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{"created":"2022-01-31T15:24:26.019986+00:00","id":"lit28894","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kries, J. v.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 241-324","fulltext":[{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem physiologischen Institut zu Freiburg i. B.)\n\u00dcber Farbensysteme.\nVon\nJ. y. Kries.\nMit 6 Figuren im Text.\nI.\nWenn ich im Folgenden nach einer l\u00e4ngeren Reihe von Jahren auf gewisse fr\u00fcher behandelte Fragen wieder zur\u00fcckkomme, so wird eine Vorbemerkung dar\u00fcber am Platze sein, weshalb und von welchem Standpunkte aus dies geschieht. Hinsichtlich der sogenannten dichromatischen Farbensysteme oder partiellen Farbenblindheiten, und besonders auch hinsichtlich ihrer Beziehung zu dem normalen trichromatischen Farbensystem stehen sich, wie bekannt, die von der Young-HELMHOLTZschen und die von der HERiNGschen Theorie ausgehende Auffassung gegen\u00fcber. Dieser Gegensatz bleibt in vollem Mafse selbst dann von Bedeutung, wenn man der einen oder anderen dieser Theorien auch nur in beschr\u00e4nkterem Sinne G\u00fcltigkeit zuzugestehen geneigt ist, ja selbst unter Absehung von theoretischen Vorstellungen \u00fcberhaupt; denn er bezeichnet sehr erhebliche Meinungsverschiedenheiten bez\u00fcglich der that-s\u00e4chlichen Verh\u00e4ltnisse, wie das sehr klar schon in der Annahme resp. Verneinung eines typischen Unterschiedes zwischen Rotund Gr\u00fcnblinden zum Ausdruck kommt. W\u00e4hrend vor mehr als 20 Jahren die Mehrzahl der Untersucher sich der Helm-HOLTZschen Auffassung zugeneigt haben d\u00fcrfte, auch ich selbst mich in diesem Sinne damals ausgesprochen habe,1 ist dann in\n1 y. Kries und K\u00fcster, \u00dcber angeborene Farbenblindbeit. Arch. f. Physiol 1879. S. 513.\nFerner y. Kries, Die Gesichtsempfindungen und ihre Analyse. Leipzig 1881. S. 145.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII.\n16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nJ. v. Kries.\nneuerer Zeit unter dem Einflufs der HERiNGschen Publikationen in weiten Kreisen die andere Anschauung bevorzugt worden. Nun bin ich niemals der Ansicht gewesen, dafs in den neueren Beobachtungen \u00fcber das Sehen der Dichromaten vollg\u00fcltige Beweise f\u00fcr diese letztere Auffassung zu erblicken w\u00e4ren. Wenn ich gleichwohl l\u00e4ngere Zeit hindurch mich \u00fcber den Gegenstand nicht ge\u00e4ufsert habe, so hatte dies seinen besonderen Grund. Er lag darin, dafs durch die Beobachtungen von Hering und Hillebrand1 eine neue, auch f\u00fcr die Auffassung der Parbenblindheiten sehr belangreiche Thatsache aufgedeckt worden war. Der Parbent\u00fcchtige, so fanden sie, bei sehr geringem Licht und mit gut adaptiertem Auge sehend, sieht ganz ebenso wie der total Farbenblinde, n\u00e4mlich Alles farblos, und dabei in einer von der gew\u00f6hnlichen stark abweichenden HelligkeitsVerteilung. Ohne Zweifel wurde hierdurch wahrscheinlich gemacht, dafs unter diesen Umst\u00e4nden nur ein bestimmter Teil des Sehorgans funktioniere, n\u00e4mlich eben derjenige, den der tolal Farbenblinde noch allein besitzt ; und es lag nahe, hierin die schwarzweifse Sebsubstanz Herings in typischer und deutlicher Isolierung zu erblicken, um so mehr, da sich einsehen liefs, dafs die Dunkeladaptierung im wesentlichen die Lichtwirkungen auf diese beg\u00fcnstigen m\u00fcsse. Lag aber hier die Isolierung eines nur der farblosen Helligkeitsempfindung dienenden Organteils scheinbar ganz deutlich vor,, sowar dann die Annahme weiterer Komponenten, die den farbigen Bestimmungen zu dienen h\u00e4tten und im wesentlichen mit den von Hering angenommenen \u00fcbereinstimmen mufsten, kaum mehr zu umgehen, trotz der Schwierigkeiten, welche sich bei der Durchf\u00fchrung dieser Anschauung aus der spezielleren Natur der den Farbenblinden eigent\u00fcmlichen Verwechselungsgleichungen ergaben. Allm\u00e4hlich indessen hat sich durch die Arbeiten von K\u00f6nig, Parinaud und mir selbst2 mit grofser Wahr-\n1\tHillebrand, \u00dcber die spezifische Helligkeit der Farben (mit Vorbemerkungen yon E. Hering). Sitmngsber. d. Wien. Akad.\u2019 Math.-naturw. Kl. XCVIII. S. 70. 1889.\n2\tA. K\u00f6nig, \u00dcber den menschlichen Sehpurpur und seine Bedeutung f\u00fcr das Sehen. Sitmngsber. d. Kerl. Akad. 1894. S. 577.\ny. Kries, Tiber den Einflufs der Adaptation auf Licht- und Farbenempfindung und \u00fcber die Funktion der St\u00e4bchen. Freiburg 1894. Ferner: \u00dcber die Punktion der Netzhautst\u00e4bchen. Diese Zeitschr. IX. S. 81.","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n243\nscheinlichkeit her ansgestellt, dafs die Dinge doch nicht so einfach liegen, und dals die erw\u00e4hnten Beobachtungen von Hering und Hillebrand ganz anders zu deuten sind. Nach der von mir vertretenen Anschauung\u2014 eine ausf\u00fchrliche Auseinandersetzung wird an dieser Stelle nicht erforderlich sein \u2014 h\u00e4tten wir uns neben dem trichromatischen Apparat und von ihm in der Hauptsache unabh\u00e4ngig einen monochromatischen d. h. total farbenblinden im Auge angeordnet zu denken, und dieser, vorzugsweise adaptationsf\u00e4hig, w\u00fcrde beim sogenannten D\u00e4mmerungssehen, d. h. dem Sehen des dunkel-adaptierten Auges bei schwachem Licht, ausschlielslich funktionieren. Haben wir in dem Sehen des total Farbenblinden, ebenso in unserem eigenen Sehen bei dunkel-adaptiertem Auge und herabgesetzter Beleuchtung die ausschliefsliche Th\u00e4tigkeit dieses Dunkel-Apparates vor uns, so werden damit die Aufschl\u00fcsse hinf\u00e4llig, welche uns diese Verh\u00e4ltnisse in Bezug auf die Gliederung des trichromatischen farbent\u00fcchtigen Apparates zu geben schienen.\nIm ganzen kann man daher sagen, dafs nach der Klarstellung dieser, durch Herings Beobachtungen in den Mittelpunkt des Interesses ger\u00fcckten Erscheinungen (D\u00e4mmerungssehn, P\u00fcRKiNJEsches Ph\u00e4nomen, totale Farbenblindheit) die Lehr\u00a9 von den dicliromatischen Farbensystemen sich wieder auf dem n\u00e4mlichen Standpunkt befand wie vorher, und dafs der Versuch, \u00fcber die Gliederung des trichromatischen Apparates durch ein genaueres Studium jener Erscheinungen etwas zu erfahren, nach genau denselben Prinzipien unternommen resp. fortgesetzt werden konnte, welche schon fr\u00fcher f\u00fcr die Untersuchungen von Helmholtz, Maxwell, Donders, f\u00fcr diejenigen von mir und K\u00fcster, neuerdings die von K\u00f6nig, und f\u00fcr zahlreiche andere mafsgebend gewesen waren. Eine kurze Er\u00f6rterung dieser Prinzipien wird sogleich noch zu geben sein; vorher ist nur noch ein Punkt zu ber\u00fchren, in dem die Entwickelung der St\u00e4bchentheorie allerdings eine Modifikation der hier einzuhaltenden. Verfahrungs-weisen forderte. K\u00f6nnen wir es als sicher annehmen, dafs di\u00a9 Farbent\u00fcchtigen und die Farbenblinden sich hinsichtlich ihres Hellapparates unterscheiden, dafs aber die Dunkelapparate in\nParinaud, La sensibilit\u00e9 de l\u2019oeil aux couleurs spectrales; fonctions des \u00e9l\u00e9ments r\u00e9tiniens et du pourpre visuel. Ann. d\u2019ocul. CXIL\nS. 228. 1894.\n16*","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nJ. v. Kries.\nallen F\u00e4llen mit grofser Ann\u00e4herung \u00fcbereinstimmend sich verhalten, so ist klar, dafs alles darauf ankommen wird, die optischen Funktionen unter Umst\u00e4nden zu pr\u00fcfen, welche eine m\u00f6glichst ausschliesliche Funktion des Hellapparates garantieren. Dagegen werden Beobachtungen, bei denen eine kombinierte Funktion beider Apparate anzunehmen ist, naturgem\u00e4fs weniger leicht deutbar und zur theoretischen Analyse weniger geeignet sein, schon aus dem Grunde, weil uns gegebenen Falls doch jeder Anhalt daf\u00fcr fehlt, um zu beurteilen, in welchem Verh\u00e4ltnis beide Apparate beteiligt sind, ja sogar die M\u00f6glichkeit, dieses Verh\u00e4ltnis in successiven Versuchen oder bei verschiedenen Personen \u00e4hnlich herzustellen. Aus diesem Grunde ist jedenfalls vorl\u00e4ufig die Untersuchung der extremen F\u00e4lle, in denen wir m\u00f6glichst reine Th\u00e4tigkeit des Hell- resp. des Dunkelapparates annehmen k\u00f6nnen, am meisten zu empfehlen. Deiri-gem\u00e4fs sind denn die Beobachtungen, \u00fcber die nachstehend berichtet wird, alle mit hell-adaptiertem Auge und auf kleinem Felde (etwa 18/V,; Durchmesser) gemacht. Sie sind Hellgleichungen in demselben Sinne, wie die entsprechenden, \u00fcber die ich fr\u00fcher mit Nagel (diese Zeitschrift XII. S. 1 f.) berichtet habe.\nWas nun den Grundgedanken der Untersuchung angeht, so ist derselbe durch die haupts\u00e4chlich in Betracht kommenden theoretischen Auffassungen des trichromatischen Apparates insoweit gegeben, dafs gewisse Fragen als vorzugsweise interessierende sogleich festgestellt und die Hauptaufgaben danach angegeben werden k\u00f6nnen. Da trotz \u00f6fter verschiedener Darstellung hier\u00fcber auch im wesentlichen Einstimmung herrscht, so wird es gen\u00fcgen, diese Grundgedanken hier ganz kurz zu erl\u00e4utern. Geht man n\u00e4mlich von dem allen Komponenten-theorieen gemeinsamen Grundgedanken aus, dafs der Sehapparat sich aus einer beschr\u00e4nkten Zahl von Bestandteilen zusammensetzt, durch deren verschiedene Beth\u00e4tigung die Verschiedenheiten unserer Gesichtsempfindungen in Bezug auf Helligkeit und Farbe bestimmt werden, so wird offenbar die n\u00e4chstliegende Frage in Bezug auf die beschr\u00e4nkteren Farbensysteme die seinj ob man dieselben sich aus dem normalen durch das einfache Fehlen eines gewissen Bestandteils entstanden denken kann. Dies ist ohne Zweifel die einfachste Beziehung, die z. B. zwischen dem dichromatischen und dem trichromatischen System stattfinden kann. Es ist, wie bekannt, auch diejenige, welche","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysieme.\n245\nsowohl von Helmholtz im Sinne seiner Theorie wie von Hering im Sinne der seinigen angenommen resp. behauptet worden ist. Die theoretische Bedeutung eines solchen Verh\u00e4ltnisses liegt alsdann darin (wie ebenfalls von diesen beiden Autoren ganz \u00fcbereinstimmend angenommen worden ist), dafs, falls in der That die partielle Farbenblindheit gegen\u00fcber dem normalen Farbensinn eine reine Ausfallerscheinung darstellt, aus den Beziehungen beider Systeme sich sogleich eine gewisse Charakterisierung des fehlenden Bestandteiles ableiten l\u00e4fst. Im \u00fcbrigen ist bekannt, in welcher Weise sich die G\u00fcltigkeit der in Rede stehenden Beziehung in den Beobachtungen darstellen mufs. Dem Dichromaten werden, wenn er sich vom Farbent\u00fcchtigen nur durch den Mangel eines Bestandteiles unterscheidet, diejenigen Lichtgemische, die dem Farbent\u00fcchtigen gleich erscheinen, durchweg auch gleich erscheinen m\u00fcssen. Daneben aber m\u00fcssen ihm auch alle diejenigen Lichter gleich erscheinen, welche f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen sich nur bez\u00fcglich ihrer Wirkung auf jenen dem Dichromaten fehlenden Organteil unterscheiden. Zur Feststellung des in Rede stehenden Verh\u00e4ltnisses w\u00e4re also im Grunde nur erforderlich zu ermitteln: erstens, ob in der That das System ein dichromatisches ist (der Eindruck jedes beliebigen Lichtes durch die Mischung von zwei passend gew\u00e4hlten Lichtern hervorgerufen werden kann), und zweitens, ob in Strenge der Satz gilt, dafs Farben, die dem Farbent\u00fcchtigen gleich erscheinen, auch von dem Dichromaten f\u00fcr gleich gehalten werden. Ganz das Entsprechende w\u00fcrde, mutatis mutandis, auch f\u00fcr den total Farbenblinden gelten. Es handelt sich also, um f\u00fcr das Auseinandergesetzte einen kurzen Ausdruck festzuhalten, darum, ob wir uns die Farbenblindheiten gegen\u00fcber dem normalen Farbensinn als reine Ausfallserscheinung, ob wir uns die verschiedenen Farbensysteme aus dem normalen durch Reduktion entstanden denken d\u00fcrfen.\nDie eben gegebene Darlegung trifft sachlich genau zusammen mit der von K\u00f6nig seinen Untersuchungen zu Grunde gelegten, auf deren mathematische Formulierung daher hier nur kurz hingewiesen zu werden braucht. Bekanntlich kann die Gesamtheit der f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen geltenden Mischungsgleichungen durch die Angabe dreier Funktionen der Wellenl\u00e4nge dargestellt werden, welche angeben, welche Mengen","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nJ. v. Kries.\nder drei f\u00fcr die Mischungen gew\u00e4hlten Lichter der Mengeneinheit der betreffenden Wellenl\u00e4nge gleich erscheinen. Die betreffenden Funktionen sind deswegen von der Wahl der in den Mischungen benutzten Lichter abh\u00e4ngig, und k\u00f6nnen bei Wahl anderer Lichter durch drei andere ersetzt werden. Dabei mufs jedoch, sofern das Newton sehe Farbenmischungsgesetz g\u00fcltig ist, jede neue Funktion eine homogene lineare Funktion der drei der anderen Darstellung angeh\u00f6rigen sein. Das Gleiche gilt wiederum f\u00fcr das dichromatische System. Ist nun letzteres aus dem trichromatischen durch Reduktion entstanden, so mufs dies darin ersichtlich werden, dais die dem normalen System angeh\u00f6rigen Kurven eine Darstellung gestatten, bei welcher ihrer zwei mit denjenigen des dichromatischen Systems zusammenfallen, mit anderen Worten, dafs sich die Funktionen des dichromatischen Systems mit zwei linearen Funktionen von denjenigen des trichromatischen decken. Dies ist, wie man sieht, der mathematische Ausdruck f\u00fcr die generelle G\u00fcltigkeit des Satzes, dafs die den Trichromaten gleich erscheinenden Lichter auch f\u00fcr die Dichromaten gleich sind.\nDie obige Darstellung weicht, wie weiter hervorzuheben ist, auch von einer \u00e4hnlichen Herings1 nur scheinbar ab. Immerhin mufs ich auf diese letztere hier kurz eingehen. Wenn wir zun\u00e4chst in Frage bringen, ob die dichromatischen und das monochromatische System einfache Reduktionen des normalen sind, so ist damit auf die theoretisch wenigstens gegebene M\u00f6glichkeit hingewiesen, dafs sich dies etwa anders verhalte. Eben diese M\u00f6glichkeit f\u00fchrt auch Herings eben erw\u00e4hnte Darlegung aus, in welcher qualitative und quantitative Modifikationen der optischen Reizwerte unterschieden werden.\n\u201eAllen rein quantitativen Anomalien,\u201c sagt Hering (a. a. O. S. 309 f.), ist gemeinsam, dafs ein homogenes Licht von nur quantitativ anomalem Reizwerte dieselbe Empfindung erweckt, die es auch dem normalen Auge, f\u00fcr welches es normalen Reizwert hat, dann erwecken w\u00fcrde, wenn seine Energie schon vor dem Eintritt ins Auge entsprechend vermindert oder vermehrt w\u00e4re.\u201c\n1 Hering, \u00dcber einen Fall von G-elb-Blau-Blindheit. Pfl\u00fcgers Arch, f. d. ges. Physiol. LYII. S. 308.","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber luarbensysterne.\n247\n\u201eVon den quantitativen Anomalien unterscheiden sich die qualitativen dadurch, dafs sie durch \u00c4nderungen der Lichtenergie nicht korrigiert werden k\u00f6nnen. Das anomale Auge erh\u00e4lt daher von den homogenen Lichtern im allgemeinen Empfindungen, welche dem normalen Auge nur durch Licht anderer Wellenl\u00e4nge oder durch bestimmte zusammengesetzte Lichten erzeugt werden, letzteres z. B. dann, wenn jedes homogene Licht dem anomalen Auge eine farblose Empfindung erweckt (totale Farbenblindheit,) ersteres dann, wenn homogenes violettes Licht dem anomalen Auge blau erscheint (\u00dfot - Gr\u00fcnblindheit)........\nQualitative Anomalien des Farbensinnes sind hiernach darin begr\u00fcndet, dafs eine oder beide farbig wirkenden Urvalenzen relativ zu den anderen herabgesetzt sind, und zwar f\u00fcr alle homogenen Lichter in demselben Verh\u00e4ltnis; g\u00e4nzlicher Ausfall einer farbig wirkenden Urvalenz bedingt partielle, g\u00e4nzlicher Ausfall beider farbig wirkenden totale Farbenblindheit.\u201c\n\u00dcbertragen wir dies in eine ver\u00e4nderte Terminologie, und zwar der Art, dafs, was mir doch klarer und bedeutungsvoller erscheint, nicht von den Modifikationen der optischen Reiz-werte der Lichter sondern von den Modifikationen der Sehsubstanzen ausgegangen wird, so bemerken wir, dafs die von H. sogen, qualitativen Anomalien alle diejenigen F\u00e4lle umfassen, in denen eine Sehsubstanz fehlt, und auch wohl diejenigen, in denen eine Sehsubstanz (ohne qualitative Ver\u00e4nderung) nach Mafs und Wirksamkeit reduziert ist, alle diejenigen F\u00e4lle also, die wir auf rein quantitative Modifikationen der Sehsubstanzen zur\u00fcckf\u00fchren k\u00f6nnen, und welche theoretisch als vollkommen verst\u00e4ndlich gelten d\u00fcrfen. Die von Hering sogenannten quantitativen Anomalien sind dagegen von anderer Art. Wenn z. B., wie in dem dort er\u00f6rterten Falle angenommen wird, die Reizwerte der kurzwelligen Lichter relativ zu den Reizwerten der langwelligen kleiner sind als f\u00fcr das normale Auge, (was Hering eine quantitative Anomalie nennt), so liegt darin offenbar eine, ihren Gr\u00fcnden nach zun\u00e4chst nicht aufkl\u00e4rbare qualitative Modifikation der Sehsubstanzen, durchweiche eben das Verh\u00e4ltnis ihrer Erregbarkeiten gegen\u00fcber verschiedenen Lichtern modifiziert ist. Ich w\u00fcrde hiernach vorziehen, wo Hering von einer quali-","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nJ. v. Kries.\ntativen Anomalie der optischen Reizwerte1 spricht, von einer quantitativen Anomalie des Sehorgans resp. seiner Bestandteile zu reden, und umgekehrt. Dies hervorzuheben schien mir deshalb wichtig, weil in der HERiNGschen Darstellung nicht bemerklich wird, einen wie grofsen Unterschied es f\u00fcr die Theorie macht,, ob wir zur Erkl\u00e4rung der Earbenblindheit (in Herings Bezeichnung) qualitative oder quantitative Modifikationen anzunehmen haben. Wir m\u00fcssen aber betonen, dafs eigentlich nur, wenn sich die Farbenblindheit als Ausfallserscheinung darstellt, von einer so einfachen und befriedigenden Erkl\u00e4rung aus der Theorie gesprochen werden darf, dafs die betreffenden Erscheinungen selbst wieder der Theorie zur St\u00fctze dienen k\u00f6nnen. M\u00fcssen wir daneben noch Modifikationen der optischen Substanzen annehmen, von denen sich keinerlei Rechenschaft ablegen l\u00e4fst, so kann man im Grunde doch nur sagen, dafs die Theorie den betreffenden Erscheinungen gegen\u00fcber versagt, wenn sie sich auch vielleicht nicht gerade in Widerspruch mit ihnen setzt.\nEiniges wenige ist, ehe ich an die Mitteilung der Beobachtungen gehe, noch kurz zu erledigen. Zun\u00e4chst ein Punkt: die Nomenclatur. Die Untersuchungen haben, wie hier im Voraus angef\u00fchrt sei, ergeben, dafs die alte Unterscheidung der Rot- und Gr\u00fcnblinden eine unentbehrliche, und dafs auch die theoretische Auffassung berechtigt ist, nach der wir uns aus dem normalen Sehorgan durch Fehlen eines Bestandteiles die eine, durch Fehlen eines andern die andere Form der Farbenblindheit entstehen denken. Gleichwohl ist die Bezeichnung Rotblindheit und Gr\u00fcnblindheit keine gl\u00fccklich gew\u00e4hlte und sie ist die Quelle endloser Mifsverst\u00e4ndnisse gewesen. Ich m\u00f6chte daher vorschlagen, sie durch Benennungen zu ersetzen, welche das Wesentliche kenntlich machen, ohne falsche Auffassungen nahe zu legen. Dieser Anforderung d\u00fcrfte am besten ein fremdsprachiger Ausdruck gen\u00fcgen, der das Fehlen eines ersten resp. zweiten Bestandteiles bedeutet, und ich will daher die Rotblinden \u201eProtanopen\u201c die Gr\u00fcnblinden \u201eDeuter a-nopenu nennen.2\n1\tHering spricht \u00fcbrigens gelegentlich auch von einer quantitativen Anomalie des Farbensinnes (z. B. a. a. O. S. 312 unten), was dann wohl noch leichter mifsverstanden werden kann.\n2\tDie Gr\u00fcnde f\u00fcr die Einf\u00fchrung der neuen Bezeichnungen wird man in den nachstehend mitgeteilten Thatsachen und besonders in den","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysterne.\n249\nSodann ist hier ein Punkt zu ber\u00fchren, der sowohl bei der Ausf\u00fchrung als bei der Beurteilung der Versuche besondere Beachtung erheischte, n\u00e4mlich die \u201eindividuellen Verschiedenheiten\u201c des Farbensinnes. Es kann wohl gegenw\u00e4rtig als sicher gelten, dafs individuelle Verschiedenheiten zum Teil, wie wir kurz sagen d\u00fcrfen, in rein physikalischer Weise, n\u00e4mlich durch die ungleiche Lichtabsorption in gef\u00e4rbten Medien des Auges, besonders dem Pigment des gelben Flecks, bedingt werden. Derartige Differenzen sind nat\u00fcrlich in Hinblick auf die eigentlichen optischen Substanzen als etwas Accidentelles und Nebens\u00e4chliches zu betrachten; sie k\u00f6nnten aber, sobald sie betr\u00e4chtliche Grade erreichen, f\u00fcr die Untersuchung aufserordentlich erschwerend werden, ja die strikte Beantwortung der gestellten Fragen event, ganz unm\u00f6glich machen. Ist nun auch dies, wie die Erfahrung lehrt, thats\u00e4chlich nicht der Fall, so ist doch jedesmal die Er\u00f6rterung geboten, ob sich irgendwelche Unterschiede etwa auf die Verh\u00e4ltnisse der absorbierenden Medien zur\u00fcckf\u00fchren lassen. Abgesehen hiervon wird auch die M\u00f6glichkeit im Auge zu behalten sein, dafs etwa die Sehorgane verschiedener farbent\u00fcchtiger Personen auch in anderen wirklich physiologischen Beziehungen sich voneinander unterscheiden, was ja, unbeschadet des Umstandes, dafs alle trichromatisch w\u00e4ren, recht wohl der Fall sein k\u00f6nnte. Die obige Betrachtung ging von dem normalen trichromatischen System wie von einem festen Ausgangspunkt aus. Der sichere Boden, auf den diese Untersuchung gestellt schien, k\u00f6nnte auch dadurch ins Wanken kommen, dafs es verschiedene Formen tri ehr omatischer Systeme giebt. Bekanntlich ist K\u00f6nig geneigt, gewisse zuerst von Lord Bayleigh, dann von Donders, dann von ihm selbst beobachtete F\u00e4lle in diesem Sinne zu nehmen; er hat sie als anomale trichromatische Systeme bezeichnet.* 1 Da die Beobachtungen\nEr\u00f6rterungen in Abschnitt VI finden. Ich h\u00e4tte im Grunde Worte vorgezogen, welche lediglich das Pehlen eines ersten oder zweiten Bestandteils bedeuteten, w\u00e4hrend die Endung. .. anopen, indem sie das \u201eNichtsehen\u201c anzeigt, meinem Wunsche schon nicht ganz entspricht. Indessen hat es weder mir noch einem mich freundlichst beratenden philologischen Kollegen gelingen wollen, brauchbare Wortbildungen dieses Sinnes zu Stande zu bringen.\n1 K\u00f6nig und .Dieterici, \u00dcber die Grundempfindungen und ihre Intensit\u00e4tsverteilung im Spektrum. Fiese Zeitschr. IV. S. 280 f.\nRayleigh, Nature. XXV. p. 64. 1882.\nBonders, Farbengleichungen. Arch. f. Physiol 1884. S. 518.","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nJ. v. Kries.\n\u00fcber diesen Punkt nocb wenig zablreieb sind, \u00fcberdies, wie es scheint, Hering geneigt ist, auch diese Differenzen auf das Makula-Pigment zur\u00fcckzuf\u00fchren, so war es geboten, auch diesem Gegenst\u00e4nde die Aufmerksamkeit zuzuwenden.\nF\u00fcr den allgemeinen Gang der Versuche w\u00e4re nun im Grunde der einfachste Modus der gewesen, dafs durch systematische Darstellung der Mischungsgleichungen die Farbensysteme, der Farbent\u00fcchtigen, der Dichromaten etc. festgelegt worden w\u00e4ren, und es k\u00f6nnte daran die auf rein rechnerischem Wege zu beantwortende Frage gekn\u00fcpft werden, ob sich die betreffenden Funktionen der dichromatischen Systeme als lineare Funktionen von denjenigen des trichromatischen Systems darstellen lassen. Ich habe jedoch diesen Weg, wiewohl seine mathematische Eleganz auf den ersten Blick einladend erscheint, doch nur zum Teil verfolgt. F\u00fcr die Dichromaten n\u00e4mlich konnte ohne Schwierigkeit so verfahren werden, wie dies von K\u00f6nig und seinen Mitarbeitern und wie es auch von Hagel geschehen ist, so n\u00e4mlich, dafs zu einer passenden Leihe homogener spektraler Lichter die gleich erscheinende Mischung eines lang- und eines kurzwelligen Lichtes aufgesucht wurden.. Dagegen st\u00f6fst f\u00fcr die Farbent\u00fcchtigen die Durchf\u00fchrung, eines analogen Verfahrens wenigstens mit den zur Zeit verf\u00fcgbaren H\u00fclfsmitteln auf grofse Schwierigkeiten. Da nun ein Teil der vom Farbent\u00fcchtigen zu gewinnenden Gleichungen wegen des relativ bedeutenden Einflusses, den hier die individuellen Verschiedenheiten der Makula-Tingierung gewinnen, ohnehin von geringerer Bedeutung ist und das Hauptinteresse' sich auf einen gewissen relativ einfacher zu behandelndem Teil konzentriert, ist es mir zul\u00e4ssig erschienen die Beobachtung der Farbent\u00fcchtigen nur mit einiger Einschr\u00e4nkung durchzuf\u00fchren; aufserdem habe ich aber in vielen F\u00e4llen die Be-' Ziehungen zu den Dichromaten durch einen direkten Vergleich, n\u00e4mlich durch gleichzeitig resp. alternierend ausgef\u00fchrte Beobachtungen klar zu legen versucht. Wie zu diesem Zwecke verfahren wurde, wird im Gange der Darstellung mitzuteilen sein.\nIch erf\u00fclle endlich noch eine angenehme Pflicht, indem ich den zahlreichen Herren, Farbent\u00fcchtigen wie Farbenblinden, welche mich durch die Ausf\u00fchrung von Beobachtungen unterst\u00fctzten, besonders den vier Herren Dichromaten, denen ich die systematischen Beobachtungen des folgenden Abschnitts ver-","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme.\n251\ndanke, f\u00fcr ihre ausdauernde und vielfach m\u00fchevolle Mitwirkung meinen aufrichtigen Dank sage.\nII.\t#\nDi chromatis ch e Farbensysteme. Hell gleichungen.\nSystematische Beobachtungen der Mischungsgleichungen habe ich aufser von Herrn Dr. Nagel noch von drei anderen Dichromaten erhalten, von denen einer, Dr. Stark, ebenso wie Nagel dem gr\u00fcnblinden (deuteranopischen) Typus, die Herren Stabsarzt Sehrwald und stud. med. Marx, dem rotblinden (protanopischen) Typus angeh\u00f6ren. Der Gang der Versuche war hier in jeder Beziehung derselbe, wie er in der Arbeit von Nagel und mir f\u00fcr die Hellgleichungen angegeben worden ist.1 Es sei nur kurz daran erinnert, dafs f\u00fcr jedes homogene Licht die Gemische eines langwelligen Lichtes (bei den Protanopen 589,2 bei den Deuteranopen 645 yiyb) und eines kurzwelligen (in allen F\u00e4llen 460,8 eingestellt wurden, welche dem homogenen Lichte genau gleich erschienen.2 Die im Gemisch erforderlichen Mengen des lang- und des kurzwelligen Lichtes k\u00f6nnen wir als die Rot- resp. Blauwerte .( W- und A-Werte nach der Benennung von Doxders) eines Lichtes bezeichnen, deren Gr\u00f6fsen also unsere Beobachtungen als Funktionen der Wellenl\u00e4ngen und zwar f\u00fcr das Dispersionsspektrum des Gaslichtes darstellen w\u00fcrden.\nDie folgende Tabelle I stellt die Resultate dieser Beobachtungen zusammen. Sie enth\u00e4lt im ersten Stabe die spektralen Orte und Wellenl\u00e4ngen der homogenen Lichter, im zweiten, dritten, vierten und f\u00fcnften die Ergebnisse der von den Herren Nagel, Stark, Sehrwald und Marx gemachten Einstellungen, und zwar so, dais die Rotwerte in der linken H\u00e4lfte des Stabes mit stehenden Zahlen, die Blauwerte in der rechten H\u00e4lfte mit liegenden (kursiv) eingetragen sind.\n1\t\u00dcber den Einflufs von Lichtst\u00e4rke und Adaptation auf das Sehen des Dichromaten (Gr\u00fcnblinden). Diese Zeitsehr. X. S. 1.\n2\tNiemals, wie hier zur Vermeidung von Irrt\u00fcmern nochmals besonders betont sei, handelte es sich um die Herstellung gleicher Helligkeit bei ungleicher Farbe oder ungleicher S\u00e4ttigung. Die Bestimmungen waren also von jedem unsicheren subjektiven Element so sehr als nur denkbar befreit.","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\nJ. v. Kries.\nTabelle I.\nSpektraler Ort und Wellenl\u00e4nge d||s homogenen Lichtes\t\t\tBeobachter Dr. Nagel\t\tBeobachter Dr. Stark\t\tBeobachter Dr. Sehr ward\t\tBeobachter stud. Marx\t\n\t\t\tKot- werte\tBlau- werte\tKot- werte\tBlau- werte\tKot- werte\tBlau- werte\tKot- werte\tBlau- werte\n0\t(670,8\tPP)\t33\t\t33,4\t\t5,3\t\t4,9\t\n1\t(656\tpp)\t48\t\t56,4\t\t9,1\t\t8,4\t\n2\t(642\tpp)\t79\t\t95,0\t\t19\t\t18\t\n3\t(628\tpp)\t107\t\t126\t\t38\t\t38,5\t\n4\t(615\tpp)\t147\t\t138\t\t63\t\t63\t\n5\t(603\tpp)\t151\t\t155\t\t90\t\t84\t\n6\t(591\tpp)\t137\t\t144\t\t109\t\t105\t\n7\t(581\tpp)\t124\t\t129\t\t111\t\t113\t\n8\t(571\tpp)\t103\t\t108\t\t120\t\t126\t\n9\t(561\tpp)\t82\t\t89\t\t108\t\t106\t\n10\t(552\tPP)\t64\t\t65\t\t92\t\t101\t\n11\t(544\tHP)\t52\t\t56\t\t78\t\t85\t\n12\t(536\tPP)\t41\t6,3\t37,4\t6,0\t65\t\t67,5\t\n13,5\t(525\tPP)\t26\t12\t21\t10,3\t38,3\t11,0\t46,8\t\n15\t(515\tPP)\t15\t28\t13,7\t21,6\t20,6\t34\t32,8\t13\n16,5\t(505\tpp)\t7,7\t36\t7,5\t32,2\t9,8\t35\t17,2\t29\n18\t(496\tPP)\t3,7\t48\t4,1\t46,3\t4,8\t47\t8,4\t33\n19,5\t(488\tPP)\t1,6\t62\t1,9\t58\t2,2\t57\t5,3\t49\n21\t(480\tPP)\t0,9\t64\t0,9\t67,0\t0,9\t66\t2,9\t71\n23\t(469\tPP)\t0,3\t70\t0,3\t65,6\t0,3\t67\t1,0\t69\n24,7 (460,8 pp)\t\t\t\u2014\t67\t\u2014\t68,6\t\u2014\t54\t\u2014\t66","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Farbensysteme.\n253\nUm das, worauf es ankommt, sogleich, m\u00f6glichst anschaulich hervortreten zu lassen, gebe ich in Figur 1 die vier Kurven, welche f\u00fcr alle vier Beobachter die Botwerte, in Figur 2 die vier Kurven, welche die Blauwerte als Funktion der Wellenl\u00e4nge darsteilen. F\u00fcr die Beurteilung der Zahlen wie der\nO Q\nVerteilung der Bot- (W-) Werte im Bispersionsspektrum des Gaslichtes f\u00fcr\n2 Protanopen (Botblinde) S..... und M.----------und f\u00fcr 2 Beutera-\nnopen N. ----- und St.-------\nKurven w\u00e4re nur noch darauf hinzu weisen, dafs Bot- und Blauwerte zun\u00e4chst in willk\u00fcrlich gew\u00e4hlten Einheiten ausgedr\u00fcckt sind. Auch die Mafsst\u00e4be, in denen wir die Kurven zeichnen, sind demgem\u00e4fs willk\u00fcrlich, und sie sind hier lediglich in dem Interesse gew\u00e4hlt, die (restait der verschiedenen Kurven (auf","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nJ. v. Kries.\ndie es allein ankommt) m\u00f6glichst anschaulich hervortreten zu lassen. Richten wir unsere Aufmerksamkeit zun\u00e4chst auf Fig. 1, so erkennen wir, dafs je zwei der Kurven mit grofser Ann\u00e4herung zusammenfallen. Auf die geringen Unterschiede, welche zwischen den beiden nahe \u00fcbereinstimmenden bleiben, (insbesondere zwischen M. und S.) soll sp\u00e4ter eingegangen werden. Vorderhand fassen wir die zwischen N. und St. einer-\nFig. 2.\nVerteilung der Blauwerte im Dispersionsspektrum des Gaslichtes f\u00fcr S................... M.---------N.------- und St.--------\nseits, S. und M. andererseits bestehende Differenz genauer ins Auge.\nSchon der erste Blick lehrt, dafs diese Differenz wohl kaum von der Art ist, dafs sie aus der bei den einen etwa st\u00e4rkeren und bei den anderen schw\u00e4cheren Makula-Pigmentierung erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnte. Da n\u00e4mlich, wie wir aus den Untersuchungen von Hebing und Sachs wissen, die Beschaffenheit des Makula-Pigments trotz geringer individueller Verschiedenheiten doch durchg\u00e4ngig von der Art ist, dafs die Absorption im Gr\u00fcn-","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n25o\ngelb merklich zu werden anf\u00e4ngt, um mit abnehmender Wellenl\u00e4nge st\u00e4rker zu werden, so w\u00fcrden wir ein im Gr\u00fcngelb beginnendes und gegen das brechbare Spektralende zunehmendes Auseinanderweichen der Kurven wol verstehen k\u00f6nnen, wenn die eine einem stark, die andere einem schwach pigmentierten Auge angeh\u00f6rte. Statt dessen sehen wir den grundverschiedenen Verlauf der Kurven schon im langwelligsten Teil des Spektrums vollkommen deutlich, ja sogar hier vorzugsweise deutlich ausgepr\u00e4gt. Die einen haben ihr Maximum etwa bei 603, die anderen bei 571 p/t ; in dem Spatium von 603 bis 571 fifi steigen die einen stark an, w\u00e4hrend die anderen absinken. Es ist vielleicht nicht \u00fcberfl\u00fcssig, auf die unmittelbare Bedeutung dieser in den Kurven ausgedr\u00fcckten Thatsache hinzuweisen; sie ist die genauere und vollst\u00e4ndigere Darstellung der allbekannten Differenz, welche als Verk\u00fcrzung des roten Spektralendes f\u00fcr die eine Gruppe der Dichromaten beschrieben zu werden pflegt. In der That zeigt ja die sehr niedrige Lage der Kot-Kurve am langwelligen Ende des Spektrums schon bei Wellenl\u00e4ngen \u00fcber 620 pp den dort sehr geringen und mit zunehmender Wellenl\u00e4nge sich noch rapide vermindernden Reizwert dieser Lichter an. Auch der Dichromat dieses Typus kann eine Gleichung zwischen rotem Licht (z. B. von 670,8 pp) und gelbem (etwa Na Licht), ganz wohl hersteilen. Aber er mufs zu zu dem Ende dem Rot eine Intensit\u00e4t geben, bei der es f\u00fcr die anderen Dichromaten (wie auch f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen) ungemein viel heller als das Gelb erscheint.\nDafs der Unterschied der beiden Gruppen nicht auf eine Differenz des Makula-Pigments zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann, darf wol schon hiernach als ziemlich sicher gelten. An die sonstigen im Auge bekannten leicht gelblichen Pigmentierungen in Linse und Glask\u00f6rper wird man ebensowenig denken d\u00fcrfen, da auch diese nur am brechbaren Ende st\u00e4rkere Absorptionen ergeben. Es ist aber nicht ohne Interesse, zu fragen, ob der Unterschied \u00fcberhaupt von der Art ist, dafs er auf irgend welche Verh\u00e4ltnisse der Lichtabsorption in den Augenmedien zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann, und wie diese event, beschaffen sein m\u00fcssen. F\u00fcr diese Frage gewinnen wir eine feste Unterlage durch die folgende einfache \u00dcberlegung.\nEs sei die f\u00fcr den einen Dichromaten geltende Mischungsgleichung","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nJ. v. Kries.\nx L^~ a B\tb Bl,\nin Worten: die Menge x des Lichtes von der Wellenl\u00e4nge X erscheine gleich dem Gemisch von der Menge a roten Lichtes und der Menge b blauen Lichtes. Im Auge eines anderen Individuums m\u00f6gen nun die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der verschiedenen Lichter durch absorbierende Medien derart ver\u00e4ndert sein, dafs das Licht X relativ zum Bot auf den Bruchteil \u00abx, Blau auf den Bruchteil ah reduciert ist. Dann wird die Gleichung f\u00fcr diese Person lauten :\nx L x = a'B +\u25a0 b\u2018 B, worin a\u2018 = a x a und a\\ m\nb' \u2014 \u2014 >b ist. ah\nSind also ae und a die Ordinaten der Bot-Kurve, b\u2018 und b die der Blau-Kurve f\u00fcr zwei Personen, so erhalten wir durch den\nQuotienten \u2014 die relative Schw\u00e4chung des Lichtes X im Yer-\nb cC\ngleich zu dem des roten Lichtes, durch den Wert \u2014. \u2014 die re-\u00f6\tVa\nlative Schw\u00e4chung des Blau. Hieraus ist zun\u00e4chst zu entneK men, dafs die Modifikation jeder derartigen Mischungsgleichung die relative Schw\u00e4chung sowohl des homogenen Lichtes X wie des in der Mischung verwendeten Blau zu berechnen gestattet.\nDa nun solche Mischungsgleichungen f\u00fcr eine betr\u00e4chtliche Zahl homogener Lichter vorliegen, so hat man in einer Bestimmung der aus jeder einzelnen sich ergebenden Schw\u00e4chung des Blau zun\u00e4chst die M\u00f6glichkeit einer Pr\u00fcfung, ob die betreffenden Modifikationen \u00fcberhaupt auf Absorption beruhen.\nBot\nIn allen Mischungsgleichungen m\u00fcfsten die Quotienten \u2014-\u2014 der\neinen Person gegen\u00fcber denjenigen der anderen in demselben Verh\u00e4ltnis ge\u00e4ndert sein. Leider ist die praktische Durchf\u00fchrung dieser Pr\u00fcfung nicht wohl m\u00f6glich. Da n\u00e4mlich die Blauwerte bis zur Wellenl\u00e4nge 535 noch nahezu gleich Kuli sind und erst von 515 an ihre Bestimmung auf eine er-","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n257\nliebliche Genauigkeit Anspruch machen kann, und da andererseits von 486 ab die \u00dfotwerte bereits so gering sind, dafs ihre quantitative Verwertung auf Bedenken st\u00f6sst, so ist das eine Vergleichung gestattende Gebiet sehr klein. \u00dcberdies, wie wir sp\u00e4ter noch sehen werden, sinken hier die beiden TV-Kurven {des Bot- und des Gr\u00fcnblinden) nahezu proportional ab.\nFlot\nDemnach sinken auch die Quotienten \u2014\u2014 innerhalb dieses\nBlau\nGebietes in allen vier F\u00e4llen zwar mit mancherlei Verschieden-heiten, aber doch ohne eine sichere Unterscheidung der beiden Typen zu gestatten. Sehen wir also hiervon ab und betrachten zun\u00e4chst die allgemeine M\u00f6glichkeit als gegeben, dafs die Modifikation der Mischungsgleichungen auf physikalischer Ursache beruhe, so wird es um so wichtiger sein, zu pr\u00fcfen, welcher Art das hypothetische absorbierende Medium sein m\u00fcfste.\nDerGang der demselben zuzuschreibendenLichtschw\u00e4chungen w\u00fcrde f\u00fcr die weniger brechbare H\u00e4lfte aus dem Verlauf je zweier Bot-Kurven, f\u00fcr die brechbarere aus dem Verlauf je zweier Blau-Kurven mit grofser Sicherheit entnommen werden k\u00f6nnen. Nat\u00fcrlich bleibt es zun\u00e4chst willk\u00fcrlich, ob wir das hypothetische Pigment in das Auge des Gr\u00fcnblinden oder des Botblinden verlegen wollen. Thun wir das erstere und berechnen danach die relative Schw\u00e4chung der verschiedenen Lichter imVergleich zu Za-Bot, die wir im Auge von Herrn Nagel gegen\u00fcber demjenigen von Herrn Sehewald annehmen m\u00fcfsten, so erhalten wir die folgende Zusammenstellung, in welcher die Zahlen angeben, auf welchen Bruchteil seines Wertes wir uns das betreffende Licht durch Absorption reduciert denken m\u00fcfsten:\nWellenl\u00e4nge\nBerechnete\nSchw\u00e4chung\n656\n0,85\n642\t628\t615\t603\t591\t581\t571\t561\t552\t544\n0,68\t0,45\t0,37\t0,26\t0,2\t0,18\t0,14\t0,12\t0,11\t0,11\n536\n0,10\nAndererseits lehrt ein Blick auf die Blau-Kurven, dafs diese in der ganzen brechbaren Spektralh\u00e4lfte f\u00fcr Nagel und Sehewald nahe \u00fcbereinstimmend verlaufen, wonach also die bei N. angenommene Schw\u00e4chung des Lichtes hier ann\u00e4hernd konstant bleiben m\u00fcfste.1 Wir werden also dazu gef\u00fchrt, im Auge des Deuteranopen ein Pigment anzunehmen, dessen Absorp-\n1 Genau betrachtet lehren sogar die Blau-Kurven, dafs mit weiter abnehmender Wellenl\u00e4nge die Absorption bei Nagel gegen\u00fcber Sehrwald eher wieder etwas geringer wird.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII.\n17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nJ. v. Kries.\ntion, bereits im Rot beginnend, Na Licht bereits auf Vs, TI Licht auf Vio seines Betrages schw\u00e4chen w\u00fcrde, um von da ab gegen das blaue Ende nicht mehr merklich zuzunehmen.\nVerlegte man andererseits das hypothetische Pigment in die Augen der Herru M. und S., so m\u00fcfste seine Absorption mit zunehmender Wellenl\u00e4nge etwa im Gr\u00fcngelb beginnen und rapide zunehmen, so dafs Li Rot im Vergleich z. B. zu Licht 535 auf 1/io seines Wertes geschw\u00e4cht w\u00fcrde. In beiden F\u00e4llen m\u00fcfste es sich um ein Pigment handeln, welches von den bekannten gelben und gelblichen Pigmenten des Auges, insbesondere dem des gelben Flecks, toto coelo verschieden w\u00e4re. Pigmente dieser Art (ein rotes in dem einen, ein blaugr\u00fcnes in dem anderen Falle) h\u00e4tten nun bei der H\u00e4ufigkeit beider Formen der Farbenblindheit wohl kaum der Beobachtung entgehen k\u00f6nnen. Ba aber bisher nie etwas derartiges entdeckt worden ist, so wird man wohl sagen d\u00fcrfen, dafs, nachdem die Erkl\u00e4rung der in Rede stehenden Differenz aus den Unterschieden des Makula-Pigments definitiv gescheitert ist, eine Erkl\u00e4rung aus irgend welchen anderen Verh\u00e4ltnissen der Lichtabsorption in gef\u00e4rbten Medien kaum ernstlich in Frage kommt.\nHierzu kommt nun noch ein zweites, f\u00fcr die theoretische Deutung sehr beachtenswertes Moment. Die mehrerw\u00e4hnte, durch die Kurven der Figur 1 zur Anschauung gebrachte Differenz zwischen Protanopen und Deuteranopen ist nicht von der Art, dafs sich in ihr die individuellen Schwankungen einer hier st\u00e4rkeren und dort geringeren Pigmentierung verrieten; sie ist keine fluktuierende, sondern eine typische. Man wird zur Erh\u00e4rtung dieser Anschauung das hier vorgelegte Material von vier F\u00e4llen mit Recht zu klein finden. Indessen ist die Gesamtheit des z. Zeit bekannten Beobachtungsmaterials doch ausreichend, um dies ganz aufser Zweifel zu stellen. Zun\u00e4chst enthalten die Beobachtungen von K\u00f6nig und seinen Mitarbeitern die Farbensysteme von vier Dichromaten, deren Rot-Kurven genau in derselben Weise wie die unserigen in zwei Typen auseinanderfallen. Die Gr\u00fcnde, weshalb zwischen den K\u00d6NiGschen Kurven und den unserigen eine ganz vollkommene \u00dcbereinstimmung nicht zu erwarten ist, sind bekannt; sie liegen, abgesehen von Unterschieden in Bezug auf das benutzte Licht, die Reinheit der Spektren u. a,, vornehmlich darin, dafs bei K\u00f6nig mit gr\u00f6fseren Feldern und nicht mit hell-adaptiertem","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme.\n259\nAuge gearbeitet wurde. Immerbin ist die \u00dcbereinstimmung doch eine frappante, wie namentlich an der Lage der beiden Kurvengipfel wahrzunehmen ist, von denen bei uns wie bei K\u00f6nig der eine etwa bei 603, der andere etwa bei 570 pp gefunden wird. Da ja auch die Zahl von 8 noch eine geringe ist und der Wert der \u00dcbereinstimmung auch noch durch die erw\u00e4hnten Ungleichheiten der Methode etwas gemindert wird, so habe ich nach einer weiteren Vermehrung des Materials gestrebt. Nun ist die Zahl derjenigen farbenblinden Personen, von denen man die f\u00fcr eine Darstellung der obigen Art erforderlichen sorgf\u00e4ltigen und ausgedehnten Beobachtungen erhalten kann, immer eine sehr beschr\u00e4nkte; es erschien mir daher zweckm\u00e4fsig, da die Ausdehnung dieser Untersuchungen auf sehr viele Personen ganz unausf\u00fchrbar ist, von einer m\u00f6glichst grofsen Zahl von Dichromaten nur eine als Specimen geeignete Bestimmung ausf\u00fchren zu lassen. Als solche habe ich die Verwechselungsgleichungen zwischen Li Rot und Na Gelb gew\u00e4hlt und dabei die folgenden, schon an anderer Stelle1 mitgeteilten Resultate erhalten. Zehn Teile Na Gelb erschienen den im ersten Stabe der Tabelle 2 aufgef\u00fchrten Beobachtern gleich mit den im zweiten Stabe eingetragenen Mengen Li Rot. Es sei hier des weiteren \u00fcber diese Versuche nur bemerkt, dafs jede Zahl den Mittelwert aus einer m\u00e4fsigen Zahl (fast immer 10) Einstellungen angiebt. Ko. 1 und 7, 10 und 12 sind dieselben Personen, denen die oben behandelten ausf\u00fchrlichen Bestimmungen angeh\u00f6ren.\nTabelle II.\n1.\tW. Nagel\t36.5\t9.\tF.\t\t40.0\n\tr>\t36.3\t10.\tS.\t\t214\n\t\u00bb\t36.3\t11.\ty.\t\t213\n\t5?\t36.5\t12.\tM.\tM.\t211\n\t?)\t38.4\t13.\tE.\tJ.\t205\n2.\tL. V.\t37.3\t14.\tH.\t\t196\no O,\tA. V.\t37.0\t15.\tE.\tI.\t198\n4.\tSchn.\t37.0\t16.\tE.\tII.\t210\n5.\t0. N.\t37.8\t17.\tK.\t\t200\n6.\tK. St.\t37.0\t18.\tW.\t\t210\n7.\tH. St.\t36.9\t19.\tB.\t\t203\n8.\tO. St.\t38.0\t20.\tTh.\t\t225\n1 Centralblatt f\u00fcr Physiologie. 1896. S. 148.\n17*","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nJ. v. Kries.\nDer vollkommen scharfe und typische Charakter des zwischen den beiden Dichromatengruppen stattfindenden Unterschiedes darf hiernach wohl, im Hinblick auf die hier behandelten 20 F\u00e4lle schon als ziemlich sicher gestellt gelten.\nWir k\u00f6nnen aber hier noch auf ein \u00e4lteres Beobachtungsmaterial hinweisen, welches zwar etwas weniger scharf, aber doch deutlich genug die gleiche Thatsache zur Anschauung bringt. Es sind n\u00e4mlich schon im Jahre 1884 von Donders Verwechselungsgleichungen zwischen Li Hot und Na Gelb an Dichromaten gewonnen und mitgeteilt worden.1\nTabelle III (nach Donders).\n10 Teile Natrium-Licht erscheinen gleich Lithium-Licht\nBotblinde :\t\tGr\u00fcnblinde :\t\nI\t360\t/\tI\t65,2\nII\t232\tII\t68,2\nIII\t327\tIII\t66,9\nIY\t283\tIY\t62,5\nY\t277\tY\t66,7\nYI\t295\tYI\t65\nYII\t240\tYII\t68,5\nYIII\t296\tYIII\t59,5\nIX\t217\tIX\t31,4\nX\t240\tX\t84,2\nMitte]\t276.\tMittel\t63,84.\nIch reproduziere hier die Tabelle von Donders, wobei wiederum im ersten Stabe die Bezeichnung des betreffenden farbenblinden Beobachters, im zweiten Stabe die Menge des Xi-Hots angegeben ist, welche 10 Teilen Aa-Licht gleich erschienen. Dafs die Zahlen hier absolut merklich andere sind, als die unsrigen, darf nicht befremden; denn die Werte, die man erh\u00e4lt, h\u00e4ngen in betr\u00e4chtlichem Mafse von der Heinheit der Spektren und der Art der benutzten Lichtquelle ab. Ebensowenig ist es \u00fcberraschend, dafs die DoNDERSschen Zahlen innerhalb jeder Gruppe st\u00e4rkere Schwankungen aufweisen, als die unsrigen; wir wissen, dafs ann\u00e4hernd konstante Zahlen nur bei kleinem Beobachtungsfelde und helladaptiertem Auge zu erhalten sind, Bedingungen, deren Bedeutung damals noch nicht\n1 Donders, Farbengleichungen. Arch. f. Physiol. 1884. S. 528.","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n261\nbekannt war, und die daher auch nicht eingehalten wurden. Trotzdem zeigen doch auch die DoxDERSschen Zahlen durchaus \u00fcberzeugend, dafs dasselbe gelbe Licht von der einen Gruppe einer etwa 4\u20145fach gr\u00f6fseren Intensit\u00e4t des Li-Rots gleich gehalten wird, als von der anderen.\nMan kann daher wohl sagen, dafs der typische Unterschied der beiden Dichromaten-Gruppen z. Z. an nicht weniger als 40 F\u00e4llen in \u00fcbereinstimmender Weise festgestellt worden ist, und man wird verst\u00e4ndiger Weise kaum zweifeln d\u00fcrfen, dafs auch f\u00fcr diese F\u00e4lle bei vollst\u00e4ndigerer Untersuchung sich die gleiche Art des Sehens herausgestellt haben w\u00fcrde, wie sie bei den Repr\u00e4sentanten der einen und anderen Gruppe gefunden worden ist, die einer genaueren Untersuchung unterzogen werden konnten.\nSollten im Hinblick auf manche \u00e4lteren Untersuchungen noch Zweifel \u00fcber den scharfen und typischen Unterschied der beiden Gruppen bestehen, so wird noch darauf hinzuweisen sein, dafs uns gegenw\u00e4rtig die Gr\u00fcnde bekannt sind, aus denen bei gewissen Untersuchungsweisen der Unterschied der beiden Gruppen sich mehr oder weniger verwischt. So ist z. B., wenn man ein homogenes Blaugr\u00fcn mit einer Mischung aus Rot und Blau vergleichen l\u00e4fst (wie es vor Jahren K\u00fcster und ich ge-than) die St\u00e4bchenvalenz 'der beiden Felder aufserordentlich ungleich; l\u00e4fst man also, wie auch wir damals thaten, mit m\u00e4fsig adaptiertem Auge beobachten, so ist es begreiflich, dafs die Ergebnisse sehr schwankend werden und der Unterschied nicht so scharf hervortritt, wie man es auch hier erwarten k\u00f6nnte, sofern reine Hellgleichungen hergestellt w\u00fcrden. Aufser-dem gewinnen, wovon sp\u00e4ter noch eingehender zu reden sein wird, in der That die Differenzen der Makula-Pigmentierung auf gewisse Gleichungen einen nicht unerheblichen Einfiufs; wir werden sehen, dafs hierdurch z. B. der zu erwartende Unterschied in der Lage des Neutralpunktes zwar nicht aufgehoben, wohl aber verwischt und unscharf gemacht wird. Auch diese Thatsachen sind also ganz verst\u00e4ndlich und beeintr\u00e4chtigen nicht die Anschauung von einem v\u00f6llig pr\u00e4zise fixierten Unterschied der beiden Gruppen der Dichromaten, der klar zur Erscheinung kommt, wenn man Hellgleichungen hersteilen l\u00e4fst, und wenn man, durch Beschr\u00e4nkung auf die weniger brechbaren Teile des Spektrums, sich von den individuell schwankenden","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nJ. v. Kries.\nVerh\u00e4ltnissen der Makula-Pigmentierung unabh\u00e4ngig h\u00e4lt. Mir scheint, dafs auch schon dieser typische Charakter der erw\u00e4hnten Differenz sehr gegen die Zur\u00fcckf\u00fchrung derselben auf ein absorbierendes Pigment spricht. Wollte man wirklich daran denken (was ja vielleicht noch am ehesten ansprechend erscheinen k\u00f6nnte), die Unterempfindlichkeit der Potblinden gegen die langwelligen Lichter auf ein Pot - absorbierendes Pigment zur\u00fcckzuf\u00fchren, so w\u00fcrde sich doch durchaus nicht verstehen lassen, weshalb jene Unterempfindlichkeit immer eine ganz bestimmte, durch den gleichen Zahlenwert gemessene sein sollte, da doch ein derartiges Pigment gewifs ebenso wie das Makula-Pigment in sehr wechselnder St\u00e4rke zu erwarten und somit auf das Auftreten aller \u00dcberg\u00e4nge von den geringsten bis zu den st\u00e4rksten Werten zu rechnen sein sollte.\nDie Vergleichung der beiden Gruppen der Dichromaten f\u00fchrt somit zu dem Ergebnis, dafs zwischen ihnen ein scharfer und typischer Unterschied besteht, welcher auf eine Differenz der uns bekannten gelblichen Pigmente der Augenmedien jedenfalls nicht zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann, und der, wie sich mit gr\u00f6fster Wahrscheinlichkeit sagen l\u00e4fst, \u00fcberhaupt eine Erkl\u00e4rung aus irgend welchen hypothetisch anzunehmenden Pigmentierungen nicht gestattet. Im Anschlufs an diese Konstatierung wird nur die Bemerkung noch am Platze sein, dafs selbstverst\u00e4ndlich auch die dieser Aufstellung haupts\u00e4chlich zu Grunde liegende Zahl von 40\u201450 F\u00e4llen zu klein ist, um etwa die Behauptung zu gestatten, dafs F\u00e4lle anderer Art niemals vork\u00e4men. Ich habe bis jetzt keinen Fall zur Beobachtung bekommen, der sich als typischer Dichromat qualifiziert h\u00e4tte, und der sich nicht bei der Pr\u00fcfung an der Zi-Aa-Gleichung sofort als der einen oder der anderen Gruppe streng angeh\u00f6rig erwiesen h\u00e4tte; die obige Zusammenstellung umfafst in der That alle mir zur Beobachtung gekommenen und in dieser Pichtung gepr\u00fcften F\u00e4lle von vollst\u00e4ndiger partieller Farbenblindheit. Selbstverst\u00e4ndlich aber kann und will ich nicht behaupten, dafs nicht daneben (wenn auch gewifs wohl nur recht selten) andere Formen Vorkommen. Auch hierdurch w\u00fcrde nat\u00fcrlich die f\u00fcr die \u00fcberwiegende Mehrzahl geltende Thatsache einer scharfen Sonderung in zwei Gruppen nicht in Frage gestellt werden.\nDa bekanntlich, wie schon erw\u00e4hnt, Hering den Versuch","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n263\ngemacht hat, den Unterschied der beiden Dichromatengruppen auf die Differenzen des Makula-Pigmentes zur\u00fcckzuf\u00fchren, so erschien es, auch nachdem die Unm\u00f6glichkeit dieser Auffassung nachgewiesen war, von Interesse, zu sehen, welche Polle denn diese ja zweifellos vorhandenen Differenzen in dem Sehen der Dichromaten spielen. Ich habe daher an den mir zur Verf\u00fcgung stehenden Beobachtern (Farbenblinden) hier\u00fcber in verschiedener Richtung Versuche gemacht, die um so mehr Interesse boten, als man hier weit eher als beim Trichromaten hoffen durfte, zahlenm\u00e4fsige Aufschl\u00fcsse \u00fcber den Wert der betreffenden Absorptionen zu erhalten.\nIch erw\u00e4hne hier zun\u00e4chst eine Anzahl von Bestimmungen, welche geeignet sind, auch von dieser Seite her den Satz zu illustrieren, dafs diese Absorptionsverh\u00e4ltnisse mit dem Typenunterschiede der beiden Dichromatengruppen nichts zu thun haben. Bekanntlich kann man die Differenzen der Pigmentierung am einfachsten so zur Darstellung bringen, dafs man eine Gleichung zwischen einem homogenen Licht, z. B. (beim Trichromaten) Gelb und der Mischung aus einem l\u00e4nger- und einem k\u00fcrzerwelligen Licht (Rot und Gr\u00fcn) hersteilen l\u00e4fst. Das homogene Licht kann durch das absorbierende Medium nur in seiner Intensit\u00e4t ver\u00e4ndert werden; wenn daher die eigentlichen optischen Substanzen durchweg dieselben sind, so wird, um Gleichheit mit dem Gelb zu erhalten, im Gemisch relativ um so mehr Gr\u00fcn erforderlich sein, je st\u00e4rker dieses durch das vorhandene Pigment absorbiert wird. Die Anwendung dieses Verfahrens auf den Dichromaten erfordert insofern besondere \u00dcberlegung, als zun\u00e4chst die Rot-Gr\u00fcnmischungen nicht angewandt wrerden k\u00f6nnen, da die Dichromaten hier bei jedem beliebigen Verh\u00e4ltnis von spektralem Rot und gelblichem Gr\u00fcn Gleichungen mit Gelb gewinnen k\u00f6nnen. Will man ferner die Vergleiche nicht blofs innerhalb jeder Gruppe ausf\u00fchren, sondern ein Urteil gerade dar\u00fcber gewinnen, wie sich die Pigmentierungen der s\u00e4mtlichen F\u00e4lle gegeneinander verhalten, so sind naturgem\u00e4fs von den dem obigen Prinzipe folgenden Vergleichungen auch diejenigen ausgeschlossen, bei welchen die Typusdifferenz sich einmischen kann. Es w\u00e4re also z. B. unzul\u00e4ssig, eine Vorstellung \u00fcber die Pigmentierung daraus herzuleiten, wieviel Blau einem Rot zuzumischen ist, um eiern Gleichung zwischen diesem Gemisch und einem homogenen","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nJ. v. Kries.\nBlaugr\u00fcn zu erhalten, da in dieser Hinsicht Typusdifferenzen m\u00f6glicherweise bestellen k\u00f6nnen und, wie die Erfahrung lehrt, thats\u00e4chlich bestehen. Will man hiervon unabh\u00e4ngig sein, so kann nur eine Gleichung benutzt werden, welche (von Pigmentierungsdifferenzen abgesehen) f\u00fcr Rot- und Gr\u00fcnblinde \u00fcbereinstimmend gilt, und dies ist (wie sp\u00e4ter noch zu zeigen ist) eine, die auch f\u00fcr den Trichromaten G\u00fcltigkeit besitzt. Den hierdurch fixierten Anforderungen gen\u00fcgt ann\u00e4hernd eine Gleichung zwischen einem homogenen Blaugr\u00fcn etwa von der \"Wellenl\u00e4nge 490 pp und einer Mischung aus Gr\u00fcn und Blau, wobei das Blau etwa von 460 pp) das Gr\u00fcn zwischen 517 und 510 gew\u00e4hlt werden kann. Da die Absorption des Makula-Pigments f\u00fcr das blaue Licht erheblich st\u00e4rker ist, als f\u00fcr das gr\u00fcne, so beobachtet man leicht, dafs die auf kleinem Felde und f\u00fcr direkte Fixation hergestellte Gleichung auf gr\u00f6fserem Felde und bei exzentrischer Betrachtung unzutreffend wird : das Gemisch erscheint merklich zu blau. Ebenso fallen denn auch, wenn man von vielen Personen derartige Einstellungen machen l\u00e4fst (und zwar immer bei direkt fixiertem kleinem Felde), die Einstellungen ziemlich verschieden aus, und wir werden im allgemeinen diejenigen, die im Gemisch mehr Blau n\u00f6tig haben, f\u00fcr die mit st\u00e4rker pigmentierter Makula Behafteten halten d\u00fcrfen. Eben diese Bestimmungen habe ich nun von den meisten der oben erw\u00e4hnten Dichromaten ausf\u00fchren lassen. Da infolge zuf\u00e4lliger Umst\u00e4nde hierbei nicht allemal das gleiche Gr\u00fcn gew\u00e4hlt worden war, so sind diese Zahlen am besten so untereinander vergleichbar, dafs ich den im Gemisch erforderten\nQuotienten\tim Verh\u00e4ltnis zu demjenigen angebe, w eich en\nin unmittelbar gleichzeitig angestellten Versuchen Herr Dr. W. Nag-el einstellte. Diese Zahlen betrugen:\nI. f\u00fcr Dichromaten der protanopischen (rotblinden) Gruppe\n0,6; 0,84; 1,01; 1,06; 1,14; 1,5;\nII. f\u00fcr Dichromaten der deuteranopischen (gr\u00fcnblinden) 0,71;\n0,74; 0,81; 0,87; 0,97; 1,2.\nDie Zahlen besagen, was eben auch der bei den Beobachtungen ausgef\u00fchrte direkte Vergleich unmittelbar lehrte, dafs in beiden Gruppen sowohl solche Personen Vorkommen, die mehr, als auch solche, die weniger Blau einstellen, als Nagel. Es l\u00e4fst sich also nach diesem Kriterium eine Pigmen-","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n265\ntierungsdifferenz zwischen den beiden Gruppen nicht konstatieren; jede umfafst st\u00e4rker und schw\u00e4cher pigmentierte Individuen; die schw\u00e4chste (0,6; Stud. M.) und die st\u00e4rkste (1,5; Stabsarzt S.) geh\u00f6ren derselben Gruppe an.\nInteressanter als diese, im Hinblick auf fr\u00fcher Er\u00f6rtertes kaum mehr erforderliche Feststellung ist es, diejenigen Differenzen genauer zu verfolgen, welche wirklich auf der Makula-Pigmentierung beruhen. Die einfachere Natur des Farbensystems bringt es mit sich, dafs dies an zwei Dichromaten des gleichen Typus leichter und vollst\u00e4ndiger geschehen kann, als an zwei Trichromaten. Ein besonders g\u00fcnstiger Zufall war es dabei, dafs die beiden systematisch und vollst\u00e4ndig untersuchten Protanopen (Stabsarzt S. und Stud. M.), wie schon aus den oben angef\u00fchrten Zahlen entnommen werden konnte, zwei ziemlich extreme F\u00e4lle st\u00e4rkster und schw\u00e4chster Makula-Pigmentierung darstellten. Die Bedeutung dieses Umstandes kann nun in der That sehr klar und instruktiv an den Mischungsergebnissen verfolgt werden. Um dies zur Anschauung zu bringen, betrachte man in Fig. 1 die beiden die Rotwerte darstellenden Kurven, in Fig. 2 die den Blauwert darstellenden der Herren S. und M. Man erkennt mit grofser Deutlichkeit, dafs beide M-Kurven sich von den S-Kurven in einem bestimmten Sinne unterscheiden. Bei den Rotkurven zeigt sich etwa von 552 p an ein Unterschied in dem Sinne, dafs die Kurve des stark pigmentierten Herrn S. kleinere Ordinalen aufweist, als diejenige des schwach pigmentierten Herrn M., woraus die allm\u00e4hlich bei einer unter 552 pp, sinkenden Wellenl\u00e4nge mehr und mehr zur Geltung kommende Absorption ersichtlich wird. Die Blaukurven zeigen das Gleiche, nur mit der Modifikation, die dadurch bedingt ist, dafs auch das im Gemisch figurierende Blau der starken Absorption bei Herrn S. unterliegt. Aus diesem Grunde m\u00fcssen die Kurven bei 460, obwohl hier die Absorption am st\u00e4rksten ist, f\u00fcr beide Beobachter zusammenfallen; um aber Gleichheit mit einem Licht, z. B. von 490, zu erzielen, braucht M. weniger Blau als S., hier mufs also die M-Kurve unter der S-Kurve liegen und dieser Unterschied mit zunehmender Wellenl\u00e4nge immer st\u00e4rker hervortreten. In beiden F\u00e4llen mufs mit abnehmender Wellenl\u00e4nge die S-Kurve weniger ansteigen oder steiler absinken, als die M-Kurve, das Verh\u00e4ltnis der S-Werte zu den M-Werten","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nJ. v. Kries.\nimmer kleiner werden. Dies best\u00e4tigen denn auch die Zahlen, wie die nachstehende Zusammenstellung zeigt, in welcher das Verh\u00e4ltnis der W- Ordinate des Herrn S. zu der des Herrn M. als Funktion der Wellenl\u00e4nge dargestellt ist:\nWellenl\u00e4nge 670,8 656 692 628 615 603 591 581 571 Ordinaten-Verh\u00e4ltnis 1,1\t1,1 1,05 1,00 1,00 1,07 1,07 0,98 0,96\n561 552 544 536 525 515 505 496 488 480 469 w 1,02 0,91 0,91 0,97 0,91 0,63 0,63 0,57 0,42 0,41 0,3\nWenn wir daher hier aus den Mischungsbeobachtungen einen Schlufs auf die Natur des der Differenz zu Grunde liegenden absorbierenden Pigmentes machen, so werden wir demselben eine solche Beschaffenheit zuzuschreiben haben, dafs die Absorption im Gr\u00fcnlichgelb anf\u00e4ngt merklich zu werden, und mit abnehmender Wellenl\u00e4nge jedenfalls bis 469 /n/a stetig zunimmt, besonders stark etwa in dem Spatium von 520\u2014490 fi/i. Es braucht kaum noch darauf hingewiesen zu werden, in wie guter \u00dcbereinstimmung sich dies mit den SACHSschen Untersuchungen des Makula-Pigments befindet, \u00fcbrigens auch mit dem, was uns jederzeit die Vergleichung zentraler und exzentrischer Mischungsgleichungen lehren kann. Hier also, in den Differenzen zweier dem gleichen Typus angeh\u00f6renden Dichromaten, kommt in Wirklichkeit der Einflufs des absorbierenden Pigmentes mit voller Deutlichkeit zur Erscheinung.\nEs erschien bei dieser Sachlage besonders interessant, f\u00fcr die auf solchen Individualit\u00e4ten beruhenden Unterschiede eine zahlenm\u00e4fsige Fixierung zu finden. Eine solche zu geben, sind bereits die obigen Quotienten geeignet. Nehmen wir an, dafs das Pigment das langwellige Licht nicht beeinflufst, so w\u00fcrden wir, ihnen zufolge, annehmen d\u00fcrfen, dafs das blaue Licht bei Herrn S. etwa auf 0,3 desjenigen Wertes geschw\u00e4cht ist, mit dem es bei Herrn M. zur Wirkung kommt.. .\nSicherer als diese rechnende Verwertung eines ausgedehnten und schliefslich doch niemals in allen seinen Teilen unter ganz genau identischen Bedingungen stehenden Beobachtungsmaterials erschien die direkte Ermittelung durch gleichzeitig ausgef\u00fchrte Parallelbeobachtungen, wie sie durch die Gef\u00e4lligkeit der beiden Herren in dankenswerter Weise erm\u00f6glicht wurden. Es wurde zu diesem Zwecke so zu Werke gegangen,","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n267\ndafs beide Beobachter in unmittelbarem Anschlufs aneinander Gleichungen zwischen einem homogenen Blaugr\u00fcn von 491 fifi, ihnen ann\u00e4hernd farblos, und einem Gemisch aus Gelb (589) und Blau (460,8) herzustellen hatten. Hier konnte die relative Schw\u00e4chung des Blau direkt, ohne Zwischenrechnung, ausgewertet werden, und es zeigte sich denn auch mit grofser Deutlichkeit der betr\u00e4chtliche Unterschied in dem erwarteten Sinne. Das von Herrn M. als dem homogenen Lichte gleich eingestellte Gemisch erschien Herrn S. stark gelb, das von Herrn S. eingestellte war f\u00fcr Herrn M. gegen\u00fcber dem homogenen deutlich zu blau. Da Herr M. den Nicol im Durchschnitt auf 71,25, Herr S. auf 78,15\u00b0 einstellte, so berechnet sich f\u00fcr die Absorption des blauen Lichtes im Auge des Herrn S. hier-\ntq2 71 25\nnach eine Schw\u00e4chung auf den Wert -\t= 0,38. Nat\u00fcr-\nlieh kann nicht in Abrede gestellt werden, dafs noch st\u00e4rkere Pigmentierungen als diejenige des Herrn S. und noch schw\u00e4chere als die des Herrn M. Vorkommen, und somit auch der Unterschied zwischen zwei Beobachtern einmal noch betr\u00e4chtlicher als hier ausfallen kann. Immerhin d\u00fcrfte, da es sich um den st\u00e4rkstund den schw\u00e4chst-pigmentierten aus einer gr\u00f6fseren Zahl von Personen handelte, die hier erhaltene Differenz schon eine ver-h\u00e4ltnism\u00e4fsig hohe sein. Wir werden auf diese Werte sp\u00e4ter bei den Farbent\u00fcchtigen, wo ihre Ermittelung schwieriger ist, wieder zur\u00fcckzukommen haben.\nWie vorhin schon erw\u00e4hnt, macht sich die St\u00e4rke der Makula-Pigmentierung sehr deutlich auch in der Lage des neutralen Punktes im Spektrum geltend, wenn man hierunter (wie \u00fcblich) dasjenige homogene Licht versteht, welches einem gewissen unzerlegten Weifs f\u00fcr gleich gehalten wird. In der That unterliegt ja auch hier wieder das gemischte Weifs, nicht aber das homogene Licht, einer qualitativen Yer\u00e4nderung durch das absorbierende Medium ; in dem stark pigmentierten Auge ist der ganze brechbare Teil des Spektrums merklich geschw\u00e4cht, und es wird daher das gleich erscheinende homogene Licht zu einem erheblich gelblicheren Gemisch gesucht, als dies bei dem schw\u00e4cher pigmentierten Auge der Fall ist. Es erschien wichtig, eine bestimmte Vorstellung dar\u00fcber zu gewinnen, in welcher Breite etwa zufolge dieses Umstandes die Lage des Neutralpunktes im Spektrum schwanken k\u00f6nne. Auch","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nJ. v. Kries.\ndies wurde durch gleichzeitig resp. alternierend ausgef\u00fchrte Parallelbeobachtungen der Herren M. und S. ermittelt. Diese lehrten sofort, dafs Herr M. ein merklich k\u00fcrzerwelliges Licht dem unzerlegten Weifs gleich hielt als S. ; beiden erschien das durch Spiegelung in den Apparat gebrachte unzerlegte weifse Licht als farblos ; das von Herrn M. als gleich eingestellte homogene war f\u00fcr S. blau, das von S. eingestellte f\u00fcr M. gelb. Die Einstellungen unterschieden sich um etwa 8 fifi.\nSehr interessant waren nun die, ebenfalls gleichzeitig gemachten Einstellungen des Herrn Dr. Nagel, dessen Makula-Pigmentierung, wie oben erw\u00e4hnt, als eine mittlere, st\u00e4rker als bei M., schw\u00e4cher als bei S., betrachtet werden darf. Das von ihm eingestellte homogene Licht lag n\u00e4mlich stets noch etwas rotw\u00e4rts von demjenigen des Herrn S. Die folgende kleine Tabelle mag die Ergebnisse \u00fcbersichtlicher machen.\nTabelle IY.\nArt des gemischten Lichts\tWellenl\u00e4nge des als gleich eingestellten homogenen Lichts\t\t\n\tNagel\tSehrwald\tMarx\nMagnesium Oxyd-Fl\u00e4che in Tageslicht\t499\t498\t490\nGespiegeltes Wolkenlicht durch Mattglas abgeschw\u00e4cht\t499\t497\t489\nGespiegeltes Wolkenlicht durch Rauchglas abgeschw\u00e4cht\t495\t494\t486\nWir sind hiernach, wie ich glaube, in der Lage, die Verh\u00e4ltnisse bez\u00fcglich des Neutralpunkts vollkommen zu verstehen, und insbesondere auch gewisse fr\u00fcher bestandene theoretische Schwierigkeiten aus dem Wege zu r\u00e4umen. Der Theorie nach (m\u00f6gen wir von den urspr\u00fcnglichen Helmholtz sehen Darstellungen ausgehen oder auch an die von K\u00f6nig und von uns gewonnenen Kurven uns halten) ist immer zu erwarten, dafs der Neutralpunkt1 f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden an einer weniger brech-\n1Tcli verstehe hierunter immer dasjenige homogene Licht, welches einem unzerlegten Weifs gleich erscheint.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n269\nPareil Stelle des Spektrums gefunden werde, als f\u00fcr den Rot-blinden. Warum li\u00e2t sich dies trotz der zahlreichen \u00fcber die Lage des neutralen Punktes angestellten Untersuchungen nicht mit Sicherheit herausgestellt? Der Grund liegt zun\u00e4chst darin, dafs bei der faktischen Gestaltung der beiden Kurven der Unterschied in der.Lage des neutralen Punktes kein so sehr grofser ist. Die Erregbarkeitskurven der Rot- und der Gr\u00fcn-Komponente fallen zwar vollkommen scharf und deutlich auseinander, aber doch nicht so stark, wie dies von Helmholtz in den zun\u00e4chst fingierten Kurven (z. B. erste Auflage der Physiol. Optik, S. 291) angenommen worden ist. Aus diesem Grunde ist also (ceteris paribus) der Neutralpunkt f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden zwar deutlich, aber doch nicht sehr viel rotw\u00e4rts von dem des Rotblinden gelegen. Wir k\u00f6nnen die Differenz etwa auf 4\u20146 pp, veranschlagen. Diese Differenz kommt aber nur dann rein zur Geltung, wenn wir zwei Personen mit etwa gleicher Makula-Pigmentierung vergleichen. Beobachten wir aber eine gr\u00f6fsere Zahl von Personen ohne R\u00fccksicht hierauf, so sind die in dieser Beziehung bestehenden individuellen Differenzen betr\u00e4chtlich genug, um die Grenze zu verwischen; der Neutralpunkt des schwach pigmentierten Gr\u00fcnblinden kann sich dem des stark pigmentierten Rotblinden ann\u00e4hern, ja gelegentlich wohl auch \u00fcber ihn hinausgehen und (im scheinbaren Gegens\u00e4tze zur Theorie) sich blauw\u00e4rts von diesem finden. Dies ist nach Allem, was wir gegenw\u00e4rtig wissen, durchaus zu verstehen. Zu erw\u00e4gen ist dann ferner, dafs die Aufsuchung des Neutralpunktes auch aus anderen Gr\u00fcnden noch auf manche Schwierigkeiten st\u00f6fst, welche Schwankungen in die Ergebnisse bringen k\u00f6nnen. Hierzu geh\u00f6rt zun\u00e4chst, dafs das zum Vergleich dienende unzerlegte Weifs nicht mit Sicherheit durchweg von der absolut gleichen Beschaffenheit zu erhalten ist, sodann aber auch das sogenannte \u201eWandern\u201c, welches bei abnehmender Lichtst\u00e4rke und Dunkeladaptation sich bemerkbar macht und, wie fr\u00fcher auseinander gesetzt wurde,1 auf der Einmischung der St\u00e4bchenfunktion beruht. Es wird daher nicht \u00fcberraschen k\u00f6nnen, dafs die \u00e4lteren Beobachtungen lediglich die Existenz eines gewissen Spatiums f\u00fcr die Lage des neutralen Punktes ergeben haben, ohne einen\n1 Fiese Zeitschr. IX. S. 99 f.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nJ. v. Kries.\nsicheren Unterschied des einen und des anderen Typus erkennen zu lassen. Selbst gegenw\u00e4rtig w\u00fcrde ich mich nicht anheischig machen m\u00f6gen, allein aus der Bestimmung des Neutralpunktes den Rotblinden vom Gr\u00fcnblinden zu unterscheiden.\nEs er\u00fcbrigt, die individuellen, von der Makula-Pigmentierung abh\u00e4ngenden Differenzen noch in einigen weiteren Beziehungen zu verfolgen. Was zun\u00e4chst die beiden der anderen Gruppe angeh\u00f6rigen Dichromaten, Nagel und Stark, anlangt, so besteht zwischen ihnen eine nur geringe und mehr qualitative als quantitative Differenz. Bei der Vergleichung des homogenen Blaugr\u00fcn mit Mischungen aus Gr\u00fcn und Blau erforderte N. etwas mehr Blau als St. Die Zunahme der Absorption vom Gr\u00fcn zum Blau ist also f\u00fcr N. betr\u00e4chtlicher als f\u00fcr St. Man h\u00e4tte hiernach im ganzen eine etwas st\u00e4rkere Pigmentierung bei N. diagnostizieren k\u00f6nnen. Als wir aber durch Vergleichung eines homogenen Blaugr\u00fcn mit Mischungen aus Rot und Blau die ganze Absorption des Blau ermittelten, zeigte sich zwischen beiden Beobachtern kein sicherer Unterschied, der betreffende Wert also nahezu \u00fcbereinstimmend. Hieraus wird zu folgern sein, dafs bei Herrn St. die Absorption im Gr\u00fcn etwas st\u00e4rker ist als bei N., dann aber gegen das Blau nicht ganz so stark zunimmt, so dafs hier wieder etwa gleiche Werte erreicht werden. Das Makula-Pigment des Herrn St. ist, wie man kurz sagen kann, ein wenig r\u00f6tlicher als das des Herrn N.\nDiese Differenz l\u00e4fst sich naturgem\u00e4fs am sichersten in den eben erw\u00e4hnten Parallelversuchen zur Anschauung bringen, und sie tritt hier trotz ihres geringen Betrages mit Deutlichkeit hervor. Um in den Ergebnissen der systematischen Mischungsversuche sich herauszustellen, dazu ist sie nicht betr\u00e4chtlich genug ; immerhin ist zu bemerken, dafs im Gr\u00fcn (etwa von 536 bis 515 fifi) die Ordinaten der TV-Kurve von Herrn St. merklich und, prozentisch betrachtet, nicht ganz wenig unter denjenigen des Herrn N. liegen. Doch mag dabei der Zufall auch seine Rolle spielen.\nIch wende mich nun zu dem letzten der hier zu er\u00f6rternden Punkte, n\u00e4mlich der Gestaltung der Blaukurven. Wie sp\u00e4ter noch darzulegen sein wird, sollten nach theoretischer Erwartung die Blaukurven in allen F\u00e4llen nahezu \u00fcbereinstimmen. Ber\u00fccksichtigt man indessen, dafs der Verlauf der Blaukurven, der \u00fcberhaupt von 517 bis 460 fi/i bestimmt wurde, durch die Vor-","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n271\nh\u00e4ltnisse der Makula-Pigmentierung sehr erheblich beeinflufst werden mufs, so ist klar, dafs wir nicht hoffen d\u00fcrfen, f\u00fcr dies\u00a9 Erwartung eine sehr scharfe Best\u00e4tigung zu erhalten. Zeichnen wir die vier Kurven der Blauwerte zusammen (Fig. 2), so wird deutlich, dafs sie keine irgendwie typische Differenz erkennen lassen, und man wird jedenfalls sagen d\u00fcrfen, dafs Unterschiede, wie sie hier vorliegen, aus der uns bekannten\n15\n16.f\no-\n0\n01\n18\n-N\ncr>\n19.5\n-u\ncb\nco\n>\nR,\n2 l\n*\u25a0\nOQ\no\nt\n23\n<r> . <o\n24.7\n4.\ner.\no\nCo\nFig. 2.\nVerteilung der Blauwerte im Dispersionsspektrum des Gaslichtes f\u00fcr S................... M.---------1ST.------ und St.--------\nBeschaffenheit der Makula-Pigmentierung sich sehr wohl erkl\u00e4ren lassen.\nUm in dieser Hinsicht wom\u00f6glich noch etwas gr\u00f6fsere Sicherheit zu erreichen, habe ich gelegentlich die Versuche in etwas modifizierter Weise noch etwas weiter hinaus, bis 436 erstreckt und von dreien der Dichromaten in gleichzeitigen Parallelbeobachtungen die Mischungsgleichungen hersteilen lassen. Um mit homogenen Lichtern Gleichungen gewinnen zu k\u00f6nnen und keine Nicolstellungen zu erhalten, die sich 90\u00b0","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nJ. v. Kries,\nzu sehr ann\u00e4herten, wurde hier als weniger brechbares Licht Na-Licht gew\u00e4hlt, dieses aber durch Einschaltung eines blauen Glases erheblich abgeschw\u00e4cht Die so erhaltenen Blauwerte der 3 Beobachter zeigt die nachstehende kleine Tabelle.\nTabelle V.\nSpektraler Ort und Wellenl\u00e4nge\tBeobachter S.\tBeobachter N.\tBeobachter M.\n[23] 469 y y\t241\t174\t207\n[24,7] 460,8 yy\t210\t156\t192\n[28] 448 yy\t141\t136\t168\n[31] 436 yy\t83\t69\t81\nDie Tabelle wie auch die graphische Darstellung in Figur 3 zeigt, dafs sich ein deutlicher Unterschied der Kurven nicht herausstellt ; nur das d\u00fcrfte wohl zu entnehmen sein, dafs die Kurve des Herrn S. bereits in diesem Teile beim Fortschreiten gegen die gr\u00f6fseren Wellenl\u00e4ngen etwas schneller ansteigt, als die der anderen Herren. Doch f\u00e4llt selbst dies Ergebnis noch kaum aufserhalb der Breite der Beobachtungsfehler, die wegen der relativ geringen Lichtst\u00e4rken in diesen Teilen des Spektrums verh\u00e4ltnism\u00e4fsig betr\u00e4chtliche sind.\nAuch in demjenigen Punkte, der vielleicht am ehesten auff\u00e4llig erscheinen wird, glaube ich einen realen Unterschied der Blaukurven nicht finden zu d\u00fcrfen, dafs n\u00e4mlich dieselben, indem wir vom Kot gegen das Gr\u00fcn vorgehen, bei den verschiedenen Beobachtern an ziemlich verschiedenen Stellen mit merklichen Werten aufzutreten beginnen. Es handelt sich hier haupts\u00e4chlich um, die Schwierigkeiten, welche Nagel und ich (a. a. O. S. 9f.) bereits er\u00f6rtert haben, und welche eine sehr genaue Feststellung dieser geringen Blau werte ausschliefsen. In der That handelt es sich ja darum, ob zwischen dem langwelligen Lichte und dem untersuchten (z. B. 535 yy) eine S\u00e4ttigungsdifferenz bemerkt wird, die dann einen Blauzusatz im","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Liber Farbensysteme.\n273\nGemisch erfordert, oder nicht. Bei dem sehr grofsen Unterschiede der St\u00e4bchenvalenzen h\u00e4ngt dies in hohem Mafse von der Adaptation, aber wohl anch davon ab, wie weit der einzelne Beobachter auf das exzentrische Erscheinen der Felder achtet, was zwar nicht geschehen sollte, aber wohl kaum ganz vermieden wird. Dafs die beiden Botblinden erst bei kleinerer Wellenl\u00e4nge Blauzus\u00e4tze brauchen, h\u00e4ngt demgem\u00e4fs wahrscheinlich zum Teil auch davon ab, dafs hier als langwelliges Eicht nicht Licht von 645 pp sondern Na-Grelb gebraucht wurde.\nFig. 3.\nYerteilung der Blauwerte am \"brechbaren Ende des Spektrums f\u00fcr N. (Deuteranop), sowie S. und M. (Protanopen).\nStellt zwar der Botblinde bei guter Helladaptation zwischen diesen Lichtern eine genaue Gleichung her, und ist also das eine durch das andere f\u00fcr rein foveale Gleichungen genau vertretbar, so ist und bleibt eben doch der Unterschied der sehr ungleichen St\u00e4bchenvalenz bestehen. Aufserdem liegen bei 525 bis 536 pp die TU-Werte f\u00fcr den Rotblinden erheblich h\u00f6her, als f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden; auch dies mag dazu beitragen, dafs die geringen Blauwerte dem ersteren noch leichter als dem letzteren unter der Grenze sichrer Bemerkbarkeit bleiben. Schliefslich mufs erw\u00e4hnt werden, dafs besonders f\u00fcr einen nicht sehr ge\u00fcbten.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII.\t13","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nJ. v. Kries.\nBeobachter, wie Herrn M., bei der Schwierigkeit, eine die Gleichungen deutlich und sicher verbessernde. Nicolstellung zu finden, es einigermafsen nahe liegt, auf die Benutzung des Nicol ganz zu verzichten und ihn auf der Nullstellung stehen zu lassen. Ich glaube daher, dafs man nicht wagen kann, aus den erw\u00e4hnten Ungleichheiten etwas anderes zu folgern, als dafs die Blauwerte der Rotblinden bei Wellenl\u00e4ngen >>515 der Gr\u00fcnblinden bei solchen > 525 mit Vorsicht aufzunehmen sind und eine genaue Feststellung des Endverlaufs der Blaukurve nicht gelingt.\nTrotz der gewissen Unsicherheit, die hier bestehen bleibt, d\u00fcrfte es also wohl gerechtfertigt sein, das oben (S. 262) bereits formulierte theoretische Ergebnis noch in einer Richtung zu erg\u00e4nzen, indem wir feststellen, dafs, abgesehen von den Modifikationen durch rein physikalische Verh\u00e4ltnisse, die Verteilung der Blauwerte im Spektrum f\u00fcr alle Dichromaten die n\u00e4mliche ist; sie unterscheiden sich nur durch die Verteilung der Rotwerte. Die Untersuchungen lehren also, dafs neben der typischen Differenz doch auch eine ganz bestimmte \u00dcbereinstimmung zwischen den beiden Gruppen der Dichromaten besteht.\nIII.\nWie oben bereits angef\u00fchrt wurde, habe ich von der systematischen Durchuntersuchung eines triehromatischen Farbensystems Abstand genommen, und zwar deshalb, weil einerseits eine solche ganz vollst\u00e4ndige Untersuchung auf sehr grofse Schwierigkeiten st\u00f6fst, andererseits aber auch das Hauptinteresse sich auf wenige, relativ leichter und somit auch sicherer direkt angreifbare Punkte konzentriert. Im wesentlichen waren es zwei Fragen, \u00fcber die die Untersuchungen Aufschlufs zu geben hatten; erstlich, ob die dichromatischen Systeme sich in dem oben (S. 245) auseinandergesetzten Sinne als Reduktionsbildungen aus dem triehromatischen ableiten lassen ; sodann, welche Rolle innerhalb der triehromatischen Systeme die individuellen Verschiedenheiten spielen, und ob auch diese, wie die analogen der dichromatischen Systeme, sich auf Ungleichheiten der Makulaf\u00e4rbung zur\u00fcckf\u00fchren lassen. Beide Fragen geh\u00f6ren \u00fcbrigens einigermafsen zusammen ; denn eben wegen der individuellen Verschiedenheiten innerhalb jeder","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Farbensysteme.\n275\nGruppe der Dichromaten kann, wie man sogleich sieht, ein absolut scharfer Nachweis der in Frage stehenden Beziehungen nicht oder doch nur f\u00fcr einen Teil des Spektrums erbracht werden. Immerhin lassen sich die Dinge relativ einfach gestalten, wenn man gewisse Beschr\u00e4nkungen in die Untersuchung ein f\u00fchrt.\nDie Frage n\u00e4mlich, ob Rotblindheit und Gr\u00fcnblindheit zwei verschiedene Reduktionsformen des normalen trichro-matischen Farbensystems sind, hat offenbar ihre Hauptbedeutung f\u00fcr denjenigen Teil des Spektrums, in dem eben jene Farbensysteme sich am sch\u00e4rfsten und betr\u00e4chtlichsten unterscheiden, d. h. f\u00fcr den weniger brechbaren Teil, und gl\u00fccklicher Weise machen sich ja gerade in diesem Teile die \u201eindividuellen Verschiedenheiten\u201c noch relativ wenig geltend. Man kann jedenfalls bis zur Wellenl\u00e4nge 550 herabgehen, ohne (vielleicht von seltenen Ausnahmef\u00e4llen abgesehen) eine erhebliche Unsicherheit von dieser Seite zu f\u00fcrchten, und man kann dabei doch auf eine sehr scharfe Pr\u00fcfung des in Frage stehenden Verh\u00e4ltnisses rechnen, weil eben in diesem Teile die Kurven des Protanopen und des Deuteranopen am meisten charakteristisch auseinander fallen. Ich habe nun die Frage hier zun\u00e4chst in einer einfachen und ganz direkten Weise in Angriff genommen, \u00fcber welche an anderer Stelle1 bereits kurz berichtet wurde, n\u00e4mlich vermittelst eines von einem Trichromaten und je einem Dichromaten des einen und des anderen Typus zusammen auszuf\u00fchrenden Parallelversuches. Zweck desselben war, zu pr\u00fcfen, ob f\u00fcr die Vergleichung homogener Lichter mit Mischungen aus Rot (670,8) und Gelbgr\u00fcn (550 ^/z) der Satz G\u00fcltigkeit hat, dafs eine f\u00fcr den Trichromaten zutreffende Mischungsgleichung von beiden Dichromaten als richtig anerkannt wird, und umgekehrt, ob, mit anderen Worten, zwei Lichter f\u00fcr das trichromatische Sehorgan den gleichen Reiz dann darstellen, wenn sie sowohl f\u00fcr das Sehorgan des Protanopen als f\u00fcr das des Deuteranopen von gleichem Reizwert sind. Die G\u00fcltigkeit dieses Satzes l\u00e4fst sich bei dem damals eingeschlagenen Wege in der That mit sehr frappierender Anschaulichkeit demonstrieren. Das Verfahren geht davon aus, dafs die Dichromaten Gleichungen zwischen dem horno-\n1 Centralbl.f. Physiol. 1896. S. 148.\n18*","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nJ. v. Kries.\ngenen Licht 670,8 und 550 pp herstellen k\u00f6nnen, demgem\u00e4fs auch zwischen einem homogenen Licht irgend einer dazwischen gelegenen Wellenl\u00e4nge und einem jener Lichter, oder auch endlich zwischen homogenem Licht einer zwischengelegenen Wellenl\u00e4nge und irgend einer beliebigen Mischung aus 670,8 und 550. Der verschiedene Verlauf der beiden TF-Kurven macht sich jedoch dabei darin geltend, dafs die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der beiden homogenen Lichter oder des homogenen und des G-emisches f\u00fcr den einen und den anderen Dichromaten verschieden sein m\u00fcssen. Bei Vergleichen eines homogenen Lichtes \u00c0 mit einem k\u00fcrzer welligen, \u00c0\u2014\u00f4, wird das Verh\u00e4ltnis ihrer Beizungswerte f\u00fcr den Bot- und Gr\u00fcnblinden sich in dem Sinne unterscheiden, dafs f\u00fcr den Botblinden ein relatives \u00dcbergewicht des kurzwelligen, f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden ein relatives \u00dcbergewicht des langwelligen Lichtes stattfindet. Wenn demnach z. B. der Gr\u00fcnblinde eine Gleichung zwischen Gelb (589) und Gelbgr\u00fcn herstellt und der Botblinde diese kontrolliert, so wird er das Gelb zu dunkel finden. Stellt dagegen der Gr\u00fcnblinde eine Gleichung zwischen demselben Gelb und einem l\u00e4ngerwelligen Licht her, so wird diese Gleichung, vom Botblinden kontrolliert, das Gelb zu hell erscheinen lassen. Hieraus folgt nun sogleich, dafs, wenn wir das homogene Licht mit einer Mischung aus Bot und Gelbgr\u00fcn vergleichen lassen, die Abweichungen je nach dem Verh\u00e4ltnis, in dem die beiden Bestandteile gemischt sind, in dem einen oder dem anderen Sinne liegen k\u00f6nnen, und dafs nur ein bestimmtes Verh\u00e4ltnis der Anforderung gen\u00fcgt, dafs die vom Deuteranopen eingestellte Gleichung auch vom Protanopen als zutreffend anerkannt wird. Der Farbent\u00fcchtige andererseits kann gleichermafsen zwischen homogenem Licht einer zwischen 670 und 550 gelegenen Wellenl\u00e4nge und einer Mischung aus diesen beiden Lichtern nur bei einem ganz bestimmten Mischungsverh\u00e4ltnis Gleichungen gewinnen, bei welchen homogenes Licht und Mischung gleichfarbig erscheinen. Es war zu pr\u00fcfen, ob dieses f\u00fcr den Trichromaten eine Gleichheit ergebende Verh\u00e4ltnis das n\u00e4mliche ist, wie dasjenige, durch welches die Bedingung erf\u00fcllt wird, dafs die Gleichung des einen Dichromaten auch f\u00fcr den anderen zutrifft. Da es w\u00fcnschenswert war, sich von der Genauigkeit der etwa zu erhaltenden Verifizierung ein gewisses Bild zu verschaffen, so wurde in folgender Weies zu Werke gegangen. Zun\u00e4chst stellte der Farbent\u00fcchtige","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n277\n(ich selbst) zwischen dem homogenen Licht und der Mischung eine Gleichung her, und zwar durch Variierung des Gemisches; an diesem wurde in bekannter Weise durch Drehung des NicoLschen Prismas das Verh\u00e4ltnis der beiden Bestandteile, durch Regulierung der Spaltweite die Gesamthelligkeit ver\u00e4ndert. Nach dem diese Gleichung mit gr\u00f6fster Sorgfalt hergestellt war, wurde die Nicolstellung abgelesen und alsdann begannen die Einstellungen und Beobachtungen der Farbenblinden; hier hatte jedesmal der Gr\u00fcnblinde bei einer willk\u00fcrlich gew\u00e4hlten Nicolstellung, die entweder mit der ebengefundenen zusammentraf oder um passende Werte in dem einen oder anderen Sinne abwich, die Felder durch Regulierung des die Mischung liefernden Spalts auf Gleichheit zu bringen, und diese Einstellung wurde alsdann vom Rotblinden betrachtet und beurteilt. Die Versuche wurden bei einem bestimmten homogenen Licht stets mit einigen verschiedenen Nicolstellungen ausgef\u00fchrt, bis sich beurteilen liefs, wo die Abweichungen in dem einen und in dem anderen Sinne merkbar wurden. In der Regel wurde dann nochmals von mir die zur Erzielung von Farbengleichheit erforderliche Nicolstellung bestimmt. Die Bestimmungen wurden solcher Art f\u00fcr die homogenen Lichter 659, 625, 616, 589 und 569 pp ausgef\u00fchrt; den ganzen Versuch habe ich zweimal, einmal mit den Herren N. und S., sodann mit den Herren St. und M. gemacht. Die Ergebnisse sind in den nachstehenden Tabellen zusammengefafst.\nVI.\nWellenl\u00e4nge des homogenen Lichtes\tVerh\u00e4ltnisse der Mischung, hei denen aus 670,8 und 550 gg\t\tdas Gemisch\n\twenn dem Gr\u00fcnblinden gleich, f\u00fcr den Rotblinden\t\tf\u00fcr den Trichromaten dem homogenen Licht gleichfarbig ist\n\tzu hell\tzu dunkel\t\n\terscheint\t\t\n639 yy\t0,012\t0,026\t0,016\n625 \u201e\t0,038\t0,062\t0,044\n613 \u201e\t0,07\t0,12\t0,09\n589 \u201e\t0,22\t0,49\t0,33\n569 \u201e\t1,0\t3,00\t1,34","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nJ. v.. Kries.\nVIL\nWellenl\u00e4nge des homogenen Lichtes\tVerh\u00e4ltnisse der Mischung, bei denen das Gemisch aus 670,8 und 550 gg\t\t\n\twenn dem Gr\u00fcnblinden gleich, f\u00fcr den Rotblinden\t\tf\u00fcr den Trichromat en dem homogenen Licht gleichfarbig ist\n\tzu hell\tzu dunkel\t\n\terscheint\t\t\n639 uu\t0,013\t0,022\t0,017\n625 \u201e\t0,034\t0,049\t0,046\n613 \u201e\t0,056\t0,15\t0,10\n589 \u201e\t0,22\t0,61\t0,35\n569 \u201e\t0,50\t4,6\t1,38\nAls Erg\u00e4nzung ist zu diesem noch hinzuzuf\u00fcgen, dafs durchg\u00e4ngig, wenn der Versuch mit der von mir zur Farbengleichheit erforderten Nicolstellung ausgef\u00fchrt wurde, die vom Gr\u00fcnblinden eingestellte Gleichung dem Rotblinden sowie auch mir als genau zutreffend erschien ; wenigstens fand sich niemals eine sichere Differenz, und ein gelegentlich ge\u00e4ufserter Zweifel, ob vielleicht das eine Feld um eine geringste Spur heller oder dunkler sei als das andere, hielt sich innerhalb dessen, was oft auch derselbe Beobachter bei Nachpr\u00fcfung einer vor einigen Minuten von ihm selbst eingestellten Gleichung angiebt. Im \u00fcbrigen ersieht man, dafs stets, wenn das Mischungsverh\u00e4ltnis sich von dem f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen erforderlichen in dem einen Sinne entfernt, die vom Gr\u00fcnblinden gemachten Einstellungen f\u00fcr den Rotblinden in einem Sinne, bei entgegengesetzter Abweichung in dem entgegengesetzten unrichtig werden. Die Genauigkeit des Verfahrens ist naturgem\u00e4fs schon aus dem Grunde eine etwas geringere, da wir uns des Vorteils einer gr\u00f6fseren H\u00e4ufung von Einstellungen begeben, vielmehr nur die Einstellung eines Beobachters von dem anderen kontrollieren und beurteilen lassen; \u00fcberdies ist die Genauigkeit selbstverst\u00e4ndlich da eine geringe, wo das homogene Licht sich dem k\u00fcrzerwelligen Bestandteile der Mischung sehr ann\u00e4hert. Immerhin sieht man doch, namentlich bei den homogenen Lichtern von mehr als 600 mit recht grofser Sch\u00e4rfe, dafs","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n279\ndas vom Trichromaten eingestellte Verh\u00e4ltnis der Mischungsbestandteile das n\u00e4mliche ist, bei welchem die Gleichung des Rotblinden auch f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden gilt. Der Versuch hat \u00fcberhaupt wegen seiner Unabh\u00e4ngigkeit von allen Berechnungen sowie von allen etwaigen Unzuverl\u00e4ssigkeiten des Apparats etwas vorzugsweise \u00dcberzeugendes, und wer ihn in \u00e4hnlicher Weise und mit dem gleichen Erfolge anstellt, wird sich kaum, selbst ohne jede eingehendere theoretische \u00dcberlegung, der Ansicht verschliefsen, dafs das Sehen des Trichromaten mit demjenigen beider Dichromaten in einer ganz festen, scharf angeb baren Beziehung steht, dafs (wie ich es fr\u00fcher ausgedr\u00fcckt habe) die beiden Gleichheitsbedingungen, die in den Sehorganen des einen und des anderen Dichromaten enthalten sind, im normalen (farbent\u00fcchtigen) Sehorgan sich vereinigt finden.\nObwohl die gestellte Frage im Grunde wohl hierdurch schon als beantwortet gelten konnte und, wie hinzuzuf\u00fcgen ist, auch zahlreiche einzelne nicht systematisch angestellte Beobachtungen immer wieder lehrten, dafs die Mischungsgleichungen eines Farbent\u00fcchtigen innerhalb der weniger brechbaren Spektralh\u00e4lfte f\u00fcr beide Dichromaten g\u00fcltig sind, so wollte ich doch nicht unterlassen, den Gegenstand auch in anderer Weise, n\u00e4mlich durch die Berechnung von zahlreichen und systematisch angestellten Mischungsversuchen, zu pr\u00fcfen, was innerhalb des gleichen Gebiets, n\u00e4mlich von 670\u2014552 pfi, ebenfalls leicht ausf\u00fchrbar war. Hier n\u00e4mlich gewinnt der Farbent\u00fcchtige (bei hell-adaptiertem Auge) noch ohne merkliche S\u00e4ttigungsdifferenz eine Gleichung zwischen dem homogenen Licht einer mittleren Wellenl\u00e4nge und einem Gemisch aus Rot (670,8) und Gelb gr\u00fcn. Sind aber derartige Bestimmungen f\u00fcr eine Reihe homogener Lichter gewonnen, so gestatten sie ganz direkt eine V ergleichung mit den Beobachtungsergebnissen der Dichromaten. Am einfachsten gestaltet sich die Vergleichung in der folgenden Weise. Es sei gefunden (vom Farbent\u00fcchtigen), dafs die Menge Q des Lichtes X gleich erscheint mit der Menge Q\u00b1 roten Lichtes (670,8) und Q2 gelbgr\u00fcnen Lichtes (552 ^), also\nQ W = Qt (670,8) +\t(552).\nBei dieser Gleichung ist dann zun\u00e4chst noch zu ber\u00fccksichtigen, dafs sich alle drei Quantit\u00e4tsangaben, so wie wir sie direkt erhalten, auf verschiedene Spektren beziehen. Indessen","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nJ. v. Kries.\nk\u00f6nnen wir vermittelst derjenigen Gleichung, bei welcher wir X \u2014 670,8 w\u00e4hlen und Q2 verschwindet, den Beduktionsfaktor erhalten, mit dem wir Qx multiplizieren m\u00fcssen, um das benutzte Li Bot in Einheiten desselben Spektrums auszudr\u00fccken, dem das Licht X angeh\u00f6rt; ebenso erhalten wir den analogen Be-duktionsfaktor f\u00fcr das Licht 552, indem wir X \u2014 552 machen. Wir erhalten so durch eine einfache Umrechnung eine Beihe von Gleichungen der Form\nQ (X) == Q/ (670,8) + Q2' (552),\nworin sich alle Quantit\u00e4ten auf dasselbe Spektrum beziehen.\nMit H\u00fclfe der von einem Dichromaten erhaltenen systematischen Beobachtungen, wie sie Tabelle I enth\u00e4lt, k\u00f6nnen wir nun direkt beurteilen, ob diese vom Farbent\u00fcchtigen eingestellten Gleichungen auch f\u00fcr ihn (den Dichromaten) g\u00fcltige Gleichungen darstellen.\nWir h\u00e4tten n\u00e4mlich nur die drei Lichter mit ihren aus den Beobachtungen des Dichromaten ermittelten Beizwerten einzusetzen, also z. B. das Licht 670,8 mit 33, 552 mit 64, ebenso das homogene Licht X mit dem seinigen, und auszurechnen, ob alsdann die beiden Seiten der Gleichung wirklich gleich werden. Ein wenig anschaulicher wird der Vergleich, wenn wir aus der Gleichung des Trichromaten denjenigen Beizwert des Lichtes X berechnen, der demselben zur Erzielung dieser Gleichheit\nbeigelegt werden mufs, (er w\u00e4re durch den Bruch \u2014 \u2014\t~\ngegeben) und ihn mit dem von den Dichromaten wirklich ermittelten vergleichen. Wir erhalten so eine aus den Beobachtungen des Farbent\u00fcchtigen nach Mafsgabe unserer theoretischen Auffassung berechnete Verteilung der Beizwerte f\u00fcr den einen und anderen Dichromaten (berechnete Kurve der Botwerte), die sich mit den experimentell gefundenen zusammenstellen lassen. Das Ergebnis einer derartigen Berechnung zeigt die Tabelle VIII.\nIn graphischer Darstellung zeigt Figur 4 den Verlauf der Bot-Werte, wie er sich aus den Beobachtungen des Farbent\u00fcchtigen durch die obige Berechnung, und wie er sich direkt aus den Beobachtungen des Gr\u00fcnblinden ergiebt; Figur 5 enth\u00e4lt die analoge Darstellung f\u00fcr dieselben Trichromaten-Beobachtungen im Vergleich mit denen des einen Botblinden.","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme.\n281\nTabelle VIII.\nWellenl\u00e4nge des homogenen Lichtes\tMenge der Lichter 670,8 und 552 fi|n im Gemisch\t\tReizwert f\u00fcr das Sehorgan des Gr\u00fcnblinden\t\tReizwert f\u00fcr das Sehorgan des Rotblinden\t\n\t670.8\t552\tberechnet\tbeobachtet\tberechnet\tbeobachtet\n0 (670.8)\t88,5\t\u2014\t83\t33\t4,9\t4,9\n3 (628 y,/u)\t251\t10,0\t106\t107\t28,8\t38,5\n4 (615 ju/u)\t276\t27\t126\t147\t54,2\t63\n5 (603 jxy)\t270\t49\t145\t151\t86\t84\n6 (591 fxy)\t202\t67\t135 *\t137\t108\t105\n7 (581\t128\t76\t114\t124\t117\t113\n8 (571 fifi)\t73\t91\t110\t103\t137\t126\n9 (561 /u/u)\t21\t80\t76\t82\t111\t106\n10 (552 tu/a)\t\u2014\t71\t64\t64\t101\t101\nFig. 4.\nRotwerte im Bispersionsspektrum des Gaslichtes f\u00fcr den Benteranopen\n(Gr\u00fcnblinden) ;-----nach den Beobachtungen von Nagel,........aus den\nBeobachtungen des Farbent\u00fcchtigen berechnet.","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nJ. v. Kries.\nBer\u00fccksichtigt man, dafs selbst ein geringer Fehler in der Bestimmung eines der f\u00fcr die Umrechnung benutzten Werte erhebliche St\u00f6rungen in der Gestalt der Kurven bringen mufs, so wird man die \u00dcbereinstimmung sehr befriedigend finden d\u00fcrfen ; in der That sind die Abweichungen nicht gr\u00f6fser, als sie auch zwischen zwei Dichromaten des gleichen Typus, ja auch bei Wiederholungen der Versuche desselben Beobachters Vorkommen. Die Gr\u00fcnde, welche der Genauigkeit der Beobachtung vorl\u00e4ufig eine Schranke setzen, sind bekannt1, dafs aber hier\nBot- (W-) Werte im Dispersionsspektrum des Gaslichtes f\u00fcr den Pro-\ntanopen; ------ nach den Beobachtungen von Marx,.......... aus den\nBeobachtungen des Farbent\u00fcchtigen berechnet.\n\u00dcbereinstimmungen vorliegen, die eine reale Grundlage haben, nicht aber durch irgend einen Zufall vorget\u00e4uscht werden, wird man schon nach dem Anblick jener Kurven wohl nicht ernstlich bezweifeln.\nEs best\u00e4tigt sich also innerhalb des hier betrachteten Gebiets mit grosser Genauigkeit, dafs die Lichterpaare (je ein homogenes Licht und ein Gemisch aus Bot und Gelbgr\u00fcn),\n1 Vgl. besonders die Auseinandersetzung diese Zeitschr. XII. S. 36.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n283\nwelche dem T ri c hr o m aten an Helligkeit und Farbe gleich sind, stets f\u00fcr beide dichromatische Sehorgane (das des Protanopen und das des Deute-ranopen) gleichen Reizwert besitzen.\nWenn man durch die beigebrachten Thatsachen den Beweis f\u00fcr die m\u00f6hrerw\u00e4hnte Bezeichnung zwischen den normalen und den beiden dichromatischen Systemen als erbracht ansehen will, so wird nun freilich zu beachten sein, dafs er sich zun\u00e4chst nur auf einen gewissen Teil des Spektrums erstreckt. Wie liegen die Dinge bez\u00fcglich der \u00fcbrigen Teile, insbesondere der ganzen brechbareren H\u00e4lfte? Darauf l\u00e4fst sich z. Zeit nur antworten, dafs eine genaue Pr\u00fcfung irgend einer derartigen Beziehung durch die hier sehr merkbar hervortretenden individuellen Verschiedenheiten wegen der Absorption im makularen Pigment unm\u00f6glich gemacht wird, unter Ber\u00fccksichtigung aber der hierdurch gegebenen Unbestimmtheit die Beobachtungen der theoretischen Erwartung durchaus entsprechen. Es ist mir allerdings bei dieser Sachlage ausreichend erschienen, das Verh\u00e4ltnis bei einer Kategorie von Mischungsgleichungen genauer zu verfolgen. Sowohl der Trichromat wie beide Arten der Dichromaten k\u00f6nnen aus Gr\u00fcn (510) und Blau (460) eine Mischung herstellen, welche homogenem Blaugr\u00fcn gleich erscheint, dem Farbent\u00fcchtigen allerdings nicht ganz genau, sondern nur mit Ignorierung einer geringen S\u00e4ttigungsdifferenz. Jeder stellt jedoch dabei ein ganz bestimmtes Verh\u00e4ltnis der beiden Mischungsbestandteile ein. Da nun nach der Erwartung der Theorie die f\u00fcr den Trichromaten geltenden Gleichungen auch f\u00fcr beide Dichromaten zutreffen sollten, so ist zu vermuten, dafs diese Mischungsgleichungen in allen drei F\u00e4llen ganz \u00fcbereinstimmend ausfallen w\u00fcrden. Dies ist in der That der Fall, freilich mit der Modifikation, die sich eben aus dem hier erheblichen Einfl\u00fcsse der Makula-Pigmentierungen ergiebt: die Gleichungen dieser Art schwanken f\u00fcr den Far ben t\u00fc ch tigen und f\u00fcr beide Gruppen der Dichromaten in ganz \u00e4hnlichen Grenzen.1\n1 Wenn die Gleichungen der hier behandelten\u2019Art (von Pigmenti erungsdilferenzen abgesehen) f\u00fcr die Potblinden und Gr\u00fcnblinden genau die n\u00e4mlichen w\u00e4ren, so w\u00fcrde dies besagen, dafs innerhalb dieses Gebiets die beiden Blaukurven zusammenfielen, die beiden TF-Kurven aber einander proportional verliefen. Alsdann m\u00fcfste die betreffende Gleichung","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nJ. v. Kries.\nWir sind bei dieser Sachlage, wie ich. glaube, zu der Folgerung berechtigt, dafs in der That, von physikalischen Verschiedenheiten abgesehen, das Farbensystem des Rotblinden und das des Gr\u00fcnblinden zwei verschiedene Reduktionsformen des normalen tr ichr omati s chen dar stellen. Denn wir d\u00fcrfen sagen, dafs sich dies innerhalb eines gewissen Gebietes mit voller Sch\u00e4rfe bewahrheiten l\u00e4fst ; wenn andererseits innerhalb eines anderes Gebietes die individuellen Verschiedenheiten ohne typische Bedeutung einer sehr genauen Pr\u00fcfung der Theorie hindernd im Wege stehen, so ist dies um so weniger von Belang, als wir ja den Grund dieser individuellen Schwankungen gut kennen und sie auf gewisse, durch direkte Beobachtung festgestellte Umst\u00e4nde zur\u00fcckf\u00fchren k\u00f6nnen. Auch d\u00fcrfen wir wohl hervorheben, dafs, gerade wie das Typische in dem Unterschiede der beiden Arten der Farbenblindheit gegen eine Erkl\u00e4rung aus dem wechselnden Pigmentierungsverh\u00e4ltnisse sprach, so hier die Atypie, das Schwankende der Differenzen f\u00fcr eine solche rein physikalische Erkl\u00e4rung geltend zu machen ist. Von einer weiteren Verfolgung dieser Erscheinungskategorie durfte aber hiernach in der That Abstand genommen werden, da man mit Sicherheit rechnen konnte, nichts sehr Belehrendes weiter zu finden.\nDagegen war es von Interesse, die individuellen Verh\u00e4ltnisse, wie sie sich im Sehen der Farbent\u00fcchtigen geltend machen, noch etwas genauer zu verfolgen. Ich w\u00fcnschte dabei erstlich, dar\u00fcber einen Aufschlufs zu bekommen, welche numerischen Werte etwa diese Schwankungen erreichen, insbesondere aber auch dar\u00fcber, ob, wie es von K\u00f6nig angenommen worden ist, neben den auf der Makulaf\u00e4rbung beruhenden Unterschieden auch solche von anderer Art und Bedeutung (sog. anomale trichromatische Farbensysteme) Vorkommen. Ich liefs zuv\u00f6rderst, ganz nach dem Vorg\u00e4nge von Lord Rayleigh, Bonders und K\u00f6nig, Mischungen aus Rot (670,8) und gelblichem Gr\u00fcn\nf\u00fcr den Trichromaten genau zutreffen; die geringe thats\u00e4chlich f\u00fcr diesen bleibende S\u00e4ttigungsdifferenz beweist andererseits, dafs dies nicht ganz streng der Fall ist. Es ist danach auch f\u00fcr diese Gleichungen eine Typus-Differenz zu erwarten, in dem Sinne, dafs der Rotblinde etwas weniger Blau erfordert, aber sie ist von sehr geringem Betrage und demgem\u00e4fs durch die Vergleichung der verschiedenen Dichromaten wegen der starken individuellen Schwankung nicht mit Sicherheit festzustellen.","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n285\n(535 fifi) mit homogenem Wa-Gelb vergleichen und derartige Einstellungen von einer gr\u00f6fseren Zahl von Personen (Studenten) ausf\u00fchren. Ich kann nun auch auf Grund meiner Erfahrungen best\u00e4tigen, dafs bei einer derartigen Untersuchung einzelne Personen gefunden werden, welche zur Erzielung der Gleichheit das Gemisch weit gr\u00fcner f\u00e4rben m\u00fcssen, als alle \u00fcbrigen. Ich mufs aber gegen\u00fcber den Deutungen, welche die Beobachtungen von Bayleigh und Bonders sp\u00e4ter erfahren haben,1 betonen, dafs auch nach meiner (wie nach K\u00f6nigs) Auffassung diese F\u00e4lle keineswegs auf eine besonders hochgradige Makulaf\u00e4rbung zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, sondern dafs es sich um eine abweichende Beschaffenheit der Sehsubstanzen handelt, f\u00fcr welche die von K\u00f6nig gew\u00e4hlte Bezeichnung \u201eanomale trichro-matische Systeme\u201c durchaus passend erscheint.\nIndem ich von den beiden mir zur Beobachtung gekommenen Personen, die dieser Kategorie angeh\u00f6ren, und auf die alsbald zur\u00fcckzukommen sein wird, vorderhand absehe, will ich sogleich die Zahlen anf\u00fchren, die meines Erachtens geeignet sind, uns ein wenigstens ann\u00e4herndes Mafs f\u00fcr die Einfl\u00fcsse der individuell schwankenden Makula-Tingierung zu\nGr\u00fcn\ngeben. In einer ersten Beihe bewegte sich der Quotient \u2014\u2014\u2014\nin solchen Grenzen, dafs, der niedrigste = 1 gesetzt, der h\u00f6chste 1,3 betrug. Wir d\u00fcrften hiernach die relative Schw\u00e4chung des Gr\u00fcn bei der gelbsichtigsten gegen\u00fcber der blausichtigsten Person auf 0,7\u20140,8 veranschlagen.2 Etwas genauer seien die Ergebnisse einer zweiten (22 Studenten umfassenden) Beihe mitgeteilt. Die folgende Tabelle enth\u00e4lt im 1. Stabe\nGr\u00fcn\ndie Nummer des Beobachters, im 2. den Quotienten -,\nBot\nin dem von dem Betreffenden angestellten, mit homogenem Gelb 589 fifj, gleich erscheinenden Gemisch, wobei der niedrigst vorkommende = 1 gesetzt ist, im 3. in \u00e4hnlicher Weise den\nQuotienten\nBlau\nGr\u00fcn\nin dem mit homogenem Blaugr\u00fcn gleich er-\nscheinenden Gemisch. Bei den Versuchen der Spalte 1 war\n1\tHering, \u00dcber die individuellen Verschiedenheiten des Farbensinnes. Lotos. VI. S. 41.\n2\tDie hier benutzten Wellenl\u00e4ngen sind nicht genau festgestellt; ann\u00e4hernd war es Li-Hot und gelblichgr\u00fcnes Licht von 525 /a/a.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nJ. v. Kries.\nRot 670 und Gelbgr\u00fcn 535 (ip gemischt, bei denjenigen der Spalte 2 Gr\u00fcn 510 und Blau 460,8 ^,p.\nKummer des Beobachters\tVerh\u00e4ltnis Bot in dem dem homogenen Gelb gleich erscheinenden Gemisch\tVerh\u00e4ltnis Gr\u00fcn in dem dem homogenen Blaugr\u00fcn gleich erscheinenden Gemisch\nI\t1,0\t1,05\nII\t1,03\t1,16\nIII\t1,05\t1,42\nIV\t1,10\t1,35\nV\t1,10\t1,03\nVI\t1,14\t1,62\nVII\t1,16\t1,40\nVIII\t1,19\t1,54\nIX\t1,21\t1,52\nX\t1,23\t1,18\nXI\t1,27\t2,15\nXII\t1,40\t1,73\nXIII\t1,45\t1,06\nXIV\t1,45\t1,91\nXV\t1,46\t\u2014\nXVI\t1,46\t1,21\nXVII\t1,46\t1,47\nXVIII\t1,49\t1,00\nXIX\t1,51\t1,73\nXX\t1,52\t1,21\nXXI\t1,56\t1,53\nXXII\t1,9\t1,65\nMan bemerkt, dafs sowohl in dem einen wie in dem anderen Falle die Quotienten innerhalb eines gewissen Spielraums schwanken, und dafs, wie zu erwarten, die mittleren Werte die h\u00e4ufigsten sind. Nicht durchg\u00e4ngig entspricht die Anordnung der Werte in der zweiten Kolumne derjenigen in der ersten. Zwar kommt es nicht vor, dafs Jemand, der in der ersten mit einem ganz hohen Werte figuriert, in der zweiten mit einem der niedrigsten auftr\u00e4te ; wohl. aber sehr h\u00e4ufig, dafs von zwei Personen die eine in der ersten, die andere aber in der zweiten den h\u00f6heren Wert dar bietet. Hierin machen sich die qualitativen Verschiedenheiten des Pigments geltend; ist die Tin-","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Farbensysteme.\n287\ngierung bei A ein wenig r\u00f6tlicher als bei \u00df, so wird A den\nQuotienten\th\u00f6her, dagegen den Quotienten\tvielleicht\nHot\tGr\u00fcn\nniedriger einstellen. Wenn wir die relative Schw\u00e4chung\ndes Gr\u00fcn bei dem gelbsichtigsten Individuum im Vergleich\n1\nzum blausichtigsten auf\n1,9\n0,53 veranschlagen d\u00fcrfen und\nebenso die relative Schw\u00e4chung des Blau gegen\u00fcber dem Gr\u00fcn auf 0,6, so k\u00f6nnte man daraus auch sogleich die ganze relative Schw\u00e4chung des Blau im Vergleich zum Rot abzuleiten versucht sein. Dieselbe w\u00fcrde sich n\u00e4mlich durch das Produkt 0,53. 0,6 = 0,32 ergeben. Diese Berechnung w\u00e4re jedoch nur dann zul\u00e4ssig, wenn in beiden F\u00e4llen dasselbe Gr\u00fcn in den Mischungen verwendet worden w\u00e4re. Dies war nicht geschehen, um f\u00fcr die Untersuchung einer gr\u00f6fseren Personenzahl die Einstellungen etwas leichter zu machen. Nachdem aber durch diese Voruntersuchung zwei Personen gefunden waren, die als extreme F\u00e4lle von Gelb- und Blausichtigkeit betrachtet werden konnten, liefs ich von beiden, n\u00e4mlich No. 1 und 22, dieselben Einstellungen nochmals wiederholen, und zwar so, dafs erstlich Gelb mit einer Mischung aus Rot (670,8) und Gr\u00fcn (517 ^), sodann Blaugr\u00fcn mit einer Mischung aus Gr\u00fcn (517) und Blau (460,8 fifi) verglichen wurde. Hier konnte dann auch durch zahlreicher wiederholte Einstellungen eine gr\u00f6fsere Sicherheit gewonnen werden. Das Ergebnis war nun, dafs die relative Schw\u00e4chung des Gr\u00fcn bei XXII gegen\u00fcber I sich auf 0,51, die des Blau im Vergleich zum Gr\u00fcn auf 0,61 und die ganze Schw\u00e4chung des Blau auf 0,31 bezifferte.\nWenden wir, bevor wir dies Ergebnis fixieren, nunmehr unsere Aufmerksamkeit den, wie vorhin schon erw\u00e4hnt, hier ausgeschiedenen F\u00e4llen zu. Der Grund, der mich veranlafst, die Abweichung derselben von allen \u00fcbrigen nicht auf die Makula-Tingierung zu beziehen, ist zun\u00e4chst der, dafs die von\nGrrii\u00fc\nihnen eingestellten Quotienten\tgegen\u00fcber dem Spielraum,\ninnerhalb dessen die \u00fcbrigen schwanken, in entschiedenster Weise aus der Reihe fallen.\nBei der ersten Beobachtungsreihe verhielt sich bei einigen\n20 Personen der niedrigste Wert des Quotienten\nGr\u00fcn\nRot\nin der","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nJ. v. Kries.\nMischung zum h\u00f6chsten wie 1 : j ,3, zwischen welchen Extremen sich die Zahlen in unregelm\u00e4fsiger Verteilung bewegten, und von diesen erschien ganz isoliert einmal der Wert 3,8.\nBei der sp\u00e4teren, methodisch etwas anders gef\u00fchrten Reihe fand ich unter den untersuchten 22 Studenten keinen derartigen Fall, konnte aber eine Vergleichseinstellung von dem bereits von K\u00f6nig untersuchten Herrn Professor Zehnder erhalten. Hier f\u00fcllten die Zahlen der \u00fcbrigen Beobachter in unregelm\u00e4fsiger Weise das Gebiet von 1 bis 1,9, w\u00e4hrend die Zahl des Herrn Z., 5,8, wiederum aus jenen vollkommen herausfiel. Die Beobachtungen von Lord Rayleigh, Bonders und K\u00f6nig haben ganz das Gleiche ergeben. Auch diese sagen, dafs die Einstellungen einer \u00fcberwiegenden Mehrzahl von Personen mit Ann\u00e4herung untereinander \u00fcbereinstimmen, eine geringe Zahl aber sehr deutlich abweicht. L\u00e4dst man, wie ich gethan habe, auf ziemlich kleinen Feldern (etwas weniger als 2\u00b0) beobachten, so tritt der Einflufs der Makulaf\u00e4rbung in den Differenzen, die sich innerhalb jener Hauptgruppe bemerklich machen, deutlicher als bei jenen Untersuchern zu Tage. Dafs aber auch die Abweichung jener ganz isolierten F\u00e4lle auf eine besonders hochgradige Pigmentierung zu beziehen sei, das d\u00fcrfte wohl schon in Anbetracht eben dieser Isolierung, dieses Aus-der-Reihe-Fallens eine recht gewagte Hypothese sein. Es sprechen aber noch mehrere Thatsachen in sehr entscheidender Weise gegen dieselbe. So fand sich zun\u00e4chst, dafs bei den Vergleichungen von homogenem Blaugr\u00fcn mit Mischungen aus Gr\u00fcn und Blau die Einstellungen der beiden Herren sich von den gew\u00f6hnlichen gar nicht unterschieden. H\u00e4tte wirklich eine so exzessiv starke Makulaf\u00e4rbung Vorgelegen, so h\u00e4tte man erwarten d\u00fcrfen, diese auch hier in der Einstellung eines viel blaueren Gemischs zum Ausdruck kommen zu sehen. Dies war aber keineswegs der Fall. Man k\u00f6nnte nun etwa meinen, dafs vielleicht in den anomalen trichromatischen Systemen sich ein qualitativ von dem gew\u00f6hnlichen verschiedenes Makulapigment bemerklich mache, n\u00e4mlich ein im Gr\u00fcn schon sehr stark absorbierendes, d. h. also mehr ins Rote ziehendes Pigment. Ich bin vorderhand nicht im st\u00e4nde, diese Annahme auszuschliefsen ; zun\u00e4chst aber scheint sie mir nur wenig Wahrscheinlichkeit zu besitzen; denn man m\u00fcfste danach erwarten, dafs bei diesen Personen die zentral eingestellten Gleichungen zwischen homogenen","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme.\n289\nGelb und Rot-Gr\u00fcnmisebungen bei exzentrischer Betrachtung sehr aulf\u00e4llig unrichtig werden w\u00fcrden. Herr Prof. Z., der auf meine Bitte diesen Versuch anstellte, konnte davon \u00fcberhaupt nichts bemerken. Nach alledem m\u00f6chte ich, ohne weiteren Untersuchungen vorgreifen zu wollen, es vorl\u00e4ufig f\u00fcr wahrscheinlich halten, dafs die \u201eanomalen Systeme\u201c sich von den normalen \u00fcberhaupt nicht durch einen absorbierenden Farbstoff, sondern durch eine abweichende Beschaffenheit der optischen Substanzen selbst unterscheiden.\nEs d\u00fcrften hiernach in der That wohl Gr\u00fcnde genug vorhanden sein, um die beiden erw\u00e4hnten F\u00e4lle ebenso wie die \u00e4hnlichen von Lord Bayleigh, Donders und K\u00f6nig gesehenen auszuscheiden und den Unterschied, der sie von den gew\u00f6hnlichen Trichromaten trennt, nicht in der Makula- oder Linsen-Tingierung zu suchen. Werfen wir unter Zugrundelegung dieser Annahme nochmals einen Blick auf das, was uns die Vergleichung der \u00fcbrigen Personen in quantitativer Beziehung lehren kann, so sehen wir, dafs, wenn wir unter einer gr\u00f6fseren Zahl von Personen den Gelb- und den Blausichtigsten aussuchen, die relative Blauschw\u00e4chung bei dem letzteren etwa als eine Verminderung im Verh\u00e4ltnis 1 : 0,3 veranschlagt werden kann. Dies befindet sich, wie man sieht, in recht guter \u00dcbereinstimmung mit dem, was die anologen Vergleichungen an Dichromaten ergeben hatten.\nNat\u00fcrlich soll nicht in Abrede gestellt werden, dafs gelegentlich einmal eine noch st\u00e4rkere Tingierung zur Beobachtung kommt. Ja ich will es auch nicht einmal f\u00fcr ausgeschlossen erkl\u00e4ren, dafs einmal ein Fall Vorkommen kann, der den Beobachter zun\u00e4chst im Zweifel l\u00e4fst, ob er es mit einem anomalen Trichromaten oder mit einem normalen von exzessiv starker Tingierung zu thun hat. Das aber scheint mir sicher, dafs die Untersuchung einer m\u00e4fsigen Zahl von Personen stets gen\u00fcgen wird, um eine solche Ausnahme als Ausnahme zu erkennen und die von uns geschilderten Gesetz-m\u00e4fsigkeiten deutlich hervortreten zu lassen.\nDie Ergebnisse unserer Vergleichungen lassen sich kurz folgendermafsen zusammenfassen. Das Farbensystem des \u201eBot-blinden\u201c und dasjenige des \u201eGr\u00fcnblinden,\u201c stellen zwei untereinander typisch verschiedene Beduktionsformen des normalen tri-chromatischen dar. Innerhalb jeder dieser drei Gruppen lassen\n19\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII.","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nJ. v. Kries.\nsich die Einfl\u00fcsse der lichtabsorbierenden Augenmedien (vor allem Makula-Pigmentierung) nachweisen und verfolgen ; was wir hier finden,entspricht qualitativ der durch direkte Untersuchungen festgestellten Beschaffenheit des Makula-Pigments (im Gelbgr\u00fcn beginnende und gegen das blaue Ende hin kontinuierlich zunehmende Absorption) und bewegt sich quantitativ innerhalb derselben Grenzen. Approximativ l\u00e4fst sich hierf\u00fcr angeben, dafs bei stark gelbsichtigen Personen dasBlau (460,8/qu,) gegen\u00fcber langwelligem Licht auf etwa Vs desjenigen Wertes geschw\u00e4cht ist, den es f\u00fcr stark Blausichtige besitzt. Das Vorkommen noch erheblicherer Differenzen kann nicht bestritten werden, d\u00fcrfte aber gewifs schon ziemlich selten sein. In den meisten F\u00e4llen sind die Differenzen weit geringer, so dafs das oben erw\u00e4hnte Verh\u00e4ltnis des protanopischen und deuteranopischen Farbensystems zu dem normalen dadurch nur wenig an Deutlichkeit verliert.\nDie soeben dargelegte Beziehung der dichromatischen Systeme zu dem normalen trichromatischen ist nun offenbar von gr\u00f6bster Bedeutungauch f\u00fcr die Beurteilung ihres gegenseitigen Verh\u00e4ltnisses. Konnte bei ihrer Vergleichung untereinander noch irgend ein Zweifel dar\u00fcber bestehen bleiben, ob der Unterschied zwischen ihnen nicht vielleicht doch physikalisch (d. h. durch ein lichtabsorbierendes Pigment) zu erkl\u00e4ren sei, so wird dieser Zweifel nunmehr vollends schwinden m\u00fcssen. In der That, wenn ein dichromatisches System zu dem trichromatischen in der einfachen und scharfen Beziehung einer Ausfallserscheinung steht, kann es unm\u00f6glich ihm gegen\u00fcber durch die Vorschaltung eines starken absorbierenden Mediums beeinflufst sein ; da dies f\u00fcr beide dichromatische Systeme gilt, so k\u00f6nnen sie auch untereinander sich nicht in dieser Weise unterscheiden. Wir k\u00f6nnen schlechterdings beide nur als verschiedene Beduk-tionsformen des normalen, mithin ihren Unterschied auch als einen physiologischen auffassen. Wenn vollends, (wie dies von anderer Seite angenommen worden ist), die Unterschiede der beiden Dichromaten nichts Anderes darstellten, als eine, in gleicher Weise auch innerhalb der normalen Systeme vorkommende individuelle Differenz, so k\u00f6nnte man nur erwarten, dafs die Mischungsgleichungen gewisser farbent\u00fcchtiger Personen von den einen, gewisser von anderen Dichromaten anerkannt w\u00fcrden; ein Verhalten aber, wie wir es in dem weniger","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Farbensysteme.\n291\nbrechbaren Teile des Spektrums finden, w\u00e4re danach nicht nur der merkw\u00fcrdigste Zufall, sondern \u00fcberhaupt ganz undenkbar. Aber auch die zwischen den beiden dichromatischen Systemen angenommene \u00dcbereinstimmung (die Gleichheit der Blau-Kurven) gewinnt unverkennbar an Sicherheit, wenn, was sich hier zeigt, auch die normalen farbent\u00fcchtigen Personen sich hier mit Ann\u00e4herung gleich verhalten, resp. \u00e4hnliche Schwankungen bemerkbar werden. Wenn, woran kaum Jemand zweifeln d\u00fcrfte, diese bei den farbent\u00fcchtigen Personen vorkommenden individuellen Differenzen in der mehrerw\u00e4hnten Weise rein physikalisch sich erkl\u00e4ren, so werden wir um so mehr berechtigt sein, die gleiche Deutung auch auf die analogen Schwankungen in den dichromatischen Systemen anzuwenden.\nIm Interesse m\u00f6glichster Vollst\u00e4ndigkeit sei endlich noch ein Bedenken ber\u00fchrt, das sich etwa aufdr\u00e4ngen k\u00f6nnte. K\u00f6nnte nicht doch vielleicht der Unterschied der beiden Dichro-maten-Gruppen identisch sein mit dem Unterschied des normalen und des \u201eanomalen Trichromaten\u201c? Haben wir nicht, indem wir diese letzteren von der Betrachtung ausschlossen, durch eine doch nicht ganz sichere Auffassung gerade diejenigen Thatsachen bei Seite geschoben, welche zu einer ganz andersartigen Anschauung auch von den dichromatischen Systemen h\u00e4tten f\u00fchren k\u00f6nnen? Der Einwurf l\u00e4fst sich leicht abweisen. Im Grunde ist er eigentlich schon durch die soeben gemachten Bemerkungen erledigt; wenn f\u00fcr beide Dichromatengruppen die Gleichungen des normalen Trichromaten zutreffen, so werden wir doch kaum daran denken k\u00f6nnen, der einen derselben eine Beschaffenheit des anomalen Trichromaten zuzuschreiben, f\u00fcr welchen dies nicht der Pall ist. Aber auch abgesehen hiervon scheitert der Versuch, den Unterschied der beiden Dichromatenarten mit demjenigen des normalen und des anomalen Trichromaten zu identifizieren, hoffnungslos bei jeder genaueren Pr\u00fcfung. Das allerdings versteht sich ja von selbst, dafs, rein qualitativ genommen und an einer einzigen Gleichung gepr\u00fcft, die Unterschiede sich gleichartig darstellen : der eine z. B. braucht relativ mehr, der andere relativ weniger Gr\u00fcn. In dieser Weise mufs sich nat\u00fcrlich jede Differenz in der Bildung der Sehorgane geltend machen, von welcher Art sie auch sei. Aber die \u00dcbereinstimmung beruht hier nur auf der Beschr\u00e4nktheit des Vergleichs, die etwas Anderes, als\n19*","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nJ. v. Kries.\ndieses Mehr oder Weniger an Gr\u00fcn gar nicht ins Ange fafst. Sie h\u00f6rt hier z. B. schon auf, wenn wir zu quantitativer Betrachtung \u00fcbergehen. Wir m\u00fcfsten z. B., wie oben gezeigt, um die Gleichungen eines Bot- und eines Gr\u00fcnblinden zur \u00dcbereinstimmung zu bringen, annehmen, dafs das Gr\u00fcn (517 fifi) relativ zum Li-~Rot im Auge des letzteren auf 0,1 seines Wertes geschw\u00e4cht wurde. Im Auge des anomalen Trichromaten ist aber, selbst gegen\u00fcber dem schw\u00e4chst pigmentierten normalen, um ein bestimmtes Gelb zu erhalten, nicht die lOfache, sondern nur die 3,5\u20145,6 fache Menge von Gr\u00fcn erforderlich. Schon der erste Versuch einer quantitativen Parallelisierung scheitert also. Eine weitere Durchf\u00fchrung zeigt die Unm\u00f6glichkeit dieser Auffassung noch deutlicher, wie den Ergebnissen K\u00f6nigs zu entnehmen ist. Ich verzichte auf ihre Darlegung, da ich selbst \u00fcber systematisch ausgedehnte Beobachtungen eines anomalen Trichromaten noch nicht verf\u00fcge. Es darf wohl auch hiervon abgesehen werden, weil ohnehin, wie ich glaube, die scharfe Beziehung, in welcher die Dichromaten zum normalen trichro-matischen Farbensystem stehen, eine Heranziehung des anomalen zu ihrer Erkl\u00e4rung ausschliefst.\nIV.\nVerh\u00e4ltnism\u00e4fsig kurz kann ich mich \u00fcber das sog. mono chromatische System, d. h. \u00fcber das Sehen des mit angeborener totaler Farbenblindheit Behafteten, fassen. Ich habe unl\u00e4ngst Gelegenheit gehabt, an einem solchen Palle Beobachtungen anzustellen. Es handelte sich um ein junges M\u00e4dchen aus Urach in W\u00fcrttemberg, welches vor l\u00e4ngerer Zeit schon in der T\u00fcbinger Augenklinik wiederholt untersucht, Herrn Dr. Hagel erinnerlich war. Durch die sehr g\u00fctigen Bem\u00fchungen des Herrn Oberamtsarztes K\u00e4mmerer gelang es, die Patientin zu einer Reise hierher und einem achtt\u00e4gigen Aufenthalt in der hiesigen Augenklinik zu bestimmen, wodurch zugleich die M\u00f6glichkeit wiederholter Untersuchungen im physiologischen Institut gegeben war. Die Patientin war recht intelligent und beobachtete sorgf\u00e4ltig. Es zeigte sich alsbald, dals sie zwischen je zwei beliebigen homogenen Lichtern durch blofse Variierung der Lichtst\u00e4rke eine genaue Gleichung erhalten konnte, dafs sie in der That total farbenblind war. Es handelte sich unter diesen","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n293\nUmst\u00e4nden vor allem darum, die Verteilung der Helligkeit im Spektrum zu verfolgen. Dies geschah, indem zwischen einem konstant gehaltenen Vergleichslicht und einer passend gew\u00e4hlten Reihe homogener Lichter Gleichungen hergestellt wurden. Zu m\u00f6glichster Vermeidung von Fehlerquellen wurde auch hier die Reihe der homogenen Lichter erst in der Richtung vom Rot zum Blau und dann wieder zur\u00fcck durchgegangen.\nDie Versuche best\u00e4tigen, dafs die HelligkeitsVerteilung\nO / z 3\t5 6\t7 8\t9 10 V fZ f3>5\t15\nFig. 6.\nHelligkeiten f\u00fcr den total Farbenblinden...nnd D\u00e4mmerungswerte\n(nach Dr. Hagel) ---- im Dispersionsspektrum des Gaslichtes.\nXXXX \u00e4ltere Beobachtungen von Dr. Hagel.\nim Spektrum f\u00fcr den total Farbenblinden mit grofser An n\u00e4herung \u00fcbereinstimmt mit derjenigen, die der Dichromat (oder Trichromat) beim D\u00e4mmerungssehen besitzt. Ich habe, um dies ersichtlich zu machen, in Fig. 6 die von M. Bindeb, bestimmten Helligkeitswerte mit den von Dr. Nagel ermittelten D\u00e4mmerungswerten zusammengezeichnet. Die erstere Kurve (die punktierte) f\u00e4llt, wie man sieht, mit der letzteren gen\u00fcgend nahe zusammen, um ihre \u00dcbereinstimmung zu erschliefsen, und noch etwas besser stimmt sie mit den durch die Kreuze dar-","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nJ. v. Kries.\ngestellten fr\u00fcheren Beobachtungen Dr. Nagels.1 Die Zahlenwerte sind in Tabelle IX zusammengestellt.\nTabelle IX.\nSpektraler Ort der homogenen Lichter\tHelligkeit f\u00fcr M. Binder\tD\u00e4mmerungs- werte f\u00fcr Dr. NAGEL\n3 (628 fJifA,)\t124\t110\n6 (591 [a u)\t720\t600\n8 (571 /a/a)\t1810\t2060\n10 (552 /a/a)\t2650\t2930\n11 (544 (Ay)\t3020\t3030\n12 (536 uu)\t3050\t2820\n15 (515 /a/a)\t2280\t1580\n19 (491 /au)\t850\t556\n23 (469 /a/a)\t325\t260\nObgleich dieses Resultat mit dem \u00fcbereinstimmt, was fr\u00fcher schon von Hering und von K\u00f6nig gefunden worden ist, so lehren doch unsere Beobachtungen im Vergleich mit jenen etwas Neues. Aus verschiedenen Gr\u00fcnden n\u00e4mlich war es wichtig, festzustellen, ob f\u00fcr das Sehorgan des total Farbenblinden ein merkbarer Unterschied zwischen Hell- und Dunkelgleichungen stattf\u00e4nde. Man konnte hier\u00fcber, in Ermangelung direkter Bestimmungen, einigermafsen im Zweifel sein ; da aber die von Hering und von K\u00f6nig an ihren total Farbenblinden gewonnenen Gleichungen weder strenge Hell- noch Dunkelgleichungen waren, so erschien auch die Bedeutung der gefundenen \u00dcbereinstimmung mit dem D\u00e4mmerungssehen des Di(oder Tri)chromaten nicht ganz klar. Die obigen von M. Binder erhaltenen Gleichungen waren nun Hellgleichungen ; sie wurden\n1 Yergl. diese Zeitschr. XII. S. 12 f.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n295\nim nicht verdunkelten Zimmer eingestellt, nat\u00fcrlich unter Vermeidung starker Blendung, welche die total Farbenblinden ja nicht vertragen, jedenfalls aber bei ziemlich starker Helladaptierung. Eine \u00e4hnliche Eeihe von Dunkelgleichungen von unserer Beobachterin zu erhalten, erschien unm\u00f6glich, da diese Einstellungen zu schwierig sind und eine grofse \u00dcbung und Sicherheit in der Benutzung des Apparates erfordern. Wir haben jedoch wenigstens in Einzelf\u00e4llen hierauf zielende Vergleichungen angestellt, vornehmlich so, dafs nach mehr als halbst\u00fcndiger Dunkeladaptation bei geringen Lichtst\u00e4rken eine Dunkelgleichung hergestellt wurde und wir diese dann bei proportional sehr vermehrter Lichtst\u00e4rke und mit helladaptiertem Auge pr\u00fcfen liefsen. Wir haben hierbei niemals ein ^Resultat erhalten, was auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine Differenz h\u00e4tte schliefsen lassen. Man kann daher wohl folgern, dafs die Gleichungen des total Farbenblinden, wenn \u00fcberhaupt, jedenfalls nicht in erheblichem Mafse vom Adaptationszustand des Auges abh\u00e4ngig sind.\nBesser als am Spektralapparat liefsen sich von unserer Beobachterin Dunkelgleichungen mit rotierenden Scheiben gewinnen, und es war dabei zugleich f\u00fcr Dr. Nagel wie f\u00fcr mich m\u00f6glich, diese Gleichungen unsererseits zu kontrollieren. Da wir sie stets mit gr\u00f6fster Ann\u00e4herung g\u00fcltig fanden, so wird man schliefsen d\u00fcrfen, dafs das D\u00e4mmerungssehen des total Farbenblinden mit dem des Di(und Tri)chromaten \u00fcbereinstimmt. Da aber andererseits auch, wie die ersterw\u00e4hnten Versuche lehren, die Hellgleichungen des total Farbenblinden mit den D\u00e4mmerungsgleichungen des Dichromaten stimmen, so best\u00e4tigt sich auch hierin, dafs zwischen Hell- und Dunkelsehen des total Farbenblinden hinsichtlich der Helligkeitsverh\u00e4ltnisse verschiedener Lichter keine, jedenfalls keine sehr erhebliche Differenz besteht.\nWenn es hiernach zul\u00e4ssig erscheint, von dem Farbensystem eines Monochromaten schlechtweg und ohne erl\u00e4uternden Zusatz zu sprechen, so k\u00f6nnen wir uns bez\u00fcglich der theoretischen Folgerungen sehr kurz fassen. In einer fr\u00fcheren Arbeit wurde auseinandergesetzt, dafs zwei f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden hell\u00e4quivalente Lichter sich bez\u00fcglich ihrer D\u00e4mmerungs werte sehr betr\u00e4chtlich unterscheiden k\u00f6nnen ; wir k\u00f6nnen hinzuf\u00fcgen, dafs sie dem Monochromaten \u00e4ufserst ungleich erscheinen","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nJ. v. Kries.\nk\u00f6nnen, und wir folgern, dafs das monochromatische System keine Heduktionsform des gr\u00fcnblinden (d. h. des durch die Hellgleichungen des Gr\u00fcnblinden gegebenen) ist. Ganz das Gleiche gilt aber auch, kaum minder deutlich, f\u00fcr das rotblinde Farbensystem. Stellen wir in \u00e4hnlicher Weise, wie wir es dort f\u00fcr das gr\u00fcnblinde gethan haben, so auch f\u00fcr das rotblinde System f\u00fcr eine Leihe hell\u00e4quivalenter Lichterpaare das Verh\u00e4ltnis ihrer D\u00e4mmerungswerte (oder der Helligkeiten, mit denen sie von dem total Farbenblinden gesehen werden) zusammen, so erhalten wir Folgendes:\nSpektraler Ort und Wellenl\u00e4nge\tD\u00e4mmerungs- wert des homogenen Lichts dh\tD\u00e4mmerungswert des Rotanteils\tD\u00e4mmerungs- wert des Blauanteils\tGanzer D\u00e4mmerungs- wert des Gemischs dg\tVerh\u00e4ltnis des D\u00e4mmerungs- werts des homogenen Lichts zu dem des hell\u00e4quivalenten Gemischs \u2014 dg\n\t\tim Gemisch\t\t\t\n2 (642)\t36\t36\t\t36\t1,0\n3 (628)\t110\t77\t\t77\t1,9\n4 (615)\t254\t126\t\t126\t2,0\n5 (603)\t276\t168\t\t168\t1,6\n6 (591)\t599\t210\t\t210\t2,8\n7 (581)\t1276\t226\t\t226\t5,7\n8 (571)\t2061\t252\t\t252\t8,2\n9 (561)\t2477\t212\t\t212\t11,7\n10 (552)\t2930\t202\t\t202\t14,5\n11 (544)\t3027\t170\t\t170\t17,6\n12 (536)\t2820\t135\t\t135\t20,9\n13,5 (525)\t2055\t94\t\t94\t21,8\n. 15 (515)\t1576\t66\t23,5\t89,5\t17,7\n16,5 (505)\t1015\t34\t64\t98\t10,4\n18 (496)\t697\t17\t73\t90\t8,7\n19,5 (488)\t486\t10,6\t108\t119\t4,1\n21 (480)\t318\t5,8\t157\t163\t1,9\n23 (469)\t263\t2,0\t153\t155\t1,7\n24,7 (460,8)\t146\t\u2014\t146\t146\t1,0\nWie man sieht, besitzen auch die f\u00fcr den Hotblinden hell\u00e4quivalenten Lichterpaare vielfach stark ungleiche D\u00e4mmerungswerte und sind also auch f\u00fcr den Monochromaten sehr ungleichwertig. Das monochromatische Farbensystem ist also, wie hieraus hervorgeht, ebensowenig eine Reduktionsform des rot-","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n297\nblinden wie des gr\u00fcnblinden. Findet sich also, wie man sagen d\u00fcrfte, die Gleichheitsbedingung des monochromatischen Systems weder im rotblinden, noch im gr\u00fcnblinden System wieder, nnd sind andererseits im normalen trichromatischen System die Gleichheitsbedingungen der beiden di ehr omatischen vereinigt, so folgt unmittelbar, dafs das monochromatische auch keine Reduktionsform von jenem (dem normalen trichromatischen) sein kann.\nEtwas greifbarer k\u00f6nnen wir im Sinne irgend einer Kompo-nenten-Theorie sagen, dafs von den drei Bestandteilen des farbent\u00fcchtigen Hellapparates je zwei in demjenigen der Dichromaten sich finden ; da der einheitliche Apparat, der das Sehorgan des total Farbenblinden ausmacht, weder mit einem des gr\u00fcnblinden noch mit einem des rotblinden \u00fcbereinstimmt, so kann er auch mit keinem von den dreien des farbent\u00fcchtigen Hellapparates identisch sein.\nDie S\u00e4tze, zu denen wir hier gelangen, sind vor l\u00e4ngerer Zeit schon von K\u00f6nig aufgestellt worden, der durch ganz direkte Vergleichung fand, dals der total Farbenblinde weder die Gleichungen der Trichromaten noch diejenigen der Dichromaten, sofern diese bei hoher Lichtst\u00e4rke eingestellt sind, als f\u00fcr ihn zutreffend anerkennt. Es liegt in der Natur der Sache, dafs diese Differenzen bei den Gleichungen des Farbent\u00fcchtigen nicht auf so hohen Grad gesteigert werden k\u00f6nnen, wie dies f\u00fcr die Hellgleichungen des Dichromaten m\u00f6glich ist. Ob Hellgleichungen ' des Farbent\u00fcchtigen d\u00e4mmerungsungleich sein k\u00f6nnen, ist demgem\u00e4fs noch unl\u00e4ngst bezweifelt worden. Ich glaube zwar, dafs man diese Zweifel schon im Hinblick auf die fr\u00fcher von mir erw\u00e4hnten Versuche, noch mehr wohl angesichts der neuerdings von K\u00f6nig1 mitgeteilten Beobachtungen als erledigt gelten lassen darf ; immerhin wird, wenn sich die Gleichungen des Farbent\u00fcchtigen f\u00fcr den total Farbenblinden unrichtig erweisen, zun\u00e4chst die Einrede m\u00f6glich sein, dafs hier nur geringf\u00fcgige und vielleicht auf Pigmentierungs-Ver-h\u00e4ltnissen beruhende Unterschiede vorliegen. Ich habe aus diesem Grunde von der Anstellung derartiger direkter Vergleichungen zwischen Farbent\u00fcchtigen uud total Farbenblinden\n1 K\u00f6nig, Quantitative Bestimmungen an komplement\u00e4ren Spektral* f\u00e4rben, \u00dfitzungsber. der Berl. Acad. 1896. S. 945.","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nJ. v. Kries.\nabgesehen. Die Feststellung, auf die es uns ankommt, gewinnt durch den indirekten Weg unter Bezugnahme auf den Dichromaten ganz ausserordentlich an Sicherheit. Dar\u00fcber kann nicht der mindeste Zweifel bestehen, dafs die Gleichheitsbedingungen des monochromatischen Systems weder im rotblinden noch im gr\u00fcnblinden Hellapparat sich wieder finden; auch daran, dafs das trichromatische die Gleichheitsbedingungen des rot- und des gr\u00fcnblinden vereinigt, kann, wie ich glaube, ein ernsthafter Zweifel nicht mehr bestehen. Hiernach ist denn auch die Beziehungslosigkeit des total farbenblinden Systems zu dem normalen farbent\u00fcchtigen Hellapparat von dieser Seite noch sicherer gest\u00fctzt, als es durch den direkten Vergleich geschehen kann.\nObgleich es nicht meine Absicht ist, an dieser Stelle alle vorkommenden Anomalien des Farbensinnes zu behandeln, insbesondere z. B. die Farbenblindheit der Netzhautperipherie, auf die ich in kurzem zu kommen hoffe, hier ganz aufser Betracht bleiben soll, so werden doch einige Bemerkungen bez\u00fcglich der Formen am Platze sein, f\u00fcr die eine analoge Auffassung am n\u00e4chsten liegt und auch vielfach versucht worden ist, n\u00e4mlich die Blau- resp. Gelb-Blau-Blindheiten. Bei der Seltenheit der F\u00e4lle und mangels eigener Beobachtungen mufs ich mich hier freilich sehr kurz fassen. Derjenige Fall dieser Art, welcher am ehesten eine Beurteilung gestattet, ist der neuerdings von Vintschgatt und von Hering beschriebene. H. gelangt, indem er den Fall vom Standpunkt seiner Theorie aus analysiert, zu der Annahme, daft es sich um eine Gelb-Blau-Blindheit mit Schw\u00e4che des Rot-Gr\u00fcn-Sinnes handelt, zu welchen qualitativen Anomalien aber noch eine quantitative von der Art kommt, dafs die Reizwerte der kurzwelligen Lichter relativ zu den Reizwerten der langwelligen kleiner sind, als f\u00fcr das normale Auge.\nEs wurde schon Eingangs betont, dafs man bei einer derartigen Sachlage nicht mehr von einer Best\u00e4tigung der Theorie reden darf ; der Fall ist lediglich durch einige nicht sehr befriedigende H\u00fclfsannahmen mit der Theorie in Einklang gebracht. Man wird zu wissen w\u00fcnschen, ob er sich als eine Blaublindheit im HELMHOLTZschen Sinne auffassen l\u00e4fst. In dieser Hinsicht k\u00f6nnen wir Folgendes sagen. Den nach dieser Annahme zu bildenden Erwartungen entspricht es, dafs ein gewisser","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme.\n299\nPunkt im Gelb die gleiche Empfindung wie 'das gemischte weisse Licht (vermutlich wohl eine farblose) hervorruft. Dafs das Gleiche auch vom spektralen Blau gilt, wird auf den ersten Blick nicht ganz im Einklang mit der Theorie erscheinen, denn aller Wahrscheinlichkeit nach liegt hier die Erregbarkeitskurve der Gr\u00fcnkomponente merklich h\u00f6her, als die der Botkom-ponente, man k\u00f6nnte also erwarten, dafs das spektrale Blau durchweg gr\u00fcnlich gesehen w\u00fcrde. Indessen l\u00f6st sich diese Schwierigkeit vielleicht zusammen mit einer anderen weit beachtenswerteren. H. fand, dafs der Farbenblinde Gleichungen zwischen spektralem Gelb und Blau herstellen konnte; das Helligkeitsverh\u00e4ltnis, welches hier den beiden Lichtern gegeben werden mufste, war nicht das, welches H. erwartete, bei welchem die beiden Lichter gleiche \u201eWeifsvalenzu, d. h. in unserem Sinne gleichen D\u00e4mmerungswert, gehabt h\u00e4tten, vielmehr mufste das Blau doppelt so stark genommen werden.\nObwohl nun dies dem Sinne nach den nach der Helmholtz* sehen Theorie zu bildenden Erwartungen entspricht, so sieht man doch sogleich, dafs, wenn es sich um eine Gleichung f\u00fcr einen blaublinden Zapfenapparat gehandelt h\u00e4tte, die Differenz noch viel betr\u00e4chtlicher h\u00e4tte sein m\u00fcssen. Berechnen wir die Gelbmengen, die einem bestimmten Quantum Blau einerseits an Wirkung auf die St\u00e4bchen, andererseits an Wirkung auf die Bot- und Gr\u00fcn-Komponenten gleichkommen, so m\u00fcfste die letztere zwar je nach der Wellenl\u00e4nge des benutzten Blau verschieden, jedenfalls aber das 10\u2014l\u00f6fache von der ersteren sein. Hiernach scheint es, dafs der Fall sich auch im Sinne der HELMHOLTZschen Komponenten nicht glatt, d. h. nicht als reine Ausfallserscheinung deuten l\u00e4fst. Indessen h\u00e4ngt dieser Widerspruch doch an einer Voraussetzung, n\u00e4mlich der, dafs die betr. Gleichungen wirklich Hellgleichungen, oder, wie wir besser sagen d\u00fcrfen, Zapfengleichungen waren. Eben dies ist wohl in hohem Grade fraglich. Die sonstigen Verh\u00e4ltnisse des Falles, die zu wiederholen hier \u00fcberfl\u00fcssig ist, n\u00f6tigten Hering zu der Annahme, dafs auch die \u201erotgr\u00fcne Sehsubstanz1u gegen\u00fcber normalen Verh\u00e4ltnissen sehr reduziert sei. Der hiermit gegebenen Annahme, dafs der Fall sich einiger-mafsen der totalen Farbenblindheit ann\u00e4here, k\u00f6nnen wir wohl in unserem Sinne auch zustimmen ; der Zapfenapparat, des Blaubestandteils ganz entbehrend, k\u00f6nnte \u00fcberhaupt stark Not ge-","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nJ. v. Kries.\nlitten haben, so dafs seine Effekte gegen\u00fcber denen der St\u00e4bchen ziemlich znr\u00fccktreten. Alsdann w\u00e4re zu verstehen, dafs wir unter Umst\u00e4nden, die sonst zur Gewinnung von Hellgleichungen schon ann\u00e4hernd gen\u00fcgen, hier Gelb-Blauverwechselungen erhalten, welche sich von den f\u00fcr die St\u00e4bchen g\u00fcltigen zwar merklich, aber doch nicht so erheblich entfernen, wie wenn es sich um Zapfengleichungen handelte. Hierin k\u00f6nnte dann auch zugleich die Erkl\u00e4rung daf\u00fcr gefunden werden, dafs kurzwelliges Blau nicht, wie erwartet, gr\u00fcn, sondern farblos gesehen w\u00fcrde.1\nOb diese Auffassung sich gegen\u00fcber weiteren Untersuchungen des Falles bew\u00e4hren wird, steht nat\u00fcrlich dahin. Selbstverst\u00e4ndlich bezwecke ich mit seiner Er\u00f6rterung nichts weiter als den Nachweis, dafs seine Eigent\u00fcmlichkeiten auch auf dem Boden unserer theoretischen Anschauungen einigermafsen verst\u00e4ndlich gemacht werden k\u00f6nnen. Ob aber diese seltenen und verwickelten F\u00e4lle gerade sehr geeignet sind, uns theoretisch wichtige Aufschl\u00fcsse zu geben, das ist freilich eine ganz andere Frage.\nV.\nDie Beziehungen des normalen trichromatischen Systems zu den dichromatischen stellen sich den obigen Untersuchungen zufolge, wenn wir von den abweichenden Verh\u00e4ltnissen des D\u00e4mmerungssehens abstrahieren, ganz ebenso dar, wie sie von Helmholtz in der ersten Auflage der Physiol. Optik aufgefafst worden sind. Wir k\u00f6nnen im Grunde nur behaupten, f\u00fcr diese Anschauungen neuerlich vollst\u00e4ndigere und systematische Beweise beigebracht zu haben, und wir sind andererseits in der Lage, die Holle, welche hier die individuellen Verh\u00e4ltnisse der Makula-F\u00e4rbung spielen, mit grofser Genauigkeit zu verfolgen, was damals noch nicht m\u00f6glich war. Wie aber schon erw\u00e4hnt, ist nun in der Zwischenzeit eine ganz andere Auffassung jener Beziehungen von Hering- entwickelt und vertreten worden, welche, kurz gesagt, darin gipfelt, dafs es nur eine Rot-Gr\u00fcn-\n1 Es w\u00e4re von besonderem Interesse, zu erfahren, ob der Farbenblinde auch unter den Bedingungen des D\u00e4mmerungssehens ein von dem normalen abweichendes Helligkeitsverh\u00e4ltnis zwischen Gelb und Blau zeigte.","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n301\nblindheit gebe, nnd dafs der vielbesprochene Unterschied der beiden Typen nichts Anderes sei, als die in ganz gleicher Weise an den Farbent\u00fcchtigen zu beobachtenden Unterschiede einer relativen Gelb- oder Blausichtigkeit, welche haupts\u00e4chlich auf st\u00e4rkerer oder schw\u00e4cherer Makula-F\u00e4rbung beruhen. Es ist gewifs, dafs sich Herings Darstellung alsbald sehr viele Freunde erworben hat ; eine kritische Er\u00f6rterung der zu ihrer St\u00fctze vorgebrachten Argumente scheint mir daher hier unerl\u00e4sslich ; denn selbst der Leser, der unserer obigen Darstellung zustimmend gefolgt ist und sie f\u00fcr beweiskr\u00e4ftig gelten l\u00e4fst, wird ein berechtigtes Interesse haben, zu erfahren, wie es eigentlich kommen konnte, dafs ein in der Hauptsache von Anfang an (n\u00e4mlich schon von Seebeck) ganz richtig erfasster Sachverhalt f\u00fcr eine gewisse Zeit bestritten und verkannt werden konnte. Wir werden uns, um hier\u00fcber Auf-schlufs zu erhalten, mit den beiden Arbeiten Herings \u201eZur Erkl\u00e4rung der Farbenblindheit aus der Theorie der Gegenfarben\u201c (Lotos, I. S. 76, 1880) und besonders mit der sp\u00e4teren \u201eUber individuelle Differenzen des Farbensinns\u201c (Lotos, YI. S. 142, 1885) zu besch\u00e4ftigen haben.\nWas zun\u00e4chst die individuellen Differenzen anlangt, wie sie innerhalb der tri chromatischen Farbensysteme sich bemerkbar machen und aus der Ungleichheit der Makula-F\u00e4rbung sich erkl\u00e4ren lassen, so war auf dieselben schon mehrfach hingewiesen worden. Von Frey und mir1 war der Einflufs derselben auf die Mischungsgleichungen in systematischer Weise dargestellt und gezeigt worden, dafs die Verschiedenheiten zwischen uns beiden von der Art waren, wie sie aus solchen Absorptionsverh\u00e4ltnissen sich erkl\u00e4ren liefsen. Eine wertvolle Vervollst\u00e4ndigung unserer Kenntnisse in dieser Beziehung boten die auf Herings Veranlassung unternommenen Beobachtungen von Sachs,2 welcher durch spektroskopische Untersuchung herausgeschnittener menschlicher Netzh\u00e4ute die optische Beschaffenheit des Pigments im gelben Fleck feststellte. Es ergab sich, dafs die Absorption bereits im Gr\u00fcngelb bemerklich wird, um gegen das brechbare Ende hin immer st\u00e4rker zu werden, wobei\n1\ty. Frey und v. Kries, \u00dcber Mischung von Spektralfarben, Arch, f. Physiol. 1881. S. 336.\n2\tSachs, Pfl\u00fcgers Arch. f. d. ges. Physiol. L. S. 574.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nJ. v. Kries.\ndie Hauptzunahme in der Regel in der Gegend der Wellenl\u00e4nge 500 (jedoch individuell ziemlich wechselnd) erfolgt. \u00dcber die Absorptionsverh\u00e4ltnisse normaler Maculae konnten die Sachs-schen Untersuchungen, wie Hering selbst sp\u00e4ter noch besonders betont hat, nur in qualitativer, aber nicht in quantitativer Beziehung Aufschlufs geben. Um zu pr\u00fcfen, ob den Makula-F\u00e4rbungen ein Anteil an der immer konstatierten Differenz der beiden Arten der Farbenblindheit zuzuschreiben sei, war es aber erforderlich, auch irgend eine quantitative Vorstellung von der Bedeutung dieser individuellen Differenzen sich zu bilden. Dies ist auf S. 23 (im S.-A.) der oben erw\u00e4hnten Arbeit versucht worden ; mir scheint, dafs die hier niedergelegten Untersuchungen und \u00dcberlegungen H. zu einer betr\u00e4chtlichen \u00dcbersch\u00e4tzung dieser Einfl\u00fcsse gef\u00fchrt haben. Hering ist bei diesen Versuchen so zu Werke gegangen, dafs verschiedenen Beobachtern die Aufgabe gestellt wurde, eine Mischung aus Rot (660 pfi) und Rotblau (447 pp) so einzustellen, dafs das Gemisch \u201erein rot\u201c, d. h. weder gelblich noch bl\u00e4ulich erschien. Die hierbei\ngefundenen Quotienten\nR\nB\nbewegten sich hier f\u00fcr 5 Beobachter\nzwischen 1,15 und 7,0. Gegen die hieraus abzuleitende Bewertung der Makula-Absorption wird nun Jedermann das Bedenken geltend machen, dafs es doch keineswegs feststeht, ob wirklich das reine Rot eine so ausgezeichnete und wohl charakterisierte Empfindung ist, dafs es mit hinreichender Sicherheit und von allen Personen \u00fcbereinstimmend eingestellt werden kann. Dieses Bedenken ist auch durch die vorausgeschickten Kontrollversuche, bei denen die rein gr\u00fcn, blau und gelb erscheinenden homogenen Lichter aufzusuchen waren, keineswegs entkr\u00e4ftet ; denn es ergab sich z.B.(a.a.O. S.22 des S.-A.), \u201edafs zwar das Gebiet der Einstellung, innerhalb dessen reines Gr\u00fcn gesehen wurde, f\u00fcr beide Beobachter verschieden grofs, und \u00fcberdies, dafs das des einen Beobachters gegen das des anderen verschoben war, dafs sich aber die beiden Gebiete teilweise deckten, so dafs ein engeres Einstellungsgebiet gegeben war, innerhalb dessen beide Beobachter dasselbe homogene Licht bei wiederholter Einstellung als rein gr\u00fcn bezeichneten\u201c. Es erscheint nicht berechtigt, wenn Hering danach fortf\u00e4hrt: \u201eEs war somit nochmals und ganz genau festgestellt, dafs S. und B. ein Licht von bestimmter Wellenl\u00e4nge beide als rein gr\u00fcn beziehungsweise","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Farbensysteme.\n303\ngelb oder blau bezeichneten, nnd dafs daher die Verschiedenheit ihrer Bezeichnungen f\u00fcr die oben erw\u00e4hnten gr\u00fcnen Pigmentfarben nicht darauf beruhen konnte, dafs Jedem von Beiden sozusagen ein anderes Ideal des reinen Gr\u00fcn vorschwebte. Denn diesenfalls h\u00e4tten nicht Beide ein und dasselbe Spektralgr\u00fcn gleich, d. h. als reines Gr\u00fcn bezeichnen k\u00f6nnen.\u201c Nicht darauf kam es an, ob ein Gr\u00fcn zu finden war, welches beide Beobachter noch f\u00fcr rein gelten liefsen, sondern, ob bei der Aufgabe, reines Gr\u00fcn einzustellen, stets oder wenigstens durchschnittlich dasselbe Licht gefunden wurde. Waren, wie angegeben, die beiden Einstellungsgebiete gegeneinander verschoben, so war im Gegenteil daraus mit Wahrscheinlichkeit zu folgern, dafs Jedem von Beiden ein etwas anderes Ideal des reinen Gr\u00fcn vorschwebte, und in der Beurteilung unreiner Pigmente konnte dies Moment neben anderen zur Geltung kommen. Auch bei den Spektralfarben kam es doch vor, (das besagt ja die Verschiebung der Gebiete) dafs eine bestimmte Farbe der eine noch f\u00fcr rein gr\u00fcn gelten liefs, der andere aber nicht mehr. Wie grofs diese Unterschiede gewesen sein m\u00f6gen, erfahren wir nicht; es ist auch ohne grofsen Belang. Denn wir w\u00fcrden daraus auf die analogen etwa beim Bot zu erwartenden Werte doch keinen Scklufs ziehen k\u00f6nnen. Jedenfalls best\u00e4tigen aber die Kontrollversuche mit homogenen Lichtern, dafs es un-gemein gewagt und mifslich ist, aus jenen Einstellungen eines reinen Rot auf die Gr\u00f6fse der Makula-F\u00e4rbungen zu schliefsen. Nach meinen oben mitgeteilten Erfahrungen mufs man schon lange suchen, bis man zwei Personen findet, von denen die eine die dreifache Blaumenge erfordert wie die andere. liais der hohe Verh\u00e4ltniswert 1:6 in Herings Beobachtungen ganz auf Rechnung der Makula-F\u00e4rbungen kommen sollte, ist mir hiernach sehr zweifelhaft, wenn ich es auch nat\u00fcrlich nicht mit Entschiedenheit bestreiten kann.\nUnberechtigt erscheint es endlich auch, wenn H. zur Illustration der gleichen Verh\u00e4ltnisse die oben erw\u00e4hnten Beobachtungen von Rayleigh und Donders mit einem einfachen \u201eEs geh\u00f6rt endlich hierher\u201c etc. (S. 41) anf\u00fchrt. Denn diese Autoren (es war oben schon davon die Rede), haben die Eigent\u00fcmlichkeit einzelner Personen, in den Rot-Gr\u00fcnmischungen (zur Erzielung einer Gleichung mit homogenem Gelb) sehr viel Gr\u00fcn zu brauchen, keineswegs auf Verh\u00e4ltnisse der Makula-","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nJ. v. Kries.\nF\u00e4rbung bezogen; und es lagen auch in den Beobachtungen sehr gewichtige Gr\u00fcnde vor, welche gegen diese Auffassung sprachen. Hering zieht daher hier zur Bewertung der Makula-Absorptionen F\u00e4lle heran, von denen zum mindesten nicht feststand, ob sie resp. die Eigent\u00fcmlichkeiten ihres Sehens mit diesen Verh\u00e4ltnissen irgend etwas zu thun haben, und von denen daher sehr bezweifelt werden konnte, ob sie \u201ehierher geh\u00f6ren.\u201c\nD er wesentliche Grund indessen f\u00fcr Herings unzutreffende Auffassung der Farbenblindheit lag wohl nicht in dieser \u00dcbersch\u00e4tzung der innerhalb der Farbent\u00fcchtigen vorkommenden Unterschiede; wir m\u00fcssen ihn vielmehr, soweit wir wenigstens aus den von Hering mitgeteilten Beobachtungen schliefsen d\u00fcrfen, vor allem in seiner sehr unvollst\u00e4ndigen Untersuchung der Farbenblinden selbst linden. Betrachten wir n\u00e4mlich die Gr\u00fcnde, die H. f\u00fcr seine Ansch auung von demVerh\u00e4ltnis der beiden Farbenblindheiten geltend macht (a. a. 0. S. 24 f. des S.-A.), so findet man, dafs dieselben sich fast ausschliefslich um die That-sache drehen, dafs, um aus Bot und Blau ein farblos erscheinendes Gemisch herzustellen, der \u201e Rotblinde\u201c weniger Blau erfordert als der Gr\u00fcnblinde. Diese Thatsache war lange bekannt. Der Hinweis darauf, dafs sie vielleicht aus den auch innerhalb der Farbent\u00fcchtigen zu konstatierenden Differenzen sich erkl\u00e4ren lasse, war sicher berechtigt; indessen blieb doch eine solche Erkl\u00e4rung, da es unm\u00f6glichwar, auf andere Weise die Verschiedenheiten der Tingierung festzustellen, rein hypothetisch. Der faktische Nachweis, dafs der Botblinde hier durch Vorsetzung einer oder einiger Makulae in einen Gr\u00fcnblinden verwandelt werden konnte, lehrte nat\u00fcrlich auch nichts Neues; denn das ist ja ganz selbstverst\u00e4ndlich, dafs, wenn der eine einer geringeren Blaumenge bedarf, die Mischung des anderen durch irgend ein blauabsorbierendes Medium f\u00fcr ihn richtig gemacht werden kann. Unter diesen Umst\u00e4nden w\u00e4re nun doch wohl vor allem geboten gewesen, an einer m\u00f6glichst vollst\u00e4ndigen Beihe von Verwechselungsgleichungen zu pr\u00fcfen, ob die Unterschiede der beiden Farbenblinden sich durchweg auf die ungleichen Makulaf\u00e4rbungen zur\u00fcckf\u00fchren lassen. Wie zu diesem Zwecke verfahren werden konnte, und wie die betr. Versuche zu beurteilen sind, ist oben auseinandergesetzt. H\u00e4tte Hering die Verh\u00e4ltnisse in \u00e4hnlich systematischer Weise durch untersucht, wie es z. B. K\u00f6nig sp\u00e4ter","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme.\n305\ngethan hat, so w\u00e4re er wohl ohne Zweifel zu dem gleichen Ergebnis gekommen, wie damals K\u00f6nio und jetzt ich, n\u00e4mlich einer typischen und durch Unterschiede der Makulaf\u00e4rbung nicht zu erkl\u00e4renden Differenz der beiden Dichromaten-Arten. H\u00e4tte er auch-nur eine einzige Verwechselungsgleichung zwischen homogenem Hot und Gelb vom Hot- und Gr\u00fcnblinden vergleichend pr\u00fcfen lassen, so h\u00e4tte ihm nicht entgehen k\u00f6nnen, dafs hier seine Annahmen den Thatsachen in keiner Weise gerecht werden. \u00dcber wirkliche Verwechselungsgleichungen findet sich aber bei H. nur die Angabe, dafs bei der Gleichung zwischen einem farblos erscheinenden homogenen Licht und einer Blau-Hot-Mischung, die ein durch eine stark tingierte Makula hindurchblickender Rotblinder herstellte, das Resultat \u201eungef\u00e4hr dasselbe war, welches H. erfahrungsgem\u00e4fs von einem Griinblinden erhalten h\u00e4tte, wenn er f\u00fcr ihn eine Gleichung zwischen demselben spektralen Gr\u00fcn uud einer Mischung von spektralem Hot und Violett hergestellt h\u00e4tte44. Selbst in Bezug auf diese eine Art von Verwechselungsgleichungen fehlt es also an einem einigermafsen ausgedehnten zahlenm\u00e4fsigen Material, welches zu einem Urteil dar\u00fcber berechtigt h\u00e4tte, ob quantitativ die beim Earbent\u00fcchtigen zu findenden Differenzen dem Unterschiede der beiden Arten der Farbenblindheit gleichkommen.1 Verwechselungsgleichungen zwischen langwelligeren Lichtern (Gr\u00fcn, Gelbgr\u00fcn, Gelb, Orange) und Mischungen aus Hot und Blau resp. reinem Hot, sind \u00fcberhaupt nicht behandelt.\nMan wird hiernach zugeben m\u00fcssen, dafs es eine, gelinde gesagt, \u00fcberaus gewagte Verallgemeinerung war, wenn H. gleich danach fortf\u00e4hrt: \u201eSo l\u00e4fst sich denn, soweit es sich nur um\n1 Gegenw\u00e4rtig kann man sagen, dafs bei den Gleichungen dieser Art der Unterschied zweier Farbenblinden gelegentlich so grofs wird, dafs schon aus diesem Grunde die Herings che Erkl\u00e4rung unang\u00e4ngig wird. Er wird nat\u00fcrlich am gr\u00f6fsten, wenn zu der Typus-Differenz noch ein Unterschied der Makula-Tingierung im gleichen Sinne wirksam hinzutritt. Vergleichen wir z. B. die Mischungen aus Bot (670,8) und Blau, die Herr Nagel und Herr Marx einstellen w\u00fcrden, um eine Gleichung\nB\nmit homogenem Licht 496 y/u zu erhalten, so finden wir den Quotienten\nbei Marx mehr als 20fach gr\u00f6fser. Wir k\u00f6nnen behaupten, dafs die Einfl\u00fcsse der Makula-Tingierung innerhalb der Farbent\u00fcchtigen auch nicht -ann\u00e4hernd solche Betr\u00e4ge erreichen.\nZeitschrift far Psychologie XIII.\n20","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nJ. v. Kries.\ndie Verwechselungsfarben handelt, ein Rotblinder jederzeit in einen \u201eGr\u00fcnblinden\u201c verwandeln, ebenso wie sich jeder blausichtige Farbent\u00fcchtige auf diese Weise in einen Gelbsichtigen verwandeln l\u00e4fst. Es gilt daher ganz allgemein die Regel, dafs die Farbengleichungen, welche man f\u00fcr einen durch eine kr\u00e4ftig fingierte Makula blickenden \u201eRotblinden\u201c herstellen kann,, analog denjenigen sind, welche man f\u00fcr \u201eGr\u00fcnblinde\u201c gemacht hat\u201c. Dafs H. sich zu dieser unzul\u00e4ssigen Verallgemeinerung verf\u00fchren liefs, erscheint um so r\u00e4tselhafter, wenn man bedenkt, dafs damals zahlreiche Thatsachen bereits bekannt waren, welche dieser Verallgemeinerung entgegenstanden, vornehmlich dadurch, dafs sie einen grofsen Unterschied auch bez\u00fcglich der Rot-Gelb-Gleichungen herausstellten. Sieht man von den ausgedehnten Untersuchungen Holmgrens ab, bei denen keine homogenen Lichter benutzt und die nicht numerisch fixiert sind, so lagen doch schon Mitteilungen von Lord Rayleigh vor, nach denen das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnis, in welchem Xi-Rot und Aa-Gelb einander gleich gesehen werden, bei den beiden Dichromatenarten ganz verschieden ist.1 Das Gleiche zeigte an einem ziemlich grofsen Material die von Hering bereits mehrfach zitierte Arbeit von Bonders, Beobachtungen, die ich oben schon angef\u00fchrt habe. \u2014 Indessen habe ich nicht zu untersuchen, weshalb H. seine Beobachtungen auf diese Verh\u00e4ltnisse nicht erstreckt hat; und die Gr\u00fcnde, aus denen ihm die erw\u00e4hnten Angaben anderer Autoren nicht richtig oder nicht zuverl\u00e4ssig erschienen sind (das mufs doch wohl der Fall gewesen sein), entziehen sich, da sie nicht mitgeteilt sind, der Beurteilung. Mir liegt nur daran, zu konstatieren, dafs, wenn H. die Thatsachen an der Hand seiner Theorie verst\u00e4ndlich machen zu k\u00f6nnen glaubte, der Grund hierf\u00fcr lediglich in der aufserordentlichen Spezialisierung seiner Untersuchungen zu finden ist. Wir werden uns mit dieser Antwort auf die oben gestellte Frage bescheiden d\u00fcrfen und k\u00f6nnen andererseits betonen, dafs sich auch in Herings Beobachtungen Hichts findet, was etwa mit unseren Ergebnissen in thats\u00e4ch-lichem Widerspruch st\u00e4nde. \u2014\nIn einigen wenig erheblichen Beziehungen ist dies Resultat zu erg\u00e4nzen. Zun\u00e4chst findet sich auch in Herings Beobach-\n1 Nature. Vol. XXV. S. 6*5. 1883.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n307\ntungen wenigstens ein Hinweis auf die scharfe Scheidung der beiden Dichromaten-Gruppen. \u201eUnter den wenigen Rotblinden\u201c, sagt H., \u201edie ich zur genaueren Untersuchung herbeiziehen konnte oder wollte, war keiner, dem ich die oben erw\u00e4hnte genaue Mittelstellung zwischen starker Blau- und starker Gelb-sichtigkeit h\u00e4tte anweisen k\u00f6nnen. Vielmehr gruppierten sich die einen mit ihrer allerdings verschiedenen Blausichtigkeit um Dr. Singer, die anderen mit ihrer ebenfalls verschiedenen Gelb-sichtigkeit um Professor Biedermann.\u201c\nH. l\u00e4fst es aus diesem Grunde dahingestellt, \u201eob der von Manchen angenommenen strengen Teilung der Rotgr\u00fcnblinden in \u201eRot-\u201c und \u201eGr\u00fcnblinde\u201c eine gewisse Berechtigung insofern zukommt, als die h\u00f6heren Grade von Blausichtigkeit oder Gelbsichtigkeit h\u00e4ufiger Vorkommen, als die Mittelgrade.\u201c Bedenkt man, dafs ein derartiges Verhalten der Pigmentierungen doch recht unwahrscheinlich ist, auch bei den Farbent\u00fcchtigen sich nichts Analoges konstatieren l\u00e4fst, so wird man sagen d\u00fcrfen, dafs doch auch in Herings Beobachtungen sich gewisse Schwierigkeiten f\u00fcr seine Theorie bemerklich machten. Allerdings sind diese nicht sehr entscheidender Natur, und so mag man es verst\u00e4ndlich finden, dafs H. sich dar\u00fcber ohne weitere Bemerkung hinwegsetzt.\nDer einzige Punkt, in dem ich H.s thats\u00e4chliche Befunde mit meinen Erfahrungen in einem gewissen Widerspruch finde, betrifft die Lage des neutralen Punktes (der Trennungslinie) im Spektrum. Zwar kann ich darin Hering zustimmen, dafs die Lage desselben innerhalb gewisser Grenzen schwankt, und dafs, wenn man sie durch Vergleichung mit unzerlegtem weifsen Licht sucht, sowohl die wechselnde Beschaffenheit dieses letzteren wie die individuellen Verh\u00e4ltnisse der Makula-Pigmentierung von Einflufs auf das Ergebnis sind. Dagegen steht es mit meinen Erfahrungen nicht im Einklang, wenn Hering sagt (S. 33.) : \u201eIch habe zahlreiche Bestimmungen des reinen Gr\u00fcn bei verschiedenen Farbent\u00fcchtigen und der Trennungslinie bei Farbenblinden gemacht, letzterenfalls selbstverst\u00e4ndlich ohne weifses Vergleichungslicht, und gefunden, dafs das Spektralgebiet, innerhalb dessen die Lage des reinen Gr\u00fcn der Fardent\u00fcchtigen und die Lage der Trennungslinie der Rotgr\u00fcnblinden sich bewegt, im wesentlichen dasselbe ist.\u201c Nach mein\u00ean Erfahrungen kann spektrales Gr\u00fcn von etwa 505 ab sicher bl\u00e4ulich genannt\n20*","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nJ. v. Kries.\nwerden. Dagegen wird ein Licht von 500 vom Rotblinden stets mit Sicherheit als gelb bezeichnet. Ich lege auf diesen Widerspruch gegen Herings Anschauungen schon wegen der Subjektivit\u00e4t der hier eingehenden Beurteilungen kein entscheidendes Gewicht; immerhin ist mir (ebenso wie K\u00f6nig) die Thatsache mit Herings Anschauungen stets schwer vereinbar erschienen. Es w\u00e4re nicht ohne Interesse, zu erfahren, ob Herings Farbenblinde wesentlich gr\u00f6fsere Wellenl\u00e4ngen als neutral eingestellt haben, oder ob nach seinen Erfahrungen das reine Gr\u00fcn der Farbent\u00fcchtigen noch mehr gegen das brechbare Ende zu verlegen ist.\nAus dem Angef\u00fchrten kann entnommen werden, dafs Herings Beobachtungen im Grunde nicht geeignet waren, die \u00e4ltere Anschauung von dem Verh\u00e4ltnis der Earbenblindheiten zueinander und zum normalen Farbensinn zu entkr\u00e4ften. Ich halte es f\u00fcr eine Pflicht literarischer Gerechtigkeit, hinzuzuf\u00fcgen, dafs ich keineswegs f\u00fcr mich das Verdienst in Anspruch nehmen darf, zuerst vollg\u00fcltige Beweise f\u00fcr dieselbe erbracht zu haben. In der That sind ja die entscheidenden S\u00e4tze, dafs n\u00e4mlich die Verwechselungsgleichungen f\u00fcr beide Gruppen verschieden sind, und dafs die Gleichungen des Trichromaten von beiden anerkannt werden, schon vor Jahrzehnten aufgestellt und von zahlreichen Autoren best\u00e4tigt worden. Wir m\u00fcssen gegenw\u00e4rtig konstatieren, dafs die Aufstellung dieser S\u00e4tze nicht nur thats\u00e4chlich das Richtige traf, sondern auch nach dem vorliegenden Beobachtungsmaterial ganz berechtigt war. Die individuellen Schwankungen sind thats\u00e4chlich nicht von so grofser Bedeutung, dafs nicht die Erh\u00e4rtung dieser S\u00e4tze selbst mit relativ einfachen Mitteln ganz gut gel\u00e4nge. Im Grunde konnte daher, was wir jetzt behaupten, schon vor 30 Jahren als ziemlich wahrscheinlich gelten. Einen der wichtigsten Fortschritte stellten, wie ich auch jetzt noch behaupten mufs, die Untersuchungen von K\u00f6nig und Dieterici dar, da hier zuerst die Farbensysteme in einer ganz systematischen Weise mit Benutzung spektraler Lichter untersucht wurden. Hier f\u00fchrte die zun\u00e4chst unabh\u00e4ngig geleitete Untersuchung der Trichromaten und beider Dichromaten-Arten zu dem Ergebnis \u201edafs die Fundamentalfarben der Dichromaten mit je zweien des Farbent\u00fcchtigen identisch sinda, was sachlich dasselbe, wie die eben angef\u00fchrten S\u00e4tze bedeutet, und es war damit f\u00fcr diese eine systematische und in zahlenm\u00e4fsiger Weise fixierte Best\u00e4tigung","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n309\ngewonnen. Ich. glaube, dais hiernach ein ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit derselben nicht berechtigt war. Weiteren Untersuchungen blieb Vorbehalten: erstens die typische Bedeutung der gefundenen Verh\u00e4ltnisse an einem gr\u00f6fseren Material zu erweisen ; zweitens die Abweichungen aufzukl\u00e4ren, welche, wie K\u00f6nig und seine Mitarbeiter bald danach fanden, bei stark herabgesetzter Beleuchtung auftreten, die Erscheinungen des \u201eD\u00e4mmerungssehens\u201c, wie ich es genannt habe; drittens endlich diejenige Rolle, welche die Unterschiede der Makula-Tingierung wirklich spielen, an zwei Farbenblinden von gleichem Typus aber stark verschiedener Tingierung klar zu legen. Meine Untersuchungen haben die Lehre von den dichromatischen Systemen nur insofern gef\u00f6rdert, als sie an der Beibringung dieser Erg\u00e4nzungen Anteil haben; in der Hauptsache aber haben sie nur Bekanntes und schon fr\u00fcher Bewiesenes best\u00e4tigen k\u00f6nnen.\nVI.\n\u00dcberlegen wir zusammenfassend und von einem etwas allgemeineren Standpunkte aus, was sich bez\u00fcglich der Farbensysteme ergeben hat, so finden wir Folgendes. Wir haben das trichro matische System, welches in den Hellgleichungen der \u00fcberwiegenden Mehrzahl von Farbent\u00fcchtigen dargestellt ist, und zwei typisch verschiedene, aus ihm als Reduktionsformen abzuleitende dichromatische Systeme, durch die Hellgleichungen der einen und der anderen Art der partiell Farbenblinden repr\u00e4sentiert; wir haben daneben und ohne eine erkennbare Beziehung zu jenen das monochromatische der angeborenen totalen F\u00e4rb enb lindheit, welches identisch istmit demjenigen, welches auch Di- und Trichromaten beim D\u00e4mmerungssehen zeigen.\nDie Sicherheit dieser Aufstellungen erscheint durch individuelle Differenzen physikalischen Ursprungs nur wenig gemindert, ja, wenn man die Pr\u00e4zision bedenkt, mit der sich in den Schwankungen der Mischungsgleichungen die durch direkte Beobachtung festgestellte Natur des Pigments wiederfindet, vielleicht eher noch vermehrt.","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nJ. v. Kries.\nWenden wir uns nunmehr zu der Frage, was aus diesem grofsen und schliefslich eine so einfache Darstellung gestattenden Thatsachen-Komplex in Bezug auf die Bildung unseres Gesichts-Apparates geschlossen werden kann. Ein Erstes ist hier jedenfalls sehr einfach und bedarf nur weniger Worte. Auch in der sich hier bietenden Gruppierung werden uns die That-sachen wohl einigermafsen zwingend zu der Vorstellung f\u00fchren, dafs es zwei unabh\u00e4ngige, durch keine erkennbare Beziehung einander gleichende Apparate giebt, n\u00e4mlich erstens den in den Hellgleichungen des Trichromaten zur Geltung kommenden, durch dessen Reduktion wir uns die entsprechenden Apparate des Protanopen und des Deuteranopen gebildet denken k\u00f6nnen, und zweitens denjenigen, welcher beim \u201eD\u00e4mmerungssehen\u201c der Di- und Trichromaten funktioniert, und der beim total Farbenblinden allein vorhanden ist. Diese Vorstellung ist aber genau dieselbe, zu der wir auf Grund anderer Thatsachen ebenfalls gelangt waren, und die ihren Ausdruck in der Hypothese \u00fcber die Funktion der St\u00e4bchen gefunden hat. Man darf sagen, dafs das Auftreten des farbenempfindlichen Apparates in drei verschiedenen, untereinander deutlich zusammenh\u00e4ngenden Formen (normales trichromatisches, protanopisches und deuteranopisch.es Farbensystem), wobei der dem D\u00e4mmerungssehen dienende in allemal gleicher Weise nebenhergeht, die Unabh\u00e4ngigkeit jenes farbenempfindlichen Apparates in ebenso deutlicher Weise darthut, wie andererseits die totale Farbenblindheit die Isolierung des anderen darstellt. Einen Hinweis auf die anatomische Grundlage dieser Duplizit\u00e4t kann nat\u00fcrlich die Analyse der Farbensysteme f\u00fcr sich allein nicht liefern; dafs sie aber durch die Best\u00e4tigung ihrer allgemeinen Grundanschauung der St\u00e4bchentheorie in erfreulicher Weise zur St\u00fctze dient, das l\u00e4fst sich wohl keinen Augenblick verkennen.\nEine weitere nicht unwichtige St\u00fctze gew\u00e4hren der Theorie die neueren Ermittelungen haupts\u00e4chlich durch die Feststellung, dafs die Gleichungen der total Farbenblinden nicht in erheblichem Mafse von Lichtst\u00e4rke und Adaptation abh\u00e4ngen. ln der That konnte man, so lange dies nicht feststand, ja wohl allenfalls daran denken, dafs die \u00c4nderungen, welche z. B. die Gleichungen des Gr\u00fcnblinden erfahren, wenn wir vom D\u00e4mmerungssehen zu hohen Lichtst\u00e4rken und Helladaptation \u00fcbergehen, auf irgend einer dabei stattfindenden Modifikation des","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n!\nan\nSehapparates beruhen. Nachdem wir wissen, dafs f\u00fcr den total Farbenblinden, dessen D\u00e4mmerungssehen ganz das gleiche ist, nichts derartiges stattfindet, werden wir uns noch zwingender zu der fr\u00fcher schon bevorzugten Annahme gedr\u00e4ngt sehen, dafs bei den Hellgleichungen ein anderer Apparat, ein anderer Bestandteil des Sehorgans, ins Spiel kommt.\nDie n\u00e4chste Frage wird nun die sein, ob wir auch \u00fcber die Bildung der farbenempfindlichen (sei es tri-, sei es dichro-matischen) Apparate aus den obigen Thatsachen etwas folgern k\u00f6nnen. Nur ungern entschliefse ich mich zu einer Er\u00f6rterung dieser Frage; denn zur Entwickelung hierhergeh\u00f6riger Vorstellungen oder gar zur Aufstellung einer Lehre, die sich den zahlreichen Theorien der Gesichtsempfindungen als eine neue anreiht, kann wohl kein Augenblick ungeeigneter sein, als der gegenw\u00e4rtige. Einerseits liegt eine Anzahl physiologischer Probleme noch vor uns (schon die Aufstellung der St\u00e4bchentheorie hat neue gestellt resp. alte wesentlich modifiziert), deren Behandlung und L\u00f6sung wir wohl von einer nicht fernen Zukunft erwarten d\u00fcrfen.1 Andererseits aber befinden wir uns in einem Stadium, in welchem sieh unsere anatomischen Kenntnisse nicht nur vom Nervensystem \u00fcberhaupt, sondern auch speziell von der Netzhaut so zu sagen t\u00e4glich bereichern. Je mehr man hoffen darf, f\u00fcr die Physiologie der Gesichtsempfindungen hier greifbare Unterlagen zu finden und aus dem Stadium der ganz abstrakten Begriffe (Komponenten, Sehsubstanzen etc.) heraus zu kommen, um so weniger wird man zu Er\u00f6rterungen Neigung f\u00fchlen, die jenen hoffnungsvolleren sich allm\u00e4hlich erschliefsen-den Weg doch noch nicht einschlagen k\u00f6nnen und sich noch auf dem \u00e4lteren schwankenden Boden bewegen m\u00fcssen. Gleichwohl m\u00f6chte ich einige Bemerkungen dar\u00fcber nicht unterdr\u00fccken, was denn aus den obigen Tatsachen geschlossen werden kann. Sie werden namentlich gegen\u00fcber der oft zu bemerkenden Neigung, zu viel zu folgern, am Platze sein.\nDie Beziehung eines dichromatischen zu einem trichro-matischen Farbensystem, welche wir dadurch bezeichneten, dafs wir jenes eine Keduktionsform von diesem nannten, l\u00e4fst eine ganz einfache Deutung zu, wenn wir, wie es sowohl die Hering-\n1 Hierher rechne ich vor allem die Lehre von der Farbenblindheit der peripheren Netzhautpartien.","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nJ. v. Kries.\nsehe als auch die \u00e4ltere Form der YouNG-HELMHOLTzschen Theorie thaten, den Gesichtsapparat aus einer Anzahl einzelner Bestandteile zusammengesetzt denken und uns die Reduktion durch das Fehlen eines dieser Bestandteile erkl\u00e4ren. In der That ist klar, dafs alsdann dem Dichromaten alle Lichter gleich erscheinen m\u00fcssen, die es f\u00fcr den Trichromaten sind, \u00fcberdies aber auch alle, die sich f\u00fcr den Trichromaten ausschliefslich bez\u00fcglich ihrer Wirkung auf jenen ihm (dem Dichromaten) abgehenden Bestandteil unterscheiden. Nach diesem Prinzip hat sowol die HELMHOLTZsche wie die \u00dcERiNGsche Theorie die Beziehungen der Farbenblindheit zum normalen Farbensehen aufgefafst. Die fortgesetzten Untersuchungen haben gelehrt, und wir k\u00f6nnen allm\u00e4hlich wohl diese Thatsache als einen gesicherten Besitz der physiologischen Optik in Anspruch nehmen, dafs die Farbenblindheiten wirklich Reduktionsformen des tri-chromatischen Systems sind, aber Rotblindheit und Gr\u00fcnblindheit zwei verschiedene, und es folgt hieraus direkt, dafs, wenn wir an dem Grundgedanken einer den ganzen Gesichtsapparat umfassenden Komponenten-Gliederung festhalten, zwei dieser Bestandteile in Bezug auf ihre Erregbarkeit durch Licht ann\u00e4hernd die ihnen von Helmholtz zugeschriebene Beschaffenheit haben m\u00fcssen.1 Wenn nun Jemand geneigt sein k\u00f6nnte, hierin ganz ohne weiteres einen Beweis f\u00fcr die Richtigkeit der Y.-H.sehen Theorie zu erblicken, so mufs diese Folgerung doch in mehreren Beziehungen noch weiter gepr\u00fcft und, wie sich zeigen wird, thats\u00e4chlich eingeschr\u00e4nkt werden.\nErstlich verbietet es sich aus zahlreichen und hinl\u00e4nglich bekannten Gr\u00fcnden, die erw\u00e4hnte Gliederung als eine den ganzen Gesichtsapparat umfassende vorzustellen. Es w\u00e4re \u00fcberfl\u00fcssig, oft und von verschiedenen Seiten Beigebrachtes hier zu wiederholen; es mag daher gen\u00fcgen, hier lediglich zu konstatieren, dafs auch nach meiner \u00dcberzeugung einesteils die wirkliche Beschaffenheit unserer Empfindungen es unm\u00f6glich macht, diese als Kombination einer roten, gr\u00fcnen und blauen Elementar-Empfindung aufzufassen, andererseits aber auch die bei vielen Detailerscheinungen sich ergebende Unm\u00f6glichkeit, sie an der Hand\n1 Eine mathematisch formulierte Er\u00f6rterung dar\u00fcber, wie weit die Beschaffenheit der betr. Komponenten als festgestellt gelten darf, lasse ich unten nachfolgen.","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n313\nder Helmholtz sehen Theorie zu erkl\u00e4ren, noch irgend welche andre, denHELMHOLTZschen Komponenten nicht entsprechende Bildungen des Gesichtsapparates wahrscheinlich macht. Aus diesem Grunde mufs denn betont werden, dafs es f\u00fcr die Erkl\u00e4rung dei Farbenblindheiten als Reduktionsformen ausreicht, wenn man den HELMHOLTZschen Komponenten die Bedeutung einer peripheren Gliederung zuschreibt. Denn wenn der Gesichtsapparat in einem peripheren Teil diese Einrichtungen darbietet, so versteht es sich von selbst, dafs zwei Lichtgemische, die auf jede jener drei Komponenten \u00fcbereinstimmend wirken, auch die gleiche Empfindung geben. Eben hierin liegt es ja begr\u00fcndet, dafs mit einer bestimmten Beschaffenheit jener Komponenten ein bestimmtes \u201eFarbensystem\u201c gegeben ist, d. h. systematisch angegeben werden kann, welche Lichtgemische gleich aussehen. Nicht minder notwendig mufs bei einem Ausfall einer Komponente eine Reduktionsform des urspr\u00fcnglichen Farbensystems entstehen; denn auch hier gilt es, dafs zwei im urspr\u00fcnglichen Farbensystem gleiche Mischungen gleich bleiben m\u00fcssen, aufser-dem aber auch alle diejenigen gleich werden, die sich im urspr\u00fcnglichen System nur hinsichtlich ihrer Wirkung auf den einen nunmehr mangelnden Bestandteil unterschieden. Wir sind hierbei zun\u00e4chst garnicht veranlafst, \u00fcber die Natur der weiter zentralw\u00e4rts sich abspielenden Prozesse uns irgend welche Vorstellungen zu bilden; m\u00f6gen sie sein, welcher Art sie wollen: jene Folgerungen werden immer zutreffen m\u00fcssen.\nErw\u00e4gt man, mit welcher Pr\u00e4zision sich die Erscheinungen der Farbenblindheit an der Hand dieser Theorie verstehen lassen, so wird man die Behauptung gerechtfertigt finden, dafs wir es hier mit einer der sichersten theoretischen Errungenschaften in der Lehre von den Gesichtsempfindungen zu thun haben. Wie hoch man ihren Wert veranschlagen will, ist nat\u00fcrlich eine Sache subjektiven Ermessens. Mir erscheint er grofs, wenn ich bedenke, wie einfach und durchsichtig die Lehre von den verschiedenen Farbensystemen und ihrem Zusammenhang sich gestaltet. Selbstverst\u00e4ndlich aber ist er beschr\u00e4nkt, sofern wir uns mit dem abstrakten Begriff der \u201eKomponente\u201c begn\u00fcgen, ohne ihm ein greifbares Substrat zu geben, und nicht minder, sofern der ganze gewonnene Auf-schlufs eben nur einen peripheren Teil des Gesichtsapparates zu umfassen scheint. Dafs wir in der ersteren Beziehung durch","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nJ. v. Kvies.\nnaheliegende Hypothesen (Substantiierung der drei Komponenten in drei lichtempfindlichen Stoffen n. der gl.) weiter gelangen k\u00f6nnen, ist so bekannt, dafs der allgemeine Hinweis darauf gen\u00fcgt. Dagegen seien hier noch einige Bemerkungen \u00fcber die erw\u00e4hnte Unvollst\u00e4ndigkeit der Theorie angef\u00fcgt.\nEine bestimmte Vorstellung von der Natur der zentralen den Gesichtsempfindungen zu Grunde liegenden Vorg\u00e4nge erscheint unter anderem deswegen besonders erw\u00fcnscht, weil sie uns in die Lage versetzen w\u00fcrde, zu beurteilen, was der Farbenblinde eigentlich sieht, uns von seinen Empfindungen nach Mafsgabe der unsrigen eine deutliche Vorstellung zu bilden. Was sind wir in dieser Beziehung gegenw\u00e4rtig zu sagen berechtigt? Meines Erachtens ist das, was wir \u00fcber die Empfindungen der Farbenblinden im Vergleich zu den unsrigen sagen k\u00f6nnen, z. Z. wenig. Am ehesten kann als wahrscheinlich gelten, dafs bei den als farblos bezeichneten Empfindungen die Natur der physiologischen Prozesse und der Empfindungen selbst beim Farbenblinden und beim Farbent\u00fcchtigen \u00fcber-einstimmen. Hierf\u00fcr kann erstens, wie dies ja seit lange geschehen, der von Hippel beobachtete Fall einseitiger Farbenblindheit angef\u00fchrt werden, bei welchem (leider ein Unikum) die Empfindungen des farbenblinden Auges direkt mit denen des farbent\u00fcchtigen verglichen werden konnten, und in dem sich zeigte, dafs das gemischte weifse Tageslicht auch von dem farbenblinden Auge farblos gesehen wurde.\nFerner darf man darauf hinweisen, dafs ein Apparat, n\u00e4mlich die St\u00e4bchen, sich bei all en Personen in \u00fcbereinstimmender Bildung findet; nimmt man an, dafs seine Erregung \u00fcberall die gleiche Empfindung hervorruft, so w\u00fcrde, da diese durchweg als farblos oder nahezu farblos bezeichnet wird, auch von dieser Seite wahrscheinlich gemacht sein, dafs diese Bezeichnung in Wirklichkeit durchweg gleichen Empfindungen und zentralen Vorg\u00e4ngen entspricht. Erachten wir dies einmal f\u00fcr festgestellt, so w\u00fcrde wohl auch weiter als wahrscheinlich gelten k\u00f6nnen, dafs die Empfindungen zwei farbige Bestimmungen zulassen, die mit zweien in unserem Farbensystem komplement\u00e4ren etwa Zusammentreffen.\nAuch f\u00fcr diese Vorstellung bietet sich noch eine relativ einfache Erkl\u00e4rung ohne die Einf\u00fchrung von Hypothesen \u00fcber die Natur der zentralen Vorg\u00e4nge. Man kann sich denken, dafs","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Farbensysteme.\n315\nbeim Farbenblinden gewissermafsen die eine Komponente doppelt vorhanden ist, und dafs die beiderlei zentralen Folgen,, die beim Farbent\u00fcchtigen sich an die Th\u00e4tigkeit der Rot- und der Gr\u00fcnkomponente kn\u00fcpfen, hier durch die Th\u00e4tigkeit zweier \u00fcbereinstimmender Gebilde bewirkt werden, welche beide, sei es der Rot-Komponent\u00a9, sei es der Gr\u00fcn-Komponente des Farbent\u00fcchtigen gleich sind. Wir k\u00f6nnten uns, um die Sache durch eine Fiktion etwas greifbarer zu gestalten, z. B. drei Zapfenarten denken, welche mit drei verschiedenen lichtempfindlichen K\u00f6rpern A, B, 0 angef\u00fcllt sind ; fehlte dem Farbenblinden die Substanz A, und w\u00e4ren nun auch die normaler Weise A-haltigen Zapfen gleichfalls mit B angef\u00fcllt,1 so w\u00fcrde das Ergebnis wohl etwa dasjenige werden m\u00fcssen, welches realisiert zu sein scheint.\nIch bin indessen weit entfernt, diese Annahme, die auch ihr Bedenkliches hat, mit Entschiedenheit zu vertreten. Lassen wir sie fallen, so wird die M\u00f6glichkeit, \u00fcber das Sehen des Farbenblinden in der Sprache unserer Empfindungen etwas auszusagen und die modifizierte Beschaffenheit seines Empfindungssystems zu deuten, nur noch auf dem Boden irgend einer Hypotheseliber die Natur der zentralen (nerv\u00f6sen und psychophysischen) Vorg\u00e4nge gegeben sein. Hiermit sind wir dann aber bei den Fragen angelangt, deren Behandlung mir, wie vorhin gesagt, wenig zeitgem\u00e4fs erscheint, und deren weitere Er\u00f6rterung also hier unterbleiben soll. Die L\u00fccke, die wir solcherart unaus-gef\u00fcllt lassen, suche ich nicht zu verbergen; verzichten wir vorl\u00e4ufig auf eine Hypothese \u00fcber die Natur der zentralen Vorg\u00e4nge, so entschlagen wir uns nat\u00fcrlich auch der Vermutungen dar\u00fcber, in welcher Weise die Zust\u00e4nde der peripheren Komponenten jene zentralen Vorg\u00e4nge bestimmen, welche Reduktion dieser der peripheren Reduktion entspricht, und wie es etwa kommt, dafs der auf zwei periphere Komponenten beschr\u00e4nkte Farbenblinde neben farbloser Heiligkeit nur Gelb und Blau sieht. Zu betonen w\u00e4re hierbei nur, dafs eine derartige Vorstellung, so unvollst\u00e4ndig man sie finden mag, z. Z. je-\n1 Es k\u00e4me dies so ziemlich auf die von K\u00f6nig bevorzugte Anschauung hinaus, dafs die Gr\u00fcn-Komponente die Beschaffenheit einer Rot-Komponente angenommen habe, oder umgekehrt. Wir h\u00e4tten aber hier in dem Fehlen eines peripheren Bestandteiles den angebbaren Grund f\u00fcr diese Modifikationen.","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nJ. v. Kries.\ndenfalls auf keine positiven Schwierigkeiten st\u00f6fst; denn der M\u00f6glichkeiten einer solchen Aneinanderschliefsnng verschiedenartiger und verschieden gegliederter Vorg\u00e4nge, wie sie hier gefordert wird, sind jedenfalls sehr viele; eine fruchtbare Phantasie wird keine Schwierigkeit haben, so manche aufzufinden. Und auf der anderen Seite: wer glaubt denn ernsthaft, dafs wir die Einrichtungen so verschiedenartiger Gebilde, wie sie der Gesichtsapparat doch thats\u00e4chlich hintereinander geschaltet aufweist (z. B. schon der Sehzellen und der Optikus-Fasern), durch eine und dieselbe Formel zutreffend darstellen k\u00f6nnen?\nDas Ergebnis dieser \u00dcberlegungen w\u00e4re also, dafs die Verh\u00e4ltnisse des Sehens der Farbenblinden, wie sie sich in den Verwechselungsgleichungen dokumentieren, in der That den aus der Yo\u00fcNG-HELMHOLTZschen Lehre gezogenen Folgerungen entsprechen, dafs sie insofern auch die reale Bedeutung dieser Lehre schlagend darthun. Bei dem eingeschr\u00e4nkten Sinne aber, in dem die Begriffe der HELMHOLTZschen Theorie jedenfalls genommen werden m\u00fcssen, bleibt die Frage, was die Farbenblinden sehen, hierbei ganz unber\u00fchrt, und es ist z. B. auch denkbar, dafs die Herings che Annahme, wonach sie Gelb und Blau zu empfinden verm\u00f6gen, richtig ist. \u2014 Dafs die Theorie einen grofsen Erscheinungs-Komplex in einer frappanten Weise zu erkl\u00e4ren vermag, ohne sich auf den unsicheren Boden jener Frage (was der Farbenblinde sieht) \u00fcberhaupt zu begeben, das ist mir stets als ein Vorzug erschienen. Aber ich verhehle mir nicht, dafs gerade dieser Umstand und der damit verkn\u00fcpfte Mangel an Anschaulichkeit dem Verst\u00e4ndnis und der Kezipierung der Theorie hindernd im Wege standen und wohl noch lange stehen werden. In der That geh\u00f6rt sehr viel mehr \u00dcberlegung und Abstraktion dazu, sich deutlich zu machen, welche Erfolge der Ausfall einer derartigen peripheren Komponente haben mufs, als um, direkt von unseren Empfindungen ausgehend, sich gewisse in diesen charakterisierte Qualit\u00e4ten hinweg zu denken. Nichts kann glatter und einfacher sein, als die Erscheinungen der Farbenblindheit aus dem Fehlen des \u201eKotgr\u00fcnsinnes\u201c zu deduzieren; schade nur, dafs die Thatsachen dieser einfachen Auffassung nicht entsprechen. Zuzugeben ist aber, dafs auf dem Standpunkt dieser theoretischen Auffassung die Ausdr\u00fccke Kotblind und Gr\u00fcnblind noch weniger gl\u00fccklich gew\u00e4hlt erscheinen, als sie schon von Anfang an waren. Denn mit Hartn\u00e4ckigkeit","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Farbensysteme,\n317\nversteht der minder Kundige (vom Laien ganz zu schweigen) hierunter das Unverm\u00f6gen, Kot resp. Gr\u00fcn zu empfinden, oder vielleicht das Unverm\u00f6gen, rotes oder gr\u00fcnes Licht \u00fcberhaupt zu sehen, in beiden F\u00e4llen durch den Wortsinn irre geleitet und in Widerspruch mit der Meinung derjenigen, die die Bezeichnungen einf\u00fchrten. Gemeint ist der Mangel eines dem Sehorgan zugeschriebenen Bestandteiles, dessen Hatur und Funktionsweise durch die Bezeichnung als Kot-Komponente oder Gr\u00fcn-Komponente durchaus nicht unmittelbar verst\u00e4ndlich angegeben ist und \u00fcberhaupt auch garnicht mit einem Wort ersch\u00f6pfend angegeben werden kann, was denn nat\u00fcrlich in gleicher Weise auch von der durch sein Fehlen bedingten Anomalie des Sehens gilt. Man kann sogar zugeben, dafs die UERiNGsche Bezeichnung Kotgr\u00fcnblindheit, wenngleich sie vielen bedenken unterliegt, doch das Verhalten beider Typen in einer sehr anschaulichen und vermutlich ann\u00e4hernd richtigen Weise angiebt und insofern gewisse Vorz\u00fcge besitzt. Der wissenschaftliche Sprachgebrauch wird jedoch Ausdr\u00fccke n\u00f6tig haben, die den Unterschied der beiden Typen k\u00fcrzer als etwa in der schwerf\u00e4lligen Wendung Dichromaten (oder Kotgr\u00fcnblinde) erster und zweiter Form bezeichnen, und es d\u00fcrfte wohl auch gerechtfertigt sein, hier die theoretisch erfassten Gr\u00fcnde der ganzen Erscheinung zur Geltung zu bringen. Von diesem Gesichtspunkt aus habe ich die obigen Bezeichnungen Protanopen und Deuteranopen, in Vorschlag gebracht.\nDie bisherigen theoretischen Er\u00f6rterungen haben durchg\u00e4ngig nur mit dem Gedanken operiert, dafs irgend ein Bestandteil des normalen Gesichtsapparates bei einem anderen in Fortfal gekommen sein, fehlen k\u00f6nnte. Es wird daneben der Fall zu ber\u00fccksichtigen sein, dafs etwa der eine Bestandteil insbesondere durch Ab\u00e4nderung der f\u00fcr ihn geltenden Kurve der Keizwerte modifiziert w\u00e4re. Selbstverst\u00e4ndlich ist ganz im allgemeinen auch die M\u00f6glichkeit einer derartigen Modifikation eines Bestandteiles im Auge zu behalten.\nWas nun den Anlafis betrifft, der f\u00fcr eine solche Annahme etwa vorliegen kann, und ihre theoretische W\u00fcrdigung, so m\u00fcssen meines Erachtens zwei Hauptf\u00e4lle unterschieden werden. Haben wir zwei trichromatische Systeme, die sich von einander unterscheiden, derart, dafs die Mischungsgleichungen des einen f\u00fcr das andere nicht durchweg g\u00fcltig sind, so k\u00f6nnen wir","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nJ. v. Kries.\ndieser Thatsache stets durch die Annahme gerecht werden, dafs eine oder mehrere Komponenten mit denen des anderen Systems nicht \u00fcbereinstimmen. Dies versteht sich ganz von selbst. Nicht minder klar scheint mir aber auch, dafs eine solche Beziehung von sehr geringem theoretischem Belang ist, wenn sich keinerlei Aufschiufs dar\u00fcber geben l\u00e4fst, worin etwa jene Modifikation der Komponenten bestehen oder worauf sie beruhen mag. Im Grunde liegen dann eben zwei tri-chromatische Systeme ohne ersichtlichen Zusammenhang vor; ihr gegenseitiges Verh\u00e4ltnis entzieht sich der Erkl\u00e4rung.\nWesentlich anders liegen die Dinge, wenn es sich um ein dichromatisches System handelt, welches, wie wir es ausdr\u00fcckten, eine Reduktionsform eines trichromatischen darstellt. Wie eine vollst\u00e4ndigere \u00dcberlegung lehrt, ist auch hier das Fehlen eines Bestandteiles zwar wohl die einfachste, aber nicht die allgemeinste Annahme. Wenn wir mit p, % und ip die Funktionen der Wellenl\u00e4ngen bezeichnen, welche die drei Bestandteile eines trichromatischen Systems charakterisieren, so wird eine Reduktionsform desselben jedes darstellen, dessen Bestandteile durch zwei Funktionen\nu cp -\u00df % -j- y (f und \u00ab' 9P + fi' X + / 9\nin gleichem Sinne charakterisiert sind. Es ist nur ein spezieller Fall, den wir bisher in Betracht zogen, dafs von diesen Koeffizienten zwei verschwinden und somit etwa eine dieser Funktionen mit cp, eine andere mit ifj zusammentrifft.\nDie Bedingung f\u00fcr das Bestehen eben jener Beziehung, derzufolge wir das eine System eine Reduktionsform des anderen nennen, haben wir hiermit noch allgemeiner formuliert als Fick, der j\u00fcngst darauf hingewiesen hat,1 dafs dieselbe auch dann bestehen mufs, wenn die beiden Bestandteile des trichromatischen Systems gewissermafsen miteinander verschmelzen, so dafs die charakterisierende Erregbarkeitskurve des neuen\n<P + X\nBestandteils durch\n\", das arithmetische Mittel aus den Kur-\nven jener beiden Bestandteile dargestellt w\u00fcrde. Aus mehreren Gr\u00fcnden scheint mir aber doch die \u00e4ltere Vorstellung denVor-\n1 Pfl\u00fcgers Arch. Bd. LXIY. S. 313.","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n319\nzug vor der hier vorgesehlagenen zu besitzen. Erstlich ist das Fehlen eines gewissen Bestandteiles doch wohl in theoretischer Beziehung das einfachste und verst\u00e4ndlichste; gerade aus diesem Grunde ist es berechtigt, wenn man in der Bildung von Ke-duktionsformen eine \u00fcberzeugende Best\u00e4tigung der Komponen-ten-Theorien von jeher erblickt hat. Von der Bildung eines neuen Bestandteils durch eine Verschmelzung von zweien, derart, dafs seine Beschaffenheit das arithmetische Mittel zwischen der Beschaffenheit jener darstellte, w\u00fcfste ich mir kein anschauliches Bild zu machen. Abgesehen hiervon indessen steht einem derartigen Versuch eine Beziehung der dichromatischen Systeme gegen\u00fcber, die, wie es scheint, von Fick nicht bemerkt worden ist, die n\u00e4mlich, dafs ihre Blau-Kurven ann\u00e4hernd, (unter Ber\u00fccksichtigung der Makula-Absorptionen wahrscheinlich genau) \u00fcbereinstimmen. Hiernach ist es unm\u00f6glich, mit Fick anzunehmen, dafs, wenn </), % und ip die charakterisierenden Funktionen f\u00fcr die normalen Komponenten sind, die des\neinen Dichromaten - und ip die des anderen ^ Q - und %\nLi\tA\nsein sollten. Halten wir daran fest, dafs das eine Mal ein und das andere Mal ein anderes arithmetisches Mittel vorliegen soll, so k\u00f6nnte zwar die andere (beiden Dichromaten gemeinsame) Komponente durch eine lineare Funktion aller drei den normalen Bestandteilen zukommenden Funktionen (also durch eine Funktion von der Form a cp -j- \u00df % -j- y 'ip) charakterisiert sein, aber es k\u00f6nnte nicht einfach in beiden F\u00e4llen die an der Verschmelzung nicht partizipierende dritte sein. Bei dieser Ausgestaltung sind aber die Annahmen doch wohl zu k\u00fcnstlich, um vorl\u00e4ufig zu einer weiteren Verfolgung einzuladen.\nSchliefsen wir hier endlich noch eine kurze Er\u00f6rterung dar\u00fcber an, wie weit wir, bei unserer obigen Annahme stehen bleibend, die Natur der betreffenden Komponenten als durch die Ermittelungen festgestellt erachten d\u00fcrfen. Hier ist nun zun\u00e4chst daran zu erinnern, dafs die quantitative Ermittelung schon einer Verwechselungsgleichung uns gestattet, im Sinne der \u00e4lteren HELMHOLTZschen Darstellung den Ort der betreffenden Komponente in der Farbentafel anzugeben. \u00c4hnlich bezeichnete auch Maxwell z. B. die fehlende Komponente als 22,6 R -f- 4,3 Bl \u2014 7,7 Gr und so k\u00f6nnten auch wir sie z. B. in Einheiten des Gasdispersionsspektrums durch den Wert 1,91 Kot (670,8) + 0,5","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nJ. v. Kries.\nBlau (460.7) \u2014 1,0 Blaugr\u00fcn (496) entsprechend der Gleichung 1,91 Bot -f- 0,5 Blau = 1,0 Blaugr\u00fcn f\u00fcr den Protanopen M ausdr\u00fccken; \u00e4hnlich durch den Wert 1,0 Blaugr\u00fcn \u2014 0,77 Blau \u2014 0,11 Bot f\u00fcr den Deuteranopen Nagel. Zu beachten ist aber, dafs diese Fixierung in der (empirisch konstruierten) Farbentafel nicht identisch ist mit der Feststellung der neuerdings meist zur Charakterisierung der Komponenten benutzten Kurven, welche die St\u00e4rke der Wirkung des Lichts auf die betreffende Komponente als Funktion der Wellenl\u00e4nge angeben. Es mag daher hier noch dar\u00fcber Einiges hinzugef\u00fcgt werden, wieweit in diesem letzteren Sinne die Beschaffenheit der Komponenten als festgestellt gelten kann. Nennen wir die mehrerw\u00e4hnten Funktionen der Wellenl\u00e4nge f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden cp und xp, f\u00fcr den Botblinden % und xp, so k\u00f6nnten, sofern wir jeden derselben ganz f\u00fcr sich betrachten, an Stelle von cp und xp auch zwei beliebige Funktionen von der Form a cp -f- \u00df xp und cc cp -j- \u00df' xp gew\u00e4hlt werden, ebenso f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden statt z und ip zwei lineare Funktionen von Z und xp.\nWenn also F und H resp. G und H die charakterisierenden Funktionen der realiter vorhandenen Komponenten w\u00e4ren, so k\u00f6nnte man zun\u00e4chst nur sagen, dafs diese Werte irgend welche lineare Funktionen jener anderen (F und FL von cp und xp, G und H von % und xp) sein m\u00fcssen. Diese Unbestimmtheit reduziert sich indessen sogleich, wenn wir beachten, dafs wir nach der Theorie ein in beiden F\u00e4llen \u00fcbereinstimmendes H (die beiden Farbenblinden) gemeinsame Komponente) erwarten m\u00fcssen, und dafs wir ein in beiden F\u00e4llen \u00fcbereinstimmendes cp (gleiche Blau-Kurven) wenigstens mit grofser Ann\u00e4herung gefunden haben. Es wird daraus zu schlielsen sein, dafs die gefundenen Blau-Kurven die die Blau-Komponente charakterisierende Funktion mit grofser Ann\u00e4herung darstellen, und diese k\u00f6nnte also, wenn nicht mit absoluter Genauigkeit, doch mit* Ann\u00e4herung als fixiert gelten. Dagegen blieben f\u00fcr die charakterisierenden Funktionen der \u201eBot- und Gr\u00fcn-Komponenteu (F und G) zun\u00e4chst die M\u00f6glichkeit bestehen, dafs sie nicht mit cp resp. z> den gefundenen IF-Kurven, identisch w\u00e4ren, sondern gegeben durch Werte von der Form cp -f- \u20ac xp und z -j- s' xp. Interpretiert w\u00fcrde diese mathematische Formulierung besagen, dafs das in den Versuchen angewandte blaue","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n321\nLicht m\u00f6glicherweise noch geringe Erregungen auf die Rot-resp. Gr\u00fcn-Komponente aus\u00fcbt. Die Kurven G und F (die charakterisierenden der realen Komponenten) w\u00fcrden darnach von 530 pp ab etwas h\u00f6her verlaufen, als die gefundenen Kurven cp und %. Dafs dies der Fall ist, k\u00f6nnen wir schon aus dem Grunde als wahrscheinlich bezeichnen, weil f\u00fcr den Gr\u00fcnblinden die S\u00e4ttigung der Farbe jedenfalls bis 436 pp zunimmt, also bei 460 sicher noch eine merkliche Miterregung der Rot-Komponente stattfindet. F\u00fcr rotblinde Personen habe ich besondere Versuche hier\u00fcber nicht angestellt; es d\u00fcrfte aber f\u00fcr sie um so mehr der Fall sein, da ja durchg\u00e4ngig in der brechbareren Spektralh\u00e4lfte die TF-Kurve des Gr\u00fcnblinden schneller als die des Rotblinden absinkt. Eine ganz genaue Feststellung der charakterisierenden Funktionen f\u00fcr die Rotund Gr\u00fcn-Komponente ist also z. Z. noch nicht m\u00f6glich. Immerhin \u25a0 wird man sagen d\u00fcrfen, dafs sie erstlich bis etwa 536 pp als festgestellt gelten k\u00f6nnen, da die Funktion xp bis dahin merklich gleich Null ist, und dafs auch im weiteren Verlauf erst die letzten Endstrecken in erheblichem Mafse unsicher werden.1 Bleiben daher auch einige Detailfragen noch offen, so k\u00f6nnen wir doch in der Hauptsache die Komponenten als festgestellt, d. h. die f\u00fcr jede geltende Abh\u00e4ngigkeit des Reizwertes von der Wellenl\u00e4nge als ermittelt betrachten.\nWir sind, wie ich glaube, berechtigt, in den mitgeteilten Thatsachen eine \u00e4ufserst schlagende Best\u00e4tigung daf\u00fcr zu finden, dafs die von der HELMHOLTZschen Theorie angenommenen Be-\n1 Die in mancher Hinsicht wohl am meisten interessierende Frage, oh hei kurzwelligem Lichte wieder eine relativ st\u00e4rkere Wirkung auf die Rot-Komponente stattfindet, kann man am ehesten durch Beobachtungen am Gr\u00fcnblinden zu entscheiden hoffen, der in diesem Falle hei abnehmenden Wellenl\u00e4ngen wieder weniger ges\u00e4ttigtes Blau w\u00fcrde sehen m\u00fcssen. Die Beobachtungen mit Gaslicht sind jedoch hierf\u00fcr nicht zu verwenden, da dasselbe im Violett za lichtschwach ist, um noch irgend etwas mit Sicherheit feststellen zu k\u00f6nnen. Einige Beobachtungen, die ich mit Dr. Nagel gelegentlich an meinem \u00e4lteren Apparate mit Tageslicht angestellt habe, f\u00fchrten zu keiner sicheren Entscheidung ; allerdings schienen die sehr lichtschwachen \u00e4ufsersten Teile des Spektrums (um 400 pp) an S\u00e4ttigung ein wenig zur\u00fcck zu bleiben ; doch bleibt zu ber\u00fccksichtigen, dafs es sich hier schon um Einmischung von Fluoreszenz gehandelt haben kann. Bis 436 pp herab nimmt, wie schon gesagt, die S\u00e4ttigung jedenfalls zu.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII,\n21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nJ. v. Kries.\nstandteile des Sehorgans eine reale Bedeutung besitzen. Gleichwohl wird nat\u00fcrlich der vorsichtige Forscher \u00fcber die zun\u00e4chst hypothetische Natur dieser Komponenten nicht im Zweifel bleiben und nicht nur von der Zukunft die Feststellung erhoffen, was sie eigentlich sind, sondern auch mit der M\u00f6glichkeit rechnen, dafs sie durch irgend eine im Effekt \u00e4hnlich\u00a9 Einrichtung vorget\u00e4uscht seien. Um so mehr ist es angezeigt,, die rein thats\u00e4chlichen Feststellungen zu betonen, zu denen wir gelangt sind. Ohne jeden theoretischen Ausblick d\u00fcrfen wir behaupten, dafs, was Hering \u00fcber den Unterschied der beiden Gruppen von Farbenblinden gelehrt hat, mit zahlreichen \u00e4lteren Beobachtungen schon schwer vereinbar, mit den Befunden von Donders, K\u00f6nig und mir absolut im Widerspruch,, durch seine eigenen Beobachtungen nicht erwiesen, dafs es thats\u00e4chlich unrichtig ist. Der Unterschied des Kot- und des Gr\u00fcnblinden besteht nicht in einer relativen Gelb- und Blau-sichtigkeit von der Art, wie sie beim Normalsehenden auch gefunden wird ; er besteht vielmehr in einer anderen Verteilung der Reiz werte, welche bereits im langwelligsten Teile des Spektrums v\u00f6llig scharf charakterisiert ist. Hat die einseitig\u00a9 Betrachtung vom Standpunkt einer Theorie aus geraume Zeit und in weiten Kreisen zu einer Verkennung dieser Thatsachen gef\u00fchrt, so ist es um so dringender geboten, ihnen wieder di\u00a9 Anerkennung und Beachtung zu vindizieren, die sie verdienen.\nVII.\nWas die Technik und die rechnerische Behandlung der obigen Versuche angeht, so kann in der Hauptsache auf das verwiesen werden, was im Schlufsabschnitt der Arbeit von Nagel und mir angegeben worden ist.1 Die benutzten Spalt-weiten waren bei dem anderen Gr\u00fcnblinden (St.) die n\u00e4mlichen wie in den Versuchen von Dr. Nagel und sind aus dem letzten Stabe der Tabelle auf Seite 8 jener Arbeit ersichtlich. F\u00fcr den Rotblinden wurde als brechbarer Bestandteil nicht Gelbrot 645 fjbfi benutzt, weil dieses den Kotblinden zu schwach sichtbar ist, sondern Aa-Gelb. Da zwischen diesem und den noch weniger brechbaren Lichtern sich genaue Gleichungen erzielen lassen, so hatte die Wahl dieses Lichtes kein Bedenken. F\u00fcr\n1 Diese Zeitschrift XII. S. 19 f.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Farbensysteme.\n323\ndie Bestimmung der TE-Werte bei 670,8, 656 und 642 wurde, um nicht zu geringe Spaltweiten benutzen zu m\u00fcssen, das Na-Licht vermittels eines blauen Glases abgescbw\u00e4cht, dessen Absorption f\u00fcr dieses Licht in einer Reihe besonderer Versuche sorgf\u00e4ltig ermittelt worden war. Im \u00fcbrigen kann die Reinheit der in den Mischungsversuchen der Rotblinden benutzten Lichter aus der nachfolgenden Zusammenstellung ersehen werden.\nHomogenes ^ l____^2\t3\u201412\t13,5\t15^ 16^5\t18J.9^21\t23_24/7\nSpaltweiten Sp. II. = 40 Sp. II. Sp. I. Sp. I. Sp. I. \u2014 200 Sp. I. = 300\nmit blauem =40 = 100\t\u2014- 150\nGlase.\nEinige Bemerkungen sind ferner erforderlich \u00fcber die Berechnung der Gleichungen zwischen Li-Rot und Aa-Gelb, die, wie oben angef\u00fchrt, von einer gr\u00f6fseren Anzahl von Personen erhalten wurden. Um in allen F\u00e4llen m\u00f6glichst gleichartiges Licht anzuwenden, wurde auch hier die Abschw\u00e4chung des IVa-Lichtes, welche f\u00fcr die Rotblinden erforderlich war, nicht ausschliefslich durch Spalt Verengerung, sondern durch Einschaltung eines blauen Glases bewirkt. Da dieses das Aa-Licht etwa auf 0,23 schw\u00e4chte, so konnten die Gr\u00fcnblinden ohne dieses Glas und die Rotblinden mit demselben die Gleichungen im Durchschnitt mit ziemlich nahe gleichen Spaltweiten (ca. 200 f\u00fcr das Rot und 40 bis 55 f\u00fcr das Gelb) einstellen. Die Beachtung dieses Punktes ist f\u00fcr die Erzielung genauer Resultate von einiger Bedeutung, denn es ist zu ber\u00fccksichtigen, dafs ein Licht, welches wir Li-Rot nennen und das mit Spaltweite 200 hergestellt wird, bereits ziemlich unrein ist. Beobachten wir das eine Mal mit kleinen, das andere Mal mit viel gr\u00f6fseren Spaltweiten, so stellt sich das Helligkeitsverh\u00e4ltnis von ZZRot zu Aa-Gelb schon merklich anders heraus. \u2014 Im \u00fcbrigen wurde bei diesen Versuchen so zu Werke gegangen, dafs, um das unbekannte HelligkeitsVerh\u00e4ltnis der beiden Spektren zu eliminieren, einmal im Kollimator I Rot und in II Gelb, sodann umgekehrt eingestellt wurde. Bei beiden Anordnungen hatten die Beobachter je 5 Einstellungen auf genaue Gleichheit der Felder zu machen. Nehmen wir an, dafs die Helligkeit des Spektrums I. sich zu der des Spektrums II. wie a zu 1 verh\u00e4lt, so w\u00fcrden 10 Teile Aa-Licht bei der einen Anordnung die\nMenge a Q, bei der anderen aber \u2014 vom roten Z\u00df-Licht gleich\na\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nJ. v. Kries.\ngemacht werden, sofern Q diejenige Menge des Xf-Lichtes ist, die 10 Teilen Aa-Licht aus demselben Spektrum gleich erscheint. Diese letzteren Werte erhalten wir also, wenn Q1 und Q2 die eingestellten Mengen von Xi-Licht sind, als das geometrische Mittel aus beiden V Q\u00b1 Q2- Dieser Modus der Berechnung ist eingehalten worden, was \u00fcbrigens im Resultat von keiner sehr grofsen Bedeutung ist, da die Helligkeit der beiden Spektren nicht sehr erheblich differierte (sie verhielten sich meist etwa wie 4:5).\nUm die Absorption des benutzten blauen Glases f\u00fcr Na-Licht (und zwar von der durch die Spaltweite 50 bedingten Unreinheit) zu ermitteln, benutzten wir eine Abschw\u00e4chung durch Polarisation. Im Kollimator I. wurde eine Lichtmischung aus Aa-Licht und Blau eingestellt, das Blau durch eine eingeschaltete Bichromatkammer ausgel\u00f6scht. Nunmehr konnte zun\u00e4chst eine Reihe von Einstellungen auf Gleichheit mit Na-Gelb des Kollimator II. gemacht werden, welche einen Durchschnittswert s angeben. Sodann wurde das Az-Licht des Kollimator II. durch Vorschaltung des blauen Glases abgeschw\u00e4cht und nachdem in Kollimator I. die Spaltweite auf jenen gefundenen Wert s eingestellt war, durch Nicoldrehung in Kollimator I. wiederum Gleichheit hergestellt und die erforderlichen Nicoldrehungen abgelesen; schliefslich wurde dann wieder nach Entfernung des blauen Glases die urspr\u00fcngliche Vergleichung wiederholt. So erhielten wir f\u00fcr die Helligkeit des Aa-Lichtes in Kollimator II. mit und ohne blaues Glas zwei untereinander vergleichbare Bestimmungen mit sehr nahezu denselben Spaltweiten. Die angenommene Zahl ist das mittlere Ergebnis mehrfach wiederholter Bestimmungen, deren Genauigkeit das f\u00fcr unseren Zweck geforderte Mafs weit \u00fcbertraf.","page":324}],"identifier":"lit28894","issued":"1897","language":"de","pages":"241-324","startpages":"241","title":"\u00dcber Farbensysteme","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:24:26.019991+00:00"}