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{"created":"2022-01-31T15:51:10.159751+00:00","id":"lit29141","links":{},"metadata":{"alternative":"Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel-und Nervenphysik, ErsterBand","contributors":[{"name":"Du Bois-Reymond, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel-und Nervenphysik, ErsterBand, 134-144. Leipzig: Veit & Co.","fulltext":[{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"VIL\nZur Theorie der astatischen Nadelpaare.\n(Vorgetragen in der physikalischen Gesellschaft zu Berlin am 16. November 1860.) i Hierzu Taf. IV. Fig. 1\u20143.\nAls ich .vor acht Jahren in London einen Multiplicator f\u00fcr thierisch-elektrische Versuche von Hm. Satjeewald\u2019s Arbeit aufstellte, stiess ich heim Astatischmachen des Nadelpaares auf eine Schwierigkeit, die mir neu war. Das Merkmal der erreichten gr\u00f6ssten Astasie eines gegebenen Nadelpaares besteht bekanntlich darin, dass es sich senkrecht auf den magnetischen Meridian stellt.1 2 Es gelang mir nun damals auch bei gr\u00f6sster Vorsicht nicht, das Nadelpaar dahin zu bringen, dass es diese Lage ann\u00e4hernd einnahm. Hatte sich z. B. der bezeichnete Pol der st\u00e4rkeren Nadel um h\u00f6chstens etwa 25\u00b0 vom magnetischen Meridian entfernt, und versuchte ich durch weitere Schw\u00e4chung dieser Nadel die freiwillige Ablenkung zu vergr\u00f6ssem, so misslang dies stets insofern, als sofort das System durch die aequatoriale Stellung hindurchschlug, so dass jetzt der unhezeichnete Pol d\u00c4selben Nadel nur noch etwa um eben so viel vom Norden abstand. Mit anderen Worten, es schien nun bereits die st\u00e4rkere Nadel die merklich schw\u00e4chere geworden zu sein, ein Zu* stand, bei dem man sich nicht gern beruhigt, da alsdann die Summe der Producte aus den magnetischen Momenten der beiden Nadeln in die ahlenkende Stromkraft nicht so gross wie m\u00f6glich ist. Und doch zeigte dies |Nadelpaar, trotz seiner geringen oder seiner zu gro- [2] ssen frei* willigen Ablenkung, sowohl ausserhalb des Multiplicators3 die erforderliche Schwingungsdauer, als auch innerhalb desselben die gr\u00f6sste nur zu erwartende Empfindlichkeit. Es \u00fcbertraf in letzterer Beziehung, und unstreitig auch an Schwingungsdauer, sonst ganz \u00e4hnliche Nadelpaare, denen ich stets ohne alle M\u00fche die aequatoriale Stellung ertheilt hatte. Eben\n1\tPoggendokff\u2019s Annalen u. s. w. 1861. Bd. CXII. S. 1.\n2\tUntersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 169.\n3\tUntersuchungen u. s. w., a. a. O. S. 167. 192.","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"VII. Zur Theorie der astatischen Nadelpaare.\n135\ns0 wenig schien es an Stabilit\u00e4t seines magnetischen Zustandes hinter den besten Systemen, die ich noch gehandhabt hatte, zur\u00fcckzustehen.\nDie letzteren Umst\u00e4nde Hessen mich schliessen, dass die Eigent\u00fcmlichkeit dieses Nadelpaares, so leicht durch die Aequatorialebene hindurchzuschlagen, nicht wohl daher r\u00fchren k\u00f6nne, dass die st\u00e4rkere Nadel, etwa wegen ungen\u00fcgender H\u00e4rtung, allzu empfindlich f\u00fcr den demagnetisiren-den Einfluss der Streichnadel sei. So ward ich zu der Vorstellung gef\u00fchrt, dass jene Eigenth\u00fcmlichkeit in nichts ihren Grund haben k\u00f6nne, als in dem vollkommneren Parallelismus, den der K\u00fcnstler in diesem Falle erreicht habe, da dies der einzige Unterschied war, den ich, f\u00fcr die gew\u00f6hnliche Wahrnehmung verborgen, zwischen dem neuen Nadelpaar und den \u00e4lteren noch voraussetzen konnte. Eine genauere Untersuchung hat diese Meinung gerechtfertigt.\nDie Gleichgewichtslage eines astatischen Systems wird bekanntlich1 bestimmt durch die Gleichung\nM sin a \u2014 M' sin a.\nHier bedeutet M das magnetische Moment der st\u00e4rkeren Nadel, a den (spitzen) Winkel, den diese Nadel mit dem Meridiane macht, M' und a haben die gleiche Bedeutung f\u00fcr die andere Nadel. Es ist aber \u00ab' = \u00ab + cp, wo cp den an a stossenden spitzen Winkel vorstellt, den die magnetischen Axen der beiden Nadeln einschliessen, folglich M sin a = M (sin u . cos cp + cos a . sin cp).\n[3] Da cp nur ein sehr kleiner Winkel ist, k\u00f6nnen wir setzen: cos cp = 1, sin cp = cp sin 1'.\nDaraus folgt\nM'\nZ u\t\u2022 (f sin r\u2018 (I)-\nDie Tangenten der freiwilligen Ablenkung, als Ordinaten aufgetragen auf den Unterschied M \u2014 M' \u2014 d der magnetischen Momente als Abscissenaxe, bilden also eine auf ihre Asymptoten bezogene gleichschenklige Hyperbel, deren Potenz dem spitzen Winkel zwischen den magnetischen Axen proportional ist. Constraint man aber die Gleichung\nZ \u00ab = / (d)\nf\u00fcr verschiedene Werthe von cp, so erh\u00e4lt man Curven gleich denen in Hg. 1 Taf. IV, wo die gestrichelte Curve einem kleineren, die ausgezogene einem gr\u00f6sseren Werthe von cp entspricht. Die Curven schliessen\n1 Vergl. Moser im Repertorium der Physik, Bd. I. Berlin 1837. S. 260. Humphrey Lloyd in : The Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXII. Hublin 1849. 40. P. I. p. 249.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nVII. Zur Theorie\nsich asymptotisch einerseits den positiven Abscissen, andererseits einer der Abscissenaxe parallelen Geraden an, deren Ordinate dem Winkelwerth von 180\u00b0 entspricht. Sie schneiden die Ordinatenaxe in dem Punkte, der 90\u00b0 entspricht; hier hegt zugleich ein Wendepunkt der Curven.\nAus dieser Figur erhellt die Nothwendigkeit des beschriebenen Verhaltens.\nMan sieht sogleich, dass in dem Bereich der Curven, wo sie sich der Abscissenaxe anschliessen, grosse Unterschiede von d nur kleinen Aenderungen von a entsprechen, in der N\u00e4he des Nullpunktes dagegen grosse Aenderungen von u kleinen Unterschieden von d. Das System wird sich daher, wie auch die Erfahrung lehrt, wenn man die st\u00e4rkere Nadel folgweise um gleiche, oder, wegen der abnehmenden Intensit\u00e4t der verkehrt gebrauchten Streichnadel, sogar um abnehmende Gr\u00f6ssen schw\u00e4cht, anfangs stets nur langsam vom Meridian entfernen, w\u00e4hrend, wenn sich die Nadeln schon mehr der Gleichheit n\u00e4hern, selbst einem viel kleineren Sprunge im Unterschiede der Momente ein viel gr\u00f6sserer Sprung in der freiwilligen Ablenkung folgen [4] kann. Hat sich der Unterschied der Nadeln umgekehrt , so kehren dieselben Erscheinungen symmetrisch wieder.\nMan sieht ferner, dass, je kleiner y, f\u00fcr um so kleinere positive wie negative Werthe von d wird das System am Meridian zu kleben scheinen, und in um so gr\u00f6sseren Spr\u00fcngen wird es, wenn <1 unter einen gewissen Werth gesunken ist, schliesslich den Aequator \u00fcberschreiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es gelingen werde, d = 0 zu machen, ist nat\u00fcrlich von y unabh\u00e4ngig und f\u00fcr alle Werthe von y gleich klein. Je kleiner aber y ist, oder je vollkommener parallel die Nadeln sind, um so gr\u00f6sser wird f\u00fcr den kleinsten, f\u00fcr gew\u00f6hnlich herstellbaren positiven Werth von d die Erg\u00e4nzung der freiwilligen Ablenkung zu 90\u00b0, um so kleiner folglich diese selber, um so gr\u00f6sser hingegen f\u00fcr den kleinsten demn\u00e4chst herstellbaren negativen Werth von d die freiwillige Ablenkung, um so kleiner folglich deren Erg\u00e4nzung zu 180\u00b0 sein.\nWas die Bichtkraft des Syst\u00e8mes betrifft, so ist deren Maass bekanntlich die Diagonale des Parallelogramms, von dem man zwei Seiten erh\u00e4lt, wenn man auf die beiden magnetischen Axen von ihrem Kreuzungspunkt aus St\u00fccke im Werthe der zugeh\u00f6rigen magnetischen Momente auftr\u00e4gt. Es bedarf kaum der Erw\u00e4hnung, dass der Werth dieser Diagonale von y und d so abh\u00e4ngt, dass er f\u00fcr d = 0 durch Wachsen von y bis 180\u00b0 jede Gr\u00f6sse bis zu 2 M0 annimmt, und dass folglich ein nahe winkelrecht zum Meridian stehendes System durch gr\u00f6sseres y an Bichtkraft einem solchen \u00fcberlegen sein kann, welches bei gleichem,","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"der astatischen Nadelpaare.\t137\noder gar geringerem d, wegen kleineren (p\u2019s, sich kaum vom Meridian entfernt.\nIch habe es nicht unterlassen, diese Folgerungen durch den Versuch zu pr\u00fcfen, und an einem zur Demonstration bestimmten astatischen Systeme, dessen 14om lange Nadeln eine hinl\u00e4nglich feine Drehung um die sie verbindende Axe gestatten, mich davon \u00fcberzeugt, dass mit dem spitzen Winkel zwischen den Nadeln, bei best\u00e4ndigem Unterschiede ihrer Momente, die freiwillige Ablenkung w\u00e4chst [5] und die Schwingungsdauer abnimmt. Genauere Maassbestimmungen w\u00fcrden nicht leicht ausf\u00fchrbar sein wegen der Schwierigkeit, den kleinen Winkel zwischen den magnetischen Axen scharf zu beobachten. Sie w\u00fcrden \u00fcbrigens keine vollkommene Uebereinstimmung mit der Rechnung ergeben. In der That hat Hr. Sauebwald seitdem noch eine andere Eigenschaft der astatischen Nadelpaare wahrgenommen, welche jedenfalls zu ihrer Erkl\u00e4rung ein Princip beansprucht, das in der obigen Entwickelung noch fehlt.\nMan denke sich ein Nadelpaar, dessen vollkommen parallele Nadeln vollkommen gleich stark magnetisch seien. In welcher Lage wird solches Nadelpaar, frei aufgeh\u00e4ngt, in Ruhe verharren? Abgesehen von der Torsion, von Luftstr\u00f6mungen u. d. m., in jedem Azimuth, lautet die Antwort, die, so viel ich weiss, seit Ampere ganz allgemein auf diese Frage gegeben worden ist. Im Einklang damit wird tg a, wenn man in (!) M \u2014 M' und cp \u2014 0 setzt, unbestimmt.\nHr. Sauebwald hat mir gezeigt, dass sich diess nicht so verh\u00e4lt. Von ihm selber gestrichen, befinden sich seine Nadelpaare vielmehr auf dem Aequator in labilem Gleichgewicht, und haben zwei stabile Gleichgewichtslagen in geringer Entfernung vom Meridian, in deren einer die obere, in deren anderer die untere Nadel ihren bezeichneten Pol gen Norden kehrt.\nDie Erkl\u00e4rung hiervon ist, wie mir scheint, leicht, und man h\u00e4tte bei einigem Nachdenken die Erscheinung vorhersehen k\u00f6nnen. Es ist eine altbekannte, in neuerer Zeit vorz\u00fcglich durch Hm. Poggendorff 1 bei seinen Versuchen \u00fcber die doppelsinnige Ablenkung wieder hervor-phobene, endlich ganz neuerdings von Hrn. Beetz 2 genauer untersuchte Tatsache, dass auch sehr harter und scheinbar bis zur S\u00e4ttigung magnetisirter Stahl unter dem Einfluss \u00e4usserer magnetischer Kr\u00e4fte vor\u00fcbergehender Magnetisirung und Demagnetisirung f\u00e4hig ist. Als s\u00b0l- [6] che \u00e4ussere Kraft muss auf die beiden Nadeln des Systems, sott, 1 Voggbndoeff\u2019s Annalen u. s. w. 1838. Bd. XLV. S. 363; \u2014 1841. Bd. L1V- S. 191.\n2 Ebendas. 1860. Bd. CXI. S. 107.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nVII. Zur Theorie\nbald es nicht die aequatoriale Lage inne hat, die horizontale Components des Erdmagnetismus wirken, so zwar, dass von beiden Nadeln stets die gest\u00e4rkt wird, deren bezeichneter Pol nach Norden sieht, w\u00e4hrend die andere geschw\u00e4cht wird. Die St\u00e4rkung, bezieh\u00fcch Schw\u00e4chung, jeder Nadel wird \u00fcbrigens um so betr\u00e4chtlicher sein, je gr\u00f6sser der Cosinus des Winkels ist, den sie mit dem Meridiane macht. Ohne Weiteres sieht man nun schon ein, dass, wenn es sich um ein Paar in aller Strenge paralleler und gleich starker Nadeln handelt, durch die Wirkung der Erde das bewegliche Gleichgewicht aufgehoben, die beiden Aequatorial-stellungen zu labilen, und die beiden Meridianstellungen zu stabilen Gleichgewichtslagen werden m\u00fcssen. Um aber zu beurtheilen, was geschehe, wenn M \u2014 M' und cp nicht verschwinden, ist eine mehr eingehende Betrachtung n\u00f6thig.\nJener Umstand wird in die Theorie der astatischen Nadelpaare aufgenommen, indem man in dem allgemeinen Ausdruck f\u00fcr die auf das System wirkenden Kr\u00e4fte,\nX \\_M sin a \u2014 M sin (a + g>)], wo X die horizontale Componente der Erdkraft, statt M und M' be-ziehlich setzt\nM + m cos a, M \u2014 m cos (ce + cp).\nHier dr\u00fccken m, m die Gr\u00f6sse der secund\u00e4ren Momente aus, welche durch die vertheilende Wirkung der Erde, gem\u00e4ss der Natur des Stahles und anderen Umst\u00e4nden, in jeder der Nadeln f\u00fcr den Pall hervorgerufen werden, dass die zugeh\u00f6rige Nadel im Meridian einsteht. Man erh\u00e4lt, X bei Seite gelassen,\n\\_M + m cos ce] sin a \u2014 [M \u2014 rri cos (ce + 90)] sin (ce + f) (H)*\nDieser Ausdruck gestaltet sich bequemer f\u00fcr die Discussion, wenn man bei Betrachtung des Vorganges, statt, wie Hr. Moseb und Hr. Llotd, von der Lage des Systems, wo die st\u00e4rkere Nadel im Meridian einsteht, d. h. a = 0 ist, vielmehr ausgeht von der aequatorialen Stellung,\nwo [7] u = 90\u00b0 \u2014 ^ ist; und wenn man demgem\u00e4ss, an Stelle von \u00ab,\nUi\nals Ver\u00e4nderliche, nach deren fortschreitenden Werthen die Discussion geschehen soll, einen Winkel \u00df = 90\u00b0 \u2014 (u + ^ einf\u00fchrt, der f\u00fcr die Aequatorialstellung = 0, in entgegengesetzter Richtung wie u w\u00e4chst, und als Subtrahend von 90\u00b0 zu ^ hinzutritt. Man hat\nu*\na = 90\u00b0 - (\u00df + !), a + cp = 90\u00b0 \u2014 (\u00df ~~ f)-","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"der astatischen Nadelpaare.\n139\nDer Ausdruck (II) wird dadurch zu folgendem: 0_____ M') cos g . cos \u00df \u2014 [M + M) sin . sin\n+\n+\n(m \u2014 rri) 2\n{m + m')\nsin <p . cos 2 \u00df cos cp . sin 2 \u00df.\nSetzt man der Einfachheit halber m \u2014 m' = m0, so beh\u00e4lt der Ausdruck nur noch die drei Glieder\n(M \u2014 M') cos ~. cos \u00df -)\u2014 2 m0 cos cp. cos \u00df. sin \u00df\n\u2014 {M + M') sin ^. sin \u00df,\nu\ndie wir in der Reihenfolge, wie sie dastehen, mit D, SR, 0 bezeichnen wollen. Hiervon stellt D die Kraft vor, die von der Ungleichheit der Nadeln, \u00e4ft die, welche von der vertheilenden Wirkung der Erde, endlich <1> die, welche von dem mangelhaften Parallelismus der Nadeln herr\u00fchrt. In der That verschwindet D mit d, 2Jt mit m0, 0 mit cp. Das positive Vorzeichen eines der drei Glieder bedeutet, unserer Herleitung gem\u00e4ss, dass die dadurch vorgestellte Kraft in dem Sinne wirkt, wie die st\u00e4rkere Nadel auf der Seite des Meridians, wo deren bezeichneter Pol dem Norden n\u00e4her ist, als der unbezeichnete Pol der schw\u00e4cheren Nadel, oder so, dass \u00df dadurch vergr\u00f6ssert werde, das negative Vorzeichen das Gegentheil. Erinnert man sich sodann, dass eine stabile Gleichgewichtslage dadurch bedingt [8] ist, dass bei jeder Ablenkung daraus Kr\u00e4fte rege werden, die das System darin zur\u00fcckzuf\u00fchren streben, w\u00e4hrend f\u00fcr das labile Gleichgewicht das Umgekehrte geschieht, so hat es schon so keine Schwierigkeit mehr, den Gang der drei Functionen um den Kreisumfang zu verfolgen, und die aus ihrem Conflict entspringenden stabilen und labilen Gleichgewichtslagen f\u00fcr verschiedene relative Werthe von d, cp und m0 anzugeben. \u00bb\nErleichtert wird dies indess noch durch die in Eig. 2 Taf. IV angedeutete graphische Darstellung. Die Abscissenaxe stellt den in die vier Quadranten getheilten Kreisumfang, von \u00df = 0\u00b0 bis zu \u00df = 360\u00b0, geradlinig ausgestreckt vor. Die ausgezogene Curve bedeutet den Gang er Function 9Jf, die punktirte den der Function D, die gestrichelte den er Function 0. Pfeile an den Curven geben die Wirkungsrichtung (./er Grdinaten an. Stabile Gleichgewichtslagen finden statt, so oft die\nurve, die man als allein, oder die Resultirende der Curven, die man\n7 7\nzusammen bestehend betrachtet, in der Richtung der positiven Ab-","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nYII. Zur Theorie\nscissen verfolgt, das positive Zeichen ihrer Ordinaten mit dem negativen vertauscht; labile Gleichgewichtslagen, so oft das Gegentheil geschieht. Stabile Gleichgewichtslagen werden \u00fcberdies durch Hinzutreten einer positiven Kraft zu denjenigen, aus deren Conflict sie entspringen, im Sinne der positiven Abscissen, durch Hinzutreten einer negativen Kraft im entgegengesetzten Sinne verschoben. F\u00fcr labile Gleichgewichtslagen gilt das Gegentheil.\nVon den sieben denkbaren F\u00e4llen des Einzeln- und Zusammenvorkommens der drei Functionen sind physikalisch m\u00f6glich nur die vier, hei denen die Function \u00dcDc betheiligt ist. Diese sollen jetzt nach einander betrachtet werden. Erste und zweite Aequatorialstellung heissen im Folgenden die Stellungen des Systems f\u00fcr \u00df = 0 und \u00df = 180\u00b0, erste und zweite Meridianstellung die f\u00fcr \u00df = 90\u00b0 und \u00df = 270\u00b0.\nIn Fig. 3 Taf. IV finden sich die jenen vier Hauptf\u00e4llen und ihren Unterf\u00e4llen entsprechenden Gleichgewichtslagen [9] des Systems in der Art angegeben, dass die labilen Lagen durch gestrichelte, die stabilen durch ausgezogene Radien bezeichnet sind, welche der den Winkel <p h\u00e4lftenden Geraden entsprechen. Die zwischen s\u00e4mmtlichen Kreisen durchgezogene Gerade WO ist der Aequator, den Meridian hat man sich in jedem Kreis senkrecht darauf zu denken, den Norden wie in einer Landkarte nach oben. Bei Fig. 3, IH\u2014V. (in den \u00fcbrigen F\u00e4llen kommt darauf nichts an) ist angenommen, dass der bezeichnete Pol der st\u00e4rkeren Nadel sich in der ersten Meridianstellung westlich befindet. In der ersten Aequatorialstellung ist dieser Pol alsdann nach Osten gekehrt; \u00df w\u00e4chst oder die Quadranten folgen aufeinander, wie es Fig. 3,1. zeigt, in der umgekehrten Richtung der Zeiger einer Uhr.\nI. d = 0 und <p = 0; 3P allein ist \u00fcbrig. Im Einklang mit dem bereits oben der Anschauung Entnommenen zeigt sich, dass in der ersten und zweiten Aequatorialstellung labiles, in der ersten und zweiten Meridianstellung stabiles Gleichgewicht herrscht (Fig. 3, I). F\u00fcr \u00df =* 45\u00b0, = 135\u00b0 u. s. f. finden, wegen sin 45\u00b0 = cos 45\u00b0 u. s. f. beziehlich positive und negative Maxima der Kraft statt.\nH. (f = 0; zugleich mit 9J7 tritt die Curve D in Kraft. Die erste und zweite Aequatorialstellung sind keine labilen Gleichgewichtslagen mehr, sondern das System unterhegt darin einer Kraft beziehlich = \u00b1 {M \u2014 M ). Die erste Meridianstellung ist unter allen Umst\u00e4nden eine stabile Gleichgewichtslage, indem die im ersten Quadranten durchweg positive Kraft im zweiten Quadranten durchweg, negativ wird, sie es darin \u00fcberhaupt stets ist, gleichviel welche Combination der drei Functionen man annehme, und welchen Werth man den Constanten","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"der astatischen Nadelpaare.\t' 14p\nbalege- Was im dritten und vierten Quadranten und in der zweiten Meridianstellung stattfindet, h\u00e4ngt davon ab, ob\n2 m0 cos \u00abjp.sin \u00df > (M\u2014 M') cos\nwerden k\u00f6nne oder nicht. Ist letzteres der Fall, so bleibt auch im dritten Quadranten die Kraft durchweg negativ, [10] im vierten wird sie, im Anschluss an den ersten, wieder durchweg positiv, die zweite Meridianstellung ist eine labile Gleichgewichtslage (Fig. 3, H, a). Kann dagegen jene Bedingung erf\u00fcllt werden, so ist das Gleichgewicht in der zweiten Meridianstellung stabil, und zu beiden Seiten dieser Stellung findet sich symmetrisch eine labile Gleichgewichtslage (Fig. 3, II, b). Dieser Fall unterscheidet sich also hinsichtlich der Gleichgewichtslagen von dem I. nur insofern, als die beiden labilen Gleichgewichtslagen, deren Ort dort der Aequator war, hier sich der zweiten Meridianstellung um gleiche B\u00f6gen gen\u00e4hert haben; die stabilen Lagen sind dieselben auf dem Meridian.\nIII. d \u2014 0 oder M = M' = M(). 3J\u00ce und <Z> kommen miteinander in Betracht. Es stellen sich sofort zwei F\u00e4lle dar. a. Entweder n\u00e4mlich ist der Unterschied\nm() cos (p. cos \u00df \u2014 M0 sin -f-\nCi\nschon f\u00fcr den kleinsten denkbaren Werth von \u00df negativ, d. h. m0 cos <p < M0 sin rf.\nAlsdann ist die erste Aequatorialstellung eine stabile Gleichgewichtslage; die Kraft, bleibt in den beiden ersten Quadranten negativ, und wird f\u00fcr \u00df = 180\u00b0 positiv, so dass daselbst labiles Gleichgewicht herrscht. In den beiden anderen Quadranten kehren die Erscheinungen symmetrisch wieder (Fig. 3, III, a). Die Kraft, welche bei St\u00f6rung des Systems aus Einern labilen Gleichgewicht in der zweiten Aequatorialstellung um einen kleinen Winkel rege wird, ist um 2 m0 cos cp gr\u00f6sser als die, welche bei St\u00f6rung des Systems aus seinem stabilen Gleichgewicht in der ersten Aequatorialstellung um denselben Winkel entsteht.\n^ Oder m0 cos cp > M0 sin in diesem Fall ist das Gleichgewicht in der ersten Aequatorialstellung labil. Dies wird um so leichter eintreten, je gr\u00f6sser m0 : M0 und je [11] kleiner sin : cos cp, oder\nF kleiner cp. Da aber f\u00fcr 90\u00b0 das mit cos \u00df behaftete Glied verwindet, so muss im ersten Quadranten eine stabile Gleichgewichtslage tfinden, je kleiner cp, um so n\u00e4her dem Meridian, mit dem sie f\u00fcr","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nVH. Zur Theorie\ncp = 0 zusammenf\u00e4llt (I. Hauptfall). Die Kraft im zweiten Quadranten ist durchweg negativ, in der zweiten Aequatorialstellung herrscht labiles Gleichgewicht, in den beiden anderen Quadranten kehrt Alles symmetrisch wieder. Man hat also zwei labile Gleichgewichtslagen auf dem Aequator, und zwei stabile im ersten und vierten Quadranten (Taf. I Fig. 3, HI, b).\nIY. Weder d noch cp = 0. Alle drei Curven gelten. Weder die Aequatorial-, noch die Meridianstellungen sind ferner Gleichgewichtslagen der einen oder anderen Art, sondern in der ersten Aequatorial- und der zweiten Meridianstellung erreichen D und (l> beziehlich ihr positives, in der zweiten Aequatorial- und der ersten Meridianstellung ihr negatives Maximum. F\u00fcr \u00df = 0 findet demgem\u00e4ss eine positive Kraft (M \u2014 JVf )\ncos -\u25a0\u00a3, f\u00fcr \u00df = 90\u00b0 eine negative Kraft (M + M') sin statt. Da-\nLi\tU\nzwischen muss die Gleichung D + $0\u00ce \u2014\t= 0 einmal erf\u00fcllt sein,\nman hat also eine stabile Gleichgewichtslage im ersten Quadranten, und zwar wegen des hinzugekommenen positiven Gliedes D, wenn sonst Alles unver\u00e4ndert blieb, n\u00e4her dem Meridian als in dem Falle HI, b. Im zweiten Quadranten herrscht durchweg negative Kraft; unter Umst\u00e4nden kann hier ein Maximum Vorkommen. Im dritten Quadranten findet labiles Gleichgewicht statt, an einem Punkte, welcher um weniger als 180\u00b0 von der stabilen Gleichgewichtslage im ersten Quadranten absteht (Fig. 3, IV, \u00ab). Im vierten Quadranten kann die Kraft durchweg positiv sein, und zwar kann sie ein Maximum oder ein Minimum besitzen. Es kann aber auch das Minimum soweit gehen, dass die Curve die Ab-scissenaxe zweimal schneidet, wo denn zwischen den Schneidepunkten die Kraft negativ, der erste Schneidepunkt eine [12] stabile, der zweite eine labile Gleichgewichtslage wird (Fig. 3, IV, b). Alle Symmetrie hat also jetzt aufgeh\u00f6rt: nur f\u00fcr\n[M\u2014 M) cos | = {M + M) sin %\nsind die stabilen und labilen Gleichgewichtslagen wieder symmetrisch angeordnet in Bezug auf den Durchmesser, der den 135\u00b0-Punkt mit dem 315\u00b0-Punkt verbindet. Die Bedingung f\u00fcr das Auftreten der beiden Gleichgewichtslagen im vierten Quadranten heisst alsdann\n2 m0 cos cp . cos 45\u00b0 > (M \u2014 M\") cos -fr + (M + M) sin %\u25a0\nu\tu\nL\u00e4sst man d oder cp oder beide in der Vorstellung kleiner werden, so n\u00e4hert sich der Zustand dem entsprechenden unter denen, die wir schon unter den einzelnen Nummern betrachtet haben. Wichtiger ist die Erw\u00e4gung, was sich ereigne, wenn m0 im Vergleich zu M \u2014 $","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"der astatischen Nadelpaare.\n143\nund sin seht klein wird,\nda, wenn auch m0, wie bemerkt, physi-\nkalisch nicht = 0 werden kann, dieser Fall doch, wegen des unvollkommenen Parallelismus der Nadeln und ihres im Vergleich zu m0 allzu betr\u00e4chtlichen Unterschiedes, in Wirklichkeit gerade der am h\u00e4ufigsten vorkommende ist, ja bis zu Hm. Sa\u00fcerwald der allein beobachtete war. Wie man leicht erkennt, bestehen alsdann die beiden Gleichgewichtslagen im vierten Quadranten nicht, und die beiden anderen entfernen sich, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden, je kleiner m0, um so mehr, die stabile von der ersten Meridian-, die labile von der zweiten Aequatorial-stellung, um sich dem n\u00e4mlichen Durchmesser zu nahem, mit dem sie f\u00fcr m0 = 0 zusammenfallen (Fig. 3, V). Die Lage dieses Durchmessers, zu dessen beiden Seiten die Kr\u00e4fte symmetrisch vertheilt smd, wird bestimmt durch die Gleichung\n, a\tM \u2014 M' , w\ng ^\tM + M' C0t 2 \u2019\nwelche mit der von Hm. Lloyd gegebenen (I) gleichbedeutend ist, und mit H\u00fclfe einer \u00e4hnlichen Construction [13] die n\u00e4mlichen Schl\u00fcsse zul\u00e4sst, wobei aber die Gr\u00f6sse von cp unbeschr\u00e4nkt bleibt.\nVersucht man nunmehr das Ermittelte auf Hm. Saueewald\u2019s Beobachtung anzuwenden, so l\u00e4sst sich so viel sagen, als dass jedenfalls an seinen Nadelpaaren cp noch nicht ganz = 0 gewesen sei, weil n\u00e4mlich die beiden stabilen Gleichgewichtslagen nicht in den Meridian fielen. Ob rf = 0 war oder noch einen endlichen Werth besass, w\u00fcrde davon abhangen, ob die stabilen Gleichgewichtslagen in gleichem oder in ungleichem Abstand vom Meridian, und dem entsprechend die labilen genau oder nicht genau auf dem Aequator stattfanden (vergl. Fig. 3, DI) b und IV, b), wor\u00fcber es an Bestimmungen gebricht. Unter allen Umst\u00e4nden setzt das Bemerkbarwerden der vertheilenden Wirkung der Erde voraus, dass d und cp beide \u00e4usserst klein seien, und Hm. Sauer-\u00abald\u2019s Wahrnehmung liefert einen- neuen Beweis daf\u00fcr, dass es ihm gelungen sei, wenn nicht die magnetische Gleichheit, doch den arallelismus seiner Nadelpaare weiter zu treiben, als irgendwer vor ihm.\nDiese Wahrnehmung lehrt uns, ohne Messung der Schwingungs-auer, die bei sehr astatischen Nadelpaaren nur unsichere Ergebnisse ![ert, beurtheilen, nicht allein, ob ein gegebenes Nadelpaar den ochsten Grad der Astasie erreicht habe, dessen es verm\u00f6ge des Paralle-,mus S\u00dfiuer Axen f\u00e4hig ist, sondern auch, ob dieser Grad so hoch sei, e uian ihn wirklich herzustellen vermag.\nEine messende Untersuchung so hoch astatischer Nadelpaare zur Ung obiger Theorie w\u00fcrde unter anderen fast unbesiegbaren Schwierig-","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nVII. Zur Theorie der astatischen Nadelpaare.\nLeiten noch ganz besonders auf die stossen, dass es an einem Mittel fehlt, eine labile Gleichgewichtslage scharf zu bestimmen. Eine solche Untersuchung w\u00fcrde sich \u00fcbrigens um so weniger der M\u00fche verlohnen, als man auch jetzt noch nicht auf einen vollkommenen Einklang der Erfahrung mit der Theorie rechnen d\u00fcrfte. Noch immer ist diese nur als eine erste Ann\u00e4herung zu betrachten, wobei mindestens zwei Umst\u00e4nde [14] vernachl\u00e4ssigt sind, welche scheinen hei hinreichend genauer Beobachtung zu Abweichungen Anlass geben zu m\u00fcssen.\nErstens haben wir m = m \u2014 mg = const, gesetzt. Dies h\u00e4tte wenig zu sagen, insofern dadurch nur die Natur des Stahls u. d. m. als in beiden Nadeln innerhalb gewisser Grenzen identisch aufgefasst w\u00e4re. Allein die Einf\u00fchrung solcher constanten Co\u00ebfficienten \u00fcberhaupt, um die St\u00e4rke der durch die Erde erzeugten secund\u00e4ren Momente f\u00fcr ein gegebenes Azimuth zu bemessen, ist nicht in aller Strenge zul\u00e4ssig. Sie. setzt voraus, was in Wirklichkeit nicht zutrifft, dass eine noch so stark magnetisirte Nadel durch eine \u00e4ussere magnetische Kraft einen stets dieser Kraft proportionalen positiven oder negativen Zuwachs erhalte. Bei Ber\u00fccksichtigung dieses Umstandes verwickelt sich die Sache ausserordentlich, da an Stelle von m, m neue und unbekannte Functionen der Ablenkung der Nadeln aus dem Meridiane treten.\nE\u00fcr\u2019s zweite ist zu bedenken, dass auch die beiden Nadeln auf einander eine vertheilende Wirkung aus\u00fcben, durch welche sie sieh gegenseitig in astatischer Anordnung verst\u00e4rken, in umgekehrter schw\u00e4chen.1 Dies w\u00fcrde nicht bloss zur Folge haben, dass Messungen von M, M' an den einzelnen Nadeln, von M \u2014 M! am astatischen, oder von M + M am verkehrt zusammengef\u00fcgten Nadelpaar nicht mit einander stimmen k\u00f6nnten, sondern es w\u00fcrde auch die St\u00e4rke der Wirkung, welche die eine Nadel auf die andere aus\u00fcbt, soviel es sich ohne Rechnung \u00fcbersehen l\u00e4sst, abermals eine verwickelte Function des Azimuths sein. In der That w\u00fcrde f\u00fcr cp \u2014 0 und d = 0 in den beiden Aequatorialstellungen die eine Nadel die andere eben so sehr verst\u00e4rken, wie diese jene; hingegen in einer der Meridianstellungen w\u00fcrde die durch die Erde verst\u00e4rkte Nadel die dadurch geschw\u00e4chte unstreitig mehr st\u00e4rken, als diese jene, so dass der Unterschied der Nadeln in dieser Stellung kleiner als in jener ausfiele.\ni Vergl. Poggendobff in seinen Annalen. 1838. Bd. XLV. S. 375 ff.","page":144},{"file":"p0398s0006tableiv.txt","language":"de","ocr_de":"E. du Bois-Reymond/, lres.Abh. I.\nTaf.W.\nFin. 5.\nE. iL.B-R.gex/.\nLeipzig, Verlag von Veit u,. Comp.\nC.Iaue, liths.","page":0}],"identifier":"lit29141","issued":"1875 ","language":"de","pages":"134-144","startpages":"134","title":"Zur Theorie der astatischen Nadelpaare (Annalen der Physik und Chemie 112, 1861. S. 1)","type":"Book Section","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:51:10.159757+00:00"}