Erscheinungen der Sprache r\u00fchren von funktionellen und nicht von strukturellen Ver\u00e4nderungen der Nervent\u00e4tigkeit her. Beim Stottern \u00e4ndern sich die Sprachkurven von einem Fall zum n\u00e4chsten, zu verschiedenen Zeiten bei derselben Person usw. Aufserdem kann die Sprache eines Stotternden pl\u00f6tzlich zeitweilig vollkommen normal werden. Die Parakinesis des Stotterers ist also unregelm\u00e4fsig und diskontinuierlich. Nach diesem Gesetz ist diese Krankheit als funktionell und nicht als strukturell zu bezeichnen.\n200\n100\n0\n200\n100 -\n.0\n______^\t1\t\u00ab\tket\to\n0.100 0.200 0.300 0.400 0.500 0.600 0 700 0.800 0 900 1.000 1.100 1200 1.300 S8C.\nohome\n1.400 1.500 1.600 1.700 1.800 1.900 2.000 2.100 Sec.\nEin Soldat verlangt seine Pensionierung wegen Epilepsie.\n200\n100\nI \u2018d I i ket 0\nO.tOO 0.200 0.300 0.400 0 500 0.600 0.700 0 800 0.900 Sec.\nEin Soldat wird wegen Epilepsie pensioniert (Simulant!)\nFig. 64. Melodiekarten von angeblichen Epileptikern.\nAnwendung auf dielEpilepsiefrage.\nEs wird konstatiert, dafs der Epileptiker sich einer fluktuationslosen Melodie der Sprache bedient. Es ist aber mit grofser Leichtigkeit m\u00f6glich, den Epileptiker zum freundlichen Sprechen aufzumuntern, wobei die Sprache normal wird. Nach ein paar Minuten vergifst er sich daran zu besinnen und spricht wieder epileptisch. Das sprachliche Merkmal der Epilepsie \u2014 die Eluk-tuationslosigkeit der Melodie, die Parakymia \u2014 hat der Patient w\u00e4hrend einiger Minuten vollkommen verloren. Die Abnormalit\u00e4t","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Grundgesetze der Sprachneurologie.\n99\nist also nicht best\u00e4ndig. Nach dem zweiten Grundgesetz kann die Epilepsie daher nicht als eine Nervenl\u00e4sion angesehen werden. Viel eher muls man glauben, dais das Nervensystem intakt ist. Nach dem dritten Grundgesetz beweist die Unbest\u00e4ndigkeit, dafs die epileptische Parakymia nicht auf einer Nervenl\u00e4sion, sondern auf einer funktionellen St\u00f6rung ruht.\nAuf Grund der Sprachkurven und der klinischen Erfahrung bin ich zu demselben Schlufs wie L. Piekce Clark gekommen, n\u00e4mlich, dafs die Epilepsie in einer konstitutionellen Veranlagung besteht, deren \u00e4ufseres Wesen in einem Widerstand gegen die Anpassung an die Umgebung liegt. Die Anf\u00e4lle sind nur Symptome einer zugrunde liegenden Abnormit\u00e4t ; sie sind also nur als Resultate, nicht als die Krankheit selbst aufzufassen. Den konstitutionellen Mangel an Anpassungsf\u00e4higkeit nenne ich Dysharmottia. Es besteht also die Kausalgleichung\nParakymia ep. <- Dysharmottia ep.\nVorl\u00e4ufig kann man den Begriff Dysharmottia nicht durch einen weiteren Kausalbegriff ersetzen.\nWenn diese Kausalgleichung zu Recht besteht \u2014 d. h. wenn die Ansicht von L. Pierce Clark und mir \u00fcber das Wesen der Epilepsie richtig ist \u2014 kann man wichtige therapeutische Schlufs-folgerungen ziehen.\nErstens ist die Unterdr\u00fcckung der Anf\u00e4lle durch Brom, Luminal usw. keine Behandlung der Krankheit selbst. Der Epileptiker wird durch die Anf\u00e4lle weniger gest\u00f6rt, aber er bleibt ebenso epileptisch wie vorher.\nZweitens soll die Behandlung in erster Linie auf die Beseitigung bzw. die Verbesserung der Dysharmottia gerichtet werden. Dabei kann man symptomatisch verfahren, wie L. Pierce Clark, der durch Erziehung zur Anpassungsf\u00e4higkeit ausgezeichnete Resultate erzielt hat. Die Kausalbehandlung wird sich nach den zugrunde gelegten Anschauungen \u00fcber das Wesen der Krankheit richten. Je nachdem wird man intestinale Autoint\u00f6xikation bek\u00e4mpfen, Dr\u00fcsensubstanz verabreichen oder Psychanalyse anwenden.\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nSprachneurologie.\nSprachkurven und Spracbgleichungen als diagnostische\nHilfsmittel.\nDiagnostische Sammlung.\nDie Hauptaufgabe der Sprachneurologie ist gegenw\u00e4rtig das Gewinnen von Sprachkurven von allen in Betracht kommenden Krankheiten und das Ausarbeiten der Sprach- und Sprechgleichungen. Es sind dazu n\u00f6tig die genauesten Apparate, die feinsten Mefsmethoden, viele neue Begriffsbestimmungen und endlose Arbeit.\nBei der praktischen Verwendung wird eine Kurve von einem zu diagnostizierenden Fall gemacht. Diese Kurve wird mit den Kurven der Sammlung verglichen. Bei einigen Krankheiten, z. B. multipler Sklerose, wird durch blofsen Anblick der Kurven festgestellt, ob der Patient an gewissen Krankheiten leidet oder nicht. Bei anderen Krankheiten, z. B. allgemeiner progressiver Paralyse, gen\u00fcgt es, einfache Messungen auszuf\u00fchren. Bei noch anderen, z. B. Epilepsie, m\u00fcssen Melodiekurven usw. ausgearbeitet werden. F\u00fcr noch andere sind die Sprachgleichungen festzustellen.\nIn jedem Falle ist die ganze Prozedur automatisch und von einer Meinung unabh\u00e4ngig. Die Sprachregistrierungen und auch die Ausrechnungen k\u00f6nnen von einem ge\u00fcbten Assistenten gemacht werden. Der Vergleich der Kurven, der Ausrechnungen und der Sprachgleichungen wird der Arzt selbst gew\u00f6hnlich machen wollen.\nErstes Beispiel.\nDie in Fig. 65 reproduzierten Kurven k\u00f6nnen als Beispiel f\u00fcr unmittelbare Sprachdiagnosen benutzt werden. Eine Kurve mit gedehnten und \u00fcberm\u00e4fsig stark gesprochenen Lauten kommt nur bei spastischen Zust\u00e4nden vor. Kurven mit richtig gebildeten Lauten, welche abnormalerweise wiederholt werden \u2014 wie in der zweiten Linie \u2014 kommen nur bei Aphasie zustande. Die Kurve f\u00fcr progressive Bulb\u00e4rparalyse ist typisch (oben S. 88). Die Kurve in der vierten Linie r\u00fchrt von einem Fall von infantiler zerebralen Diplegie her. Ob andere spastische Zust\u00e4nde \u00e4hnliche Kurven liefern, ist noch nicht festgestellt worden. Die Kurven beim Stottern sind unbest\u00e4ndig und \u00e4hneln keinen anderen Kurven.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Sprachkurven und Sprachgleichungen als diagnostische Hilfsmittel. 101\nZweites Beispiel.\nEs wird eine Sprachregistrierung von jemandem mit der Angabe erhalten, dafs sie mittelst zuverl\u00e4ssigen und bekannten Apparaten gemacht worden ist. Die Atomanalyse zeigt gar nichts abnormes. Die Molek\u00fclanalyse ergibt nur eine einzige Abnormit\u00e4t, n\u00e4mlich, verminderte Fluktuation der Melodie, also\nnormale Sprache\nmolorische Aphasie\nP 3\nprogressive Bulb\u00e4rparalyt\nzerebrale Dipfegie\nStottern\nStottern\nFig. 65. Aufnahmen bei verschiedenen Krankheiten.\nParakinesis = Parakymia.\nVerminderte Fluktuation kommt bei mehr oder minder monotoniger Melodie immer vor, aber Parakymia bei vollkommen normaler Melodie ist nur bei der Epilepsie zu finden. Die Diagnose lautet daher: Eilepsie.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nSprachneurologie.\nDrittes Beispiel.\nEs wird eine Sprachregistrierung erhalten, welche am Anfang oder am Schlufs eines Vokals ein oder zwei eigent\u00fcmlich unregel-m\u00e4fsige lange Wellen zeigt. Es ist also eine eigent\u00fcmlich ver\u00e4nderte Tonh\u00f6he \u2014 eine Parahypsia \u2014 vorhanden. Die Wellenmessungen ergeben eine Monotonie, also Paramelodia und Para-kymia. Die Sprachgleichung lautet also\nParakinesis = Parahypsia + Paramelodia -f jParakymia.\nNach den schon gesammelten Kurven kommt eine solche Sprachgleichung nur bei der multiplen Sklerose vor.\nLiteratur.\nScripture, The epileptic voice sign (with L. Pierce Clark), New York Med. Record, 1908, LNXIV, 752. \u2014 Records of speech in disseminated sclerosis, Brain, 1916, XXXIX, 455. \u2014 Records of speech in general paralysis, Quarterly Jour. Med., 1916-17, X, 20. \u2014 Inscriptions of speech in cerebral diplegia, with indications of a new method of treatment, Proc. Roy. Soc. Med., 1917, X (Dis. Child.), 36. \u2014 Treatment of infantile cerebral diplegia, Brit. Med. Jour., 1917, I, 363. \u2014 The nature of epilepsy, Proc. Roy. Soc. Med., 1920, XIII (Psychiat), 18. \u2014 Speech inscriptions in progressive bulbar paralysis, Rev. Neurol. Psychiat., 1919, XVII, 79. \u2014 Ataxia, asaphia and apraxia in speech, Jourl. Neurol. Psychopath., 1920, 124. \u2014 Differential diagnosis of nervous diseases by speech inscriptions, Vox, 1921, XXXI, 16. \u2014 The epileptic voice, ebenda, 1921, XXXI, 70. \u2014 La parole epileptique, Jour, de Psychol., 1921, VIII, 724. \u2014 The treatment of general paralysis by malaria and the use of speech inscriptions for early diagnosis, Jour. Ment. Science, 1923, LXIX, 77. \u2014 Sprachkurven bei multipler Sklerose, allgemeiner Paralyse und Epilepsie, Wien. med. Woch., 1923, LXXIII, 1703. \u2014 Three biological principles observed in speech inscriptions, Nature, 1924, LXXII, 108. \u2014 Die epileptische Sprachmelodie, Arch. f. Psychiat., 1924, LXXII, 323. \u2014 Grundbegriffe der Sprachneurologie, Arch. f. Psychiat., 1926, LXXVII, 573. \u2014 Neurologie des Stotterns, 1926, LXXIX, 224. \u2014 Schilling, Experimentalphonetische Untersuchungen bei Erkrankungen des extrapyramidalen Systems, Arch, f. Psychiat., 1925, LXXV, 419.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Die sprachliche Entwicklung des kongenitaltaubm Kindes. 103\nVII. Teil.\nTaubstummenunterricht.\nDie sprachliche Entwicklung des kongenitaltauben Kindes.\nDie Sprechorgane des tauben Kindes.\nDie Sprechorgane \u2014 Lippen, Zunge, weicher Gaumen, Kehlkopf, Atmungsmuskeln usw. \u2014 des kongenitaltauben Kindes sind vollkommen normal. Auch die Nervenzentren in R\u00fcckenmark, Kleinhirn und Grofshirn besitzen ihre Nervenzellen und Nervenfasern in vollkommen normaler Ausbildung. Es fehlt nur der psychische Antrieb zur Benutzung derjenigen Zentren, welche die Sprechbewegungen erzeugen. Der Antrieb fehlt, weil das Kind nicht weifs, was es machen soll. Wenn es das nur w\u00fcfste, k\u00f6nnte es vollkommen normal sprechen.\nDie Methoden des Sprechenlernens.\nDas h\u00f6rende Kind lernt das Sprechen haupts\u00e4chlich durch das H\u00f6ren und nebens\u00e4chlich durch das Gesicht. Es lernt aus eigenem Antrieb und bedarf keines Unterrichts. Dem kongenitaltauben Kind steht nur das Gesicht zur Verf\u00fcgung ; es lernt nie aus eigenem Antrieb. Um es zum Sprechen zu bringen, mufs der fehlende H\u00f6rantrieb durch einen Unterrichtsantrieb ersetzt werden.\nDie jetzt im Gebrauch befindliche Methode benutzt das Gesicht und das Tasten, um dem Kinde Kenntnisse \u00fcber das Sprechen beizubringen. Die Resultate sind grofsartig, aber das Sprechen ist nicht normal. Der Stimmton hat nie die richtige Qualit\u00e4t. Er ist gehaucht oder geprefst, zu laut oder zu leise, zu hoch oder zu tief usw. Immer ist er monoton; die Melodie des Sprechens fehlt ganz. Die einzelnen Laute haben selten die richtige Dauer und kaum jemals die richtige Form. Durch den Unterricht hat das Kind eine Art Sprache gelernt, welche nicht die normale ist.\nPr\u00fcfung, Korrektur und Erg\u00e4nzung.\nIch mache jetzt drei Vorschl\u00e4ge. Erstens soll das Sprechen des Kindes von Zeit zu Zeit genau gepr\u00fcft werden. Damit h\u00e4ngt zusammen, dafs gleichzeitig die Unterrichtsmethode auch gepr\u00fcft","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nTaubstummenunterricht.\nwird. Zweitens soll das Sprechen des Kindes durch geeignete verbesserte Methoden korrigiert werden. Drittens soll der Unterricht nach den jetzigen Methoden durch eine neue Methode erg\u00e4nzt werden.\nPr\u00fcfung und Korrektur.\nAnwendung der graphischen Methode.\nSchon im Jahre 1913 habe ich gezeigt, wie die graphische Methode zur Pr\u00fcfung und Korrektur der Aussprache der taubstummen Kinder angewandt werden kann (Volta Review, 1913, XV, 140).\nDas Kind wird aufgefordert in den Apparat hineinzusprechen. Gleich nachher spricht der Lehrer dasselbe Wort auch hinein. Das Kind wird auf die Verschiedenheit der beiden Aufnahmen aufmerksam gemacht. Dann macht das Kind einen zweiten Versuch usw. Die taubstummen Kinder begreifen diese Kurven mit erstaunlicher Leichtigkeit \u2014 oft sogar besser als mancher H\u00f6rende. Ich f\u00fchre jetzt einige Beispiele der Anwendung dieser Methode an.\nEin deutsches Beispiel.\nDie erste Kurve in Fig. 66 ist die Registrierung des Wortes Vater von einem normal Sprechenden, Herrn B.,Direktor der staatlichen Taubstummenanstalt inWien. Die Linie hebt sich zuerst leise und dann pl\u00f6tzlich. Dies ist die Registrierung des Luftaustrittes f\u00fcr das V. Eine solche Kurve bekommt man, wenn man die Lippe ziemlich fest an die Z\u00e4hne prefst und dann pl\u00f6tzlich wegnimmt. Der Laut ist in diesem Falle ein enger Hauchlaut mit Explosion. Eine solche Art der Aussprache des V wird regelm\u00e4fsig bei genauer Aussprache benutzt. Nach der Hebung senkt sich die Linie nur allm\u00e4hlich. Dies ist der Registrierung des Nachhauches der Explosion. Die nachfolgenden Wellen registrieren den Vokal a. Das Niedrigbleiben der Wellenlinie ist ein Zeichen eines klaren Vokales ohne Hauchmischung. Als Vorbereitung f\u00fcr den folgenden Konsonanten hebt sich die Vokallinie etwas; diese Hebung findet man regelm\u00e4fsig bei dem Versuche deutlich zu sprechen. Danach senkt sich die Linie bis auf Null f\u00fcr die Implosion des t. W\u00e4hrend der Verschlufszeit des t bleibt die Linie auf Null. Die Explosion","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Pr\u00fcfung und Korrektur.\n105\ndes t ist schwach. Danach folgen die Wellen des Vokales er mit einem kleinen Hauch am Ende.\nDie horizontale Wellenl\u00e4nge am Anfang des a ist kurz; sie wird im Laufe des a allm\u00e4hlich gr\u00f6fser, d. h. die Tonh\u00f6he der Stimme senkt sich w\u00e4hrend des a. Im Vokal er ist die L\u00e4nge noch gr\u00f6fser; die Tonh\u00f6he ist also niedriger.\nFig. 66. Aufnahme von Vater, normal und von zwei kongenital tauben\nKindern.\nDie zweite Kurve in Fig. 66 ist die Registrierung desselben Wortes von einem kongenital taubstummen Knaben S. Das V ist sehr schwach und ziemlich kurz. Die kleinen Wellen registrieren den hohen Stimmton des Vokals a. Das t ist ungef\u00e4hr normal gemacht. Danach folgen die Wellen f\u00fcr den Vokal e. Am Ende steht ein gerolltes r, welches sich in einen sehr langen Hauch","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nTaubstummenunterricht.\nausdehnt. Ein Vergleich zwischen den beiden Figuren zeigt, dafs der Knabe die richtigen Zeitverh\u00e4ltnisse der Laute gebraucht, ausgenommen das irrt\u00fcmlich falsch hinzugef\u00fcgte r. Wenn er lernen k\u00f6nnte, das r fortzulassen, w\u00e4re die Aussprache als ganz normal zu bezeichnen. Der Knabe, welcher diese Aufnahme lieferte, war nach der Methode des Sprachganzen unterrichtet worden. Nach dieser Methode bekommen bekanntlich die Kinder keinen Unterricht \u00fcber einzelne Laute; es werden ihnen Phrasen und S\u00e4tze vorgesprochen, welche sie nachahmen sollen. Mit Ausnahme des \u00fcbersch\u00fcssigen r ist die Aussprache hier als ganz normal zu bezeichnen. Das Kind, welches die letzte Kurve in Eig. 66 lieferte, war nach der gew\u00f6hnlichen Einzellautmethode unterrichtet worden. Man braucht sich nicht dar\u00fcber zu \u00e4ufsern.\nFig. 67. Korrekturaufnahmen von potato.\nEin englisches Beispiel.\nDie oberste Kurve in Eig. 67 zeigt eine Aufnahme von potato, normal gesprochen. Sie beginnt mit einer geraden Linie \u2014 dem Verschlufs des p entsprechend \u2014, d. h. der Zeit, w\u00e4hrend der der Atem durch den Verschlufs der Lippen aufgehalten wird. Die pl\u00f6tzliche Aufw\u00e4rtshewegung der Linie entspricht der Explosion des p, wenn die Lippen ge\u00f6ffnet werden. Die Explosion ist so kr\u00e4ftig, dafs der Hebel mehrere grofse Schwingungen macht, bevor er zur Ruhe kommt. Die kleinen Wellen sind die Registrierungen der Schwingungen des Vokals o. Diese werden pl\u00f6tzlich abgebrochen und die Linie f\u00e4llt f\u00fcr den Verschlufs des t. Das t zeigt eine Explosion, aber sie ist nicht so stark oder heftig wie die des p. Die kleinen Wellen, die nun folgen, sind die Registrierung","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Die Gesichtalleinmethode.\n107\ndes Vokals a. Das zweite t zeigt einen etwas k\u00fcrzeren Verschluls und eine etwas heftigere Explosion als das erste t. Das Wort endigt mit den Schwingungen des Vokals o. In der Abbildung ist die Bezeichnung mit Buchstaben nach dem internationalen phonetischen Alphabet vorgenommen worden; der Laut des zweiten Vokals ist durch e bezeichnet worden.\nDie zweite Kurve der Fig. 67 zeigt eine Aufnahme desselben Wortes gesprochen von C. F. (15 Jahre alt, vollkommen taub seit seinem 7. Lebensjahr, m\u00fcndliche Unterweisung seit 8 Jahren). Wir bemerken vor allem, dafs das Wort viel zu langsam gesprochen wurde. Wenn wir einen Mafsstab oder eine Skala an den letzten Vokal o anlegen, so finden wir, dafs er zweimal l\u00e4nger ist, als er sein sollte. Diese letzte Tatsache wurde C. F. erkl\u00e4rt, worauf er die Aufnahme machte, die in der dritten Zeile der Abbildung gezeigt wird. Im Bestreben seine Verlangsamung zu verbessern, machte er die Vokale sogar ein wenig k\u00fcrzer als die normalen. Ein Vergleich zwischen der dritten und der zweiten Zeile zeigt, dafs die Explosionen des p und der zwei t rascher und klarer gemacht wurden, anstatt gehaucht wie in Linie zwei.\nDie Gesichtalleinmethode.\nDie zugrunde zu legenden Erw\u00e4gungen.\nMan soll eine Reihe von Tatsachen in Betracht ziehen. Erstens, das kongenitaltaube Kind ist f\u00e4hig, vollkommen normal und tadellos zu sprechen; nur weifs es nicht was es machen soll. Zweitens, was er durch Gesicht und Tasten lernt, ist nicht ein normales Sprechen sondern ein abnormales. Drittens, das Mangelhafte an dem Sprechen entsteht aus den beschr\u00e4nkten M\u00f6glichkeiten der Methode. Viertens, das Verzerrte an dem Sprechen entsteht aus den durch das Tasten erzeugten falschen Begriffen.\nDas Prinzip einer neuen Methode.\nDie neue Methode soll 1. bessere Gesichtsbegriffe beibringen und 2. das Tasten ganz und gar vermeiden. Dies l\u00e4fst sich durch die Einf\u00fchrung besonderer f\u00fcr den Taubstummenunterricht entwickelten Methoden erreichen.\nAusbildung der Sprechf\u00e4higkeit.\nZur Ausbildung der Sprechf\u00e4higkeit kann die graphische Methode angewandt werden. Die Registriertrommel mit dem Sprach-","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\tTaubstummenunterricht. \u2014 Die Gesichtalleinmethode.\nZeichner wird wie in Figur 10 auf gestellt. Der Lehrer spricht etwas hinein, zum Beispiel pa-pa-pa-, . dann \u00fcberreicht er dem Kind das Mundst\u00fcck ohne irgendwelche Andeutung, was das Kind machen soll. Man l\u00e4fst das Kind ruhig machen, was es will. Das Kind sieht die Registrierung vom Lehrer und auch die Registrierung seiner Versuche. Ganz ohne Eile oder \u00c4ngstlichkeit l\u00e4fst man das Kind hunderte Male den Versuch wiederholen, bis endlich eine \u00c4hnlichkeit seiner Registrierung mit derjenigen des Lehrers zustande kommt.\nAllm\u00e4hlich begreift das Kind, dafs ein Hauch als eine Linie registriert wird ; dafs um eine grade Linie auf Null zu erzeugen, es einen Verschlufs bilden mufs; dafs um Wellen zu erzeugen, es seine Stimme gebrauchen mufs usw.\nBei der Verwendung dieser Methode mufs man das Prinzip der Benutzung des Gesichts allein ohne das Tasten anwenden. Das Kind soll seine Kurven und die normalen Kurven vergleichen und seine Versuche immer wiederholen, bis es das Richtige trifft. Wenn es aber an das, was es schon mittelst des Tastens gelernt hat, gemahnt wird, bringt es seine neuen Erfahrungen in Verbindung mit der Vergangenheit und spricht falsch.\nZeit der Anwendung.\nVon grofser Bedeutung ist es, diese Methode m\u00f6glichst am Anfang des Sprechunterrichts anzuwenden, damit die Kinder die richtige Stimmf\u00fchrung und die richtige Aussprache von Anfang an lernen. Es ist viel besser eine fehlerfreie Aussprache zu vermeiden, als eine solche sp\u00e4ter korrigieren zu m\u00fcssen.\nDieser Gedanke ist vorl\u00e4ufig nicht ausf\u00fchrbar. Die neue Methode soll neben den schon im Gebrauch befindlichen eingef\u00fchrt werden. Das Kind lernt eine neue Art des Sprechens neben dem anderen Unterricht. Man \u00fcberl\u00e4fst es vollkommen dem Kinde, auf welche Weise es sprechen m\u00f6chte. Die neue Methode erzeugt aber vollkommen leichte normale Bewegungen, welche nicht nur keine Anstrengung oder \u00c4ngstlichkeit mit sich bringen, sondern welche mit der normalen Freude am Sprechen verbunden sind. Wegen der Leichtigkeit wird das Kind von selbst immer mehr das neue statt das alte ben\u00fctzen.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"109\nGesangslehre. \u2014 Die Atembewegungen beim Gesang.\nLiteratur.\nScrip tube, The voices of the deaf: graphic records of speech, Volta Review, 1913, XV, 141. \u2014 The voices of the deaf: nasality, Volta Review, 1913, XV, 269. \u2014 Die Anwendung der graphischen Methode auf den Taubstummenunterricht, Zeitschr. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenheilk., 1927, XIX, 27.\nVIII. Teil.\nGesangslehre.\nDie Atembewegungen beim Gesang.\nBrust- und, Bauchatmung.\nDer Brustraum wird durch Hebung der Rippen und durch Herunterschieben der Leber, des Magens und anderer Eingeweide vergr\u00f6fsert. Dies wird durch Kontraktion der Rippenheber, des Diaphragmas und anderen Muskeln zustandegebracht. Der Brustkorb wird dadurch in L\u00e4nge und Querschnitt vergr\u00f6lsert und Luft wird inspiriert. Diese Muskeln wirken gegen ihre Antagonisten: die Rippensenker und die Bauchmuskeln. Bei Ver-gr\u00f6fserung des Brustraumes kontrahieren sich Rippenheber und Diaphragma, w\u00e4hrend die Rippensenker und die Bauchmuskeln nachlassen. Bei Verkleinerung des Brustraumes kontrahieren sich die Rippensenker und die Bauchmuskeln, w\u00e4hrend die Rippenheber und das Diaphragma nachlassen. Das Zusammenwirken und das Gegenwirken dieser Muskeln werden von dem Nervensystem und den psychischen Gewohnheiten kontrolliert.\nDie Vergr\u00f6fserung und Verkleinerung des Brustraums k\u00f6nnen auf verschiedene Weise bewerkstelligt werden. Wenn die Bauchmuskeln fest und unnachgiebig gehalten werden, kann der Boden des Brustraums sich nicht senken; es wird dann die ganze Arbeit auf die Rippenheber \u00fcbertragen. Hierbei arbeitet das \u00fcber die unnachgiebigen Eingeweide gespannte Diaphragma auch als Rippenheber. Der Brustraum wird erweitert und nach oben verl\u00e4ngert. Diese Art des Atmens wird als Brustatmung bezeichnet. Es k\u00f6nnen aber die Rippenmuskeln ziemlich unbeweglich gehalten werden, w\u00e4hrend die Atmungsarbeit haupts\u00e4chlich durch das Diaphragma und die Bauchmuskeln geleistet wird. Dabei wird der Brustraum durch Verl\u00e4ngerung vergr\u00f6fsert. Diese ist die sog. Bauchatmung.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nGesangslehre.\nRegistrierungen.\nDie Aufnahme in Fig. 68 ist von einem Wiener Bariton. Die Skala rechts oben ist in F\u00fcnftelsekunden angegeben. Die Inspirationsbewegungen sind gleichzeitig und stark. Bei der Ausatmung arbeiten Brust- und Bauchmuskeln fast immer in demselben Sinn.\nFig. 68. Atmungskurven von einem Bariton.\nFig. 69.\nAtmungskurven von einem Sopran.\nIn starkem Kontrast hierzu stehen die Kurven eines Sch\u00fclers dieses Herrn, welche oben auf S. 10 wiedergegeben sind.\nIn der Registrierung von einer Wiener Sopranistin (Fig. 69) w\u00e4hrend des Gebets der Tosca (Nur die Sch\u00f6nheit...) zeigt die konstante Bauchlinie, dafs die Bauchmuskeln an der Herstellung des Luftstromes keinen Anteil nehmen. Die ganze Atmungsarbeit wird von den Rippenmuskeln geleistet. Dagegen zeigen die kleinen\nFig. 70. Atmungskurven von einer Koloraturs\u00e4ngerin.\nBewegungen, dafs die Bauchmuskeln bei den Ausdrucksbewegungen sich bet\u00e4tigen.\nDie Registrierung in Fig. 70 r\u00fchrt von einer Wiener Koloraturs\u00e4ngerin her. Die Brustbewegung ist die ausgiebigste. Brust-und Bauchbewegungen laufen nicht parallel. Nach jeder Ein-","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Mundaufnahmen.\nIll\natmung wird der Luftstrom beim Ausatmen am meisten durch eine Bauchbewegung bewerkstelligt; mit der Brustbewegung wird ver-h\u00e4ltnism\u00e4fsig sparsam verwaltet. Es kommt gelegentlich vor, dafs eine starke Einziehung des Bauches mit einer gleichzeitigen Ausdehnung der Brust zusammenf\u00e4llt, wobei die Ausatmung doch fortdauert, z. B. an der Stelle links von der Mitte in der Figur. Bei der Koloratur greifen die zwei Bewegungsarten in merkw\u00fcrdiger Weise ineinander. Die kleinen Wellen in den Kurven haben eine Frequenz von 7 bis 8 pro Sekunde. Sie r\u00fchren nicht von dem Stimmton, welcher hier eine Frequenz von \u00fcber 1000 hat, her, auch nicht vom Pulsschlag mit einer Frequenz von etwa mehr als 1 pro Sek. Die Wellen sind oft gruppiert. Solche Wellen finden sich immer in genauen Atmungskurven. Sie h\u00e4ngen wahrscheinlich von den Lauten ab.\nAuf Grund solcher Registrierungen kann folgendes festgestellt werden :\n1.\tBrust- und Bauchmuskeln k\u00f6nnen zusammen arbeiten und k\u00f6nnen sich gegenseitig unterst\u00fctzen und kompensieren beim Ausatmen.\n2.\tDie Brustmuskeln k\u00f6nnen ganz allein die Atmung \u00fcbernehmen.\n3.\tBrust- und Bauchmuskeln versorgen nicht nur das Atmen, sondern nehmen auch Anteil an der Sprachbildung.\nMundaufnahmen.\nEine bei canto-Aufnahme von einem Sch\u00fcler Garcias.\nHerman Klein, geb. 1856 zu Norwich in England, stammte aus einer urspr\u00fcnglich deutschen Familie. In 1875 nahm Manuel Garcia seinen Aufenthalt bei dem Vater Kleins in London. Garcia war damals in seinem 70. und Klein in seinem 19. Lebensjahr. W\u00e4hrend vier Jahren genofs Klein ununterbrochen Unterricht bei Garcia. Noch w\u00e4hrend weiterer sechs Jahre seines Zusammenwohnens mit Kleins Familie hatte letzterer fortw\u00e4hrend Gelegenheit, Garcias Methoden zu beobachten.\nDie von Garcia vertretene Kunst des bei canto ist eine \u00dcberlieferung der Lehre Mozarts. Der erste Manuel Garcia hat sich als Komponist, S\u00e4nger und Dirigent schon w\u00e4hrend Mozarts Lebenszeit Ruhm erworben und ist als Repr\u00e4sentant der Schule","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nGesangslehre.\nMozarts anzusehen. Sein Sohn, der ber\u00fchmte Gesangslehrer, hat die MozARTsche Lehre fortgef\u00fchrt.\nVerschiedene Ges\u00e4nge wurden von Herman Klein in den\n-V ~.wv vw'VW'WWWWYyWWWWYWVYVWYWWWWWY^ V',WWYVYWV*r/YV^/WVAWVA\\WWV\u2018vWA\"//V'Ml'.\"AV////.W/ .V AAA AA V \u2018.W\n'''AAA^Ml^AM^^AA^^^AAA^/VW^AAWMA/M^AAAAAAAAAAMAA^AAAA/MAAAAAAWMW\\AAA^^/J^AAWAA^AAA/A^AAWA/X^A.V^WJ^AV^^A^,VX\\A^^AJ^^'^^AAAAA//VA\niAAAAAAAMAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAMAAAAAAA.AAAAAAAAAAAAAAAAAAWV\u00bb'*^\n\u2018.WMAAA^MA^^ftMAAAMM^AAMAA^^^AA^AAI\\A^ft^^^A^^^^^AM^^^^A^^^^^V/AA-^^MAAA^W^WAWV\u2022MV\u2022VAV/'AAM/'///'VAAA^^^\nl\nnvwwvYVYvwwYvyvwYvYYVVWVYVVWVVVWWiWW\nd 0\n\"^Vaaaaamaaaaaaaaaaaaaaaaamaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaamaaaaaaa;\n,, MAAAAMMAAAAMMAAAAAAAAMMAAAAA\n' t\n^^AAAftAAAAAAA(V\\AAAAAAAA,A\\AAAAAA/WU'AWAAAA/'AAAA/1A/^/A/AAAAAAA^AAMA<yVWVAnAAArtAA'VV'i'vVlAA-VVVWVVUV'AA\n\nWAMAAMMMAAAAMAMAMWMAMMM/MWAAMAMMAMmAMAM/^\nk'MWiMAAAM^M//M1VAMr\u00bbWAW/MWAAAMAj\\W,\\wAW^^^^\n\nAA\u00c0AAM^WWWWWM'V/W/VMWWWMWWVV//AWA\u00bbMAAAAAA(UVAAAAAAAAAAAAAAAMAAAAAAAAAAAAAAWMVy\u00c2A/^AAAAAAAAAMA\u00abAAAAWW'/'A\u00c2VW\\AAWVVVAr\\\u00c2AA(\\VU'.\n\\AAAAAAAWAA/VA\\!lAnAAAAAAAAA/UW'aaAAAAAAAAAAiWAAAAAAAMAAAAAAWWiMAAA|\u2019JW>MAAAAAAAAAAMAAAMAAAAMAAMAAAAAAAMAMAAMM/WWAAAAMAAAA/\\\nFig. 71. Gesangsaufnahme von einem Sch\u00fcler Garcias.\ngraphischen Aufnahmeapparat hineingesungen. Der Anfang von Glucks Elene e Paridi ist in Pig. 71 reproduziert.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Mundaufnahmen.\n118\nDie Kurve beginnt mit einem langen St\u00fcck Wellenlinie, welches dem 0 entspricht ; sie zeigt eine wunderbare Gleich-m\u00e4lsigkeit und Ebenm\u00e4lsigkeit. Die Wellenlinie bleibt ganz genau auf derselben H\u00f6he \u00fcber Null; der Luftstrom ist von absolut konstanter St\u00e4rke \u2014 also \u201esostenuto\u201c. Es ist keine Spur des heutzutage \u00fcblichen Wackelns vorhanden. Ganz am Ende steigt die Wellenlinie ein wenig bei dem \u00dcbergang zu d. Diese Verst\u00e4rkung des Vokals vor einem Konsonanten kommt in seinen Aufnahmen regelm\u00e4fsig vor. Schon fr\u00fcher bei dem Studium einer Aufnahme vonCAKuso habe ich gefunden, dafs dieser S\u00e4nger gerade diese Eigent\u00fcmlichkeit ausnahmslos gebrauchte. Man wird vermuten, dafs ein solcher scharf gekennzeichneter \u00dcbergang vom Vokal zum Konsonant f\u00fcr den klaren Ausdruck in bei canto wesentlich ist.\nDer \u00dcbergang vom Vokal zu d zeigt ganz deutliche eigent\u00fcmliche Wellen. Wiederum ist dieses ein \u2014 nat\u00fcrlich dem S\u00e4nger nicht bewufstes \u2014 Merkmal des klaren Singens. Ein Wesentliches bei der Aussprache von p, b, t, d, k, g liegt in dem \u00dcbergang vom Vokal zu Konsonanten. Sobald man diesen \u00dcbergang h\u00f6rt, weifs man, welcher Konsonant folgt; den Konsonanten selbst braucht man nicht zu sprechen. Diese f\u00fcr die Telephonie wichtige Tatsache haben die Meister des bei canto \u2014 obwohl unbewufst \u2014 doch wirklich \u201egewufst\u201c.\nDie Aufw\u00e4rtsbewegung der Linie am Ende des d beweist, dafs das d mit einer ziemlich starken Explosion und nicht unbedeutendem Luftaustritt endete. Ein d hat drei Bestandteile:\n1.\tdie Implosion oder den \u00dcbergang vom vorhergehenden Vokal;\n2.\tdenVerschlufs oder die Zeit w\u00e4hrend dem der Sprachstrom unterbrochen wird und 3. die Explosion. Hier sind alle drei sehr deutlich ausgepr\u00e4gt. In den Singakademien wird gew\u00f6hnlich gelehrt, dafs Laute wie p, b, t, d usw. ohne Explosionen gesungen werden sollen, um Atem zu sparen. Ob die Deutlichkeit wegen eines kleinen Quantums Luft geopfert werden soll, ist eine Erage, welche Hebman Klein in dieser Aufnahme mit \u201eNein\u201c beantwortet hat.\nNach dem mit ziemlich viel Luftaufwand gemachten Anfang sinkt die e-Linie, um nachher \u00fcber eine lange Strecke allm\u00e4hlich zu steigen. Diese Steigung bedeutet eine wachsende Lautst\u00e4rke. Vollkommen ebenm\u00e4fsig und gleichm\u00e4fsig erstrecken sich die Stimmwellen mit steigender Lautst\u00e4rke \u00fcber fast zwei Zeilen der Aufnahme. Die Steigung der Intensit\u00e4t vor dem folgenden Kon-\nScripture, Anwendung der graphischen Methode auf Sprache u.Uesang.\t8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nGesangslehre. \u2014 Mundaufnahmen.\nsonanten zeigt sich wiederum hier \u2014 wie auch bei dem folgenden o. Die Vokalstrecke ol mit perfektem Sostenuto verl\u00e4uft in das stimmlose c ohne den scharfen \u00dcbergang. Das c wird sehr scharf explodiert \u2014 wiederum Deutlichkeit, nicht Sparsamkeit. Die Vokalstrecke ea wird von dem gerollten r unterbrochen. Das nachfolgende d wird nicht besonders deutlich gemacht. Danach kommt der sehr lange Vokal o mit r am Schlufs. Etwas ganz eigent\u00fcmliches bemerkt man am Ende des ersten Viertels des o; hier befinden sich zwei ganz kleine Bewegungen, welche an ein r erinnern. Hat der S\u00e4nger gewissermafsen das folgende r antizipiert ?\nDer Anfang jedes Vokals zeigt ganz klare und vollkommen formierte Wellen \u2014 ein Zeugnis des richtigen Vokalansatzes.\nVibrato.\nDafs an geeigneten Stellen das Vibrato bei bei canto Vorkommen kann und darf, zeigt eine Aufnahme von Klein. In Eig. 72 wird ein St\u00fcck aus der Kurve f\u00fcr a in v\u2019a 1 (Beethoven,\nFig. 72. Vibrato-Aufnahme.\nNel giardino solingo v\u2019al tuo bene, Adelaida) reproduziert. Das Auf- und Absteigen der Wellenlinie registriert die Schwankungen des Luftaustritts.\nLiteratur.\nScripture, Eine bei canto-Aufnahme von einem Sch\u00fcler Garcias, Zeitschr. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenheilk., 1927, Bd. 17, H. 2 (Fig. 71 stammt von diesem Aufsatz). \u2014 Nadoleczny, XJnt\u00e8rsuchungen \u00fcber den Kunstgesang, 1923.\nLippert & Oo. G. m. b. H., Naumburg a. S.","page":114},{"file":"z0001.txt","language":"de","ocr_de":"Melodieauffassung und melodische Begabung des Kindes\nvon\nDr. Fritz Brehmer\nHamburg\nVIII, 180 Seiten mit 13 Notenbeispielen anf 36 Seiten. 1925. gr. 8\u00b0 Rm. 8.40\n(.Beiheft 36 zur Zeitschrift f\u00fcr angewandte Psychologie)\nFrankfurter Zeitung: Die flei\u00dfige Untersuchung behandelt ein wichtiges Problem der differentiellen Psychologie rein unter psychologischem Gesichtspunkte. Von den Komponenten der Musikalit\u00e4t ist die melodische Begabung durch die Untersuchung der Melodieerfassung an wichtigen Punkten gef\u00f6rdert worden. ... Es soll nicht unterlassen werden, den an Fragen der Musik\u00e4sthetik und der Musikp\u00e4dagogik interessierten Leser auf die Untersuchung Brehmers aufmerksam zu machen. J. Wagner.\nDer Ausdruck\nmusikalischer Elementarmotive\nEine experimental-psychologische Untersuchung\nvon\nDr. Kurt Huber\nPrivatdozent und Assistent am Psychologischen Institut der Universit\u00e4t M\u00fcnchen\nV, 234 S. 1923. gr. 8\u00b0. Rm. 6.60\nBl\u00e4tter f\u00fcr Schulpraxis : F\u00fcr den Lehrer, der infolge gut geh\u00fcteter Tradition immer noch ein bestimmtes Verh\u00e4ltnis zur Musik einnehmen mu\u00df, erscheint mir das Werk als pr\u00e4chtiges Studium. Wer in das f\u00fcr die Schularbeit zweifellos hochbedeutsame Gebiet der Psychologie eindringen will, mu\u00df \u00fcber die schulm\u00e4\u00dfige Kenntnis, wie sie in offiziellen Lehrg\u00e4ngen oder aus Lehrb\u00fcchern erworben werden kann, hinaufsteigen zum Studium von Untersuchungen.\nArchiv'f\u00fcr Philosophie: Hubert liefert mit seiner im psychologischen Institut der Universit\u00e4t M\u00fcnchen durchgef\u00fchrten Arbeit einen bedeutsamen Beitrag zur musik\u00e4sthetischen Experimental-Literatur, in dem er auf psychologische Analyse musikalischer Elementarmotive und erkenntnistheoretische Fundierung musikalischer Hermeneutik abzielt.\tPrivatdozent Dr. Luchtenburg (K\u00f6ln).\nZur Vererbung und Entwicklung der musikalischen Begabung\nvon\nDr. Valentin Haecker und Dr. Theodor Ziehen\no. Prof, der Philosophie in Halle a. S.\to. Prof, der Philosophie in Halle a. S.\nIII, 186 S. mit 3 Abb. im Text. 1922. gr. 8\u00b0. Rm. 5.\u2014\nJournal f\u00fcr Psychologie: Das Buch bezweckt, an Hand eines statistischen Materials von etwa 5000 Individuen \u201edie Erblichkeitsverh\u00e4ltnisse, die Entwicklung, die Komponenten und die korrelativen Beziehungen der musikalischen Begabung festzustellen\u201c.\nJournal of Nervous and Mental Disease: An extremely interesting and valuable contribution. Psyohiatrlsoh-nenrologlsche Wochenschrift: Das Studium dieses Buches sei bestens empfohlen. Die Arbeit ist f\u00fcr andere Erblichkeitsforschungen vorbildlich.\nVerlangen Sie meinen ausf\u00fchrlichen Verlagskatalog \u201ePsychologie / Philosophie / P\u00e4dagogik 1910/1927\u201c\nJOHANN AMBROSIUS BARTH, VERLAG, LEIPZIG","page":0},{"file":"z0002.txt","language":"de","ocr_de":"Grundlagen der Musik\nvon\nProf. Dr. Felix Auerbach\nVI, 209 S. mit 71 Abbild. 1911. 8\u00b0. Geb. Ein. 1.50 Wissen und K\u00f6nnen, Bd. 18.\nI\nBeibl\u00e4tter zu den Annalen der Physik: Die Sprache ist frisch und lebendig und dem Gegenstand angemessen. Der Inhalt zeigt eine sorgf\u00e4ltige, gut berechnete Auswahl des Wichtigen und Interessanten.\nMusikgenu\u00df bei Geh\u00f6rlosen\nVon\nProf. Dr. David Katz und Prof. Dr. 6. R\u00e9v\u00e9sz\nRostock\tAmsterdam\nII. 34 Seiten. 1926. gr. 8\u00b0. Km. 1.80 (.Sonderabdruck aus Zeitschrift f\u00fcr Psychologie, Bd. 99)\nMittelpunkt der Untersuchung steht der merkw\u00fcrdige Fall eines geh\u00f6rlosen Menschen, der \u2014 Musikenthusiast ist. Auf Grund von Experimenten wird es unternommen, die scheinbare Paradoxie des Falles aufz\u00fckl\u00e4ren. Die sinnliche Grundlage des Musik-Erlebnisses bilden f\u00fcr den Geh\u00f6rlosen Vibrations-, empfindungen. Die Analyse des Falles l\u00e4\u00dft auf die bis jetzt wenig beachtete vasomotorische Seite des musikalischen Genie\u00dfens bei H\u00f6renden neues Licht fallen. Neuartig sind auch die Zusammenh\u00e4nge zwischen Musikalit\u00e4t und dichterischer Begabung bei Geh\u00f6rlosen, auf welche die Untersuchung hinweist.\nZeitschrift f\u00fcr Musik: Die Verfasser behandeln den m\u00f6glichen M\u00fcsikgenu\u00df bei Tauben und amusischen Versuchspersonen vornehmlich auf Grund von Vibrationsempfindungen. Die Arbeit enth\u00e4lt manche feine Beobachtung, die zur Erkl\u00e4rung musikpsychologischer Probleme beitragen mag.\nHeinitz.\nAnatomie, Physiologie und Hygiene der\nStimmorgane\nf\u00fcr Konservatorien, Lehrerbildungsanstalten usw.\nvon\nDozent Dr. R. Imhofer\nPrag\nVI, 110 Seiten. 1926. kl. 8\u00b0. K*) Em. 3.\u2014\nZentralblatt f\u00fcr Ohrenheilkunde: Den Laryngologen wird es bei der Behandlung von Rednern und bangem zur Erg\u00e4nzung seiner \u00e4rztlichen Ratschl\u00e4ge in der Sprechstunde gute Dienste leisten und er kann es jedem Klienten unbesorgt in die Hand geben und zur Lekt\u00fcre empfehlen. Lehrern an Konservatorien und P\u00e4dagogen wird es ein willkommenes Hilfsmittel im Unterricht sein.\nDie Erm\u00fcdung der Stimme (Phonasthenie)\nVon\nDozent Dr. R. Imhofer\nPrag\nVI, 132 Seiten mit 2 Notenbeilagen. 1913. gr. 8\u00b0. K*) Km. 5.\u2014\nDeutsche Aerzte-Zeitung: Behandelt ein Leiden, das S\u00e4nger, Redner und Milit\u00e4rs h\u00e4ufig bef\u00e4llt un2 de.ss.en Jtehandlung heutzutage ein gar nicht mehr einfaches Spezialgebiet geworden ist. Wesen una klinisches Bild, Statistik und Aetiologie, Diagnose und Prognose und schlie\u00dflich die Therapie des Leidens wird eingehend besprochen.\n*) Eie mit K bezeichnten Werke erschienen in meiner Verlagsabteilung Curt Kabitzsch, Leipzig\nVerlangen Sie meinen ausf\u00fchrlichen Verlagskatalog \u201eMedizin 1910jl927,i\nJOHANN AMBROSIUS BARTH, VERLAG, LEIPZIG","page":0},{"file":"z0003.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge\nzur Akustik und Musikwissenschaft\nHerausgegeben\nvon Dr. Carl Stumpf\no. Prof, an der Universit\u00e4t zu Berlin\n1.\tHeft: Stumpf, Konsonanz und Dissonanz. VII, 108 S. 1898. gr. 8\u00b0 Hm. 3.60\n2.\tHeft: Verschiedene Aufs\u00e4tze von Stumpf u. M. Meyer. III,170 S. 1898. gr.8\u00b0 Hm. 5.\u2014\n3.\tHeft: Aufs\u00e4tze von Pilimore, Jank\u00f6, Abraham, Sehaefer, Raif, Stumpf.\nIV, 147 S. mit 9 Tontabellen u. 1 Beilage \u201eSiamesisches Orchesterst\u00fcck\u201c. 1901. gr. 8\u00b0 Rm. 6.50 Die 9 Tontabellen, enthaltend die Schwingungszahlen der temperierten und enharmo-nischen Leiter mit der Beilage \u201eSiamesisches Orchesterst\u00fcck\u201c aus Heft 3 sind auch einzeln k\u00e4uflich. 1901. gr. 8\u00b0\tRm. 2.50\n4.\tHeft: Aufs\u00e4tze von Stumpf, Stern, Sehaefer, Guttmann, Liebermann,\nR\u00e9v\u00e9sz, K\u00f6hler. IV, 182 S. mit 3 Tafeln. 1909. gr. 8\u00b0\tRm. 6.50\nZentralblatt f\u00fcr Ohrenheilkunde : Es erscheint ausgeschlossen, an dieser Stelle den reichhaltigen Inhalt ausf\u00fchrlich zu besprechen. Es mu\u00df gen\u00fcgen, auf die Bedeutung der diesen Arbeiten zugrunde liegenden Untersuchungen f\u00fcr manche akustisch-physiologische Fragen hinzuweisen. Der auf diesem Gebiete wissenschaftlich t\u00e4tige Otologe wird hier vielerlei Anregung und Belehrung, der Musikfreund und Musikverst\u00e4ndige eine F\u00fclle interessanten Materials, aber auch der Praktiker mancherlei f\u00fcr seine Funktionspr\u00fcfungen wertvolle Hinweise und Ergebnisse finden.\tGoerke (Breslau).\n5.\tHeft: Aufs\u00e4tze von Stumpf, B. M. v. H\u00f6r nbostel. IV, 167 S. 1910. gr. 8\u00b0 Rm. 5.\u2014\n6.\tHeft: Aufs\u00e4tze von Stumpf, K\u00f6hler, Sehaefer, v. Hornbostel. III, 165 S.\n1911. gr. 8\u00b0\tRm. 5.\u2014\n7.\tHeft: Aufs\u00e4tze von v. Hornbostel, Guttmann, v. Maltzew, Prankfurther,\nThiele. III, 160 S. 1913. gr. 8\u00bb\tRm. 5.\u2014\nZentralblatt f\u00fcr Ohrenheilkunde : Auch die vorliegenden Hefte bieten eine F\u00fclle interessanten Materials, nicht blo\u00df f\u00fcr den Fachmusiker und Musikfreund, den Physiker und Physiologen, sondern auch f\u00fcr den Otologen, der ja allen jenen Fragen schon von Berufs wegen Interesse entgegenbringt.\nGoerke (Breslau).\n8.\tHeft: Aufs\u00e4tze von Baley und Stumpf. III, 108 S. 1915. gr. 8\u00b0\t\u00dfm. 3.60\nZentralblatt f\u00fcr Ohrenheilkunde: ... Es mag gen\u00fcgen, hervorzuheben, da\u00df sie verschiedene akustisch-psychologische Probleme ber\u00fchren und er\u00f6rtern, die den Otiater interessieren und ihm mancherlei Anregung geben.\n9.\tHeft: Aufs\u00e4tze von Stumpf. III, 75 S. 1924. gr. 8\u00b0\tKm. 2.80\nZeitschrift f\u00fcr Musikwissenschaft: Nach neunj\u00e4hriger Pause erscheint, wohl von vielen begr\u00fc\u00dft, das 9. Heft der Beitr\u00e4ge. Es beansprucht das Interesse jedes Musikwissenschaftlers. Stumpf setzt sich mit W. Koehlers Anschauung von der spez. Verschiedenheit zwischen Singen und Sprechen kritisch auseinander. Geschichtliche Tatsachen, Zwischenstufen, wie Parlando, Psalmodie, Portamento, Rezitation erfahren eine interessante Beleuchtung. Au\u00dferdem ist die Abhandlung ein Beispiel f\u00fcr die Fruchtbarkeit der neueren tonpsychologischen Auffassug. Die Musikwissenschaft mu\u00df dankbar daf\u00fcr sein, wenn die sie ber\u00fchrenden Abhandlungen der Tonpsychologie durch das Erscheinen in den \u201eBeitr\u00e4gen\u201c leicht zug\u00e4nglich werden.\tPaul Mies.\nDie Anf\u00e4nge der Musik\nvon\nProf. Dr. Carl Stumpf\n209 S. mit 6 Figuren, 60 Melodiebeispielen und 11 Abbild. 1911. 8\u00b0. Geb. Rm. 7.\u2014\nZeitschrift f\u00fcr Philosophie : ... So kann man zusammenfassend sagen, da\u00df Stumpfs Buch, indem es leichte Lesbarkeit mit wissenschaftlicher Gediegenheit verbindet, einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der \u201eAnf\u00e4nge der Musik\u201c bildet.\nVerlangen Sie meinen ausf\u00fchrlichen Verlagskatalog \u201ePsychologie / Philosophie / P\u00e4dagogik 1910/192711\nJOHANN AMBROSIUS BARTH, VERLAG, LEIPZIG","page":0},{"file":"z0004.txt","language":"de","ocr_de":"Abstrakte Begriffe\nim Sprechen und Denken des Kindes\nvoll\t*\nDr. Helga Eng\nKristiania (Oslo)\nIV, 116 Seiten. 1914. gr. 8\u00b0. Rm. 3.60 [Beiheft 8 zur Zeitschrift f\u00fcr angewandte Psychologie)\nDie geringe Entwicklung der Abstraktionsf\u00e4higkeit bei Kindern ist schon lange bekannt gewesen. Man wei\u00df wenig davon, wie der Mangel an Abstraktionsf\u00e4higkeit den kindlichen Geist charakterisiert und von dem des Erwachsenen unterscheidet, oder in welchem Ma\u00df die F\u00e4higkeit zur Abstraktion mit dem Alter zunimmt, und es w\u00e4re doch sowohl f\u00fcr die Psychologie als auch f\u00fcr die P\u00e4dagogik von Bedeutung, da\u00df sich eine m\u00f6glichst exakte Forschung auf diesem Gebiet bet\u00e4tigte. Diese Arbeit, die sich auf Ergebnisse experimenteller Untersuchungen an Schulkindern aufbaut, will einen Beitrag zur L\u00f6sung dieser Aufgabe geben.\nPsychologie und Technik der Rede\nvon\nProf. Dr. Richard Wallaschek\n2., verbesserte Auflage 62 Seiten. 1914. gr. 8\u00b0. Rm. 1.40\nZeitschrift f\u00fcr den deutschen Unterricht: Die Schrift ist bedeutsam zun\u00e4chst durch ihren Verfasser. Die Schrift ist aber auch an sich bedeutsam durch die psychologische Begr\u00fcndung und Vertiefung, die sie gibt und durch die sie sich \u00fcber die nackte Tats\u00e4chlichkeit der auf diesem Gebiet bisher \u00fcblichen Ratschl\u00e4ge wohltuend erhebt. Sie zeigt zugleich, welch fruchtbare Entdeckungen und Anregungen hier noch m\u00f6glich sind, sobald wissenschaftlich geschulte Gedanken und Sinne es nicht mehr f\u00fcr unter ihrer W\u00fcrde halten, solchen \u201etechnischen\u201c Aufgaben, wie es die Redekunst ist, nachzugehen.\nAnf\u00e4nge der Tonkunst\nvon\nProf. Dr. Richard Wallaschek\nIX, 341 S. mit 4 lithograph. Tafeln, 17 Abbildungen im Text und 9 S. Musikbeispielen\n1903. 8\u00b0. Rm. 9.\u2014\nAllgemeines Literaturblatt: Der Verf. gibt in ersch\u00f6pfender Weise einen ITeberblick \u00fcber die verschiedenen musikalischen Gebr\u00e4uche der Naturv\u00f6lker und sch\u00f6pft seine Quellen aus authentischen Berichten und sachlichen Schriften der Forsehungsreisenden. Ein Anhang von Notenbeispielen und Illustrationen von Instrumenten der Naturv\u00f6lker machen das Buch noch anziehender, so da\u00df dasselbe auch als Unterhaltungsbuch allen Musikinteressierenden w\u00e4rmstens empfohlen werden kann.\nVerlangen Sie meinen ausf\u00fchrlichen Verlagskatalog \u201eMedizin 1910/1927\u201c\nJOHANN AMBROSIUS BARTH, VERLAG, LEIPZIG","page":0},{"file":"z0005.txt","language":"de","ocr_de":"Handschrift und Charakter\nGemeinverst\u00e4ndlicher Abri\u00df der graphologischen Technik\nVon\nDr. Ludwig Klages\nKilchberg\n8.\u201410.. durchgesehene Auflage XII, 258 Seiten mit 137 Fig. im Text und 21 Tabellen 1926. gr. 8\u00b0. Em. 8.\u2014, geb. Em. 10.\u2014\nDie Grenzboten: Klages ist der Kant der Graphologie. Er hat diese vielmi\u00dfbrauchte Deutungskunst zum Range einer kritisch wie intuitiv, an Tiefe wie an Spannweite f\u00fchrenden psychologischen Wissenschaft erhoben. In Fachkreisen ist Klages l\u00e4ngst bekannt als der \u201eMeister derer, die da wissen\u201c. Aber erst in den letzten Jahren dringt er mit seinen Schriften in die Breite des Publikums ein. Das vorliegende Meisterwerk ist sowohl f\u00fcr die Wissenschaft von den Ausdrucksbewegungen wie f\u00fcr die noch allgemeiner interessierende schwere Kunst der Charakterkunde und Charakterzeichnung von f\u00fchrender Bedeutung. Von ihm geht die Beseitigung der kurpfuscherischen Handschriftendeutung aus, welche bisher die Graphologie in Mi\u00dfachtung brachte.\nZur Psychologie des Schreibens\nVon\nW. Preyer\nMit besonderer R\u00fccksicht auf individuelle Verschiedenheiten der Handschriften ^\t2. Auflage\nMit einer Erg\u00e4nzung von Th. Preyer VI, 256 Seiten mit mehr als 200 Schriftproben im Text nebst 14 Diagrammen, 10 Tafeln und einem Schriftkompa\u00df auf Pauspapier, gr. 8\u00b0. V*) Em. 9.\u2014\nFrankfurter Zeitung: Das Werk ist so angelegt, da\u00df zuerst eine Analyse der Schriftzeichen \u00fcberhaupt nach ihren Grundelementen und weiterhin den Elementen, die die Verschiedenheit der Handschriften ausmachen, gegeben wird. Sodann wird, erl\u00e4utert durch viele Schriftproben, die psychologische Bedeutung der individuellen Merkmale der Schrift entwickelt. Wenn auch in der Graphologie die intuitive Einf\u00fchlung immer eine Rolle spielen wird und daher auch der ernsthafte Dilettantismus sein Recht beh\u00e4lt, so ist doch den Liebhabergraphologen, die tiefer in die Zusammenh\u00e4nge eindringen wollen, die Durcharbeitung dieses Systems sehr zu empfehlen.\nZur Psychologie der Tiere und Menschen\nVon\nDr. Wilhelm Betz\nLeipzig\nXII, 206 Seiten. 1927. gr. 8\u00b0. Em. 7.50, geb. Em. 9.\u2014\nIn diesem auch f\u00fcr weitere Kreise bestimmten Buch vergleicht der Verfasser menschliches und tierisches Verhalten in bezug auf Instinkte, Geschlechtstrieb, Geschicklichkeit, Umweltsbilder, Intelligenz usw., wodurch die Einsicht gerade auch in die menschliche Psychologie erheblich gef\u00f6rdert wird, Trotzdem auch recht schwierige Fragen behandelt werden, ist die Darstellung \u00fcberall leicht fa\u00dflich und belebt durch viele Beispiele an Mensch und Tier. Es zeigt sich, da\u00df der Unterschied zwischen einem sehr dummen Menschen und einem sehr klugen Menschenaffen nicht so \u00fcberaus gro\u00df ist, wie man anzunehmen pflegt.\nVerlangen Sie meinen ausf\u00fchrlichen Verlagskatalog \u201ePsychologie / Philosophie / P\u00e4dagogik 191011927\u201c\n*) Das mit V bezeiehnete Werk erschien in meiner Verlagsabteilung Leopold Voss, Leipzig\nJOHANN AMBROSIUS BARTH, VERLAG, LEIPZIG","page":0},{"file":"z0006.txt","language":"de","ocr_de":"Handbuch psychologischer Hilfsmittel der psychiatrischen Diagnostik\nAus der Sammlung des Instituts f\u00fcr angewandte Psychologie und aus der Literatur unter Mitwirkung von Erich Stern. Zusammengestellt und mit einer Einleitung von Maxlsserlin und einem Beitrag von Kurt Berliner\nherausgegeben von\nDr. Otto Lipmann\nX, 297 Seiten mit 130 Abbildungen im Test und 5 Tafeln. 1922. gr. 8\u00b0.\nEm. 7.\u2014, geb. Em. 8.50\nDeutsche Lehrer-Zeitung: Was die Psychologie der individuellen Differenzen anbetrifft, bietet obiges Handbuch mehr, als es verspricht, nicht nur die psychologischen Hilfsmittel der psychiatrischen Diagnostik, sondern auch der Begabungskunde \u00fcberhaupt. Es ist ein Sammelwerk mit allen Vorz\u00fcgen und Mangeln seiner Art, eine wahre Fundgrube f\u00fcr den Forscher auf diesem Gebiet, die ihm die Ausarbeitung neuer Methoden erspart und ihn um so mehr zum Ausprobieren bereits vorhandener Methoden anreSf-\tA. Franken.\nArbeiten aus dem Institut f\u00fcr angewandte Psychologie in Berlin und der Arbeitsgemeinschaft f\u00fcr Jugendkunde\n(Zweig des Berliner Lehrervereins) von\nDr. Otto Lipmann\nNeubabelsberg (Kreis Teltow)\nBand I:\nUnter Mitwirkung von Hellmuth Bogen, Georg Korn, Paul Puppe IV, 216 Seiten mit Abbildungen. 1925. gr. 8\u00b0. Em. 8.40\nDie hier zusammengefa\u00dften Arbeiten betreffen die p\u00e4dagogische und die Berufs-Psychologie. Sie verfolgen den doppelten Zweek, dem Institut in der Bew\u00e4ltigung seiner Forschungsaufgaben zu helfen, und die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft \u2014 im Sinne des \u201eArbeitsunterrichts\u201c \u2014 durch eine Forschungstatigkeit in die Probleme und Arbeitsweisen der angewandten Psychologie einzuf\u00fchren.\n\u201eNaive Physik\u201c\nArbeiten ans dem Institut f\u00fcr angewandte Psychologie in Berlin. Theoretische und experimentelle Unternehmungen \u00fcber die F\u00e4higkeit zu intelligentem Handeln\nvon\nDr. Otto Lipmann und Hellmuth Bogen\nNeubabelsberg\tBerlin\nIII, 154 Seiten mit 44 Abbild, im Text. 1923. gr. 8\u00b0. Rm. 5\u2014, geb. Rm. 6.30\nZeitschrift f\u00fcr P\u00e4dagogische Psychologie: Ich stehe nicht an, die Untersuchungen Bogens als eine der besten Spezialarbeiten zu bezeichnen, die \u00fcberhaupt auf dem Gebiete der Intelligenzforschung m neuerer Zeit hervorgebracht worden sind \u2014 namentlich deshalb, weil hier so au\u00dferordentlich viel eigentliche Psychologie und qualitative Analyse, nicht nur Ma\u00dfwerte und Leistungsstatistiken gegeben werden-\tWilliam Stern, Hamburg.\nVerlangen Sie meinen ausf\u00fchrlichen Verlagskatalog \u201eMedizin 191011927\u201c.\nJOHANN AMBROSIUS BARTH, VERLAG, LEIPZIG","page":0}],"identifier":"lit22711","issued":"1927","language":"de","pages":"1-114","startpages":"1","title":"Anwendung der graphischen Methode auf Sprache und Gesang","type":"Book"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:20:22.773711+00:00"}