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{"created":"2022-01-31T15:35:04.905130+00:00","id":"lit26299","links":{},"metadata":{"alternative":"Festschrift zum X. internationalen medizinischen Kongress Berlin 1890","contributors":[{"name":"Pistor, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Festschrift zum X. internationalen medizinischen Kongress Berlin 1890, edited by M. Pistor, 72-88. Berlin: Verlag von Julius Springer","fulltext":[{"file":"a0001.txt","language":"de","ocr_de":"Anstalten und Einrichtungen\ndes\n\u00f6ffentlichen Gesundheitswesens inPrenssen.\nFestschrift\nzum\nX. internationalen medizinischen Kongress Berlin 1890.\nIm Auftr\u00e4ge Seiner Excellenz\ndes Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten\nDr. von Dossier\nnach amtlichen Quellen\nherausgegeben\nvon\nDr. M. Pistor,\nRegierung\u00ab- und Geheimer Medizinalrath.\nMit zahlreichen in den Text gedruckten Zeichnungen.\nBerlin.\nVerlag von du lins Springer.\n1890.","page":0},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"Berlin.\n72\nsuchungen, ein Verbrennungsraum und ein Zimmer f\u00fcr physikalischphysiologische Arbeiten. Im zweiten Stockwerk endlich liegt \u00fcber den Sammlungsr\u00e4umen der stattlich ausgebildete H\u00f6rsaal des Institutes mit 130 amphitheatralisch angeordneten Klappsitzen nach Vogel\u2019schera System. Ausser der Beleuchtung durch Seitenfenster hat derselbe noch ein grosses Oberlicht erhalten, so dass er \u00fcberaus reichlich erhellt ist. Am Abend wird er durch vier in die Glasfl\u00e4che eingesetzte Siemens\u2019sche Regenerativbrenner beleuchtet, mit welchen zugleich Ventilationseinrichtungen verbunden sind. Neben dem H\u00f6rsaal befindet sich ein kleines Vorbereitungszimmer, an der Ostfront ein langgestrecktes Laboratorium mit 60 Arbeitspl\u00e4tzen, der sogenannte Rezeptirsaal, in welchem die Studirenden der Medizin in der Anfertigung von Medikamenten ge\u00fcbt werden; an beiden Enden des Saales sind daher nach dem Vorbilde des chemischen Institutes in Pest erh\u00f6hte Arbeitspl\u00e4tze der Dozenten eingerichtet, von welchen aus die n\u00f6thigen Handgriffe gezeigt werden; an der Westfront endlich liegt eine schmale Mikroskopirgalerie. Den Rest des Geschosses nehmen Toiletten- und Garderober\u00e4ume und eine aus Wohn- und Schlafzimmer bestehende Assistentenwohnung ein. Im Kellergeschoss sind Diener- und Heizerwohnungen, ein Hundestall, zwei R\u00e4ume f\u00fcr vorbereitende Arbeiten, die Heizungsanlagen u. s. w. untergebracht.\nDer Etat f\u00fcr 1890/91 betr\u00e4gt 16 840 Mark.\nd. Das physiologische Institut1).\n(NW., Dorotheen-Strasse 35.)\nFasst man das physiologische Institut f\u00fcr sich in\u2019s Auge, so erhellt der Gedanke des Baues leicht aus dem Grundriss des Erdgeschosses (S. 73) und des 1. Stockes (S. 74). Der Dorotheen-Strasse entlang erstreckt sich ein beil\u00e4ufig 70,5 m langes Hauptgeb\u00e4ude, an dessen h\u00f6heren, in den Grundrissen durch die drei\nl) Aus der im Jahre 1886 vom Geheimen Medizinalrath Professor Dr. du Bois-Reymond verfassten Besehreibung in der Festschrift f\u00fcr die Naturforscherversammlung gek\u00fcrzt und dem heutigen Zustande gem\u00e4ss abge\u00e4ndert.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n73\nao\n33\nO\nA\no\n02\no\n&C\nTJ\nr-i\nw","page":73},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n75\nRisalite kenntlichen Mittelbau hinterw\u00e4rts der den grossen H\u00f6rsaal (15 in Fig. 1) enthaltende Saalbau sich lehnt, so dass von der Dorotheenstrasse aus betrachtet der Grundriss des Ganzen etwa die Gestalt eines umgekehrten T (1) nachahmt. Den H\u00f6rsaal um-giebt, durch einen Korridor von ihm getrennt, eine Folge von Arbeitsr\u00e4umen, welche bei geringerer H\u00f6he ihm reichliches Seitenlicht lassen, w\u00e4hrend sie und der H\u00f6rsaal ausserdem Oberlicht empfangen. In Fig. 2 sieht man daher vom Saalbau nur noch die Umrisse dieser\nH\u00f6rsaal.\nNebenr\u00e4ume und die von zahlreichen Fenstern durchbrochenen Umfassungsmauern des H\u00f6rsaales.\nDem Hauptgeb\u00e4ude entlang laufen in allen Stockwerken \u25a0> m breite Korridore. Jederseits im Mittelbau, und auf diese Korridore sich \u00f6ffnend, f\u00fchrt ein in den Grundrissen erkennbares Treppenhaus mit freitragenden Granittreppen bis zum 2. Stock.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nBerlin.\nI. Der Saalbau.\n1. Der grosse H\u00f6rsaal. Von dem Haupteingange des Geb\u00e4udes im Mittelbau, zu dessen Seiten die in Thon gebrannten Medaillons Albrecht v. Haller\u2019s und Johannes Muller\u2019s sich zeigen, gelangt man durch das Vestibulum auf einer 3,5 m breiten Marmortreppe (A in Fig. 1) in den Korridor des Erdgeschosses und \u00fcber diesen fort weitere Stufen hinauf zu den Vomitorien 15 a und b (Fig. 1) auf der H\u00f6he der obersten Sitzreihen des H\u00f6rsaales. Von den beiden Vomitorien abw\u00e4rts f\u00fchren Stufeng\u00e4nge, welche die Sitzreihen in drei Gruppen, eine mittlere zu zehn, zwei seitliche zu f\u00fcnf Pl\u00e4tzen in der Reihe theilen, eine Anordnung, bei der die mittlere Entfernung der G\u00e4nge von den Sitzen am kleinsten ausf\u00e4llt. Bei elf Sitzreihen, von denen die oberste nur 17 Pl\u00e4tze hat, betr\u00e4gt die Zahl der letzteren 217. Mit Ausnahme der vordersten Reihe haben s\u00e4mmtliche Sitze Tische vor sich. Die Reihen erheben sich \u00fcber einander in der amphitheatralischen Kurve. Bei der neuerlich stark gewachsenen Zahl der Zuh\u00f6rer ist es n\u00f6thig geworden, an derTfreien Enden der Sitzreihen Klappsitze anzubringen, wodurch die Zahl der Pl\u00e4tze auf 259 vermehrt wurde. Rings um den H\u00f6rsaal l\u00e4uft in H\u00f6he des 1. Stockes und von den Treppenh\u00e4usern aus zug\u00e4nglich (15 e und f Abbildung S. 74) eine Galerie, welche noch viele Zuh\u00f6rer aufnehmen kann, und in der Mitte der s\u00fcdlichen Seite des H\u00f6rsaales an einer vom Korridor des 1. Stockes aus zug\u00e4nglichen, passend ausgestatteten Loge f\u00fcr bevorzugte Zuh\u00f6rer vorbeif\u00fchrt. Die Grundfl\u00e4che des H\u00f6rsaales bildet nahezu ein Quadrat von 13 m Seitenl\u00e4nge; die H\u00f6he bis zum Oberlicht betr\u00e4gt 11,3 m. Seiner vielfach gebrochenen Architektur verdankt er wohl seine vorz\u00fcglichen akustischen Eigenschaften.\nDer Experimentirtisch, in Fig. 1 und 3 im Grundriss, erstreckt sich an der n\u00f6rdlichen Wand, den Vomitorien und der Loge gegen\u00fcber, fast durch die ganze Breite des Saales und bietet alle w\u00fcnschenswerthen Versuchsmittel dar: Wasser und Gas, Wasser-und Quecksilberwanne, stark saugenden Luftabzug, chemische Reagentien, elektrische Str\u00f6me aus einer Batteriekammer im Kellergeschoss, elektrisches Licht, endlich mechanische Kraft in Gestalt der von Reuleaux wiederbelebten Wasserkapselr\u00e4der1), welche\n') Verhandlungen des Vereins f\u00fcr Gewerbefleiss in Prenssen. Jabrg. 1868. L Heft","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n( i\nalles auf dem Experimentirtisch zu Bewegende treiben: von einem Blitzrad oder einer Saxton\u2019schen Maschine bis zum K\u00f6nig\u2019schen Flammenspiegel, oder dem R\u00e9gnault-Reiset\u2019sehen Athmungs-apparat.\nDie W\u00e4nde des Saales sind bis zur Galerie mit Lindenholz get\u00e4felt, so dass Wandbilder daran wie auf einem Reissbrett mit Heftzwecken befestigt werden.\nDie Einrichtungen zur Erleuchtung des Saales wurden leider gerade in dem Augenblick fertig, wo die elektrische Beleuchtung sich Bahn zu brechet begann. Demgem\u00e4ss ist der Saal noch mit Gas beleuchtet, dessel l\u00e4stige Eigenschaften aber nicht empfunden werden, indem die Flammen \u00fcber dem Oberlicht in dem glasgedeckten Bodenraum angebracht sind. Vier Wagen, jeder mit 92 Argandbrennern und Neusilberreflektoren, werden \u00fcber das Oberlicht gefahren und verbreiten, ohne die Luft im Saale zu erw\u00e4rmen und zu verunreinigen, eine Tageshelle vom angenehmsten Farbenton. Durch eine von zwei Seiten her \u00fcber das Oberlicht sich schliessende eiserne Rolljalousie kann umgekehrt der Saal in etwa % Minuten v\u00f6llig verfinstert werden, wenn vorher die \u00e4hnlich konstruirten Jalousien vor den Seitenfenstern herabgelassen wurden.\nHinter dem Experimentirtisch, jenseits des Korridors, befindet sich (Fig. 1) das Vorbereitungszimmer (22). Die weite dazu f\u00fchrende, architektonisch zu einer Art von Portal mit Giebelkr\u00f6nung ausgebildete Oeffnung in der Mitte der n\u00f6rdlichen Wand des Saales wird durch eine zweifl\u00fcgelige und zwar doppelte Schiebeth\u00fcr geschlossen, indem jeder Fl\u00fcgel aus einer dem Saal zugekehrten Holzth\u00fcr und einer dem Korridor zugekehrten matten Glasth\u00fcr besteht Erstere dient als schwarze Tafel, letztere als Lucae\u2019sche Tafel, um durchscheinende Knochenumrisse mit Weichtheilen auszuf\u00fcllen.\nBesondere Erw\u00e4hnung verdient die Art, wie in diesem H\u00f6rsaale Galvanometer-Ablenkungen gezeigt werden. Eine Spiegelbussole kommt auf einen \u00e4usserst stabilen St\u00e4nder in dem Raume zwischen der untersten Sitzreihe und dem Experimentirtisch zu stehen. An letzterem ist ein fester Spiegel so befestigt, dass ein von der Demonstrations-Galerie (25 in Fig. 1 und 3) durch die Th\u00fcr 15 c dem Tisch entlang einfallender elektrischer Lichtstrahl dem Bussol-spiegel zugeworfen und von diesem nach einer 3 m langen Skala \u00fcber dem Portal reflektirt wird. Der in Gr\u00f6sse eines F\u00fcnfmarkst\u00fcckes auf der Skala erscheinende Lichtfleck ist hell genug, um","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nBerlin.\nbei einiger Beschattung gegen das Oberlieht ohne Verfinsterung des Saales sehr gut sichtbar zu sein. Die feinsten thierisch- oder thermoelektrischen Versuche k\u00f6nnen dergestalt Hunderten von Zuh\u00f6rern zugleich gezeigt werden.\n\u00fceber dem Giebel des Portals ist die von Professor L\u00fcrssen nach Schorb\u2019s Modell in Marmor ausgef\u00fchrte Kolossalb\u00fcste Johannes M\u00fcll er\u2019s, \u00fcber der Loge gegen\u00fcber die Uhr angebracht.\n2. Nebenr\u00e4ume des Saalbaues. Zu beiden Seiten des Vorbereitungszimmers (22) liegen, Vorlesungszwecken dienstbar, noch folgende R\u00e4ume: \u00f6stlich ein kleines zum Aufenthalt des Dozenten und zu seinem Verkehr mit den Studirenden bestimmtes Sprechzimmer (23 in Fig. 1, vergl. Fig. 2), westlich ein feuerfestes, - mit eiserner Th\u00fcr versehenes Gew\u00f6lbe (21), welches die unsch\u00e4tzbare Wandbilder-Sammlung des Institutes, gr\u00f6sstentheils von der Hand des leider verstorbenen Dworzazek, beherbergt.\nSchematische Wandtafeln, verbunden mit Demonstrationen am Mikroskope selbst, sind unstreitig geeigneter, scharfe und richtige Vorstellungen mikroskopischer Gegenst\u00e4nde zu verschaffen, als im verfinsterten Raume an die Wand projicirte Bilder, auf deren Erzeugung denn auch hier im allgemeinen Verzicht geleistet ist. Dass nach den Vorlesungen mikroskopische Demonstrationen stattfinden sollen, erfahren die Zuh\u00f6rer, dadurch, dass \u00fcber der Th\u00fcr 15c (Fig. 1, vergl. Fig. 2) das Wort \u00bbDemonstration\u00ab in weithin sichtbarer Schrift erscheint. Die Zuh\u00f6rer wissen alsdann, dass sie den Saal, statt durch die Vomitorien, durch diese Th\u00fcr zu verlassen haben, wie der Pfeil in Fig. 3 es ihnen vorschreibt, und sie betreten die \u00f6stlich den Saalbau begrenzende Demonstrations-Galerie* deren Fenster entlang sie auf einem 12 m langen Konsol die hinreichende Anzahl von Mikroskopen aufgestellt finden.\nDiese Galerie bietet noch eine dem Institut eigene Veranstaltung. Nichts ist im allgemeinen unfruchtbarer, als in physiologischen Vorlesungen Vivisektionen einer grossen Anzahl von Zuh\u00f6rern zugleich vorf\u00fchren zu wollen. Sehr wenig F\u00e4lle ausgenommen sehen die Meisten nichts von dem, was gezeigt wird, und verlieren Zeit, Spannkraft und Theilnahme, besonders wenn die Zurichtung erst vor ihren Augen vorgenommen wird. Im hiesigen Institut ist diese Schwierigkeit folgendermassen \u00fcberwunden. Die Demonstrations-Galerie \u00f6ffnet sich durch eine breite matte Glasth\u00fcr in das die nord\u00f6stliche Ecke des Saalbaues bildende Vivisektorium (24 in Fig. 1 und 2). Vor der Th\u00fcr befindet sich im Boden eine halbkreisf\u00f6r-","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n79\nmige, von zwei konzentrischen Gittern umschlossene Vertiefung. Hier werden die von einem Geh\u00fclfen im Vivisektorium vorbereiteten Thierversuche in der Art gezeigt, dass die Zuh\u00f6rer gen\u00f6thigt sind, wie der Pfeil in Fig. 3 es ihnen vorschreibt, zwischen den konzentrischen Gittern sich in zwei Reihen aufzustellen, von welchen die hintere \u00fcber die vordere hinwegsieht. So k\u00f6nnen etwa je 15 Personen auf einmal den Versuch bequem und ganz genau sehen. Auch andere im H\u00f6rsaal nicht wohl anstellbare Versuche, wie der am Weber\u2019schen Kreislaufsmodell, oder Versuche, bei welchen jeder herantreten muss,^vie \u00fcber den elektrischen Geschmack, \u00fcber den Ortsinn, \u00fcber die Khmungsgr\u00f6sse, werden in der Demonstrations-Galerie angestellt.\nEin Theil dieser Galerie ist durch ein Gitter abgetrennt und beherbergt die anatomische Sammlung, welche theils organologischen Erl\u00e4uterungen beim physiologischen Unterricht dient, theils einen Anhang der mikroskopisch-biologischen Abtheilung bildet, deren Vorsteher, Professor Gustav Fritsch, sich ihre Vermehrung nach den verschiedensten Richtungen der neueren Wissenschaft angelegen sein l\u00e4sst. Sie enth\u00e4lt einige dem Institut eigenth\u00fcmliche Gegenst\u00e4nde, wie die von Professor Fritsch zusammengebrachte Sammlung elektrischer Fische, welche wohl die vollst\u00e4ndigste gegenw\u00e4rtig vorhandene ist. Die Demonstrations-Galerie schm\u00fcckt die von dem j\u00fcngeren Christian Lehr ausgef\u00fchrte B\u00fcste Charles Darwin\u2019s.\nDamit sind die f\u00fcr die physiologische Hauptvorlesung getroffenen Veranstaltungen zun\u00e4chst ersch\u00f6pft. Ehe wir weiter gehen, wird es zweckm\u00e4ssig sein, den der Organisation des Institutes zu Grunde gelegten Gedanken zu entwickeln. Die Physiologie in ihrer gegenw\u00e4rtigen Gestalt zerf\u00e4llt in mehrere so verschiedene Zweige, dass sie fast wie ebensoviele besondere Disziplinen erscheinen, deren jede ihre eigenen Hilfsmittel, Verfahrungsarten, R\u00e4umlichkeiten beansprucht. Mindestens vier solcher Richtungen lassen sich unterscheiden: die chemische, die physikalische, die speziell-physiologische, auf die Erforschung der Funktionen am lebenden Thier durch den Thierversuch abzielende, endlich die mikrographisch-histologische, welche weniger scharf begrenzt durch Organologie, Entwickelungsgeschichte und Morphologie mit den \u00fcbrigen biologischen Disziplinen, Phylogenie, Urgeschichte, Anthropologie u. dgl. m. zusammenh\u00e4ngt. Es erschien passend das Institut diesen verschiedenen Richtungen gem\u00e4ss in ebensoviele Abtheilungen zu gliedern, welche unter der Oberleitung des Direktors von sogenannten Abtheilungsvorstehern,","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nBerlin.\ndenen nach Bed\u00fcrfnis noch Assistenten und Diener beizugeben w\u00e4ren, mehr selbst\u00e4ndig verwaltet werden sollten. Das vorgeordnete Ministerium ging bereitwillig auf diesen gross angelegten Plan ein, welcher nunmehr zum Verst\u00e4ndnis der \u00fcbrigen baulichen Anlagen den Sehl\u00fcssel geben wird.\nNat\u00fcrlich mussten bei dem Bau des Institutes diejenigen Abtheilungen r\u00e4umlich bevorzugt werden, bei welchen zahreicher Besuch der Studirenden zu erwarten war und vor allem w\u00fcnschens-werth schien. Wie nicht gesagt zu werden braucht, sind dies die chemisch-physiologische und die mikroskopische Abtheilung, zu deren Benutzung eigentlich alle Medizin Studirenden angehalten sein sollten, w\u00e4hrend vivisektorische und physikalisch-physiologische Versuche immer nur die Sache einiger wenigen besonders Beanlagten und Strebsamen bleiben werden. Demgem\u00e4ss gebietet die speziell-physiologische Abtheilung nur \u00fcber den als Vivisektorium bezeichneten Raum, der \u00fcbrigens durch die benachbarte Treppe mit Thierst\u00e4llen und anderen R\u00e4umlichkeiten im Kellergeschoss zusammenh\u00e4ngt, auch mit einem Digestorium versehen ist. Die physikalisch-physiologische Abtheilung ihrerseits ist in dem die nordwestliche Ecke des Saalbaues bildenden Pavillon (19 in Fig. 1) untergebracht, welchem f\u00fcr feinere Versuche noch zwei kleine Nebenr\u00e4ume (18 und 20) beigesellt sind.\nDer Raum (19) enth\u00e4lt in zwei einander diagonal gegen\u00fcberliegenden Ecken ersch\u00fctterungsfreie Pfeiler f\u00fcr Bussolen u. dgl. m. Sie sind aus einer Tiefe von mehreren Metern frei aufgemauert, durchbrechen, ohne es zu ber\u00fchren, das Gew\u00f6lbe des Kellergeschosses und sind mit dem Fussboden nur durch ein Kautschukhalsband zum Abhalten \u00fcblen Geruches aus etwa um ihre Basis stagnirendem Grundwasser verbunden. Die Bussolen oder sonstigen Apparate stehen auf Cements\u00e4ulen, welche auf der marmornen Deckplatte des Pfeilers ruhen. Bei alledem und trotz dem das ganze Grundst\u00fcck zum Abbalten von Ersch\u00fctterungen umgebenden Isolirgraben muss gesagt werden, dass Quecksilber in einer auf die M\u00e4rmorplaKiT gesetzten Schale fortw\u00e4hrend aus der Mitte konzentrisch sich verbreitende Wellen zeigt; nur in den fr\u00fchen Morgenstunden, wenn keine Wagen mehr das Erdreich weithin in Schwingungen versetzen, bleibt es in Ruhe. Bussolspiegel verrathen indess nichts von diesen Ersch\u00fctterungen.\nIm Institut hat jeder Raum, der dessen bedarf, seinen eigenen kleinen Motor. Der Kapselr\u00e4der auf dem Experimentirtisch wurde","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n31\nschon gedacht. Das Vivisektorium besitzt eine mit Gas zu betreibende Rennes\u2019sche kalorische Maschine, der Raum f\u00fcr physikalische Physiologie einen Schmidt\u2019schen Wassermotor.\nAn die physikalische Abtheilung grenzt s\u00fcdlich, der westlichen Seite des Saalbaues entlang und bis in das Hauptgeb\u00e4ude reichend, das Privatlaboratorium des Direktors (11, 16 und 17 in Figur 1). Es ist von seinem amtlichen Gesch\u00e4ftszimmer (10) aus zug\u00e4nglich, vom \u00fcbrigen Laboratorium aus aber nur durch die beiden von (17) nach (18) un^nach dem Korridor sich \u00f6ffnenden Th\u00f6ren, und ist so vor St\u00f6rungen gesichert. Bei seiner Einrichtung ist darauf Bedacht genommen, dass jeder k\u00fcnftige Direktor, welches auch seine besondere Arbeitsrichtung sei, dazu Gelegenheit finde.\nII. Das Hauptgeb\u00e4ude.\n1. Erdgeschoss. Um f\u00fcr die Sitzreihen im grossen H\u00f6rsaale das richtige Gef\u00e4lle zu erlangen, hat der Fussboden des Saalbaues anderthalb Meter unter den des Erdgeschosses des Hauptgeb\u00e4udes gelegt werden m\u00fcssen. Aus dem chemischen Raume des Privat-laboratoriums des Direktors f\u00fchrt eine in Figur 1 erkennbare Treppe in dessen amtliches Gesch\u00e4ftszimmer (10), welches durch eine eiserne Wendeltreppe mit dem im ersten Stock des Dienstwohngeb\u00e4udes gelegenen Arbeitszimmer und durch ein Vorzimmer (10a) mit dem westlichen Ende des in dem Hauptgeb\u00e4ude entlang laufenden Korridors im Erdgeschoss verbunden ist. Indem wir diesen nach Osten (von links nach rechts in den Figuren) entlang gehen, treffen wir auf nachstehende R\u00e4ume.\nRechterhand folgt auf eine Dienstwohnung f\u00fcr einen Assistenten der f\u00fcr die Sammlung der Instrumente und Apparate bestimmte Saal (4). Hier war es, wo am 6. Oktober 1882 von den im Kellergeschoss darunter gelegenen R\u00e4umen f\u00fcr gr\u00f6bere chemische Arbeiten aus durch einen fehlerhaften Schornstein Feuer sich verbreitete und grossen Schaden anrichtete, indem es nicht blos alle Gegenst\u00e4nde, selbst die in Schr\u00e4nken verwahrten, mit sauerem Theer \u00fcberzog, sondern auch die Reliquien aus Johannes M\u00fcller\u2019s Zeit, seine Apparate zur Lehre von den Sinnen und der Stimme, die Kemp eien\u2019sehe Sprechmaschine und noch sonst manches Unersetzliche zerst\u00f6rte.\nDem Instrumentensaal gegen\u00fcber liegt links das westliche Treppenhaus, dem \u00f6stlichen Treppenhaus gegen\u00fcber dementsprechend die mechanische Werkstatt (6). n.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nBerlin.\nDer Bibliotheksaal (7) ist mit besonderer Sorgfalt ausgestattet, hat ein polychromatisch verziertes Kreuzgew\u00f6lbe, eichenes naturfarbenes Mobiliar, B\u00fccherschr\u00e4nke mit Drahtgittern, welche ausser der Bibliothek des Institutes auch noch die der Berliner physiologischen Gesellschaft beherbergen. Hier h\u00e4lt diese Gesellschaft ihre Sitzungen, und theilte R. Koch einer Versammlung von etwa achtzig Physiologen und Aerzten, in zweist\u00fcndigem unvergesslichen Vortrage, zuerst seine Entdeckung des Tuberkelbacillus mit. Die N\u00e4he der Demonstrations-Galerie bietet der Gesellschaft Gelegenheit, nach der Sitzung dort vorbereiteten Versuchen und sonstigen Schaustellungen beizuwohnen.\nDer kleine H\u00f6rsaal mit 65 Sitzen ist f\u00fcr die Vorlesungen der beim Institut angestellten ausserordentlichen Professoren und Privatdozenten bestimmt und bietet im Kleinen fast alle im grossen H\u00f6rsaal aufgez\u00e4hlten Versuchsmittel dar.\nAm \u00f6stlichen Ende des Korridors f\u00fchrt links eine Treppe ins Freie, auf das Froschbassin des \u00f6stlichen Hof- und Gartenplatzes zu. Schliesslich st\u00f6sst der Korridor auf das Aquarium. Das Berliner physiologische Institut ist wohl das erste, welches ein vollst\u00e4ndig eingerichtetes Aquarium erhielt. Es besteht aus neun gr\u00f6sseren und kleineren Becken, welche beliebig mit S\u00fcss-und mit Salzwasser gef\u00fcllt und theilweise auch erw\u00e4rmt werden k\u00f6nnen. Um darin zu fischen, dient ein hinter ihnen entlang laufender Gang; sie gestatten aber auch, nach Art \u00f6ffentlicher Schauaquarien, die Beobachtung ihres Inhaltes bei durchfallendem Lichte. Das Aquarium und der kleine H\u00f6rsaal haben beide Oberlicht, wie aus Figur 2 verst\u00e4ndlich wird.\n2. Erster Stock (S. 74). Aus dem Vorraum des Aquariums f\u00fchrt eine eiserruTWendeltreppe in die mikroskopische Galerie (42) im ersten Stock, in welcher selbstredend an Mikroskopen und Mikrotomen neben dem, was der Anf\u00e4nger braucht, das Beste sich findet, was die heutige Technik vermag. Zimmer (37) an der Dorotheenstrasse enth\u00e4lt das Injektorium und den Br\u00fctofen.\nVerl\u00e4sst man westw\u00e4rts die von der Wendeltreppe her betretene mikroskopische Galerie, so befindet man sich am \u00f6stlichen Ende des Korridors im ersten Stock des Hauptgeb\u00e4udes. Man trifft links zuerst wieder auf eine Assistentenwohnung, dann auf ein f\u00fcr Pr\u00fcfungen eingerichtetes Zimmer (33). Nahe der Eingangsth\u00fcr zur mikroskopischen Galerie ist das von Professor L\u00fcrssen geschenkte Gypsmodell des Denkmals eingemauert, welches dem","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n83\nersten Assistenten bei der mikroskopischen Abtheilung, Earl Sachs, in den Nuovi Bagni bei Bormio, mit dem Fernblick auf die St\u00e4tte, wo er den Tod fand, von seinen Freunden errichtet wurde.\nWas nun, abgesehen von der Loge des grossen H\u00f6rsaales, im ersten Stock noch von R\u00e4umen \u00fcbrig ist, geh\u00f6rt der chemischphysiologischen Abtheilung. Auf das Pr\u00fcfungszimmer folgt ein f\u00fcr \u00fcbelriechende Operationen bestimmter Raum (32, H2S) mit stark gel\u00fcftetem Glasverschlage (32a); dann in der Mitte des Geb\u00e4udes der Raum f\u00fcr Spektralanalyse (31) mit Dunkelkammer (31a). Vor dem Fenster dieses Raumes kann ein Heliostat aufgestellt werden und, wenn es gew\u00fcnscht wird, seinen Strahl nicht blos in das gegenw\u00e4rtige Zimmer, sondern auch l\u00e4ngs der Hauptaxe des Mittelund des Saalbaues durch die Loge in den grossen H\u00f6rsaal und mit noch einer Reflexion auf den Experimentirtisch werfen.\nDas an den spektralanalytischen Versuchsraum stossende kleinere Zimmer (30) enth\u00e4lt die chemische Sammlung. F\u00fcnf weitere R\u00e4ume (26\u201429), acht Axen entsprechend, sind zu chemisch-physiologischen Arbeiten bestimmt und mit allen neueren H\u00fclfsmitteln versehen. Besonderen Zwecken dienen das Zimmer (26) mit zwei Digestorien, welches Ge\u00fcbtere aufnimmt, und (27), welches, mit zwei Verbrennungsnischen, f\u00fcr organische Elementaranalyse eingerichtet ist. Die Zimmer (28) und (29), beziehlich zu pr\u00e4parativen und zu analytischen Arbeiten bestimmt, haben jedes vier Digestorien.\nAuf der anderen, n\u00f6rdlichen Seite des Korridors liegt das Waagen- und Luftpumpenzimmer (38) und, m\u00f6glichst gesichert vor Temperaturwechseln, das Zimmer f\u00fcr Gasanalyse (39).\n3. Zweiter Stock. Einen zweiten Stock besitzt in der Vorderfront lr\u00fcr~3erl!I]Hdbau. Die Seitenfl\u00fcgel haben einen solchen nur nach Norden, den Hof- und Gartenpl\u00e4tzen zugekehrt.\nDer zweite Stock des Mittelbaues enth\u00e4lt an wissenschaftlichen R\u00e4umen ein vollst\u00e4ndiges photographisches Atelier als Anhang der mikroskopisch-biologischen Abtheilung und zwei Zimmer zu optischen Versuchen, ein dunkles und ein helles, deren ersteres durch ein Fenster, letzteres durch eine Th\u00fcr auf den Balkon des westlichen Risalits sich \u00f6ffnen. Der Sinn dieser Einrichtung ist, dass man vom Balkon aus dem vor dem Laden der Dunkelkammer aufgestellten Heliostat beikommen kann, ohne den Laden zu \u00f6ffnen und sich neben dem Heliostaten in oft sehr unbequemer Weise zum Fenster hinaus zu lehnen. Die Dunkelkammer ist mit SOS\u2019","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nBerlin.\ngenanntem Scheibenpapier mattschwarz tapezirt und hat Vorkehrungen f\u00fcr Mikrophotographie.\nDer zweite Stock enth\u00e4lt sonst nur noch Wohnungen. Vom Korridor des zweiten Stockes aus erreicht man durch eine Treppe den schon erw\u00e4hnten glasgedeckten Bodenraum \u00fcber dem grossen H\u00f6rsaal mit den zu des letzteren Beleuchtung und Verfinsterung dienenden Einrichtungen, sowie das noch h\u00f6her \u2014 etwa 19 m \u00fcber dem Experimentirtisch im grossen H\u00f6rsaal \u2014 gelegene Becken, welches durch die st\u00e4dtische Leitung mit Wasser gef\u00fcllt gehalten wird, und von welchem aus die Wassermotoren gespeist werden. Diese durch das Reglement der Wasserabgabe gebotene Einrichtung sichert die Gleichm\u00e4ssigkeit des Druckes.\n4. Kellergeschoss. In der westlichen H\u00e4lfte des Korridors folgt nach \"der Strasse z\u00fcTauf ein Wohnzimmer eine Flucht von R\u00e4umen f\u00fcr gr\u00f6bere chemische Arbeiten, mit Destillationsapparat, Schmelzofen, drei Digestorien u. dergl. m., darauf die Wohnstube des Heizers. Gegen\u00fcber, nach Hof und Garten zu, liegen die Thierst\u00e4lle f\u00fcr den Privatgebrau\u00e9h des Direktors und ein Gelass f\u00fcr allerhand Materialien, im Mittelbau das westliche Treppenhaus.\nIn der \u00f6stlichen H\u00e4lfte \u00f6ffnet sich auf das Vestibulum die unter der mechanischen Werkstatt und der Bibliothek (6 und 7) gelegene Wohnung des Pf\u00f6rtners, welche durch eine eiserne Wendeltreppe mit der Garderobe (5) verbunden ist. Unter der Assistentenwohnung aber liegt (unter 9) ein Raum, welcher das Tiefbassin des Aquariums und eine Otto\u2019sehe Gaskraftmaschine von einer Pferdekraft enth\u00e4lt. Diese dient zun\u00e4chst dazu, mittelst zweier Hartgummi-Centrifugalpumpen und emaillirter Eisenr\u00f6hren das aus dem Seewasserbecken abgeflossene Wasser in das Hochbassin auf dem Boden zur\u00fcckzuheben, von wo es mit der n\u00f6thigen Geschwindigkeit wiederkehrt, um durch die mitgerissene Luft das Wasser frisch zu erhalten. Nebenher bewegt der Gasmotor nach Bed\u00fcrfniss eine in demselben Raum aufgestellte, zur chemischen Abtheilung geh\u00f6rige Centrifuge. Der Raum unter (8) ist die Schmiede f\u00fcr den Maschinisten und den Mechaniker, mit Herd, Rauchmantel, Gebl\u00e4se, Amboss und sonstigem Zubeh\u00f6r.\nIII. Das Kellergeschoss unter dem Mittel- und dem Saalbau.\nDie Heizung des ganzen Institutes, mit Ausnahme der Dienstwohnungen, geschieht durch Dampf, welcher sogenannte Heizregister","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n85\nerw\u00e4rmt, hohle Eisenmassen, deren Oberfl\u00e4che hervorspringende Hippen vergr\u00f6ssern. Die an den Registern erw\u00e4rmte Luft erf\u00fcllt die R\u00e4ume, entweicht durch dem Fussboden nahe Oeffnungen und wird schliesslich durch die vom Strassenpflaster bis zur Verdachung gegen 25 m hohen L\u00fcftungsschlote abgef\u00fchrt, in denen die Rauchrohre eine starke Saugkraft erzeugen. Die \u00e4ussere Luft folgt diesem Zuge durch den Einfallsschacht auf dem \u00f6stlichen Gartenplatz, neben der Demonstrationsgalerie (s. Lageplan auf S. 59), und durch einen weiten gemauerten Kanal, von welchem aus sie sich an die verschiedenen Register auf allen Punkten des Geb\u00e4udes vertheilt. Diese Heizung erf\u00fcllt sehr vollkommen ihren Zweck; der heisse Dampf sch\u00fctzt auch das Wasser in dem Hochbassin zwischen den L\u00fcftungsschloten vor dem Einfrieren.\nUm die Angemessenheit und Best\u00e4ndigkeit der Temperatur in den verschiedenen R\u00e4umen zu \u00fcberwachen, sind darin Thermo-regulatoren angebracht. Eine durch die W\u00e4rme sich biegende Feder aus zwei Metallen zeigt durch Schliessung einer Kette im Heizraum an, dass die Temperatur gewisse Grenzen verl\u00e4sst, da dann der Maschinist es in seiner Gewalt hat, nach Bed\u00fcrfniss gr\u00f6ssere oder geringere Mengen warmer Luft Zustr\u00f6men zu lassen.\nDer Dampf wird in dem unter den Subsellien des grossen H\u00f6rsaales gelegenen Kesselhause in inexplosiblen (sogenannten Belleville-) R\u00f6hrenkesseln erzeugt. Der Druck in den Kesseln und der Dampfkammer kann 6\u20147 Atmosph\u00e4ren betragen, in den Heizrohren wird er durch ein Reduzirventil auf 2\u20143 Atmosph\u00e4ren herabgesetzt. Aus den Heizrohren sammelt sich heisses Wasser in vier Kondensationst\u00f6pfen an und wird durch die Speisepumpen den Kesseln wieder zugef\u00fchrt.\nMit demselben Dampfe kann eine Lachapelle\u2019sehe Dampfmaschine von sechs Pferdekr\u00e4ften im Kellergeschoss des \u00f6stlichen Treppenhauses betrieben werden. Diese Maschine bewegt entweder, zur Unterst\u00fctzung der L\u00fcftung durch Pulsion, einen neben ihr befindlichen Centrifugalventilator, oder mittelst einer Uebertragung durch Treibriemen eine im Erdgeschoss dar\u00fcber befindliche Dynamomaschine von Siemens und Halske. Letztere sendet ihren Strom beliebig nach dem photographischen Atelier, dem grossen oder kleinen H\u00f6rsaal, dem Vorbereitungszimmer oder der Demonstrationsgalerie, wo auf dem Konsol vor den Fenstern, der offenen Th\u00fcr 15 c des grossen H\u00f6rsaales gegen\u00fcber, die Bogenlampe steht und","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nBerlin.\nihre durch eine Sammellinse parallelisirten Strahlen l\u00e4ngs dem Ex-perimentirtisch in den H\u00f6rsaal schickt.\nUm den Heizraum im Kellergeschoss verdienen noch einige R\u00e4ume Erw\u00e4hnung. Von S\u00fcden her folgen einander: 1. Der Stall f\u00fcr Kaninchen und Meerschweinchen. Im Sommer gelangen die Thiere durch die Kellerfenster ins Freie auf den Grasplatz in der Umgebung des Lufteinfallschachtes neben der Demonstrationsgalerie. 2. Das Ranarium. In 45 cm H\u00f6he l\u00e4uft rings um den Raum eine gemauerte und in Cement geputzte Rinne von 38 cm Breite und 30 cm Dicke. Durch Schieferplatten ist die Rinne in Abschnitte von 40 cm L\u00e4nge getheilt. Jeder Abschnitt ist mit einem eisernen Drahtnetz abgedeckt und kann aus einem Quetschhahn einzeln durchtropft oder nach Bed\u00fcrfniss kr\u00e4ftig durchsp\u00fclt werden. Ein Ueberlauf bewirkt, dass das Wasser nicht h\u00f6her und nicht tiefer als 2 cm in dem Abschnitt stehen bleibt. Ein solcher Abschnitt nimmt etwa anderthalb Dutzend Fr\u00f6sche auf, so dass in den 31 Abschnitten, zu denen noch 10 \u00e4hnliche im Privatranarium des Direktors kommen, n\u00f6thigenfalls ein Wintervorrath von 700 St\u00fcck bequem Platz findet. Die Trennung in einzelne Zellen verhindert die Ausbreitung der bekannten Froschseuche. 3. Die Hundest\u00e4lle, unter dem Vivisektorium gelegen, sind, um die St\u00f6rung der Bewohner der Dienstwohngeb\u00e4ude durch das Hundegeheul zu vermindern, von diesen m\u00f6glichst weit entfernt. Die Hunde werden einzeln in K\u00e4figen gehalten. Ausser einem gr\u00f6sseren Stall sind zwei Isolirst\u00e4lle f\u00fcr zu beobachtende Hunde und eine Hundek\u00fcche vorhanden.\nIn der n\u00f6rdlichen Flucht, westlich vom kleinen Treppenhause, zwischen Vivisektorium und Vorbereitungszimmer (22 und 24, Fig. 1) finden sich eine Eiskammer mit Eisschrank, daneben eine Leichenkammer f\u00fcr Thierkadaver bis zur Abholung durch den Abdecker und zwei Batteriekammern, die eine mit dem Tableau am Ex-perimentirtisch des grossen H\u00f6rsaales, die andere mit dem Vivisektorium und dem physikalisch-physiologischen Raume (19) verbunden.\nDer westliche Korridor endlich ist f\u00fcr gewisse physiologischoptische Versuche eingerichtet, welche einen Dunkelraum von grosser L\u00e4nge erfordern.\nS\u00e4mmtliche Kellerr\u00e4ume und Hauptkorridore, die Umg\u00e4nge um den grossen H\u00f6rsaal, die R\u00e4ume im Erdgeschoss s\u00fcdlich vom Hauptkorridor, das amtliche Gesch\u00e4ftszimmer und das chemische Privat-laboratorium, endlich, wie wir schon sahen, der Raum f\u00fcr die Wand-","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Das physiologische Institut.\n87\nbilder sind gew\u00f6lbt. Die Korridore und Treppenh\u00e4user haben Metlacher Fussb\u00f6den; Gypsfussb\u00f6den das chemische Privatlaboratorium mit der Batteriekammer, das Vivisektorium und das In-jektorium der mikroskopischen Abtheilung, urspr\u00fcnglich auch die chemische Abtheilung, in welcher sie aber wegen Staubens nicht zweckm\u00e4ssig gefunden, sondern zum Theil durch Metlacher Fliesen ersetzt wurden. Die Kellerr\u00e4ume sind asphaltirt. In den H\u00f6rs\u00e4len und deren Vorbereitungszimmern, der Bibliothek, der Instrumentensammlung, dem physikalischen Privatlaboratorium, der physikalischphysiologischen Abtheilung, dem amtlichen Gesch\u00e4ftszimmer liegt eichener Stabfussboden. Wo nicht Oelanstrich vorzuziehen war, sind die R\u00e4ume, meist bis Reichh\u00f6he mit Oeltapete, die Decken, der Helligkeit wegen, weiss tapezirt.\nDas Institut enth\u00e4lt vier Wohnungen f\u00fcr Abtheilungsvorsteher oder deren Assistenten und Wohnungen f\u00fcr einen Hausverwalter, einen Pf\u00f6rtner, einen Maschinisten (diese drei mit Familie), einen Heizer und einen Hausdiener.\nEs hat Feuerh\u00e4hne und eine Alarmglocke zum Herbeirufen der Feuerwehr, ist durch Blitzableiter in Verbindung mit den eisernen Fahnenstangen auf dem Mittelbau gesch\u00fctzt und hat Fernsprechanschluss.\nDie erste Vorlesung fand im Wintersemester 1877\u201478 statt und wurde am 6. November 1877 durch eine Rede des zeitigen Direktors, Geheimen Medizinalrathes und Professors E. du Bois-Reymond, st\u00e4ndigen Sekret\u00e4rs der K\u00f6niglichen Akademie der Wissenschaften, er\u00f6ffnet. In dieser Rede, welche unter dem Titel \u00bbder physiologische Unterricht sonst und jetzt\u00ab im Verlage von August Hirschwald, 1878, erschien, finden sich die Gedanken ausgesprochen, welche bei dem Bau und der Organisation des Institutes massgebend gewesen sind, und es werden besonders die Gr\u00fcnde entwickelt, welche gegen eine Zweitheilung des physiologischen Unterrichtes sprechen, wie solche an der neuen Reichs-Universit\u00e4t versucht worden ist.\nDie dem Direktor unterstellten Abtheilungen haben jede ihren eigenen Vorsteher und zwar leitet: die mikroskopisch-biologische Abtheilung seit ihrem Bestehen Professor Dr. Gustav Fritsch: als Assistent steht demselben Dr. Karl Benda zur Seite; die chemische Abtheilung Professor Dr. Albrecht Kossel mit seinem Assistenten Dr. Karl Schotten; die speziell physiologische Abtheilung Professor Dr. Gad; die physikalisch-physiologische Abtheilung, welche im Jahre 1889 endlich dem urspr\u00fcnglichen Plane gem\u00e4ss die Organi-","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nBerlin.\nsation des Institutes vervollst\u00e4ndigte, Professor Dr. Arthur K\u00f6nig. Vorlesungs-Assistent ist Dr. Heymann. Die mechanische Werkstatt steht unter der Leitung von Walther Oehmke.\nBei der Neugestaltung des Institutes wurde f\u00fcr dessen instrumentale Einrichtung dem Direktor eine Summe von 32 400 Mark zur Verf\u00fcgung gestellt. Der j\u00e4hrliche Etat des Institutes bel\u00e4uft sich gegenw\u00e4rtig im Ganzen auf 45200 Mark. Davon sind 16080 Mark f\u00fcr Gehalte, Remunerationen und sonstige dauernde pers\u00f6nliche Ausgaben, etwa 3000 Mark f\u00fcr dauernde s\u00e4chliche Ausgaben (Remontevertr\u00e4ge u. d. m.) bestimmt. Von den f\u00fcr s\u00e4chliche Ausgaben \u2018 \u00fcbrigbleibenden 26 120 Mark wurden im verflossenen Etatsjahre rund 9920 Mark f\u00fcr Heizung, Gas und Wasser gezahlt, so dass f\u00fcr wissenschaftliche Ausgaben 16 200 Mark verf\u00fcgbar blieben. Die Instandhaltung der Geb\u00e4ude geschieht auf Kosten des Baufonds der Universit\u00e4t.\nDie wissenschaftlichen Leistungen des Institutes w\u00e4hrend der zw\u00f6lf Jahre seines Bestehens in der gegenw\u00e4rtigen Gestalt sind den Fachgenossen noch mehr im Ged\u00e4chtniss, als dass es n\u00f6thig scheinen k\u00f6nnte, hier ein Verzeichniss davon zu geben. Was den Besuch der Anstalt betrifft, so gen\u00fcgt wohl die Bemerkung, dass sie trotz ihrer,, wie es scheinen k\u00f6nnte, grossartig bemessenen Anlage, sehr bald nach fast allen Richtungen sich als zu beschr\u00e4nkt erwies; um ein Beispiel anzuf\u00fchren; die chemisch-physiologische Abtheilung wird in jedem Semester von etwa 80 Laboranten besucht, die sich folgender-massen vertheilen: 30 Z\u00f6glinge der milit\u00e4r\u00e4rztlichen Bildungsanstalten, 15 Studirende, welche einen Kursus durchmachen, 10 Adepten, welche eigene Untersuchungen anstellen, darunter praktische Aerzte und Universit\u00e4tslehrer, 25 Pharmazeuten. Stets aber befindet sich Professor Kossel in der Lage, noch weiter sich Meldende zur\u00fcckweisen zu m\u00fcssen.","page":88}],"identifier":"lit26299","issued":"1890","language":"de","pages":"72-88","startpages":"72","title":"Das physiologische Institut (NW., Dorotheen-Strasse 35, Berlin.)","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:35:04.905137+00:00"}