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{"created":"2022-01-31T15:40:59.177752+00:00","id":"lit29146","links":{},"metadata":{"alternative":"Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel-und Nervenphysik, ErsterBand","contributors":[{"name":"Du Bois-Reymond, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel-und Nervenphysik, ErsterBand, 353-367. Leipzig: Veit & Co.","fulltext":[{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"XIV.\n/\nlieber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete.\nDritte Abhandlung.\n(Gelesen in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse der K\u00f6nigl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 17. November 1873.) 1\n\u00a7. I. W. Siemens\u2019 aperiodische Magnete ohne Astasirung.\nBei Besprechung der experimentellen Bedingungen, unter denen die Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete aperiodisch wird, sagte ich in der ersten Abhandlung \u00fcber diesen Gegenstand: \u201eEine andere Art, unter \u00fcbrigens \u201egleichen Ilmst\u00e4nden r = 0 oder reell zu machen, w\u00e4re Verkleinerung \u201edes^ Tr\u00e4gheitsmomentes M Es liegt in der Natur der Dinge, dass \u201eman, ohne besondere Einrichtungen, diese nicht stetig und nicht am \u201esonst fertigen Apparate vornehmen kann. Aber je kleiner M, je d\u00fcnner \u201ez. B. bei sonst gleicher Gestalt ein Magnetspiegel ist, bei um so geringerer Astasie wird seine Bewegung aperiodisch.\u201c2 Seitdem dachte ich oft daran, ob es nicht gelingen w\u00fcrde, durch Verkleinerung des Tr\u00e4gheitsmomentes allein, ohne Astasirung des Magnetes, dessen Bewegung aperiodisch zu machen. Ich ging damit um, Magnete aus d\u00fcnnstem Stahlblech in silbernen D\u00e4mpfern aufzuh\u00e4ngen, wobei nur die Schwierigkeit war, dass solche Spiegel im Fernrohr kein Bild geben, w\u00e4hrend Verbindung auch mit dem leichtesten Glasspiegel das Tr\u00e4gheitsmoment wieder zu sehr vergr\u00f6ssert.3\nInzwischen ist diese Aufgabe durch meinen Ereund Hin. Dr. W. Siemens in einer Weise gel\u00f6st worden, die um so sinnreicher erscheint, je fremdartiger beim ersten Anblicke die L\u00f6sung sich darstellt. Hr. Siemens hat ohne Astasirung aperiodisch sich bewegende Magnete zu Stande gebracht, welche, obschon auf Verkleinerung des Tr\u00e4gheits-\n1\tMonatsberichte der Akademie u. s. w. 1873. S. 748.\n2\tS. oben S. 309.\n3\tArchives des Sciences physiques et naturelles. P. N. t. XLV. 1872. p. 92.\nE. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I.\t23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\nmomentes R\u00fccksicht genommen ist, doch kr\u00e4ftig genug sind, um sie ohne Schaden mit einem Glasspiegel verbinden zu k\u00f6nnen. Er hat die G\u00fcte gehabt, mir zu gestatten, diese Construction in seinem Namen der Akademie mitzutheilen. [749]\nFig. 26.\nMan sieht sie in Fig. 26 in halber nat\u00fcrlicher Gr\u00f6sse dargestellt. KK, ist im Durchschnitt gezeichnet eine Kupferkugel, in der eine cy lind rische H\u00f6hlung h h, ausgebohrt ist, deren Axe mit dem senkrechten Durchmesser der Kugel und der Drehaxe des darin versenkten Magnetes zusammenf\u00e4llt. Yon letzterem macht man sich am besten einen Begriff, wenn man sich denkt, dass durch einen Fingerhut oder eine Glocke aus Stahl zwei einander und der Axe parallele Schnitte in gleichem Abstande von dieser gef\u00fchrt seien. Es bleibt ein B\u00fcgel \u00fcbrig, den die Hauptfigur in einem jenen beiden Schnitten parallel durch die Axe gelegten Durchschnitt, die Nebenfigur in einer senkrecht auf die erste genommenen Ansicht, sowie im Grundriss von unten gesehen, zeigt. Im Mittelpunkte seiner W\u00f6lbung tr\u00e4gt der B\u00fcgel in der Yerl\u00e4ngerung seiner Axe einen Stiel, mittels dessen er in die cylindrische H\u00f6hlung des D\u00e4mpfers centrisch herabh\u00e4ngt, und an dem oben der Spiegel befestigt ist. Magnetisch gesprochen stellt der Spiegel ein Hufeisen vor, dessen Pole in den Schenkeln N, S einander gegen\u00fcber liegen. Hr. Siemens nennt solche Magnete Glockenmagnete.1\n1 In anderem Sinne wohlbemerkt, als Hr. Wiedemann diesen Ausdruck braucht (Die Lehre vom Galvanismus und Elektromagnetismus. 2. Aufl. Bd. H. Braunschweig 1873. S. 483. \u00a7. 423). \u2014 Nachricht von den SiEMENs\u2019schen Glocken-","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 1. Siemens\u2019 aperiodische Magnete ohne Astasirung.\n355\n[750] Durch diese Anordnung wird erreicht: 1. wegen der Hufeisenform hohe Intensit\u00e4t der Magnetisirung; 2. verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig geringes Tr\u00e4gheitsmoment; 3. grosse Ann\u00e4herung der Pole an die d\u00e4mpfende Metallmasse; 4. Unabh\u00e4ngigkeit der D\u00e4mpfung von der Ablenkung.\nDiese Umst\u00e4nde haben zur Folge, dass nicht allein der Magnet ohne Astasirung aperiodisch sich bewegt, sondern dass sogar s erheblich > n ist. Um den aus bekannten Gr\u00fcnden vortheilhaften Grenzzustand s = n zu erreichen, muss man entweder den HAUY\u2019schen Stab in umgekehrtem Sinn anwenden, oder den Magnet ein St\u00fcck aus dem D\u00e4mpfer herausheben. Die SiEMENs\u2019sche Anordnung verwirklicht also noch treuer als die meinige die urspr\u00fcngliche GAUss\u2019sche Conception. Ihre Empfindlichkeit, wenn der Glockenmagnet als Galvanometemadel verwendet wird, l\u00e4sst nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig. Die Stabilit\u00e4t bei Ersch\u00fctterungen durch vor\u00fcberfahrende Wagen u. d. m. ist ausserordentlich gross. Die Beruhigungszeit des Glockenmagnetes ist nicht bloss in Betracht seiner Masse, sondern, auch absolut genommen sehr klein, noch kleiner n\u00e4mlich als die meines leichten Spiegels I,* 1 da sie an einem von mir gepr\u00fcften Exemplare, bei Fall von den Grenzen der freilich einen sehr kleinen Winkel umfassenden Scale, nur etwa 3\" betrug.\n\u00a7. H. Verschiedenes Verhalten aperiodischer Magnete bei teleskopischer und bei makroskopischer Ablenkung.\nDie von Gauss aufgestellte Differentialgleichung der Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete setzt voraus, dass die den Magnet nach seiner Buhelage bei p treibende Bichtkraft der Ablenkung x \u2014 p proportional wachse. Die diesem hypothetischen Gesetze gehorchende Kraft heisse w; setzen wir wie fr\u00fcher p \u2014 0, und nennen das Tr\u00e4gheitsmoment M. so haben wir nach der von Gauss eingef\u00fchrten Bezeichnungsweise2 [751]\tv = Mn2. x.\nIn Wirklichkeit aber w\u00e4chst die Bichtkraft nicht der Ablenkung proportional, sondern deren Sinus. Diese wirkliche Bichtkraft heisse ?/; man hat\ny = M n2 .sin x.\nmagneten findet sich schon in: Zetzsche, Kurze Mittheilungen \u00fcber die in Wien 1873 von Siemens und Halske ausgestellten neuen Telegraphen-Apparate. In Schl\u00f6milch\u2019s, Kahl\u2019s und Cantor\u2019s Zeitschrift f\u00fcr Mathematik und Physik. 1873. S. 427.\n1\tS. oben S. 309.\n2\tHier und S. 359 ist ein Versehen des Originals berichtigt.\n23*","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\nAn Stelle der durch diese Gleichung vorgestellten Sinuscurve setzt also die Theorie eine Gerade, n\u00e4mlich die an die Sinuscurve im Nullpunkte gelegte Tangente, denn diese hat zur Gleichung\nv - - M n2. x.\nDa die Sinuscurve concav gegen die Abscissenaxe ist, erhebt sich die Gerade vom Nullpunkt aus \u00fcber sie fort; f\u00fcr x \u2014 90\u00b0 betr\u00e4gt der\nUnterschied der Ordinaten beider Curven Mn2. ----------1 j; f\u00fcr x ----- 180\u00b0,\nM n-. n. S. die Curve 0 y und die Gerade 0\u00ab in Tig. 27, in welcher M n2 = 2/3 gesetzt ist.\nIm Folgenden soll vom verschiedenen Verhalten solcher Ablenkungen die Kede sein, f\u00fcr welche die Voraussetzungen def Differentialgleichung ann\u00e4hernd erf\u00fcllt sind, und solcher, auf welche diese Voraussetzungen nicht mehr passen. Da erstere im Bereiche der Scale bleiben und mit dem Fernrohr abgelesen werden, letztere dar\u00fcber hinausgehen und mit unbewaffnetem Auge wahrnehmbar sind, nenne ich jene teleskopische, diese makroskopische Ablenkungen.\nNach Obigem ist klar, dass, wenn der Magnet aus makroskopischer Ablenkung f\u00e4llt, an jedem Punkte seiner Bahn, bis in die N\u00e4he des Nullpunktes, eine merklich kleinere Kraft auf ihn wirkt, als die Theorie annimmt, und dass folglich seine Geschwindigkeit eine kleinere sein wird, als die Theorie verlangt. Die D\u00e4mpfung \u00e4ndert hieran nichts, da sie die Geschwindigkeit nur verkleinert.\nUnter den Voraussetzungen der Differentialgleichung, und f\u00fcr s = n, w\u00fcrde, wie ich gezeigt habe, der Magnet auch mit der Geschwindigkeit, mit der er aus dem Unendlichen fiele, den Nullpunkt nicht \u00fcberschreiten. Ist \u00a3 > n. so muss, damit der Nullpunkt \u00fcberschritten werde, die Geschwindigkeit des Magnetes jene Geschwindigkeit bei der Ablenkung | sogar noch um 2 rg \u00fcbertreffen. Um wie viel weniger wird in beiden F\u00e4llen zum Ueberschreiten des Nullpunktes die ungleich kleinere Geschwindigkeit [752] gen\u00fcgen, die der Magnet in Wirklichkeit erlangt, wenn er aus m\u00f6glichst grosser Ablenkung, von 180\u00b0, f\u00e4llt. Wie gross auch hier der Abstand zwischen theoretischer Voraussetzung und Wirklichkeit sei, diese Folgerung aus der Differentialgleichung, sollte man meinen, muss, wreil gleichsam a fortiori bewiesen, in Wirklichkeit dennoch zutreffen.\nStellt man aber den Versuch mit Magnetspiegel und D\u00e4mpfer der WrEDEMANN\u2019schen Bussole an, indem man der Bequemlichkeit halber den Spiegel sogar nur aus der Ablenkung von noch nicht ganz 90 fallen l\u00e4sst, in der ein kr\u00e4ftiger Strom ihn h\u00e4lt, so ist wenigstens hei e = n, oder nur m\u00e4ssig > n, der Erfolg nicht der erwartete, sondern","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 2. Aper. Magnete bei tele- und bei makroskopischer Ablenkung. 357\nder Nullpunkt wird mehr oder minder, bei \u00a3 = n an meinen Vorrichtungen um etwa 60 sc, \u00fcberschritten. Der Grund hegt auf der Hand. Zwischen den Voraussetzungen der Differentialgleichung und der Wirklichkeit findet hier noch ein Unterschied statt. Die Differentialgleichung setzt voraus, dass e constant sei. Wegen der Form unseres D\u00e4mpfers ist jedoch in Wirklichkeit a eine periodische Function von x,\ndie f\u00fcr x = 0, x = jr} . ,. Maxima, f\u00fcr x = n-, x =\t\u2022 \u25a0 \u2022\nsehr tief hegende Maxima hat. Der Magnet kommt also in der Gegend, wo die Voraussetzungen der Differentialgleichung merklich erf\u00fcllt sind, mit einer Geschwindigkeit an, welche die oben angegebene Grenze \u00fcbersteigt. Um bei Fall des Magnetes aus so hoher Ablenkung ihn dem Nullpunkt asymptotisch-sich n\u00e4hern zu sehen, muss man daher durch Ann\u00e4hern des HAuv\u2019schen Stabes n2 verkleinern. Nicht bloss nimmt dadurch die Geschwindigkeit ab, welche der Spiegel in der Strecke seiner Bahn erh\u00e4lt, wo die D\u00e4mpfung gering ist, sondern es w\u00e4chst auch die Gr\u00f6sse 2r|, um welche die Geschwindigkeit des Spiegels die durch Fall aus dem Unendlichen erreichbare Geschwindigkeit bei \u00a7 \u00fcbertreffen muss, damit der Nullpunkt \u00fcberschritten werde.\nSoweit war, im Wesentlichen, die Untersuchung fr\u00fcher schon gediehen. 1 Da es aber hier nicht mehr um teleskopische Ablenkungen sich handelt, so ist weder mehr M\u00f6glichkeit, noch Nothwendigkeit da, den Ausschlag selber mit Spiegel, Fernrohr und Scale zu beobachten. Vielmehr ist die Beobachtung in der N\u00e4he, [753] am Magnete selber, mit unbewaffnetem Auge vorzunehmen, mit einem Wort, aus einer tele-skopischen in eine makroskopische zu verwandeln. Dies hatte ich damals vers\u00e4umt. Seitdem habe ich darin ein f\u00fcr Demonstration des aperiodischen Zustandes recht vortheilhaftes Verfahren erkannt, welches \u00fcberdies zu einer lehrreichen Wahrnehmung f\u00fchrt.\nEs zeigte sich,- dass zwar erw\u00e4hntermaassen durch Ann\u00e4herung des HAur\u2019schen Stabes ein Punkt, erreicht wird, wo beim Oeffnen des Stromes der Magnet von 90\u00b0 asymptotisch dem Nullpunkte sich n\u00e4hert \u2014 beil\u00e4ufig ein wunderbarer Anblick \u2014; dass aber beim Schliessen des Stromes der Magnet nicht ebenso auf 90\u00b0 sich einstellt, sondern erst nach ziemlich heftigen Schwingungen zur Buhe kommt. Bei kleineren makroskopischen Ablenkungen wird die neue Buhelage nur mehr oder minder \u00fcberschritten. Vollends bei s = n findet das Gleiche statt. Dies ist, nur st\u00e4rker ausgepr\u00e4gt, sichtlich dieselbe Erscheinung, die ich bei teleskopischer Beobachtung schon fr\u00fcher spurweise wahrnahm. Ich\n1 S. oben S. 307. 308.","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\nfand, dass, wenn \u00ab = n und die teleskopische Ablenkung gross ist, der Magnet sie um 2\u20143 sc \u00fcberschreitet, obschon er von ihr herabfallend asymptotisch dem Nullpunkte sich n\u00e4hert. Ich brachte dies in Verbindung mit dem Ueberschreiten des Nullpunktes bei Fall aus makroskopischer Ablenkung und leitete beides von der Form des D\u00e4mpfers her. Doch erw\u00e4hnte ich nebenher die M\u00f6glichkeit, dass das Ueberschreiten gr\u00f6sserer teleskopischer Ablenkungen auf nicht zu beseitigender Unbest\u00e4ndigkeit auch der besten Ketten beruhe.1 Auf unsere gegenw\u00e4rtige,, makroskopische Beobachtung w\u00fcrde diese Erkl\u00e4rung nicht mehr passen, aber auch die Form des D\u00e4mpfers ist nicht der wesentliche Grand der scheinbaren Abweichung, wie sich jetzt leicht ergiebt.\nHrn. Siemens\u2019 Glockenmagnet in seiner cylindrischen H\u00f6hlung2 bietet n\u00e4mlich Gelegenheit, diese Frage zu entscheiden. Hier ist die D\u00e4mpfung von der Ablenkung unabh\u00e4ngig.\n[754] Wenn also das Ueberschreiten des Nullpunktes bei Fall von 90\u00b0 an der WiEDEMANN\u2019schen Bussole, und f\u00fcr s = n. von Abnahme der D\u00e4mpfung mit wachsender Ablenkung herr\u00fchrt, so muss es an der SiEMENs\u2019schen Anordnung nicht eintreten. Wirklich geschieht es in so geringem Maasse, dass man es f\u00fcglich auf die Schwierigkeit zur\u00fcckf\u00fchren kann, durch Fallversuche aus teleskopischen Ablenkungen \u00a3 genau = n zu machen.\nWenn zweitens das an der WiEDEMANN\u2019schen Bussole f\u00fcr s = n bemerkbare Ueberschreiten grosser teleskopischer Ablenkungen auf demselben Grande beruht, so muss auch dies an der SiEMENs\u2019schen Anordnung fortfallen. Zu meiner Ueberraschung fuhr aber trotz der best\u00e4ndigen D\u00e4mpfung diese Abweichung fort sich kundzugeben, und jetzt scheint daf\u00fcr nur die andere von mir gegebene Erkl\u00e4rung \u00fcbrig zu bleiben, dass sie von Unbest\u00e4ndigkeit der Kette herr\u00fchre. Diese Erkl\u00e4rung erweist sich indess bei n\u00e4herer Ueberlegung als unhaltbar. Die grossen teleskopischen Ablenkungen, bei denen das 'Ueberschreiten stattfand, waren durch einen vom Compensator abgeleiteten Stromzweig erzeugt.3 Das Schliessen des Bussolkreises kann keine merkliche Verst\u00e4rkung des Hauptstromes und demgem\u00e4ss der Polarisation im Hauptkreise bewirken. An Erw\u00e4rmung des Bussolkreises ist schwerlich zu\n1\tS. oben S. 313.\n2\tEs wird nat\u00fcrlich nur von sehr geringem Einfluss sein, oh die cylindrische H\u00f6hlung in einer Kugel oder in einer sonstwie gestalteten Kupfermasse ausgebohrt ist, wofern nur diese nach allen Sichtungen um einen gewissen Betrag ausgedehnt ist.\n3\tS. oben S. 307.","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 2. Aper. Magnete bei tele- und bei makroskopischer Ablenkung. 359\ndenken. Es muss f\u00fcr das Ueberschreiten eine andere Ursache gehen, und man k\u00f6nnte geneigt sein, sie in Vergr\u00f6sserung von n- in Folge tempor\u00e4rer Magnetisirung durch den Strom zu suchen, nur dass es wieder kaum glaublich ist, dass diese schon bei teleskopischen Ablenkungen von Einfluss werde. Hrn. Poggendorhf\u2019s doppelsinnige Ablenkung1 zeigt wohl, dass schon nahe dem Nullpunkte tempor\u00e4re Magnetisirung stattfindet, allein durch Str\u00f6me, welche die Nadel senkrecht auf die Windungen stellen. In der That ergiebt sich f\u00fcr das Ueberschreiten noch ein anderer Grund.\nWenn nun n\u00e4mlich drittens die starken Schwingungen, die an der Wm\u0153MAira\u2019schen Bussole sogar f\u00fcr g > n der auf 90\u00b0 abgelenkte Spiegel zeigt, dadurch entstehen, dass an dieser Bussole bei 90\u00b0 die D\u00e4mpfung vergleichsweise sehr gering ist, so m\u00fcs- [755] sen bei der SiEMENs\u2019schen Anordnung die Schwingungen auf dem 90\u00b0-Punkt aus-bleiben, um so mehr, als zur D\u00e4mpfung durch den D\u00e4mpfer jetzt noch die durch das Multiplicator-Gewinde tritt. Allein auch hierin sah ich mich get\u00e4uscht. Jene Schwingungen bestehen trotz der best\u00e4ndig bleibenden, ja wachsenden D\u00e4mpfung fort. Auch sie haben also, wenigstens in der Hauptsache, mit der Abnahme der D\u00e4mpfung an der WiEDEMANN\u2019schen Bussole nichts zu schaffen. Vielmehr beruhen sie, zugleich mit dem Ueberschreiten grosser teleskopischer Ablenkungen, auf folgendem naheliegenden, bisher von mir \u00fcbersehenen Umstande.\nIn Fig. 27 stellen die Ordinaten der Curven ( ] ) /,\t~ ) /2,\n( Y ) loa f\u00fcr verschiedene Stromst\u00e4rken I, I1} ... die ablenkende Kraft\nz, z1, ... . des Stromes an jedem Punkte des zur Abscissenaxe entwickelten Quadranten vor. Gem\u00e4ss unseren fr\u00fcheren Bezeichnungen2 hat man\nz = Mk . cos x, z1 \u2014 Mk1 . cos x, . . .\nDie Ordinaten der Cosinuscurven und die der Sinuscurve y = Mm3.sin a: [756] (s. oben S. 355), obschon auf derselben Seite der Abscissenaxe aufgetragen, sind entgegengesetzten Zeichens, nie selbstverst\u00e4ndlich auch jenseit des Nullpunktes die Ordinaten der Sinuscurve, jenseit des 90\u00b0-Punktes die der Cosinuscurven das Zeichen wechseln. Der Schneidepunkt einer Cosinuscurve mit der Sinuscurve entspricht der jedesmaligen Buhelage des abgelenkten Magnetes |,\tin der Figur.\nF\u00fcr sehr kleine Stromst\u00e4rken liegt der Schneidepunkt dem Nullpunkte sehr nahe. In der N\u00e4he des Nullpunktes aber f\u00e4llt die Sinus-\n1\tPoggendomt\u2019s Annalen u. s. w. 1838. Bd. XLY. S. 353,\n2\tS. oben S. 303.","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\ncurve merklich zusammen mit ihrer Tangente am Nullpunkte 0 v (s. oben S. 355), die Cosinuscurve mit der der Abscissenaxe parallelen Tangente an ihrem Maximum im Nullpunkte V I I, (s. die Figur). Das Dreieck 0 I, | stellt somit den Inbegriff der von | bis 0 bei offener Kette auf den Magnet wirkenden Richtkr\u00e4fte vor. Wir wollen dies Dreieck R nennen. Zieht man R vom Rechtecke 0 11, g ah, so bleibt ein mit R congruentes Dreieck 0 II, \u00fcbrig, welches den Inbegriff der von 0 nach | bei geschlossener Kette auf den Magnet wirkenden ablenkenden Kr\u00e4fte vorstellt. Dies Dreieck heisse A. Wegen der Congruenz der Dreiecke R und A f\u00e4llt unter diesen Umst\u00e4nden bei Schliessung der Kette der\nFig. 27.\nr i,\nMagnet vom Nullpunkte dem Punkte g nach demselben Gesetze zu, nach welchem er hei deren Oeffnung vom Punkte \u00a7 dem Nullpunkte zu f\u00e4llt. In beiden F\u00e4llen ist bei gleicher Entfernung vom Ausgangspunkte die Geschwindigkeit dieselbe, nur der Sinn der Bewegung ist umgekehrt, und f\u00fcr e = n findet daher ebensowenig Ueberschreiten der neuen Ruhelage wie des Nullpunktes statt. Unsere Construction lehrt so dasselbe wie Gleichung XXXYII der ersten Abhandlung.\nErtheilen wir, im Gegens\u00e4tze zum Yorigen, dem Strome solche St\u00e4rke, dass er den Magnet dem 90\u00b0-Punkte nahe in der Ablenkung |2 h\u00e4lt. An Stelle des Dreieckes R tritt der Fl\u00e4chenraum 0 ?/' g2, an Stelle des Dreieckes A der Fl\u00e4chenraum 012y', der in der Figur nicht Platz hat. Jener heisse Fs, dieser F\u00c4. Es springt in die Augen, dass Fa","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 2. Aper. Magnete bei tele- und bei makroskopischer Ablenkung. 361\nFr um eine ungeheure Gr\u00f6sse \u00fcbertrifft, welche f\u00fcr den 90\u00b0-Punkt selber unendlich wird. In gleicher Entfernung vom Ausgangspunkte wirkt also hei Ablenkung des Magnetes stets eine gr\u00f6ssere Kraft auf ihn, als hei seinem Falle dem Nullpunkte zu. Unter dem Einfl\u00fcsse der durch Fa dargestellten ablenkenden Kr\u00e4fte wird daher der Magnet eine gr\u00f6s- [757] sere Geschwindigkeit erlangen, als die, welche ihm die durch Fr vorgestellten Kichtkr\u00e4fte ertheilen. Er wird nicht allein die neue Kuhelage \u00fcberschreiten, sondern, wie leicht sich zeigen l\u00e4sst, auch um diese Lage schwingen.\nIn der N\u00e4he des 90\u00b0-Punktes kann man n\u00e4mlich die Sinuscurve ebenso durch die der Abscissenaxe parallele Tangente yyy, an ihrem Maximum ersetzen, wie in der N\u00e4he des Nullpunktes die Cosinuscurve. Die Cosinuscurve dagegen f\u00e4llt nahe dem 90\u00b0-Punkt in langer Strecke mit ihrer Tangente an jenem Punkte merklich zusammen. Es gilt daher hier f\u00fcr den unter dem vereinten Einfl\u00fcsse der Erdkraft, des Stromes und der D\u00e4mpfung sich bewegenden Magnet dieselbe Differentialgleichung, wie die auf S. 303 der ersten Abhandlung f\u00fcr den auf dem Nullpunkt unter denselben Einfl\u00fcssen sich bewegenden Magnet aufgestellte, nur dass jetzt x den Abstand vom 90\u00b0-Punkte bedeutet, und dass k und n2 die Pl\u00e4tze vertauscht haben, folglich s > Yk Bedingung des aperiodischen Zustandes ist. Dieser Zustand kann aber liier nie erreicht werden. Ann\u00e4hern des \u00dcAUY\u2019schen Stabes vermindert die, n2 proportionale Steilheit der Sinuscurve: 0y sei die Curve, f\u00fcr die s = n, oder ihre Steilheit die, f\u00fcr die eben Schwingungslosigkeit beginnt. Man braucht nur diese Steilheit mit der, k proportionalen Steilheit der Cosinuscurve ( y ) I2 zu vergleichen, um zu sehen, dass der Natur der Dinge\nnach unter diesen Umst\u00e4nden Yk stets viel gr\u00f6sser als n, folglich als \u00ab ist, und also der Magnet um die neue dem 90\u00b0-Punkte nahe Kuhelage schwingen muss. Weiteres Ann\u00e4hern des HAirv\u2019schen 'Stabes vermag \u00fcber diese Schwingungen nichts. Denn der Magnet vollzieht sie nicht mehr unter dem Einfl\u00fcsse der auf beiden Seiten der Kuhelage in gleichem Sinne wirkenden Erdkraft, sondern unter dem Einfl\u00fcsse der ihn von beiden Seiten nach dem 90\u00b0-Punkt hin treibenden Stromkraft.\nUebrigens versteht es sich von selbst, dass, wenn auch die Schwingungen auf dem 90\u00b0-Punkte der WiEDEMANN\u2019schen Bussole nicht allein den zuerst von mir gemuthmaassten Ursprung haben, sie doch dadurch beg\u00fcnstigt werden, dass e dort ein Minimum hat, daher sie auch, soweit ein Vergleich m\u00f6glich ist, an der WiEDEMAJsrsr\u2019schen Bussole st\u00e4rker erscheinen, als bei der SiEMENs\u2019schen Anordnung.\nLassen wir die Stromst\u00e4rke abnehmen, so sinkt zwar der Unterschied","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\nFa \u2014 Fr, in aller Strenge Null wird er aber erst f\u00fcr die [758] Stromst\u00e4rke Xu 11, wo die Fl\u00e4chenr\u00e4ume F\u00c4, FR beziehlich in die congruenten Dreiecke A, R \u00fcbergehen. Jener Unterschied besteht also, wenn auch in abnehmender Gr\u00f6sse, noch f\u00fcr kleinere makroskopische und gr\u00f6ssere teleskopische Ablenkungen. Um zu begreifen, dass f\u00fcr \u00ab = n auch im letzteren Palle daraus noch Ueberschreiten der neuen Gleichgewichtslage hervorgehe, muss man Folgendes erw\u00e4gen.\nIn der ersten Abhandlung zeigt Fig. 24 auf S. 298 die Curven, die, f\u00fcr e \u2014 n, die Geschwindigkeit x vorstellen, mit welcher der Magnet von verschiedenem | fallend dem Nullpunkte sich n\u00e4hert. Diese Curven sind einander \u00e4hnlich; am Nullpunkte verschmilzt ihre Schaar mit der Geraden x = \u2014 ex, welche die Geschwindigkeit bei Fall aus dem Unendlichen vorstellt.\nErh\u00e4lt bei irgend einem | der Magnet eine gr\u00f6ssere Geschwindigkeit, als die, mit welcher er dort aus dem Unendlichen anlangen w\u00fcrde, also absolut > s I, so \u00fcberschreitet er den Nullpunkt (s. oben S. 355). F\u00e4llt der Magnet von g aus, so muss ihm also, damit er den Nullpunkt \u00fcberschreite, gleich anfangs bei g durch einen Stoss eine Geschwindigkeit > \u00abg ertheilt werden. Ist aber der fallende Magnet dem Nullpunkte schon sehr nahe, so reicht die kleinste Beschleunigung aus, um ihn ein wenig \u00fcber den Nullpunkt fortzutreiben: weil er n\u00e4mlich, er komme aus Feme oder N\u00e4he, hier stets schon die Grenzgeschwindigkeit x \u2014 \u2014 e g hat.\nBei kleinen teleskopischen Ablenkungen, und f\u00fcr \u00ab = n, ist die Curve der Geschwindigkeit, mit welcher der Magnet seiner neuen Ruhelage zueilt, das seitliche Spiegelbild der Curve der Geschwindigkeit, mit welcher er von g fallend dem Nullpunkte sich n\u00e4hert. Der Magnet n\u00e4hert sich also der neuen Ruhelage, als k\u00e4me er aus dem Unendlichen, und die kleinste in ihrer N\u00e4he ihm ertheilte Beschleunigung w\u00fcrde ihn \u00fcber jene Lage hinaustreiben.\nBei gr\u00f6sseren teleskopischen Ablenkungen kommt nun in diesem Sinne in Betracht, dass, wie wir sahen, die ablenkende Kraft Ordinate um Ordinate bereits etwas gr\u00f6sser ist als die Richtkraft. Letztere ist so abgemessen, dass eben der Nullpunkt nicht mehr \u00fcberschritten wird, also der Magnet ihn erreicht, als k\u00e4me er aus dem Unendlichen. Ebenso w\u00fcrde er die neue Ruhelage erreichen, wenn die Fl\u00e4chenr\u00e4ume F\u00c4 und FR genaue Spiegelbilder w\u00e4ren. Der Ueberschuss der Ordinaten der ablenkenden Kraft \u00fcber die der [759] Richtkraft wirkt aber als Beschleunigung, welche den Magnet etwas \u00fcber die neue Ruhelage hinausf\u00fchrt.\nF\u00fcr s > n, und f\u00fcr kleinere makroskopische Ablenkungen lassen nach dem Gesagten die beschriebenen Erscheinungen sich leicht ableiten.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 2. Aper. Magnete bei tele- und bei makroskopischer Ablenkung. 363\n\u00a7. \u00dcI. Von der besten Art, den HAUY\u2019schen Stab anzubringen.\nDie Art, den HAUY\u2019schen Stab anzubringen, wurde ausf\u00fchrlich noch nie er\u00f6rtert. Hr. Meissner und Hr. Meyeestein brachten an ihrem Elektro-Galvanometer nach Hrn. Wilh. Webeb\u2019s Vorg\u00e4nge den Stab mit seinem Mittelpunkte senkrecht \u00fcber dem des schwingenden Magnetes an. Sie zerlegten ihn \u00fcberdies in einen st\u00e4rkeren, unverr\u00fcckt in gr\u00f6sserer Ferne bleibenden, und einen schw\u00e4cheren verschiebbaren Stab. Diese Einrichtung bezweckte, die sehr feine ATerstellbarkeit im Azimuth un-n\u00f6thig zu machen, deren der st\u00e4rkere Stab bedarf, wenn nur er da ist.1 Ich habe bei fr\u00fcherer Gelegenheit diesen Kunstgriff gelobt,2 glaube aber jetzt, dass derselbe Zweck besser erreicht wird, indem man einen recht kr\u00e4ftigen Stab aus entsprechend grosser Ferne wirken l\u00e4sst. Dabei bleibt die Proportionalit\u00e4t der Richtkraft mit kleinen Ablenkungen sicher gewahrt. Dass dies bei Meissneb\u2019s und Meyekstein\u2019s Anordnung in gleichem Maasse der Fall sei, w\u00e4re erst noch zu beweisen. Sobald aber diese Anordnung nicht unbedingt Nutzen bringt, erscheint sie als nicht zu billigende Verwickelung.\nDie Stellung des Stabes senkrecht \u00fcber dem Magnet hat den Fehler, dass der Stab mit der Aufh\u00e4ngung des Magnetes zusammentrifft, woraus allerlei Schwierigkeiten entspringen. Ich brachte deshalb den Stab senkrecht unter dem Magnet an,3 indem ich ihn [760] an einer vom Grundbrett der Bussole herabsteigenden Leiste verschiebbar machte. Auch diese Anordnung hat ihre Nachtheile. Das Consol muss durchbohrt sein, um die Leiste durchzulassen, und man kann die Bussole nicht aus der Hand setzen, wo nicht, wie etwa zwischen zwei Tischen, Raum f\u00fcr die abw\u00e4rts sich erstreckende Leiste ist.\nAber noch eine andere R\u00fccksicht macht sich hier geltend. Ist einmal die Entfernung des Stabes gefunden, f\u00fcr die n = s ist, so hat man lange Zeit daran nichts zu \u00e4ndern. Zwar w\u00fcrde bei genauer Beobachtung die t\u00e4gliche Variation der Intensit\u00e4t sich in einer Schwankung jenes Abstandes aussprechen, unter den gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden ist indess ihr Einfluss verschwindend. Noch weniger kann Aenderung eines Abstandes des Stabes n\u00f6thig werden, f\u00fcr den n < s. Dagegen an der Stellung des Stabes im Azimuth hat man fortw\u00e4hrend zu \u00e4ndern, weil wegen der\n1 Henle\u2019s und Pfetjfeb\u2019s Zeitschrift f\u00fcr rationelle Medicin. 3. E. 1861.\nBd. XI. S. 194. \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1861. Bd. CXIV. S. 132.\n3 S. oben S. 156.\n3 S. die schematische Figur oben S. 314.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\nt\u00e4glichen Schwankung der Declination Nullstrich der Scale und Faden nur zu bestimmter Tageszeit sich decken. Diese St\u00f6rung wird um so bedeutender, je kleiner n, also je mehr \u00ab n \u00fcbertrifft. Innerhalb gewisser Grenzen hilft man sich durch Verschieben der Scale,1 doch kommt, wenigstens bei meinen Vorrichtungen, ein Punkt, wo dies nicht mehr geht, und wo nichts \u00fcbrig bleibt, als durch Drehung des Stabes im Azimuth mittels der dazu bestimmten Mikrometerschraube den Spiegel wieder senkrecht auf die durch den Nullstrich der Scale gehende optische Axe des Fernrohres zu stellen. Es empfiehlt sich \u00fcberhaupt, jedesmal bei Beginn der Arbeit diesen Zustand herbeizuf\u00fchren. Ohne H\u00fclfe ist dies ein sehr m\u00fchseliges Gesch\u00e4ft. Man muss zwischen Fernrohr und Bussole vielleicht zehnmal hin- und hergehen, um seinen Zweck doch minder vollkommen zu erreichen, als wenn man vom Fernrohr aus den Stab bewegen k\u00f6nnte.\nIch habe daher die Einrichtung getroffen, dass die Stellung des Stabes im Azimuth vom Sitzplatz am Fernrohr aus durch einen Schnurlauf beherrscht wird, der mittelbar den Kopf der Mikrometerschraube dreht. Es w\u00fcrde nun nat\u00fcrlich nicht angehen, den Zug des Schnurlaufes auf einen langen, mit der Bussole selber verbundenen Hebel wirken zu lassen, wie die den Stab tragende Leiste [761] ihn vorstellt. Man w\u00fcrde die Bussole ersch\u00fcttern, vielleicht sie von der Stelle r\u00fccken.\nIch trennte deshalb die den Stab tragende Leiste von der Bussole, und befestigte sie am Consol. Es fehlt in der That an jedem Grunde daf\u00fcr, den Stab mit der Bussole zu verbinden. Was aber die Stellung des Stabes zum Magnete betrifft, so zeigt folgende Betrachtung, dass auch hierin die fr\u00fchere Einrichtung verfehlt war.\nJede f\u00fcr den HAUY\u2019schen Stab passende Lage muss dreierlei leisten: der Stab muss die Kichtkraft des Magnetes um den n\u00f6thigen Betrag vermindern,2 dabei aber die mittlere Declination, und, wenigstens bei kleinen Ablenkungen, das Gesetz, wonach die Kichtkraft mit der Ablenkung w\u00e4chst, unver\u00e4ndert lassen. Alle diese Lagen kommen darin \u00fcberein, dass der Stab im magnetischen Meridiane sich befindet; \u00fcbrigens zerfallen sie in zwei Systeme, und zwar haben diese die beiden Lagen\n1\tS. oben S. 156.\n2\tDa dieser Betrag einen sehr ansehnlichen Theil, keinesweges ein Differential der Kichtkraft vorstellt, lassen sich die von \u00c7Uuss gegebenen \u201eVorschriften zur Berechnung der magnetischen Wirkung, welche ein Magnetstab in der Ferne aus\u00fcbt\u201c (Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahr 1840. Leipzig 1841. S. 26; \u2014 C. F. Gauss Werke u. s. w. G\u00f6ttingen 1867. 4\u00b0. Bd. V. S. 427) hier nicht anwenden, wie Hr. Meissner zu glauben scheint (Henle\u2019s und Pfbufer s Zeitschrift u. s. w. A. a. 0. S. 195).","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 3. Von der besten Art, den HAUY\u2019schen Stab anzubringen. 365\n\u00fcber und unter dem Magnet, in denen bisher der Stab sich befand, mit einander gemein.\nMan denke sich Stab und Magnet im magnetischen Meridian, ihre magnetischen Axen horizontal, ihre Mittelpunkte in passendem Ahstand in einer Senkrechten, den Stab \u00fcber oder unter dem Magnet. Das erste System von Lagen entsteht, indem der Stab, sich parallel, um den Magnet gef\u00fchrt wird, so dass sein Mittelpunkt um den des Magnetes einen auf der Declinationsebene senkrechten Kreis beschreibt. Man sieht leicht, dass das vom Stab auf den Magnet wirkende horizontale Kr\u00e4ftepaar in jedem Punkte des Kreises dasselbe bleibt. Befinden sich Stab und Magnet in der Horizontalebene, so wird der Magnet, durch Ab-stossung des Stabes, etwas vom Loth abgelenkt; wie er, bei senkrecht \u00fcber oder unter dem Magnet befindlichem Stabe, gleichsam beziehlich et- [762] was schwerer oder leichter wird. In den Zwischenlagen verbinden sich beide Wirkungen in wechselndem Verh\u00e4ltniss. Die Erfahrung lehrt aber, dass innerhalb der f\u00fcr uns geltenden Grenzen der Genauigkeit \u00fcberhaupt nichts darauf ankommt.\nEs giebt somit f\u00fcr uns keinen Grund, den Stab gerade \u00fcber oder unter dem Magnet anzubringen, und die daraus erwachsenden Schwierigkeiten lagen in einer zuf\u00e4lligen und willk\u00fcrlichen L\u00f6sung der Aufgabe, nicht in dieser selber. Jede Stellung' des Stabes, welche einem Punkte des bezeichneten Kreises entspricht, leistet f\u00fcr unseren Zweck dasselbe. Es ist nicht einmal noting, dass die Verschiebung des Mittelpunktes des Stabes im Kadius jenes Kreises geschehe. Man kann z. B., ohne irgend einen namhaften Vortheil aufzugeben, die den Stab tragende Leiste auf der Fl\u00e4che des Consols horizontal so befestigen, dass der Mittelpunkt des Stabes in einer durch den Aufh\u00e4ngefaden gehenden Aequatorialebene hegt. Dies erreicht man, indem man bei noch nicht fest angezogenen Schrauben die Leiste sich parahel verschiebt, bis im Fernrohr Kulistrich und Faden sich decken, wie ohne Stab. Freilich misst nun die Theilung auf der Leiste nicht mehr unmittelbar den Abstand des Stabes vom Magnete, sie dient aber ohnehin mehr dazu, den Stab um bestimmte Gr\u00f6ssen verschieben und ihm dieselbe Entfernung wiedergeben zu k\u00f6nnen.\nAnstatt den Mittelpunkt des sich parallelen Stabes einen Kreis in der Aequatorialebene beschreiben zu lassen, kann man auch dem Stab in der Declinationsebene, n\u00f6rdlich oder s\u00fcdlich vom Magnet, dar\u00fcber oder darunter oder in gleicher H\u00f6he, mit horizontaler oder geneigter Axe jede Stellung geben, bei welcher er auf den Magnet umgekehrt wie die Erde wirkt. So entsteht das zweite, viel mannigfaltigere System f\u00fcr den Stab zul\u00e4ssiger Lagen. Bis das Elektro-Galvanometer mich verleitete, den Mittelpunkt des Stabes in eine Senkrechte mit dem des Magnetes","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366 XIV. Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. \u2014 Abh. III. \u2014\nzu bringen, arbeitete ich mit einem so aufgestellten Stabe, und neuerlich hat Hr. Yiktor von Lang bei dem von ihm gebauten \u201eSpiegelgalvanometer mit regulirbarer D\u00e4mpfung\u201c diese Anordnung vorgezogen.1 Einen entscheidenden Grund f\u00fcr Aufstellung des Stabes mit seinem [763] Mittelpunkt in der Dec\u00fcnations- oder der Aequatorialebene giebt es nicht, und man wird sich bei der Wahl zwischen beiden Ebenen durch R\u00fccksichten der Bequemlichkeit leiten lassen, wie die Oertlichkeit sie vorschreibt. Aber auch bei Wahl der Declinationsebene empfiehlt es sich, den Stab von der Bussole getrennt am Consol zu befestigen, nat\u00fcrlich so, dass jetzt der Stab der Leiste parallel liegt.\nDie Befestigung des Stabes am Consol hat den Yortheil, dass der Zug des Schnurlaufes unsch\u00e4dlich wird, da er nur noch das Consol trifft. Die Einzelheiten des Mechanismus, durch den vom Sitzplatz aus der Stab im Azimuthe gedreht wird, lassen sich ohne Abbildungen nicht verdeutlichen. Es gen\u00fcge zu sagen, dass neben dem Beobachter eine Scheibe am Arbeitstisch sich befindet, deren Drehung mit der Hand durch den Schnurlauf auf den Kopf der Mikrometerschraube mittelbar sich \u00fcbertr\u00e4gt. Die Bewegung wird dabei so verkleinert, dass auch f\u00fcr \u00ab ansehnlich > n Nullstrich und Faden leicht zur Deckung gebracht werden.\n\u00a7. IV. Sir William Thomson\u2019s aperiodische Magnete ohne\nD\u00e4mpfung.\nZu den in der ersten Abhandlung aufgez\u00e4hlten Versuchen, Schwin-gungslosigkeit der Magnete mechanisch herbeizuf\u00fchren,2 ist noch der des Hm. Neumann in K\u00f6nigsberg zu z\u00e4hlen, welcher an der verl\u00e4ngerten Axe der Bussolnadel eine in Oel schwimmende Korkscheibe befestigte.3 Unter allen denen aber, die mit solchen Versuchen sich befassten, hat wohl den gl\u00fccklichsten Griff Sir William Thomson mit seinen neuen aperiodischen Bussolspiegeln gethan.4 Dies sind \u00e4usserst leichte Glasspiegel, an deren R\u00fcckseite ein St\u00fcck Uhrfeder klebt. Sie h\u00e4ngen an einem ganz kurzen Faden in einer \u00e4usserst engen flachcylindrischen Kammer, [764] in der sie nur zu ganz geringen Ausschl\u00e4gen Raum\n1\tSitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien. II. Abth. Jahrg. 1873. Bd. LXVII. S. 101.\n2\tS. oben S. 321.\n3\tS. Wild, Die Neumann'scIic Methode zur Bestimmung der Polarisation u. s. w. In der Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Z\u00fcrich. 2. Jahrg. Z\u00fcrich 1857. S. 236. 237.\n4\tVergl. Wiedemann, Die Lehre vom Galvanismus und Elektromagnetismus. 2. Aufi. Braunschweig 1872. Bd. I. S. 262.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a7. 4. Sir William Thomson\u2019s aperiodische Magnete ohne D\u00e4mpfung. 367\nhaben. Ihre Bewegung wird aperiodisch durch den yerh\u00e4ltnissm\u00e4ssig sehr grossen Luftwiderstand, den sie verm\u00f6ge der Enge der Kammer und ihrer eigenen geringen Masse erfahren. Ihre Beruhigungszeit ist nur ein Bruch einer Secunde. Sie sind nicht f\u00fcr Beobachtung mit dem Fernrohre bestimmt, sondern zum Zur\u00fcckwerfen eines Lichtstrahles auf die von mir beschriebene Art. Es muss also auch dahingestellt bleiben, oh ihre Bewegung streng aperiodisch ist, oder nur dem unbewaffneten Auge so erscheint. Da die Gesetze dieser Bewegung \u2022 unbekannt sind, wird man f\u00fcr genaue galvanometrische Versuche wohl die durch D\u00e4mpfung erzeugte Schwingungslosigkeit vorziehen. Doch zweifle ich nicht, dass Sir William Thomson\u2019s Spiegel durch die ungemeine Geschwindigkeit ihrer Anzeigen, wie hei der Telegraphie, auch in gewissen Gebieten thierisch-elektrischer Versuche vortreffliche, ja kaum anders zu erlangende Dienste leisten w\u00fcrden.","page":367}],"identifier":"lit29146","issued":"1875 ","language":"de","pages":"353-367","startpages":"353","title":"Ueber aperiodische Bewegung ged\u00e4mpfter Magnete. Dritte Abhandlung (Monatsberichte der K\u00f6niglich-Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1873, S.748)","type":"Book Section","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:40:59.177757+00:00"}