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Jahresbericht über die Resultate der Arbeiten im Felde der physiologischen Botanik von dem Jahre 1837

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{"created":"2022-01-31T14:42:55.856009+00:00","id":"lit29417","links":{},"metadata":{"contributors":[{"name":"Meyen, Franz Julius Ferdinand","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Berlin: Nicolai'sche Buchhandlung","fulltext":[{"file":"a0005.txt","language":"de","ocr_de":"\nJahresbericht\n( '\n\u00fcber die\nResultate' der Arbeiten im Felde der physiologischen Botanik\nt ^\nvon dem Jahre 1837\nvon\nF. J. F. Meye 12,\nDoctor der Philosophie, der Medizin und der Chirurgie, und nufserordentlicher Professor an der K\u00f6nigl. Friedrich Wilhelms-Universit\u00e4t zu Berlin.\nBerlin, 1838.\nIn der Nicolai\u2019schen Buchhandlung.","page":0},{"file":"a0006.txt","language":"de","ocr_de":"I\n\n\n\\\n(Besonders abgedruckt aus Wiegmann\u2019s Archiv f\u00fcr Naturgeschichte 1838. II. Band.)\n/\ni\n\\\n[gko?sheuzogijch\nI , HESSISCHE (HOr/BiBSTOTHi-K,\ni","page":0},{"file":"a0007content.txt","language":"de","ocr_de":"\\\nInhalts - Anzeige.\nEinleitung............................................ Seite 1\nVon fiera geistigen Leben der Pflanzen.\nMartius, \u00fcber die Seele der Pflanzen.................. 2\n\u2014\t\u00fcber die Unsterblichkeit der Pflanzen........... 3\nUeber Ern\u00e4hrungs- und Wachsthums-Erscheinungen bei den Pflanzen.\nOhlert, \u00fcber die Wurzelzasern der Pflanzen............ 6\nMir bei, \u00fcber eben denselben Gegenstand............... 7\nDutrochet, \u00fcber die Endosmose......................... 7\n\u2014\t\u00fcber die Organe der Saftbewegung. Unger, \u00fcber\ndenselben Gegenstand............................... 10\nPoiteau, \u00fcber das Auslaufen des Wassers aus den durchschnittenen Lianen................................... 11\nDutrochet, \u00fcber die Rotations-Str\u00f6mung in den Cha-\nren u. s. ......................................... 12\nBecqueret, \u00fcber den Einflufs der Electricit\u00e4t auf die Rotations-Str\u00f6mung in den Charen....................... 17\nMorren, \u00fcber die Bewegung des Saftes in den Dicotvle-\ndonen.............................................. lg\nMir bei, \u00fcber das Cambium............................. 20\nGirou de Buzareingue s, \u00fcber Structur und Wachsthum\ndes Holzes der Dicotyledonen............................. 21\nDutrochet, \u00fcber Korkbildung................................. 21\nDecaisne, \u00fcber die Familie der Lardizabaleen................ 21\nLink\u2019s anatomisch-botanische Abbildungen, 2tes Heft...\t22\nMorren, \u00fcber Vermehrung der Zellen durch Theilung.....\t22\nDutrochet, \u00fcber die Respiration der Pflanzen................ 23\nSchleiden, \u00fcber \u00fcppige Entwickelung der Pflanzen in\nkohlens\u00e4urehaltigem Wasser............................... 26\nMartius, \u00fcber die Ern\u00e4hrung der Pflanzen.................... 27\nRe ade, \u00fcber die chemische Zusammensetzung der Zellen-\nMembran und der Spiralgef\u00e4fse............................ 28\nReade und Goeppert, \u00fcber Potasche, Kalk und Kiesel in der Zellen-Membran und den Gef\u00e4fsen der Pflanze....\t31\nUnger, \u00fcber das Auftreten der Krystalle in den Pflanzen..\t32\n\u2014 \u00fcber die Milchsafts - Gef\u00e4fse der Pflanzen....... 35\nMandl, \u00fcber die Amylum-St\u00e4bchen im Milchs\u00e4fte der Euphorbien ................................................ 37\n.\t* U\t.\t\u2022 /","page":0},{"file":"a0008.txt","language":"de","ocr_de":"Solly, \u00fcber den Milchsaft des Kuhbaumes.............\nSchultz, \u00fcber die Lebenssaft-Gef\u00e4fse................\nAnatomische Beobachtungen \u00fcber die Elementarorgane der Pflanzen.\nUnger, \u00fcber dickwandige Parenchym-Zellen............\nUeber die Epidermis der Gew\u00e4chse....................\n_\t\u2014 verschiedener Orchideen u. s. w.....\nSchleiden, \u00fcber eben denselben Gegenstand...........\nMo hl, \u00fcber den Bau der por\u00f6sen Gef\u00e4fse der Dicotyledenen\n_ \u00fcber die por\u00f6sen Zellen des Sphagnums.........\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\nCorda, \u00fcber Spiralfaser-Zellen bei der Gattung Trichia\nunter den Pilzen...............\u2022...\u25a0\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022........\nBiot, F\u00e4rbung weifser Hyacinthen durch Einsaugung gef\u00e4rbter S\u00e4fte.......................................\nAnatomisch-physiologische und chemische Untersuchungen \u00fcber die Pflanzenfarben.\nMo hl, \u00fcber die winterliche F\u00e4rbung der Bl\u00e4tter.....\nBerzelius, \u00fcber die gelbe Farbe im Herbste und \u00fcber den rothen Farbestoff der Beeren und Bl\u00e4tter im Herbste Decaisne, \u00fcber die Krapppflanze und deren Farbe-\nstoff n. s. w....................*....:\u2022 \u2022 \u2022 *..\nMohl, anatomische Untersuchungen der mit Chlorophyll\ngef\u00e4rbten Zellensaft-K\u00fcgelchen...................\nSchleiden, \u00fcber eben denselben Gegenstand...........\nPay en, \u00fcber Flechtenst\u00e4rke.........................\nMonographische Bearbeitungen verschiede-Pflanzen-Familien in physiologischer Hin sich t.\nf\nUnger, \u00fcber parasitische Gew\u00e4chse...................\nLindenberg, Monographie der Riccieen ...............\nSchleiden, \u00fcber Ceratophyllum.......................\nGray, \u00fcber eben denselben Gegenstand................\nUeber Fortpflanzung der Gew\u00e4chse und die dabei th\u00e4tigen Organe.\nD u n a 1 uud Fabre \u00fcber Marsilea pubescens.........\nLink\u2019s Element a philosophise botanicae. Tom. II....\nFritzs che, \u00fcber den Bau des Pollens der Pflanzen......\nUeber vegetabilische Saamenthierchen, besonders bei niederen Pflanzen...................... *..y * * * v '\nLindenberg, \u00fcber die Fructifications-Organe der Riccieen\nM a rt i u s, Bastarde unter den Farrn......\nOtto, Brackenridge, Plaschnick undBouche, \u00fcber\nVermehrung durch Stecklinge......................\nVermehrung der Laubmoose durch Brutknospen..........\nDickie, \u00fcber eben denselben Gegenstand..............","page":0},{"file":"a0009.txt","language":"de","ocr_de":"Y\nSeite\nBerkeley\u2019s Beobachtungen \u00fcber die zweite Membran in\nden Sporenschl\u00e4uchen einiger Pilze.............\u2022 \u2022\u2022\t98\nSchwann, \u00fcber Weing\u00e4hrung und F\u00e4ulnifs................\nCogniard-Latour, \u00fcber den Pilz in Bierhefen........... 100\nBerkeley, \u00fcber einen Pilz im Rosinertwein............. 101\nTrog, \u00fcber Portpflanzung der Schw\u00e4mme................. 108\nSchwabe, \u00fcber die Oscillatorien der Karlsbader warmen\nQuellen.......................................... \u2014 \u25a0.\t104\nMorren\u2019s Ansichten \u00fcber Geschlechts-Verschiedenheit bei\nConferva dissiliens..................................... 105\nUeber Closterien .......................\u2022............. 106\nHooker, Moulins und Lind ley, \u00fcber die Ausdauer der\nKeimkraft der Saamen......\u00ab................ ....... 107\nEdward\u2019s und Collin, \u00fcber den Einflufs des Wasserdampfes auf die Vegetation.................................. 108\nZur Morphologie.\nMartius, die Metamorphose der Pflanzen................ 109\nTurpin\u2019s Prachtwerk \u00fcber die Metamorphose der Pflanze\nund dessen Normalpflanze...............................  115\nL. und A. Bravais, \u00fcber die Blattstellung.............\n\u2014\t\u2014\t\u00fcber die symmetrische Anordnung der\nInflorescenzen........................................   121\nMartius und A. Bravais, Resultate der Arbeiten von Schi mp er und Braun \u00fcber die spirale Stellung der\nBl\u00e4tter .......................................;... 127\nZuocarini, \u00fcber Blatt- und Knospen-Bildung bei den\nCacteen.....................-...................... 127\nWtt ewaall, \u00fcber die Natur des Stengels in physiologischer\nund morphologischer Hinsicht\u2014........................    129\nE. Meyen und Mo hl, Briefwechsel \u00fcber die morphologische Bedeutung der Zasern................................ 131\nUnger, \u00fcber Lenticellen..................................   132\nBerg, \u00fcber die Natur der Zwiebeln.......................... 133\nO h 1 e r t, \u00fcber Stellung und fernere Entwickelung der Knospen\t134\nHenry und Mar quart, \u00fcber abnorme Bildungen des Fruchtknotens der Salix cinerea................................ 135\nDut rochet, \u00fcber einige abnorme Bildungen verschiedener Pflanzentheile.........................................   135\n\u2014\t\u00fcber die Zeugung der Pflanzen ................. 136\nMo hl, morphologische Betrachtungen \u00fcber das Sporangium\nder mit Gef\u00e4fsen versehenen Cryptogamen................. 139\nSchleid en\u2019s Blicke auf die Entwickelungs-Geschichte der\nphanerogamen Pflanzen................................... 142\nKunth, \u00fcber den Embryo der Cruciferen................. 15t\nMo hl, \u00fcber die m\u00e4nnlichen Bl\u00fcthen der Cruciferen..... 152\nSchleiden\u2019s Ansicht \u00fcber diesen Gegenstand................. 155\nUeber Erscheinungen der Sensibilit\u00e4t und Irritabilit\u00e4t der Pflanzen.\nDutrochet, \u00fcber die Neigung der Pflanzen nach dem Lichte\nzu wachsen um dasselbe zu fliehen.................. 156\nBrunner\u2019s Erkl\u00e4rung des Windens der Pflanzen.......... 157\nCurtis, \u00fcber Dionaea mu stipula..........................   158","page":0},{"file":"a0010.txt","language":"de","ocr_de":"VI\nMorren, \u00fcber Catalepsie der Bl\u00fcthen von Dracocephalum 159 Dassen, \u00fcber Bewegung der Bl\u00e4tter der Pflanzen........ 159\nPflanzen - Krankheiten.\nUeber die Entwickelung des Getraidebrandes in der Mays-\nPflanze............................................. \\mm\npith, \u00fcber Missbildungen im Ulmen-Holze............. 163\nE\u00e9veill\u00e9, \u00fcber die Bedeutung der Uredines............. 163\nMiquel, \u00fcber die Wirkung der Gifte auf die Pflanzen...\t164\nZur Pflanzen-Geographie.\n^i?.*an<^er von Humboldt, \u00fcber seine Besteigung des\nChimborazo\u2019s........................................... 164\nBaer\u2019s Reise nach Nowaja-Semlja.......................... 165\nErm an \u2019s Reisebericht................................... 169\nFed er off, \u00fcber die Schneegrenze des n\u00f6rdlichen Ural_\t171\nGoeppert, die Vegetation auf einem in der Tiefe brennenden Kohlenfl\u00f6tze.......-........................... 171\nZuccarini, \u00fcber die geographische Verbreitung der Cacteen\t172\nBatemann, \u00fcber die Verbreitung der Orchideen............  175\nWirt g en, \u00fcber die pflanzen-geographischen Verh\u00e4ltnisse\nder preufsischen Rheinprovinz.......................... 176\nGraf, \u00fcber die pflanzen-geographischen Verh\u00e4ltnisse des\nHerzogthums Krain...................................... 17g\nAug. deSaint-Hilaire, \u00fcber die urspr\u00fcngliche Vegetation\nvon Minas geraes....................................... 1\u00a7q\nCunningham\u2019s Flora von Neu-Zeeland....................... 181\nBackhouse, \u00fcber die efsbaren Pflanzen von Van Die-\nm\tT nn/1\nDouglas, literarischer Nachlafs..........................\nBeil schm id\u2019s Uebersetzung eines Werkes von Watson. 182 Schneider\u2019s Vergleichung der schlesischen Flora mit der\nbritischen nach Watson...................................... 182\nUnger\u2019s Angaben \u00fcber die Bodenst\u00e4tigkeit gewisser Pflanzen\t183\nSauter, \u00fcber die Vegetations sVerh\u00e4ltnisse in der Gegend\num den Bodensee............................................. I84\nT omasini, Ausflug von G\u00f6rz.............................. I84\nBrunner, Ausflug in\u2019s Zermath-Thal............................. 184\nGuillem in\u2019s Zephyritis Taitensis.............................. I84\nMiquel, \u00fcber die Sargasso-See................................   I84","page":0},{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"i-Tlit raschen Schritten geht die Bearbeitung der Pflanzen-Physiologie vorw\u00e4rts, allj\u00e4hrlich vermehrt sich die kleine Zahl ihrer Bearbeiter, allj\u00e4hrlich gewinnen die Resultate derselben an Wichtigkeit, und schon sehen wir der Zeit entgegen, in welcher eine entschiedenere Trennung der Pflanzen-Physiologie von der beschreibenden Botanik stattfinden mufs, <lenn es scheint, dafs diese beiden Wissenschaften nicht mehr zu gleicher Zeit von einem und demselben Botaniker in dem Maafse bearbeitet werden k\u00f6nnen, wie es die gegenw\u00e4rtige Zeit verlangt. Die Zahl der anatomisch-physiologischen Arbeiten des vergangenen Jahres ist \u00fcberaus grofs, und vorz\u00fcglich ist es die Morphologie, welche sich in diesem Zeitraum der regsten Bearbeitung zu erfreuen hatte; ihr steht jetzt ein \u00e4hnlicher Kampf bevor, wie er fr\u00fcher in der Anatomie der Pflanzen durchgef\u00fchrt wurde, wo auch nicht eine einzige Beobachtung ohne Widerstand aufgenommen ist. Auch die Morphologie darf nicht das Werk der Speculation sein, sondern auch sie mufs einzig und allein auf die Beobachtung der Natur gegr\u00fcndet werden; auf diese Weise bearbeitet, wird sie eine leicht zu fassende Lehre sein, welche unsere Kenntnifs von dem Wesen der Pflanze \u00fcberaus erweitern wird.\nBei der regeren Theilnahme, welche die Pflanzen-Physiologie aufzuweisen hat, und bei der \u00fcberaus grofsen Anh\u00e4ufung des Materials wird dieser Bericht von Jahr zu Jahr eine m\u00fchsamere Arbeit; da derselbe aber auch von einigem Nutzen fiir die Verbreitung der Wissenschaft ist, so m\u00f6ge man die M\u00e4n-\n1\nr","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\ngel giitigst \u00fcbersehen, welche ein solches undankbares Unternehmen jedenfalls mit sich f\u00fchren mufs. Die Theilnalmie, welche diesen Jahresberichten sowohl in England als in Frankreich durch Uebersetzungen derselben geschenkt wird, so wie die g\u00fctigen Zusendungen einzelner Abhandlungen, welche uns sonst nicht so leicht zur Ansicht gekommen w\u00e4ren, lassen uns mit Bestimmtheit voraussehen, dafs die Gelehrten jener L\u00e4nder auch von unseren sehr zahlreichen deutschen Arbeiten im Gebiete der Pflanzen-Physiologie allgemeinere Kenntnifs nehmen werden, als es bisher geschah.\nReferent wird sich in der Folge bem\u00fchen, dafs der Jahresbericht immer fr\u00fcher, vielleicht schon im Monat M\u00e4rz erscheinen kann, wobei freilich einige Zeitschriften, weU che stets im R\u00fcckst\u00e4nde sind, Zur\u00fcckbleiben werden. Auch in dem vorliegenden Berichte sind die reichhaltigen Annales des sciences naturelles nur bis zum September-Hefte 1837 benutzt worden, indem wir bis zum 6. Mai 1838 die sp\u00e4teren Hefte noch nicht in Berlin besafsen. Schliefs-lich bittet Ref. noch um Nachsicht, dafs \u00fcber die gr\u00f6fseren allgemeineren Werke, welche im vergangenen Jahre \u00fcber die Pflanzen Physiologie erschienen sind, nicht in derselben Weise Bericht erstattet worden ist, wie \u00fcber die kleineren Schriften und die einzelnen Abhandlungen; die Ursache liegt darin, dafs die Arbeit alsdann \u00fcber seine Kr\u00e4fte gehen w\u00fcrde.\nVon dem geistigen Leben der Pflanzen.\nHerr v. Martins ') hat seine Ansichten \u00fcber die Seele der Pflanzen bekannt gemacht, womit Ref. den diesj\u00e4hrigen Bericht er\u00f6ffnen m\u00f6chte. Fast scheint es, sagt Hr. v. M., als w\u00e4re man im Allgemeinen nicht geneigt, in dem Wesen der Pflanze diese beiden Sph\u00e4ren, Leib und Seele, anzuerkennen, als wolle man nur den Thieren und den Menschen eine Seele zugestehen. Man ist n\u00e4mlich gewohnt, die Empfindung, so wie sie sich im thierischen Leben darstellt, als wesentliches Pr\u00e4-dicat der Seele zu denken, und da man bei den Pflanzen nur\n1) Reden und Beitr\u00e4ge \u00fcber Gegenst\u00e4nde aus dem Gebiete der Naturforschung, Stuttgart und T\u00fcbingen 1838.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"3\nsehr wenige Erscheinungen kennt, welche auf ein Empfindungsverm\u00f6gen der Pflanzen schliefsen lassen, so hat man diese auch f\u00fcr seelenlos erkl\u00e4rt. Hr. v. M. macht darauf aufmerksam, wie auch die thierischen Gestalten so tief herabsinken, dafs alle Eigenschaften des Thierlebens darin erl\u00f6schen, dagegen die pflanzlichen Lebens\u00e4ufserunpen hervortreten, und wo umgekehrt in den h\u00f6her entwickelten Pflanzen formen Erscheinungen auftreten, welche dem Thierleben angeh\u00f6ren, als die vielfach verschiedenen Bewegungen, so bei den Pflanzen beobachtet werden. Kurz, das Thierleben und das Pflanzenleben scheinen keineswegs so scharf von einander getrennt zu sein, daher man denn auch nicht den Thieren allein die Seele zusprechen und den Pflanzen absprechen kann. Auch das vorherrschende Wachsen und die Fortpflanzung der Gew\u00e4chse scheint zu zeigen, dafs sie dem Kreise starrer Nothwendigkeit entr\u00fcckt sind, und wir m\u00fcssen in demselben eine Art von Vorausbestimmung, eine Richtung auf das Ideelle, somit ein h\u00f6heres Lebensprincip, eine Seele erkennen. Die Seele der Pflanzen ist vief einfacher als die der Thiere, ja sie tr\u00e4gt eine dunkele, unklare Natur an sich. Wahrnehmung, Vorstellung, Empfindung, Gef\u00fchl, Trieb, Wille scheinen hier in der Nacht eines d\u00fcsteren, verschlossenen Daseins untergegangen, und nur eine Strecke weit ist der schmale Pfad der Analogie und Induction gegen diesen, unserer Erforschung unnahbaren, Gegenstand hin offen. Die Pflanzen-Seele darf jedoch nicht sowohl mit der Seele des Menschen oder der h\u00f6heren Thiere, als vielmehr nur mit dem Kern und Achsenpunkte verglichen werden, um welchen sich das Leben der niedrigsten und einfachsten Thiere dreht. Hr. v. M. meint zwar, dafs man bei den Pflanzen kein Seelenorgan annehmen k\u00f6nne, doch unserer Zeit m\u00f6chte es, wie Ref. glaubt, vielleicht gelingen, dasselbe auch in den Pflanzen aufzufinden; das Nervensystem in den Pflanzen ist ja bekanntlich schon von einigen gelehrten Botanikern beobachtet worden, die \u00fcbrigen haben sich davon freilich nicht \u00fcberzeugen k\u00f6nnen.\nEine Reihe von Erscheinungen werden ferner anfgefiihrt, als die specifische Empf\u00e4nglichkeit der Pflanzen f\u00fcr die Einwirkungen des Lichts, der W\u00e4rme, der Luft, der Feuchtigkeit u. s. w., welche, ohne einen gewissen Grad von Gemeingef\u00fchl\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nund von Wahrnehmung, ohne eine Art von Innenwerden, von Bewufst werden, nicht m\u00f6glich w\u00e4ren auszuf\u00fchren. Vielleicht fallen bei ihnen alle die verschiedenen Stufen geistiger Handlung in eine einzige dunkele Vorstellung zusammen. Je allgemeiner und kr\u00e4ftiger der Reiz, welcher auf die Pflanzen wirkt, um so m\u00e4chtiger die Wahrnehmung. Das Schlafen und Wachen der Pflanzen, so wie der Winterschlaf der Pflanzen, sind jenen gleichnamigen Erscheinungen bei den Thieren ganz entsprechend, nur dafs diese Zust\u00e4nde bei den Pflanzen unfreiwillig sind. Die Pflanze hat ihr Seelenorgan \u00fcberall, sofern aber die pflanzliche Seele, ihrer Natur nach bildend, plastiseh wirkt, k\u00f6nne man sagen, dafs sie bei den h\u00f6her organisirten Pflanzen vorzugsweise am Knoten wohne, worin die pflanzlichen M\u00f6glichkeiten schlummern.\nDiese letztere Lehre m\u00f6chte wohl zu bestreiten sein, wie \u00fcberhaupt die ganze gegenw\u00e4rtige Lehre von der Zusammensetzung der Pflanzen aus Internodien, wor\u00fcber wir auch noch sp\u00e4terhin Gelegenheit haben werden, ausf\u00fchrlicher zu sprechen. Im Uebrigen stimmt Ref. Hrn. v. M. vollkommen bei, ja er findet es unbegreiflich, wie man alle jene Erscheinungen der Vita sensitive der Pflanzen durch den unbestimmten Ausdruck von Reizbarkeit erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen glaubt.\nHr. v. M. f\u00fchrt nun auch die \u00fcbrigen mannichfaltigen Gesch\u00e4fte auf, welchen die pflanzliche Seele vorzustehen hat, wenn sich das Gew\u00e4chs durch geschlechtlichen Gegensatz fortpflanzt, und schliefst eigentlich diese Betrachtungen mit folgenden Worten: \u201eUnter verworrenen Wahrnehmungen und Vorstellungen, ein dunkles Empfinden und Bewufstwerden, ein Gemeingef\u00fchl, einen Trieb, eine Steigerung desselben zu Affect, vielleicht auch eine Art von Erinnerung bei einer Wiederholung gewisser physischer Th\u00e4tigkeiten : dies Alles k\u00f6nnen wir aus den verschiedenen Lebensarten der Pflanzen ableiten, wenn wir analoge Beziehungen vom thierischen Leben her\u00fcbertragen. Jedoch eine h\u00f6here Sinnlichkeit, Verstand, Willk\u00fchr verm\u00f6gen wir hier nicht anzuerkennen.\u201c\nAn das Vorhergehende schliefst sich unmittelbar eine Abhandlung des Herrn v. Martius2), welche \u00fcber die Unsterb-\n2) L. c. pag. 261 \u2014 286.\nt","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"5\nlichkeit der Pflanze handelt. Der Gedanke an die Unsterblichkeit der Pflanzen liegt sehr nahe, sobald man das Dasein einer Pflanzenseele erwiesen hat, aber Hr. v. M. selbst macht m der Einleitung die Bemerkung, dafs gewils manche Gelehrte, denen das Verm\u00f6gen, nach dem Uebersinnlichen zu greifen, in niederem Grade zugetheilt ist, die Betrachtung eines solchen Gegenstandes f\u00fcr eine Abschweifung halten werden; er glaubt jedoch, dafs die Mehrzahl der Menschen so organisirt ist, dafs sie sich Schl\u00fcsse aneignen und sich mit Folgerungen befreunden, welche aus der Welt sinnlicher Anschauungen und Empfindungen in die h\u00f6here Welt des Geistes hiniiberragen. Die Ueberzeugung von der Unsterblichkeit der Pflanzen k\u00f6nne jedoch in keinem Falle durch einen, von der Natur des Gew\u00e4chses abzuleitenden Beweis ermittelt werden, sondern sie mufs eigentlich der Gewinn des individuellen Gemiiths sein.\n\u201eln dem leiblichen Leben der Pflanze ist Absicht, Zweck und Mittel zur Erreichung desselben, ja wir Seiten dieselben eben so beherrscht von dem Geschicke der Zeitlichkeit, wie dies bei den h\u00f6her begabten Menschen der Fall ist. Die Pflanze wie das Thier hat Zwecke von innen heraus zu erf\u00fcllen, erf\u00fcllt sie wie dieses und zwar, je nach den verschiedenen Verh\u00e4ltnissen, worin sie besteht, mehr oder weniger vollkommen wie dieses. Nur ein gradueller Unterschied tritt demnach hervor zwischen der unbekannten Einheit, welche alle jene Th\u00e4tigkeit beherrscht und beim Menschen seine Seele genannt wird, und der dieser Seele analogen spontanen Kraft, welche das Gew\u00e4chs in seinem ganzen Leben th\u00e4tig zeigt\u201c u. s. w. Wir thuen daher der Pflanze Unrecht, wenn wir sie betrachten als w\u00e4re sie nicht eben so, wie das Thier, mit einer allgemeinen, alle Theile durchdringenden, sie alle zu gewissen Th\u00e4tigkeiten anleitenden Urkraft begabt. Aus diesen Ansichten ergiebt sich aber auch, dafs alle unorganische K\u00f6rper beseelt sind, ein Gedanke, welcher schon im hohen Alterthume ausgesprochen ist; ja Hr. v. M. kommt zu dem Schl\u00fcsse, dafs alles Irdische und darum auch die Pflanze seine Seele hat, und die zahllose Verbr\u00fcderung gleichartiger Gesch\u00f6pfe, die eine so wesentliche Stelle in dem Gesammtleben unseres Planeten","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"spielt, wird, nach ihrer Stufe, von einer sanften stillen Seele, einer Anima blandula, trepidula beherrscht.\nlieber Ern\u00e4hrungs- und Wachsthums-Erscheinun-gen bei den Pflanzen.\nHerr E. Oliiert 3) hat Beobachtungen \u00fcber die Structur und das Wachsthum der Wurzelzasern bekannt gemacht, aber besonders bemerkenswerth sind die Versuche, welche derselbe \u00fcber die Funktion der Spitze und der Seitenfl\u00e4che der W'ur-zelzasern angestellt hat. Die H\u00e4utung der Wurzelspitzen hat auch Hr. O. an verschiedenen Pflanzen wahrgenommen; sie ist besonders deutlich an Wurzeln, welche im Wasser entwickelt sind. In anderen F\u00e4llen zerreifsen diese H\u00e4ute in kleine Lappen, welche die Spitzen der Wurzeln noch einige Zeit hindurch umfassen. Sehr richtig sagt Hr. O., dafs die H\u00e4utung der Spitze am oberen Ende zuerst, dann weiter nach unten beginnt; zuletzt sitzt die gel\u00f6ste Haut nur noch an der Spitze fest. Indessen Ref. kennt auch F\u00e4lle, wo die abgel\u00f6ste Oberhaut an der Spitze schon ganz gel\u00f6st und zerst\u00f6rt ist, w\u00e4hrend sie weiter oben noch festsitzt; auch Hr. O. hat einen solchen Fall beobahtet. Die M\u00fctzchen auf den Spitzen der dicken Luftwurzeln der Pandanen, worauf zuerst Hr. De Candolle aufmerksam gemacht hat, sind im botanischen Garten zu Berlin sehr oft zu sehen; es sind meistens dicke, aus mehreren Zellenschichten bestehende H\u00e4ute, welche hier durch das schnelle Hervorwachsen der Spitze von dem hinteren Theile der Wurzel abgerissen werden; nach einiger Zeit wiederholt sich diese H\u00e4utung f\u00fcr die weiter hervorgewachsene Wurzel. Hr. O. Versuche \u00fcber die Verl\u00e4ngerung der Wurzelzasern haben Du Hamel\u2019s Entdeckung, dafs diese Verl\u00e4ngerung nur an der Spitze geschieht, vollkommen best\u00e4tigt.\nHr. Ohlert hat durch Beobachtungen zu zeigen gesucht, dafs die gangbare Meinung, als saugten die Wurzeln nur mit den Spitzen und nicht mit den Seitenfl\u00e4chen ein, unrichtig ist oder wenigstens die daf\u00fcr angef\u00fchrten Gr\u00fcnde nicht gen\u00fcgend\n3) Einige Bemerkungen \u00fcber die Wurzelzasern der h\u00f6heren Pflanzen. \u2014 Linnaea 1837. p. 609 \u2014 631.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"1\nsind. Es wurden junge Pfl\u00e4nzchen von Pisum sativum, Lu-pinus luteus und Calendula officinalis genommen und mit ihren Wurzeln so in Wasser gestellt, dafs nur die Wiirzel-chen, etwa 3 Linien tief, von dem Wasser ber\u00fchrt wurden. Schon nach wenigen Stunden waren die Wurzeln welk und nach einigen Tagen ganz trocken; nur derjenige Theil der Wurzel, welcher im Wasser befindlich war, erhielt sich tur-gescirend. Hierauf wurden dann auch eine Menge von Pflanzen so in Wasser gestellt, dafs die Spitzen der Wurzelzasern aus dem Wasser hervorragten, w\u00e4hrend die ganzen Seitenfl\u00e4chen der Wurzelzasern im Wasser befindlich waren. Auch wenn die Wurzelspitze mit Lackfirnifs bestrichen war, wuchsen die Pflanzen vortrefflich, wenn nur die ganzen Fl\u00e4chen der Wurzelfasern im Wasser befindlich waren. Aus diesen Versuchen zieht Hr. O. den Schlufs, dafs die Wurzelzasern die Feuchtigkeit nicht durch die Spitzen, sondern an den Seiten, oder durch die ganze Oberfl\u00e4che einsaugen. Diesem Schl\u00fcsse m\u00f6chte Ref. jedoch nicht ganz beistimmen, denn er kann ebenfalls Versuche anf\u00fchren, welche beweisen, dafs die Wurzelspitze bei dem Einsaugungsgesch\u00e4ft gleichfalls und zwar sehr stark beth\u00e4tigt ist; auch habe ich diesen Gegenstand, so wie meine Untersuchungen \u00fcber den Bau der Wurzelspitze, im zweiten Theile meiner Pflanzen - Physiologie n\u00e4her auseinander gesetzt, worin auch die herk\u00f6mmlichen Ansichten \u00fcber die sogenannten Wurzelschw\u00e4mmchen, welche in der Natur gar nicht vorhanden sind, widerlegt wurden. Man mufs durchaus annehmen, dafs die Pflanzen mit der ganzen Oberfl\u00e4che ihrer Wurzeln einsaugen, doch wird diese Oberfl\u00e4che in vielen F\u00e4llen und besonders an gewissen Stellen so ver\u00e4ndert dafs die Einsaugung daselbst vermindert und allm\u00e4lioh ganz unterdr\u00fcckt wird.\nAuch Hr. v. Mir bei 4 5) hat mit wenigen Worten \u00fcber die Structur der Wurzelspitzen gesprochen, und die Wurzelschw\u00e4mmchen, als eigene Organe der Wurzelspitzen, ebenfalls bestritten.\nHerr Dutrochet &) hat in der Gesammtausgabe seiner\n4)\tVInstitut, d. 1837. p. Ml.\n5)\tM\u00e9moires pour servir \u00e0 l'histoire anatomique et physiologique","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nI\nphysiologischen Arbeiten einen sehr reichhaltigen Aufsatz \u00fcber die Endosmose gegeben, welcher durch seine \u00e4ufserst wichtigen Resultate fiir die Pflanzen-Physiologie von der h\u00f6chsten Wichtigkeit ist.\nHr. Dutrochet suchte zuerst zu bestimmen, wie sich die Endosmose einer und derselben L\u00f6sung unter verschiedenen Graden der Temperatur verh\u00e4lt. Es wurde das Coecum eines Huhnes auf einer Glasr\u00f6hre befestigt, dieselbe mit einer L\u00f6sung von Gummi in 10 Theilen Wasser gef\u00fcllt und in destil-lirtes Wasser gestellt; bei einer Temperatur des Wassers von 4\u00b0 R. zog die Gummil\u00f6sung innerhalb 1^ Stunden so viel Wasser an, dafs die Vorrichtung eine Gewichtszunahme von 43 Gran zeigte, und in einem Wasser von 25 bis 26\u00b0 betrug die Gewichtszunahme in jener Zeit 23 Gran. Um nun die Resultate von dergleichen Beobachtungen mit gr\u00f6fster Bestimmtheit angeben zu k\u00f6nnen, verfertigte Hr. Dutrochet eine besondere Vorrichtung, welche er Endosmometer nennt; vermittelst dieses Instrumentes wurde die Geschwindigkeit der Endosmose bei verschiedenen Stoffen gemessen, oder vielmehr die Quantit\u00e4ten der Fl\u00fcssigkeiten, welche in einer gewissen Zeit in den Endosmometer aufstiegen. Z. B. Zuckerwasser von 4,047 specifischer Schwere zog in 1| Stunden so viel Wasser in den Endosmometer, dafs das Instrument 3}0 zeigte. Dagegen zeigte eine Zuckerl\u00f6sung, von 1,258 Dichtigkeit, in eben derselben Zeit 19\u00a3\u00b0. Das Resultat dieser Versuche war, dafs die Schnelligkeit der Endosmose, erzeugt durch die verschiedene Dichtigkeit einer und derselben inneren Fl\u00fcssigkeit, im Verh\u00e4ltnisse steht zu dem Uebermaafs der Dichtigkeit der inneren Fl\u00fcssigkeit \u00fcber die Dichtigkeit des \u00e4ufseren AVassers.\nIlr. Dutrochet bestimmte auch durch eine Reihe von Versuchen die Kraft, mit welcher die Endosmose bei verschiedenen Stoffen und bei verschiedener Dichtigkeit dieser Stoffe vor sich geht, und gerade die Resultate dieser Versuche sind f\u00fcr die Pflanzen-Physiologie von besonderer Wichtigkeit. Der Apparat, mit welchem diese Versuche angestellt wurden, \u00e4hnelt jenen doppelt gebogenen Glasr\u00f6hren, deren sich Stephan\ndes v\u00e9g\u00e9taux et des animaux. Avec un atlas de 30 planch. Paris ,1837. 2 Vol:\n","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"9\nHaies bediente, als er die Kraft zu bestimmen suchte, mit welcher der rohe Saft im Weinstocke emporsteigt, doch mufs das Ende des kleinen Schenkels trichter- oder glockenf\u00f6rmig ausgeblasen sein, um auf diese Weise eine gr\u00f6fsere Fl\u00e4che von Membran zur Endqsmose darzubieten. In der ersten Biegung der R\u00f6hre bringt man eine, durch einen Glasst\u00f6psel zu verschliefsende, Oeffnung an, um durch diese die verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten einzugiefsen, mit welcher man die Versuche anstellen will, und au dem \u00e4ufseren langen Schenkel befestigt man einen Maafsstab. Wenn man nun in diesem Instrumente die Endosmose eintreten l\u00e4fst, so wird die Fl\u00fcssigkeit in demselben durch die Einziehung des \u00e4ufseren Wassers emporstei-gen, und hat man in den beiden \u00e4ufseren Schenkeln der Glasr\u00f6hre etwas Quecksilber eingegossen, so wird dieses Quecksilber durch die emporgeschobene Lufts\u00e4ule im inneren Schenkel niedergedr\u00fcckt und im \u00e4ufseren emporgehoben werden, was man alsdann durch den bestehenden Maafsstab n\u00e4her bestimmen kann. Durch dergleichen Beobachtungen kam nun Herr Dutrochet zu dem Resultate, dafs die Kraft, mit welcher das Wasser bei der Endosmose eingesaugt wird, um so st\u00e4rker ist, je dichter die Fl\u00fcssigkeit im Inneren des Instrumentes im Verh\u00e4ltnisse zum \u00e4ufseren Wasser ist. Es wurden dann Zuckerl\u00f6sungen von 1,035, 1,070 und von 1,140 specifisclier Schwere bereitet; letztere enthielt etwa ein Theil Zucker und zwei Theile Wasser. Der Ueberschufs der Dichtigkeit dieser Fl\u00fcssigkeiten \u00fcber die Dichtigkeit des Wassers verhielt sich wie 1, 2, 4. Die Zuckerl\u00f6sung von 1,035 Dichtigkeit saugte in jenem Instrumente w\u00e4hrend 28 Stunden so viel Wasser ein dafs die Quecksilbers\u00e4ule 10\u201d 7'\u201d gehoben wurde. Die zweite Zuckerl\u00f6sung hob die Quecksilbers\u00e4ule in 36 Stunden auf 22\u201d 10'\u201d H\u00f6he, und die dritte L\u00f6sung von 1,140 Dichtigkeit in 48 Stunden bis auf 45 9 \" Die Beobachtungen geschahen bei 161\u00b0 Reaum. Temperatur, und man sieht aus denselben, dafs sich die Kraft der Endosmose ganz \u00e4hnlich verh\u00e4lt wie die Schnelligkeit derselben. Aehnliche Versuche wurden mit mehreren anderen Substanzen angestellt, und Hr. Dutrochet kam dabei zu dem Resultate, dafs Eiweifsl\u00f6sung die st\u00e4rkste Endosmose zeige; hierauf folge der Zucker, dann das Gummi, und am schw\u00e4chsten zeige sich dabei die Gallerte; ja diese 4","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"/\n10\nSubstanzen verhalten sich in Hinsicht der St\u00e4rke ihrer Endosmose, in Zahlen ausgedr\u00fcckt, wie folgt: Eiweilsl\u00f6sUng 12, Zuckerl\u00f6sung 11, Gummil\u00f6sung 5,1 und Gallerte 3.\nNach diesen h\u00f6chst interessanten Entdeckungen des Hrn. Dut roch et darf man kaum noch zweifeln, dafs die Kraft, mit welcher der rohe Saft im Weinstocke und in anderen Pflanzen emporsteigt, nichts weiter als die Wirkung der Endosmose ist, welche durch die unz\u00e4hligen Zellen der Wurzelspitzen und der Wurzelh\u00e4rchen mit ihrem zuckerhaltigen Safte auf die Feuchtigkeit des Bodens ausge\u00fcbt wird.\nHr. Dutrochet 6) hat in einer folgenden Abhandlung eine Aenderung. seiner Ansichten \u00fcber die Organe der Saft-f\u00fchrung bekannt gemacht; fr\u00fcher hielt derselbe die Spiralr\u00f6hren f\u00fcr solche, gegenw\u00e4rtig aber die fibr\u00f6sen Holzzellen. Die Structur dieser Elementarorgane, sagt Hr. Dutrochet, ist ganz besonders geeignet, um dem Aufsteigen der Fl\u00fcssigkeiten zu dienen. Es sind diese fibr\u00f6sen R\u00f6hren an beiden Enden \u00e4ufserst fein zugespitzt; ihre H\u00f6hlen sind die feinsten Haarr\u00f6hrchen, und die Spitze der unteren R\u00f6hre ist mit der Spitze der oberen R\u00f6hre in Articulation. Hr. 1). will sich auch \u00fcberzeugt haben, dafs die Spitzen dieser R\u00f6hren freie Oeff-nungen haben und auf diese Weise mit einander communici-ren. Diese angeblichen Oeffnungen an den Enden der Holzr\u00f6hren hat noch kein deutscher Phytotom bemerkt, und Ref. glaubt auch, dafs dieselben gar nicht vorhanden sind; ja es scheint sogar, dafs dergleichen Oeffnungen auch ganz \u00fcberfl\u00fcssig w\u00e4ren, denn es ist hinreichend bekannt, dafs der rohe Nahrungssaft nicht nur von unten nach oben durch die R\u00f6hren des Holzk\u00f6rpers l\u00e4uft, sondern dafs er sich auch, und zwar fast eben so schneHr seitlich durchziehen kann, wo Hr. Dutrochet jene L\u00f6cher noch nicht bemerkt hat.\nDagegen f\u00fchre ich eine Stelle aus Hrn. Unger's Beitr\u00e4gen zur Kenntnifs der parasitischen Pflanzen 7) an, worin auch dieser ausgezeichnete Physiologe sein Glaubensbekennt-\n6)\tRecherches sur les conduits de fa seve et sur les causes de sa progression. \u2014 M\u00e9m. pour servir \u00e0 l'histoire anat. et phys. des vc-get. et des anim. I. }>\u25a0 368.\n7)\tAnn. des Wiener Mus\u00e9ums 11. S. '25.\ni","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"11\nliifs \u00fcber die Funktion der Elementarorgane der Pflanzen abgelegt hat, welches mit demjenigen des Referenten fast vollkommen \u00fcbereinstimmt. Das Spiralgef\u00e4fs, sagt Hr. U., und die mit ihm gewissermafsen verwandte Prosenchymzelle ist urspr\u00fcnglich gewifs eher dazu bestimmt, die Nahrungsfl\u00fcssigkeit zu leiten, als sie zu bewahren und f\u00fcr chemische Ver\u00e4nderungen vorzubereiten, dagegen mufs man die Parenchymzellen mehr als Nahrungsreservoire ansehen. Die Parenchymzellen sind jedoch nach Ref. Meinung nicht blofse Reservoire f\u00fcr die Nahrungsstoffe, sondern in ihnen werden die Nahrungsstoffe gebildet, und von ihnen gehen wiederum alle Bildungen aus.\nAuch Hr. A. Poiteau8) hat einige Bemerkungen \u00fcber das Ausfliefsen des Saftes aus dem durchschnittenen Stengel der Lianen bekannt gemacht, welche sich nach dem heutigen Zustande der Wissenschaft vollst\u00e4ndig erkl\u00e4ren lassen. Er durchschnitt den Stengel einer Liane und sah, dafs an keiner der beiden Schnittfl\u00e4chen Wasser hervortrat; wurden jedoch 4 Fufs lange St\u00fccke des Stammes abgeschnitten, so lief das Wasser, welches darin enthalten war, sogleich heraus. Ref. hat schon oftmals angegeben, dafs jenes Wasser in den me-tamorphosirten Spiralr\u00f6hren enthalten sei, welche im Stamme der Lianen, wie in der Weinrebe, so grofs sind, dafs sie nicht als Haarr\u00f6hrchen wirken k\u00f6nnen, daher unterliegt das Ausfliefsen des Saftes aus den abgeschnittenen Stengelenden solcher Pflanzen ganz und gar dem Drucke der Atmosph\u00e4re; es geschieht augenblicklich, wenn das Ende des abgeschnittenen Stengels vertikal gestellt wird; es geschieht dagegen sehr langsam, wenn derselbe horizontal liegt. Trennt man dagegen den oberen Theil des Stammes, welcher noch mit seinen Bl\u00e4ttern besetzt ist, von dem Wurzelende desselben, so kann auch aus dem Ende des ersteren das Wasser nicht ausfliefsen, weil die Transpiration der Bl\u00e4tter, wenn deren Zahl hinreichend grofs ist, eine Kraft entwickelt, durch welche das Wasser in den grofsen Spiralr\u00f6hren des abgeschnittenen Endes zur\u00fcckgehalten wird. Es ist dieser Gegenstand im zweiten Theile meiner Pflanzen-Physiologie durch verschiedene Experimente\n8) Note sur la Liane des voyageurs. \u2014 Ann. des sciences natu relies, Avril 1837. />. 233.\nV t\t/\t*\t' ' '\t!\u25a0 \u25a0 ;","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nerwiesen. Endlich bleibt noch die Angabe zu erkl\u00e4ren \u00fcbrig, weshalb auch aus der Schnittfl\u00e4che des unteren Endes jener Liane kein Wasser auslief, wie es Poiteau beobachtete. Es ist durch viele Beobachtungen erwiesen, dafs das Thr\u00e4nen der Gew\u00e4chse, d. h. das Ausfliefsen ihres rohen Nahrungssaftes \u00fcber das Niveau der Verletzungen, welche dem Stamme jener Gew\u00e4chse beigebracht sind, ganz und gar der Endosmose der Wurzelspitzen zuzuschreiben ist, und dafs diese Erscheinung nur dann stattfindet, wenn die Pflanzen, wie bei dem Treiben der Bl\u00e4tter und der Knospen, eine grofse Menge Nahrung bed\u00fcrfen.\nUeber die Saftbewegung in den Charen haben wir eine Arbeit von Hrn. D utr och et 9) erhalten, welche, nebst den schon langst bekannten Erscheinungen, auch viele neue Beobachtungen enth\u00e4lt. Bei allen den vielen Untersuchungen, welche \u00fcber den Bau der Charen in Deutschland erschienen sind, beginnt Hr. D. mit einer Beschreibung dieser merkw\u00fcrdigen Pflanzengattung, aus welcher man sicherlich keinen richtigen Begriff von derselben erhalten w\u00fcrde. Es ist von einem Central- und von einem Rindensystem der Charen die Rede, letzteres m\u00fcsse man abpr\u00e4pariren, um bei der Chara flexilis die Circulation im Centralsystem sehen zu k\u00f6nnen. Man sieht hieraus, dafs Hr. Dutrochet eine doppelh\u00e4utige Chara, wahrscheinlich Chara vulgaris, aber keineswegs Chara flexilis vor sich gehabt hat, ein Fall, der auch einem ber\u00fchmten philosophischen Botaniker Deutschlands vorgekommen ist, welcher Vieles \u00fcber Circulation der S\u00e4fte in den Pflanzen geschrieben hat.\nDas k\u00fcnstliche Abziehen der \u00e4ufseren Haut bei Chara vulgaris ist ebenfalls schon lange bekannt, und h\u00e4lt man diese Pflanzen zur Winterzeit im Zimmer, so pflegen sich gr\u00f6fsten-theils jene H\u00e4ute von selbst aufzul\u00f6sen, oder in grofsen St\u00fck-ken abzutrennen. Auch Hr. D. hat die Beobachtung gemacht,\n9) Observation sur la Chara flexilis. Modification dans la circulation de cette plante sous Vinfluence d\u2019un changement de temperature, d\u2019une irritation m\u00e9canique, de l\u2019action des sels, des acides et des alcalis, de celle des narcotiques et de l\u2019alcool. V. Comptes rendus etc. At. 23. 4. Dec. 1837. p. 775.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"13\ndafs der Lauf des Saftstroms in den Schlauchen der Charen durch die Stellung* der gr\u00fcnen K\u00fcgelchen angedeutet wird, welche auf der inneren Fl\u00e4che der Charen-Schl\u00e4che linienf\u00f6rmig aneinandergereiht sind, und theilt gegenw\u00e4rtig mit Hrn. Am ici die Ansicht, dafs jene gr\u00fcnen K\u00fcgelchen die Quelle der Bewegung enthalten, welche in den Schl\u00e4uchen jener Pflanzen beobachtet wird. Hr. Du troche t hat aber auch gesehen, was ebenfalls schon lange bekannt ist, dafs die Saftbewegung auch an solchen Schl\u00e4uchen der Charen vor sich geht, welche keine gr\u00fcnen K\u00fcgelchen auf der inneren Fl\u00e4che besitzen, und dieses ist ja auch bei allen anderen Pflanzen der Fall, wo bis jetzt diese Bewegungen im Safte der Zellen beobachtet sind, also kann auch in jenen gr\u00fcnen K\u00fcgelchen nicht \u00e0h Quelle der Bewegung gesucht werden. Auch hat Hr. D. ganz \u00fcbersehen, dafs eine \u00e4hnliche Circulation in allen Zellen der sogenannten Rindenschicht der Charen vorkommt; aber es scheint, als wenn derselbe von allen den unz\u00e4hligen Arbeiten, welche \u00fcber die Charen und deren Saftbewegung erschienen sind, nichts weiter als die des Hrn. Amici gelesen hat.\nAuch Hr. Du troche t unterband die Schl\u00e4uche der Chara und sah die dadurch entstandene Theilung der allgemeinen Str\u00f6mung; ein Internodium, welches dreimal zusammengeschn\u00fcrt wurde, zeigte vier besondere Kreisbewegungen, welche sogar fortbestanden, als die angrenzenden Abtheilungen abgeschnitten wurden.\nHr. D. untersuchte den Einflufs verschiedener Temperaturen auf die Bewegung in den Charen, und sah ebenfalls, dafs dieselbe noch bei dem Gefrierpunkte des Wassers bestehe, aber nur sehr langsam vor sich gehe. Corti sah aber schon, dafs eine K\u00e4lte von 2 \u2014 5\u00b0 die Pflanze t\u00f6dte; doch im Allgemeinen darf man nur sagen, dafs wirkliches Gefrieren die Pflanze t\u00f6dte und die Bewegung zum Aufh\u00f6ren bringt. Herr D. sah, wie die Saftbewregung bei gr\u00f6fseren W\u00e4rmegraden sich beschleunigte, was bis zu 27\u00b0 Cels. hinauf ging; er hat aber nicht bemerkt, dafs nicht nur in den verschiedenen Schl\u00e4uchen, nach dem verschiedenen Alter derselben, bei einer und derselben Temperatur jene Bewegung sehr verschieden ist, sondern dafs selbst in den Zellen der sogenannten Rinde und des inneren Schlauches die Schnelligkeit in der Saftbewegung ver-","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nschieden ist. Bei Anwendung h\u00f6herer W\u00e4rmegrade, sagt Ilr, D., wurde die Bewegung anfangs etwas langsamer, erhebt sich jedoch wieder und kommt endlich zur gew\u00f6hnlichen Schnelligkeit; aber ein Wasser von 45' Cels. t\u00f6dtete die Pflanze, welche sich auch nicht mehr erholte.\nDen Einflufs des Lichtes sucht Hr. D. als unumg\u00e4nglich n\u00f6thig fiir die Erhaltung der Str\u00f6mung in den Charen darzustellen, und zwar nach den Ansichten, wonach das Licht als das Mittel zur Fixation der Kohle aus der Kohlens\u00e4ure der Luft angesehen wird. Das Licht scheint dem Referenten auf die Bewegung des Saftes in den Schl\u00e4uchen der Charen von keinem unmittelbaren Einfl\u00fcsse zu sein, denn er liefs Charen-pflanzen mehrere Monate lang in einem dunkeln Raume genau bedeckt stehen, sah aber in denselben, bei 7 \u2014 8\u00b0 R. Temperatur, noch eben so lebhafte Bewegungen, als eben dieselben Pflanzen im Sommer und bei einer noch h\u00f6heren Temperatur zeigten. Hr. D. hat mehrere Charen in einen vollkommen finsteren Raum bei 14 \u2014 22\u00b0 C. Temperatur gestellt und beobachtet, dafs die Bewegungen des Saftes in den meisten langsamer wurden, ja in den j\u00fcngeren Pflanzen sogar in 24 \u2014 26 Tagen g\u00e4nzlich aufh\u00f6rten, wobei sie bleichs\u00fcchtig geworden waren. Nach Ref. Beobachtung hat es jedoch mit jener Bleichsucht der Charen eine ganz eigene Bewandnifs; sie besteht n\u00e4mlich darin, dafs sich die Zellen der \u00e4ufseren Haut abl\u00f6sen und dann nur die innere Haut zur\u00fcckbleibt, welche bei der Chara vulgaris nur sehr wenige kleine gr\u00fcne K\u00fcgelchen auf der inneren Flache aufzuweisen hat, daher denn auch ein bleiches Ansehen zeigt. Die Endglieder dieser Pflanzen sind jedoch noch immer eben so sch\u00f6n gr\u00fcn, als die frischen Pflanzen, wenn sie auch noch so lange im Dunkeln stehen, und die Bewegung in ihren Schl\u00e4uchen h\u00f6rt nur mit dem eintre-tenden Absterben auf.\nHr. D. setzte eine Chara in luftleeres Wasser und sperrte die R\u00f6hre in Quecksilber ab; die Saftbewegung erhielt sich auch in diesen Verh\u00e4ltnissen bis zum 22. Tage und endete erst mit dem Leben der Pflanze, also ungef\u00e4hr \u00e4hnlich wie bei vollkommenem Lichtmangel. Auch Corti sah schon, dafs die Bewegung des Saftes in den Charen langsamer wurde, wenn die Pflanzen unter Oel oder unter Milch lagen. Corti\ni","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"15\nbrachte Gharen in den Recipienten einer Luftpumpe, verd\u00fcnnte die Luft so weit es ging und Jiefs die Pflanzen 4S Stunden lang darin stehen. Die Saftbewegung hatte aufgeh\u00f6rt, aber nachdem die Pflanzen in frisches Wasser gelegt waren, begann dieselbe im Verlauf von 8 \u2014 12 Stunden von Neuem.\nAuch die Einfl\u00fcsse der mechanischen Einwirkungen in Bezug auf die Saftbewegung in den Charen hat Hr. Du troche t aufmerksam beobachtet. Jeder Druck und jede mechanische Reizung des Charen-Schlauches bewirkt ein augenblickliches Langsamwerden und selbst eine vollkommene Cessation der Saftbewegung, welche sich aber bald wiederherstellt, ganz im Verh\u00e4ltnisse der St\u00e4rke der Einwirkung. Wirkliche Verletzung der Membran, und wenn auch nur mit der Spitze einer Nadel, bringt augenblickliches Aufh\u00f6ren der Bewegung hervor, welche nie wieder zur\u00fcckkehrt. (Die Wirkung der Verletzungen bei den Charen sind \u00fcberhaupt ganz \u00e4hnlich, wie bei den \u00fcbrigen Pflanzen, in deren Zellen \u00e4hnliche Bewegungen vor sich gehen. Schneidet man einzelne Aeste der Charen ab, so cessirt die Bewegung in den zun\u00e4chst liegenden Zellen auf l\u00e4ngere Zeit, ja bei der Vallisneria dauert es oft 10\u201415 Minuten, bis die Bewegung in den Zellen des angefertigten Schnittes wieder in voller Lebhaftigkeit vor sich geht. Ref.). Hr. D. will auch beobachtet haben, dafs der einfache Charen-Schlauch leichte convulsivische Bewegungen zeige, wenn der eine Knoten eines Internodiums gestochen wird, und auch wenn die \u00e4ufsere Rindenhaut abgeschabt wird. Auch in diesen F\u00e4llen sollen Reihen gr\u00fcner K\u00fcgelchen die Ursache der Bewegung sein, denn sie sollen sich zuweilen im Zickzack kr\u00fcmmen, \u00e4hnlich den Muskelfiebern, w\u00e4hrend die Membran des Schlauches dabei keinen Antheil nimmt. Ref. hat sich von der Richtigkeit dieser Angaben noch nicht \u00fcberzeugen k\u00f6nnen.\nInteressant sind eine Reihe von Beobachtungen \u00fcber die Einwirkung verschiedener chemischer Stoffe auf die Safthewe-gung in den Charen, deren Wirkung auf die Excitabiiit\u00e4t der Tbiere bekannt ist. Es wurde ein Ende einer Chara in eine L\u00f6sung von kaustischem Kali gestellt, welche 77)\u2019(|()- desselben enthielt; die Bewegung wurde zuerst langsam, doch 5 Minuten sp\u00e4ter wurde sie wieder sehr stark. Nach 25 Minuten","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nwurde die Bewegung wieder langsamer, und nach 35 Minuten h\u00f6rte sie g\u00e4nzlich auf. Kalkwasser hob die Bewegung in den Charen Schl\u00e4uchen in 2 \u2014 3 Minuten auf; Ref. kann dieses auffallende Resultat best\u00e4tigen. Augenblickliches Eintauchen der Charen in Kalkwasser schadet denselben nichts, doch blieben dieselben 4, 5 und 6 Minuten in dem Kalkwasser liegen, so h\u00f6rte die Bewegung auf.\nIn einer L\u00f6sung von Weinsteins\u00e4ure (1 Theil auf 50 Th. Wasser) dauerte die Bewegung in den Charen-Schl\u00e4uchen nur 10 \u2014 12 Minuten; in einer schw\u00e4cheren L\u00f6sung dieser S\u00e4ure (1 Theil auf 1000 Th. Wasser) wurde die Bewegung sehr langsam, doch 5 Minuten sp\u00e4ter erlangte dieselbe wieder ihre Lebendigkeit durch die Reaction der Lebensth\u00e4tigkeit. Nach f Stunden wurde die Bewegung wieder langsam, und nach einer Stunde h\u00f6rte sie ganz auf. Aehnlich verhielten sich die Charen in einer L\u00f6sung von Meersalz, und Hr. D. kam durch diese Beobachtungen zu dem Schl\u00fcsse, dafs starke Dosen von Salzen und von S\u00e4uren die Bewegung in den Charen f\u00fcr immer aufheben, dafs aber eben dieselben Stoffe, in geringeren Quantit\u00e4ten, anfangs zwar eine Stockung in der Bewegung des Safts veranlassen, dafs aber sp\u00e4ter diese sch\u00e4dliche Einwirkung durch die Lebensth\u00e4tigkeit der Pflanze wieder bek\u00e4mpft wird, und die Bewegung nach wie vor zu beobachten ist. Indessen ganz \u00e4hnlich verh\u00e4lt es sich auch mit dem \\ e-getations-Prozesse bei anderen Pflanzen.\nIn einem Charen-Sclilauche, welcher in eine L\u00f6sung von Opium-Extrakt (1 Theil auf 14 Th. Wasser) gestellt wurde, hatte die Bewegung 6 Minuten nach der Einwirkung g\u00e4nzlich aufgeh\u00f6rt. Nach einer Viertelstunde begann sie wieder ganz langsam, doch nach einer halben Stunde h\u00f6rte sie g\u00e4nzlich auf. In einer schw\u00e4cheren Opium-L\u00f6sung (1 Th. auf 288 Th. Wasser) war die Wirkung \u00e4hnlich, doch nach 10 Minuten kehrte die Bewegung wieder ein und dauerte mit, angeblich noch gr\u00f6fserer Schnelligkeit, noch 18 Stunden hindurch. In einer halb so starken Opium-L\u00f6sung wurde die Bewegung nur etwas langsamer und kehrte sp\u00e4ter mit noch gr\u00f6fserer Lebendigkeit zur\u00fcck.\nDie Einwirkung des Alkohols auf die Bewegung verh\u00e4lt sich \u00e4hnlich der Wirkung des Opium\u2019s. Aehnliche Beobach-\ni","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"17\nhingen hat man auch an anderen Pflanzen angestellt, vorz\u00fcglich findet man dergleichen in einer Dissertation von Sch \u00fcbler und Zeller: lieber die Einwirkung verschiedener Stoffe\nauf die Vegetation etc. T\u00fcbingen 1826. ___\nHerr Becquerel l) hat eine Reihe interessanter Versuche angestellt, um die Natur der Kraft zu erforschen, welche jene Kreisstr\u00f6mungen des Saftes in den Schl\u00e4uchen der Charen veranlasst. Herr Amici u. A. m. hielten jene Th\u00e4tigkeit f\u00fcr eine, der galvanischen Kraft \u00e4hnliche, welche durch die S\u00e4ul dien von gr\u00fcnen K\u00fcgelchen veranlagst w\u00fcrde, womit die innere Fl\u00e4che der Charen-Schl\u00e4uche bekleidet ist. Die Entladung kleiner S\u00e4ulen durch schneckenf\u00f6rmig gewundene Charen brachte in der Saftbewegung derselben keine Ver\u00e4nderung hervor, woraus der Schliffs gezogen wurde, dafs die Bewegung in den Charen nicht durch die Electricit\u00e4t, sondern durch eine andere, ihrer Natur nach ganz unbekannte Kraft verursacht werde. Dagegen f\u00fchrten die Beobachtungen \u00fcber die Wirkung anhaltender Str\u00f6me auf die Bewegung in den Charen zu anderen interessanten Resultaten. Die durchgehende Electricit\u00e4t bewirkt anfangs eine Erstarrung der Bewegung, welche sich ganz nach der St\u00e4rke des Stromes richtet, und zwar zu gleicher Zeit auf beide Str\u00f6me, d. h. auf den aufsteigenden und auf den herabsteigenden \u00e4ufsert. Hat man durch eine gewisse Plattenzahl die S\u00e4ule so stark gemacht, dafs ihre Wirkung die Bewegung sogleich aufhebt, so f\u00e4ngt dieselbe, einige Augenblicke nachher, unter dem Einfl\u00fcsse des electrischen Stromes wieder an, und kehrt zu ihrer fr\u00fchem Lebhaftigkeit zur\u00fcck. Vergr\u00f6fsert man nochmals die Zahl der Platten-Paare, s\u00f6 steht die Bewegung von Neuem still, und das kann man in der Art fortsetzen, so dafs durch die Wirkung einer starken S\u00e4ule die Bewegung auf mehrere Stunden still steht. Durch allm\u00e4hlige Wegnahme der Platten-Paare kann man die Bewegung wieder um so schneller zur\u00fcckf\u00fchren, doch wird keine Desorganisation durch den durchlaufenden electrischen Strom verursacht. So zeigte sich also die Wirkung der Electricit\u00e4t auf die Saftbewegung in\n10) Influence de V \u00e9lectricit\u00e9 sur la circulation du Char a. -Compte rendu 1837. p. 784.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nden Cliaren \u00e4hnlich der Wirkung der W\u00e4rme, nur eine Beschleunigung derselben, konnte durch die Electricit\u00e4t nicht verursacht werden, was doch bei der Einwirkung der W\u00e4rme beobachtet wird, indessen, wie Referent glaubt, doch nur mittelbar, indem die Vegetation der Pflanze dadurch erst an Intensit\u00e4t gewinnt; von dem Grade der W\u00e4rme h\u00e4ngt wenigstens die Schnelligkeit der Bewegung in den Charen-Schl\u00e4uchen nicht ab.\nHerr Morren11) hat einige Betrachtungen \u00fcber die Bewegung des Saftes bei den Dicotyledonen bekannt gemacht, wobei er die Bemerkung macht, dafs Herrn Mohl\u2019s Entdeckung einer Intercellularsubstanz zu einer richtigeren Ansicht \u00fcber die Organe der Saftbewegung f\u00fchren m\u00fcsse. Indessen schon viele Jahre fr\u00fcher war es, wie Ref. glaubt, von mehreren Physiologen nachgewiesen, dafs die Intercellularg\u00e4nge der Pflanzen nur Luft f\u00fchren, und diese kommen dann auch in solchen Pflanzen vor, wo die innige Vereinigung verdickter Zellenw\u00e4nde durch sogenannte Intercellularsubstanz vor sich gehen soll. In vorigem Jahresbericht wurde sehr ausf\u00fchrlich \u00fcber diesen Gegenstand gehandelt, und ich habe mich durch neue Beobachtungen noch deutlicher \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, dafs die Intercellularsubstanz keine eigene Substanz ist, sondern aus den verdickten, anliegenden Zellen w\u00e4nden besteht. Ich empfehle zu diesen Beobachtungen alte Blattstiele von Rlieum-Arten und den alten Stengel der K\u00fcrbifs-Pflanzen.\nHerr Morren betrachtet die Pleurenchym-Zellen des Holzk\u00f6rpers als die Wege des aufsteigenden rohen Nahrungssafts, wozu einige Erkl\u00e4rung n\u00f6thig sein m\u00f6chte, indem diese Benennung in Deutschland noch nicht allgemein adoptirt ist. Ref. stellte das Wort: Pleurenchym als eine Benennung f\u00fcr die Bastr\u00f6hren im Jahre 1830 auf, erkannte aber sp\u00e4ter, dafs auch die sogenannten Holzzellen eine \u00e4hnliche Structur, wie die Bastzellen besitzen, und unterschied dann im ersten Theile seiner Pflanzen-Physiologie' kurze Pleurenchym-Zellen und langgestreckte Pleurenchym-Zellen, letztere umfassen die Bastr\u00f6hren, erstere die Holzzellen, welche man in Deutsch-\n11) Consid\u00e9rations sur le mouvement de la seve des dicotyl\u00e9dones. \u2014 Bullet, de VAcad\u00e9m. des sciens. de Bruxelles. 1837. p. 300.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"49\nlaud noch h\u00e4ufiger mit dem Namen der Prosenchym -Zellen belegt, worunter Ref. die Holzzellen der Coniferen versteht. Herr Morren hat sehr richtig die Thatsache angef\u00fchrt, dafs der rohe Nahrungssaft im Holzk\u00f6rper nicht nur von Unten nach Oben steigt, sondern auch in horizontaler Richtung und ebensowohl schr\u00e4g durch das Holz, ganz wie es bei der Bewegung des Saftes von Zelle zu Zelle imDiachym der verschiedenen Organe vor sich geht. Herr Morren ist indessen auch der Ansicht, dafs diese kurzen Pleurenchym-Zellen von derselben Entstehung und Bedeutung wie die \u00fcbrigen Zellen sind, und gleichsam aus sph\u00e4rischen Zellen, dem sogenannten Meren-chyme hervorgehen, daher denn auch die Wurzelh\u00e4rchen ebenfalls als solche Zellen zu betrachten w\u00e4ren, welche am Wurzelstamme emporsteigen u. s. w. Indessen gegen diese Ansicht liefse sich Vieles einwenden; die Wurzelh\u00e4rchen sind \u00e4ufserst zarte Parenchym-Zellen, und Parenchym und Pleurenchym unterscheidet sich nicht nur durch die Form der Zellen, sondern auch durch die Function. Das Pleurenchym dient mehr zur blofsen Fortf\u00fchrung der S\u00e4fte, das kurze Pleurenchym f\u00fchrt den rohen Nahrungssaft in die H\u00f6he und das langgezogene Pleurenchym (die Bastr\u00f6hren) f\u00fchren einen verarbeiteten Bildungssaft von Oben nach Unten zur\u00fcck. In den Parenchym-Zellen geschieht indessen die Assimilation der aufgenommenen Nahrungsstoffe ; sie respiriren durch die Intercellularg\u00e4nge, w\u00e4hrend die Respiration der Pleurenchym-Zellen wegen Mangel an Intercellularg\u00e4ngen fehlen mufs. Referent hat in sein\u00e8r Pflanzen-Physiologie mehrere F\u00e4lle aufgef\u00fchrt, wo Interceliularg\u00e4nge selbst zwischen den Bastr\u00f6hren auftreten, wie z. B. bei Asclepiadeen und Apocyneen und dafs in diesen F\u00e4llen diese R\u00f6hren zugleich eine milchartige Fl\u00fcssigkeit f\u00fchren, welche reich an K\u00fcgelchen ist! Die Entstehung der Wiirzelh\u00e4rcheu aus den Parenchym-Zellen ist auch vollkommen zu beobachten.\nHerr Morren giebt hierauf eine specielle Betrachtung eines umgekehrt aufgepfropften Astes einer Camellia um zu zeigen, dafs sich die Richtung in dem Steigen des Saftes nicht nur f\u00fcr einzelne Stunden umdrehen k\u00f6nne, sondern selbst w\u00e4hrend der ganzen Lebensdauer der Pflanze. Das Erstere ward bekanntlich schon durch Stephan Haies wfssenschaft-\n2 *","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nlieh erwiesen, und Ref. hat auch zu zeigen gesucht12), dafs das Steigen des Saftes in abgeschnittenen Zweigen ganz und gar durch die Transpiration der Bl\u00e4tter u. s. w. bewirkt werde, demnach die Richtung in dem Verlaufe des Saftes ganz nach Belieben des Experimentators abge\u00e4ndert werden kann. Die Begriffe aufsteigend und absteigend f\u00fcr die Bewegung des rohen Nahrangssaftes sind offenbar nicht ganz richtig; der rohe Nahrungssaft wird stets denjenigen Theilen der Pflanze zugef\u00fchrt, welche desselben bed\u00fcrfen, und somit wird er auch der Knospe eines Schnittlinges zugef\u00fchrt, selbst wenn derselbe umgekehrt dem Subjekte aufgepfropft ist. Der luftleere Raum, welcher durch die Transpiration der jungen Knospe und deren Bl\u00e4tter entstehen mufs, wird sogleich durch die Feuchtigkeit ausgef\u00fcllt, welche demselben zun\u00e4chst liegt, und so steigt der rohe Saft aus dem Subjekt durch den Holzk\u00f6r-per des Pfropfreises in das Auge, was sich selbst durch Experimente erweisen l\u00e4fst.\nHerr v. Mirbel l3) hat eine h\u00f6chst interessante Abhandlung \u00fcber das Cambium und die Art der Zellen- und Gef\u00e4fs-Bildung in den Pflanzen der Akademie zu Paris mitgethcilt. Es werden darin die fr\u00fcheren Angaben, dafs das Cambium eine zellige Schleimmasse von aufserordentlicher Zartheit ist best\u00e4tigt, und Herr v. Mirbel ist der Meinung, dafs man seine Lehre \u00fcber die Entstehung der Gef\u00e4fse (wahrscheinlich werden Spiralgef\u00e4fse darunter verstanden), welche aus Zellen hervorgehen sollen, deren Querw\u00e4nde zerst\u00f6rt werden, allgemein angenommen habe, was aber wohl keineswegs der Fall ist. Ref. geht auf den Inhalt dieser Mittheilungen noch nicht weiter ein, indem Herr v. Mirbel diese Arbeit wahrscheinlich sehr bald und ausf\u00fchrlicher bekannt machen wird; es finden sich darin \u00fcberaus sch\u00f6ne Darstellungen \u00fcber die Bildungen der neuen Holzzellen aus dem Cambium, und die Verdickung deren W\u00e4nde durch Bildung neuer Schichten aus Letzterem.\n12)\tPflanzen-Physiologie. II. Berlin 1838.\n13)\tObservations sur le cambium et sur quelques modes de for mations utriculaire ou vasculaires dans les v\u00e9g\u00e9taux. \u2014 Compte rendu 1837. p 295. L'Institut de 1837. p. 311.\ni","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"21\nHerr Girou de Buza reingues 14) hat dagegen eine Abhandlung \u00fcber die Struktur und das Wachsthum der neuen Schichten des Holzes der Dicotyledonen geliefert, welche zwar voll von neuen Beobachtungen und Ansichten ist, die aber schwerlich grofsen Beifall finden werden; Ref. wenigstens, m\u00f6chte denselben in keinem einzigen Punkte beistimmen. Schon im vorj\u00e4hrigen Jahresberichte mufste ich Gelegenheit nehmen eine Arbeit des Herrn Girou anzuzeigen, worin die unrichtigsten Beobachtungen und die irrigsten Ansichten \u00fcber die bekanntesten Gegenst\u00e4nde der Pflanzenphysiologie enthalten waren ; ziemlich \u00e4hnlich verh\u00e4lt es sich mit der vorliegenden Abhandlung. Herr Girou schreibt und arbeitet best\u00e4ndig ohne die Arbeiten seiner Vorg\u00e4nger zu benutzen, und diese Nichtachtung der Beobachtungen Anderer ist die Veranlassung, dafs die Resultate seiner Untersuchungen von der Art sind, als wenn man die Pflanzenphysiologie erst im vergangenen Jahre zu bearbeiten angefangen h\u00e4tte.\nHerr Dutrochet 15) hat in der K\u00f6nigl. Akademie der Wissenschaften zu Paris einige Beobachtungen \u00fcber die Natur und die Entwickelung des Korkes bekannt gemacht, ohne die Beobachtungen des Herrn Mo hl zu kennen, wor\u00fcber im vorigen Jahresberichte pag. 58 gemeldet wurde. Herr D. f\u00fchrt eine Eschen-Art an, deren Aeste, von 8 bis 10 Jahren Alter, Kork entwickeln; nafch dieser Zeit h\u00f6rt die Kork-Entwickelung auf. Ref. hat \u00e4hnliche Beobachtungen an den Metrosi-deren 16) bekannt gemacht, und den Bau, so wie die Entwickelung der Korkschicht im Verh\u00e4ltnisse zu den \u00fcbrigen Rimlen-schichten im Zusammenh\u00e4nge nachgewiesen.\nDie \u00fcbrigen Angaben des Herrn Dutrochet waren schon bskannt.\nHerr Decaisne 1 7) hat der Akademie der Wissenschaften ein Memoire \u00fcber die Familie der Lardizabaleen vorgelegt, worin interessante Untersuchungen \u00fcber die Struktur des St\u00e4ngels der Dicotyledonen, besonders in Bezug auf die Menisper-\n14)\tMem. sur Vaccroissement en grosseur des exogenes \u2014 Ann. des scieur, d\u2019hist. nat. 1837. Mars g. 129 \u2014 lbt) Avec 3 pi.\n15)\tL\u2019Institut de 1837. g. 10.\n16)\tPflanzen Physiologie. 1- p 411 etc.\n17)\tL\u2019Institut d. 1837. g. 317.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nmen und Aristolochien bekannt gemacht sind. Da die Arbeit wohl sehr bald erscheinen wird, so halten wir unser Referat noch zur\u00fcck, denn die Mittheilungen im L\u2019Institut sind hiezu zu kurz. Von der auffallenden Struktur des Stammes der Gattung Cissampelos, hat auch Ref. in seiner Pflanzen-Physio-logie S. 374 u. s. w. gesprochen.\nHerr Link hat das zweite Heft seiner anatomisch-botanischen Abbildungen zur Erl\u00e4uterung der Grundlehren der Kr\u00e4uterkunde 1S) herausgegeben, welche mit deutschem und lateinischem Texte begleitet sind. Ref. hat schon im vorigen Jahresberichte auf dieses n\u00fctzliche Unternehmen aufmerksam gemacht, welches zur allgemeinen Verbreitung der phytoto-mischen Kenntnisse Vieles beitragen mufs. Die Abbildungen sind \u00fcberaus sauber und sch\u00f6n in Stein ausgef\u00fchrt, und im vorliegenden Hefte befinden sich wiederum viele, welche die Verschiedenheiten zwischen den Monocotyledonen, den Dico-tyledonen, den Coniferen, Cycadeen u. s. w. vortrefflich hervorheben, und defshalb auch den Geognosten zu empfehlen sind.\nHerr Morren 19) sucht zu zeigen, dafs ihm die Priorit\u00e4t in der Entdeckung der Zellenvermehrung durch blofse Thei-lung zukomme, indem er schon im Jahre 1830 die Beobachtung bekannt gemacht habe, dafs sich ein jeder vierte Thcil seiner niedlichen Aigen-Gattung Crucigenia bei der Vergr\u00f6fse-rung wiederum in 4 kleinere Zellen theile u. s. w. Im vorigen Jahresberichte ward dieser Gegenstand S. 20 u. s. w. besprochen und Referent f\u00fchrte Herrn Dum or tier, als den Entdecker dieser interessanten Thatsache an, welche 1832 pu-blicirt wurde; Herr D. war wenigstens der erste Botaniker, der sich der Bedeutung der Thatsachen bevvufst war, aus welchen man mit Bestimmtheit auf die Vermehrung der Zellen durch Theilung schliefsen durfte, und Herr Mo hl hat diesen wichtigen Gegenstand an Conferva glomerata noch umst\u00e4ndlicher er\u00f6rtert, Vermuthungen und stille Voraussetzungen, dafs sich die Zellen auf eine solche Art vermehren, sind schon sehr oft ge\u00e4ufsert, aber es ist ein sehr grofser Unterschied\n18)\tBerlin 1837, fol.\n19)\tBulletin de VAcademie royale d. science etc. de Bruxelles 1837. p. 300.\ni","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"23\nzwischen der Entstehung neuer Zellen auf dem angegebenen Wege und zwischen der Bildung der Pollenbl\u00e4schen, welche \u00e4hnlich den Zellen im Ei weifsk\u00f6rper der Saamen entstehen, und Herr Morren darf wohl nicht die Priorit\u00e4t in den Entdeckung jener Thatsachen in Anspruch nehmen. Es war sehr bekannt, dafs z. B. bei einer Conferve s\u00e4mmtliche Zellen aus der einzelnen Zelle der Spore hervorgehen, aber defshalb wufste man noch nicht auf welche Weise diese Vermehrung der Zellen entsteht. Man kannte die Abschn\u00fcrung der Sporen bei mehreren Faden-Piken, und man kannte die Verl\u00e4ngerung dieser Sporen bei der Entwickelung der jungen Pflanze, man hatte aber keine deutliche Vorstellung von dem Vorg\u00e4nge, welcher dabei stattfindet.\nHerr Morren hat seitdem seine Beobachtungen \u00fcber die Theilung der Zellen bei den Conferven fortgesetzt und glaubt dahin gekommen zu sein, dafs er an Conferva dissiliens alle Momente Fei der Bildung der Querw\u00e4nde erkannt habe; er sah bei dieser Pflanze, dafs sich die Zellen verl\u00e4ngerten und die Masse, welche darin enthalten war, in der Mitte durch einen durchscheinend freien Raum in zwei Theile gethcilt wurde, der von einer schleimigen Fl\u00fcssigkeit gebildet wurde, die wegen ihrer Bestimmung eine Intercellular-Substanz sein soll und Zwischen-Chromula genannt (Inter oder meta-chro-mulaire oder Met endo chroinique') ward. Nun aber geschieht die Condensation von der Peripherie dieser Substanz aus, wodurch zugleich die Vereinigung mit der allgemeinen Zelle ausgef\u00fchrt wird, und indem dieselbe immer weiter nach dem Centrum vorr\u00fcckt, tritt die gebildete doppelte Membran in die Stelle der durchsichtigen fl\u00fcssigen Substanz, so dafs alsdann jede einzelne Masse des Endochrom\u2019s ihre eigene Membran besitzt.\nHerrn Dutrochet\u2019s Memoir \u00fcber die Respiration der Pflanzen, wor\u00fcber im vorigen Jahresberichte S. 56 nur mit wenigen Worten berichtet werden konnte, ist gegenw\u00e4rtig vollst\u00e4ndig publicirt 20) ; die Resultate dieser Arbeit stimmen in-\n20) S. Recherches sur les organes pneumatiques et sur la respiration des v\u00e9g\u00e9taux \u2014 in der Gesammtausgabe der Memoiren des Herrn Dutrochet. I. S. 320\u2014364.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\ndessen sehr wenig mit den Ansichten vieler anderer Physiologen iiberein, und ebensowenig mit denen, welche ich selbst \u00fcber diesen Gegenstand zu verbreiten gesucht habe, so dafs eine n\u00e4here Beleuchtung der Angaben n\u00f6thig wird, aus welchen jene Resultate gezogen sind.\nAuch Herr Dutrochet klagt gegen die Botaniker, welche da glauben, dafs das Leben der T.liiere mit demjenigen der Pflanzen nichts gemein habe; nach seiner Ansicht, welcher Ref. in dieser Hinsicht ganz beistimmt, ist das Leben bei allen Wesen in seinen Grunderscheinungen nicht verschieden. Man hat nicht selten angenommen, d\u00e4fs die Erscheinungen, welche man bei den Pflanzen unter der Respiration versteht, in ihren Resultaten der Respiration der Thiere gerade entgegengesetzt w\u00e4ren; auch Herr Dutrochet theilt diese Ansicht nicht, sondern nach ihm besteht die Respiration bei den Pflanzen, wie bei den Thieren, in einer Fixation des Sauerstoffgases, w\u00e4hrend Ref. in seiner Physiologie (IL S. 150) zu zeigen gesucht hat, dafs die Respiration der Pflanzen wie die der Thiere in einer Entkohlung der Substanz besteht, indem bei beiden Sauerstoff eingeathmet und Kohlens\u00e4ure ausgeathmet wird.\nBei der Untersuchung \u00fcber die Organe der Pflanzen, welche dem Respirations-Prozesse vorstehen, f\u00fchrt Herr Dutrochet die Meinungen der Herren Link und Amici an, nach welchen man die Spiralr\u00f6hren und deren Metamorphosenstufen, als die pneumatischen Apparate der Pflanzen an-sehen mufs. Indessen Herr Link ist in seinen neuen Schriften keineswegs dieser Ansicht, er sagt vielmehr, dafs man auch im Darmkanal der Thiere Luftanh\u00e4ufungen finde, derselbe w\u00e4re aber doch zu anderen Zwecken vorhanden. Noch entschiedener zeigt sich das Luftfiihren in den Zellen des Markes, und nichts kann bestimmter sein, als dafs dies Mark zur Saft-fiihrung und Verarbeitung des aufgenommenen Safts fiir den jungen Trieb dient. Herr Dutrochet war fr\u00fcher der Ansicht, dafs die grofsen Spiralr\u00f6hren im Holze des Weinstockes den Nahrungssaft f\u00fchren, er erkennt dieses zwar auch gegenw\u00e4rtig noch f\u00fcr richtig, aber er glaubt, dafs dieses nur defs-halb geschehe, weil der Weinstock, so lange die Bl\u00e4tter fehlen, auch keine Transpiration zeige, und dais sich defshalb der Saft in den Spiralr\u00f6hren anh\u00e4ufe.\ni","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"25\nDie Spiralr\u00f6hren sollen also die pneumatischen Organe im Holzk\u00f6rper der Pflanzen sein, w\u00e4hrend in der Rinde besondere grofse Zellen Vorkommen sollen, welche Luft f\u00fchren, im inneren der Rinde gelagert sind und mit einander commu-niciren sollen. Referent mufs gestehen, dafs er keinen Begriff von diesen Zellen hat, welche im Inneren der Rinde der Respiration vorstehen sollen, ganz abgesehen davon, dafs es nicht wahrscheinlich ist, dafs die Natur zur Ausf\u00fchrung der Respiration der Pflanzen im Holzk\u00f6rper die Spiralr\u00f6hre und im Rindenk\u00f6rper besondere Zellen benutzen werde.\nIn meiner Pflanzen-Physiologie habe ich dagegen zu zeigen gesucht, dafs das Intercellular-System in den Pflanzen der Respiration vorstehe, und dafs nur dergleichen Elementarorgane der Pflanzen mit Intercellular-G\u00e4ngen umgeben sind, oder gr\u00f6fseren Lufth\u00f6hlen zun\u00e4chst liegen, in welchen wirkliche Assimilation der aufgenommenen Nahrung stattfindet, denn So wie die Respiration bei den Thieren eine Verbesserung des Blutes, d. i. des allgemeinen verarbeiteten Nahrungs-tmd Bildungssaftes bewirkt, so veranlafst die Respiration in den Pflanzen eine Verbesserung des Nahrungssaftes, welcher in jeder Parenchym-Zelle verarbeitet wird; ja vergleicht man die Zusammensetzung der Thiere und der Pflanzen, so wird man schon hieraus ersehen, dafs eine Respiration, wenn sie mit derjenigen in den Thieren in ihren Resultaten \u00fcbereinstimmend sein soll, auf keine andere Weise bei den Pflanzen vor sich gehen kann. Verfolgt man den Zusammenhang, welcher zwischen den Intercellularg\u00e4ngen und den Lufth\u00f6hlen, Athemh\u00f6hlen uud den Spiral\u00f6ffnungen der Hautdr\u00fcsen vorhanden ist, so wird die Ansicht, welche Ref. mit Herrn Unger tlieilt, dafs die Intercellularg\u00e4nge dem Respirations-Prozesse der inneren Pflanzensubstanz vorstehen, wohl mehr als wahrscheinlich. Sind die Hautdr\u00fcsen mit Harz bedeckt, wie so h\u00e4ufig bei den Coniferen, so ist dieses nur als eine zuf\u00e4llige Anh\u00e4ufung des Excretes in der Grube der Epidermis anzusehen.\nDie Bl\u00e4tter sind indessen diejenigen Organe, welche jene genannten Respirationsvorrichtungen in gr\u00f6fster Anzahl besitzen. Herr Dutrochet f\u00fchrt die Meinungsverschiedenheit \u00fcber die Bedeutung der Bl\u00e4tter in Hinsicht ihrer Funktion an; nach","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\neinigen Botanikern sind dieselben, als Einsaugungsorgane mit den Luftwurzeln verglichen worden, von anderen dagegen f\u00fcr die Lungen der Pflanzen erkl\u00e4rt. Dieser letzteren Meinung schliefst sich auch Herr Dutr och et an, und auch gewifs noch viele andere Botaniker theilen dieselbe. Die Bl\u00e4tter der Pflanzen \u00fcben auf den in ihnen enthaltenen Nahrungssaft eine \u00e4hnliche Wirkung aus, wie der Respirations-Akt in den Lungen der Thiere auf das Blut, und der aus den Bl\u00e4ttern der Pflanzen zuriicksteigende Saft, der Bildungssaft, ist es, welcher eini-germafsen mit dem Blute der Thiere zu vergleichen sein m\u00f6chte, indem aus ihm die neuen Massen gebildet werden.\nDie Beobachtungen haben schon lange gelehrt, dafs die Pflanzen den gr\u00f6fsten Theil der Tageszeit hindurch Sauerstoff absorbiren; zur Erkl\u00e4rung dieser Erscheinung macht Herr Dutrochet auf die wichtige Entdeckung des Herrn Theod. de Saussure aufmerksam, dafs por\u00f6se K\u00f6rper und besonders solche, welche reich an Kohlenstoff sind, das Verm\u00f6gen besitzen gewisse Gase anzuziehen und zu comprimiren; so z. B. kann die Kohle das \u00d6^fache ihres Volumens an Sauerstoff absorbiren. Es k\u00f6nnte wohl sein, dafs die Einsaugnng des Sauerstoffes durch die Pflanzen auf eine \u00e4hnliche Weise vor sich geht, wenigstens stimmt die Menge des verbrauchten Sauerstofles mit der Menge der Spalt\u00f6ffnungen und Luftbe-h\u00e4ltern bei gewissen Pflanzen. Indessen nicht alle por\u00f6se K\u00f6rper besitzen jene Eigenschaft die Gase zu comprimiren, die Magnesia und die Kalkerde machen z. B. Ausnahmen.\nDer Inhalt des \u00fcbrigen Theiles dieser Abhandlung ist theils schon in fr\u00fcheren Arbeiten mitgetheilt, theils haben wir das Wesentliche desselben schon im vorigen Jahresberichte aufgef\u00fchrt.\nHerr Schleiden 2 *) hat einige Beobachtungen \u00fcber \u00fcppige Entwickelung verschiedener Pflanzen in kohlens\u00e4urehaltigem Wasser bekannt gemacht. Die Quellen in dem Tha\u00efe von G\u00f6ttingen sind reich an freier Kohlens\u00e4ure, besonders in den Bassins bei der Wehnder Papierm\u00fchle, und hierin zeigt sich eine reiche und \u00fcppige Vegetation, welche im Fr\u00fchling um\n21) Notiz \u00fcber die Einwirkung freier Kohlens\u00e4ure auf die Ern\u00e4hrung der Pflanzen. \u2014 S. dieses Archiv, 3. Jahrg., 1. Theil, S.279.\nt","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"27\nganze Wochen fr\u00fcher erscheint lind im Herbste l\u00e4nger dauert, als an anderen Stellender Gegenden. Herr Schleiden glaubt, dafs hier die freie Kohlens\u00e4ure im Wasser einen vorteilhaften Einflufs auf die Vegetation aus\u00fcbt, was allerdings der Fall sein k\u00f6nnte; denn Beobachtungen haben gelehrt, dafs bei der Vegetation der Pflanzen im Sonnenlichte, der Zusatz einer sehr kleinen Quantit\u00e4t von Kohlens\u00e4ure in der umgebenden Atmosph\u00e4re, eine viel st\u00e4rkere Entwickelung von Sauerstoffgas veranlafst, als dieses in gew\u00f6hnlicher Atmosph\u00e4re geschieht.\nIn der Abhandlung \u00fcber die Seele der Pflanzen hat Herr v.Martius22) seine Ansichten \u00fcber \u2018die Ern\u00e4hrung derPflanzen ausgesprochen. Die ganze St\u00e4rke des Pflanzenlebens giebt sich nach seinen Aeufserungen in der Assimilation zu erkennen, indem hier Unorganisches zu Organischem gemacht und gestaltet werden mufs. Es sei dieses ein wesentlicher Character, durch welchen sich die Pflanzen vom Thiere unterscheiden, indem dieses gr\u00f6fstentheils nur organisirte Nahrung aufnimmt. Bekanntlich, sagt Herr v. Martius n\u00e4hrt sich das Gew\u00e4chs aus der Erde, aus dem Wasser und aus dem Luftkreise, doch Ref. glaubt mit vieler Bestimmtheit nachweisen zu k\u00f6nnen, dafs sich auch die Pflanzen nur durch Aufnahme von organischen Stoffen ern\u00e4hren, und dafs sowohl die Aufnahme dieser, als auch die der anorganischen Stoffe, welche den Wurzeln in gel\u00f6stem Zustande dargeboten werden, ganz nach den festen Gesetzen der physischen Kr\u00e4fte aufgef\u00fchrt werde. (Durch eine grofse Reihe von Versuchen ist es nachgewiesen, dafs Pflanzen in einem Boden von anorganischen Stoffen nicht wachsen; werden ihnen aber organische Stoffe zur Ern\u00e4hrung dargeboten, so wachsen sie und fixiren in ihren gr\u00fcngef\u00e4rbten Pflanzentheilen durch den Einflufs des Sonnenlichtes die Kohle aus der Kohlens\u00e4ure der Luft, und haupts\u00e4chlich sind es die Bl\u00e4tter, welche diesem Gesch\u00e4fte vorstehen. Nach dem Abfallen der Bl\u00e4tter werden dieselben zu Humus verwandelt, und dieser giebt den Wurzeln der Pflanzen wieder die n\u00f6thige Nahrung. Ref.)\nHerr v. Martius meint, dafs die Pflanzen bei allen Gesch\u00e4ften ihres vegetabilen Lebens nach einer gewissen Wahl,\n22) Reden und Vortr\u00e4ge etc. S. 244.","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nalso mit demjenigen Verm\u00f6gen handelt, welches im menschlichen Geiste Wille wird. Die Pflanzen sollen dadurch aus den mannigfaltig dargebotenen Nahrungsstoffen diejenigen ausw\u00e4hlen, welche ihnen besonders befreundet sind, indessen lief, glaubt, dafs alle richtig angestellten Beobachtungen, von welchen man doch so lange ausgehen mufs, bi\u00ab, neuere etwas Anderes erweisen, daliin zeigen, dafs die Pflanzen ihre Nahrung nicht aus w\u00e4hl en.\nHerr J. B. Re ade 23) hat verschiedene Elementar-Analyseii bekannt gemacht, aus welchen auf eine sehr auffallende Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung der Zellenmembran und der Spiralgef\u00e4fse in einer und derselben Pflanze zu schliefsen w\u00e4re. Die Analysen wurden im Laboratorium des Herrn Rob. Rigg zu Walworth ausgefiihrt, doch ist die Methode leider nicht angegeben. Aus den Wurzeln der Hyacinthe trennte Herr Re ade die Spiralgef\u00e4fse von dem umgebenden Zellengewebe durch Reiben zwischen den Fingern, und dann wurden beide Substanzen f\u00fcr sich allein analysirt. Es enthielten hiernach :\nSpiralgef\u00e4fse: Kohlenstoff 41,8 Wasserstoff 1,1 Stickstoff 4,3 Wasser\t51,8\nResiduum 1\n100\nZellengewebe:\n\u2014\t39,2 Sauerstoff 7,14\n\u2014\t3,9\n\u2014\t48,5\n\u2014\t1\n100\nDiese Resultate sind in mehrfacher Hinsicht so auffallend von Allem abweichend, was wir bis gegenw\u00e4rtig \u00fcber \u00e4hnliche Gegenst\u00e4nde kennen, dafs wir ihre Richtigkeit gleich von Vorne herein bezweifeln m\u00fcssen. Der geringe Kohlengehalt jener Substanzen, der ja nach diesen Angaben kleiner, als der im Amylum und Gummi w\u00e4re, ist schon sehr unwahrscheinlich, selbst wenn noch keine \u00e4hnliche Analysen ausgef\u00fchrt w\u00e4ren. Nach jenen Angaben soll aber das Zellengewebe\n23) On the Chemical Composition of Vegetable Membrane and Fibre; with a Reply to the Objections of Prof Henslaw and Undicy. \u2014 The London and Edinburgh Philosophical Magazine and Journal of Science. Nov. 1837. p. 418 \u2014 424.","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"29\nSauerstoffgas und die Spiralgef\u00e4fse Wasserstoffgas \u00fcbersch\u00fcssig enthalten, was aber durch Analysen in deutschen Laboratorien nicht best\u00e4tigt wird. Auch soll Herr Rigg schon seit l\u00e4ngerer Zeit gefunden haben, dafs das Perigonium der Hyacinthe \u00fcbersch\u00fcssiges Sauerstoffgas enthalte, w\u00e4hrend das Pistill und der Pollen einen Ueberschufs an Wasserstoffgas zeige, so dafs Herr Reade dadurch zu dem Schl\u00fcsse kommt, dafs die Fiber (wahrscheinlich wird Spiralfaser darunter verstanden!) Wasserstoff und die Zellenmembran Sauerstoffgas \u00fcbersch\u00fcssig enthalte, und zwar in solchem Verh\u00e4ltnisse, dafs diese Gase Wasser bilden, wenn jene Organe zusammen analysirt werden.\nWas nun die. Analysen der Spiralgef\u00e4fse und des Zellengewebes aus den Wurzeln der Hyacinthe betrifft, so mufs ich bemerken, dafs es zu den schwierigsten, bei der Hyacinthe sogar zu den unausf\u00fchrlichsten Arbeiten geh\u00f6rt, die Spiralgef\u00e4fse dieser Pflanze in so grofser Menge, d. h. vollkommen von Zellengewebe jeder Art getrennt darzustellen, als zu irgend einer Elementar-Analyse n\u00f6thig ist; auch zerreifsen die Spiralgef\u00e4fse bei der Hyacinthe .sehr leicht, und h\u00f6chstens k\u00f6nnte man etwas Fasern rein darstellen. Auch erhalten wir gar keine Mittheilungen, auf welche Weise sich flerr Reade \u00fcber die Reinheit der angewendeten Substanzen \u00fcberzeugt hat. Eine jede einzelne Zelle des Zellengewebes mufs zerst\u00fcckelt und dann durch Alkalien, S\u00e4uren, Alkohol, Aether und Wasser mehrfach ausgelaugt werden, wenn man ein Resultat \u00fcber die Zusammensetzung der Membran erhalten will. So ist auch der bedeutende Gehalt an Stickstoff, welchen jene Analysen zeigen, wohl nur den stickstoffhaltigen Substanzen zuzuschreiben, welche in den Zellen enthalten sind; denn die vielen sorgf\u00e4ltigen Analysen des Zellengewebes, des Holzes u. s. w., welche bisher schon angestellt waren, liefern meistens gar kein Stickstoffgas, oder doch nur so viel, dafs man es als einem fremdartigen Bestandteile zugeh\u00f6rig betrachten mufs. Herr Rigg hat sogar \u00fcber die verschiedene Theile des Bliithenschaftes der Hyacinthen verschiedene Analysen ausgef\u00fchrt; so trennte er die Epidermis, ferner das Zellengewebe, welches dicht unter der Epidermis liegt, die Spiralgef\u00e4fse und die l\u00e4ngeren Zellen, welche biindelf\u00f6rmig durch das Parenchym verlaufen, und unterwarf eine jede dieser 4 Substanzen","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\neiner besonderen Analyse welche, auffallend genug, Resultate gegeben haben, die den Erwartungen ganz entsprechen. Man m\u00f6ge es indessen dem Referenten verzeihen, wenn er \u00fcber jene Theilnng des B\u00efnthenschaftes in die genannten 4 Substanzen seine wahre Meinung ausspricht, nach welcher dieselbe zur Erlangung so grofser Massen, als zur Analyse n\u00f6thig sind, in keiner Hinsicht vollkommen auszuf\u00fchren ist, selbst dann nicht, wenn man diese Theilung unter dem Mikroskope vornimmt und ein ganzes Jahr Zeit dazu verwenden k\u00f6nnte. Hat man aber die genannten Substanzen nicht vollkommen getrennt von einander zur Analyse angewendet, so folgt schon hieraus, dafs die Analysen, selbst wenn sie richtig ausgef\u00fchrt sind, ihrem Zwecke nicht entsprechen. Vor Allem ist aber jener Gegensatz in der Zusammensetzung der Zellenmembran und der Spiralfaser, welcher sich durch vorherrschendes Wasserstoffgas und Sauerstoffgas darstellen soll, nicht anzuerkennen.\nZu einiger Best\u00e4tigung der vorangeschickten Vermuthungen, f\u00fchre ich hier einige Elementar-Analysen an, welche Herr Prof. Mitscherlich mit gr\u00f6fster Genauigkeit ausgef\u00fchrt hat; es wurde die Flachsfaser, das reine Zellengewebe aus dem Innersten des Hollundermarkes, und die reine Spiralfaser aus dem Bliithenschafte einer Musa angewendet. Alle diese Substanzen waren vorher verkleinert, dann in jeder R\u00fccksicht von fremdartigen Beimischungen gereinigt und stets mikroskopisch controllirt worden, so dafs man ganz sicher war diejenige Substanz m\u00f6glichst rein vor sich zu haben, welche analysirt werden sollte. Nach diesen Analysen enthielt die Flachsfaser in 100 Theilen 45,98 Kohle; die reine Spiralfaser des Pisang\u2019s 48,88 und das Zellengewebe des Hollundermarkes 50,65 Kohle. Wasserstoff und Sauerstoff waren im Verh\u00e4ltnisse wie im Wasser vorhanden, doch zeigten leider s\u00e4mmtliche Analysen etwas \u00fcberfl\u00fcssigen Wasserstoff, welcher aber um so geringer war, je genauer die Analyse ausgefiihrt wurde. Von \u00fcbersch\u00fcssigem Sauerstoff und von Stickstoff wurde nichts beobachtet. Die vollkommene Verbrennung der Substanzen mufste mit durchgef\u00fchrten Sauerstoffgase bewirkt werden, indem eine genaue Mengung derselben mit dem Kupferoxyde nicht ausf\u00fchrbar war, und vielleicht ist gerade dieser Methode das Vorkommen des \u00fcbersch\u00fcssigen Wasserstoffgases zuzu-\n\u00bb","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"31\nschreiben, was noch durch fernere Untersuchungen zur Entscheidung gebracht werden soll.\nln einer anderen Abhandlung hat Herr Re ade24) zu beweisen gesucht, dafs Potasche, Kalk und Kieselerde als orga-nisirbare Substanzen in die Structur der Pflanzen eingehen. Die Gr\u00fcnde, welche Herr Reade daf\u00fcr anf\u00fchrt, bestehen eigentlich nur in der Beobachtung, dafs man in der weifsen Asche der Kohle die Form der Elementar-Organe derjenigen Pflanzentheile wiederfindet, welche man verbrannt hat, und dafs dieses Ger\u00fcste theils aus Kali, Kalk und Kieselerde besteht. Es hat schon vor 2 Jahren Herr Goeppert25) von einem Kali- und Kalk-Skelette gesprochen, welches nach dem Verbrennnn der Pflanzen zur\u00fcckbleibt und die Form der Zellen, so wie der \u00fcbrigen Elementar-Organe der Pflanzen vollst\u00e4ndig nachweist. Dieses Auftreten des Kali\u2019s und des Kalkes in Form der Elementar-Organe nach dem Verbrennen derselben, ist aber wohl keineswegs von der Bedeutung des Kieselpanzers, welcher bei manchen Land- und Wasserpflanzen so sehr ausgezeichnet ist, denn wenn jene Alkalien und Erden in dem Innern der Elementar-Organe vorhanden sind, so m\u00fcssen sie sich bei dem Verdunsten der Feuchtigkeit auf die W\u00e4nde derselben niederschlagen und nach dem Verbrennen derselben die Form der Zellen, Spiralr\u00f6hren u. s. w. beibehalten. Je genauer man die Zellen der Pflanzen zerst\u00fcckelt und durch S\u00e4uren, Alkalien u. s. w; reinigt, um so weniger Asche liefern die Membranen und Fasern nach dem Verbrennen, wie es mehrfach wiederholte Beobachtungen zeigen; indessen, wenn auch in jeder Hinsicht die anh\u00e4ngenden Alkalien und Erden abgeschieden sind, so zeigen dennoch alle Zellenmembranen und selbst die \u00e4ufserst zarten Spiralfasern eine Spur von Asche, und diese stellt sich ebenfalls in Form der verbrannten Elementar- Organe dar. So fand Herr Mitscherlich, dafs die zarten Flachsfasern, welche ich auf jede m\u00f6gliche Weise zertheilt und gereinigt hatte, fast Procent solcher\n24)\tFurther Observations on the Structure of the Solid Materials found in the Ashes of recent and Fossil Plants. \u2014 The London and Edinburgh Philos. Maga%. and Journ. of Scienc. Nov 1837 p. 413 \u2014 417.\n25)\tPoggendorff\u2019s Annalen. Bd. XXXVIII. p.568.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nAscho lieferten, die sich in Form \u00e4ufserst zarter Membranen darstellt, welche zum Theil die Form der Fasern andeuten. Das Zellengewebe des Ilollundermarkes, welches nicht so leicht gereinigt werden kann, indem sich die einzelnen Zellen nicht zerreiben lassen, gab dagegen eine viel gr\u00f6fsere Quantit\u00e4t Asche, denn 0,5945 Theile Mark gaben 0,0105 Asche. In der Asche des Flachses fand Herr Mitscherlich eine Spur von Kieselerde und aufserdem Kali und Kalk; die Asche des Holluudermarkes enthielt dagegen keine Kieselerde sondern viel Kalk und Spuren von Kali und Thonerde. Man kann es also gegenw\u00e4rtig als ziemlich ganz gewifs annehmen, dafs die genannten Alkalien und Erden auch in der Substanz der W\u00e4nde der Elementar-Organe auftreten, hieraus folg); aber wohl noch nicht, wie Herr Reade glaubt, dafs man diese Substanzen ebenfalls als constituirende Theile der Elementar-Organe an-sehen miifse. Schon Herr Morren hat vor einigen Jahren (1830) die Ansicht aufgestellt, dafs die Kieselerde als constituirende Subs anz der Zellenmembran anzusehen sei; doch dieselbe hat keinen Beifall gefunden, denn man kann sehr wohl einsehen, dafs das Auftreten oder das Fehlen dieser Erden und Alkalien in der Membran ganz von dem Gehalte der Fl\u00fcssigkeiten abh\u00e4ngt, wrelche darin eingeschlossen waren.\nUeber das Auftreten der Krystalle in den Pflanzen m\u00f6chte gegenw\u00e4rtig wohl das Wichtigste bekannt sein; eine sehr ausf\u00fchrliche Bearbeitung dieses Gegenstandes hat Referent 26) mitgetheilt, und auch Herr Unger 27) hat eine Abhandlung \u00fcber ebendenselben Gegenstand, begleitet mit einer Tafel sch\u00f6ner Zeichnungen, bekannt gemacht. Herr Unger hat die Angabe, dafs die Krystalle nicht in den Intercellularg\u00e4ngen, sondern im Inneren der Zellen gebildet werden, best\u00e4tigt gefunden. Ref. hat dagegen mehrere F\u00e4lle beobachtet, in welchen Ausnahmen von dieser Regel Vorkommen28). Herr Unger giebt z. B. an, dafs die Krystalldru-sen, wrelche auf den W\u00e4nden der Lufth\u00f6hlen von Myriophyl-\n26)\tNeues System der Pflanzen-Physiologie I. S. 212 \u2014 246.\n27)\tUeber Krystallbildungen in den Pflanzenzellen. \u2014 Annalen des Wiener Museums. III. S. 1.\n28)\tS. 1. c. S. 242 u. s. w.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"33\nhim spicatum Vorkommen, ebenfalls in einzelnen hervorragenden Zellen enthalten sind, und bildet auch diese Zellenw\u00e4nde ab; Ref. konnte dagegen, selbst mit den neuestem Instrumenten, jene Zellenw\u00e4nde, welche die Krystalldrusen ein-schliefsen, in allen ihm vorgekommenen F\u00e4llen nicht sehen, und ebenso ist es den Herren Treviranus und v. Mir bei ergangen. Da ich aber mit meinen Instrumenten selbst die einzelnen Krystalle, woraus jene Drusen bestehen, viel richtiger sehen kann, als sie Herr Unger dargestellt hat, so bin ich doch der Meinung, dafs jene von Herrn Unger gezeichnete Zellenhaut rundum die Krystalldrusen, nicht vorhanden ist.\nRef. hat in seiner angef\u00fchrten Schrift noch mehrere \u00e4hnliche F\u00e4lle aufgefiihrt, wo die Ablagerung der krystallinischen Massen aufserhalb der Zellen vor sich geht und auch darauf aufmerksam gemacht, in welcher Art man sich die Bildung dieser Krystalle vorzustellen habe. In einigen F\u00e4llen, wie bei Charen, bilden sich Krystalle \u00e4ufserlich, durch blofses Niederfallen der basischen kohlensauren Kalkerde, indem die Kohlens\u00e4ure, welche dieselbe in gel\u00f6stem Zustande erhielt, von der Pflanze eingesaugt wird. Legt man dagegen Conferven in Kalkwasser, so bilden sich auf ihrer Oberfl\u00e4che kleine Kalkkrystalle, indem die Kohlens\u00e4ure der Pflanze herausgezogen wird und sich mit dem Kalke verbindet. Alle diejenigen F\u00e4lle, wo es noch zweifelhaft bleiben kann, ob die einzelner! vorkommenden Krystalle mit oder ohne Zellenhaut umschlossen sind, hat Ref. sehr umst\u00e4ndlich er\u00f6rtert, es w\u00fcrde aber zu grofsen Raum in diesem beengten Berichte einnehmen, wollte ich die neuen Thatsachen aus den im vergangenen Jahre von mir publicirten Schriften auff\u00fchren; ich werde meine eigenen Arbeiten vom vergangenen Jahre \u00fcberhaupt nur dann ber\u00fchren, wenn die darin enthaltenen Thatsachen mit anderen Beobachtungen im Widerspruche stehen.\nBei Gelegenheit, wo Herr Unger von der Frequenz der Krystalle in den Pflanzen spricht, macht derselbe die Bemerkung, dafs es noch nicht n\u00e4her bestimmt sei, ob hierbei das Alter der Pflanzen und der Standort wesentlich beitragen, obgleich man es wohl annehmen k\u00f6nne. Ref. glaubt jedoch, dafs die Physiologie gegenw\u00e4rtig \u00fcber diesen Punkt ziemlich im Reinen ist, denn wir* wissen, dafs die Pflanzen Alles auf-\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nnehmen, was ihnen der Boden im gel\u00f6sten Zustande dar-hietet, dafs sich aber die Mengen der verschiedenen Stoffe, welche aufgenommen werden, ganz nach dem Grade der L\u00f6sung verhalten, in welchen sich dieselben befanden, und dann nach der Menge jener L\u00f6sung, welche durch die Pflanzen hindurchgehen. Die festen Stoffe bleiben in den Pflanzen zur\u00fcck, denn das Wasser wird verdunstet; nun k\u00f6nnen die verschiedenen S\u00e4uren, welche in der Pflanze erzeugt sind, so wie jene, welche von den Pflanzen aufgenommen wurden, das Spiel ihrer Verwandtschaft treiben. Das Alter der Pflanze, das Alter und der Lebenszustand der einzelnen Theile der Pflanze, die Transpiration, w elche an verschiedenen Theilen der Pflanze verschieden ist, und der Grad der L\u00f6sbarkeit der zu krystal-lisirenden Substanzen, das Alles sind Momente, welche das verschiedenartige Auftreten der Krystalle in den Pflanzen erkl\u00e4ren. In den Zellen, wrorin Sauerklees\u00e4ure enthalten ist, da werden sich die sauerkleesauren Kalkkrystalle bilden; das Amylum mufs hier fehlen, wrenn die Klees\u00e4ure schon vor dem Eintritte der Kalkerde in der Zelle enthalten war, denn dasselbe wird durch langsame Einwirkung von S\u00e4uren in Zucker li. s. w. umgewandelt. So m\u00f6chte man die bewunderungsw\u00fcrdige Erscheinung erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, wrelche Herr Unger (1. c. p. 5.) anf\u00fchrt: \u201eAmylum, gr\u00fcngef\u00e4rbte Zellensaftk\u00fcgel-eben, gef\u00e4rbter Zellensaft, Zellen mit Krystallen u. s. w. Alles dieses tritt h\u00e4ufig in den einzelnen, aber neben einander liegenden Zellen auf, und in den Zellen selbst sieht man nicht den Grund dieser verschiedenen Bildungen.\u201c\nHerr Unger gedenkt der grofsen Schwierigkeiten, welche sich dem Beobachten der Krystallformen entgegensetzen, hat aber von mehreren Pflanzen, als der Strelitzia Regina, Papyrus antiquorum, Rheum undulatum, Yucca gloriosa, Musa paradisiaca und M. coccinea und der Maranta ze-hrina die verschiedenen Formen der darin enthaltenen Krystalle abgebildet und diesen Punkt mehr krystallographisch behandelt. Mehrere dieser Angaben stimmen mit meinen Beobachtungen nicht \u00fcberein, die n\u00e4chste Zeit wird die Richtigkeit der einen oder der anderen zeigen, mir scheint es aber, dafs sich hier ein reiches Feld f\u00fcr den Krystallographen er\u00f6ffnet, denn unz\u00e4hlbar sind oftmals die sch\u00f6nsten Krystalle\nt","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"35\nmit allen ihren Ab\u00e4nderungen in einer und derselben Pflanze. Die Krystalle von geschobener Form, welche Herr Unger aus der Strelitzia Regina abgebildet hat, so wie die meisten in Maranthe zebrina und im Marke der Peperomien und Piper-Arten bestehen aus Gyps; in letzteren Pflanzen fand sie Referent neben den Krystallen von kleesaurem Kalke.\nAls Anhang zu der Abhandlung \u00fcber Krystallbildungen in den Pflanzen, hat Herr Unger auch Einiges \u00fcber die Milchsafts- oder Lebenssafts-Gef\u00e4fse der Pflanzen mitgetheilt, und er verspricht dabei gelegentlich zu zeigen, was es \u00fcberhaupt mit der Art von Saftbewegung, welche in jenen Ge-f\u00e4fsen stattfindet, f\u00fcr eine Bewandtnifs habe. Wahrscheinlich wird Herr Unger diese noch immer unbegreiflich gebliebene Erscheinung zu erkl\u00e4ren im Stande sein. Auch glaubt Herr Unger durch seine Beobachtungen den Streit \u00fcber die Selbstst\u00e4ndigkeit der Milchsaftgef\u00e4fse beendet zu haben und zwar durch folgende Angaben. \u201eDie Milchsaftgef\u00e4fse sind nur ein Theil der Gef\u00e4fsb\u00fcndel (es werden darunter jene B\u00fcndel von Elementarorganen verstanden, welche bei den meisten Pflanzen verholzen und deshalb auch Holzb\u00fcndel heifsen), sie bilden zwar ein, durch h\u00e4ufige Anastomosen zusammenh\u00e4ngendes System von saftf\u00fchrenden Kan\u00e4len, sie scheinen jedoch n\u00e4her dem Parenchyme, als dem Systeme der Gef\u00e4fsb\u00fcndel verwandt zu sein.\u201c F\u00fcr diese Ansicht sollen sprechen: einmal die Lage dieser Gef\u00e4fse im Rinden- und im Markk\u00f6rper, und zweitens die Genesis der eigenen Gef\u00e4fse. Die Genesis dieser Gef\u00e4fse beruht jedoch auf folgenden Beobachtungen : Herr Unger hat auf einem L\u00e4ngenschnitte aus dem Marke von Ficus benga-lensis, welcher auch in Fig. i. zu der Abhandlung \u00fcber die Krystallbildungen in den Pflanzen dargestellt ist, mehrere, per-pendicul\u00e4r \u00fcbereinander gestellte Parenchymzellen beobachtet, welche sich durch ihren Inhalt, der dem der \u00fcbrigen Milchsaftgef\u00e4fse dieser Pflanze glich, von den angrenzenden Zellen unterschied. Offenbar, sagt Herr Unger, kann man dieses f\u00fcr nichts anderes, als f\u00fcr den Anfang eines Lebenssaftgef\u00e4fses, das wahrscheinlich in diesem Falle eine neue Anastomose zwischen zwei, der L\u00e4nge nach verlaufenden St\u00e4mmen zu bewerkstelligen sucht, halten, und die, noch als zarte Zwischenw\u00e4nde\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nerscheinenden horizontalen Zellw\u00e4nde, als jene Theile, welche im weiteren Fortgange der Entwickelung nach und nach obli-teriren. Bald darauf nennt Herr Unger diese Angaben und Vermuthungen eine Entwickelungsgeschichte der Lebenssaftge-f\u00e4fse, und glaubt, dafs sich die Bildung der Spiralr\u00f6hren eben so verhalten.\nRef. Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand stehen den Vermuthungen des Herrn Unger ganz entgegen; in der fr\u00fchesten Zeit sind die W\u00e4nde jener Gef\u00e4fse noch nicht wahrnehmbar, und in ununterbrochenen Str\u00f6men befindet sich der Milchsaft gleichsam zwischen den Zellen: sp\u00e4ter erst werden die W\u00e4nde dieser Gef\u00e4fse immer dicker und unterscheiden sich dadurch immer deutlicher von den angrenzenden Zellenw\u00e4nden, ja in einzelnen Theilen der Pflanzen, wie z. B. im Wurzelstocke u. s. w., werden sie durch die angrenzenden Zellen mit mehr oder weniger starken Einschn\u00fcrungen versehenen, so dafs dadurch selbst solche Formen entstehen, welche Herr C. H. Schultz unter gegliederten Gefafsen versteht.\n\u201eDa sich diese Lebensgef\u00e4fse,\u201c sagt Herr Unger, \u201eaus Zellen heranbilden, so m\u00fcssen nothwendig auch die Eigenth\u00fcm-lichkeiten in Betreff der Struktur der W\u00e4nde derselben auf diese Gef\u00e4fse Anwendung finden. So wie man nun die Zellwand aus zwei, mehr oder weniger verwachsenen Lamellen (oder nach meiner Ansicht aus einem urspr\u00fcnglich einfachen allm\u00e4lig in zwei Lamellen zerfallende!} Membran) ansehen kann, so kann man auch den Lebenssaftgef\u00e4fsen einen nur diesen zukommenden Bestandteil seiner \u00e4ufseren Umgrenzung kaum absprechen u. s. w.\u201c\nRef. hat sich in seinen Schriften: Ueber die Secretions-organe der Pflanzen (Berlin 1837 4.), und in der Pfianzen-Pbysiologie (II. S. 370 \u2014 428.), \u00fcber diesen Gegenstand etwas deutlicher ausgedr\u00fcckt; er glaubt, dafs die Botaniker die eigenen W\u00e4nde der Milchsaftgef\u00e4fse anerkennen m\u00fcssen, weil dieselben in der Natur vorhanden sind, und sich Jedem sichtbar zeigen, der darnach sucht; hat aber Herr Unger die Bewegung des Saftes innerhalb der Gef\u00e4fse von Ficus bengalensis noch nicht gesehen, so wird er dieselbe wohl noch k\u00fcnftig bemerken, denn sie ist darin wirklich vorhanden.","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"37\nHerr Mandl 2\u00d6) hat einige Resultate seiner Untersuchungen \u00fcber den Milchsaft der Pflanzen bekannt gemacht, welche die Aufmerksamkeit der Gelehrten im hohen Grade auf sich ziehen m\u00fcssen. Herr Mandl will n\u00e4mlich gefunden haben, dafs der Milchsaft fast aller Pflanzen Infusorien von verschiedener Form enthalte. In den Euphorbien sollen diese Infusorien sehr ausgebildet sein, doch aus der Beschreibung derselben geht leider hervor, dafs Herr Mandl nicht Infusorien, sondern die, schon von Rahn 30) entdeckten St\u00e4bchen, welche meistens aus Amylum bestehen, gesehen hat. Die Bewegungen dieser Amylum-St\u00e4bchen und Kr\u00fcmmungen, welche Herr Mandl beobachtet haben will, sind aber in der Natur nicht vorhanden. Ref. hat k\u00fcrzlich die auffallendsten Formen dieser Amylum-St\u00e4bchen der Euphorbien abgebildet31).\nUeber den Milchsaft des ber\u00fchmten Kuhbaums von S\u00fcdamerika sind durch Herrn Solly jun. 3'2) neuere Nachrichten publicirt worden. Man fand in der N\u00e4he von Caracas riesenhafte Kuhb\u00e4ume, deren glatter Stamm 60 Fufs H\u00f6he zeigte, w\u00e4hrend sich die Krone, 40 Fufs hoch erhebend, mit 24 Fufs langen Aesten nach allen Seiten hin ausbreitete. Machte man Einschnitte in die Rinde, welche bis zum Holze eindrangen, so str\u00f6mte die Schnee weise Fl\u00fcssigkeit aufseror-dentlich schnell hervor, so dafs in einer Viertelstunde eine ganze Flasche mit Saft gef\u00fcllt wurde. Die Gef\u00e4fse, welche diese Milch f\u00fchren, sitzen in der inneren braunen Schicht der Rinde. Die Milch jenes Baumes war nach England gesendet und durch Herrn Solly n\u00e4her untersucht; sie war aber offenbar gr\u00f6fstentheils verdorben, und bestand aus 62 Theilen Wasser und Essigs\u00e4ure, 30,5 Galactin und etwas Gummi, Gluten u. s. w. Mit dem Namen Galactin hat Herr Solly jene wachsartige Substanz belegt, welche in der Milch des Kuh-baumes in so grofser Menge enthalten ist; man hielt dieselbe f\u00fcr gew\u00f6hnliches Pflanzenwachs, sie unterscheidet sich aber\n29)\tL. Institut, de 1837. pag. 127.\n30)\tS. misera zweiten Jahresbericht S. 32.\n31)\tS. dessen Pflanzen-Physiologie II. Tab. IX.\n32)\tOn the Palo de Vaca or Cow Tree of South America \u2014 \u2014 The London and Edinb. Philos. Magazine 1837. II pag. 452.","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nvorn Bienenwachs durch mehrere sehr auffallende Erscheinungen. Galactin wird durch kalte Schwefels\u00e4ure aufgel\u00f6st und durch heifse sogar zersetzt; es bildet mit Salpeters\u00e4ure keine Klees\u00e4ure.\nHerr Aug. de Saint-Hilaire33) hat einen Auszug aus Herrn G. H. Schultz Schrift \u00fcber die Lebenssaft-Gef\u00e4fse, welche die Akademie der Wissenschaften zu Paris im Jahre 1833 mit dem Preise beehrte, bekannt gemacht; der Auszug enth\u00e4lt wenig Neues, was nicht schon fr\u00fcher von Herrn Schultz publicirt w\u00e4re, und da wir dem Erscheinen jener ber\u00fchmten Originalarbeit noch in diesem Jahre entgegen sehen k\u00f6nnen, so halte ich es f\u00fcr zweckm\u00e4fsiger, erst im n\u00e4chsten Berichte meine Ansichten \u00fcber die Resultate derselben vorzulegen.\nEs ist bekannt, welchen hohen Werth Herr Schultz den Milchsaft- oder Lebenssaft-Gef\u00e4fsen der Pflanzen beilegt; es ist aber noch bekannter, dafs die \u00fcbrigen Botaniker diesen Ansichten nicht beistimmen, ja wir wissen, dafs selbst die ausgezeichnetsten Physiologen unserer Zeit die wichtigsten Punkte der Lehren des Herrn Schultz \u00fcber den genannten Gegenstand g\u00e4nzlich bestritten haben. Referent war bisher der einzige Beobachter, welcher die Angaben \u00fcber die Bewegung des Milchsaftes und \u00fcber das Vorhandensein eines eigent\u00fcmlichen Gef\u00e4fssystems, wie es Herr Schultz und mehrere Andere vor ihm gelehrt haben, gegen ungerechte Angriffe verteidigt hat; weiter ging derselbe in jene Lehre von der Circulation in den Pflanzen nicht ein, denn seine eigenen Beobachtungen weichen fast best\u00e4ndig von jenen des Herrn Schultz ab. Bei diesem so ganz allgemeinen Widerstande der Physiologen, welche sich mit \u00e4hnlichen Untersuchungen besch\u00e4ftigen, lehrt Herr Schultz dennoch immer, dafs man die Pflanzen eigentlich erst nach seinen Entdeckungen \u00fcber das Circulations-System naturgem\u00e4fs eintheilen k\u00f6nne, wie dieses denn auch in seinem Systeme der Pflanzen ausgef\u00fchrt worden ist. Referent ersieht dieses wenigstens aus einer Lobpreisung jenes Syst\u00e8mes, welche ein Sch\u00fcler des Herrn Schultz, ein Studierender aus England, Ch.\nS....n mit Namen, in Form einer sogenannten Recension\ni\n33) Ann. des scienc. naturelles 1837 /. pag. 257.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"39\nvon Meyen\u2019s Neuem System der Pflanzen-Physio-logie I. Berlin 1837, im November-Hefte der Jahrb\u00fccher f\u00fcr wissenschaftliche Kritik von 1837 publicirt hat. In dieser Arbeit des Ungenannten wird ziemlich deutlich ausgesprochen, dafs des Ref. System der Pflanzen-Physiologie eigentlich deshalb seinem Zwecke nicht entspreche, weil es von der Anwendung der Entdeckungen des Herrn Schultz auf die Begr\u00fcndung eines nat\u00fcrlichen Pflanzen-Systems keine Notiz nimmt. Als erkl\u00e4renden Zusatz f\u00fchre ich zu Obigem nichts weiter an, als dafs Herr Schultz bei der Redaction der genannten Jahrb\u00fccher bedeutenden Antheil hat.\nUeber die Brauchbarkeit eines Syst\u00e8mes der Pflanzen, mag es auf wirkliche oder auf angebliche anatomische oder physiologische Entdeckungen begr\u00fcndet sein, kann nur das Urtheil der Systematiker gelten, und diese, ich f\u00fchre nur Herrn De Candolle an, haben sich g\u00e4nzlich gegen jenes System des Herrn Schultz ausgesprochen.\nAnatomische Beobachtungen \u00fcber die Elementar-Organe der Pflanzen.\nHerr Unger34) hat in den Gattungen Helosis undLangs-dorfia \u00e4ufsert dickwandige Parenchym-Zellen mit grofsen und ver\u00e4stelten T\u00fcpfelkan\u00e4len beobachtet; bei Helosis brcisiliensis wurden in solchen verdickten Zellenw\u00e4nden 13 Schichten gez\u00e4hlt, und bei Langsdorfia hypogaea sogar 30 verschiedene Schichten, welche von den T\u00fcpfelkan\u00e4len, deren Durchmesser von 0,0017 \u2014 0,0652 Wiener Linien gemessen, durchschnitten, sehr zierlich abgebildet worden sind. Die Ver\u00e4stelung solcher T\u00fcpfelkan\u00e4le ist jedoch schon fr\u00fcher durch Referenten bekannt geworden. Herr Unger ist der Meinung, dafs solche dickwandige Zellen in den meisten Pflanzen Vorkommen, w\u00e4hrend Referent dieselben nur bei einem, verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr kleinen Theile von Pflanzen finden kann. Einige F\u00e4lle, wo diese dickwandigen Parenchym-Zellen unter sehr auffallenden Verh\u00e4ltnissen auftreten, sollen hier aufgef\u00fchrt werden. Refe-\n34) Beitr\u00e4ge zur Kenntnifs der parasitischen Gew\u00e4chse. \u2014 Annalen des Wiener Museums IL S. 38.","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nrent 35) machte die Beobachtung, dafs die harten Massen der sogenannten Versteinerungen im Innern der Birnen, aus mehr oder weniger grofsen Anh\u00e4ufungen solcher dickwandigen Zellen bestehen, \u00e4hnlich denjenigen, welche Herr Molil in der Hoya carnosa entdeckte. Die W\u00e4nde dieser Zellen verdik-ken sich zuweilen so stark, dafs die H\u00f6hle in denselben fast ganz verschwindet, und die Masse wird mehr als hornartig hart, und ist f\u00fcr Menschen unverdaulich. Schon Du Hamei (Buch III. Cap. 2.) hat \u00fcber das Vorkommen der Steine in den Birnen einen sehr weitl\u00e4uftigen aber sehr reichhaltigen Bericht gegeben; es sind hiernach die Steine durch die ganze Substanz der Birne verbreitet, aber ihr Auftreten soll nicht zuf\u00e4llig sein. Das Auftreteu dieser harten Massen wird von Du Hamei sehr umst\u00e4ndlich beschrieben, doch, wie ich glaube, genauer als es sich in der Natur zeigt. Diese Substanz, sagt Du Hamei scheint sich in feine weifse K\u00f6rner zu theilen, die etwas durchsichtig bleiben, so dafs man einige Gef\u00e4fse wahrnehmen kann, die sich in denselben ver\u00e4steln. Diese feinen K\u00f6rner sind nun die einzelnen Zellen mit verdickten W\u00e4nden, und die ver\u00e4stelten Gef\u00e4fse in denselben zeigen sich mit unseren gegenw\u00e4rtigen Mikroskopen als ver\u00e4stelte Kan\u00e4le in der Substanz der Zellw\u00e4nde. Besonders beachtenswerth m\u00f6chte es jedoch sein, dafs das weiche Zellgewebe rund um die gr\u00f6fse-ren harten Massen mehr oder weniger strahlenf\u00f6rmig aneinander gereiht ist.\nDie Parenchym-Zellen von Eriophorum vaginatum sind an ausgewachsenen Exemplaren zur Herbstzeit schon im Allgemeinen sehr dickwandig, aber an den Enden der Strahlen des sternf\u00f6rmigen Zellengewebes, welches die Querw\u00e4nde in den Luftkan\u00e4len dieser Pflanze bildet, treten noch ganz besondere Verdickungen auf, durch welche sich die Enden der Strahlen gegenseitg verbinden 36), und auch in diesen Verdickungen sind eine Menge von einfachen und ver\u00e4stelten Tiipfelkan\u00e4len vorhanden, durch welche die Communication in den aneinander grenzenden Zellen erleichtert wird. Die For-\n35)\tNeues System der Pflanzenphysiologie. Berlin 1837 1 S. 25.\n36)\tS. ebendaselbst I. S. 305. Tab. II F. 5 \u2014 8","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"41\nmen dieses sternf\u00f6rmigen Zellengewebes, welche durch diese Verdickungen der Strahlenenden entstehen, geh\u00f6ren zu den interessantesten, welche bis jetzt beobachtet sind.\nSelbst in den Blumenbl\u00e4ttern treten verdickte Parenchym-Zellen im Innern der weichen Substanz auf, und diese sind, wie z. B. bei der Magnolia grandiflora, \u00fcberaus reich an T\u00fcpfel und oft sehr unregelm\u00e4fsig geformt.\nDergleichen Zellen mit verdickten Wanden, nur etwas langgezogen, fand Herr Unger an den R\u00e4ndern der Holzbiin-del von Helosis und Langsdorfia; er nennt sie Prosenchym-Zellen, doch ich glaube, dafs es nur langgestreckte, dickh\u00e4utige Parenchym-Zellen sind, ganz ebenso wie diejenigen, welche anjlen Seiten der Holzb\u00fcndel gew\u00f6hnlicher Monocotyledonen Vorkommen, die ich aber ebenfalls nicht f\u00fcr Bastzellen halten kann. Bei Langsdorfia sind nur 5 \u2014 8 solcher dickwandigen Zellen zu einem B\u00fcndel vereinigt, doch bei Helosis sind sie halbmondf\u00f6rmig an der innern Seite des B\u00fcndels gelagert, w\u00e4hrend bei Langsdorfia der ganze Schaft, sowohl innerhalb als aufserhalb des Gef\u00e4fskreises von denselben zahlreich durchsetzt wird. Herr Unger glaubt, dafs hierdurch eine Aehnlichkeit in der Struktur des Stammes von Helosis und Langsdorfia mit derjenigen des Farrnstammes zu begr\u00fcnden sei. Anastomosirende Holzb\u00fcndel, welche diesen Parasiten zukommen, findet Referent aber auch im Pandanus-Stamme.\nDas Vorkommen der Spiralr\u00f6hren in allen wahren Parasiten ist gegenw\u00e4rtig schon bekannt, und Herr Unger hat sich von ihrem Vorkommen ebenfalls \u00fcberzeugt. Die Spiralr\u00f6hren der Rhizantheen geh\u00f6ren meistens zu den netzf\u00f6rmigen und get\u00fcpfelten und sie sind kurzgegliedert.\nReferent lieferte eine Abhandlung: Ueber die Epidermis der Gew\u00e4chse37), worin er haupts\u00e4chlich dasjenige zusammenstellte, was wir heutigen Tages \u00fcber die Struktur dieses Gegenstandes wirklich wissen. Es wurde nachgewiesen, dafs schon Ludwig die Cuticula kannte und zuerst diesen Namen aufstellte; dafs ferner dieser Begriff in der Pflanzen-Anatomie zwar beibehalten werden m\u00fcsse, dafs aber die Cuticula durch\n37) Siehe dieses Archives 3ten Jahrganges lten Band, S. 211\u2014228,","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\naus keine eigene Membran ist, welche etwa die Oberfl\u00e4che der Epidermis-Zeilen \u00fcberziehe oder gar, wie es Herr Valentin darzustelleu sich bem\u00fchte, f\u00fcr eine Intercellularsubstanz zu erkl\u00e4ren sei. Ref. wies F\u00e4lle nach, in welchen man deutlich sehen k\u00f6nne, dafs auch die Cuticula, m\u00f6ge sie noch so dick sein, aus den oberen W\u00e4nden der Epidermis-Zellen zusammengesetzt sei, denn man sieht die seitliche Vereinigungslinie jener Epidermis-Zellen durch die Cuticula durchlaufen, und zwar ganz genau bis zur Oberfl\u00e4che. Am ausgezeichnetsten ist dieses auf jedem gut gef\u00fchrten Querschnitte der Bl\u00e4tter von Aloe candicans zu sehen. Auch hat Referent auf eine Spalt\u00f6ffnung aufmerksam gemacht 38), welche der Cuticula angeh\u00f6rt und unmittelbar \u00fcber der rechten Spalt\u00f6ffnung der Hautdr\u00fcse gelagert ist. Bei den Gattungen Aloe und Agave findet sich diese eigenth\u00fcmliche Bildung ganz allgemein, ich nenne sie die Vorspalte; zwischen ihr und der wahren Spalte der Hautdr\u00fcse ist noch ein, mehr oder weniger grofser Raum befindlich, der ebenfalls mit Luft gef\u00fcllt ist und sich durch die Spalt\u00f6ffnung in die Athemh\u00f6hle fortsetzt.\nReferent 3 9) machte auf einige Eigent\u00fcmlichkeiten in der Epidermis verschiedenen Orchiden aufmerksam. Bei Pleu-rothallis und Stelis zeigt die Epidermis der Bl\u00e4tter eigenth\u00fcm-lich gestaltete trichterf\u00f6rmige Gr\u00fcbchen, welche durch die ganze Schicht der Epidermis-Zellen durchgehen und zuweilen noch eben so tief in darunter liegende Zellenmasse hineinragen. Pleurothallis und Stelis zeigen nur auf der unteren Blattfl\u00e4che Hautdr\u00fcsen mit Spalt\u00f6ffnungen, jene Gr\u00fcbchen kommen jedoch auf beiden Blattfl\u00e4chen vor; auf der oberen Fl\u00e4che h\u00e4ufiger als auf der unteren. Die Zellen, welche zun\u00e4chst bei der Bildung dieser Gr\u00fcbchen Antheil haben, sind meistens mit grofsen Oeltr\u00f6pfchen versehen, zuweilen finden sich solche Oeltr\u00f6pfchen fast in allen Zellen der Epidermis der oberen Blattfl\u00e4che. Da Referent beobachtet zu haben glaubte, dafs jene Gr\u00fcbchen nicht geschlossen, sondern offen w\u00e4ren, und also eine offene Communication zwischen der atmosph\u00e4rischen\n38)\tSiehe Pflanzen-Physiologie. Tab. V. Fig. 1. bei o. und Fig. 3. bei n.\n39)\tSiehe dieses Archiv\u2019s dritten Jahrganges lsten Theil S. 421,","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"43\nLuft und dem Diachyme des Blattes veranlassen k\u00f6nnten, so wollte er dieselben, als Stellvertreter der Spalt\u00f6ffnungen an-sehen. Herr Schleiden hat aber im darauf folgenden Hefte dieses Archiv\u2019s, welches freilich schon in diesem laufenden Jahre erschienen ist, nachgewiesen, dafs die meisten jener Beobachtungen theils unrichtig, theils unvollst\u00e4ndig sind. Herr Sch. sah n\u00e4mlich, dafs die Gr\u00fcbchen nicht offen, sondern etwas \u00fcber ihrer Mitte durch eine Membran geschlossen sind. Ferner sah Herr Sch., dafs die dem Gr\u00fcbchen anliegenden Epi-dermiszellen eigenth\u00fcmlich angeordnet sind, und endlich, dafs diese, dem trichterf\u00f6rmigen Gr\u00fcbchen zun\u00e4chst liegenden Zellenw\u00e4nde ein netzf\u00f6rmig por\u00f6ses Ansehen erhalten, was durch Abbildungen verdeutlicht wird.\nHerr Sch. bringt diese Gebilde in Verbindung mit den Gr\u00fcbchen, welche bei verschiedenen Pflanzen durch das Abfallen der Haare entstehen, womit die Bl\u00e4tter so h\u00e4ufig in der Knospe bekleidet sind. Ganz \u00e4hnliche Bildungen, meint Herr Sch., h\u00e4tte Ref. schon fr\u00fcher auf der unteren Blattfl\u00e4che der Nymphaea odorata gefunden, wozu aber von ihm schon 1833 die Bildungsgeschichte verfolgt w\u00e4re. Herr Sch. fand n\u00e4mlich, dais die Bl\u00e4tter von Nuphar luteum so lange sie in der Knospe ruhen mit langen seidenartigen Haaren bekleidet sind, welche sp\u00e4ter abfallen und dann offene Gr\u00fcbchen zeigen, welche wie eingestreute runde Zellen erscheinen. Ref. hat gegenw\u00e4rtig keine Bl\u00e4tter jener Pflanze zur Hand, doch an den B\u00e4lttern der von ihm untersuchten Nymphaeen, d. JSf. odorata, coerulea, alb a (auch die kleine Variet\u00e4t), findet jene gegebene Erkl\u00e4rung des Herrn Sch. leider nicht Anwendung. Jene runden Zellen auf der unteren Blattfl\u00e4che der genannten Nymphaeen sind schon in den Knospen zu bemerken und ihre \u00e4ufsere Wand ragt etwas gew\u00f6lbt \u00fcber der Fl\u00e4che der Epidermis hervor; eine \u00e4hnlich geformte Zelle liegt unmittelbar unter jeder dieser runden tafelf\u00f6rmigen Zellen, und beide zusammen haben gew\u00f6hnlich einen gleichen H\u00f6hendurchmesser, als die angrenzenden Epidermis-Zellen. Jene runden Zellen auf den Nymphaen-Bl\u00e4ttern vergleicht Ref. mit den von ihm auf den Bl\u00e4ttern von Zea Mays 40), von Sac-\n40) Physiologie I. Tab. V. F. 20.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\ncharum officinarwn u. s. w. beobachteten \u00e4hnlichen Zellen, welche zuweilen in Haare aus wachsen, in den meisten F\u00e4llen aber unausgewachsen Zur\u00fcckbleiben. Auch imufs es sich bei den Nymphaeen \u00e4hnlich verhalten, denn einige derselben zeigen auch im ausgebildeten Zustande behaarte untere Blattfl\u00e4chen.\na\nDie Untersuchung der Bl\u00e4tter von Pleurothallis rusci-folia in verschiedenen Entwickelungs-Stufen, welche erst k\u00fcrzlich m\u00f6glich wurde, lehrte meinen Irrthum verbessern, zeigte aber auch, dafs Herr Schl ei den bei seinen, sonst sehr r\u00fchmlichen Beobachtungen ebenfalls \u00fcbersehen kann. Jene eigen-thiimlichen Bildungen auf der Epidermis der Bl\u00e4tter von Pleurothallis, deren Schliefsung durch eine Querwand Ref. \u00fcbersehen und daher auch falsch gedeutet hatte, erhalten ihren Ursprung durch einfache gestielte Dr\u00fcschen, welche zuerst als einfache Zellen aus der, dicht unter der Epidermis gelegenen Zellenschicht hervortreten. Die Epidermis ist in diesen F\u00e4llen wirklich durchbrochen, ja die Cuticula begleitet die Fl\u00e4che der trichterf\u00f6rmigen Vertiefung, welche durch diese Durchbrechung entstanden ist, bis weit in die Tiefe hinab, aber nicht bis auf den Grund, wie es Herr Schleiden dargestellt hat. So wie nun in anderen F\u00e4llen dergleichen Durchbrechungen der Epidermis-Zellenschicht durch die Hautdr\u00fcsen mit ihren Spalt\u00f6ffnungen verschlossen werden, so geschieht bei Pleurothallis die Schliefsung jener trichterf\u00f6rmigen Durchbrechung vermittelst der einfachen Dr\u00fcschen. Bei dem ersten Auftreten im ganz jungen Blatte, zeigt sich das Dr\u00fcschen, als eine einfache Zelle, welche nur wenig l\u00e4nger, als die vertikale H\u00f6he der Epidermis-Zellen ist, und an dem \u00fcber die Fl\u00e4che der Epidermis hinausragendeii Ende stark keulenf\u00f6rmig angeschwollen ist; die Form derselben ist dann \u00e4hnlich den Dr\u00fcsen auf Helleborus foetidus. Etwas sp\u00e4ter schn\u00fcrt sich, durch Bildung einer Querwand, die keulenf\u00f6rmige Anwellung ab, welche noch l\u00e4ngere Zeit hindurch als eine blasenf\u00f6rmige Zelle sitzen bleibt, zuweilen sich auch durch eine L\u00e4ngenscheidewand nochmals theilt, sp\u00e4ter aber immer ab f\u00e4llt, worauf dann der Stiel in der trichterf\u00f6rmigen Durchbrechung der Epidermis zur\u00fcckbleibt, dessen Zellenwand mit der umschliefsenden Fl\u00e4che der Cuticula sp\u00e4ter sehr innig\n't ... \u2022;\t1\n\\\t/ V\t,","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"45\nverw\u00e4chst. Nicht selten theilt sich diese als Stiel gediente Zelle durch Bildung von Querw\u00e4nden nochmals in zwei oder auch in drei kleinere Zellen, was jedoch sehr selten ist. Die Absonderung eines \u00f6ligen Stoffes findet in dem zuriickblei-cenden Stiele, wie auch in den angrenzenden Zellen, bald mehr, bald weniger reich statt, und die eigenthiimliche Stellung einiger kleinen Zellen um den Grund des Driisenstiel-chens (welche stets durch sp\u00e4tere Theilung der gr\u00f6fseren entstehen), ist \u00e4hnlich, wie an der Basis vieler Haare, welche sich mit derselben \u00fcber die Oberfl\u00e4che der Pflanzen erheben. Auch fand Ref. auf einem ganz jungen Blatte einen solchen ganzen Dr\u00fcsen-Apparat, wie er gew\u00f6hnlich zwischen den Epidermis-Zellen von Pleurothallis sitzt, \u00fcber die Fl\u00e4che des Blattes hinausgeschoben.\nHerr Mo hl hat eine Abhandlung: lieber den Bau der por\u00f6sen Gef\u00e4fse der Dicotyledonen 41) geliefert und \u00fcber denselben Gegenstand hat Ref. im f\u00fcnften Capitel seiner Pflanzen-Physiologie gehandelt, doch werden jene por\u00f6sen Gef\u00e4fse von Letzterem get\u00fcpfelte Spiralr\u00f6hren genannt.\nHerr Mo hl stellt zwei Abarten von get\u00fcpfelten Spiralr\u00f6hren auf; bei der einen derselben finden sich die W\u00e4nde gleichm\u00e4fsig auf allen Seiten mit T\u00fcpfel besetzt, oder mit Poren, wie Herr Mo hl sagt; die Eiche, der Hollunder u. s. w. geben hiezu Beispiele, w\u00e4hrend bei der anderen Abart jene R\u00f6hren an verschiedenen Stellen einen g\u00e4nzlich verschiedenen Bau zeigen, wie bei der Linde, der italienischen Pappel und \u00fcberhaupt bei sehr vielen anderen H\u00f6lzern. Bei der Linde zeigen diejenigen W\u00e4nde dieser R\u00f6hren, welche an die Holzzellen anstofsen das Ansehen abrollbarer Spiralr\u00f6hren, w\u00e4hrend die anderen W\u00e4nde, womit diese Gef\u00e4fse unter sich zu-sammenstofsen, die T\u00fcpfelreihen zeigen, welche jedesmal zwischen zwei Spiralfaserwindungen liegen. Es erhellt also aus diesen Beobachtungen, sagt Herr Mo hl, dafs die get\u00fcpfelten Spiralr\u00f6hren zum Systeme der Spiralr\u00f6hren geh\u00f6ren, und dafs das Wesentliche ihrer Bildung darin besteht, dafs zwischen den Windungen der Spiralfaser eine Haut ausge-\n41) S. Abhandlungen der mathem. physik. Klasse der Akad. der Wissensch. zu M\u00fcnchen. 1837. I. S. 445 \u2014 462 mit einer Tafel.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nspannt ist, auf welcher zwischen je zwei Fasern eine Reihe von T\u00fcpfeln liegt. Nach Ref. Ansicht sind jedoch alle die Windungen der Spiralfasern von einer feinen Haut umkleidet und |an der Bildung der T\u00fcpfel nehmen die Spiralfaserwindungen durch gegenseitiges Verwachsen einigen Antheil. Zur Beweisf\u00fchrung, dafs die get\u00fcpfelten Spiralr\u00f6hren zu dem System der wirklichen Spiralr\u00f6hren geh\u00f6ren, hat Ref. einen Fall aus dem K\u00fcrbifs-Stengel angef\u00fchrt, wo zuweilen diese gro-fsen Spiralr\u00f6hren nicht in get\u00fcpfelte metamorphosiren, was sie sonst ganz gew\u00f6hnlich daselbst thuen.\nDie Verdickung der Membran der Spiralgef\u00e4fse durch Anlagerung neuer Schichten auf ihrer inneren Fl\u00e4che, \u00e4hnlich wie bei der Verdickung der Zellenmembran, findet HerrMohl nicht unwahrscheinlich, und dieselbe ist auch durch Ref. in mehreren F\u00e4llen wirklich beobachtet, wozu die Abbildungen in Fig. 15. und 16. Tab. III. der Physiologie Belege geben. Auch in der Erkl\u00e4rung des Baues der T\u00fcpfel, dafs dieselben n\u00e4mlich ganz ebenso wie die grofsen T\u00fcpfel im Coniferen-und Cycadeen-Holze gebildet sind, stimmt Herr Mohl und Ref. ganz \u00fcberein, wie es auch, bei der Anwendung so vollkommener Mikroskope, nicht anders zu erwarten ist, denn die meisten der fehlerhaften Beobachtungen aus fr\u00fcheren Zeiten sind nur den schlechten Mikroskopen damaliger Zeit zuzuschreiben.\nHerr Mohl vergleicht die Entwickelung der por\u00f6sen Gef\u00e4fse mit der Entwickelung der Zellen, indem Reihen von d\u00fcnnwandigen, zellen\u00e4hnlichen Schl\u00e4uchen die Grundlage derselben ausmachenj worin sich dann die Spiralfasern1 bilden. Herr v. Mirbel hat schon eine \u00e4hnliche Ansicht, dafs sich n\u00e4mlich Gef\u00e4fse aus Zellen bilden, aufgestellt, und die Beobachtung der por\u00f6sen R\u00f6hren in den fr\u00fchesten Zeiten ihrer Entwickelung soll es erweisen; um diese Zeit finden sich h\u00e4ufig die einzelnen Schl\u00e4uche vollkommen geschlossen, und es verschwinden die d\u00fcnnh\u00e4utigen Querw\u00e4nde erst sp\u00e4ter, w\u00e4hrend sie sich in manchen F\u00e4llen f\u00fcr die ganze Lebensdauer der Pflanze erhalten, aber eine, von dem Baue der Seitenw\u00e4nde verschiedene Structur annehmen, wie es schon bei verschiedenen Pflanzen nachgewiesen worden ist. Ref. kennt sehr wohl die F\u00e4lle, welche die Beobachter zu den obigen Ansich-\n","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"47\nten bringen k\u00f6nnen, aber er kennt auch sehr viele F\u00e4lle, in welchen sich eigentlich das Gegentheil beobachten l\u00e4fst, wo n\u00e4mlich sowohl die einfachen, als die metamorphosirten, ununterbrochenen Spiralr\u00f6hren im Verlaufe der Ausbildung durch Einschn\u00fcrungen und Abschn\u00fcrungen sich mehr oder weniger vollst\u00e4ndig theilen und aneinandergereihte Glieder bilden.\nDie Querw\u00e4nde der einzelnen Glieder der metamorphosirten Spiralr\u00f6hren sind entweder durch eine sehr grofse Oeff-nung durchbrochen oder durch eine Menge von Spalten und l\u00e4nglichen Poren; ja selbst die schiefen Querw\u00e4nde der gro-fsen get\u00fcpfelten R\u00f6hren im Holze der Ephedra-Arten sind durchbrochen und zwar durch die grofsen runden L\u00f6cher, welche auf denselben meistens in zwei parallel gestellten Reihen Vorkommen. Herr Mo hl macht darauf aufmerksam, dafs die Phytotomen diese Querw\u00e4nde f\u00fcr Seitenw\u00e4nde jener R\u00f6hren angesehen haben, woran aber ebenfalls nur die schlechten Instrumente Schuld sein m\u00f6chten, denn die Neigung dieser Querw\u00e4nde zu den Seitenw\u00e4nden ist so \u00e4ufserst gering, dafs man sie ebensowohl als schr\u00e4g verlaufende Endfl\u00e4chen dieser Prosemchym-Zellen ansehen kann, womit die \u00fcbereinandergestellten Zellen in Verbindung stehen; Ref. hat sich wenigstens f\u00fcr diese letztere Ansicht erkl\u00e4rt. Das Verschwinden der Querw\u00e4nde in den get\u00fcpfelten Spiralr\u00f6hren sei, wie Herr Mohl glaubt, mit der Bildnng der Milchsaft-Gef\u00e4fse zu vergleichen, welche ebenfalls aus \u00fcbereinander stehenden Zellen entstehen sollen, wie es Herr L) nger (S. oben S.35) selbst durch eine Abbildung wahrscheinlich zu machen gesucht hat. lieber diesen Gegenstand herrschen nun aber die verschiedensten Ansichten, welche sich ebenso schroff entgegenstehen wie die \u00fcber die Metamorphose der Spiralr\u00f6hren. Nach Herrn C. H. Schultz entstehen Abschn\u00fcrungen und Gliederungen der Milchsaft-Gef\u00e4fse mit vorschreitendem Alter der Pflanze; in der Jugend w\u00e4ren diese Gef\u00e4fse jedoch ^ungegliedert. Nach meinen Untersuchungen sind die Milchsaft-Gef\u00e4fse weder in der Jugend noch im Alter mit Querw\u00e4nden versehen, zeigen aber im letzteren Zustande einige Einschn\u00fcrungen, welche von \u00e4ufseren Verh\u00e4ltnissen abh\u00e4ngig sind. Nach Herrn Mohl entstehen die continuirlichen Milchsaft-Gef\u00e4fse aus Zellen, deren Querw\u00e4nde verschwinden, wogegen sich jedoch Referent","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nin Folge vieler Untersuchungen dieses Gegenstandes gauz entschieden erkl\u00e4rt.\nDer Unterschied zwischen den get\u00fcpfelten und den netzf\u00f6rmigen Spiralr\u00f6hren besteht nach Herrn Mo hl darin, dafs bei den Letzteren der zur weiteren Ausbildung der Gefafse verwendete organische Stoff sich nicht als Haut zwischen den Windungen des Spiralfadens ablagert, sondern dafs derselbe zur Vergr\u00f6fserung des Spiralfadens selbst, sowohl in Hinsicht auf seine Dicke, als auch auf seine Breite verwendet wird. Bei den get\u00fcpfelten (por\u00f6sen) Spiralr\u00f6hren der Dicotyledonen dagegen wird dieser Stoff unter der Form einer Membran zwischen den Windungen der Spiralfaser auf die urspr\u00fcngliche Haut des Gef\u00e4fses abgelagert.\nAuch diesen Angaben kann Ref. nicht beistimmen, die Verdickung der W\u00e4nde jener beiden Metamorphosenstufen der Spiralr\u00f6hren geschieht auf ganz gleiche Weise, nur in der Lagerung der einzelnen Windungen der Spiralfaser zu einander findet sich der haupts\u00e4chlichste Grund zu der Umwandlung in netzf\u00f6rmige Spiralr\u00f6hren und in get\u00fcpfelte. Liegen die Windungen der Spiralfasern weit auseinander, so k\u00f6nnen dieselben nur in Ringr\u00f6hren zerfallen oder sich in netzf\u00f6rmige Spiralr\u00f6hren metamorphosiren; liegen dagegen die Windungen der Spiralfasern dicht neben einander, so k\u00f6nnen keine netzf\u00f6rmigen, sondern nur gestreifte und get\u00fcpfelte Spiralr\u00f6hren entstehen. Im Stamme der Cactus-Gew\u00e4chse, im Bliithen-schafte der Musa u. s. w. ist dieses ganz leicht zu best\u00e4tigen.\nUeber das Vorkommen von Spiralfasern und von Poren in den Zellenw\u00e4nden der Sphagnum - Bl\u00e4tter ist bekanntlich schon sehr viel geschrieben und, wie es scheint, so wird sich dieser Gegenstand erst im laufenden Jahre auf kl\u00e4ren, und zwar nur dadurch, dafs Ref. gegenw\u00e4rtig die Ursache aufgefunden hat, durch welche die verschiedenen Ansichten \u00fcber diesen Gegenstand bei verschiedenen Beobachtern hervorgerufen worden sind. Es herrschte n\u00e4mlich schon seit vielen Jahren eine grofse Verschiedenheit in den Beobachtungen und in den Ansichten \u00fcber die Structur der Sphagnum-Bl\u00e4tter; Ref. lind viele andere Botaniker, hatten die faserartigen Gebilde, welche auf der inneren Fl\u00e4che der Zellenw\u00e4nde jener Pflanzen Vorkommen f\u00fcr Spiralfasern, \u00e4hnlich denjenigen, welche","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"49\nin den Antheren-Zellen Vorkommen. Herr Moh 1 dagegen erkl\u00e4rte jene Spiral fasern f\u00fcr partielle Verdickungen der Zellenw\u00e4nde, hat jedoch gegenw\u00e4rtig wohl ebenfalls die obige Ansicht angenommen, woran auch nicht mehr zu zweifeln ist. Anders verh\u00e4lt es sich jedoch mit den Beobachtungen \u00fcber das Vorkommen grofser runder L\u00f6cher auf den W\u00e4nden der Sphagnum-Zellen; Molden haver hatte sie zuerst beobachtet, Ref. dagegen bestritt ihr Vorkommen, welches aber durch Herrn Mohl von Neuem best\u00e4tigt wurde. Obgleich ich nun immer von Neuem meine Sphagnum-Pflanzen vornahm und selbst mit dem neuern Mikroskope von Ploessl beobachtete, so konnte ich doch niemals die angegebenen Poren, wohl aber entweder vollkommen gleichm\u00e4fsige Zellenw\u00e4nde sehen, wie ich dieselben auch ganz richtig in meiner Pflanzen-Physiologie I. Tab. III. Fig. 10 und 11. abgebildet habe, oder solche, welche kreisrunde, warzenf\u00f6rmige Erhabenheiten besafsen, die von der Seite gesehen ihre Hervorragung \u00fcber die Fl\u00e4che der Zellen zeigten, aber von Oben gesehen blofse Kreise wahrnehmen liefsen, welche den Umfang jener warzenf\u00f6rmigen Erhabenheiten andeuteten. Diese Kreise wurden von Molden-hawer und von Mohl f\u00fcr offene L\u00f6cher erkl\u00e4rt, w\u00e4hrend ich dieselben stets geschlossen gesehen hatte, selbst wenn ich die Zellen w\u00e4nde durch Jod ine gelbbraun f\u00e4rbte. Gegen diese Angaben hat Herr Mohl in einer besonderen Inaugural-Dissertation 42) sehr umst\u00e4ndlich und kr\u00e4ftig geantwortet und die Gegenwart der Poren in den Zellenw\u00e4nden des Sphagnum abermals behauptet, indessen, wie ich es im vergangenen Sommer zuerst bemerkte, so haben beide streitende Parteien Recht und Unrecht. Eine sehr grofse Menge von Sphagnum-Formen, und zu diesen geh\u00f6rt haupts\u00e4chlich das Sphagnum acutifolium, welches bei Berlin in so \u00e4ufserst sch\u00f6nen Exemplaren w\u00e4chst, zeigen ganz glatte und undurehbrochene Zellenw\u00e4nde, und niemals habe ich in denselben Poren gefunden,\n42) Anatomische Untersuchungen \u00fcber die por\u00f6sen Zellen von Sphagnum. Inaug. Dissertation von Ph. Sch lay er. Juli 1837. T\u00fcbingen 1837. Ich habe sowohl in dieser Dissertation, als in allen den \u00fcbrigen, welche in diesem, wie im vorigen Jahresberichte aufgef\u00fchrt sind, Herrn Prof. Mohl als den Verfasser derselben angesehen. Ref.\n4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nobgleich ich sie wahrlich sehr oft beobachtet habe. Andere Formen zeigen dagegen die warzenf\u00f6rmigen kreisrunden Erhebungen auf den Zellenw\u00e4nden und noch andere, wozu das gew\u00f6hnliche Sphagnum palustre geh\u00f6rt, zeigen grofse kreisrunde Poren in den Zellenw\u00e4nden, welche durch Abspringen jener W\u00e4rzchen entstehen43). Wenn man Spagnum-Pfl\u00e4nzchen vor sich hat, welche jene Poren besitzen, so mufs man im h\u00f6chsten Grade ungeschickt im Beobachten sein, wenn man diese grofsen L\u00f6cher der Zellenw\u00e4nde \u00fcbersehen wollte. Es geht also aus dem Vorhergehenden hervor, dafs man nicht allgemein sagen d\u00fcrfe, dafs die Zellenw\u00e4nde der Sphagnum-Pflanzen mit grofsen Poren durchbrochen sind, denn es giebt dergleichen, welche bis zum Ende ihres Lebens ganz ohne alle Poren bleiben.\nAm Schl\u00fcsse der angef\u00fchrten Abhandlung hat Herr Mo hl noch verschiedene Bemerkungen gegen die Umwandlung der Spiralfaser in Ringfasern mitgetheilt, eine Erscheinung, welche er eine, durch keine Thatsache unterst\u00fctzte, durchaus will-k\u00fchrliche Hypothese nennt, w\u00e4hrend diese angebliche Hypothese durch Ref. wieder von Neuem vertheidigt ist. Die ringf\u00f6rmigen Spiralr\u00f6hren entstehen nur aus solchen einfachen Spiralr\u00f6hren, deren W\u00e4nde aus einer einzelnen Spiralfaser oder aus einigen wenigen bestehen; so sah Ref. bei einer gemeinen Bohnen-Pflanze eine Ringr\u00f6hre, welche einer Spiralr\u00f6hre von 2 Spiralfasern angeh\u00f6rte. Um das Unwahrscheinliche jenes Zerfallen der Spiralfaser in bestimmte Enden, welche die einzelnen Ringe darstellen k\u00f6nnen, nachzuweisen, fragt Herr Mohl, durch welche Kraft wohl ein solches Zerfallen der Spiralfaser vor sich gehen sollte. Indessen diese Frage w\u00e4re wohl zu beseitigen, denn ein solches Zerfallen einfacher fadenartiger Gebilde in gleich grofse St\u00fccken, besonders aber das Abschn\u00fcren derselben zu Glieder und zu Sporen, k\u00f6nnen wir noch in Tausend anderen F\u00e4llen wirklich beobachten. Aber auch das Zerfallen der Spiralfaser ist an einzelnen Stellen wirklich zu sehen, wie z. B. im Cactus cylindricus, wo die Spiralfasern, welche daselbst meistens in Ringe zerfallen auftreten, sehr grofs sind; hier darf man\n43) S. meine Pflanzen-Physiologie II. S. 52.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"/\n51\nnur mit den Spitzen eines Messers etwas nachhelfen und die Spiralfaser zerreifst oder zerf\u00e4llt in der dazu geeigneten Stelle, welche stets dem anderen freien Ende entspricht, um damit einen vollkommenen geschlossenen Ring zu bilden. Dafs das Zerfallen der Spiralfaser nicht so unter unseren Augen vor sich geht, wie so viele andere \u00e4hnliche Erscheinungen, das liegt offenbar nur darin, dafs dieser Prozefs schon bei der fr\u00fchesten Bildung der Spiralr\u00f6hren vor sich geht, und die Bildung der Spiralfaser hat auch noch Niemand beobachtet. Wenn man die sch\u00f6nen einfachen Spiralr\u00f6hren im Stengel der Tradescantien und der gemeinen Bohne (Vicia Faha) auf lange Strecken hin untersucht, so wird man sehen, dafs im Verlaufe der vollkommenen Spiralr\u00f6hre einzelne kleine Stellen Vorkommen, wo die Spiralfaser in Ringe umgewandelt ist; ja unter diesen Ringen sind oftmals wieder einige, welche noch aus 2 oder 3 Windungen der Spiralfaser bestehen, und man kann es ihnen beinahe ansehen, dafs sie sich durch Abl\u00f6sen von der allgemeinen Spiralfaser gebildet haben.\nHerr Corda 44) hat die interessante Entdeckung gemacht, dafs die Sporentr\u00e4ger der Gattung Trichia mit den Schleuderern der Lebermoose einen und denselben Bau haben, dafs es also lange Zellen sind, auf deren inneren Wand sich Spiralfaser winden; bisher kannte man bei den Pilzen noch keine Bildungen von Spiralfasern. Diese Schleuderer bilden das Haargeflechte der Gattung Trichia und sind zwischen den geballten Sporenmassen gelagert. Die Zahl der Spiralfasern in den Schleudern ist bei verschiedenen Arten der genannten Gattung sehr verschieden; bei Tr. varia ist sie einfach oder auch doppelt, bei Tr. nitens sind mehr als 10 Fasern, bei Tr. chrysosperma 10\u201411, bei Tr.fallax und Tr. clavata 0 \u2014 7, bei Tr. Lorinseriana und rubiformis 5 solcher Fasern parallel spiralf\u00f6rmig gewunden. Die Haut der Schleuderer-Zelle ist einfach, glatt, gefaltet oder mit W\u00e4rzchen versehen, welche manchmal bei der Sporenreife verschwinden.\nVon diesen Mittheilungen kommt Herr Corda zu allge-gemeinen Betrachtungen \u00fcber die Formen\u00e4hnlichkeit der Spi-\n44) Ueber Spiralfaserzellen in dem Haargeflechte der Trichien. Ein Schreiben an Seine Excellenz den hochgebornen Herrn Freiherrn Alexander von Humboldt. Prag, 1837. 4to. Mit einer Steintafel.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\n/\nralfaserzellen und des Spiralgef\u00e4fses; sinnige Naturanschauung, sagt derselbe, wird mit uns in der Spiralfiberzelle niederer Gebilde das erstarrte Traumbild einer in ihren h\u00f6heren Gliedern (den Spiralgef\u00e4fsen) st\u00e4tigen und nothwendigen Organen-form erkennen. In Nepenthes dest\u00fclatoria fand Herr Corda die Spiralfaserzelle, als solche, auf der h\u00f6chsten Stufe ihrer Entwickelung; sie ist dem Parenchyme aller Theile dieser Pflanze in zahlloser Menge eingestreut und f\u00fchrt Luft ! Diese wichtige Entdeckung ist aber nur eine Best\u00e4tigung der Ansicht/ nach welcher die Zellenmembran aus Spiralfasern zusammengesetzt ist, wof\u00fcr dem Ref. gegenw\u00e4rtig schon Hunderte von Thatsachen bekannt sind. Herr Corda irret aber sehr, wenn er glaubt, dafs die kurzgegliederten Spiralr\u00f6hren ohne umschliefsende Haut sind, ein Gegenstand wor\u00fcber in Ref. Pflanzen-Physiologie. I. S. 139 etc. etc. sehr ausf\u00fchrlich gehandelt ist. Auch \u00fcber die Bedeutung der get\u00fcpfelten R\u00f6hren beginnt Herr Corda wieder die Fehde, denn er glaubte auf seiner deutschen Reise bewiesen zu haben, dafs jene R\u00f6hren Gef\u00e4fse sind, indem er Menschenhaare durch die H\u00f6hlen derselben f\u00fchrte (!?). Leider giebt Herr Corda keine Definition von Gef\u00e4fs und von Zelle; w\u00e4re sie gegeben, so w\u00fcrde man sogleich zeigen k\u00f6nnen, dafs es sich hier nur um einen Wortstreit handelt, dessen Beilegung Ref. in seiner Physiologie (I. S. 78 etc.) versucht hat.\nHerr Biot 45) hat die Blumen weifser Hyacinthen durch Einsaugung des Saftes der Phytolacca decandra roth gef\u00e4rbt, ein Versuch, welcher schon seit mehr als 100 Jahren angestellt und seitdem auch von verschiedenen Beobachtern wiederholt worden ist, aber auch nicht immer gl\u00fcckt.\nAnatomisch - physiologische und chemische Untersuchungen \u00fcber die Pfanzenfarben.\nAuch zur Lehre von den Pflanzenfarben haben wir im vergangenen Jahre sehr wichtige Beitr\u00e4ge erhalten. Herr Molil46) hat vorz\u00fcglich die winterlichen Farben derjenigen\n45)\tLS Institut de 1837. p. 1.\n46)\tUntersuchungen \u00fcber die winterliche F\u00e4rbung der Bl\u00e4tter. Eine lnaugural-Dissert. T\u00fcbingen 1837.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"53\nPflanzen in anatomischer und physiologischer Hinsicht unter-tersucht, welche den Winter hindurch ihre Bl\u00e4tter behalten; er theilt diese Pflanzen in Beziehung auf die Erhaltung ihrer Bl\u00e4tter in mehrere, wennauch nicht ganz scharf getrennte Gruppen. Bei einem Theile der bei T\u00fcbingen wild wachsenden, oder h\u00e4ufig cultivirten Pflanzen erhalten sich s\u00e4mmtliche oder wenigstens die meisten im Sommer entwickelten Bl\u00e4tter nicht nur den Winter \u00fcber, sondern auch den folgenden oder auch mehrere Sommer hindurch. Diese Pflanzen bilden die erste Gruppe und es geh\u00f6ren dahin die meisten Coniferen, Hedera Helix, Iberis sempervirens, Sempcrvivum, die meisten Sedum-Arten, Empetrum nigrum, .Azalea und alle die \u00fcbrigen Pflanzen mit lederartigen und immergr\u00fcnenden Bl\u00e4ttern.\nEine zweite Klasse von Bl\u00e4ttern, welche sich im Winter gr\u00fcn erhalten, geh\u00f6rt zweij\u00e4hrigen oder auch ausdauernden Pflanzen an, welche aus sogenannten Wurzelbl\u00e4ttern gebildete Blattrosetten besitzen, die sich im Laufe des vorausgeltenden Sommers und Herbstes bei den aus Saamen gewachsenen Pflanzen, oder aus Knospen, welche aus dem Mittelstocke ausschlagen, entwickeln. Die Blattrosetten erhalten sich den Winter \u00fcber frisch, sterben aber im Fr\u00fchjahr, und zwar geht dieses Absterben von Aufsen nach Innen vor sich; die Inneren sterben oft nur theilweise. Die Lebensdauer dieser Bl\u00e4tter w\u00e4hrt nur bis zur n\u00e4chsten Vegetationsperiode und es geh\u00f6ren zu dieser Gruppe z. B. Plantago- Arten, Dipsacus-Arten, Echium vulgare, VerbascumLychnitis,Thapsus, nigrum etc. Viele Syngenesisten und Umbellaten, Lychnis und Potentilla-\nArten, Fragaria vesca u. s. w.\nDie dritte Klasse enth\u00e4lt theils einj\u00e4hrige Pflanzen, welche noch im Herbste gekeimt haben, aber erst im n\u00e4chsten Fr\u00fchjahre zur Bliithe kommen, theils ausdauernde Pflanzen, welche im Herbste neue Aeste entwickelt haben. Sie unterscheiden sich von den Pflanzen der zweiten Abtheilung eigentlich nur dadurch, dafs ihre im Herbste gebildeten Bl\u00e4tter keine Rosetten bilden, welche auf dem Boden ausgebreitet sind, sondern dafs bereits ein l\u00e4ngerer Stengel getrieben ist, welcher mit Bl\u00e4ttern von jeder Stufe der Ausbildung besetzt ist. Zu dieser Abtheilung rechnet Herr Mohl einen grofsen I heil der Gr\u00e4ser, z. B. Bromus mollis, manche Euphorbien, Vero-\n/","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nnicen, Anthirrhinmn ma jus, Cerinthe minor, Senecio vulgaris, Sonchus oleraceus, Hypericum perforatum etc. Die Bl\u00e4tter dieser Pflanzen leben wohl nur in seltenen F\u00e4llen ein ganzes Jahr hindurch.\nHerr Mo hl sucht nun vor Allem die Frage zn entscheiden, ob die rothe F\u00e4rbung der Bl\u00e4tter im Winter eine von der herbstlichen F\u00e4rbung der absterbenden Bl\u00e4tter und von der rothen F\u00e4rbung der sich entwickelnden Bl\u00e4tter unabh\u00e4m gige Erscheinung, oder ob sie nicht vielmehr bald der einen, bald der andern dieser Ursachen zuzuschreiben sei? Es werden eine Menge von Pflanzen aufgef\u00fchrt, deren Bl\u00e4tter im Sommer vollkommen gr\u00fcn sind, sich den Winter \u00fcber mehr oder weniger tief roth f\u00e4rben und im Sommer wieder gr\u00fcn werden, was z. B. bei Sedum- und Sempervivum-Arten, so wie am Epheu zu beobachten ist. Bei den Bl\u00e4ttern der Pflanzen der zweiten und dritten Abtheilung ist man ebenfalls ge-n\u00f6thigt, die Entstehung der rothen F\u00e4rbung dem Einfl\u00fcsse der Winterk\u00e4lte zuzuschreiben, da hier die Bl\u00e4tter von allen Stufen der Entwickelung jene r\u00f6thliche oder br\u00e4unliche F\u00e4rbung annehmen. Da wir nun, sagt Herr Mohl, bei denselben Pflanzen Bl\u00e4tter finden, welche sich im W7inter roth f\u00e4rben und im Fr\u00fchjahre absterben, w\u00e4hrend andere Bl\u00e4tter sich auf gleiche Weise roth f\u00e4rben, aber im Friihlinge nicht absterben, sondern wieder gr\u00fcn werden und weiter wachsen u. s. w., so wird man berechtigt, jeden Zusammenhang zwischen der Erzeugung einer rothen Farbe und zwischen dem Absterben der Bl\u00e4tter zu l\u00e4ugnen und anzunehmen, dafs die Erzeugung der rothen Farbe der Bl\u00e4tter im Herbste und Winter Folge der in dieser Jahreszeit eintretenden Ver\u00e4nderung der physiologischen Functionen des Blattes ist, dafs aber das Absterben der Bl\u00e4tter nur zuf\u00e4lliger Weise bei einer Anzahl von Pflanzen mit dieser Periode zusammentrifft, w\u00e4hrend es bei anderen erst Monate lang nachher eintritt u. s. w. Auch durch Insektenstiche und durch Entwickelung von Entophyten wird gew\u00f6hnlich die rothe Farbe hervorgerufen, wobei das Blatt nur eine St\u00f6rung an der normalen Entwickelungsweise erleidet, aber nicht dem Absterben zugef\u00fchrt wird.\nHerr Mohl deutet dagegen auf eine Parallele, welche zwischen der Erzeugung des rothen Pigments in den Bl\u00e4ttern","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"55\nund derjenigen in den Fr\u00fcchten vorhanden zu sein scheint; es w\u00e4re dieselbe vielleicht mit dem Reifungsprozesse der saftigen Fruchth\u00fclle zu vergleichen. Herr Mo hl meint, dafs die Bildung des rothen Pigmentes in den Fr\u00fcchten, unabh\u00e4ngig von der Ern\u00e4hrung ist, weil auch Fr\u00fcchte zur Reife kommen, die schou im unreifen Zustande von der Pflanze getrennt sind, doch gegen diese Annahme liefse sich wohl Vieles sagen und Ref. stimmt derselben nicht bei.\nBei den Bl\u00e4ttern, sagt Herr Mohl, ist es die K\u00e4lte, welche ihren Vegetationsprozefs unterbricht und veranlafst, dafs sich, wenn Licht auf die Bl\u00e4tter einwirkt, rothes Pigment in ihnen bildet. Bei den Pericarpieu dagegen, deren Eutwik-kelung ein zusammengesetzterer Prozefs ist, ist es die W\u00e4rme, welche die vollkommene Entwickelung beg\u00fcnstigt und somit den Eintritt der letzten Lebensperiode derselben beschleunigt. Als Resultat der Untersuchungen kann man annehmen, dafs die Pigmentbildung die Begleiterinn verschiedenartiger St\u00f6rungen des normalen Vegetationsprozesses der Bl\u00e4tter und ihrer Verarbeitung vom roheren Safte ist, dagegen mufs man es fiir zuf\u00e4llig halten, dafs sie in diesen F\u00e4llen in einem dem Absterben nahen Organe eintritt, indem sie, wie ich schon oben anf\u00fchrte, h\u00e4ufig genug in Bl\u00e4ttern auftritt, welche noch lange Zeit leben und wieder gr\u00fcn werden.\nWenn die im Winter roth gewordenen Bl\u00e4tter untersucht werden, so wird man das Chorophyll wenig oder gar nicht ver\u00e4ndert finden, dagegen neben demselben noch rothes Pigment in den Zellen wahrnehmen, und meistens sitzt dieses nur in den Epidermis-Zellen. Ref. hat jedoch schon h\u00e4ufig rothgef\u00e4rbten Zellensaft mit darin enthaltenen griingef\u00e4rbten K\u00fcgelchen, selbst in der gr\u00fcnen Schicht der Rinde beobachtet. Seltener ist es, da$ sich rother Zellensaft nur in den \u00e4ufsereu Schichten des Diachym\u2019s der Bl\u00e4tter entwickelt, auch hier, sagt Herr Mohl, findet es sich in Bl\u00e4ttern, welche im Fr\u00fchjahre ihre Vegetation wieder beginnen, mehr auf die \u00e4ufsereu Zellen beschr\u00e4nkt, z. B. bei Chelidonium vwjus, lledeva Helix u. s. w., wogegen bei Bl\u00e4ttern, die im Fr\u00fchjahre absterben, die Pigmeutbildung beinahe alle Zellen des Diachym s ergreift, z. B. bei Isatis t\u00efiictoria.\nMit allem Beeilte bezweifelt Herr Mohl an einer anderen","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nStelle, ob man die Entstehung des rothen Zellensaftes aus einer L\u00f6sung und Umwandelung des Chlorophyll\u2019s in den vorhin angef\u00fchrten F\u00e4llen erkl\u00e4ren d\u00fcrfe, da die griingef\u00e4rbten Zellensaftk\u00fcgelchen in diesem roth gef\u00e4rbten Safte eben so sch\u00f6n gef\u00e4rbt auftreten, als in gew\u00f6hnlichen F\u00e4llen.\nHerr v. Berzelius 47) hat die herbstliche Farbe der Pflanzen fti chemischer Hinsicht untersucht, auch er sah rothe Bl\u00e4tter nur an solchen B\u00e4umen und Str\u00e4uchern, deren Fr\u00fcchte roth sind, indessen diese Annahme gilt nicht allgemein f\u00fcr das ganze Pflanzenreich, auch hat schon Herr Mo hl u. A. m. verschiedene Pflanzen aufgef\u00fchrt, wo roth gef\u00e4rbte Bl\u00e4tter mit anders gef\u00e4rbten Fr\u00fcchten Vorkommen. Herr v. Berzelius untersuchte das Laub des Kirschbaumes und besonders das der rothen Johannisbeeren, welches oft so roth wie ihre reifen Beeren aussieht. Der Farbestoff wurde mit Alkohol ausgezogen, welcher nach dem Abdestilliren eine rothe Fl\u00fcssigkeit zuriickliefs, die erst vom gef\u00e4llten Harze und Fette ab-filtirt werden mufste. Der Farbestoff ist in Wasser l\u00f6slich und stimmt also wohl mit dem rothen Extractivstoffe \u00fcberein, welchen Herr Marquart aus den rothen Blumen zog und f\u00fcr ein ges\u00e4uertes Blumenblau erkl\u00e4rte. Herr v. Berzelius nennt jenen rothen Farbestoff Ervthrophyll, Blattroth, und spricht sich gegen die Ansicht aus, nach welcher diese rothe Farbe immer nur ein ges\u00e4uertes Blau w\u00e4re, indessen er fand denselben auch in den Fr\u00fcchten des Kirschbaumes und der schwarzen Johannisbeere, so dafs dieser Farbestoff mit Herrn Marquart\u2019s ges\u00e4uertem Blumenblau offenbar in n\u00e4chster Verwandtschaft steht.\nGanz besonders interessant sind Herrn v. Berzelius Untersuchungen \u00fcber die gelbe Farbe der Bl\u00e4tter zur Herbstzeit; dieser Farbestoff stimmt nicht mit dem Blumengelb des Herrn Marquart \u00fcberein, sondern es ist ein eigent\u00fcmliches Fett, ein Mittelk\u00f6rper zwischen fettem Oele und Harz, welches, mit Beibehaltung seiner Eigenschaft, in Alkohol schwer l\u00f6slich, schmierig und fettig zu sein, ausgebleicht werden\n47) Ueber die gelbe Farbe der Bl\u00e4tter im Herbste und \u00fcber den rothen Farbestoff der Beeren und Bl\u00e4tter im Herbste. \u2014 S, Annalen der Pharmacie. Bd. XXI. Ileidelb. 1837. S. 257 \u2014 264.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"57\nkann. Herr v. Berzelius nennt diesen Stoff Xantliophyll, Blattgelb, und stellte ihn durch kalte Infusion der gelben Bl\u00e4tter in starkem Alkohol dar, welche 48 Stunden lang an-hielt. Wird die erhaltene Infusion bis auf ~ abdestillirt, so setzt sich bei dem Erkalten eine k\u00f6rnige Substanz ab und bei fortgesetzter Destillation erh\u00e4lt man eine gelbe, weiche, schmierige Substanz, welche, gleich wie die obigen K\u00f6rner, die farbige Substanz der gelben Bl\u00e4tter darstellen. Die L\u00f6sung dieses Stoffes in Alkohol wird durch Wasser so gef\u00e4llt, dafs eine blafsgelbe Milch entsteht. Vom Aether wird Xanthophyll aufgel\u00f6st und in concentrirter Schwefels\u00e4ure wird es braun. Ueber die Bildung des XanthophylTs aus dem Chlorophyll sagt Herr v. Berzelius: \u00abMan hat allen Grund zu vermu-then, dafs beim Verschwinden der gr\u00fcnen Farbe und Verwandlung dieser in Gelb, das Blattgelb durch eine von der K\u00e4lte bewirkte Ver\u00e4nderung der Organisation des Blattes und dadurch veranlafsten ver\u00e4nderten organischen Prozefs, aus dem Blattgr\u00fcn hervorgebracht werde.\u00ab Doch vergebens wurde es versucht, diese Umwandelung k\u00fcnstlich zu veranlassen.\nDie braune Farbe des Laubes, sagt Herr v. Berzelius, hat mit der gelben keine Gemeinschaft; sie wird darin von einem anfangs farbelosen Extracte hervorgebracht, welches durch Einwirkung des Sauerstoffes braun wird , doch kann man in diesem letzteren Falle auch beobachten, dafs alle Zellenmembranen des Blattes leine braune Farbe erhalten haben, die selbst durch Digestion mit schwacher Alkalil\u00f6sung nicht ausgezogen werden kann. Die verschiedenen Verh\u00e4ltnisse, in welchen dieser braunwerdende Extractivstoff mit dem Blattgelb auftritt, geben den herbstlichen Farben der Bl\u00e4tter eine Menge von Nuancen.\nBei allen diesen sch\u00f6nen Untersuchungen, welche wir in den letzteren Jahren \u00fcber die Farbenbildung in den Pflanzen, sowohl in anatomischer, als in chemischer Hinsicht erhalten haben, sind wir dennoch sehr weit von der L\u00f6sung dieser R\u00e4thsel entfernt, wie wir es gleich in den folgenden Untersuchungen kennen lernen werden.\nHerr J. Decaisne48) zu Paris hat eine sehr ausf\u00fchr-\n48) Recherches anatomiques et physiologiques sur la Garance,","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nliehe Untersuchung der Rubia tinctorum und der damit verwandten Arten gegeben, welche zur Gewinnung des Krapp\u2019s oder der F\u00e4rberr\u00f6the cultivirt werden. Ref. wird dieses Werkes noch mehrmals erw\u00e4hnen, doch hier wollen wir nur die Beobachtungen, welche auf die Bildung des bekannten Farbenstoffes dieser Pflanzen Bezug haben, auff\u00fchren.\nHerr Decaisne hat sich durch vielfache Beobachtungen \u00fcberzeugt, dafs der Farbestoff in der Rubia tinctorum und \u00fcberhaupt in den Krapppflanzen nicht in besonderen Gefafsen oder eigenth\u00fcmlichen Secretionsbeh\u00e4ltern vorkommt, sondern im Inneren der Elementarorgane. Bekanntlich wird nur die Wurzel jener Pflanzen zur Bereitung des Farbestoffes benutzt und in derselben befindet sich der Farbestoff in sehr grofser Menge, wenn man jedoch den Stengel ausgewachsener Pflanzen untersucht,! so findet man in demselben auch hie und da mehr oder weniger grofse Stellen, wo Zellen und Spiralr\u00f6hren mit Farbestoff gef\u00fcllt sind.\nIn der leoendigen Wurzel der Krapppflanze findet sich nur gelber Farbestoff, welcher im gel\u00f6sten Zustande die verschiedenen Elementarorgane erf\u00fcllt. In ganz jungen Wurzeln ist diese gelbe Farbe noch sehr schwach, sie wird aber immer intensiver, je \u00e4lter die Pflanze wird. Hier finden wir also den gelben Farbestoff im Zellensafte gel\u00f6st, eine Beobachtung, welche auch Ref. schon vor mehreren Jahren bei einer anderen Pflanze im jungen Zustande gemacht hat. Dieser gelbe Farbestoff ist aber offenbar von ganz anderer Natur als das Blumengelb des Herrn Marquart, welches meistens ein sehr schwer l\u00f6slicher harziger Extractivstoff ist. Sobald der gelbe Saft der Krappwurzel mit der atmosph\u00e4rischen Luft in Ber\u00fchrung kommt, nimmt derselbe eine rothe Farbe an, und es bildet sich eine gek\u00f6rnte Substanz in diesem roth gef\u00e4rbten Safte. Selbst die Cotyledonen, sobald das junge Pfl\u00e4nzchen hervorgebrochen ist, enthalten in ihrem Zellengewebe einen gelbgef\u00e4rbten Saft, welcher nach dem Durchschneiden derselben sehr bald eine tiefrothe Farbe annahm. Dieses Umwandeln des gelben Zellensaftes in feinen Schnitten, welche zur\nsur le d\u00e9veloppement de la mati\u00e8re colorante dans cette plante, sur sa culture et sa prepraration, suivies de Vexamen botanique du genre Kuba et de scs especes. Bruxelles 1837, Av. X, pl 4to,","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"59\nBeobachtung unter das Mikroskop gelegt wurden, hat Hr. De-caisne durch eine Menge von Abbildungen verdeutlicht. Man sieht auf denselben die Zellen mit mehr oder weniger tief gelb gef\u00e4rbtem Safte; man sieht, dafs in anderen Zellen dieser Saft ganz schwach rosenroth gef\u00e4rbt ist, w\u00e4hrend dazwischen oft noch einzelne gelbe Zellen enthalten sind; an anderen Stellen ist der rothe Zellensaft schon dunkeier geworden, und es hat sich eine gek\u00f6rnte Masse in demselben niedergeschlagen. Wurden die frischen Wurzeln der Krapppflanze vollkommen getrocknet und dann mikroskopisch untersucht, so bemerkte Herr D., dafs, obgleich alle Fl\u00fcssigkeit verschwunden war, die Zellen dennoch eine gelbe Farbe zeigten, woraus er folgerte, dafs der Farbestoff eine feste Substanz ist, welche vorher im Zellensafte gel\u00f6st war, doch er konnte dieselbe nicht als einen besonderen K\u00f6rper wahrnehmen. Ref. hat zwar die Wurzeln der Krapppflanze noch nicht untersucht, aber in den gelbgef\u00e4rbten Zellen des Stengels ist ganz dasselbe wahrzunehmen, und hier wird der gelbe Farbestoff, nachdem das Wasser des Zellensaftes verdunstet ist, theils von den Zellenw\u00e4nden eingesaugt, theils auf der Oberfl\u00e4che derselben abgelagert.\nHerr Decaisne stellte auch verschiedene Versuche an, um die Ursachen n\u00e4her zu erkennen, durch welche der gelbe Saft der frischen Krapppflanze bei der Ber\u00fchrung mit der atmosph\u00e4rischen Luft roth gef\u00e4rbt wird. Er legte feine Schnitte der Wurzel in ausgekochtes Wasser und sah, dafs dieselben in vollkommen geschlossenen Gef\u00e4fsen ihre gelbe Farbe vollkommen erhielten. Hierauf wurden andere St\u00fccke dem direkten Einfl\u00fcsse verschiedener Gasarten ausgesetzt und unter Quecksilber abgesperrt; es ergab sich aus diesen Versuchen, dafs das Sauerstoffgas und etwas Feuchtigkeit als die Ursachen anzusehen sind, durch welche die Umwandelung des gelben Farbestoffes in den rothen verursacht wird; Sauerstoff allein, d. h. ohne Feuchtigkeit, veranlafste keinen Farbenwechsel. Die rothe Farbe des Krapps\u2019s ist also, wie Herr Decaisne sagt, ein chemisches Produkt, ganz und gar unabh\u00e4ngig von dem Leben der Pflanze, dagegen geh\u00f6re die Bildung der gelben Farbe dieser! an. Aus diesen interessanten Beobachtungen geht wenigstens hervor, dafs es mit unserer Kenntnifs der Basen der Pllanzenfarbe noch nicht sehr weit gekommen","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nist. Wir sehen hier den Uebergang einer vollkommen gelben Farbe in das sch\u00f6nste Roth und dieses erfolgt durch den Ein-flufs des Sauerstoffs bei vorhandenem W'asser.\nDie Wurzeln junger Krapppflanzen geben nur wenig Farbestoff; von 18 Monaten Alter kann man dieselben mit Von-theil zu benutzen anfangen, ihre f\u00e4rbende Substanz nimmt aber bis zu einem Alter von 3 Jahren best\u00e4ndig zu.\nHerr Decaisne stellte auch eine Reihe von Versuchen an, um den Einflufs des Lichtes auf die Erzeugung des Farbestoffes in der Krapppflanze zu erforchen; er liefs zu diesem Zwecke junge Pflanzen unter verschiedenen Graden von Beleuchtung wachsen. Die Pflanzen wurden in Glaskasten gestellt, welche mit Baumwolle bedeckt wurden; andere wurden unter gef\u00e4rbte Gl\u00e4ser gestellt, als unter rotlies, gelbes und gr\u00fcnes Glas. Eine andere Pflanze wuchs unter weifsem Glase; eine blieb in freier Luft und eine wurde in Erde gelegt und 3 Fufs hoch mit leichter Erde bedeckt. Die Pflanzen, welche mit Baumwolle verdeckt waren, hatten in 8 Tagen ihre Farbe so weit verloren, dafs sie blafs erschienen; die Pflanze unter dem rothen Glase zeigte diesen Farbenwechsel in einem noch h\u00f6heren Grade, und die unter den anderen Gl\u00e4sern befanden sich in einem \u00e4hnlichen Zustande. Im Allgemeinen gaben diese Versuche mit dem Wachsen der Pflanzen unter gef\u00e4rbten Gl\u00e4sern eben so wenig Resultate, als jene, deren wir im ersten Jahresberichte (1835. S. 189.) aufgef\u00fchrt haben. Nach Osann\u2019s Beobachtungen gehen nur 34 Lichtstrahlen durch rothes Glas, w\u00e4hrend 966 darin zur\u00fcckgehalten werden, hellgr\u00fcnes Glas l\u00e4fst 630 durchgehen und h\u00e4lt 340 zur\u00fcck. Man sieht hieraus wie verschieden die Menge des Lichtes ist, welches den Pflanzen zukommt, die unter solchen verschieden gef\u00e4rbten Gl\u00e4sern wachsen, aber wir wissen auch schon durch andere Versuche von Herrn Alexander von Humboldt, De Candolle u. A. m. mit welcher geringen Menge von Licht die Pflanzen vorlieb nehmen, und dafs die Bildung der Pflanzenfarben nicht aus der unmittelbaren Einwirkung des Lichtes hervorgehen.\nDie eine der Krapppflanzen, welche unter der Erde wuchs, zeigte Umwandelung des gr\u00fcnen Farbestoffs, n\u00e4mlich der mit Chlorophyll gef\u00e4rbten Zellensaftk\u00fcgelchen in die gelbe Farbe,","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"61\nwelche im Zellensafte gelost war; ja Herr Decaisne hat diese Umwandelung des Chlorophyll's in verschiedenen Zeitperioden beobachtet und dadurch um so genauer verfolgen k\u00f6nnen, auch hat er diese Beobachtungen durch mehrere sehr instructiv colorirte Abbildungen nachgewiesen. Ref. hat diese Umwandelung des Chlorophyll\u2019s in gelben, im Zellensafte l\u00f6slichen Farbestoff an jungen Pfl\u00e4nzchen der Vicia Faba beobachtet, welche gleich nach ihrem Hervortreten im Dunkeln wachsen mufsten; daneben traten aber auch Zellen mit roth gef\u00e4rbtem Safte auf. Alle diese Farben verschwinden wieder, wenn diese Pflanzen einige Zeit im Lichte wachsen.\nSchliefslich haben wir Herrn MohPs 49) Beobachtungen \u00fcber das Auftreten des ChlorophiU\u2019s in den gr\u00fcn gef\u00e4rbten Zellensaft-Kiigelchen mitzutheilen, ein Gegenstand, welcher in dieser Abhandlung zum erstenmal speciell er\u00f6rtert ist. Zu gleicher Zeit wurde \u00fcber denselben Gegentand ein besonderer Abschnitt: Auftreten der gef\u00e4rbten Zellensaft-Kiigelchen, in des Referenten Pflanzen-Physiologie (1. S. 200 \u2014 209.) publient. Die Resultate dieser Arbeiten sind folgende: Herr Mo hl und Ref. stimmen darin \u00fcberein, dafs das Chlorophyll in den Zellen der Pflanzen tlieils in formloser, theils in gek\u00f6rnter Gestalt erscheint, auch hat Ref. dieses und noch manches Andere \u00fcber den fraglichen Gegenstand schon vor einigen Jahren publient 50), um gegen Herrn Treviranus Ansicht zu zeigen, dafs der Zellensaft niemals gr\u00fcn gef\u00e4rbt ist, was nun auch von Herrn Mo hl best\u00e4tigt wird. Das Auftreten der formlosen Chlorophyll\u2019s in den Schl\u00e4uchen der Conferven giebt auch Herr Mo hl an, und es werden auch eine Menge von vollkommenen Pflanzen genannt, worin formloses Chlorophyll mit gek\u00f6rntem Chlorophyll iu den Zellen vorkommt. \u201eBei den Phanerogamen, sagt Herr Mo hl, trifft man gew\u00f6hnlich das formlose Chlorophyll zugleich mit Chlorophyll-K\u00f6rnern in denselben Zellen, indem es einen Anhang dieser K\u00f6rner bildet oder gr\u00f6fsere Massen einer formlosen Gallerte\n49)\tUntersuchungen \u00fcber die anatomischen Verh\u00e4ltnisse des Chlo-rophylPs. Eine Inaugural-Dissertation, der \u00f6ffentlichen Pr\u00fcfung vorgelegt von W. Mi c hl er. T\u00fcbingen 1837. Mai.\n50)\tS. den Jahresbericht von 1835. S. 90 u. s, w.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\ndarst\u00e9llt, in welchen die Chlorophyllk\u00f6rner eingesenkt sind u. s. w.\u201c Diese verschiedene Form trifft man z. \u00df. in den Parenchymzellen der Bl\u00e4tter vieler Zell-Pflanzen , wie bei Sedum Sempervivum, Finns Strobus etc. Ref. zeigte51), dafs diese ungeformten Massen an den inneren W\u00e4nden der Pflanzenzellen ausgebreitet sind, und oftmals auch von gew\u00f6hnlichen gr\u00fcn gef\u00e4rbten K\u00fcgelchen begleitet werden. In den Zellen der vertikalen Schicht der Bl\u00e4tter ist dieses Auftreten des ungeformten Chlorophylls besonders allgemein, so dafs, wie z. B. bei den Cycadeen, die ganzen W\u00e4nde jener Zellen zuweilen damit bekleidet sind.\nHerr Mo hl sucht Unterschiede zwischen K\u00f6rnern aufzustellen, welche im Chlorophyll liegen und den Chlorophyllk\u00f6rnern selbst, obgleich es auch ihm wahrscheinlich ist, dafs dieselben in einer n\u00e4heren Verbindung mit einander stehen. Hier stimmen Herrn Moh Fs und des Ref. Beobachtungen nicht mit einander \u00fcberein, denn das Chlorophyll (1. c. S. 201.) ist eigentlich weder gek\u00f6rnt, noch formlos, sondern es haftet bei den K\u00f6rnern an einer ungef\u00e4rbten, halb erh\u00e4rteten Masse, welche von demselben durchdrungen wird, und ebenso ist das sogenannte formlose Chlorophyll nur eine durch Chlorophyll mehr oder weniger stark gef\u00e4rbte schleimige, halb geronnene Substanz. Woraus diese schleimige Substanz, die Basis des formlosen Chlorophyll\u2019s besteht, das ist schwer auszumachen. Da die Massen zu gering sind, mit welchen man hier zu operiren hat. Anders verh\u00e4lt es sich dagegen mit der Substanz, welche den durch Chlorophyll gef\u00e4rbten K\u00f6rnern zum Substrat dient, welche Herr Mo hl f\u00e4lschlich Chlorophyll-K\u00f6rner nennt. Sowohl Herr Mo hl als Herr Schleiden 52) suchen gegen den Referenten zu zeigen, dfs jene K\u00f6rner nicht Bl\u00e4schen, sondern feste Massen sind, was derselbe aber schon vor 2 Jahren publient hat. 53).\nDer Fall, dafs man k\u00f6rnige Massen f\u00fcr Bl\u00e4schen gehalten hat, ist noch bis vor wenigen Jahren sehr h\u00e4ufig vorgekommen, und nur die Mikroskope waren daran Schuld,\n51)\tPhysiologie. I. S. 202.\n52)\tBeitr\u00e4ge zur Kenntnifs der Ceratophylleen - Linnaea von 1837. S. 331.\n53)\tS. den Jahresbericht von 1835. S. 90 etc.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"63\nwelche, bei einigen solcher K\u00fcgelchen, einen so starken Schattenring zeigten, dafs man daraus auf das Vorhandensein einer eigenen, umschliefsenden Membran schliefsen zu m\u00fcssen glaubte, wie es ja Herrn Mohl selbst mit den Amylum-K\u00fcgelchen in jener Zeit ergangen ist.\nDoch wir kommen jetzt zu dem wichtigsten Gegenst\u00e4nde, welcher in Herrn Mohl\u2019s Abhandlung dargestellt ist. Derselbe beobachtete n\u00e4mlich bei Char a flex\u00eflis, dafs im Inneren eines jeden gr\u00fcngef\u00e4rbten K\u00f6rperchens, welche die innere Fl\u00e4che dieser Schl\u00e4uche bekleiden, ein bis 4 scharf begrenzte K\u00f6rner lagen, welche durch Jodine blau gef\u00e4rbt wurden, und also aus Amylum bestanden; die umschliefsende gr\u00fcne H\u00fclle wurde dagegen br\u00e4unlich gef\u00e4rbt. Diese Beobachtung best\u00e4tigt Ref., der sie im vergangenen Jahre zuf\u00e4llig an Chara vulgaris machte, und zwar an Schl\u00e4uchen, welche sich in einem vergeilten Zustande befanden, aber er fand auch, dafs sich dieses an verschiedenen Individuen nicht nur bei der Chara vulgaris, sondern auch bei den einh\u00e4utigen Charen, welche in seinem Zimmer seit Jahren wuchsen, sehr verschieden verhielt. In den meisten F\u00e4llen wurden die gr\u00fcngef\u00e4rbten Zellensaft-K\u00fcgelchen durch Jodine br\u00e4unlich gef\u00e4rbt, ganz besonders in den jungen, kr\u00e4ftig wachsenden Aestchen; bei anderen Individuen, und selbst an einzelnen Schl\u00e4uchen \u00e4lterer Individuen, sah man eine, oftmals sehr regelm\u00e4fsige Thei-lung jener gr\u00fcnen elliptischen K\u00f6rperchen in 2 bis 3 kleinere, mehr runde K\u00f6rperchen, wobei die gr\u00fcne einh\u00fclletode Masse, woraus anfangs das Ganze bestand, immer mehr zur\u00fccktretend verschwand und nun zeigte es sich, dafs die neu entstandenen K\u00f6rperchen durch Jodine blau gef\u00e4rbt wurden. Obgleich ich best\u00e4ndig Charen in meinem Zimmer ziehe, so habe ich doch die Verh\u00e4ltnisse, durch welche die Bildung der Amylum-K\u00f6rner in den gr\u00fcnen K\u00f6rperchen, welche die innere Fl\u00e4che der Charen-Schl\u00e4uche bekleiden, noch nicht erkennen k\u00f6nnen; bei der Chara vulgaris zeigte es sich sehr h\u00e4ufig bei alten, im Dunkel wachsenden Schl\u00e4uchen, von deren Oberfl\u00e4che sich die \u00e4ufsere Zellenschicht durch F\u00e4ulnifs abtrennt. Wir wissen aber auch, dafs sich aus den Achseln solcher alten Pflanzen neue Aeste entwickeln, durch welche dann das Individuum fortlebt, daher scheint mir das Auftreten","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\ndes Amylum\u2019s in solchen Schl\u00e4uchen zur Ern\u00e4hrung der jungen Pflanzen bestimmt zu sein, aber keineswegs darf man den allgemeinen Satz aufstellen, dafs die gr\u00fcnen Zellensaft-K\u00fcgelchen der Charen Amylum-K\u00fcgelchen als Kerne aufzuweisen haben. Ref. kann zu jeder Zeit Charen zeigen, deren gr\u00fcne K\u00fcgelchen keine Spur von Amylum enthalten.\nHerr Mo hl fand auch, dafs die gr\u00f6fseren gr\u00fcngef\u00e4rbten K\u00fcgelchen, welche so h\u00e4ufig in verschiedenen Conferven auf-treten, einen Kern enthalten, der durch Jodine blau gef\u00e4rbt wird; aber auch dieses findet bei den Conferven nicht zu allen Zeiten statt, was Ref. durch wiederholte Beobachtungen nachgewiesen hat54). Herrn M oh Ts fernere Untersuchungen gingen dahin, auch in den gr\u00fcngef\u00e4rbten Zellensaft-K\u00fcgelchen der h\u00f6heren Pflanzen das Vorkommen des Amylums nachzuweisen, was denn auch bei vielen Wassergew\u00e4chsen und auch bei einigen saftigen Landpflanzen sehr leicht ist; so wurde denn die Erscheinung bei Vallisneria spiralis und der Trades cantia discolor beobachtet, wo ein jedes solcher K\u00fcgelchen einen grofsenAmylum-Kern zeigt. HerrS chleiden (1. c.S.531) beobchtete die Zellensaft-K\u00f6rner von Ceratophyllum und giebt an, dafs sie aus St\u00e4rkemehl bestehen, welches mit Chlorophyll \u00fcberzogen ist. Dergleichen Beobachtungen sind aber von dem Ref. schon vor 11 Jahren an Vallisneria und seit 3 Jahren an der Tradescantia, Zanichellia u. s. w. angestellt und publicirt, aber auf eine andere Weise gedeutet und, wie es scheint,aist diese die richtigere. Ich habe n\u00e4mlich bemerkt, dafs die Amylum-K\u00f6rner in der Vallisneria und in den anderen genannten Pflanzen, wo sie in denjenigen, der Oberfl\u00e4che n\u00e4her liegenden Zellen auftreten, durch Chlorophyll gef\u00e4rbt werden, und zwar beginnt diese Umwandlung des Amylum\u2019s in Chlorophyll auf der Oberfl\u00e4che und wird immer bedeutender, je mehr diese K\u00fcgelchen dem Einfl\u00fcsse des Lichtes oder \u00fcberhaupt dem Herde eines st\u00e4rkeren Carbonisations-Prozesses ausgesetzt werden. So verh\u00e4lt es sich mit dem Auftreten der\n54) Anmerk. Zuweilen zeigt sich das Amylum unter \u00e4hnlichen Vnrh\u00e4ltnissen auch in den Closterien, wo ich einigemal die gr\u00f6fseren gr\u00fcnen K\u00fcgelchen und auch zuweilen alle die kleineren, womit das ganze Closterium gef\u00fcllt war, durch Jodine blau und blauviolett f\u00e4rbte.\nRef.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"65\nAmylum-K\u00f6rner in den sogenannten Chlorophyll-K\u00f6rnern, welche in der Natur gar nicht vorhanden sind; wie denn auch Herr Schleiden sehr richtig bemerkt hat, dafs das Chlorophyll immer eine homogene, formlose, wachsartige Masse ist; aber keineswegs kann ich dem Nachsatze beistimmen, dafs sie Amylum-K\u00f6rner und Zellenw\u00e4nde \u00fcberzieht. Das Chlorophyll, diese wachsartige Substanz, wird von der Pflanze auf sehr verschiedene Weise gebildet, bald aus Amylum, bald aus halbfl\u00fcssigen, schleimigen Substanzen, welche sich im Zellensaft bilden, bald aus jenen festeren Stoffen, welche am Allgemeinsten die Basis der gr\u00fcngef\u00e4rbten Zellensaft-K\u00fcgelchen ausmachen, mit Jodine br\u00e4unlich gef\u00e4rbt werden und, wieRef. vermuthet, aus geronnenen stickstoffhaltigen Nahrungsstoffen bestehen. Diese Substrate bilden sich auch in jenen F\u00e4llen, wo man die Bildung des Chlorophyll\u2019s unterdr\u00fcckt, aber auch sie selbst k\u00f6nnen unter solchen Verh\u00e4ltnissen aufgel\u00f6st und zu anderen Stoffen umgewandelt werden.\nSolche Amylum-haltende Chlorophyll-K\u00fcgelchen, welche sich durch Jod blau f\u00e4rben, hat nun Herr Mo hl in einzelnen Theilen vieler Pflanzen gefunden, z. B. in den Zellen der Hautdr\u00fcsen (Porenzellen von Herrn Mohl genannt), in den Epidermis-Zellen von Aspidium exaltatum, von Calla aethio-pica, im Diachym von Abies pectin ata, Pini/s alba, Camellia japonic a u. s. w. und Ref. 6 5) hat sie in den Elementar-Organen der Markscheide und in den Zellen der Markstrahlen verschiedener B\u00e4ume und Schlingpflanzen beobachtet.\nEine zweite, an die eben beschriebene Form sich unmittelbar anschliefsende Ab\u00e4nderung von Chlorophyll-K\u00f6rnern, sagt Herr Mohl, welche mit den vorhergehenden den scharfbegrenzten Umrifs gemein hat, unterscheidet sich von ihr blofs dadurch, dafs jedes Chlorophyll-Korn mehrere Amylum-K\u00f6rner enth\u00e4lt. Die H\u00fclle dieser K\u00f6rner erscheint theils ganzrandig, theils, wenn dieselbe dein Umfang der einzelnen Amylum-K\u00f6rner sich anschliefst, crenulirt. Solche K\u00f6rner finden sich im Diachym von Aspidium exaltatum, Sempervivum tecto-rum, in den Markzellen der Stapelia maculosa u. s. w.\nEine andere Form von solchen Chlorophyll-K\u00f6rnern\n55) Physiologie. I. S. 372 etc.\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"schliefst mehrere, aber sehr kleine Amylum-K\u00fcgelchen ein, deren blaue F\u00e4rbung bei der Verbindung mit Jod nicht mehr leicht zu erkennen ist, indem die gebr\u00e4unte H\u00fclle des Chlorophyll\u2019s zu dick ist. Es finden sich, sagt Herr Mo hl, solche Chlorophyll-K\u00f6rner theils zwischen denen der vorigen Form durch mannichfache Mittelstufen in sie \u00fcbergehend, z. \u00df. im Blattstiele von Poihos lanceolotct, theils in anderen Zellenschichten, als beiOrontium japonicum,Sedum anglicum u.s.w.\nDie letzte Form jener Chlorophyll-K\u00f6rner bilden diejenigen, welche in der Regel ziemlich grofs, aber weniger scharf begrenzt sind, als die beschriebenen; bei starker Vergr\u00f6fserung findet man in ihnen eine Menge sehr kleiner P\u00fcnktchen, die sich durch Jod tief braungelb f\u00e4rben. Dessen ungeachtet glaubt Herr Mo hl, dafs diese feinen K\u00f6rner ebenfalls aus Amylum bestehen, worin Ref. nicht beistimmen kann, denn nach vorhergegangener Entziehung des Chlorophyll\u2019s mit Aether bleibt eine gelblichweifse Masse zur\u00fcck, welche durch Jodine braun gef\u00e4rbt wird, und eben in dieser Form treten die durch Chlorophyll gef\u00e4rbten Zellensaft-K\u00fcgelchen in den meisten Pflanzen auf.\nHerr Mohl stellt nun die Frage, ob sich die Amylum-K\u00f6rner zuerst bilden und die H\u00fclle sich erst sp\u00e4ter um dieselben anlegt, oder ob umgekehrt das Chlorophyll sich zuerst bildet, und erst sp\u00e4ter die K\u00f6rner in ihm entstehen. Herr Mohl entscheidet die Frage, wie es die Beobachtungen der Natur lehren ; in einigen F\u00e4llen n\u00e4mlich tritt zuerst Chlorphyll auf, und sp\u00e4ter erst zeigen sich Amylum-K\u00f6rner, wie z. B. bei den Spiro gyren LJc. und den Charen, wie ich es schon vorher anf\u00fchrte, aber in anderen F\u00e4llen findet sich zuerst das Amylum und dann tritt erst die Bildung des Chlorophyll\u2019s ein. Den dritten Fall, welcher aber wohl gerade der h\u00e4ufigste ist, hat Herr Mohl nicht aufgef\u00fchrt, wo n\u00e4mlich die Bildung des Chlorophyll\u2019s weder vorher noch nachher mit Amylum-Bildung in Verbindung steht, wo dasselbe eine halbfeste gelblich weifse, durch Jod braun zu f\u00e4rbende Substanz zum Substrat hat.\nAber auch bei den Conferven und den Spirogyren kann man ziemlich allgemein annehmen, dafs die Bildung des Chlorophyll\u2019s aus dem Amylum hervorgeht, denn die Amylum-K\u00fc-","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"67\ngelchen sind es, welche bei der Bildung des Saamens der Spirogyren aufgel\u00f6st werden, mit der vorhandenen gr\u00fcuge-f\u00e4rbten Substanz zusammenschmelzen und den Stoff zur Bildung der beiden H\u00e4ute hergeben, welche jedes Saamenkorn dieser Pflanzen umschlie\u00dfen, sich dann wieder condensiren und selbst im Saamen eine spiralf\u00f6rmige Stellung annehmen, bei dem Hervorkeimen der jungen Pflanze, welche aus einer Verl\u00e4ngerung der dritten oder innersten Haut hervorgeht, aber wieder verbraucht werden, um den Stoff zur Bildung der formlosen durch Chlorophyll gef\u00e4rbten Masse herzugeben.\nFragt man nach dem physiologischen Zwecke, welchen wohl die Natur durch diesen Absatz von Amylum in den Bl\u00e4ttern erreicht, so m\u00f6chte Herr M\u00f6hl darauf antworten, dafs es eine Reservenahrung ist, dazu bestimmt um bei den nur einmal bl\u00fchenden Gew\u00e4chsen zur Entwickelung der Frucht verwendet zu werden, und um bei den ausdauernden, im Winter ihre Bl\u00e4tter verlierenden Gew\u00e4chsen im Herbste in den Stamm \u00fcbergefiihrt und daselbst als Material niedergelegt zu werden (?), auf dessen Kosten sich im n\u00e4chsten Fr\u00fchjahre die Knospen entwickeln sollen.\nHerr Pay en56) hat Flechtenst\u00e4rke aus dem Isl\u00e4ndischen Moose dargestellt und nachdem dieselbe bei 100\u00b0 getrocknet war, einer Elementar-Analyse unterworfen, die C.12 H.10 O. 5 ergab, eine Zusammensetzung, welche der des Amylum\u2019s der h\u00f6heren Pflanzen ganz nahe steht. Grofse Verschiedenheiten in der Zusammensetzung zwischen St\u00e4rke und Moosst\u00e4rke waren nicht zu erwarten, es wurde jedoch bisher allgemein angenommen, dafs letztere durch Jodine gelbbraun, erstere dagegen blau gef\u00e4rbt werde; Ref. hat jedoch mehrmals gefunden, dafs auch die St\u00e4rke in frischen Flechten durch Jodine blau gef\u00e4rbt wird, und zwar besteht die Flechtenst\u00e4rke nicht etwa in Form von K\u00fcgelchen in den Flechten, sondern sie bildet die Membranen und den Inhalt der Elementar-Organe derselben.\nIn einer sp\u00e4teren Note, welche Herr Pay en der Philomatischen Gesellschaft zu Paris vorgetragen hat 57), macht derselbe die Bemerkung, dafs er die St\u00e4rke des Isl\u00e4ndischen\n56)\tL\u2019Institut de 1837. p. 128.\n57)\tL\u2019Institut de 1837. p. 145.\n5 *","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nMooses unmittelbar unter dem Mikroskope habe sehen k\u00f6nnen, und zwar zu kleinen Ballen vereinigt; Herr Pay en hat aber nicht bemerkt, dafs die W\u00e4nde der Zellen jener Pflanze ebenfalls blau gef\u00e4rbt werden.\nMonographische Bearbeitungen verschiedener Pflanzen-Familien in physiologischer Hinsicht.\nVon Herrn Unger68) haben wir eine sehr reichhaltige Arbeit \u00fcber die parasitischen Gew\u00e4chse erhalten, welche besonders die Einwurzelung der Parasiten aufi hren Mutterpflanzen sehr umst\u00e4ndlich er\u00f6rtert. Es ist hier die Rede von \u00e4chten Parasiten, welche selbstst\u00e4ndige und individualisirte Gew\u00e4chse sind, welche, wenngleich nicht in ihrer Entstehung, so doch in ihrer Lebensdauer von andern Gew\u00e4chsen, in welche sie sich gleichsam einpfropfen und von denen sie fast ausschliefs-lich ihre Nahrung ziehen, abh\u00e4ngig sind. Durch diese eigen-thiimliche Lebens\u00e4ufserung, aber weniger durch ihre Form und durch ihren Bau, werden diese Gew\u00e4chse zu einer eigen-th\u00fcmlichen Gruppe vereint. Ein gr\u00f6fserer oder geringerer Grad des Mangels an Wurzeln oder wurzel \u00e4hnlich en Organen ist allen Parasiten mehr oder weniger eigen und, sagt Herr Unger, wenn wir auch bei einigen vollkommen gebildeten ein f\u00f6rmliches Rhizom, ja sogar verzweigte und ver\u00e4stelte Wurzeln wahrnehmen, so zeigt dieses weniger eine Abweichung von der allgemeinen Regel, als von dem \u00fcberall sich offenbarenden Streben der Natur, innerhalb der Grenzen gewisser Lebensnormen auf alle m\u00f6gliche Weise sich in Bildungs-Ver\u00e4nderungen zu versuchen.\nDas \u00fcberaus reiehe Material, welches Herrn Unger zur Untersuchung dargeboten wurde, veranlafste denselben eine Eintheilung der parasitischen Gew\u00e4chse in verschiedene Gruppen aufzustellen, welche auf der Art der Verbindung zwischen den Parasiten und dessen Mutterpflanze, begr\u00fcndet wurde. Es sind 9 solcher Gruppen aufgestellt, die dazu geh\u00f6renden Gattungen angegeben, und deren Einwurzelung in den Mutterpflanzen mehr oder weniger vollst\u00e4ndig beschrieben. Diese Gruppen sind folgende:\n58) Annalen des Wiener Museums B. II. S. 1.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"69\n1)\tDer Parasit entspringt unmittelbar \u00fcber dem Holzk\u00f6rper seines Tr\u00e4gers und anastomosirt durch sein Gef\u00e4fssystem mit dem Gef\u00e4fssystem der N\u00e4hrpflanze. Hiezu geh\u00f6ren : Rafflesia, Brugmansia, F ilo styles, Apodanthes, Cytiniis ?\n2)\tDer Parasit sucht eine Art von Wurzelstock zu bilden, wodurch er der N\u00e4hrpflanze anh\u00e4ngt, und aus dem er mehrere bl\u00fcthentragende Sch\u00e4fte treibt. Dahin geh\u00f6ren Hy-driora, Scybalium.\n3)\tDurch verst\u00e4rkte Reaction (wahrscheinlich in der Art der Keimung gegr\u00fcndet) wird ein Theil des Gef\u00e4fssystems der N\u00e4hrpflanze in den Wurzelstock des Parasiten aufgenommen, und dadurch ein K\u00f6rper gebildet, der sowohl diesem als der N\u00e4hrpflanze angeh\u00f6rt. Es geh\u00f6ren hiezu die Gattungen: Ba-lanophora, Cynopsole, Sarcophyte, Cynomorium, Lopho-phytum {?), Ombrophytum (.p).\n4)\tDer Parasit bildet einen Wurzelstock, dessen Zasern sich an die N\u00e4hrpflanze anheften. Es geh\u00f6ren hiezu: Helosis, Langsdorfia.\n5)\tKein Rhizom, sondern stark ver\u00e4stelte Wurzeln, welche durch Saugw\u00e4rzchen mit der Mutterpflanze verbunden sind. Lathraea.\n6)\tEinpflanzung des Parasiten wie im ersten Grade, dabei noch Wurzeln, die bald mit Saugw\u00e4rzchen versehen sind, bald ohne dieselben erscheinen. Es geh\u00f6ren hiezu die Gattungen Orobanche, Fhelipaea, Conopholis, Ilyobanche, Epipha-gus, Aeginetia, Obolaria.\n7)\tDie W'urzeln des Parasiten sind mit denWTurzeln der N\u00e4hrpflanze in einem knollenf\u00f6rmigen Filz verwoben. Es geh\u00f6ren hiezu Monotropa und Corallophyllum.\n8)\tDer Parasit entwickelt sich ziemlich selbstst\u00e4ndig und schickt nur hie und da vom Stamme aus Haustellen in die N\u00e4hrpflanze, wie bei Cuscuta und Cassytha.\n9)\tStark ver\u00e4stelte Wurzeln die sich bald unter der Rinde der N\u00e4hrpflanzen hinziehen, und in diese gleichsam infiltriren. Viscuniy Loranthus und Misodendron geh\u00f6ren zu dieser Gruppe.\nIn dieser Reihenfolge glaubt Herr Unger zugleich ein Gesetz ausgesprochen zu haben, nach welchem die minder oder h\u00f6her entwickelte Natur der Parasiten, parallel mit der","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nStufenfolge ihres Abh\u00e4ngigkeits-Verh\u00e4ltnisses in der Einwurz-lung, sich immer fort zu gr\u00f6fserer Unabh\u00e4ngigkeit und Freiheit emporrichtet.\nDie sogenannten falschen Parasiten tlieilt Herr Unger in Hinsicht ihrer Verbindung mit dem Boden ebenfalls in verschiedene Gruppen ein. Zu der ersteren geh\u00f6ren flederet Helix, Amp\u00e9lopsis quinquefolia, Bignonia radicans u. s. w. Diese Pflanzen klammern sich vermittelst kleiner Haftwurzeln an verschiedene ihnen zun\u00e4chst stehende Gegenst\u00e4nde an, ohne von ihnen ihre Nahrung zu ziehen. Aehnliche Haftwurzeln bemerkt man auch bei einigen halbparasitischen Gew\u00e4chsen, als bei Cuscuta und Cassytha, ja Herr Unger glaubt, dafs auch die Saugw\u00e4rzchen bei Lathraea, Orobanche u. s. w. als \u00e4hnliche Gebilde anzusehen sind, worin Ref. nicht beistimmen kann.\nZu der zweiten Gruppe von falschen Parasiten werden Bromelien, Tillandsien, Epidendreen und andere Orchideen, sowie Moose und Licheen gebracht; die Wurzeln dieser Pflanzen, sofern sie dergleichen besitzen, verm\u00f6gen nur im Pflanzenmoder oder in dem nach Aufsen immerfort absterbenden Rindenk\u00f6rper holzartiger Gew\u00e4chse zu vegetiren. Zu der dritten Gruppe der falschen Parasiten, wo die letzte Beschr\u00e4nkung stattfindet, werden die Schlingpflanzen gerechnet.\nDie aufgef\u00fchrte Gruppirung der wahren Parasiten nach Herrn Unger, scheint dem Referenten zu sehr zertheilt zu sein, derselbe w\u00fcrde z. B. die drei ersten Gruppen zusammenfassen und mehrere andere Aenderungen vorschlagen. Ref. kann hier nur das Wesentlichste von den neuen Beobachtungen hervorheben, wornach Herr Unger seine Eintheilung aufstellte.\nBei der Entwickelungsgeschichte der Parasiten der ersten Gruppe werden Herrn Blume\u2019s Untersuchungen \u00fcber das Keimen der Brugmcinsia angef\u00fchrt, aber es scheint mir, als wenn diese Untersuchungen sp\u00e4ter angestellt sind, als bis zu jener Zeit, in welcher mir Herr Blume eine Brugmansia-Knospe zur Untersuchung \u00fcbergab. Herr Unger glaubt, dafs Herrn R. Brown\u2019s Meinung von einem Zwischenprodukte, hervorgegangen aus der Wurzel des Cissus, worauf die Raf-flesin Arnoldi sitzt, irrig w\u00e4re, indessen hier ist wohl der","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"71\nIrrthum auf Seite des Ersteren. Bei der Bvugmansia, welche auf der Wurzel des Cissus tuber dilata sitzt, fand ich aber diesen Zwischenk\u00f6rper, der ganz aus der Substanz der Wurzel hervorgegangen ist, so bedeutend, wie ich denselben in der Flora Javae Tab. VI. Eig. 1. nach einem Querschnitte abgebildet habe. Dieser Zwischenk\u00f6rper bildet mit seinem paren-chymatoesen Rande einen Becher, worin die aufgebrochene Blume wie in einem Kelche sitzt. Hieraus folgt schon, dafs wenigstens die beiden ersten Gruppen der Parasiten nach Herrn Unger zusammenfallen; ob der Mittelk\u00f6rper etwas mehr oder etwas weniger grofs ist, darauf kommt hierbei nichts an.\nBei Lathraea kommt keine Rhizom vor, sondern stark ver\u00e4stelte Wurzeln, welche durch Saugw\u00e4rzchen mit der Mutterpflanze verbunden sind. Herr Unger wird diesen Gegenstand n\u00e4chstens in einer besonderen Abhandlung bekannt machen.\nInteressant ist die eigenth\u00fcmliche Verbindung, welche die Wurzeln der Monotropa hypopythis mit den Wurzeln der Mutterpflanze (Pinus Abies L.) zeigt. Es ist nach Herrn Unger\u2019s Entdeckung ein Rhizom-\u00e4hnlicher, knollenf\u00f6rmiger, unregelm\u00e4fsiger K\u00f6rper, woraus die Bl\u00fcthenschafte dieser Pflanze entspringen, und dieser K\u00f6rper besteht aus eineln Con-volut von innig verfilzten Wurzelfasern, welche zum Theil dem Parasiten, zum Theil der N\u00e4hrpflanze angeh\u00f6ren. Dieser Wurzelfilz ist von aufsen etwas lockerer, von erdigen Theilen durchdrungen, nimmt aber gegen die Mitte so an Dichtigkeit zu, dafs diese beinahe ganz verschwinden, und ein Gewebe von Wurzeln, welches auf keine Weise zu entwirren ist, \u00fcbrig bleibt. Der Contact der beiderseitigen, in Farbe, Form und Consistenz leicht zu unterscheidenden Wurzeln ist innig, ohne dafs jedoch Saugw\u00e4rzchen oder \u00e4hnliche Organe vorhanden sind, wodurch eine unmittelbare Vereinigung, eilte Durchdringung beider, bewirkt w\u00fcrde. Der Parasit ern\u00e4hrt sich also hier aus den Ausschwitzungen der Wurzelspitzen. Man glaube aber nicht, dafs diese Nahrung in den Excrementen der Pflanzenwurzeln bestehe, denn Referent glaubt gezeigt zu haben, dafs es sich mit jenen angeblichen Excrementen ganz ebenso verh\u00e4lt, wie mit der gesammten Lehre von den Wur-","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nzelschwammchen und den Wurzelschwammw\u00fclstchen, von welchen in der Natur gar nichts vorhanden ist.\nAuch \u00fcber das Wachsthum der Cuscuta- Pflanze hat Hr. Unger einige sehr interessante Beobachtungen bekannt gemacht. Man erzieht diese Pfl\u00e4nzchen sehr leicht, wenn man ihre Saamen unter schon gebildete gr\u00fcnende Pfl\u00e4nzchen s\u00e4et In der ersten Zeit verl\u00e4ngerte sicli die junge Pflanze t\u00e4glich fast um einen Zoll, doch der urspr\u00fcngliche Embryo vertrocknet bis zu demjenigen Punkte des Stengels, wo die ersten Saugw\u00e4rzchen auftreten. An den Bl\u00e4ttern von Sedum album wollten die kleinen Keime nicht fortkommen, obgleich die Saugw\u00e4rzchen der Cuscuta daran hafteten. Eine junge Cus-cuta-Pflanze mit ihrer N\u00e4hrpflanze wurde unter ein Glas gestellt und durch Wasserd\u00e4mpfe feucht erhalten; drei Tage lang vergr\u00f6fserte sie sich, dann schlang sie sich in 1| Windungen um sich selbst und trieb sogar an dieser Stelle Saugw\u00e4rzchen. Der untere Theil der Pflanze blieb nun zur\u00fcck, w\u00e4hrend jene Saugw\u00e4rzchen an den umschlungenen Stellen in der Substanz ohne eigene Pflege hervordrangen. Auch sah Herr Unger die Umwandelung eines der urspr\u00fcnglichen Saugw\u00e4rzchen in einen Trieb. Auch \u00fcber das Keimen und die WTirzelbildung der Viscum-Pflanze hat Herr Unger eigene Beobachtungen angestellt, doch \u00fcber diesen Gegenstand ist nach den Beobachtungen von Du Hamel, Gaspard u. A. m. wohl nur Weniges unbekannt geblieben. Bei mehreren tropischen Loranthus-Arten hat jedoch Herr Unger beobachtet, dafs die horizontal-verlaufenden Wurzeln nicht in der Rinde des fremden Astes, sondern \u00fcber derselben befindlich sind, die Zweige innig umstricken und sich mit ihren Enden sogar an denselben befestigen.\nIn einer zweiten Abtheilung giebt Herr Unger die anatomische Untersuchung der Parasiten, deren Einwurzelung in die Mutterpflanzen vorher er\u00f6rtert wurde; er folgert aus derselben, dafs s\u00e4mmtliche parasitische Pflanzen in systematischer Hinsicht, in drei Abtheilungen zerfallen. Die erste umfafst jene Parasiten, deren unvollkommene Gef\u00e4fsbiindel nach dem Prototype der Langsdorfia in einen Kreis gestellt und durch Anastomosen unter sich verbunden sind. Diese Abtheilung wird der Bildung des Farmstammes parallelisirt. Eine zweite","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"73\nGruppe bilden jene Parasiten, wo gleichfalls die Gef\u00e4fsb\u00fcndel noch unvollkommen sind, aber zu der fr\u00fcher allein bestandenen Endsprossung, wie es scheint, auch eine peripherische hin-zutritt. Es geh\u00f6ren hieher die Gattungen Orobanche, La-thraea, Monotropa, Cuscuta, Cassytha und Herr Unger glaubt, dafs diese Gew\u00e4chse in Hinsicht ihrer anatomischen Znsammensetzung und der Wachsthumsweise mit keiner der grofsen Abtheilungen der Pflanzen zu vergleichen sind, w\u00e4hrend die Gattungen Viscum, Loranthus u. s. w. zur dritten Abtheilung geh\u00f6ren, vollkommene Gef\u00e4fsb\u00fcudel besitzen und \u00e4hnlich den Dicotyledonen wachsen.\nDiese Eintheilung der parasitischen Gew\u00e4chse m\u00f6chte jedoch wenig Beifall finden, Referent weifs in der That nichts, wodurch man beweisen will, dafs z. B. Orobanche, Lathraea, Monotropa, Cuscuta u. s. w. in ihrem Baue und Wachsthume von anderen Dicotyledonen wesentlich verschieden sind. Wohl aber zeigt sich bei Raf\u00dfesia und Brugmansia ein \u00e4hnliches Aneinanderlagern von Holzb\u00fcndeln, oder Gef\u00e4fsbiindeln, wie man sie hier nennt, wie bei den Farm, aber Referent kann auch Cactus-St\u00e4mme vorzeigen, an welchen so etwas vorkommt, und daher ist man nicht berechtigt, jene Gattungen parasitischer Gew\u00e4chse mit den Farm in Analogie zu bringen. Herr Unger glaubt seine Ansichten \u00fcber die Reihenfolge der Parasiten durch den Bau ihres Saamens bekr\u00e4ftigen zu k\u00f6nnen, doch diese Annahme ist eben so irrig, als die grundlose Lehre von dem Hervorwachsen wahrer parasitischer Wurzel-Pflanzen ohne wirkliche Saamen, welche Referent als eine seiner Jugends\u00fcnden schon seit vielen Jahren bereuet. Herrn Blume\u2019s Brugmansia hat Referent untersucht, das Exemplar, welches reife Saamen haben sollte, war mehr als halb verfault, daher die Faden-Pilze in und neben jenen Saamen auf der Abbildung, und vielleicht fehlte auch der Embryo, doch die Formver\u00e4nderung des Saamens (Fig. 17.) liefs auf einen befruchteten Zustand schliefsen. An der jungen, noch nicht aufgebrochenen Blume hat dagegen Ref. den Saamen ganz normal mit seinem Nucleus und einer einfachen Saamenh\u00fclle beobachtet, und in Fig. 16. Tab. 6. der Flora Javae abgebildet. Man bedenke jedoch, dafs diese Untersuchungen im Februar 1827 geschahen, zu einer Zeit, in welcher die ber\u00fchmten Arbeiten","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\n\u00fcber das Pflanzen - Eichen noch nicht bekannt waren, gegenw\u00e4rtig aber, selbst wenn Herr R. Brown auch noch nicht den Embryo in dem Saamen der Rafflesia beobachtet h\u00e4tte (was Hrn. Unger unbekannt geblieben ist), w\u00fcrde ich, schon nach dem blofsen Ansehen des Saamens im Vergleiche zum unbefruchteten Eichen, das Fehlen des Embryo\u2019s nicht mehr annehmen. Die Rhizantheen haben also einen Embryo in ihrem Saamen aufzuweisen, und die Form und die Entwickelung desselben wird sicherlich auf das Bestimmteste nachweisen, dafs sie zu den Dicotyledonen geh\u00f6ren.\nMan m\u00f6chte glauben, sagt Hr. Unger, dafs die Parasitenformen gleichsam nur die Schatten von Vorbildern seien, die sich edler, selbstst\u00e4ndiger und vollendeter in einer anderen Richtung des Gew\u00e4chsreiches darstellten; aber h\u00e4tte Hr. Unger die verschiedenen Parasitenformen den nat\u00fcrlichen Familien angereihet, welche jene Vorbilder darstellen, so w\u00fcrde der organographische Theil dieser, an Material so reichen Arbeit f\u00fcr die Systematik von noch dauerndem Werthe geworden sein.\nDie 6 lithographirten Quarttafeln, welche dieser Abhandlung beigegeben sind, enthalten eine Menge von sch\u00f6nen und getreuen Darstellungen aus dem reichen Material, welches Herrn Unger zur Untersuchung zu Gebote stand.\nIn der musterhaften Monographie der Riccieen, welche Hr. Dr. Lindenberg 59) publient hat, befindet sich ein Abschnitt, der vom Bau, Wachsthum und der Fortpflanzung der Riccieen handelt, worin \u00fcberaus reiche und sch\u00e4tzenswerthe Beitr\u00e4ge f\u00fcr die Pflanzen-Physiologie enthalten sind. Herr Lindenberg giebt an, dafs nur diejenigen Arten von Riccien wurzellos sind, welche ganz im Wasser wachsen, und auch diese nur so lange, als sie ganz von diesem Elemente umgeben sind; sie treiben dagegen Wurzeln, wenn sie mit der Erde in Ber\u00fchrung kommen. Die Wurzeln der Ricbieen sind einfach, sehr selten ver\u00e4stelt und ihre Anzahl ist hier wie bei anderen Pflanzen bei verschiedenen Individuen sehr verschieden. Diese Wurzeln der Riccieen bestehen in blofsen einfachen Wurzelh\u00e4rchen, wie es bei allen Laubmoosen der Fall ist, doch bei\n59) Nova Acta Acad. C.L. C. nat. curios. T. XVIII PL Vratis-laviae et Bonnae 1837. p. 361 \u2014 504. c. tab. XIX.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"75\nRiccia natans, wo schon so manches Abweichende in der Form zu bemerken ist, da sind diese Wurzelh\u00e4rchen, die sich in der Erde entwickeln, gegliedert und auch ungegliedert. Solche kleine Abweichungen kommen auch bei den Wurzeihaaren der h\u00f6heren Pflanzen vor, ja dann und wann sieht man selbst ver\u00e4stelte Wurzelh\u00e4rchen. Aber aufser diesen zarten W\u00fcrzelchen hat Hr. L. bei einigen Arten, z. B. bei R. purpur ascens und natans, noch st\u00e4rkere und straffere Wiirzelchen beobachtet, die an ihrem Ende in eine eirunde, keulen- oder kugelf\u00f6rmige Anschwellung verdickt sind, und \u00fcberall wiederum kleine, d\u00fcnne Zasern treiben. Hr. L. nennt diese Wurzeln sprossende Wurzeln, und die verdickten K\u00f6pfe der Wurzelenden entwickeln sich nach seinen Beobachtungen zu neuen Pflanzen, doch mit Unrecht werden sie Wurzelknospen genannt; es sind offenbar Gemmen, deren Vorkommen an den Wurzelspitzen so niederer Pflanzen etwas h\u00f6chst bemerkenswerthes ist und nur bei der Leinna ist etwas Aehn-liches beobachtet worden. Bei R. natans bilden sie sich sogar an der Spitze des einfachen Wurzelh\u00e4rchen, doch ist das N\u00e4here hierbei durch Herrn Lindenberg noch nicht vollst\u00e4ndig nachgewiesen.\nHerr Lindenberg sieht die Riccieen als diejenigen niederen Pflanzen an, bei welchen zuerst vollkommenes Zellen-gewebe auftritt, worin man nur in gewisser Beziehung beistimmen kann, denn sowohl bei Pilzen, als bei Algen finden sich nicht nur sehr regelm\u00e4ssig geformte Zellen, sondern auch regelm\u00e4fsige Aneinanderlagerung dieser Zellen, ganz ebenso wie bei den h\u00f6heren Pflanzen ; nur in dem Inhalte und in der Festigkeit der W\u00e4nde sind diese Zellen von denen des vollkommenen Zellengewebes verschwinden. Herr Lindenberg glaubt an der Struktur der Riccieen eine Best\u00e4tigung der Theorie des Herrn Kies er gefunden zu haben, \u201edafs die ideale Urform der ihre urspr\u00fcngliche Gestalt als Kugel oder Ellipsoid in Folge des Zusammentretens zu einem ununterbrochenen Gewebe zu verlassen gen\u00f6thigten Pflanzenzelleu das Rhombendodeka\u00ebder sei.\u201c Alle Zellen, sagt Herr L., sind in dem Parenchym der Riccieen von dieser Form oder lassen sich darauf reduciren, wiewohl dabei das stete Bestreben der Zellen nicht zu verkennen ist, von ihrer urspr\u00fcnglichen Ku-","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\ngelform so viel beizubehalten oder so sehr dabin zuriickzu-kehren, als der gegenseitige Druck u. s. w. gestatten.\nDiese Annahme erfordert wenigstens, dafs jene Zellen des Parenchymes der Riccien im Anf\u00e4nge kugelf\u00f6rmig sind und dann durch Zusammendr\u00fccken aneinander geprefst w\u00fcrden. 1st das aber wohl bei den Riccien zu beobachten? Ref. glaubt diese Frage verneinend beantworten zu k\u00f6nnen, denn bei den Marchantien, wo sich das Zellengewebe ganz so wie bei den Riccien verh\u00e4lt, da kann man beobachten, dafs die Bildung der Zellenformen nicht auf die soeben angegebene Weise vor sich geht. Die mathematische Entwickelung der Kieser\u2019schen Hypothese \u00fcber die Entstehung der Zellenform ist \u00fcbrigens ganz richtig, und schon Stephan Haies erwies es auf eine sehr b\u00fcndige Weise, dafs gleichgrofse runde K\u00f6rper, wie z. B. gew\u00f6hnliche Erbsen, wenn sie in einem fest verschlossenen Raume, der damit angef\u00fcllt ist, zum Aufquellen gebracht werden;, durch gegenseitigen Druck in 12 fl\u00e4chige K\u00f6rper umgewandelt werden. Diese durch \u00e4ufsere Verh\u00e4ltnisse herbeigef\u00fchrte Form kann man aber doch nicht als die ideale Grundform jener urspr\u00fcnglich runden K\u00f6rper ansehen, und es beruht auf ganz unrichtigen Beobachtungen, wenn man annimmt, dafs sich die angeblich rhombendodeka\u00ebdrischen Zellen an ihren Kanten und Ecken abrunden und in die verschiedenen anderen Formen umwandeln k\u00f6nnen. H\u00f6rt der gegenseitige Druck auf, was zuweilen bei starker Ausdehnung einzelner Pflanzentheile vorkommt, so nehmen die getrennten Zellen wieder eine sph\u00e4rische Form an, von welcher sie aus-gegangen waren. Herr Lindenberg hat \u00fcber den fraglichen Gegenstand eine sehr ausf\u00fchrliche Anmerkung einger\u00fcckt, worin sich auch die Bemerkung findet, \u201edafs auf den Zelleu-durchschnitten neben den \u00dfseitigen auch andere Figuren vor* banden sind, beweiset nicht gegen, sondern f\u00fcr Kieser\u2019s Ansicht,\u201c d. h. n\u00e4mlich, dafs die Form der Zellen die desRhom-bepdodeka\u00ebders ist. Indessen ist Referent durch fortgesetzte Beobachtungen in seinen Annahmen \u00fcber diesen Gegenstand (S. Phytotomie pag. 216) nur best\u00e4rkt worden, ja er k\u00f6nnte hier\u00fcber gegenw\u00e4rtig noch ausf\u00fchrlichere Mittheilungen machen als damals. Man mufs sich auch in der That wundern, dafs noch immer in so vielen botanischen Lehrb\u00fcchern von","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"77\nder Rhombendodeka\u00ebderform der Zellen die Rede ist, w\u00e4hrend gutgef\u00fchrte L\u00e4ngenschnitte und Querschnitte die wahre Form der Zellen sogleich vor Augen stellen; auch erkl\u00e4re ich hiebei, dafs mir noch niemals Zellen des continuirlichen Parenchymes vorgekommen sind, deren Form einem regelm\u00e4-fsigen Rhombendodeka\u00ebder glich; ich habe dabei auf wirkliche Gleichheit noch gar keine Anspr\u00fcche gemacht.\nDie Riccien wie alle aus mehrschichtigem Gewebe bestehenden Pflanzen haben eine Oberhaut, d. h. eine obere ZeL lenlage, und Herr L. bemerkt sehr richtig, dafs es nur ein Wortstreit ist, ob man die Epidermis als ein besonderes Organ betrachten will oder nur als die obere Zellenlage des Parenchyms. Die Form der Epidermiszellen der Riccien sei mehr oder weniger regelm\u00e4fsig dodeka\u00ebdrisch, wovon sich jedoch Ref. nicht \u00fcberzeugen konnte. Die Zellen der Epidermis sind mit gr\u00fcn gef\u00e4rbten Saftk\u00fcgelchen gef\u00fcllt, wenn das Laub ganz d\u00fcnn ist, sie sind jedoch ungef\u00e4rbt, wenn das Laub mehr massig ist, und dann scheinen die gr\u00fcnen Zellen aus dem Innern des Laubes durch und es entsteht auf diese Weise die graugr\u00fcne, im trockenen Zustande die silbergraue Farbe, welche z. B. der Riccia glauca eigen ist. Zuweilen sind die Randzellen mit gef\u00e4rbtem Zellensafte versehen und auch Amylum - K\u00fcgelchen kommen in diesen Zellen vor. Durch kleine warzenf\u00f6rmige Anschwellungen der oberen Zel-lenw\u00e4nde erhalten die Riccien ihre rauhe Oberfl\u00e4che. \u201eOft sind und bleiben, sagt Herr Lindenberg, diese blasenartigen Hervorragungen geschlossen; nicht selten aber \u00f6ffnen sie sich bei fernerer Entwickelung der Pflanze, und zwar entweder ganz unregelm\u00e4fsig, wie bei Riccia hortorum, crystallina, indem die obere Zellenwand fast ganz verschwindet, und dadurch unregelm\u00e4fsige, oben offene H\u00f6hlen von sehr verschiedener Gr\u00f6fse entstehen, oder indem durch das Auseinandertreten einiger Zellen runde oder ovale Spalten sich bilden, wie bei Corsinia marchantioides, oder endlich, indem einzelne Zellen h\u00f6her und warzenartig sicli erheben und diese scheinbaren Papillen sich oben \u00f6ffnen, wie bei Riccia fim-briata. \u201c Bei Oxymitra werden diese Oeffnungen durch kleinere runde Zellen regelm\u00e4fsig umgeben. Alle diese Beobachtungen sind \u00fcberaus interessant, besonders der \u00e4hnlichen","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"/\n78\nErscheinungen wegen, welche hie und da schon bei anderen Pflanzen beobachtet worden sind. Ref. vergleicht jene Oeff-nungen mit und ohne papillenartige Hervorragungen der angrenzenden Epidermis-Zellen, welche Herr L. beobachtet hat, mit den sogenannten Spalt\u00f6ffnungen der Marchantien; besonders haben die Papillen der Ricciafimbriata die gr\u00f6fsteAelm-lichkeit mit den ge\u00f6ffneten Hervorragungen auf dem Laube der Marchantien, denen die wahren Hautdr\u00fcsen, welche in der Mitte ihrer beiden halbmondf\u00f6rmigen Zellen die Spalt\u00f6ffnung zeigen, durchaus fehlen, wor\u00fcber Ref. einige Bemerkungen60) k\u00fcrzlich mitgetheilt hat. Es scheint, als wenn diese Oeffnun-gen zum Durchg\u00e4nge der Feuchtigkeit der Luft in das Innere des Gewebes dieser Pflanzen dienten; die Riccien wachsen unter \u00e4hnlichen Verh\u00e4ltnissen wie die Marchantien; bald haben sie zu viel, bald zu wenig Feuchtigkeit, und jene Vorrichtungen k\u00f6nnten in beiden F\u00e4llen behiilflich sein die Verh\u00e4ltnisse zu reguliren. Auch \u00f6ffnen sich jene blasenartigen Hervorragungen auf der Oberfl\u00e4che der Riccien nicht immer, eine Erscheinung, welche sich ganz \u00e4hnlich verh\u00e4lt, wie das Auftreten der, schon so oft besprochenen L\u00f6cher an den Zellenw\u00e4nden der Sphagnum-Arten, wor\u00fcber bald nachher spe-cieller die Rede sein wird.\nObgleich das Zellengewebe der Riccien sehr dicht ist, ganz in der Art, wie bei den Marchantien, so dafs nur\u00e4ufserst selten wirkliche Intercellularg\u00e4nge zwischen den Zellen desselben auftreten, so ist doch die Substanz des Laubes sehr reich mit Lufth\u00f6hlen durchzogen, wenn dasselbe etwas massig auftritt. Sie entstehen durch alhn\u00e4hliges Auseinandertre-ten der Zellen, oft sind sie nur hie und da im Laube vorhanden und oftmals ganz unregelm\u00e4fsig, und bei den im Wasser lebenden Arten finden sie sich stets. Ist das Laub dick, so entstehen mehrere Reihen solcher Lufth\u00f6hlen \u00fcbereinander, \u00e4hnlich wie in der Wulst der Lemna gibba.\nAlle Riccien-Arten, die ein fleischigeres Laub besitzen, zeigen in der Mitte noch eine dichtere, aus horizontal gestreckten Zellen bestehende Schicht. Bei mehreren Arten ist\n60) S. Ueber einige Eigenthiimlichkeiten in der Epidermis verschiedenen Orchideen. \u2014 W i e g m a n n\u2019s Archiv 1837, I. S. 423.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"79\ndie Unterfl\u00e4che noch mit einer gef\u00e4rbten Haut \u00fcberzogen, welche aus einer einfachen oder zuweilen auch mehrfachen Zellenlage von kleinen, gef\u00e4rbten Zellen besteht; im Alter l\u00f6st sich diese Haut zuweilen von selbst, und nicht selten bewirkt sie durch blofses Durchscheinen eine F\u00e4rbung der Oberfl\u00e4che. Ueberhaupt, sagt Herr L., ist diese gef\u00e4rbte Zellenschicht die Ursache aller rothen und violetten F\u00e4rbung der Riccien, mit Ausnahme des Randes, der in einzelnen F\u00e4llen selbstst\u00e4ndig gef\u00e4rbt ist. Wo der Rand eingerollt ist, da kommt diese gef\u00e4rbte untere Fl\u00e4che nach oben.\nBei den meisten Riccien-Arten findet sich keine Spur eines Blattnerven, bei einigen aber bilden sich allm\u00e4hlig B\u00fcndel pleurenchymatischen Zellengewebes. Diese durchziehen dann das Laub der L\u00e4nge nach und schicken zu beiden Seiten Aeste aus; sie werden bei keiner Art angetroffen, die nicht mit Lufth\u00f6hlen versehen ist. R\u00e8f. bedauert, dafs Herr Lindenberg diesen Gegenstand nicht genauer dargestellt und durch Abbildungen erkl\u00e4rt hat, indem uns gegenw\u00e4rtig dergleichen frische Riccien nicht zur Hand sind, es scheint demselben aber, als wenn diese Nerven nur aus gestreckten Parenchym-Zellen bestehen und als solche die W\u00e4nde der Lufth\u00f6hlen bilden, welche durch die oberen Zellenschichten durchschimmern. Bei der Corsinia, sagt jedoch, Herr L., ist ein starkes B\u00fcndel solcher Faserzellen vorhanden, die dicht zusammenstehen, nur hie und da von langgestreckten, fast pros-enchymatischen Zellen durchweht sind und wirkliche, gleichfalls aus mehreren Zellenreihen bestehende Aeste aussenden.\nDas Auftreten solcher Blattnerven bei den Riccieen w\u00e4re aufserst bemerkenswerth, indem die Marchantiaceen offenbar bedeutend h\u00f6her stehen und noch keine solche Nerven aufzuweisen haben; hier wird n\u00e4mlich die Stelle derselben durch B\u00fcndel von niedlichen Wurzelh\u00e4rchen versehen, welche \u00e4ufser-lich, nur umschlossen durch kammartige Hervorragungen verlaufen.\nHerr Ne es von Esenbeck hatte die G\u00fcte mir ein Exemplar der Corsinia zur Untersuchung zu \u00fcbersenden, dasselbe war zwar getrocknet, aber es schien mir ganz deutlich zu zeigen, dafs jene B\u00fcndel von braunen Faserzellen ebensowenig den Corsinien, als den \u00fcbrigen Riccieen zukommen.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nWohl aber fand ich an einem Exemplare zwischen den zarten Wurzelh\u00e4rchen einen braunen Faden, welcher mit der von Herr L. gegebenen Beschreibung jener Faserzellen iiberein-stimmte; ich kann aber versichern, dafs dieser Faden, der selbst Aestchen zeigte, nicht zur Corsinia geh\u00f6rte. Doch die Untersuchung frischer Exemplare kann dar\u00fcber nur entscheiden.\nSonst sind die Riccieen in Hinsicht des Auftretens ihrer Fructifications-Organe mit den Marchantien so nahe verwandt, dafs sie kaum zu einer eigenen nat\u00fcrlichen Familie gez\u00e4hlt werden d\u00fcrften.\nHerr Schleiden61) hat eine monographische Arbeit \u00fcber die Gattung Ceratophyllum geliefert, worin viel Neues enthalten ist, obgleich \u00fcber diesen Gegenstand schon sehr viel geschrieben ist. Es wird ziemlich bestimmt nachgewiesen, dafs Ceratophyllum von den Najaden getrennt und zu den Dicotyledonen gez\u00e4hlt werden mufs. Der Embryo hat zwei grofse fleischige Cotyledonen und eine sehr entwickelte Plu-mula; sie wird von Eiweifsk\u00f6rper umschlossen und besteht aus einem Blattkreis, der zuweilen durch ein bemerkbares Internodium von den Cotyledonen entfernt ist, aus einem Wirtel von 6 ungeteilten Bl\u00e4ttern und endlich aus 2 \u2014 3 Wirteln gabelig geteilter Bl\u00e4tter. Herr Sch. sah den Embryosack in der Axe des Nucleus, schon lange vor der Befruchtung, als eine cylindrische Zelle, in deren Spitze (Mi-cropyleende) einige kleine Zellen enthalten waren. Das Ey-chen ist h\u00e4ngend und mit einem Integumente versehen; der Pollenschlauch wurde bis zur Mikropyle verfolgt, er tritt hier in die Oeffnung des Integumentes und schwillt dann in eine unregelm\u00e4fsige, bald gr\u00f6fsere, bald kleinere sackf\u00f6rmige Erwei- ^ terung, an und tritt von dieser aus in den Nucleus ein, bis er den Embryosack erreicht, und gleich darauf zeigt sich in demselben die erste Spur des Embryo. W\u00e4hrend dieser Zeit dehnen sich die Endospermzellen bedeutend aus, bis sie das Chalazaende des Embryosacks erreichen und diesen ganz anf\u00fcllen. In diesen Endospermzellen entdeckte Herr Sch. das\n61) Beitr\u00e4ge zur Kenntnifs der Ceratophylleen. \u2014- Linnaea XL pag. 513 \u2014 542.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"81\ninteressante Ph\u00e4nomen der Rotationsstr\u00f6mung, welche in jeder Zelle stattfand; es war eine gelbliche, schleimige mit feinen K\u00fcgelchen gemischte Fl\u00fcssigkeit, welche sich hier bewegte. D\u00a7r Strom stieg von dem Grunde der Zelle auf, und zwar in ihrer Axe, gleich einem Springbrunnen bis zur Decke der Zelle, wo er sich in unz\u00e4hlige feine, kaum sichtbare St\u00e4mm-chen vertheilte, welche an den W\u00e4nden nach allen Seiten hin niederfielen, um sich unten wieder mit dem Hauptstrome zu vereinigen. Die Richtung des centralen Stromes ist in allen F\u00e4llen gleich, n\u00e4mlich vom Embryo her gegen die Chalaza.\nDurch den sich ausbildenden Embryo, so wie durch die Vergr\u00f6fserung der unteren Zellen, werden die oberen zusammengedr\u00fcckt und sterben von oben nach unten ab.\nDer Stamm der Ceratophylleen besteht aus Rinde, mit Oberhaut \u00fcberzogen, aus einem Kreise von B\u00fcndeln langgestreckter Zellen und aus Mark. Die Spiralr\u00f6hren fehlen der Gattung Ceratophyllum, wobei Herr Sch. die Bemerkung macht, dafs er die Spiralgef\u00e4sse in Lemna schon 1835 entdeckt habe. Indessen Herr L. Treviranus hat die Spiralgef\u00e4sse in der Lemna-Wurzel schon vor vielen Jahren abgebildet; ich selbst bestritt das Factum, indem ich mit meinem \u00e4lteren Mikroskope dasselbe nicht best\u00e4tigen konnte, doch mit dem Instrumente von Ploessl sah ich ebenfalls die Spiralr\u00f6hren. Bei Zanichellia sollen die Spiralgef\u00e4sse in den \u00e4lteren Gliedern verschwinden. Ref. erinnert sich im Sommer 1835 sowohl in jungen, als in \u00e4lteren Internodien dieser Pflanze Spiralgef\u00e4fse gesehen zu haben.\nOb die Ceratophylleen perennirend sind oder nicht, ist noch nicht ausgemacht; sie bl\u00fchen vom Juli bis Mitte September. Im Anf\u00e4nge des Septembers findet man Bliithen und fast reife Fr\u00fcchte an einem und demselben Stengel. Die Pflanzen enthielten fast 90 Procent Wasser, und die Asche enthielt f Thonerde, ~ Kieselerde u. s. w.\nDie geographische Verbreitung der Gattung Ceratophyllum ist sehr allgemein, sie ist aber nicht nur auf die n\u00f6rdliche Hemisph\u00e4re beschr\u00e4nkt, denn ich selbst sah Ceratophylleen in Chile6 2) und auch andere Reisende haben diese Pflanzen* daselbst gesehen.\n62) S. Meyen\u2019s Reise etc. I. pag. 370.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nHerr Schleiden erkennt nur eine Art von Ceratophyl-lum an und nennt dieselbe C. vulgare; eine grofse Reihe von Beobachtungen wird aufgef\u00fchrt, um diese Ansicht zu erweisen.\nAuch Herr Asa Gray63) hat \u00fcber die Affinit\u00e4t der Gattung Ceratophyllum geschrieben; es scheint demselben, defs zwischen dem Embryo der Gattungen Ceratophyllum und Ne-lumbinm eine grofse Aehnlichkeit stattfindet, welche er auch speciell darzuthun sucht, und dann die Ceratophylleen in unmittelbare Nachbarschaft der Cabombaceen und Nelumbiaceen setzt. Neue Beobachtungen sind in dieser Abhandlung nicht enthalten, auch \u00fcber die Structur der Ceratophylleen findet Ref. darin nichts.\nUeber Fortpflanzung der Gew\u00e4chse und die dabei\nth\u00e4tigen Organe.\nHerr Felix Dunal 64) zu Montpellier hat uns interessante Be Pachtungen \u00fcber die Fructificationsorgane einer Marsilea mitgetheilt, welche der G\u00e4rtner W. d\u2019E-sprit Fabre mit vieler Genauigkeit ausgef\u00fchrt hat. Man hat dieser Marsilea den Beinamen Fabri gegeben, doch es m\u00f6chte wohl nur noch geringem Zweifel unterliegen, dafs es dieselbe Species ist, die von Teno re als Marsilea pubescens beschrieben ist, daher mufs dieser letztere Name beibehalten werden!\nDie Fructificationsorgane dieser Marsilea pubescens sind in einiger Hinsicht abweichend von denen unserer gew\u00f6hnlichen Marsilea gebauet, ihre Bedeutung ist aber leichter zu erkennen, als bei dieser. An der Basis der Blattstiele sitzen die Fruchtkapseln und zwar jede auf der nach innen gekr\u00fcmmten :Seite des Endes eines konisch zugespitzten Bl\u00fc-thenstieles, welcher zum Theil von den unteren R\u00e4ndern der\n63)\tRemaries on the structure and affinities of the order Cera-tophyllaceae. \u2014 Ann. of the Lyceum of natur. hist, of New?. York. IV. New-York 1837. pap;. 41 \u2014 60.\n64)\tObservations d\u2019Esprit Fabre sur la structure, le d\u00e9veloppement et les organes ge'/\" \"ateurs d\u2019une espece de Marsilea trouv\u00e9e dans les environs d\u2019Agdc. \u2014 Annal des scienc. naturelles, Avril 1837 pag. 221\u2014232. Avec piaf ehe XII et XIII.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"beiden Yalveln eingeschlossen wird, die das kapself\u00f6rmige In-volucrum der Bliithe oder der Fructificationsorgane bilden: daher bildet der eingeschlossene Theil das eigentliche Recep-taculum, von welchem nach beiden Seiten Gef\u00e4fsbiindel abgehen, welche s\u00e4mmtliche Fructificationsorgane umschliefsen. Sobald sich das Involucrum ge\u00f6ffnet hat, tritt ein schleimiger Faden hervor, welcher 6 \u2014 10 ungestielte, traubenartige, elliptisch geformte K\u00f6rper zur Seite tr\u00e4gt und in Form eines Ringes oder einer Schlinge zusammengekr\u00fcmmt ist. Bei einem noch unvollkommen entwickelten Zustande dieses Faden\u2019s sieht man, dafs die Gef\u00e4fsbiindel, welche von den Seiten des Receptaculum\u2019s ausgingen, um den Faden herumlaufen und mit jenen traubenf\u00f6rmigeu K\u00f6rpern in Verbindung stehen, welche nichts Anderes, als die wirklichen m\u00e4nnlichen und weiblichen Fructificationsorgane der Pflanze sind. Alle diese Angaben, welche bis auf die Entwickelung und die Structur jenes schleimigen Fadens ziemlich ganz vollst\u00e4ndig sind, wer-t den durch vortreffliche Abbildungen nachgewiesen. Mit der weiteren Entwickelung der Bliithe verl\u00e4fst auch die Spitze des Fadens das Involucrum und rollt sich zu einem geraden, aufrecht stehenden Faden auseinander, welcher auf jeder Seite | 3 \u2014 5 jener Fructificationsorgane tr\u00e4gt. Das Ende dieses Fadens ist stets nackt; er ist zusammengesetzt aus einem \u00e4ufserst zarten und fast durchsichtigen Zellengewebe, dessen Zellen reich an Schleim und mit einigen \u00e4ufserst feinen sph\u00e4rischen K\u00fcgelchen versehen sind.\nDie Fructificationsorgane sind 2 \u20143 Linien lang und eine Linie dick, und sind von einer schleimigen Membran eingeh\u00fcllt; sie enthalten zwei verschiedene Arten von K\u00f6rpern, wel-fc che f\u00fcr Eyer oder Saamen und f\u00fcr Antheren erkl\u00e4rt werden. Meistens kommen Eychen und Antheren in einem und demselben Organe zusammen vot, die Eychen n\u00e4mlich auf der einen Seite und die Antheren auf der anderen Seite, aber die Stellung derselben ist von der Art, dafs die Eychen stets oben und die Antheren unmittelbar darunter gelagert sind. In jedem einzelnen Fructificationsorgane sind 10\u201415 Eychen, welche auf dem einen Ende ein schmales gelbes W\u00e4rzchen zeigen, das noch von einer kreisf\u00f6rmig hervorragenden Kappe umschlossen wird. Die Eychen sind mit einer halb durch-\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nsichtigen Fl\u00fcssigkeit gef\u00fcllt, in welcher sehr zahlreiche K\u00fcgelchen schwimmen; das W\u00e4rzchen eines jeden Eychens ist jedoch immer nach den Antheren gerichtet. Die Antheren werden durch einen durchsichtigen membran\u00f6sen Sack gebildet, worin man zahlreiche Pollenk\u00f6rnchen sieht, welche von sph\u00e4rischer und von elliptischer Form sind und spermatische K\u00fcgelchen von aufserordentlicher Feinheit ausstreuen. Die geschlechtliche Differenz zwischen den beiden ersten beschriebenen K\u00f6rperchen, den Eychen n\u00e4mlich und den Antheren, ist \u2019durch F ab re\u2019s Beobachtungen vollst\u00e4ndig best\u00e4tigt. Eie befruchteten Eychen treiben Wurzeln und keimen mit einem Cotyledon hervor.\nDiese Beobachtungen von Marsilea pubescens sind besonders gegenw\u00e4rtig von besonderem InteresseT es kann n\u00e4mlich, wie Ref. glaubt, keinem Zweifel unterliegen, dafs diese Fructi-ficationsorgane, als modificirte Bl\u00e4ttchen anzusehen sind, und dafs also hier, wo auf naturgem\u00e4fsem Wege Sporen und Pollenbl\u00e4schen in einem und demselben Blatte gebildet werden, und eine wirkliche Befruchtung vor sich geht, obgleich jene Dif-ferenzirung nicht vorhanden ist, welche die \u00fcbrigen h\u00f6heren Pflanzen zwischen Stengel und Bl\u00e4ttern zeigen. Zugleich best\u00e4tigen diese Beobachtungen Herrn Mold\u2019s Ansicht, dafs die Sporen bei den Cryptoganen und niederen Pflanzen \u00fcberhaupt, \u00e4hnlich den Pollenk\u00f6rnern der h\u00f6heren Pflanzen aus modifi-cirter Blattsubstanz hervorgehen.\nHerr Link66) hat den zweiten Tlieil seiner Grundlehren der Kr\u00e4uterkunde herausgegeben, worin gr\u00f6fstentheils, von pag.\n44___331 ? die wichtigen Capitel von der Bliithe und der\nFrucht der Pflanzen abgehandelt werden. Auch dieser zweite Theil ist eben so reichhaltig an Beobachtungen, als der er-stere, und vor Allem mufs Ref. auf die morphologischen Ansichten des Herrn Link aufmerksam machen, welche in jenem Buche ausgesprochen sind; sie sind das Resultat vielj\u00e4hriger Naturanschauung.\nDie Untersuchungen des Herrn Fritzsche66) \u00fcber den Bau\n65)\tElement a philosophiae botanicae Tom. II. Edit, altera, Be-rolini 1837.\n66)\tUeber den Pollen Mit 13 colorirten Steindrucken St. Pe","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"*\nV 85\ndes Pollen's der Pflanzen, wor\u00fcber im vorigen Jahresberichte die Rede war, hab\u00e8n wir gegenw\u00e4rtig vollst\u00e4ndig erhalten. Die Arbeit zerf\u00e4llt in zwei Abschnitte: der erstere handelt vom Baue des Pollen\u2019s im Allgemeinen, der zweite von den H\u00fcllen des Pollen\u2019s. Das Ganze ist ohne Angabe der dazu geh\u00f6rigen Litteratur geschrieben, da die Deutlichkeit des schwierigen Gegenstandes, wie Herr F. meint, dadurch gef\u00e4hrdet werden w\u00fcrde.\nDie Darstellung der ersten Abhandlung \u00fcber den Bau des Pollen\u2019s im Allgemeinen, beginnt mit der Untersuchung der Charen-Antheren, welche bekanntlich sehr viel Abweichendes von der allgemeinen Regel besitzen. Die Antherenh\u00fclle der Charen ist in der Regel aus 8 plattgedr\u00fcckten, dreieckigen Zellen zusammengesetzt, deren je 4 eine Halbkugel bilden; die obere Halbkugel ist geschlossen, die untere hat dagegen an jener Stelle, mit welcher sie befestigt ist, eine runde Oeff-nung, welche durch bogenf\u00f6rmige Ausschnitte der dabei betheiligten Dreiecke gebildet wird. Der Bau dieser 3eckigen Zellen wird sehr ausf\u00fchrlich beschrieben; sie sind mit einem wasserhellen ungef\u00e4rbten (wahrscheinlich ist durch einen Druckfehler dieser Schleim als gef\u00e4rbt angegebeu) Schleime gef\u00fcllt, und die innere Fl\u00e4che der, nach dem Mittelpunkte der Anthe-ren zu gelegenen Wand ist mit einer Schicht von rothen K\u00f6rnern bekleidet, welche in ihrer Substanz noch eine Menge von sehr kleinen, dunkeln K\u00f6rperchen zeigen. Durch diese Anordnung des gef\u00e4rbten und des ungef\u00e4rbten Theiles jener dreieckigen Antherenzellen wird das Auftreten des Avillus diaphanus erkl\u00e4rlich, mit welchem die Charen-Antheren umgeben sind. Auch wird der Scheidew\u00e4nde gedacht, welche sich in jenen dreieckigen Zellen vom Umfange bis zu einem Drittel des Durchmessers hineinerstrecken. Die Scheidew\u00e4nde stehen vertikal zwischen der oberen und der unteren Fl\u00e4che des Dreieckes und bestehen aus zwei Zellenw\u00e4nden (weil es blofse Einfaltungen sind, Ref.), wodurch diese vielfach ge-theilte Zelle einige Aehnlichkeit mit einer sternf\u00f6rmigen Zelle erh\u00e4lt, nur dafs dort die Interstitia fehlen. Bei den Charen\ntersburg 1S37. 4to. \u2014 Besonders abgedruckt aus den Schriften der Kais. Akad. f\u00fcr fremde Gelehrte.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nmit doppelten H\u00e4uten, z. B. bei Char a tomentosa u. s. w. hat Herr F. kleine stabf\u00f6rmige K\u00f6rperchen entdeckt, welche zwischen den beiden Membranen jener Scheidew\u00e4nde in re-gelm\u00e4fsigen Entfernungen gestellt sind. Auch hat Herr F. im Inneren jeder Charen-Anthere einen flaschenf\u00f6rmigen K\u00f6rper, bestehend aus einzelnen Zellen, entdeckt, x welcher bis in die Mitte der Anthere hineinragt und alle \u00fcbrigen Theile daselbst tr\u00e4gt; dieses Gebilde ist bisher von allen Beobachtern \u00fcbersehen, doch ist der Zusammenhang der \u00fcbrigen Schl\u00e4uche und der Pollenf\u00e4den zu der umschliefsenden Hiille schon lange vorher erkannt worden, und schon seit 1832 und 33 besitzen wir die sch\u00f6nsten Abbildungen von den confervenartigen Pollenf\u00e4den der Charen-Antheren, obgleich Herr F. glaubt, dafs sie noch niemals richtig abgebildet sind. Es giebt \u00fcberhaupt nichts, was durch die neueren Mikroskope leichter zu erkennen w\u00e4re, als eben diese, so ganz durchsichtigen feinen F\u00e4den; aber alle fr\u00fcheren Vergr\u00f6fserungen waren hiezu unzureichend, obgleich doch auch damit die merkw\u00fcrdige Bewegung der Saamenthierchen dieser Pflanzen schon durch Bi-schoff entdeckt wurde, wor\u00fcber auch schon im vorigen Jahresberichte die Rede war.\nDie Bildung der Charen-Antheren hat Herr F. aus einer einfachen Zelle beobachtet, welche mit einem durchsichtigen ungef\u00e4rbten Inhalte versehen war, was Ref. auch best\u00e4tigen k\u00f6nnte, aber die Bildung von Scheidew\u00e4nden, welche dann erfolgen soll, beschr\u00e4nkt sich nur auf die Dicke der dreieckigen Zellen, welche sp\u00e4ter die H\u00fclle des ganzen Organes bilden, und diese Bildung fand Ref. ganz \u00e4hnlich jener der \u00e4ufse-ren Zellenschicht auf den doppelh\u00e4utigen Charen.\nNach diesen Mittheilungen \u00fcber den Bau der Charen-An-theren spricht Herr Fritzsche \u00fcber den Inhalt des Pollens der Pflanzen im Allgemeinen; es werden hiebei die, von demselben schon fr\u00fcher mehrmals mitgetheilten Beobachtungen und Ansichten gegen die Saamenthierchen oder spermatischen K\u00f6rperchen vorgetragen, welche Amylum oder Oeltr\u00f6pfchen sein sollen, worin Ref. nicht derselben Ansicht ist, auch schon im vorigen Jahresberichte hier\u00fcber seine Meinung ausgesprochen hat. Das Amylum kommt nur in unvollkommen ausgebildeten Pollenbl\u00e4schen vor; bei einigen Pflanzen, wie","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"87\nz. B. bei den Coniferen und einigen Wasserpflanzen gerade nicht selten. Bei Mitscan moschatum habe ich auch beobachten k\u00f6nnen, dafs in solchen unvollkommen entwickelten Pollenbl\u00e4schen die Amylum-Massen, welche darin auftreten, in eine gummiartige Substanz umgewandelt wurden und in kleine Molek\u00fcle zerfielen, welche sich \u00e4ufserst lebhaft bewegten, ganz \u00e4hnlich jener Erscheinung in den Zellen der Mai-chantia polymorpha, welche lief, in dem ersten Theile des dritten Jahrganges dieses Archivs pag. 428 u. s. w. beschrieben hat. In einigen Zellen der Marchanda polymorpha kommen statt der gew\u00f6hnlichen gr\u00fcnen Zellensaftk\u00fcgelchen einzelne grofse Ballen einer gelbbr\u00e4unlichen Substanz voi, welche schon von Herr v. Mirbel beobachtet und abgebildet ist. Ref. verfolgte die Bildung dieser Massen aus Amylum-K\u00fcgelchen, welche zusammenfliefsen und dabei in eine gummiartige Substanz umgewandelt werden. Sind diese Ballen vollkommen ausgebildet und von braungelblicher tarbef, so zerfallen sie bei der geringsten Ber\u00fchrung in unz\u00e4hlbare kleine br\u00e4unliche Molek\u00fcle, welche ganze Tage lang die lebhaftesten Bewegungen zeigen, die aber doch ganz \u00e4hnlich der Bewegung der Molek\u00fcle in Indigo-, Gummigutt-Aufl\u00f6sungen u. s. w. erscheinen, nur etwas lebhafter sind.\nDie zweite Abtheilung handelt von der H\u00fclle des Pollen\u2019s. Man unterscheidet au den Pollenbl\u00e4schen eine einfache Membran und eine von zusammengesetzterem Baue. Einige Pflanzen haben nur eine Pollenhaut aufzuweisen, andere dagegen 3 und selbst 4. In den h\u00e4ufigsten F\u00e4llen kommen nur 2 Pollenh\u00e4ute vor, und hier nennt man sie die innere und die \u00e4ufsere Haut, wo aber die Verdoppelungen einer oder beider jener H\u00e4ute, wie Herr F. sagt,, vorkommt, da reichen jene Benennungen nicht aus, und es werden defshalb f\u00fcr die ganze Reihenfolge dieser H\u00e4ute, wenn sie alle vier Vorkommen, die Benennungen Intine, Exintine, Intexine und Exine in Vorschlag gebracht, welche jedoch nicht angenommen werden k\u00f6nnen, denn die Sache verh\u00e4lt sich ganz anders, als Herr F. glaubt. Die innere Pollenhaut ist wegen ihrer Einfachheit sehr leicht von der \u00e4ufseren Haut zu unterscheiden, und die chemischen Reagentien geben selbst sehr gute Mittel an die Hand, um dieselben von einander zu trennen. Concentrirte","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nSchwefels\u00e4ure zerst\u00f6rt die innere Haut, aber die \u00e4ufsere mit ihren Anh\u00e4ngen wird durch Einwirkung derselben gef\u00e4rbt, oft mit einer purpurrothen Farbe. In der Regel verh\u00e4lt sich die Membran und deren Ueberzug dabei gleich, doch in einigen F\u00e4llen, wie z. B. bei Beioperone ollongata, wird die Membran durch Schwefels\u00e4ure purpurroth und der Ueberzug gelbbraun gef\u00e4rbt. Die \u00e4ufsere Haut wird durch Jodine tief dunkelbraun gef\u00e4rbt, und die innere Haut soll durch Jodl\u00f6sung keine F\u00e4rbung annehmen, wie die Zellenmembran \u00fcberhaupt (was nicht allgemein gesagt werden darf. Ref.). Die Membran der \u00e4ufseren Pollenh\u00fclle ist bald von gr\u00f6sserer, bald von geringerer Dicke, nicht nur bei verschiedenen Pflanzen, sondern auch zuweilen an verschiedenen Stellen eines und desselben Bl\u00e4schens, z. B. an den Oeffnungen, aber sehr verschieden sind die Bekleidungen, mit welchen die Membran \u00fcberzogen ist. Dieser Gegenstand ist sehr speciell behandelt und durch die Anwendung starker Vergr\u00f6fserungen, vermittelst der neuen Mikroskope, ist es denn auch Herrn F. gelungen, eine sehr grofse Zahl von neuen und interessanten Thatsachen \u00fcber denselben aufzufinden, welche auf den beigegebenen Tafeln in grofsen und sehr gl\u00e4nzenden Abbildungen nachgewiesen werden. Es ist nicht m\u00f6glich, dafs Ref. in diesem kurzen Berichte die wesentlichsten Thatsachen \u00fcber diese Bekleidungen der \u00e4ufseren PoUenhaut auff\u00fchren kann, nur das Wichtigste kann mitgetheilt werden und im Uebrigen mufe auf die Schrift selbst verwiesen werden.\t,\nBei mehreren Malvaceen ist die;\u00e4ufsere Membran gleich-m\u00e4fsig mit einer Schicht von klaren, cylindrischen, scheinbar soliden, aufrecht nebeneinanderstehenden K\u00f6rperchen dicht bedeckt, welche denselben ein k\u00f6rniges Ansehen geben; auch scheinen die K\u00f6rperchen durch eine besondere Masse verbunden zu sein, bei anderen Pflanzen jedoch wieder nicht. Bei Chrysanthemum carinatum tritt ein von den K\u00f6rnern getrennter hautartiger Ueberzug auf. Zuweilen bedecken die K\u00f6rner nicht die ganze Fl\u00e4che der Membran, bald sind sie regelm\u00e4fsig gestellt und unter einander mit B\u00e4ndern verbunden , bald sind sie freistehend und mehr oder weniger regelm\u00e4fsig. Bei Plant ago capensis sind die K\u00f6rner unregel-m\u00e4fsig und auch in unregelm\u00e4fsiger Stellung. Freistehende","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"S9\ngr\u00f6fsere K\u00f6rner in regelm\u00e4fsigen Abst\u00e4nden werden bei Ja-tropha panduraefolia beobachtet. Sind die K\u00f6rner durch B\u00e4nder verbunden, so entstehen pollenartige Verbindungen auf der Oberfl\u00e4che der \u00e4ufseren Haut, wie bei Ruellia formosa.\nIm Zusammenh\u00e4nge mit dem k\u00f6rnigen Ueberzuge der Membran steht auch das Vorkommen der Stacheln auf derselben. Bei den Malvaceen sitzen zuweilen die Stacheln auf jenen cylindrischen K\u00f6rnern und lassen sich von ihnen trennen; [ja sie haben mit der \u00e4ufseren Pollenhaut vielleicht gar keinen direkten Zusammenhang. In einigen F\u00e4llen wurden H\u00f6hlen oder Kan\u00e4le in den gr\u00f6fseren Stacheln entdeckt u\u00fcd es wird die Vermuthung MohFs best\u00e4tigt, dafs es zellenartige Gebilde sind, welche einer Absonderung vom Oel vorstehen. Am merkw\u00fcrdigsten sind diese stachelartigen Gebilde in der Gruppe der Cichoraceen; sie stehen in einfachen regelm\u00e4fsigen Reihen, und nur von der Seite aus kann man dieselben mit Erfolg beobachten. Unter diesen Stacheln der Cichoraceen findet noch ein Zusammenhang statt und dieser scheint durch eine hautartige Masse bewirkt zu werden, welche die Membran bekleidet; dadurch erscheinen die Stachelreihen als breite B\u00e4nder und geben ein regenschirmartiges Ansehen, wenn sie von den Seiten her betrachtet werden.\nBei einer anderen Reihe von Gew\u00e4chsen erheben sich auf der \u00e4ufseren Pollenhaut regelm\u00e4fsige, f\u00fcnf- und sechseckige Figuren umschreibende W\u00e4nde, welche wieder durchbrochen sind, z. B. bei Cobaea scandens, und wie Pfeilerbr\u00fccken erscheinen. Bei Geranium und Pelargonium stehen auf diesen, die Pfeiler verbindenden Bogen warzenf\u00f6rmige K\u00f6rper, gleichsam wie Bilds\u00e4ulen. (Die Bildungsgeschichte, zuweilen auch einzelne, unvollkommen ausgebildete Pollenk\u00f6rner dieser Pflanzen lehren, dafs alle diese, so \u00e4ufserst niedlichen Bildungen auf der Oberfl\u00e4che der Pollenk\u00f6rner aus \u00e4hnlichen aufrecht aneinander stehenden K\u00f6rperchen hervorgehen, wie sie bei den Malvaceen so oft Vorkommen. Ref.)\nBei einigen Pflanzen zeigte die Oberfl\u00e4che der \u00e4ufseren Pollenhaut das Ansehen eines Flechtwerks, wie z. B. bei Po-lemonium coeruleum, Gilia tricolor, Metrodorea nigra u. s. w.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nEin besonderre Abschnitt bandelt von den Zwischenk\u00f6rpern, welche zwischen der inneren und der \u00e4ufseren Pollenbaut Vorkommen. Sie sind am leichtesten bei Astrapnea nachzuweisen, haben daselbst im isolirten Zustande die Form einer planconvexen Linse, wovon die der \u00e4ufseren H\u00fclle zugewendete Seite mit K\u00f6rnern besetzt ist, gleich der \u00e4ufseren Fl\u00e4che der \u00e4ufseren H\u00fclle. Bei anderen Pflanzen fehlt die Gegenwart jener K\u00f6rner auf der \u00e4ufseren Fl\u00e4che des Zwischenk\u00f6rpers, oder es ist nur ein einfacher Ring von solchen vorhanden, wie bei Ruellia formosa. Die Zwischenk\u00f6rper liegen im Allgemeinen an denjenigen Stellen, wo in der \u00e4ufseren Pollenhaut Oeffnungen vorhanden sind, welche durch dieselben geschlossen werden, und diese Zwischenk\u00f6rper haben eine viel gr\u00f6fsere Ausdehnung, als die Oeffnungen, wefshalb sie nicht als der \u00e4ufseren Haut zugeh\u00f6rig angesehen werden d\u00fcrfen. Bei Alcea rosea, wo sehr viele Oeffnungen in der \u00e4ufseren Haut Vorkommen, da zeigt sich die innere Fl\u00e4che derselben mit dicht nebeneinander stehenden, kugelf\u00f6rmigen K\u00f6rpern bekleidet, welche diese Zwischenk\u00f6rper sein sollen. Bei Campanula Medium und bei Cucurbita Pepo finden sich ebenfalls jene Zwischenk\u00f6rper, und Herr F. stellt die Ansicht auf, dafs diese Zwischenk\u00f6rper wohl f\u00fcr verk\u00fcmmerte Pollenk\u00f6rner zu halten w\u00e4ren. Bei Scabiosa pubescens fand Herr F. zwei solcher Zwischenk\u00f6rper, welche gleichsam in einander gesteckt zu sein schienen (Diese Zwischenk\u00f6rper des Herrn F. sind Zellen und deren Inhalt, welche in den Pollenbl\u00e4schen sehr vieler Pflanzen Vorkommen und von Herrn F. \u00fcbersehen sind. Haben diese Zellen im Inneren der Pollenbl\u00e4schen grofse Zellenkerne, wie z. B. bei so vielen Li-liaceen, so wird ein solcher Fall erkl\u00e4rlich, wie er bei Scabiosa pubescens aufgef\u00fchrt ist. Ref.)\nDie Zwischenk\u00f6rper kommen aber auch bei einigen Pollenformen vor, welche keine Oeffnungen besitzen, wie z. B. bei Pinus und Larix, wo das Pollenbl\u00e4schen zwei \u00e4ufsere H\u00fcllen hat. Die Abbildung des Pollens von Pinus sylvestris, welche Herr F. gegeben hat, geh\u00f6rt zu den am wenigsten gelungenen; in der Natur sieht derselbe ganz anders aus.\nDie zweite Abtheilung der Arbeit des Herrn Fritz sehe handelt von den Formen des Pollen's. Zuerst ist von den","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"91\nPollenmassen die Rede und dann von den Pollenk\u00f6rneru ; er-stere kommen bei den Orchideen, Asclepiadeen und der Gattung Inga vor, was fr\u00fcher schon bekannt war. Die einzelnen K\u00f6rner, aus denen die Pollenmasse der Orchideen besteht, besitzen nur eine Haut, also die innere, wie Herr F. sagt, doch die Structur dieser Haut zeigt nur zu deutlich, dafs sie mit der \u00e4ufseren anderer Pollenarten verwandt ist. Bei den Pollenk\u00f6rnern der Gattung Asclcpias hat Herr F. nicht nur zwei H\u00e4ute beobachtet, sondern noch eine Exintine.\nHierauf folgt eine nat\u00fcrliche Eintheilung der Pollenk\u00f6rner nach der Zahl der H\u00e4ute:\n1)\tPollenk\u00f6rner mit einer Haut. Es geh\u00f6ren hie-lier Caulinia fragilis, Zanichellia pedunculata, Zoster a und Najas major. Den fadenf\u00f6rmigen Pollen bei Zostera, welchen HerrF. beschreibt, hat mein verewigter Freund Ne es von Esenbeck schon vor vielen Jahren entdeckt, beschrieben und abgebildet.\n2)\tPollenk\u00f6rner mit zwei H\u00e4uten. Hielier geh\u00f6ren denn fast alle Pollenformen, und man kann eigentlich die anderen F\u00e4lle, wo weniger oder mehr als zwei H\u00e4ute Vorkommen, als Ausnahmen betrachten. Sie zerfallen in 2 Gruppen, je nachdem die Oeffnungen in der \u00e4ufseren Haut vorhanden sind oder fehlen, und in beiden F\u00e4llen kommen Verwachsungen vor.\na. Pollenk\u00f6rner ohne Oeffnungen. Die eigenthiimlichen knief\u00f6rmig gebogenen Pollenk\u00f6rner von Ruppia werden hier beschrieben. Dann kommt die ellipsoidische Form vieler Monocotyledoneu, welche Herr M. mit einer Falte bezeich-nete, z. B. bei Lilium, Pancratium. Verwachsungen zu 2, wie bei Lilium candidum, und zu 4, wie bei Phyllidrum lanuginosum und j4nona tripetala werden angegeben. Seltener kommen 2 gegen\u00fcberstehende Falten vor, wie bei Ti-gridia Pavonia, h\u00e4ufiger dagegen drei symmetrische L\u00e4ngenfurchen, wie bei Plumbago capensis. Die kugelrunden Pollenformen sind seltener. Strelitz>ia zeigt dieselbe mit einer gleichf\u00f6rmigen \u00e4ufseren H\u00fclle; Canna zeigt kleine Stacheln und regelm\u00e4fsige Warzen kommen bei Jairopha pan-duraefolid vor. Bei Sowerbaea juncea geht die Furche rund um das Bl\u00e4schen, daher die \u00e4ufsere Haut in zwei H\u00e4lften","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nzu theilen ist. Hiemit verwandt ist die interessante Polleu-form von Thunbergia fragrans und mehrere Berberis-Arten. Bei Commelina coelestis l\u00f6st sich ein grofses tellerf\u00f6rmiges St\u00fcck, welches der Oeffnung als Deckel aufsitzt, und mehrere solcher Deckel kommen bei der Gattung Passiflora vor, wo wieder durch die Zertheilung des Deckels eine Menge von Verschiedenheiten entstehen, welche s\u00e4mmtlich n\u00e4her beschrieben und abgebildet worden sind. Denjenigen Theil der \u00e4ufseren Pollenhaut, dessen Oeffnungen durch besondre Dek-kel verschlossen werden, nennt Herr F. das Skelet der Pollenhaut Bei Scabiosa erschien es Herrn F. als wenn der Deckel nur durch den k\u00f6rnigen Ueberzug der \u00e4ufseren Pol-lbiihaut gebildet werden.\nb. Pollenk\u00f6rner mit Oeffnungen. Diese Formen werden wiederum in 2 Abtheilungen gebracht, je nachdem die Oeffnungen bald in Spalten von verschiedener L\u00e4nge bestehen, bald kreisrunde L\u00f6cher bilden. Drei Spalten, wie bei Geissomeria longiflora, ist die kleinste Anzahl derselben, welche Hr. F. beobachtete. Unsymmetrisch finden sich 4 \u2014 5 Spalten bei vielen Cyperaceen; die Form von Car ex praecox ist abgebildet, wo die innere Haut eigenthiimliche Verdickungen zeigt. Sehr bemerkenswerth ist die Lage der Spalten auf tetra\u00ebder-artiger Pollenform der Corydalis-Arten und Basella. 12 Spalten zeigt der Pollen von Talinum patens, und noch mehr hat Polygonum amphibium aufzuweisen, dessen \u00e4ufsere Haut 12 re-gelm\u00e4fsige f\u00fcnfeckige Felder bildet, deren jedes durch 5 re-gelm\u00e4fsige Spalten umgeben ist.\nEine gr\u00f6fsere Zahl von Formen zeigt diese Abtheilung der Pollenk\u00f6rner mit runden Oeflnungen. Eine Oeffnung bei den Gramineen, zwei Oeffnungen bei Banksia und Justicia Ad-hatotu. Drei Oeffnungen sind hier am h\u00e4ufigsten und kommen bei vielen Pflanzen in Verbindung mit 3 L\u00e4ngenfurchen vor, welche gew\u00f6hnlich die Oeffnung verbergen. Selten sind drei Oeffnungen ohne Furchen, wie bei Morina per-sica. Eine Menge von eigenth\u00fcmlichen Formen werden hier speciell beschrieben, welche zum Theil schon fr\u00fcher bekannt gemacht worden sind. Auch .werden F\u00e4lle aufgef\u00fchrt, wo nicht alle Furchen mit Oeffnungen versehen sind, doch stehen","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"93\nhier die undurchl\u00f6cherten Furchen zu jenen durchl\u00f6cherten in einem bestimmten Verh\u00e4ltnisse.\nEs finden sich endlich noch Formen mit einer zelligen(?) Textur der \u00e4ufseren Pollen - Membran ; in einigen F\u00e4llen sind nur einige dieser Felder, welche das zellige Ansehen geben, mit Oeffnungen versehen, wie bei Phlox, in anderen dagegen besitzen alle Felder Oeffnungen, wie bei Gomphrena glohosa.\n3)\tPollenk\u00f6rner mit drei H\u00e4uten. Wo eine gr\u00f6ssere Zahl von Pollenh\u00e4uten, als in der zweiten Abtheilung auftritt, da soll man die hinzugekommenen nicht als neue H\u00e4ute, sondern nur als Verdoppelungen der einen oder der anderen ansehen. Bei dem Pollen der Coniferen ist die innere Haut verdoppelt, bei den Onagreen dagegen die \u00e4ufsere, ja bei Clarkia elegans will Herr F. auch eine Verdoppelung der inneren Haut bemerkt haben. (Wenn man den Pollen von Pinus, von Larix, Taxus und Juniperus in dieser Hinsicht vergleichend beobachtet, so wird man sich wohl \u00fcberzeugen, dats zu den Annahmen solcher Verdoppelungen der H\u00e4ute eigentlich gar kein Grund vorhanden ist. Ref.)\n4)\tPollenk\u00f6rner mit vier H\u00e4uten. Hielier geh\u00f6rig werden Clarkia elegans, Oenothera-Avion und Encha-ridium concinnum aufgefiihrt.\nReferent hat einige Beobachtungen \u00fcber die Saamenthier-chen der Laubmoose bekannt gemacht67), welche jenen, von Herrn Unger in den Antheren der Gattung Sphagnum beschriebenen ganz \u00e4hnlich sind. Ich beobachtete das Auftreten dieser Saamenthierchen der Laubmoose im Inneren von linsenf\u00f6rmig zusammengedr\u00fcckten Bl\u00e4schen (Zellen?); in jedem Bl\u00e4schen befand sich ein einzelnes wurmf\u00f6rmiges Gebilde mit dickem Kopfende und feinem Schw\u00e4nze, und zwar ganz am Rande des Bl\u00e4schens, so dafs das fadenf\u00f6rmige Schwanzende in dem Rande des ganzen Bl\u00e4schens heruml\u00e4uft und wieder das Kopfende ber\u00fchrt. Diese Saamenthierchen-f\u00fchrenden Zellen sind in den Moos - Antheren einiger Gattungen sehr grofs und in bedeutender Menge vorhanden, sie sind darin in einem z\u00e4hen Schleime eingeh\u00fcllt, der durch schnelles Ein-\n67) S, Wiegmann\u2019s Archiv f\u00fcr Naturgeschichte, 1837, I. p. 430,","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nsangen von Wasser anschwillt, die Antheren zum Oeffnen bringt und die ganze Masse zur Anthere hinaustreibt. Durch die Aufl\u00f6sung des Schleimes im Wasser werden jene Zellen frei und beginnen nun eine fortw\u00e4hrende Drehung in ihrer Achse, bald nach der einen, bald nach der anderen Seite hin. Zuweilen schien das umh\u00fcllende Bl\u00e4schen zu fehlen und dann glaubte Ref. zu sehen, dafs sich das Saamenthierchen in einer Spirallinie bewegte. Da jene Beobachtungen auf einer Reise in Tyrol ausgef\u00fchrt wurden, so konnte der letztere Umstand nicht ganz geh\u00f6rig ins Reine gebracht werden, sp\u00e4ter hat sich jedoch Referent \u00fcberzeugt, dafs sowohl bei den Laub- als auch bei den Lebermoosen die Saamenthierchen zu einer bestimmten Zeit ihrer Entwickelung die Zellen verlassen, und sich dann in mannigfacher Weise bewegen', meistens aber hierin durch die spiralf\u00f6rmige Drehung ihres Schwanzes bestimmt werden. Auch die Saamenthierchen der Sphagnum-Arten, welche Herr Unger trefflich beobachtet hat, entwik-keln sich, wie ich beobachtet habe, ebenfalls in Zellen; aber die Theilung derselben, wie sie Herr Unger angiebt, konnte ich nicht sehen, habe dieselbe aber bei den Saamenthierchen der Thiere wahrgenommen.\nIn der sch\u00f6nen Arbeit des Herrn Lindenberg68) ist auch eine Entwickelungsgeschichte der weiblichen Fructifica-tionsorgane der Riccieen mitgetheilt, woraus gefolgert wird: \u201eDie Riccieen haben keinen besonderen, permanenten Fruchtboden, sondern das ganze Laub ist vielmehr als Fruchtboden zu betrachten, und die letzte Zellenschicht unter der Epidermis ist diejenige Stelle, wo die Frucht zur Zeit der Reife augenblicklich verweilt oder, wie bei den Corsinieen schon fr\u00fcher zur Ruhe kommt. Die Bildung der Frucht beginnt ganz in der Tiefe, unmittelbar \u00fcber der Unterhaut des Laubes; es entsteht ein kleiner dunkeier Fleck, der als eine H\u00f6hle erscheint, um welche das Zellengewebe zusammengedr\u00e4ngt wird. Jener Fleck zeigt alsbald eine eigene gelblich-weifse Haut, die einen kugelf\u00f6rmigen Sack bildet und mit einer Spitze versehen ist. In diesem Sacke bilden sich scheibenf\u00f6rmige K\u00f6rperchen, woraus die Sporen entstehen. Die\n68) /. c. pag. 392 \u2014 404.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"95\nFracht steigt aber mit der weiteren Ausbildung allm\u00e4\u00fcg aufw\u00e4rts, wobei die H\u00f6hle im Zellengewehe, welche sie in ihren tieferen St\u00e4nden aus f\u00fcllte, durch Ausdehnung des Zellengewebes wieder geschlossen wird. Die Riccieen- Frucht besteht aus zwei H\u00e4uten, einer inneren, dem eigentlichen Sporangium, und einer \u00e4ufseren, dem Pericarpium, welche zur Zeit der Sporenreife, \u00e4hnlich einer Calyptra abf\u00e4llt. Bei Sphae-rocarpus und Oxymitra sondert sich die \u00e4ufsere H\u00fclle g\u00e4nzlich, sie wird zu einer besonderen H\u00fclle, und die Calyptra erscheint dann wieder als eine mit dem Sporangium verwachsene Haut im Inneren jener H\u00fclle. Bei der Sporenbildung der Riccieen fand Herr Lindenberg die dreifache Zahl als vorherrschend, w\u00e4hrend Herr Mo hl die vierfache Zahl als Regel annimmt.\nFeber die Keimung der Sporen von Riccia crystallina, glauca und fluitans hat Herr L. Folgendes beobachtet: In den ersten 14 Tagen war blofs eine Anschwellung des Randes der Sporen zu beobachten; zwischen den 14. und 20. Tage dehnte sich dieser Rand an einer oder an mehreren Stellen zugleich aus. Die Ausw\u00fcchse endlich bildeten Zellen, doch die weitere Entwickelung konnte nicht beobachtet werden.\nDie Befruchtung der Sporen geschieht durch die tr\u00fcbe Fl\u00fcssigkeit, welche aus den Oeffnungen der antherenartigen Organe hervortritt, und sich \u00fcber die Oberfl\u00e4che des Laubes ergiefst.\nHerr Martens 69) hat im botanischen Garten zu Loewen einen Bastard zwischen Gymnogramma calomelanos und G. chrysophylla beobachtet, welchem Herr Bory de St. Vincent70) den Namen G. Martensii beizulegen vorschl\u00e4gt. Zugleich macht Hr. B. darauf aufmerksam, dafs diese Bastard-Bildung in der Natur ganz allgemein zu sein scheine, denn er habe wohl erhaltene Exemplare dieser Pflanze durch L\u2019Hermini er von Guadeloupe erhalten, wo sie zwischen den beiden genannten Gymnogrammen in der Natur w\u00e4chst. Hr. B. f\u00fchrt auch noch andere Farm an, welche man f\u00fcr Bastarde halten k\u00f6nnte, was allerdings nur auf Vermuthungen begr\u00fcndet\n69)\tHybridit\u00ea dans les Foug\u00e8res \u2014 L\u2019Institut de 1837. p. 228.\n70)\tL\u2019Institut de 1837. p. 280.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nist, jedoch auf Vermuthungen, welchen Ref. zum Theile beipflichten m\u00f6chte.\nDie Erfahrungen \u00fcber k\u00fcnstliche Vermehrung der Pflanzen durch Bl\u00e4tter sind ebenfalls erweitert worden. In einer Abhandlung der Herren E. Otto, W.Brackenridge, C.Plasch-nick und C. Bouch\u00e971), G\u00e4rtnern des K\u00f6nigl. botanisch. Gartens zu Berlin, finden sich mehrere neue Beobachtungen der Art angegeben; die Arbeit wurde veranlafst durch eine Preisfrage, welche der Gartenbau-Verein, schon seit mehreren Jahren, \u00fcber das beste Verfahren, Pflanzen durch Stecklinge zu vermehren ausgesetzt hatte, und sie erhielt, als die beste der eingegangenen Beantwortungen den Preis. Die Abhandlung zerf\u00e4llt in 4 Abschnitte, welche handeln von der Vermehrung der Pflanzen durch wirkliche Stecklinge, durch Wurzel-Stecklinge, durch Augen-Stecklinge und durch Bl\u00e4tter-Stecklinge. In dem letztem Abschnitte heifst es, dafs sich mehrere Theophrasta-, Aloe-, Echeveria-, Gloxinia und mehrere Cotyledon-Arten durch Bl\u00e4tter vermehren lassen; man w\u00e4hlt gesunde Bl\u00e4tter dieser Pflanzen, schneidet sie dicht am Stamme ab, und steckt sie einzeln in kleine T\u00f6pfe, in eine leichte sandige Lauberde. Die Bl\u00e4tter werden mit einer Glocke, die oben offen sein msfs, bedeckt. Nach Verlauf von 8 Wochen verknorpeln sich die Bl\u00e4tter, treiben Wurzeln und bald darauf erscheint eine junge Pflanze auf der Erde.\nEs w\u00e4re zu w\u00fcnschen, dafs dieser Gegenstand recht bald ausf\u00fchrlicher beobachtet w\u00fcrde, denn wir wissen gegenw\u00e4rtig, dafs das Hervorsprossen junger Pflanzen aus den Bl\u00e4ttern auf verschiedene Weise vor sich gehen kann, einmal n\u00e4mlich durch Hervortreiben von wirklichen Knospen, wie bei Bryo-phyllum und zum Theil auch bei Ceratopteris, und zweitens durch vorhergehende Gemmenbilduug, wie sie bei Ornithola-gum thyrsoides, Ranunculus bulbosus, den Kohlbl\u00e4ttern u. s w. beobachtet ist. In Herrn De Candolle\u2019s Pflanzen-Physiologie (II. S. 113) hat Herr Roeper noch andere F\u00e4lle der Art zusammengestellt.\n71) S. Verhandlungen des Vereins zur Bef\u00f6rderung des Gartenbaues in den K\u00f6nigl. Preufs. Staaten. XIII. ls Heft. Berlin 1837. S. 7 \u2014 45.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"97\nAuch hat Referent 72) auf die Vermehrung der Laubmoose durch Brutknospen nochmals aufmerksam gemacht, auf welche Weise sich wenigstens einige Arten von Laubmoosen ebenso stark vermehren als durch wirkliche Sporen; Mnium androgyniim L. ist in dieser Hinsicht am bekanntesten. Eine hinzugefiigte Abbildung der Spitze eines solchen Gemmenstieles zeigt eine Menge von gestielten Gemmen, welche sp\u00e4ter ab-fallen und die braunwerdenden Gemmenstielchen zur\u00fccklassen. Ueber ebendenselben Gegenstand hat auch Hr. G. Dickie-73) verschiedene Beobachtungen bekannt gemacht; er sah, dafs die Gemmen von Bryum {Mnium) androgynum bei ihrem ersten Auftreten nichts weiter, als einfache kleine durchsichtige Bl\u00e4schen von ovaler Form sind. Ref. sah darin, gleich nach ihrem ersten Erscheinen, auferst zarte gr\u00fcngef\u00e4rbte Massen, welche sich sp\u00e4ter zu K\u00fcgelchen umbildeten, theils auch wiederum zur Bildung neuer Zellenw\u00e4nde im Inneren verbraucht wurden. Hr. D. sagt, dafs diese Gemmen im reifen Zustande eine Substanz von k\u00f6rnigem Ansehen enthalten, aber von ihrer zeitigen Structur wird nichts erw\u00e4hnt; die Abbildungen sind leider kaum kenntlich zu nennen. Nach des Ref. nachtr\u00e4glichen Beobachtungen bilden sich in dem einfachen l\u00e4nglichen Bl\u00e4schen, welches als erster Zustand der Gemme auftritt, zuerst eine oder mehrere horizontale Scheidew\u00e4nde, und dann erst werden diese neu entstandenen Zellen, mehr oder weniger regelm\u00e4fsig, durch auftretende L\u00e4ngenscheidew\u00e4nde in kleinere Zellen getheilt, wobei sich ihr Umfang best\u00e4ndig vergr\u00f6fsert, bis die ganze Bildung vollendet ist. Hr. D. wiederholte ebenfalls die Keimungsversuche jener Gemmen, welche in Deutschland schon seit l\u00e4ngerer Zeit angestellt, beschrieben und abgebildet sind; er sah das erste W\u00fcrzelchen zur Seite des einen Endes hervortreten, und es schien, als k\u00e4me dasselbe aus dem Innern hervor und h\u00e4tte die Membran durchbrochen.\n72)\tEinige Worte \u00fcber das Vorkommen von Brutknospen bei den Laubmoosen. \u2014 S. dieses Archiv\u2019s 3ten Jahrganges lsten Band. S. 424.\n73)\tObservations on the Gemmae of .Bryum androgynum. \u2014 Jardine, Selby and Johnston, Magazine of Zoology and Botany. Vol. II. 1837. p. 226.\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nHerrn Berkeley\u2019s74) Beobachtungen \u00fcber die zweite Membran in den Sporenschl\u00e4uchen einiger Pilze, z. B. der Spha\u00e8ria populina, pedunculata u. s. w. werden zu neuen Untersuchungen dieses Gegenstandes mit H\u00fclfe der neueren Mikroskope auffordern.\nHerr Th. Schwann75) hat eine Reihe interessanter Versuche \u00fcber die Weing\u00e4hrung bekannt gemacht, welche der Beantwortung der Frage \u00fcber die Generatio aequivoca eine andere Richtung zu geben scheinen. Hr. Schwann machte die Entdeckung, dafs die Weingahrung stets mit der Entwicke hing eines eigent\u00fcmlichen Pilzes, welchen er Zuckerpilz zu nennen vorschl\u00e4gt, verbunden ist. Auch in der Bierhefe hatte Hr. Schwann die Entwickelung eines \u00e4hnlichen Pilzes genau beobachtet, als dieser Gegenstand im L'Institut de 23 Nov. 1836 durch Hrn. Cogniard-Latour publicirt wurde. Ref. f\u00fchrte diese letzteren Beobachtungen im vorigen Jahresberichte noch nicht auf, um sie n\u00e4mlich gleichzeitig mit Hrn. Schwann\u2019s zusammenstellen zu k\u00f6nnen, da offenbar beiden genannten Gelehrten diese interessanten Entdelikungen zukommen, von welchen sogleich die Rede sein soll. Hr. Cogniard-Latour beoln-achtete, dafs die Maische, eine Stunde nach dem Zusatze der Hefe einzelne K\u00fcgelchen zeige, welche denen \u00e4hnlich waren, die in der Hefe enthalten sind; eine Stunde sp\u00e4ter hatten sich einige jener K\u00fcgelchen verdoppelt, wobei es schien, als w\u00e4re das zweite K\u00fcgelchen aus dem ersteren hervorgetrieben. Das zweite K\u00fcgelchen wurde alsbald gleichgrofs mit dem ersteren und sp\u00e4ter fand man gar keine einfachen K\u00fcgelchen, ja zuletzt sah man stets 3, 4 und mehr solcher K\u00fcgelchen aneinander h\u00e4ngen. Hr. Cogniard-Latour kam schon zu dem Schl\u00fcsse, dafs die K\u00fcgelchen der Maische durch Saamen aus den K\u00fcgelchen des Hefen entstanden w\u00e4ren, auch will derselbe zweimal das Hervorstr\u00f6men von etwas Fl\u00fcssigkeit aus jenen K\u00fcgelchen des Hefens beobachtet haben. Herrn Schwann\u2019s Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand sind dagegen viel genauer und\n74) On the existence of a second membrane in the Asci of Fungi. - Ebendaselbst, 11. S. 222.\n75\") Vorl\u00e4ufige Mittheilungen, betreffend Versuche \u00fcber die Weingahrung und F\u00e4ulnifs. \u2014 Poggendorf\u2019s Annal, der Phys, und Chemie. 4iter Bd. S. 184\u2014195.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"99\nRef. k\u00f6nnte dieselben best\u00e4tigen, wenn es dessen noch bed\u00fcrfte. Hr. Schwann sah in dem Bierhefen die meisten K\u00fcgelchen in Reihen Zusammenh\u00e4ngen; es waren theils runde, gr\u00f6fstentheils aber ovale K\u00f6rnchen von gelblichweifser Farbe (sie sind im achromatischen Instrumente vollkommen ungef\u00e4rbt. Ref.), die theils einzeln Vorkommen, gr\u00f6fstentheils aber in Reihen, von 2\u2014 8 oder mehreren Zusammenh\u00e4ngen. Auf einer solchen Reihe stehen gew\u00f6hnlich ein oder mehrere andere Reihen schief auf. Kurz das ganze ist ein gegliedertes und ver\u00e4steltes Pfl\u00e4nzchen. Hr. Schwann sah schon, dafs die neuen Glieder an den Spitzen der Endglieder hervorwachsen, so wie die Glieder zu neuen Aesten seitlich hervorsprossen. Bei der G\u00e4hrung des ausgeprefsten Traubensaftes wurden \u00e4hnliche Pfl\u00e4nzchen beobachtet, die nur geringe Verschiedenheit von jenen der Bierhefe zeigten, nur solche lange F\u00e4den, wie in dieser, wurden bei der Weing\u00e4hrung nicht beobachtet. Im frisch ausgeprefsten Traubensafte ist noch nichts von diesen Pfl\u00e4nzchen zu sehen; bei 20\u00b0 W\u00e4rme, zeigen sie sich jedoch schon nach 36Stunden, und Hr. Schwann konnte die Ver-gr\u00f6fserung ihres Volumens unter dem Mikroskope in Zeit von einer halben bis ganzen Stunde beobachten; sie sind hier mehr kugelf\u00f6rmig und meistens h\u00e4ngen nur 2 K\u00fcgelchen nebeneinander.\nAuch Ref. hat das Hervorwachsen neuer Glieder aus den Spitzen der \u00e4lteren sowohl bei den Pfl\u00e4nzchen der Bierhefe, als bei der Wein- und Apfelg\u00e4hrung beobachten k\u00f6nnen. Der Vorgang dabei ist \u00e4ufserst interessant und vollst\u00e4ndig zu verfolgen; die einzelnen Glieder trennen sich sp\u00e4ter tvieder und wachsen unter g\u00fcnstigen Verh\u00e4ltnissen abermals weiter. Ein jedes Glied jener Pfl\u00e4nzchen ist ein eigenes, f\u00fcr sich bestehendes Pfl\u00e4nzchen, welches sogleich weiter fortw\u00e4chst, wenn es aus seinem Zusammenh\u00e4nge getrennt ist; oder man mufs jedes Glied, als eine Spore des Pfl\u00e4nzchen betrachten. Werden die einzelnen Glieder, in welche die Pfl\u00e4nzchen in der dicken Bierhefe meistens zerfallen sind, in die Maische einger\u00fchrt so wachsen sie weiter fort, und in d\u00fcnneren Fl\u00fcssigkeiten werden die Pfl\u00e4nzchen sehr grofs ; ihre Aeste breiten sich fast strahlig nach allen Richtungen aus. Ref. liefs diese Pfl\u00e4nzchen aus der Bierhefe 10 Minuten lang kochen und dennoch\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nbeobachtete er ihre weitere Entwickelung, so wie sie wieder unter das Mikroskop gebracht worder waren, und Hr.Cogniard-Latour76) setzte sie verschiedenen K\u00e4ltegraden aus, wobei sie aber, selbst nach der Einwirkung von 90\u00b0 C. K\u00e4lte, die Eigenschaft den Zucker zu zersetzen immer beibehielten.\nBei der Ciderg\u00e4hrung kommen \u00e4hnliche Pfl\u00e4nzchen zum Vorschein; sie sind auf dieselbe Weise gegliedert und ver\u00e4stelt, wie die der Bierhefe, aber ihre Glieder sind meistens 3mal so lang als breit, und an ihnen beobachtete Ref. auch die Vermehrung durch blofse Theilung, jedoch selten.\nHerr Schwann zeigt den Zusammenhang zwischen dem beschriebenen Pilze und der Weing\u00e4hrung, doch m\u00f6chte es wohl noch zu fr\u00fch sein die Erscheinungen der G\u00e4hrung durch die Entwickelung desselben zu erkl\u00e4ren, einmal n\u00e4mlich zeigt sich die Bildung des Pilzes viel fr\u00fcher, als die Entwickelung der Kohlens\u00e4ure in der g\u00e4hrenden Fl\u00fcssigkeit, dann aber giebt es noch mehrere andere Pfl\u00e4nzchen, welche sich in der g\u00e4hrenden Fl\u00fcssigkeit, mehr oder weniger zu gleicher Zeit mit jenen entwickeln, wovon mehrere, mit den vorhergehenden in Verbindung, unter der unhaltbaren Gattung Mycoderma Per-soon und Desmati\u00e8res beschrieben sind; ja w\u00e4ren die angeblichen Myco derma-Arten nicht von Desmazi\u00e8res17) abgebildet, so w\u00fcrde man wohl niemals \u00fcber dieselben auf das Reine gekommen sein. Desmazi\u00e8res beschrieb ein Myco derma vint, glutinis, far inul ae, malti-juniperi, malti-cere-visiae und cerevisiae, aber immer sind hier 2 ganz verschiedene Sachen mit einander vereinigt, welche gar nicht mit einander zusammengeh\u00f6ren. N\u00e4mlich jener kleine gegliederte Pilz, von welchem im Vorhergehenden die Rede war, den wir Saccharomyces, Zuckerpilz, nach Hrn. Schwann\u2019s Vorschlag nennen und bis jetzt die Arten Saccharomyces vini, cerevisiae und pomorum aufstellen, kommt in allen g\u00e4hrenden Substanzen neben einem gr\u00f6fseren fadenf\u00f6rmigen vor, dessen Bildung in vieler Hinsicht ebenfalls sehr merkw\u00fcrdig ist. Es geh\u00f6rt hieher jener Fadenpilz, welchen Herr Amici im Safte des thr\u00e4nenden Weinstockes beobachtete, dessen Wachsthum\n76)\tJUlnstit. de 181. Febr. 1837. Nr. 199. p. 73.\n77)\tS. Ann. des sciens d\u2019Hist. nat. T. X.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"101\nebenfalls so schnell vor sich geht, dals man die Verl\u00e4ngerung in wenigen Minuten bemerken kann. Dieser fadenf\u00f6rmige Pilz ist in verschiedenen g\u00e4hrenden Fl\u00fcssigkeiten mehr oder weniger kurz gegliedert, oft auf lange Strecken ungegliedert und ver\u00e4stelt, und dann bilden sich die Glieder an den Aesten, oft \u00fcber den ganzen Faden in mehr oder weniger regelm\u00e4fsigen Entfernungen, und alsbald, besonders gegen das Ende der Aeste hin, schwellen die Glieder kugelf\u00f6rmig an, l\u00f6sen sich sp\u00e4ter ab und wachsen wieder zu neuen Pflanzen aus; doch wird man selten 2 Fl\u00fcssigkeiten finden, worin sich diese Pfl\u00e4nzchen ganz gleich verhalten, ln dem ausgeprefsten Safte eines Borsdorfer Apfels bildete sich neben dem Saccharomyces auch ein Fadenpilz der Art von ausgezeichneter Sch\u00f6nheit; es zeigten sich mehr oder weniger grofse, fast kugelrunde, oft erbsengrofse Flocken in jener Fl\u00fcssigkeit, welche von einander getrennt waren und jedesmal aus einem sehr grofsen, ja unz\u00e4hlbaren Convolut von solchen einzelnen, an der Basis wahrscheinlich zusammenh\u00e4ngenden Fadenpilzen bestanden. Ich beobachtete diese sehr interessante Bildung viele Wochen hindurch, und legte einen einzelnen solcher Flocken in ein Uhrgl\u00e4schen mit reinem Wasser, so dafs die Aeste desselben dicht an die Oberfl\u00e4che des Wassers zu liegen kamen; um die Verdunstung des Wassers zu verhindern, wurde das Ganze mit einer Glasplatte verdeckt. In Zeit von 6 \u2014 8 Tagen zeigten sich neue, strahlenf\u00f6rmig auslaufende B\u00fcndel und unter diesen konnte man noch sehr viele beobachten, welche aus den kugelf\u00f6rmig abgeschn\u00fcrten Gliedern des urspr\u00fcnglichen Fadenpilzes hervorwuchsen, w\u00e4hrend andere schon bis zur Frucht entwickelt waren und nichts Anderes darstellten, als Mucor Mucedo, wenn man denselben in Wasser wachsen l\u00e4fst.\nDiese in Wasser wachsende Form des Mucor s ist nur sehr wenig von jener gew\u00f6hnlichen Luftform verschieden, und selbst die \u00e4ufsere Kaut des Sporangium\u2019s kann man daran noch bemerken. Herr Berkeley78) hat die Entstehung dieses Fadenpilzes im Rosinenweine beobachtet, und dann auch bemerkt, dafs derselbe die Fructifications-Organe von Mucor\n78) On a Confer mid State of Mucor clavatus Lh \u2014 Jardine, Selb y and Johnston's Magazine of Zoology and Botany for 1837 Vol. IL p. 390.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nclavatus Lk. entwickelte. Die Abbildungen, welche Herr B. beigefiigt hat, beweisen mir vollst\u00e4ndig, dafs wir in beiden F\u00e4llen eine und dieselbe Pflanzen-Art beobachtet haben, ich halte jedoch den Mucor f\u00fcr M. Mucedo und bin in Folge wirklicher, sehr h\u00e4ufig wiederholter Beobachtungen der Meinung, dafs M. clavatus nur eine geringe Formverschiedenheit von M. Mucedo ist, und nicht als eigene Art angesehen werden kann.\nAus dieser Beobachtung, welche ich wiederholte, ziehe ich den Schlufs, dafs die Mycodermen unentwickelte Pflanzenformen sind, und wie einige andere Beobachtungen zeigen, den Gattungen Mucor, Pennicillium und Aspergillus angeh\u00f6ren79). Und hieher geh\u00f6rt denn auch die gr\u00f6fste Zahl der Arten von Agardh\u2019s angegebener Gattung Bygrocrocis, als IL acida, vini, rosae, atramenti, salvia\u00e7 u. s. w.\nIn den g\u00e4hrenden Fl\u00fcssigkeiten kommen aber auch noch mehrere andere schwer zu bestimmende Sachen vor; so bemerke ich in der Bierhefe \u00e4ufserst feine fadenartige Gebilde, welche meistens etwas l\u00e4nger, als die einzelnen Glieder des Zuckerpilzes sind, aber h\u00f6chstens nur TV der Breitendimension zeigen ; sie sind nicht gleich lang und vermehren sich durch Zertheilung in noch kleinere F\u00e4den. Nur bei 300 maliger Vergr\u00f6fserung werden sie hinreichend bemerbar. In dem aus-geprefsten Safte der Trauben beobachtete ich\u2019.aufser den, schon vorher beschriebenen 2 Gew\u00e4chsen, noch einen zarten weifsen Absatz, welcher sich am Rande der Fl\u00fcssigkeit dem Glase ansetzte; derselbe wurde aus unz\u00e4hligen, vollkommen runden und gleichgrofsen K\u00f6rperchen gebildet, welche etwa ^ so grofs als die Glieder des Zuckerpilzes waren und nach Verlauf von 3 \u2014 4 Tagen g\u00e4nzlich verschwanden.\nDie Anzahl der vegetabilischen Gebilde, welche sich in den g\u00e4hrenden Fruchts\u00e4ften zeigen, ist also nicht gering, und ob die G\u00e4hrungs-Erscheinungen von dem einem oder von dem\n79) Anmerk. Hiebei m\u00f6chte ich die Botaniker dringend auffordern, endlich auch auf die Entwickelung der niederen Pilzformen ihre Beobachtungen zu lenken, ein Gegenstand, welcher im h\u00f6chsten Grade belohnend sein wird, wenngleich auch die Zahl der sogenannten Arten und Gattungen der neuesten Zeit furchtbar zusammenschmelzen mufs.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"103\nanderen abh\u00e4ngig sind, ist nicht zu entscheiden. Hr. Schwann stellte Beobachtungen mit der Weing\u00e4hrung an, aus welchem er den Schlafs zog, dafs bei der Weing\u00e4hrung, wie bei der F\u00e4ulnifs, nicht der Sauerstoff * der atmosph\u00e4rischen Luft es ist, welcher dieselbe veraulafst, sondern dafs es ein in der atmosph\u00e4rischen Luft enthaltener, durch Hitze zerst\u00f6rbarer Stoff ist. Es wurde eine Aufl\u00f6sung von Zucker mit Bierhefe vermischt, 10 Minuten lang der Temperatur des siedenden Wassers ausgesetzt, dann in kleinen Fl\u00e4schchen unter Quecksilber umgestiilpt und etwas ausgegl\u00fchte Luft\tdes Volums der 1 liissigkeit)\nhineingeleitet. Die Fl\u00e4schchen mit der ausgegl\u00fchten Luft wurden dann verkorkt und bei 10 \u2014 14\u00b0 R. Temperatur hingestellt, zeigten aber keine G\u00e4hrungs-Erscheinungen, w\u00e4hrend andere Fl\u00e4schchen, mit jener gekochten Fl\u00fcssigkeit, worin keine ausgegl\u00fchte Luft geleitet worden war, nach 4 \u2014 6 Wochen durch die Gas-Entwickelung weggeschleudert wurden. Die Erchei-nungen, welche Herr Schwann bei diesen Versuchen beobachtet hat, sind in der That sehr auffallend, sie liefsen sich aber doch wohl noch auf eine andere Weise erkl\u00e4ren; die Temperatur des siedenden Wassers t\u00f6dtet allerdings den Zuckerpilz nicht, was Ref. vorhin schon angab, aber wir wissen doch auch, dafs selbst das Keimen der Saamen h\u00f6herer Pflanzen in vollkommen ausgekochtem Wasser nicht vor sich geht, wenn dasselbe auch der Atmosph\u00e4re ausgesetzt wird.\nHerr Trog 80) zu Thun hat einige allgemeine Bemerkungen \u00fcber die Fortpflanzung der Schw\u00e4mme durch JVLyccliuui und durch Sporen bekannt gemacht, wodurch manche, schon hie und da \u00fcber diesen Gegenstand vorgetragene Angaben best\u00e4tigt werden. Die neueren Beobachtungen \u00fcber das Auftreten der Sporen bei den h\u00f6heren Pilzen sind Herrn Trog noch nicht bekannt gewesen. Die F rage, wie die Aussaat der Pilz-Sporen in der Natur geschieht, wird durch den Verfasser ausf\u00fchrlich behandelt; es ist demselben sehr wahrscheinlich, dafs die Sporen der Hymenomyceten zum Theil in der Luft sus-pendirt sind, durch den Wind \u00fcberall herumgetragen werden, sich an allerlei K\u00f6rper h\u00e4ngen oder durch den Regen aus der\n80) Ueber das Wachsthum der Schw\u00e4mme. \u2014 Flora von 1837. Nro. 39.","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nLuft gleichsam niedergeschlagen werden. So sehe man z. B. nach einigen Regentagen eine Menge von Mycerien, Mistschw\u00e4mmen u. s. w. hervorschiefsen, welche wohl zum Theil auf diese Weise ges\u00e4et wurden. Auch werden Beispiele angef\u00fchrt, welche der Annahme, dafs die Sporen der Schw\u00e4mme zum Theil in der Luft schweben einiges Gewicht geben sollen; als: Wenn man die abgeschnittene Haut eines Bl\u00e4tterschwammes mit den Lamellen nach Unten auf Papier legt, so fallen, wie es bekannt ist, die Sporen auf das Papier; sobald aber, sagt Herr Trog die Lamelleu durch Sinuosit\u00e4t oder W\u00f6lbung das Papier nicht ber\u00fchren, so erscheinen diese Stellen auf dem Papier von Sporen entbl\u00f6fst, weil daselbst der Luftzug hinreichend ist (selbt in verschlossenen Zimmern) um selbige fortzutreiben. Ref. hat dieses Experiment wiederholt, fand aber die Erkl\u00e4rung n\u00e4her liegend; das Herunterfallen der Sporen wird n\u00e4mlich mechanisch verhindert, wenn die Lamellen mit ihren Seitenfl\u00e4chen zusammengedr\u00fcckt sind. Die zweite Angabe ist sehr beachtungswerth. Man lege eine Peziza oder eine Helvetia auf ein dunkeles Papier und man wird von Zeit zu Zeit, besonders bei einer leichten Ersch\u00fctterung gewahr werden, wie mehrere Schl\u00e4uche auf einmal mit Schnellkraft sich ihrer Sporen entledigen, indem man einen Rauch von ihrem Hymenium aufsteigen sieht, der aber auch sogleich verschwindet, ohne dafs man um den Schwamm herum, selbst nach mehreren Stunden, bedeutende Spuren ihres Herabfalles bemerken k\u00f6nnte; mithin sind sie in der Luft geblieben, oder von derselben weggef\u00fchrt. Die \u00fcbrigen Angaben sind schon l\u00e4ngst als unzureichend nachgewiesen.\nHerr Schwabe81) hat Beobachtungen \u00fcber die Oscilla-torien der Karlsbader warmen Quellen bekannt gemacht, welche die Arbeiten seiner Vorg\u00e4nger in vielen Punkten berichtigen. Auch f\u00fchlt Herr Schwabe den grofsen Mangel, welchen die systematische Bestimmung dieser Gattung und ihrer Arten heutigen Tages aufzuweisen hat, denn die verschiedenartigsten Sachen hat man unter der Aufschrift der Oscillatorien beschrieben, und oft wieder die \u00e4hnlichsten Formen, als verschiedene\n81) Ueber die Algen d\u00e9r Karlsbader warmen Quellen. Mit 2 Tafeln Abbildungen. \u2014 Linnaea v. 1837. S. 109 \u2014127.","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"405\nArten jener Gattung angegeben. Wenn man Jahrelang das Wachsthum der Oscillatorien fast t\u00e4glich in seinem Studierzimmer beobachtet, und die mannigfachste Form-Ver\u00e4nderung an einer und derselben Art bemerkt hat, dann begreift man wahrlich nicht, wie Reisende es wagen k\u00f6nnen, w\u00e4hrend eines kurzen Aufenthalts zu Karlbad 20, 30 und noch mehr neue Arten# dieser Gattung zu beschreiben, wie es neuerlichst wirklich vorgekommen ist.\nHerr Schwabe hat seine Beobachtungen nur auf einige wenige, jener Pfl\u00e4nzchen der Karlsbader Quellen beschr\u00e4nkt, daher es ihm auch gelungen ist \u00fcber die Structur und die Fortpflanzung derselben etwas Brauchbares zu beobachten. Die Trennung der Gattung Mastigonema von Oscillatoria, welche Herr Schwabe vorgeschlagen hat, kann aber nicht angenommen werden, denn gerade die dahin geh\u00f6rige Pflanze ist als Repr\u00e4sentant der wahren Oscillatorien anzusehen. Interessant ist es zu sehen, dafs man die Sporangien, oder Sporenf\u00e4den von Nostoc anisococcum Spr. als 4 verschiedene Arten von Sphaerozyga beschrieben und abgebildet hat; es stehen diese angeblichen Sphaerozyga-Arten zu jenem Nostoc in demselben Verh\u00e4ltnifs, wie die Oscillatoria Flos aquae zu unseren gew\u00f6hnlichen kleinen Nostoc-Individuen. Die vollst\u00e4ndige Entwickelungs - Geschichte derjenigen Alge, welche Herr Schwabe als Fischer a thermalis beschrieben und abgebildet hat, m\u00f6chte von besonderem Interesse sein; vielleicht giebt uns dieselbe Herr Fischer, dem die Naturwissenschaft eine der interessantesten Entdeckungen der neueren Zeit verdankt.\nHerr Morren 82) giebt bei einer genaueren Beschreibung der Structur der Conferva dissiliens seine Ansichten \u00fcber verschiedenartige Geschlechts-Vorrichtungen, welche dieser Pflanze zukommen sollen. Er sagt, dafs die Zellen dieser Conferve eine fast gleichm\u00e4fsige Masse, ein Endochrom enthielten, in welcher einige besondere K\u00fcgelchen Vorkommen, welche zu helleren Bl\u00e4schen werden, die mehr gelb als die \u00fcbrige Masse sind, und im Inneren dunkele P\u00fcnktchen von brauner oder rother Farbe zeigen. Diese gr\u00f6fseren K\u00fcgelchen, welche\n82) Bulletin de l\u2019Acad. des sciensc. de Bruxelles. 1837, p. 303.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nbekanntlich bei allen wahren Conferven Vorkommen und bisher wie die Zellensaft-K\u00fcgelchen in anderen Pflanzen betrachtet wurden; h\u00e4lt Herr Morren f\u00fcr m\u00e4nnliche Geschlechts-Apparate, welche auf den \u00fcbrigen Theil des Endochromes eine wahre Befruchtung ausiiben. Diese Ansicht m\u00f6chte iiw dessen nur als Hypothese erscheinen, wenn man die Sporen-Bildung bei den Spirogyren in Folge der Conjugation beobachtet, indem bei diesen Pflanzen in allen Zellen jene gr\u00f6fse-ren K\u00fcgelchen enthalten sind, welche Hr.Morren f\u00fcr m\u00e4nnliche Geschlechts-Apparate ansieht, und dennoch nur in den con-jugirten Zellen die keimf\u00e4higen Saamen gebildet werden.\nReferent83) hat einige Beobachtungen \u00fcber die br\u00e4unlichen Bl\u00e4schen bekannt gemacht, welche die H\u00f6hlen in den Spitzen der Closterien durch ihre lebhafte Molekular-Bewegung auszeiclmen. Gruithuisen hatte diese Bewegung schon vor 26 Jahren aufgefunden, und sp\u00e4ter beobachtete derselbe eine Str\u00f6mung zarter K\u00fcgelchen, welche an den R\u00e4ndern der Closterien Vorkommen und mit dem Charen- Ph\u00e4nomen zu vergleichen sei. Ref. verfolgte diese Bewegungen etwas weiter, er bemerkte, dafs sie in zwei, nach entgegengesetzter Richtung verlaufenden Str\u00f6men einzelner kleiner K\u00fcgelchen bestehen, und sich sowohl auf der concaven, als auf der convexen Seite der Closterien zeigen. Andere Beobachtungen zeigten, dafs jene br\u00e4unlichen Bl\u00e4schen aus den H\u00f6hlen in den Spitzen der H\u00f6rner heraustreten und aus ihrer best\u00e4ndigen und sehr lebhaften Molekular-Bewegung in eine rein vorschreitende \u00fcbergehen k\u00f6nnen, und so auch umgekehrt, denn sie nehmen ihre Molekular-Bewegung wieder an, so bald sie aus ihrer vorschreitenden Bewegung in die H\u00f6hle der Spitze zur\u00fcckgekehrt sind. Die Beobachtungen f\u00fcr diese Annahme sind am angef\u00fchrten Orte speciell aufgezeichnet und Referent hat sp\u00e4ter mehrere \u00e4hnliche Beobachtungen an den Zellensaft-K\u00fcgelchen h\u00f6herer Pflanzen gemacht, welche im zweiten Bande seiner Pflanzen-Physiologie, in dem Capitel \u00fcber die Rotations-Str\u00f6mung in den Zellen aufgezeichnet sind.\nUeber die Ausdauer der Keimkraft der Saamen, wor\u00fcber in den letzteren Jahren verschiedene, oft ganz unglaublich\n83) S. Wie gm an n\u2019s Archiv. 1837 I. 8. 426.","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"107\nerscheinende Nachrichten bekannt geworden sind, hat Herr Hooker 84) verschiedene Beobachtungen zusammengestellt, welche von hohem Interesse sind. Zuerst werden die Mittheilungen des Hrn. Ch. des Moulins aus den Schriften der Linnaeischen Gesellschaft zu Bourdeaux (welche dem Ref. zu Berlin leider nicht zu Gebote stehen) ausgef\u00fchrt, wonach in der Commune de la Mouzie- Saint Martin, Canton La-force (Dordogne) R\u00f6mergr\u00e4ber er\u00f6ffnet wurden, welche in ihren S\u00e4rgen Saamen von verschiedenen Pflanzen enthielten, welche fast s\u00e4mmtlich ihre Keimkraft beibehalten hatten; es waren Saamen von IleUotropium europaeum, Medicago lupulina und Centaurea Cyanus. Hierauf wird auf die Beobachtungen von Bureau de la Malle aufmerksam gemacht, wonach Saamen von Birken, Espen, Genisten, Digitalis u. s. w. unter der Erde nach hundert und noch mehreren Jahren ihre Keimkraft beibehalten k\u00f6nnen, und dafs Birken- und Senf-Saamen 20 und 30 Jahre lang unter Wasser liegen k\u00f6nnen, ohne ihre Keimkraft zu verlieren. Schliefslich theilt Herr Hooker ein Schreiben von Herrn Wm. Burroughes mit, worin gemeldet wird, dafs Saamen von Centranthus ruber in einem alten Grabmale der Wymondham-Abtey gefunden wurden, welche keimten und bl\u00fchende Pflanzen erzeugten. Man fand den Saamen in einem kleinen, luftdicht verschlossenen Ziegel - Sarge ; sie waren nebst Kochsalz und wohlriechenden Holzsp\u00e4nen mit einem Foetus zusammengepackt und in Leinewand eingebunden, welche mit Harz verkittet war. Das Grabmal stammte, aller Wahrscheinlichkeit nach, aus der Mitte des 12ten Jahrhunderts.\nIm October 1834 ward auch in Loudon\u2019s Gardener\u2019s Magazine \u00fcber die Er\u00f6ffnung eines britischen Grabmales Mittheilung gemacht, wobei man in einer Portion des Inhaltes des Magens eine Menge kleiner Saamen fand, welche f\u00fcr die Saamen der Himbeere erkl\u00e4rt wurden. Diese Saamen keimten und schon im Jahre 1836 trugen sie herrliche Fr\u00fcchte85). Hr. Lin dl ey schlofs hieraus zugleich, dafs die Himbeere zu jener Zeit, als\n84)\tInformation respecting seeds which have been found in roman tombs, and which have retained their powers of germination etc. \u2014 Companion to the Botanical Magazine for 1827. Vol.IL p. 293\u2014299.\n85)\tThe Gardener*s Magazine, conducted by Loudon. London 1836. p. 695.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\njenes Grahmahl gesetzt wurde, etwa vor 2000 Jahren, in England wild wuchs.\nDie Herren Edward\u2019s und Collin86) haben eine Reihe von Versuchen \u00fcber den Einflufs des Wasserdampfes auf die Vegetation angestellt; sie legten verschiedene Saamen unter ganz gleichen Verh\u00e4ltnissen zum Keimen aus, nur der Gehalt an Wasserdampf in den umgebenden Medien war hiebei verschieden, um die Einwirkung desselben auf die Vegetation unmittelbar wahrzunehmen. Man erkannte, dafs der Einflufs des Wasserdampfes ganz aufserordentlich war, und dafs derselbe die Vegetation in dieser ersten Periode sehr beschleunige. Die g\u00fcnstigsten Verh\u00e4ltnisse, durch welche die Keimung der Saamen beschleunigt wird, sind: Das Vorhandensein von so viel Feuchtigkeit, als die Saamen zur Einsaugung noting haben, und eine Luft, welche fast vollkommen mit Wasserdampf ges\u00e4ttigt ist. Dasselbe findet auch f\u00fcr die \u00fcbrigen Perioden der Vegetation Anwendung (wie es ja auch die Vegetation in den feuchten tropischen W\u00e4ldern lehrt. Ref.) und es folgt daraus, dafs man in den warmen Gew\u00e4chsh\u00e4usern unserer G\u00e4rten die Einwirkung der Wasserd\u00e4mpfe auf die Pflanzen in weit gr\u00f6fserem Maafse in Anwendung setzen sollte, als es bisher wirklich geschieht.\nIm Feuilleton du Temps. 181. Av.1837 sind ausf\u00fchrlichere Mittheilungen \u00fcber jene Arbeit der Herren Edward\u2019s und Collin enthalten, woraus Ref. noch einige der erhaltenen Resultate auff\u00fchrt. In freier Luft, wenn dieselbe auch ziemlich feucht ist, sollen die Saamen der Pflanzen nicht keimen. Ref. hat dagegen nur im vorigen Jahresbericht Ausnahmen gegen diese Regel aufgef\u00fchrt. Die Saamen der Getreide-Arten keimen nur in einer mit Feuchtigkeit ges\u00e4ttigten Luft, unter Wasser bed\u00fcrfen sie dazu einer 8 mal l\u00e4ngeren Zeit. Bei gleichzeitiger Einwirkung von Wasser und Wasserdampf, keimen die Saamen in dem Falle stets fr\u00fcher, wo die Luft mit Feuchtigkeit ges\u00e4ttigt ist.\n86) Influence de la vapeur sur la v\u00e9g\u00e9tation. \u2014 L\u2019Institut de 1837. p. 193.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"109\nZur Morphologie.\nrf \u00a3 \u00ce\t\u2022 - * '\tt\t, - \u2022\t1 i *\nAus der grofsen Menge von Schriften, worin im vergangenen Jahre die Morphologie der Pflanzen bearbeitet wurde, hebe ich die des Herrn v. Martius 87) zuerst hervor, weil in derselben dieser Gegenstand ganz allgemein behandelt ist.\nErste Vorlesung.\nDie Pflanze, sagt Herr v. M., ist ein zwischen Licht und Erde gespannter, nach oben freier, nach unten in die Banden des Irdischen versenkter Organismus. Die Pflanze w\u00e4chst nach unten und nach oben, und differenzirt in diesem gedoppelten Wachsthume den Niederwuchs und den Aufwuchs so vollst\u00e4ndig, dafs die Erscheinung ihrer beiden grofsen Systeme ganz verschiedene Gestaltung mit sich bringt und einhullt. Die Wurzel ist das, gleichsam in sich verschlossene, das wesentlich Einfache und Einf\u00f6rmige an der Pflanze. Unwandelbar verharrt sie stets in ihrer Richtung nach unten; sie w\u00e4chst in die L\u00e4nge und Breite, vermag sich durch Theilung zu verzweigen, ist aber weder im Ganzen, noch in einzelnen Thei-len einer Umgestaltung f\u00e4hig. Der Aufwuchs der Pflanze ist das Licht und Luftsystem derselben; es ist der Wurzel diametral entgegengesetzt und w\u00e4chst also nach oben. Dieser Aufwuchs tritt in allen h\u00f6her organisirten Pflanzen alsbald in zwei, wesentlich von einander verschiedene Bildungen auseinander, welche, in stetiger Wechselbeziehung vielfach ver\u00e4ndert, das ganze oberirdische Leben des Gew\u00e4chses an sich darstellen. Diese verschiedenen Gebilde sind die Achse oder der Stamm (Stengel) und das Blatt. Der Stamm ist der beharrende Theil aller oberirdischen Bildungen, er setzt sich dem Blatte als Tragendes entgegen; er bildet das Centrale, die Achse; das Blatt dagegen erscheint als ein peripherisch abgeschiedener Theil, welcher hie und da von dem Stamme getrennt gedacht werden kann. Herr v. M. glaubt, dafs das Blatt auch als eine secund\u00e4re und wiederum verzweigte Achsenbildung betrachtet werden k\u00f6nne, dafs es aber in Hinsicht seiner inneren Gestaltung unsymmetrisch sei.\n87) Die Metamorphose der Pflanzen. Vier Vorlesungen, gehalten vor einem h\u00e4uslichen Kreise von Freunden. \u2014 Reden und Vortr\u00e4ge etc. S. 111\u2014223.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nDas Achsengebilde vergr\u00f6fsert sich nach der L\u00e4nge und Dicke und verzweigt sich nach und nach, also ganz \u00e4hnlich dem Niederwuchs. Es soll aber ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Wachsthum des \u2018Stengels und dem der Wurzel darin bestehen, dafs ersterer nach gewissen Perioden sich in die L\u00e4nge entwickelt, w\u00e4hrend die Wurzel der Perioden des Erdenlebens weniger unterworfen ist, und daher auch in allen Jahreszeiten stetiger fortw\u00e4chst.\nDas Blatt entwickelt sich, indem es sich entfaltet; es ist nicht nur ein Strecken und Wachsen in die L\u00e4nge, sondern ein Wachsthum in die Breite, und dieser Lebensrichtung gem\u00e4fs weicht es von der senkrechten Stellung des Achsengebildes ab. Die gew\u00f6hnlichen oder Laubbl\u00e4tter sind vorzugsweise bestimmt, durch Ein- und Ausathmung luftf\u00f6rmiger Fl\u00fcssigkeiten die S\u00e4fte der Pflanzen zu vermehren und zu verbessern. Anders verh\u00e4lt es sich aber, wenn die Bl\u00e4tter umgestaltet, verwandelt (metamorphosirt) werden, eine Erscheinung, welche die Erzeugung des Keimes stets begleitet. An der Spitze aller Blattmetamorphose steht eine geschlechtliche Function; das Stempelblatt weiblicher Seite und das Staubblatt oder der Staubfaden m\u00e4nnlicherseits schliefsen das sch\u00f6ne Spiel der Metamorphose ab. Diese geschlechtlichen Bl\u00e4tter folgen nicht unmittelbar auf die gr\u00fcne, sondern es gehen ihnen eine Reihe von Umwandlungen anderer Bl\u00e4tter voran, welche aber ebenfalls schon dem Fortpflanzungssysteme angeh\u00f6ren; sie zeichnen sich von den Laubbl\u00e4ttern durch Gestalt und Farbe aus und man kann sie gef\u00e4rbte Bl\u00e4tter nennen. Die Verwandelung der Laubbl\u00e4tter zu farbigen und zu geschlechtlichen Bl\u00e4ttern nennt man die aufsteigende Metamorphose; die r\u00fcckschreitende Metamorphose dagegen bezeichnet die Umgestaltung der metamoaphosirten Bl\u00e4tter in gr\u00fcne Laubbl\u00e4tter.\nIn der Bl\u00fcthe schwindet das Achsengebilde scheinbar g\u00e4nzlich und tritt als Bl\u00fcthenboden auf. Die metamorphosir-ten Bl\u00e4tter stehen nun nicht mehr \u00fcber, sondern neben einander und daher entwickeln sie sich fast gleichzeitig.\nIm Aufw\u00fcchse erscheinen drei wesentliche Punkte, in deren Entfaltung derselbe seine gesammte Bildungsth\u00e4tigkeit darstellt: Knoten, Blatt und Internodium. Wenn man den Ur-","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Ill\nsprung der Bl\u00e4tter untersucht, so findet man eine Verdichtung der Achse und Verschlingung ihrer Gef\u00e4fse im Knoten, unmittelbar seitlich unter dem Blatte. Oberhalb eines Knotens nehmen die Gef\u00e4fse wieder einen regelm\u00e4fsigen Verlauf nach oben an; sie kehren zu vollkommener Ordnung und Symmetrie zur\u00fcck, bis es am Ende des Internodium\u2019s wieder zu Knoten und Blattbildung kommt, und soweit stellen sich im Achsengebilde mehrere Internodien \u00fcbereinander. Bei der Bildung einer jeden Nebenachse soll auch die Vorbildung von Knoten und Blatt bedingt sein.\nZweite Vorlesung.\nBl\u00e4tter mit gesondertem Scheidentheile, mit Blattstiel und mit der eigentlichen Blatt-artigen Ausbreitung sieht Herr v. M. als vollst\u00e4ndige Bl\u00e4tter an; doch nicht alle Bl\u00e4tter besitzen die drei Theile, sondern bald zeigt der eine, bald der andere derselben eine vorherrschende Ausbildung. Nach diesen Verschiedenheiten k\u00f6nne man drei Arten von Bl\u00e4tter unterscheiden; Scheidenbl\u00e4tter {Goelophylla), Stielbl\u00e4tter (Sie-leophylla) und Fl\u00e4chen- oder Breitenbl\u00e4tter (Placophylla). Die Succession der gr\u00fcnen Bl\u00e4tter von der Wurzel bis zu den Bliithenbl\u00e4ttern ist von besonderer Bedeutung f\u00fcr die Lebensgeschichte der Pflanze. Gew\u00f6hnlich beginnt die Blattbildung mit Scheidenbl\u00e4ttern; weiter oben am Aufw\u00fcchse treten auch die beiden anderen Dimensionen des Blattes auf, und kommt es zur Verzweigung der Achse, so verliert sich wieder die eine oder die andere der Formationsstufen des Blattes. Noch auffallender zeigen sich die Ver\u00e4nderungen des Blattes, wenn aus ihrer Achsel statt des Laubzweiges eine Bliithe hervortritt. Es sind dieses die Bracteen, Vor- oder auch Tragblatt genannt, deren Funktion noch mit derjenigen der gr\u00fcnen Bl\u00e4tter \u00fcbereinstimmt. Aber noch weit entschiedener sind die Ver\u00e4nderungen in Gestaltung und F\u00e4rbung, welche die Blumenbl\u00e4tter und die geschlechtlichen Bl\u00e4tter zeigen. Mit der Emwandelung des Blattes zum Staubblatte (iStamen) erscheint die Bildung des Bl\u00fcthenstaubes in seinem Inneren. Diese Metamorphose findet im obersten oder Fl\u00e4-chentheile des Blattes statt, welcher sich zur Anthere umgestaltet, w\u00e4hrend das Filamentum dem Blattstiele des Laubblattes entspricht. Das Fruchtblatt ist die oberste und letzte","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nStufe der Blattmetamorphose und hier sind die drei Dimensionen des Blattes, jede auf eine eigenthiimliche Weise umgestaltet: der Scheidentheil ist in den Fruchtknoten ([Germen), der Blattstiel in den Griffel (Stylus), und die Blattfl\u00e4che in die Narbe (Stigma) verwandelt.\nDas Fruchtblatt steht gemeinlich nicht an und neben der Achse, sondern geradezu auf der Achse und daher wird die Verl\u00e4ngerung der Achse ganz abgeschlossen. Das Achsengebilde nimmt an der Fruchtbildung nur soweit Theil, als es sich nicht selten l\u00e4ngs der Naht, welche durch die Verwachsung der R\u00e4nder der Blattscheide gebildet wird, heraufzieht und mit derselben verschmilzt, was besonders sichtlich ist, wenn die Frucht aus mehreren Bl\u00e4ttern gebildet wird. Verwachsen die R\u00e4nder eines jeden einzelnen Blattes unter sich und mit der zwischen ihnen aufsteigenden Substanz der Achse, so entstehen mehrere H\u00f6hlungen im Fruchtknoten; aber verwachsen die R\u00e4nder jedes 'einzelnen Fruchtblattes nicht unter sich, sondern mit den R\u00e4ndern des benachbarten Blattes, so entsteht eine H\u00f6hlung des Fruchtknotens.\nDie Bl\u00fcthe bezweckt nicht die Entstehung von Nebenachsen, welche an der Pflanze haften bleiben, sondern sie erzeugt Achsen von eigener Struktur, welche sich von der m\u00fctterlichen Achse trennen und ein selbstst\u00e4ndiges Lehen beginnen; es sind dieses die Saamen, deren Entwickelung, vor und nach der Befruchtung, nach den bisher bekannten Thatsachen etwas specieller angegeben wird.\nDie Bl\u00e4tter, welche zur Kelch- und Kronenbildung geh\u00f6ren, sind ials Bl\u00e4tter zweier, dicht auf einander folgenden Triebe zu betrachten. Sie sind die peripherischen Theile zweier unmittelbar in einander fortgesetzten St\u00fccke des Aufwuchses, der hier seine Metamorphose einerseits in der betr\u00e4chtlichen Zusammenziehung der Achse, anderseits in der Form- und Farbever\u00e4nderung seiner Bl\u00e4tter beurkundet/4 Der Kelch besteht meistens aus Bl\u00e4ttern, welche nur den untersten oder Scheidentheil darstellen; sie verhalten sich zu den darauf folgenden feiner organisirten Bl\u00e4ttern etwa so, wie sich die Schuppen der Blattknospen zu ihren Bl\u00e4ttern verhalten. Auf einer h\u00f6heren Entwickelungsstufe wird nun das Batt gef\u00e4rbt; in der jungen Blumenknospe ist die Farbe","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"113\nder Kronenbl\u00e4tter meistens ein lichtes Gr\u00fcn. Das Kronen-blatt ist aber kein in allen seinen drei Haupttheilen umgestal-tetes Blatt, sondern hier ist es vorzugsweise der vorderste oder Breitentheil des Blattes, welcher besonders ausgebildet wird, und der Blattstiel bleibt als Nagel in seiner Entwickelung ganz zur\u00fcck. Sind die Kronenbl\u00e4tter zu einem einzigen St\u00fccke verbunden, so bilden die Nagel die R\u00f6hre (Tabus'), die Platten aber den Saum (Limbus) der einbl\u00e4ttrigen Krone. So haben wir denn gesehen, schliefst Herr v. Martius: die Bliithe ist derjenige Theil des Auswuchses, in welchem das Blatt, vierfach verkl\u00e4rt und verwandelt, zu der Spitze seiner Bestimmung gleichsam staffelartig emporklimmt. Sie ist ein vierfach verwandelter, verk\u00fcrzter Zweig, der die Natur und die Geschichte des Laubzweiges verl\u00e4fst u. s. w.\nDritte Vorlesung.\nBei der n\u00e4heren Betrachtung des Bildungsprocesses der Bliithen sind mehrere Gesetze in die Augen fallend, als; 1. Die Aufeinanderfolge der vier grofsen Bildungsstufen, Kelch-, Kronen-, Staubblatt-, Fruchtblatt-Wirtel. Dem zweiten Gesetze gem\u00e4fs bestehen Kelch und Krone aus je einem Wirtel von Bl\u00e4ttern, dagegen die Formation des Staubblattes in zwei Wirteln vorhanden ist. Das dritte Gesetz ist in der Bl\u00fcthenbauzahl begr\u00fcndet, indem in der regelm\u00e4fsigen Bliithe die Zahl der Glieder aller Wirtel gleich ist. Die 3 und die 5Zahl erscheinen am h\u00e4ufigsten in den Wirteln der Bliithe; die 3 herrscht bei den Monocotyl\u00e9donen, die 5 bei den Dico-tyledonen. Kelch und Krone bleiben sich in dieser Zahl am meisten getreu, d. h. sie lassen nur selten Verdoppelungen eintreten. Bestehen diese Wirtel aus wenigeren Gliedern, so kann man den Fall als Ausnahme betrachten. H\u00e4ufiger ist dagegen die Vervielf\u00e4ltigung der Staubblattkreise. Das Zah-lenverh\u00e4ltniss des letzten oder Fruchtblatt-Wirtels erleidet h\u00e4ufige Reductionen, besonders bei den Dicotyledonen, wo statt 5 oft nur 1 oder 2 Fruchtbl\u00e4tter vorhanden sind, zuweilen wird es aber auch vermehrt. Die Mannigfaltigkeit in dem Zahlenverh\u00e4ltnisse in den Wirteln und den Gliedern der Bliithen-Wirtel ist bei verschiedenen Pflanzen unendlich grofs, indem sich die typischen Grundzahlen einmal vom Kelche bis zum Frucht-Wirtel gleichbleiben, oder gegen den Mittelpunkt\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nder Bliithe hin zunehmen, oder auch in dieser Richtung abnehmen. Nach der Betrachtung des Zahlengesetzes in der Bliithe kommt die der Stellung der Glieder in den verschiedenen Bliithen-Wirteln. Es heifst: die Glieder der zun\u00e4chst aufeinanderfolgenden Wirtel sind so geordnet, dafs sie mit ein\u00e4nder abwechseln, woraus sich ergiebt, dafs die Stellung eines jeden Blattes in der Bliithe eine gesetzm\u00e4fsige ist. Durch zwei Diagramme werden die allgemeinsten Typen der Bliithe, n\u00e4mlich f\u00fcr die der Monocotyledonen und fiir die der Dico-tyledonen bildlich dargestellt, und Herr v. Martius geht dann zur Betrachtung \u00fcber, wie sich diese Bildung mit dem Hergange in der Blatterzeugung und der Zweigbildung vergleichen lasse, denn es wurde erwiesen, dafs die Bl\u00fcthenbl\u00e4tter nur Bl\u00e4tter und dafs die Bliithe ein verk\u00fcrzter Zweig ist.\nDa die Bl\u00e4tter an dem Stengel entweder entgegengesetzt oder spiralig zu einander gestellt sind, so lassen sich diese beiden Typen auch im Bliithenbildungsprocesse annehmen, n\u00e4mlich die Bildung durch Wirtel und durch Spirale. Der letztere Fall ist der h\u00e4ufigste, und durch Darlegung der Lehre von der Blattstellung wird erwiesen, dafs die Natur auch bei dem Bl\u00fcthenbildungs-Processe nach denselben Gesetzen handelt. Da nun die Bliithe ein verk\u00fcrzter Zweig ist, so k\u00f6nnen die zu einem Wirtel vereinten Bl\u00e4tter nicht immer so neben einander stehen, dafs sie sich nach der Succession einander ber\u00fchren, denn sollte dieses bei einem 5gliedrigen Wirtel der Fall sein, so miifste ein jedes Blatt vom n\u00e4chsten nur den f\u00fcnften Theil des Kreises entfernt sein, w\u00e4hrend sie -J oder J-des Kreises von einander entfernt stehen. Die Ordnung der Bl\u00fcthenbl\u00e4tter wird meistens auch durch die Deckung erkannt, indem n\u00e4mlich diejenigen Bl\u00e4tter die \u00fcberliegenden sind, welche sich zuerst vom Stengel getrennt haben, ganz \u00e4hnlich wie bei der Blattknospe. Wir haben aber schon kennen gelernt, dafs die Glieder an den auf einander folgenden Wirteln der Blume mit einander ab wechseln, und dieses kann man durch die Annahme erkl\u00e4ren, dafs ein anderes Maafs zwischen den einzelnen Wirteln wirksam ist, ein Maafs, welches um die H\u00e4lfte gr\u00f6fser ist, als das, welches zwischen den einzelnen Gliedern einer und derselben Periode herrscht.\nWenn die Zahl der Glieder in den einzelnen Wirteln","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"115\nnicht durch die ganze Bl\u00fcthe hindurch gleich bleibt, so kann man zwei M\u00f6glichkeiten annehmen, um dieses Verhaljnifs zu erkl\u00e4ren? entweder ereignet sich eine Reduction an den Gliedern eines oder mehrerer Wirtel, welche in ihrem Maafse mit den \u00fcbrigen \u00dcbereinkommen, oder die verschiedenen Formationen der Bl\u00fcthe folgen verschiedenen Maafsen. In beiden F\u00e4llen tritt Ungleichheit des Zahlenverh\u00e4ltnisses, und h\u00e4ufig damit verbunden auch Unregelm\u00e4fsigkeit der Form ein; Letztere geht durch ungleiche Ausbreitung und Verl\u00e4ngerung hervor.\nVierte Vorlesung.\nHerr v. Martius sucht in dieser letzten Vorlesung die allgemeinen morphologischen Gesetze, welche im Vorhergehenden entwickelt wurden, auch in speciellen Verh\u00e4ltnissen nachzuweisen; die Verh\u00e4ltnisse des Bl\u00fcthenstandes werden zuerst er\u00f6rtert und dann \u00fcber das Oben und Unten, das Vorn, Hinten, Rechts und Links der Pflanze gehandelt. Specieller wird aber die Zugestaltung des Fruchtblattes zur Frucht nachgewiesen, worauf ich nur hindeuten m\u00f6chte.\nW\u00e4hrend des Druckes dieser Bogen erhielt ich durch die G\u00fcte des Herrn Alexander von Humboldt das angek\u00fcndigte Prachtwerk \u00fcber die Metamorphose der Pflanzen, welches Herr Turpin88) k\u00fcrzlich publicirt hat. Diese Schrift z\u00e4hlt nur 79 Seiten, aber im gr\u00f6fsten Folio-Format und bei sehr kleinem Drucke; drei grofse Kupfertafeln, mit 3, 4 und 5 bezeichnet und von Herrn Turpin selbst gezeichnet, begleiten dieselbe, derentwegen auch wohl das sehr unbequeme gr\u00f6fste Folio-Format gew\u00e4hlt ist.\nSchon aus der lconographia v\u00e9g\u00e9tale kennen wir Herrn Turpin, als einen Botaniker, der \u00fcber die Metamorphose der Pflanze seine eigenen Ansichten hat, welche aber, besonders in Deutschland grofsen Widerstand fanden. In dem vorliegenden Werke hat Herr T. fast eben dieselben Ansichten\n88) Esquisse d\u2019or g an ograp h ie v\u00e9g\u00e9tale, fond\u00e9e sur le principe d\u2019unit\u00e9 de ,composition organique et d\u2019\u00e9volution rayonnante ou cen\u25a0? tri fuge pour servir a prouver l\u2019identit\u00e9 des organes appendiculaire des v\u00e9g\u00e9taux et la M\u00e9tamorphose des plantes de Goethe. Paris 1837. fol\n8 *","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nvon Neuem, nur in einer etwas anderen Form aufgestellt, ohne die vielen gr\u00fcndlichen Einwendungen zu beachten, welche einst Herr E. Meyer im 7ten Bande der Linriaea dagegen gemacht hat.\nAuf der ersten Tafel stellt Herr Turpin eine typische oder ideale Pflanze dar, um die \u201eUnit\u00e9 de composition or-ganiqeso wie die strahlige oder centrifugale Entwickelung und die urspr\u00fcngliche Identit\u00e4t aller appendikul\u00e4ren Theile daran nachzuweisen. Sie zerf\u00e4llt in ein Syst\u00e8me terrestre und in ein Systeme a\u00e9rien, ersteres scheint dem Ref. besonders unvollst\u00e4ndig, obgleich es ganz richtig als eine unmittelbare Fortsetzung des Stammes dargestellt wird. Das Mark des Stammes setzt sich durch die ganze Hauptwurzel bis zu deren Spitze fort, w\u00e4hrend die Nebenwurzeln aus dem Holzk\u00f6rper hervorgehen. Die Achse des Syst\u00e8me a\u00e9rien der idealen Pflanze wird durch den Embryo geschlossen, der in einem Falle mit seiner Wurzelspitze darauf sitzt und in dem zweiten Falle erst vermittelst einer Art von Nabelschnur daran befestigt ist! Auf der zweiten Tafel hat Herr Turpin eine sch\u00f6ne Reihe der ausgezeichnetsten Monstrosit\u00e4ten verschiedener Bl\u00fcthentheile, von denen viele noch ganz neu sein m\u00f6chten, dargestellt und wovon Ref. sp\u00e4ter einige anf\u00fchren wird, ohne der Deutung derselben beizustimmen.\nAuf der letzten Tafel sind drei sch\u00f6ne proliferirende Cen-tifolien-Rosen mit grofser Kunst dargestellt; die Kelchbl\u00e4tter derselben sind in gew\u00f6hnliche Bl\u00e4tter umgewandelt, und aufser-dem wird die allm\u00e4lige Umwandlung des Blumenblattes in Staubf\u00e4den nachgewiesen. Ref. bedauert wegen Mangel an Platz nicht ausf\u00fchrlicher in die Lehre dieses Werkes einge-hen zu k\u00f6nnen, was jedoch im n\u00e4chsten Jahresberichte geschehen soll, wenn sich bis dahin Niemand von meinen Herren Collegen mit dieser Arbeit befafst haben sollte.\nDie gelehrten Arbeiten der Herren L. und A. Bravais89) \u00fcber die Stellung der Bl\u00e4tter haben im vergangenen Jahre grofses Aufsehen erregt, besonders wegen der Verschiedenheit in der Darstellung und den Resultaten von den \u00e4hnlichen Ar-\n88) Essai sur la disposition de feuilles curvise'ri\u00e9es. \u2014 Annal, des scienc. nat. 1837. Part. bot. I. pag. 42 \u2014 120,","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"beiten unserer (leursdien Botaniker. Zu der, in Bezug auf diesen Gegenstand schon vorhandenen Nomemclatur hat man noch verschiedene Ausdr\u00fccke hinzugef\u00fcgt, welche Ref. hier voranschicken mufs. Secund\u00e4re Spirallinien nennen jene Gelehrten die vielfachen parallelen Spiralen, welche durch ihre Vereinigung alle Bl\u00e4tter umfassen k\u00f6nnen; die Zahl der Spiralen wird die sekund\u00e4re Zahl genannt, und die Divergenz, welche zwei auf einander folgende Bl\u00e4tter von einer dieser Spiralen trennt, wird die secund\u00e4re Divergenz genannt; so wird, wenn 8 parallele und gleich weit entfernte Spiralen hinreichen, um alle Bl\u00e4tter- zu umfassen, 8 die secund\u00e4re Zahl dieser Spiralen sein. Unter encyclische Zahl wird die Zahl der Uml\u00e4ufe verstanden, welche f\u00fcr die Grundspirale (spire g\u00e9n\u00e9ratrice) n\u00f6thig sind, um von einem Blatte zu dem folgenden Blatte einer secund\u00e4ren Spirale zu gelangen. Der K\u00fcrze wegen werden die Ausdr\u00fccke Dextrorsum und Sinistrorsum oft durch ihre Anfangsbuchstaben D und S ersetzt, so stellen 2 S ein System von 2 parallelen Spiralen dar, welche alle Bl\u00e4tter umfassen, und von der Rechten zur Linken gehen, 3 D stellen ein System von 3 rechtsgehenden Spiralen dar u. s. w.\nObgleich das Blatt und der Lebensknoten, welcher durch dasselbe besch\u00fctzt wird, zwei sehr verschiedene Organe sind, so werden sie hier doch nicht getrennt, und es wird oft das Wort Einf\u00fcgung gebraucht, welches den Vortheil darbietet, einerseits gleichgut auf das Blatt und auf die verschiedenen Blatt organe angewendet werden zu k\u00f6nnen, welche sind: Schuppe, Bracteen u. s. w., andererseits auf den Lebensknoten und auf die Knospen, Zweige, Stiele u. s. w., welche davon ausgehen. Mutterblatt wird dasjenige Blatt bezeichnet, in dessen Winkel einer dieser genannten Theiie entstanden ist. Schliefslich theilen die Herren Bravais die Bl\u00e4tter in 2 verschiedene Gruppen: 1) krummreihige Bl\u00e4tter, welche auf allen Seiten nach Spirallinien geordnet sind, und welche niemals vertikale Reihen bilden, indem sich jedes durchaus allein auf der Vertikallinie befindet, welche es enth\u00e4lt. 2) In geraderei-hige Bl\u00e4tter, welche Reihen bilden k\u00f6nnen, die der Achse des Stengels parallel laufen.\nDie Abhandlung zerf\u00e4llt in 2 Kapitel; in dem ersteren","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nwerden die geometrischen Gesetze der Spiralen entwickelt, und in dem zweiten die Stellung der krummreihigen Bl\u00e4tter er\u00f6rtert, beide sind von solchem Umfange und gehen \u00fcberall so in das Specielle ein, dafs wir uns hier mit der Mittheilung der Resultate begn\u00fcgen m\u00fcssen, welche die Herren selbst aus ihren Untersuchungen gezogen haben.\nIm Anf\u00e4nge des ersteren Kapitels werden zur genauen Er\u00f6rterung der Frage \u00fcber die vielfachen Spiralen die Voraussetzungen aufgestellt: der Ort der Insertionen bildet einen Cylinder; die secund\u00e4ren Spiralen sind geometrische Sclmek-kenlinien und diese Schneckenlinien sind alle unter sich parallel und gleichweit auseinanderstehend. In dem Resume heifst es ferner, dafs es sich oft ereignet, dafs die Spiralen einer Anh\u00e4ufung von Bl\u00e4ttern oder Lebensknoten sich zu gleicher Zeit in verschiedenen Theilen dieser Anh\u00e4ufung erh\u00f6hen oder niederdr\u00fccken, und dafs in Folge dessen sie aufh\u00f6ren Spirallinien in der strengsten Bedeutung des Wortes zu sein. Doch diese Einrichtung k\u00f6nne doch wohl nicht die allgemeinen Resultate entkr\u00e4ften?\nEs ist ganz gewifs, dafs eine unbekannte Ursache zuweilen mehr oder weniger die Gleichheit der auf einander folgenden Internodien st\u00f6rt; wodurch aber doch noch nicht die Divergenz gest\u00f6rt wird. So wie die gedr\u00fccktesten Spiralen, z. B. die Grundspiralen, am g\u00fcnstigsten eingerichtet sind, um uns durch ihre Biegungen die geringste Variation in den vertikalen H\u00f6hen der Einf\u00fcgungen w\u00fcrdigen zu lassen, eben so werden auch die h\u00f6chsten Schneckenwindungen diejenigen, welche sich am meisten der Verticallinie n\u00e4hern, die sich in ganz umgekehrten Verh\u00e4ltnissen befinden, welche am g\u00fcnstigsten gelegen sind, um uns die geringste Variation in den secund\u00e4ren Divergenzen w\u00fcrdigen zu lassen, indem diese Variationen von verschiedener Natur in jedem der beiden F\u00e4lle stattfinden, zufolge einer Linie, welche der Spirallinie fast perpendikul\u00e4r ist. Nur finden wir als eine best\u00e4ndige Thatsache die Beobachtung, dafs je mehr die Spiralen von einer h\u00f6heren Ordnung sind, desto regelm\u00e4fsiger werden ihre Formen und Richtungen. \u2019Wenn eine Einf\u00fcgung zu sehr rechts oder zu sehr links ausgetrieben ist, durch irgend eine nachtheilige Ver\u00e4nderung der vegetativen Kraft, so ist es eine lokale Thatsache,","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"eine scheinbare Abweichung von dem Gesetz, und die folgenden Einf\u00fcgungen nehmen im Allgemeinen an dieser Verr\u00fcckung keinen Th eil. Nehmen wir nun an, dafs der Ort der Einf\u00fcgung nicht mehr ein Cylinder sei, sondern eine konische Fl\u00e4che, was auch der Natur gem\u00e4fser ist, so werden die secundaren Spiralen zu archimedischen Spirallinien auf der Aufrollungs-fl\u00e4che werden. Es wird sich aber auch ereignen k\u00f6nnen, dafs die Spiralen nicht genau dem oben ausgedr\u00fcckten Gesetze dei Schneckenlinie folgen, dafs sie entweder zu hoch oder zu tief in verschiedenen Theilen ihres Verlaufes sind. Es wird sich mit dieser gew\u00f6hnlich nicht sehr betr\u00e4chtlichen Beugung eben so verhalten, wie mit der, von welcher fr\u00fcher f\u00fcr den hall des Cylinders gehandelt wurde, und man wird noch in Allem berechtigt sein, auf die Best\u00e4ndigkeit der erzeugenden Divergenz nach der der secundaren Divergenz zu schliefsen. Endlich in den allgemeinen F\u00e4llen, wo der Ort der Einf\u00fcgung- irgend eine kegelartige Fl\u00e4che bildet, hindert nichts ihn als ge-theilt in horizontale Scheiben zu denken, wovon eine jede verschiedenen Kegeln angeh\u00f6ren w\u00fcrde, und unsere Resultate, welche f\u00fcr jeden Schnitt im Besonderen bestehen, m\u00fcssen auch f\u00fcr das Ganze bestehen.\nWas den Parallelismns und die Gleichst\u00e4ndigkeit der se-cund\u00e4ren Spiralen unter sich anbetrifft, so ist es eine Voraussetzung, welche durch direkte Beobachtung der Pflanze hinreichend deutlich gemacht wird; sie wird gelegentlich nur durch dieselbe Kraft ver\u00e4ndert, welche zuweilen die normale H\u00f6he der Einf\u00fcgung st\u00f6rt, doch so wie man die normale H\u00f6he wieder herstellt, erscheint auch der Parallelismus wieder.\nMan kann also die Resultate (der vorangehende Paragraphen n\u00e4mlich!) als allgemein und von der geometrischen Form des Ortes der Einf\u00fcgung und selbst von der Regelm\u00e4fsigkeit der secund\u00e4ren Spiralen unabh\u00e4ngig betrachten.\nDie Drehung des Stengels darf aber auch nicht mehr vernachl\u00e4ssigt werden; bald findet-sie nach der entgegengesetzten Seite der Grundspirale statt, und dann vermindert sie scheinbar ihre Divergenz, bald wird sie nach derselben Seite hingelenkt und dann wird die Grund-Divergenz noch vermehrt. Diese Kraft bringt selten, wie die Herren B. glauben, kr\u00e4ftige Wirkung hervor, aber nichts desto weniger ist sie wichtig, um","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nin allen Fallen, wo sie m\u00f6glich ist, Rechenschaft von dieser Ursache des Irrthums zu geben.\nDas zweite Capitel dieser Abhandlung der Herren Bravais enth\u00e4lt die specielle Betrachtung aller der F\u00e4lle, welche die krummreihig gestellten Bl\u00e4tter aufzuweisen haben, worauf Ref. den geneigten Leser verweisen iriufs. Die Hauptresultate dieser Arbeit sind jedoch folgende:\n1)\tWenn eine Anh\u00e4ufung (aggregation) mehrfache Spirale zeigt, deren secund\u00e4re Zahl die ersten unter sich sind, so sind die Einf\u00fcgungen auf eine einzige Grundspirale angeordnet, und werden unter sich durch eine best\u00e4ndige Divergenz von dem einen Ende der Grundspirale bis zum anderen getrennt.\n2)\tWenn die secund\u00e4ren Zahlen 2, 3 und 4 zum gemeinschaftlichen Divisor haben, so sind die Einf\u00fcgungen winkelf\u00f6rmig von 2, 3 und 4 Bl\u00e4tter angeordnet, und die Winkel durchkreuzen sich unter einander von dem einen Ende der Aggregation bis zum anderen.\n3)\tBei dem gr\u00f6fseren Theile der Pflanzen mit alterniren-der Einf\u00fcgung ist die Divergenz der Grundspirale ein irrati one lier Winkel gleich 137\u00b0 30' 28', welche nichts Anderes ist, als ein kleines Segment des Umfangs, eingetheilt in mittleres und \u00e4ufserstes Verh\u00e4ltnifs; dieser Winkel entspricht der Reihe 1, 2, 3, 5, 8, 13 etc.\n4)\tEs k\u00f6nnen auch andere, viel seltnere Anordnungen statt finden, in welchen die Divergenz, immer irrationell, gleich sein kann, zu 99\u00b0 30' 60\", und entsprechen der Reihe 1, 3, 4? 7, 11 etc.; zu 77\u00b0 57' 19\" und entsprechen der Reihe 1, 4, 5, 9 etc.; zu 1510 8' 8\" und entsprechen der Reihe 2, 5, 7, 12 etc.\n5)\tDie Best\u00e4ndigkeit eines jeden dieser Winkel wird nicht ver\u00e4ndert, wenigstens in ihrem mittlerem Werthe, durch die Ungleichheit in der H\u00f6he des darauf folgenden Internodium\u2019s und durch die anderen lokalen Ursachen der St\u00f6rung.\n6)\tDie Einf\u00fcgungen k\u00f6nnen falsche Winkel darstellen, wenn sie sich zu zwei und zwei, oder zu drei und drei in gleicher H\u00f6he des Stengels gruppiren.\n7)\tDie Grundspirale verl\u00e4ngert sich bis zum unterirdischen","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"121\nStengel, stets dieselbe unver\u00e4nderliche Divergenz beibehaltend, und zuweilen sogar bis in die Organe der Bl\u00fcthe.\n8)\tDie Seite der Spirale scheint im Allgemeinen indifferent auf den Centralstengel und auf den Ast; sie scheint ohne bestimmtere Beziehung auf der Aufrollungsseite der sich windenden Stengel zu sein, oder mit der Drehung der Fasern um sich selbst; aber an den Aesten wird diese Seite durch die Stellung ihres ersten Blattes zur Rechten oder zur Linken des Mutterblattes bestimmt.\n9)\tAlle die aufgef\u00fchrten Reihen k\u00f6nnen zu zweijochigen, mehr oder weniger seiteneu Systemen Veranlassung geben, welche sich \u00f6fters an Pflanzen mit entgegengesetzten Stengelbl\u00e4ttern darstellen werden. Diesem entsprechend, kann auch das gew\u00f6hnliche System Gelegenheit zu dreijochigen Zusammenstellungen geben.\n10)\tDas Ph\u00e4nomen der Convergenz zweier Spiralen in eine einzige, ist durch das theilweise Fehlschlagen der einen dieser Spiralen zu erkl\u00e4ren, oder auch, wenn man will, durch Zusammenfliefsen beider Spiralen in eine; eine ganze Reihe kann auch vollkommen abortiren, und diese Wahrnehmung macht die Existenz der meisten r\u00fccklaufenden Reihen, welche nicht in die genannten hineinzupassen scheinen, sehr zweifelhaft.\nEin zweites Memoire der Herren Bravais 90) handelt \u00fcber die symmetrische Anordnung (Ter Inflorescenzen ; eine Arbeit, welche noch umfangreicher als erstere ist. Des beschr\u00e4nkten Raumes wegen, kann Ref. auch von dieser Arbeit nur das Resume mittheilen, welches die Herren Bravais an dem Schl\u00fcsse der einzelnen Paragraphen dargestellt haben, glaubend, dafs auf diese Weise am besten die Resultate hervortreten, welche die Verfasser jener m\u00fchsamen Arbeit daraus ziehen zu k\u00f6nnen glauben.\nIn Bezug auf die Untersuchungen \u00fcber die einknotige Afterdolde der Monocotyledonen stellt sich folgendes Resume:\n1) Die einknotige Afterdolde ist der Typus der Afterdolden, welche die Monocotyledonen darbieten.\n90) Essai sur la disposition symm\u00e9trique de inflorescences. \u2014 An-nat. des sciens. nat. 1834. Part. bot. I. pag. 193 \u2014 221, 291 \u2014 348. II. pag. 11 \u2014 42.","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\n2)\tDer Stiel einer jeden BHithe ist alsdann mit einer einzigen Bractee versehen, welehe geneigt ist, fehlzuschlagen, woraus dann ein zweiter Blumenstiel entsteht oder doch entstehen kann.\n3)\tDiese Bractee zeigt die spirale Stellung der Blumenstiele an.\n4)\tDie Afterdolde kann sein schneckenf\u00f6rmig, scorpions-schwanzf\u00f6rmig oder zweizeilig, je nachdem die Bl\u00fcthenstiele ho-modrom oder antidrom oder zweizeilig sind.\n5)\tSie kann sein verl\u00e4ngert oder zusammengezogen, je nach dem Zustande des falschen Gliedes, mit sitzenden Blumen oder mit gestielten, einfach oder doppelt, indem dieser letztere Fall statt findet, wenn sie bei ihrer Entstehung gabelf\u00f6rmig verzweigt waren.\n6)\tSie k\u00f6nnen endst\u00e4ndig oder achselst\u00e4ndig sein und in dem zweiten Falle ist der Bliithenstand ein Thyrsus; jedoch haben wir noch kein Beispiel von der terminalen Afterdolde unter scorpionsschwanzf\u00f6rmigen.\n7)\tDie beiden H\u00e4lften der schneckenf\u00f6rmigen doppelten Afterdolde sind homodrom.\n8)\tDie scorpionsschwanzf\u00f6rmigen doppelten Afterdolden scheinen im Gegentheil ihre ersten Blumenstiele antidromisch unter sich zu haben.\nAus den Paragraphen \u00fcber die Afterbl\u00e4tter der dicotyledo-nischen Bliithen sind folgende Resultate gezogen:\n1)\tBei der gr\u00f6fsten Anzahl von dicotyledonischen Bliithen sind die Blumenstiele mit 2 Afterbl\u00e4ttern versehen, welche bald\n.entwickelt sind, bald mehr oder weniger fehlgeschlagen.\n2)\tDiese beiden Bracteen sind am h\u00e4ufigsten die ersten Bl\u00e4tter einer Spirale, welche von dem Mutterblatte ausgeht, und sich mit den Kelchbl\u00e4ttern fortsetzt; und wenn sie zu ungleicher H\u00f6he eingef\u00fcgt sind, so reicht der Umstand hin um anzuzeigen, ob der Blumenstiel rechtsl\u00e4ufig oder linksl\u00e4ufig ist.\n3)\tIn den Kelchen mit freien Bl\u00e4ttchen, ist es oft leicht, die Kelch-Spirale zu erkennen und aus ihrer Aestivation kommt man dahin, auf\u2019die Seite der Blumenstiel-Spirale zu schliefsen.\n4)\tBei den Leguminosen ist das erste Kelchbl\u00e4ttchen mehr","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"123\nder Mittellinie n\u00e4her, als gew\u00f6hnlich, welches die Form der Bliithe modificirt, ohne ihre allgemeinen Organisations-Verh\u00e4ltnisse zu st\u00f6ren.\n6)\tDie beiden Bracteen k\u00f6nnen entgegengesetzt gekreuzt sein, sie k\u00f6nnen auch nicht vorhanden sein.\nIm 5. und 6. Paragraphen wird die schneckenf\u00f6rmige und die scorpionsschwanzf\u00f6rmige unipare Afterdolde abgehandelt und schliefslich folgender summarischer Inhalt mitgetheilt:\n1)\tDie unipare zweiknotige Afterdolde ist bei den Dico tyledonen gew\u00f6hnlich.\n2)\tZu den oberen Bracteen geh\u00f6rt oder scheint zu geh\u00f6ren der Fruchtknoten.\n3)\tDiese Afterdolde kann sein schneckenf\u00f6rmig und scor-pionsschwanzf\u00f6rmig, je nachdem die Bl\u00fcthenstiele homotropisch oder heterotropisch sind; sie ist zweizeilig, wenn die zweizeilige Ordnung bei den Blumenstielen herrscht.\n4)\tSie kann wiederum verl\u00e4ngert und auch zusammengezogen sein, je nach dem Zustande des falschen Gliedes; sitzend oder gestielt, mit sitzenden oder mit gestielten Bliithen, einfach oder doppelt.\n5)\tSie kann sein axill\u00e4r oder terminal; in dem letzteren Falle kann man sie betrachten als gebildet aus einer oder aus zwei partiellen axill\u00e4ren Afterdolden oder aus einer terminalen axill\u00e4ren Bliithe.\n6)\tIn einer scorpionsschwanzf\u00f6rmigen Afterdolde haben die Aestivationen der Bliithen jeder Reihe ein festes Verh\u00e4ltnifs, welches geeignet ist, die Natur der Afterdolde anzuzeigen.\n7)\tDas Aufgerolltsein ist eine n\u00f6thige Folge des axill\u00e4ren Winkels.\n8)\tDie Bl\u00fcthenreihen sind den Reihen der fruchtbaren Bracteen organisch entgegengesetzt, aber die excentrische Ungleichheit n\u00e4hert sie, und entfernt im Gegentheil die Letzteren von einander.\n9)\tDie zweite Bractee ist h\u00e4ufig sehr klein gegen die fruchttragenden Bracteen, oft schl\u00e4gt sie fehl; auch k\u00f6nnen beide abortiren.\n10)\tDie Mutterbractee verw\u00e4chst auch sehr oft mit ihrem axill\u00e4ren Bl\u00fcthenstiele.\n11)\tDie Zahl der Bliithen ist oft ver\u00e4nderlich; sie ver-","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nmindert sich oben an dem Thyrsus, und die Afterdolde kann wieder einbliithig werden.\n12)\tDie Bliithenstengel haben zuweilen eine Drehung nach der Seite der secund\u00e4ren Divergenz der fruchttragenden Brac-teen; die Drehung giebt daher Veranlassung, die Ebenen der Bl\u00fcthen-Symmetrie auf.den Parallelismus zuriickzufiihren.\n13)\tEs kann unter dem Bl\u00fcthenstiele noch ein accessori-scher Ast entstehen, analog dem Centralstengel : es kann ein Ast entstehen, analog der Achsel der ersten Bractee.\n14)\tDie zuf\u00e4lligen Ausnahmen von den vorhergehenden Regeln zeigen sich bald hier bald dort, die Pflanzen, an welchen diese Ausnahme constant ist, sind jedoch sehr selten.\nDas Resume der 4 folgenden Paragraphen lautet:\n1)\tDie zweigliedrige (hipare) Afterdolde ist wesentlich absteigend oder aufsteigend; die beiden Modificationen scheinen nicht zugleich in einer und derselben nat\u00fcrlichen Gruppe (tribu) angetroffen zu werden.\n2)\tDie zweigliedrige Afterdolde ist gerade oder verkehrt.\n3)\tDer zweigliedrigen Afterdolde gelingt es oft, auf ihren letzten Aestcn eingliedrig zu werden. Die absteigende gerade Afterdolde und die aufsteigende verkehrte gehen dadurch in scorpionsschwanzartigen Zustand \u00fcber. Die absteigende verkehrte und die aufsteigende gerade Afterdolde gehen im Ge-gentheil in den schneckenartigen Zustand \u00fcber.\n4)\tDie eingliedrige doppelte Afterdolde ist ein besonderer Fall dieser Modificationen.\n5)\tDie Centralblume einer doppelten s cor pionsschwan z f\u00f6rmigen Afterdolde geh\u00f6rt der concentrischen Reihe an, die dem Mutterblatte am n\u00e4chsten steht.\n6)\tDie beiden partiellen axill\u00e4ren Afterdolden einer doppelten terminalen Afterdolde fangen mit unter sich gleichl\u00e4ufigen Bliithenstengeln an. Bei den Borragineen ist es der letzte Knoten, welcher den gleichl\u00e4ufigen Bl\u00fcthenstengel giebt.\n7)\tDie Stellung des terminalen Bl\u00fcthenstielchen bei der gabelf\u00f6rmigen Verzweigung ist durch den Werth der comple-mentaren Divergenz bestimmt und durch den, mehr oder weniger excentrischen Zustand der gleichlaufenden Bl\u00fcthenstiele.\n8)\tDie gerade aufsteigende Afterdolde ist nicht selten in der Familie der Apocyneen und Poleraoniacecn.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"125\n9)\tDie ansteigende verkehrte Afterdolde scheint der Familie der Ranunculaceen zu characterisiren. Mehrere Ranunculus-Arten machen unter den dicotvledonen Pflanzen durch ihre einknotige Afterdolde eine Ausnahme.\n10)\tDie rechtwinklichte Afterdolde Qcime ortho gone) ist gew\u00f6hnlich zweigliedrig, aberzuweilen kann sie eingliedrig sein.\n11)\tDie dreiknotige Afterdolde ist oft nichts als eine Variation der zweiknotigeil, worin ein Knoten, der \u00fcber dem zweiten liegt und mit ihm verschiedenl\u00e4ufig ist, der Terminal-bl\u00fcthe vorangehen w\u00fcrde.\nIn Paragraph 11, 12 und 13 wird die vielknotige Afterdolde und die seriale Afterdolde abgehandelt, so wie die Art der Afterdolde f\u00fcr die haupts\u00e4chlichsten nat\u00fcrlichen Familien aufgez\u00e4hlt und schliefslich nachstehende Folgerungen angezeigt werden :\n1)\tDie Nebenknospe, welche zwischen einem Aste und seinem Mutterblatte entstanden ist, w\u00e4chst aus diesem Aste auf dieselbe Weise hervor, wie dieser aus dem Centralstamme, und ihre Grundspirale hat dasselbe Mittelblatt zum Ausgangspunkte.\n2)\tDie anderen unteren Nebenknospen wachsen ebenso, die einen aus den anderen; dasselbe Blatt dient ihnen zum Mutterblatte.\n3)\tDie Knospe, welche zwischen dem Aste und dem Mutterblatte entstanden ist, kann aus einem Lebensknoten hervorgehen, welcher an der Basis des Astes sitzt und normal entgegengesetzt ist demjenigen des Blattwinkels; oder auch der Ast ist der Knospe accessorisch, indem dieser mehr oder weniger station\u00e4r bleibt oder abortirt.\n4)\tDie Centralachse des Hauptastes und der Neben\u00e4ste k\u00f6nnen verschiedentlich unter sich verwachsen.\n5)\tDie seriale Afterdolde besteht aus so \u00fcbereinandergestellten Bl\u00fcthenstielen; wenn diese unfruchtbare Lebensknoten haben, so ist die seriale Afterdolde einfach, im entgegen-Falle ist sie zusammengesetzt.\n6)\tDer accessorische Bl\u00fcthenstiel hat immer wenigstens eben so viele Lebensknoten unter seiner Bliithe, als die Blii-thenstengel, welche aus dem ersten und zweiten Knoten des Central-Bl\u00fcthenstengels entstanden sind, unter der ihrigen haben; wenn die Zahl der Knoten sehr bedeutend wird, so","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nkann sie betrachtet werden als ein Bl\u00e4tter-Ast (rameau \u00e0 feuilles).\n7) Die mehrfachen axillaren Embryonen wachsen mittelbar oder unmittelbar aus einem central-axillaren Embryo hervor; dieser letztere ist einzeln in dem Blattwinkel.\nIn den Paragraphen 14, 15 und 16 endlich, sind der Thyrsus, das Sirmentide und die Gesetze der Homodromie und der Antidromie er\u00f6rtert, woraus folgende Resultate hervorgehen.\n1)\tWenn die aufeinander folgenden Achsen der centri-fugalen Inflorescenz eine kleine Anzahl von Seitenknoten haben, gew\u00f6hnlich ,2 oder 4, so ist der zweite Knoten anti-dromisch\\ mit dem ersteren, der dritte mit dem zweiten, der vierte mit dem dritten, und so fort; diese Antidromien sind um so weniger feststehend, als man zu Axillarknospen gelangt, deren Ordnungszahl weit h\u00f6her ist.\n2)\tHieraus gehen 2 bestimmte Stellungen hervor, jenach-dem der erstere Knoten homodromisch oder antidromisch ist. Durch diese beiden Arten theilen sich die Pflanzen in 2 ungleiche, im Allgemeinen sehr nat\u00fcrliche Gruppen, aber sie k\u00f6nnen auch in sehr verwandten Pflanzen angetroffen werden, oder selbst in einer und derselben nach den Umst\u00e4nden der Vegetation.\n3)\tDie vegetative Ver\u00e4stelung bietet kein allgemeines Gesetz dar, welches dem Vorhergehenden \u00e4hnlich w\u00e4re, aber in den seltenen F\u00e4llen, in welchen sich einige Bestimmtheit in der Ordnung der Spirale findet, bestimmen die vorhergehenden Gesetze die Ordnung der ersteren Knoten und man mufs ihnen die drei folgenden hinzuf\u00fcgen. 3a) Die entgegengesetzten Knospen scheinen unter sich antidromisch; vielleicht ist das erstere Gesetz nur eine Zugabe von diesem. 3b) Die aufeinanderfolgenden zweizeilgen Knospen sind unter sich antidromisch, oft einseitig ausgestofsen. 3C) Auf den alter-nirenden krumreihigen Achsen, in einer hinreichend bedeutenden Entfernung von den ersteren Knoten, streben die Knospen unter sich homodromisch zu werden, bald homodromisch, bald antidromisch zum Centralstengel.\n4)\tDie accessorisehen Knospen sind am \u00f6ftersten antidromisch mit demjenigen, welcher denselben unmittelbar dar\u00fcber","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"127\nstellt : diese Regel ist weniger einer Ausnahme unterworfen, indem die Knospen Bl\u00fcthenstiele haben die mit einer kleinen Zahl von Knoten versehen sind.\n5) Die rechtl\u00e4ufigen accessorischen Knospen treten gew\u00f6hnlich rechts aus, und die linksl\u00e4ufigen links ; dieselbe Wirkung wird zuweilen auch bei nicht accessorischen Knospen hervorgebracht.\t;\nSchliefslich mufs Ref. um Nachsicht bitten, wenn er verschiedene Ausdr\u00fccke nicht dem Sinne der Herrn Bravais entsprechend wiedergegeben hat, denn er gesteht es frei heraus, dafs ihm Vieles von dem Inhalte jener grofsen Arbeiten sehr unklar geblieben ist, und wie man sagt, geht es vielen anderen Botanikern ebenso.\nBesondere Freude mufs es den Deutschen machen, dafs die Herren Ch. Martins und A. Bravais91) in einer besonderen Abhandlung die Resultate der Untersuchungen dargestellt haben, welche die Herren Schimper und Alex. Braun aus ihren Arbeiten \u00fcber die Blattstellung der Pflanzen bekannt gemacht haben.\nHerr Zuccarini 92) hat eine sehr interessante Abhandlung \u00fcber die Blatt- und Knospen-Bildung bei den Cact\u00e9en geliefert, welche einen grofsen Schatz positiver Beobachtungen enth\u00e4lt; es ist diese Arbeit um so erw\u00fcnschter, da wir neuerlichst diese Familie von Pflanzen auch in systematischer Hinsicht so vollst\u00e4ndig bearbeitet erhalten haben. Die Cacteen sind, sagt Hr. Z., entweder mit wirklichen Bl\u00e4ttern (Peireskia) oder deren Rudimenten (Opuntia, Rhipsalis, Epiphyllum, Hariota, Lepismiwn, viele Cerei) versehen, oder wirklich blattlos \u00c7Mammillaria, Melocactus, Echinocactus, die \u00fcbrigen Cerei). Aus den Achseln der Bl\u00e4tter, oder wo diese fehlen, an denjenigen Orten, welche ihnen nach den Gesetzen der Blattstellung zukommen, entwickeln sich mannigfach gestaltete Dornb\u00fcschel, welche man, der Analogie gem\u00e4fs, f\u00fcr Knospen und die Dornen f\u00fcr Dornschuppen halten kann. Bei den Pei-\n91)\tR\u00e9sum\u00e9 des travaux de M. M. Schimper et Braun sur la disposition spirale des organes appendiculaires. \u2014 Ann. des sciens. nat. 1837. Part. bot. II. p. i 61 \u2014182.\n92)\tKnospen und Bl\u00e4tter der Cacteen. \u2014 Allgemeime Garten-Zeitung von Otto und Dietrich. Nro.25. 1837.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nreskien, wo allein wirkliche Bl\u00e4tter Vorkommen, ist der Blatte Stiel von der Blattfl\u00e4che getrennt und wird regelm\u00e4fsig abge-stofsen. Bei den Opuntien sind die Bt\u00e4tter nur stielrunde, ungegliederte, spitzige oder stumpfe Gebilde, eigentlich nur Blattrudimente, welche allm\u00e4lig vertrockenen. Bei Rhipsalis, Epiphyllum u. s. w. sind es nur kleine, angedr\u00fcckte, am Rande gewimperte Sch\u00fcppchen, welche sp\u00e4ter ebenfalls vertrockenen. Die Ausbildung des Blattkissens (pulvinus) steht dagegen mit dem Auftreten der Bl\u00e4tter bei den Cacteen im umgekehrten Verh\u00e4ltnisse; sie ist also bei den Peireskien fast unkenntlich, tritt dagegen sehr auffallend hervor, wo alle Blattbildung fehlt. Die Mammillen und Stengelkanten h\u00e4lt Hr. Z. fiir Entwickelungen des Blattkissens bei unterdr\u00fcckter Blattbildung.\nDie Dornen oder Stachelb\u00fcschel stehen in oder etwas \u00fcber der Achsel der Bl\u00e4tter, m\u00f6gen diese Vorkommen oder fehlen; im letzteren Falle erkennt man es aus der den Bl\u00e4ttern eigenen spiralen Anordnung. An dem Skelette der Opuntien kann man auch deutlich bemerken, dafs die Ilolzb\u00fcndel zu den Dornb\u00fcscheln ganz in derselben Art verlaufen, wie zu den Knospen anderer Pflanzen. Auch wird auf Barleria lupulina, eine Acanthacee, aufmerksam gemacht, wo ganz \u00e4hnliche dornige Knospen neben gew\u00f6hnlichen Vorkommen. Die Syngenesisten haben aber noch viele solche F\u00e4lle aufzuweisen.\nDie Dornen der Cacteen, welche man also als metamor-phosirte Bracfeen zu betrachten hat, sind nie hohl, sondern stets solide und von festem hornartigem Gef\u00fcge. Sie sind glatt oder fein und weich behaart. Bei Opuntia exuviata, iuni-cata ii. s. w.) l\u00f6st sich die obere Zellenschicht vom Grunde des Domes an ab und bedeckt denselben als eine leicht abziehbare Scheide. Die Dornen wachsen oft viele Jahre hindurch, jedesmal an der Basis etwas vorschiebend, wobei der neugetriebene Theil leicht erkennbar ist. Bei vielen Cereen, Opuntien und Peireskien vergr\u00f6fsert sich die Zahl Her Dornen in jedem B\u00fcschel mit dem Alter, indem j\u00e4hrlich neue aus der Mitte hervorsprossen. Bei einigen, besonders bei Echinocacten ist oft noch ein Mitteldorn vorhanden, welcher das Wachsthum abzuschliefsen scheint, und bei diesem ist auch","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"429\ndie Zahl der Dornen fast durchg\u00e4ngig constant, sobald die Pflanze ausgewachsen ist. Die Dornen sind in den B\u00fcscheln nicht immer kreisf\u00f6rmig gestellt, sondern bei den Echinocac-ten mit scharfen Kanten stehen sie in Form einer langgezo-genen Ellipse, an deren oberen Ende allm\u00e4lig die letzten Dornen und endlich die Bl\u00fcthen zum Vorschein kommen. Die Bliithen und Holztriebe kommen fast immer oberhalb des Dorn-biischels zum Vorschein, werden also von diesen nicht ringsumher umgeben, was selbst bei Mammillaria prolif\u00e9ra der Fall ist. Die Dornb\u00fcschel der Mammillarien treiben gew\u00f6hnlich weder Bl\u00fcthen noch Zweige, und schlagen also mit Ausnahme weniger Arten (Mammillaria vivipara, parvimamma), welche aus den Mamillen sprossen aber nicht bl\u00fchen, constant fehl, dagegen treten bei den Mamillarien aus dem Stamme, dicht oberhalb des Blattkissens die Bl\u00fcthen hervor. Es treten hier also sterile oder abortirende Knospen und Holz- und Bliithenknospen auf dem Stamme auf, und Hr. Z. weist noch, dafs diese doppelte Knospenbildung ja auch bei anderen Pflanzen bekannt ist.\nEine sehr ausf\u00fchrliche Abhandlung \u00fcber die Natur des Stengels in physiologischer und morphologischer Hinsicht haben wir von Herrn J. Wttewaall 93) erhalten. D e Arbeit zerf\u00e4llt in vier Abschnitte, der erste handelt von der Entwickelung des einj\u00e4hrigen Stengels, der zweite von dem ferneren Wachsthume des Stengels; der dritte von dem unterirdischen Stengel und der vierte von dem Unterschiede zwischen Wurzel und Stengel; sie sind s\u00e4mmtlich mit grofser Sachkenntnis und literarischer Umsicht geschrieben und werden ferneren Bearbeitern der Morphologie der Gew\u00e4chse von sehr grofsem Nutzen sein. Bei der Betrachtung der Entwickelung des einj\u00e4hrigen Stengels geht Hr. W. von einer Ansicht aus, welche auch bei uns in Deutschland sehr beliebt ist, n\u00e4mlich von der Zusammensetzung des Cauliculus aus den verwachsenen Blattstielen der Cotyledonen, eine Ansicht, welche durch wirkliche Beobachtung der Entwickelung jener einzelnen Theile durchaus ganz beseitigt wird. Man wird nun frei-\n93) Jets over het ontstaan, den groei, en de, vormveranderin-geu van den Stengel. \u2014 Tijdschrift voor natuurlijke geschiedenis an physiologie. Vierde Deel. 2e steek. 1837. p. 42 \u2014 105.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nlieh die Einwendung machen, dafs ich den Beweis hiezu noch schuldig bin, indessen ich verspreche denselben rocht bald zu f\u00fchren, auch ist derselbe zum Theil schon in den neueren\nArbeiten des Herrn Schleiden gegeben worden.\nWas Hr. W. f\u00fcr den Cauliculus annahm, soll auch f\u00fcr die einzelnen Internodien des Stengels gelten, denn jedes derselben soll aus den verwachsen gebliebenen Blattstielen der h\u00f6her freiwerdenden Bl\u00e4tter entstanden sein. Die Unhaltbarkeit dieser Angaben wird schon hinreichend durch die Beobachtung \u00fcber die Vertheilung der Holzbiindel des Stengels und deren Abgang zu den wirklichen Bl\u00e4ttern nachgewiesen, doch man mufs hiebei den jungen und den alten Stengel untersuchen, und zwar gleich von seinem Hervortreten zwischen den Cotyledonen an bis zur Bliithe u. s. w. Aber auch die Entwickelungs-Geschichte des Stengels und der daraus hervorsprossenden Bl\u00e4tter, welche hier stets auf \u00e4hnliche Weise wie bei der Bildung der Cotyledonen erfolgt, wiederlegt jene Grundansicht der Herrn Wttewaall, auf welche derselbe die ganze Entwickelungs-Geschichte des Stengels gegr\u00fcndet hat. Der Gegenstand ist ziemlich in derselben Weise behandelt, wie wir \u201cdenselben aus Herrn E. Meyer\u2019s ber\u00fchmten Abband-lung im 7len Bande der Linnaea kennen.\nln der zweiten Abhandlung: Ueber das fernere Wachsen des Stengels, zeit Herr Wttewaall ebenfalls die gr\u00f6fste Umsicht und Bekanntschaft mit der Literatur \u00fcber diesen Gegenstand, doch h\u00e4lt er sich mehr auf der Seite der franz\u00f6sischen Physiologie. Besondere Beachtung verdient die dritte Abtheilung, worin \u00fcber den unterirdischen Stengel gehandelt wird. Der unterirdische Stengel kommt sowohl bei krautartigen Pflanzen, als bei Str\u00e4uchern und B\u00e4umen vor; er ist d\u00fcnner als der Luftstengel und die Bl\u00e4tter desselben treten in Form von rudiment\u00e4ren Schuppen auf, welche dieselbe Stellung haben wie die Bl\u00e4tter am Luftstengel. Ist dieser mit Streifen von den \u00fcbriggebliebenen Blattstielen, wie Herr W. sagt, versehen, so finden sich dieselben auch am unterirdischen Stengel. Wahre unterirdische Stengel findet man C\u00f6rchorus olitorius L. Spiraea sorbifolia, Syringa, Rosa, Clethra alnifolia, wo sie noch unl\u00e4ngst f\u00fcr wahre Wurzeln gehalten worden sind. Obgleich auch die kriechende Wurzel von B\u00e4umen","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"131\nund Str\u00e4uchern die Eigenschaft besitzt, unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden Knospen zu entwickeln, so ist dieses doch in weit h\u00f6herem Grade dem unterirdischen Stengel eigen, denn alle Schuppen desselben haben Knospen in ihren Achseln. Nicht selten findet man bei genannten Baumarten einige, deren St\u00e4mme mit Ausl\u00e4ufern umgeben sind, w\u00e4hrend andere keine zeigen, die erstereri scheinen durch Stecklinge, die letzteren durch Saamen gezogen zu sein.\nDer unterirdische krautartige Stengel weicht viel mehr von dem Luftstengel ab, als es bei dem vorhergenannten holzartigen der Fall war; es werden hiezu die Aiiamorphosen des Stengels gerechnet, welche man unter Rhizom, Radix vepens, Bulbus, Tuber u. s. w. bisher beschrieben hat. Herr W. stellt 3 Arten dieses unterirdischen kr\u00e4utartigen Stengels auf, bei der ersten Art nimmt der kriechende Stengel nicht in der Dicke zu; bei der zweiten verdickt er sich, und bei der dritten ist der Stengel aufrecht gestellt. Auch macht Herr W. darauf aufmerksam, wie zuweilen bei dem unterirdischen Stengel die Endknospe horizontal weiter w\u00e4chst, w\u00e4hrend die Seitenknospen sich als Luftstengel in vertikaler Richtung entwickeln, so wie denn auch der Luftstengel nicht so selten eine horizontale Richtung nimmt. F\u00fcr alle die aufgestellten S\u00e4tze werden eine Menge der trefflichsten Beispiele angef\u00fchrt.\nDie Untersuchungen \u00fcber den Unterschied zwischen Wurzel und Stengel sind ebenfalls sehr reichhaltig an interessanten Beobachtungen.\nZwischen den Herren Ernst Meyer 94) und H. Mohl95). hat ein gelehrter Briefwechsel begonnen, welcher \u00fcber manche sehr schwierige Punkte der Morphologie Aufkl\u00e4rung zu geben ^verspricht; derselbe betrifft n\u00e4ihlieh die morphologische Bedeutung der Zasern, welche Herr Aie y er aus ihrer Stellung mit den Zweigen in Analogie stellt.\nIn Hinsicht der Entstehung des Stengels der Pflanzen aus den Bl\u00e4ttern, wie sie Hr. Mey er gelehrt hat, stimmt Hr. Mohl vollkommen bei, d\u00f6ch nimmt Letzterer die Meyer\u2019sche Ansicht \u00fcber die Bildung der Knoten nicht an, so wie auch die\n94)\tLinnaea von 1837. S. 106 \u2014 108.\n95)\tLinnaea von 1837. S. 487 \u2014 508.\n9 *","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nAnnahme, als sei der Hals der Pflanze als der erste Knoten zu betrachten, und es geh\u00f6re zu jedem Internodium der an seinem unteren Ende liegende Knoten, siegreich bestritten wird. Dem Ref. bleibt es r\u00e4thselhaft, wie Herr Mohl diese letztere Annahme bestreitet, wenn er der ersteren, \u00fcber die Entstehung des Stengels aus Bl\u00e4ttern beistimmt, denn es scheint, dafs die eine aus der anderen folgt; meinem Erachten nach lehrt die Beobachtung, dafs die Bl\u00e4tter aus dem Stengel hervorwachsen, daher dieser nicht aus verwachsenen Bl\u00e4ttern oder Blattstielen bestehen kann.\nHerr Mohl erkl\u00e4rt die Zaser f\u00fcr eine Achse, welche durch einen abw\u00e4rts gehenden Saftstrom entsteht und nur den unteren Theil der Gef\u00e4fsbiindel einer vollst\u00e4ndigen Achse re-pr\u00e4sentirt; wie umgekehrt die Knospe, welche aus einem aufw\u00e4rtsgehendem Saftstrome entsteht, nur den oberen Theil der Achse darstellt. \u201eIch kann aber nicht, sagt Herr Mohl, wie Sie, die Zaser als eine Reihe von lnternodien betrachten und nieht der Ansicht sein, dafs eine Zaser je einen Zweig vertreten k\u00f6nne, sondern glaube, dafs Zaser und Augen zusammen eine vollst\u00e4ndige Achse bilden, dafs sie aber nur iin dicotylen Embryo wirklich verbunden, bei der seitlichen Stellung auf der prim\u00e4ren Achse dagegen von einander getrennt sind, dafs die eine H\u00e4lfte an dem oberen Ende des Stammes, die andere an seinem unteren Ende inserirt ist.\u201c\nHerr Unger hat die Resultate seiner fortgesetzten Unsuchungen \u00fcber die Entwickelung und Bedeutung der Lenti-cellen bekannt gemacht 9 6), wor\u00fcber im vorigen Jahresberichte S. 64 die Rede war. Diese Untersuchungen haben Hrn. Unger gelehrt, dafs in allen F\u00e4llen, wo sich sp\u00e4ter eine Lenticelle bildet, in dem noch gr\u00fcnen Zweige eine Spalt\u00f6ffnung vorhanden war. Selbst bei Ulmus suberosa hat Hr. Unger beobachtet, dafs die oblitterirte Hautpore immer in eine Lenticelle \u00fcberging; bei den Jahrestrieben der Bignonia Catalpa sehe man dagegen alle Ueberg\u00e4nge von der normalen Pore durch alle Grade der Erweiterung derselben bis zum Einrisse in die Oberhaut. Herr Unger stimmt Herrn Mohl bei und betrachtet die Lenticelle als partielle Wucherung der Korkschicht\n96) Flora von 1837. S. 236-237.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"133\nder Rinde; Ref. hat dagegen in seiner Physiologie und umst\u00e4ndlicher noch im vorj\u00e4hrigen Berichte die Entstehung der Lenticellen aus der gr\u00fcnen Zellenschicht nachgevviesen. Die Lenticellen durchbrechen die Korkschicht der Rinde, und die Beobachtung giebt gewifs keine Gr\u00fcnde an, aus welchen man dieselbe f\u00fcr ein Analogon von urspr\u00fcnglicher Gemmenbildung erkl\u00e4ren k\u00f6nnte, welche Meinung Herr Unger am Schl\u00fcsse jener Mittheilung nochmals aufstellt.\nVon Herrn E. von Berg97) haben wir ein kleines, aber in vieler Hinsicht sehr reichhaltiges Werkchen \u00fcber die Natur der Zwiebeln erhalten; die erste Abtheilung desselben umfafst die Beobachtungen und Ansichten, welche der Verfasser \u00fcber die Zwiebeln in morphologischer Hinsicht gesammelt hat, aber besonders reichhaltig sind die Beobachtungen \u00fcber die Vermehrung der Zwiebeln, ein Gegenstand, welcher zwar schon vielfach bearbeitet ist, aber noch t\u00e4glich neue Resultate liefern kann. Die Zwiebeln werden eingetheilt in einj\u00e4hrige und in mehrj\u00e4hrige; bei der Betrachtung der ersteren wird die Entwickelungs-Geschichte und die Fortpflanzung der Zeitlose, der Tulpe, der Kaiserkrone, des Crocus, der K\u00fcchenzwiebel u. s. w. mit gr\u00f6fster Genauigkeit beschrieben. F\u00fcr die Lebensgeschichte der Zwiebeln von mehrj\u00e4hriger Dauer wird die Hyacinthe gleichsam als Muster dargestellt, und die Entwickelung ihrer Zwiebeln sehr speciell beschrieben. Aehnlich der Hyacinthe Verhalten sich die Gattungen Muscari, Ornithogalum, Uro-petalum, Amaryllis, Narcissus, Pancratium, Galanthus u. s. w. Das Verhalten der Zwiebel von Amaryllis formo-sissima wird speciell beschrieben. Die Lilien bilden eine zweite Hauptform der ausdauernden Zwiebelgew\u00e4chse, insofern sie schuppige Zwiebeln haben; eine grofse Anzahl von Lilien-Arten, welche meistens zu unseren Prachtpfl\u00e4nzen geboren, sind von Herrn v. Berg eine Reihe von Jahren hindurch beobachtet und die Entwickelung ihrer Zwiebeln ausf\u00fchrlich beschrieben. Von den Allien sind Allium Cepa, descendais, fragrans, moly, nigrum, sativum, Scorodoprasum und vi-neale einj\u00e4hrig und Allium acutangulum, jistulosum, sene-\n97) Die Biologie der Zwiebelgew\u00e4chse oder Versuch die merkw\u00fcrdigsten Erscheinungen in dem Leben der Zwiebelptlanzen zu erkl\u00e4ren. Neustrelitz und Neubrandenburg 1837, 8vo.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nscens und Vicioriale perenirend, und ebenso geh\u00f6ren auch von Iris, Gladiolus, Oxalis und Scilla einige Arten und diese und andere in jene Categorie. Alle diese Beobachtungen sind nicht nur den Botanikern sehr lehrreich, sondern m\u00fcssen auch den,Freunden der Gartenkultur h\u00f6chst erw\u00fcnscht sein.\nDie zweite Abtheilung dieser Schrift enth\u00e4lt allgemeine Bemerkungen \u00fcber, die Zwiebelgew\u00e4chse, woraus Ref. Folgendes hervorheben m\u00f6chte. Die regelm\u00e4fsige, mehr oder weniger runde Form aller Zwiebeln hat ihren Grund, wie Hr. v. Berg sagt, vornehmlich darin, dafs bei diesen Pflanzen, mehr als bei allen \u00fcbrigen, der Gegensatz zwischen innerer Bildung und \u00e4ufserer Entfaltung stark hervortritt, und dafs beide Th\u00e4-tigkeiten gleichzeitig beginnen und fast in einen Akt zusammenfallen! Eine interessante Beobachtung hat Herr v. B erg an einer Zwiebel der Zeitlose angestellt, welche Bl\u00e4tter von hellvioletter Farbe,, wie die der Blumen, zu entwickeln anfing; sp\u00e4ter verl\u00e4ngerten sie sich bedeutend, doch die colorirten Spitzen vertrockneten, w\u00e4hrend die gr\u00f6fseren unteren Theile durchaus :blattartig blieben.\nIn einem besonderen Abschnitte handelt Herr v. Berg noch \u00fcber die Individualit\u00e4t und den Tod der Pflanzen; er handelt darin>die Frage ab, ob die Pflanzen den Alterstod sterben, oder ob ihr Lebensende \u25a0 durch Zuf\u00e4lligkeiten herbeigef\u00fchrt wird, und spricht sich dabei f\u00fcr erstere Ansicht aus, welche aber doch, wenigstens nach Ref. Ansicht, sehr einzuschr\u00e4nken sein m\u00f6chte. Ja Hr. v. Berg selbst lehrt am Schl\u00fcsse seiner Schrift, dafs die Zwiebel als ein Symbol der.Unsterblichkeit zu betpachten sei, ebenso wie das sterbende Saamenkorn zu einem .allgemeinem, Beweise von der Fortdauer im Tode' dienen k\u00f6nne,\t\u00ab\nSehr interessante ^Bemerkungen hat Herr O liiert98) zu K\u00f6nigsberg \u00fcber die Stellung und fernere Entwickelung der Knospen unserer gew\u00f6hnlichen B\u00e4ume und. Str\u00e4ueher bekannt gemacht. Mit dem Erscheinen der jungen Bl\u00e4ttchen bei dem Aufbrechen der Knospen erscheinen fast gleichzeitig in ihren Achseln die jungen Knospen f\u00fcr das n\u00e4chste, Jahr, welche* sich dann im Sommer und Herbste weiter ausbilden; die Klios*\n98) Einige B.emerkujigen \u00fcber die Knospen unserer B\u00e4ume und Str\u00e4ucher. \u2014- Linnaea v. 1837. S. 632 \u2014 640.","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"133\npenschuppen sind bald vollendet, die eingeschlossenen Bl\u00e4ttchen scheinen sich aber noch im Winter zu vermehren, was auch, wie Ref. beobachtet hat, wenigstens bei einigen Pflanzen der Fall ist. Die Zahl der Schuppen ist f\u00fcr jede Art ganz bestimmt, und bei ihrem Aufbrechen haben die Knospen im Fr\u00fchjahr gleichviel Bl\u00e4ttchen. In der Zahl der Internodien, welche der Jahrestrieb, d. i. die entwickelte Knospe zeigt, findet sich eine relative Bestimmtheit, indem die Anzahl der Internodien bei verschiedenen Arten nie ein gewisses Maximum \u00fcberschreitet; auch stimmt sie oft mit der Zahl der Bl\u00e4tter oder Blattpaare \u00fcberein, welche in der Knospe vorgebildet sind. In einer Tabelle giebt Herr Oliiert hiezu sch\u00f6ne Belege. So haben: Fraxinus excelsior 2Schuppen-Paare, 5 Blattpaare und h\u00f6chstens 3 Internodien im Jahrestriebe. Aesculus Hip-pocast. 7 Sch. P. 5 Bl. P. 5. Internod. Acer campestre 6 Sch. P. 5 Blatt P. 10 Internodien. Sorbus aucuparia 3 Schuppen,\n5 Bl\u00e4tter, 8 Jahresglieder u. s. w.\nHerr Oliiert macht darauf wiederum aufmerksam, dais zuweilen, wie bei Tilia u. s. w. die Achselknospe zur scheinbaren Endknospe wird, dafs es aber besonders bei dem Durchschnitte leicht zu erkennen sei.\nIn den Knospen einiger B\u00e4ume und. Str\u00e4ucher sind schon in der Knospe mehr Bl\u00e4tter vorgebildet, als zur Entwickelung kommen sollten, worauf dann die Bl\u00e4ttchen an der Spitze des Zweiges vertrockenen und nach einiger Zeit abfallen, z. B. bei iSyringa u. s. w. daher hier keine Endknospen entstehen. In anderen F\u00e4llen sind in der Knospe weniger Bl\u00e4ttchen, als der junge Zweig Glieder entwickelt, wie bei Ulmus campes-fris, Tilia europaea u. s. w. wo ebenfalls keine Endknospen entwickelt werden, oder wie bei Fraxinus, Acer, Cornus, Ouercus u. s\u201e w., wo Endknospen zur Entwickelung kommen. Endlich giebF es auch B\u00e4ume und Str\u00e4ucher, deren Knospen schon eben so viel Bl\u00e4ttchen enthalten, als der zuk\u00fcnftige Zweig Glieder haben soll, wie bei Cytisus, Aesculus.\nVon den Herren A.Henry und C1. Mar quart in Bonn J J)\n99) \u00fceber abnorme Bildungen des Fruchtknotens der Salix cinerea L. Mit einer Tafel Abbildungen. \u2014 S. Ersten Jahresbericht des botanischen Vereines am Mittel- und Niederrhein. Herausgegeben von der Direction des Vereines. Bonn bei Henry et Cohen 1837.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nsind Beschreibungen verschiedener Mifsbildungen des Carpell\u2019s von Salix cinerea gegeben, welche sich nach der so eben vorgetragenen Ansicht \u00fcber die Bedeutung des Carpell\u2019s am ungezwungensten erkl\u00e4ren lassen. Es sind diese und \u00e4hnliche Mifsbildungen an dem Carpelle der Weide schon mehrfach beobachtet und fast eben so vielfach gedeutet. Die Trennung der Carpellarbl\u00e4tter und deren Umwandelung in Antheren, w\u00e4hrend das Achsengebilde noch die Eychen erzeugt, m\u00f6chte das Wesentlichste sein, was aus den gegebenen Beschreibungen der Abbildungen hervorgeht.\nAnfserdem wird die Abbildung eines K\u00e4tzchen eben derselben Weidenart mitgetheilt, dessen Carpelle die R\u00fcckbildung der Eychen in Bl\u00e4tter zeigen sollen. Die H\u00f6hle der Carpelle ist n\u00e4mlich mit, einer Anzahl von l\u00e4nglichen, zusammengefalteten und mannigfach am Rande zerschnittenen Bl\u00e4ttchen gef\u00fcllt, was die Abbildung zeigt; die Eychen werden als fehlend angegeben, aber defshalb l\u00e4fst das Auftreten der Bl\u00e4tter auch noch eine andere Deutung zu und man darf noch nicht annehmen, dafs die Eychen zu Bl\u00e4ttern umgewandelt sind.\nAuch Herr Dutrochet l0\u00b0) hat einige neue Beobachtungen \u00fcber abnorme Bildungen verschiedener Pflanzentheile bekannt gemacht und mit einigen \u00e4hnlichen anderer Botaniker zusammengestellt, welche f\u00fcr die Lehre von der Metamorphose der Pflanzen von manchem Interesse sind, doch m\u00fcssen wir den geneigten Leser auf die Abhandlung selbst verweisen, da die einzelnen Gegenst\u00e4nde derselben uns hier zu speciell erscheinen. Auch findet man daselbst die Bemerkung, dafs man zu der Annahme, dafs das Blumenblatt oder der Staubfaden ein metamorphosirtes Blatt ist, nicht mehr Grund habe, als zu der entgegengesetzten, nach welcher man das Laubblatt als ein in der Form ver\u00e4ndertes Blumenblatt oder Staubfaden ansehen kann!\nHerr Dutrochet101) hat in der neuen Ausgabe seiner Abhandlung \u00fcber die Zeugung der Pflanzen verschiedene Zu-\n100)\tObservations sur les transformations v\u00e9g\u00e9tales. \u2014 M\u00e9m. pour serv. a Vhist. anatom, et physiol, des v\u00e9g\u00e9taux II. p. 163 \u2014 172.\n101)\tDe la g\u00e9n\u00e9ration sexuelle des plantes et de l\u2019embryologie v\u00e9g\u00e9tale. V. Mem. p. s. a Vhist. ant. et phys. des v\u00e9g\u00e9taux etc.\nIL p. 115\u2014162.","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"137\ns\u00e4tze gemacht, welche in mancher Hinsicht bemerkenswerth sind. Es ist bekannt, dafsGrew schon 1672 ein kleines Loch in der \u00e4ufseren Saamenhaut verschiedener Leguminosen beschrieben hat, welches nach seiner Ansicht dazu bestimmt sei dem Embryo Luft zuzuf\u00fchren und das Durchbrechen des W\u00fcr-zelchens zu erleichtern. Sp\u00e4tere Beobachter erkannten jenes kleine Loch f\u00fcr die Oeffnung, durch welche das Eychen befruchtet werde, ohne jedoch positive Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand anzugeben. Im Jahre 1806 stellte Herr Turpin eine Ansicht auf, welche dem runden Loche in den Saamen-h\u00fcllen ebenfalls das Gesch\u00e4ft der Aufnahme der befruchtenden Substanz zuertheilte und er nannte diesen Punkt der Eyh\u00e4ute die Micropyle, eine Benennung, welche man allgemein angenommen hat, obgleich sie, bei dem gegenw\u00e4rtigen Zustande dieser Wissenschaft, ebenfalls den rationelleren Benennungen wird weichen m\u00fcssen. In der angef\u00fchrten Abhandlung des Herrn Du troche t erfahren wir nun, dafs Herr Turpin seine fr\u00fchere Ansicht \u00fcber die Bestimmung der Micropyle verlassen habe, und gegenw\u00e4rtig glaube, dafs es eine Oeffnung ohne alle physiologische Function sei 10 2).\n102) An merk. In der neuesten Schrift des Herrn Turpin (Esquisse d\u2019organographie etc. p. 42.J finden wir diese Angaben in der That best\u00e4tigt; die Micropyle des Herrn Turpin ist nichts weiter, als die Oeffnung, welche ein zusammengerolltes und mit den R\u00e4ndern verwachsenes Blatt an seinen Enden zeigt, es ist dieselbe also durch unvollkommene Verwachsung entstanden. Man kann diese M\u00e4ngel der Verwachsung, wie Herr Turpin sagt, eintheilen in: \u201eMicropyle foliaire, M. hract\u00e9en, M. anth\u00e9rifere, M. ovarien, M. carpellaire et M. ovulaire\u201c u. s. w. Die Oeffnung des Schlauches der Nepenthes-Bl\u00e4tter, h\u00e4lt Hr. T. f\u00fcr etwas Aehnliches, m\u00f6chte sie aber Macropyle nennen; dafs aber diese Oeffnung mit einem Deckel versehen ist, daran wird nicht gedacht. Nach diesen und vielen \u00e4hnlichen Erkl\u00e4rungen des Herrn Turpin m\u00f6chte man wohl das Recht haben die Benennung Micropyle f\u00fcr den Befruchtungspunkt des Eychens zu verdr\u00e4ngen, denn die Oeffnung in dem Eychen, durch welche die befruchtende Substanz in dasselbe zuerst eintritt, wird bald durch dieEyh\u00fcllen, und hier wieder bald durch die \u00e4ufsere, bald durch die innere gebildet, bald durch die Spitze des Kern\u2019s, welcher zuweilen h\u00f6chst auffallend hervorw\u00e4chst, bald aber auch durch die Spitze des Embryosackes gebildet, welche zuweilen aus dem Kern oder dem runden Loche der H\u00fcllen weit hervorw\u00e4chst und so der befruchtenden Substanz, dem Pollenschlauche mit seinem Inhalte entgegenw\u00e4chst.\nf","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"13\u00ab\nHerr Dutrocliet erkl\u00e4rt dagegen die Micropyle fiir eine pneumatische R\u00f6hre, welche dem Inneren des Saamens die n\u00f6thige Luft zur Respiration zuf\u00fchre; kurz Hr. D. hat Grevv\u2019s alte Ansicht \u00fcber die Bestimmung der Micropyle angenommen. Ref. hielt ns f\u00fcr seine Pflicht diese kurze historische Nachweisung \u00fcber den fraglichen Gegenstand vorauszuschicken, aber es mufs jedem Botaniker, welcher nicht durch eigene Beobachtungen mit diesem Gegenst\u00e4nde bekannt ist, im h\u00f6chsten Grade auffallen, dafs heutigen Tages von einem Mitgliede der ber\u00fchmten Akademie der Wissenschaften zu Paris eine solche Ansicht aufgestellt werden kann, nachdem in eben derselben Akademie die herrlichsten Arbeiten vorgetragen sind, welche \u00fcber die Function der Micropyle und den Bau des Saamens ziemlich vollst\u00e4ndigen Aufschlufs gaben; wir brauchen nicht einmal an die Arbeiten von Robert Brown zu erinnern. Es ist zwar noch Vieles im Speciellen \u00fcber diesen Gegenstand zu beobachten, aber im Allgemeinen sind wir \u00fcber denselben vollst\u00e4ndig im Reinen, so dafs uns eine solche Nichtachtung fremder Beobachtungen sehr befremden mufs.\nHerr Dutrodiet beschreibt in der zweiten Abtheilung der angef\u00fchrten Abhandlung das Eychen von verschiedenen Pflanzen, z. B. von Amygdalus communis, Evonymus euro-paeus, Visum sativum, Fagus castanea, Galium Apurine, Spinacea oleracea, Mirabilis Jalappa, Nymphaea lutea und Secale cereale und zeigt dabei, dafs ihm eine Verschiedenheit in der Zahl der H\u00fcllen des Saamens bei verschiedenen Pflanzen sehr wohl bekannt ist, aber nichts desto weniger gebraucht er die Benennungen dieser Theile nach Hrn. v. Mir bei, welche nach dem gegenw\u00e4rtigen Zustande der Beobachtungen nicht mehr passend sind. Herr v. Mir bei hat uns das Vortrefflichste \u00fcber den Bau des Saamen vor und nach der Befruchtung geliefert, wie es jeder Botaniker anerkennen wird, und wenn Ref. die Benennungen, welche jener grofse Gelehrte zur Verst\u00e4ndigung \u00fcber diesen Gegenstand aufstellte, nicht mehr anerkennen m\u00f6chte, so darf dieses nicht etwa als ein Tadel gegen jene herrliche Arbeiten angesehen werden.\nAm Schl\u00fcsse der Abhandlung f\u00fchrt Herr Dutro ch e t seine Beobachtungen \u00fcber die Bildung des Mutterkorns an; er h\u00e4lt dasselbe nicht f\u00fcr einen Pilz, sondern f\u00fcr eine krankhafte","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"139\nEntwickelung des Roggen-Saamens; Es ist aber Hrn. D. sehr wahrscheinlich, dafs diese krankhafte Entwickelung des Saa-niens zum Mutterkorn die Folge der Gegenwart und Vermehrung eines mikroskopischen Pilzes ist, welche einem Uredo zur Seite zu stellen w\u00e4re. Dieser letzteren Ansicht kann jedoch Referent in Folge von Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand nicht beistimmen.\nEine andere reichhaltige Arbeit des Herrn Mo hl 103) besch\u00e4ftigt sich mit der morphologischen Deutung der Fortpflanzungs-Organe der mit Bl\u00e4ttern versehenen Cryptogamen. Herr Mo hl geht bei diesen Untersuchungen von folgenden zwei morphologischen Grunds\u00e4tzen aus, da deren Richtigkeit auf jede Deutung tder cryptogamischen Fructifications-Organe von h\u00f6chster Wichtigkeit ist. Diese S\u00e4tze sind:\n1)\tDafs die Anthere der Phanerogamen nicht durch Einrollung eines Blattes gebildel ist und dafs die Pollenk\u00f6rner daher auch nicht aus der Oberfl\u00e4che des Blattes hervorgehen, sondern dafs sie in Mutterzellen, welche im Inneren des me-tamorphosirten Blattes liegen und sp\u00e4ter wieder verschwinden, entstehen. Die Lehre wurde schon im vorj\u00e4hrigen Berichte als vollkommen begr\u00fcndet dargethan, und auch im vorliegenden sind Herrn Schleid en\u2019s Untersuchungen f\u00fcr diese Ansicht sprechend.\n2)\tDafs das Carpell ebenfalls, wie die Anthere,, nur aus der Metamorphose eines Blattes hervorgeht, und dafs das Achsensystem keinen Beitrag zu derselben liefert, sondern dafs die Eyer immer aus der oberen Fl\u00e4che und aus dem Rande des Carpellarblattes liervorsprossen. Dieser zweite Satz ist nun keineswegs als erwiesen anzusehen, ja wir werden einige Seiten sp\u00e4ter die Beobachtungen kennen lernen, durch welche derselbe umgestofsen werden m\u00f6chte, und demnach k\u00f6nnten mehrere der Erkl\u00e4rungen, welche Herr Mohl in der angef\u00fchrten Schrift \u00fcber das Sporangium gegeben hat, auch noch auf andere Weise ausgef\u00fchrt werden.\nDer grofsen Verschiedenheit wegen, welche das Sporangium in Hinsicht seines Baues bei verschiedenen Familien auf-\n103) Morphologische Betrachtungen \u00fcber das Sporangium der mit Gef\u00e4fsen versehenen Cryptogamen. Eine Inaugural-Dissertation vom Juni 1837. T\u00fcbingen 1837. 8vo.","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nzuweisen hat, m\u00fcssen die einzelnen Familien abgesondert betrachtet werden, und Hr. Mo hl beginnt mit den Equisetaceen. Die Sporen dieser Pflanzen werden wegen ihrer Entstehung in Mutterzellen, theils wegen ihrer Zusammensetzung aus einer doppelten Haut mit den Pollenk\u00f6rnern der phanerogamen Pflanzen in Parallele gestellt, und auch in der Structur des Spo-rangiums wird eine Aelmlichkeit mit der Structur der Anthere vermuthet. Auch beseitigt Hr. Mohl die Ansicht, nach welcher jeder der eckigen Fruchtb\u00f6den bei Equisetum aus der Verwachsung eines Bl\u00e4tterkreises erkl\u00e4rt wird; es werden hiezu Beobachtungen an fruchttragenden Sch\u00e4ften von Equisetum Telmateja angef\u00fchrt, welche Ueberg\u00e4nge von den verticillirten und zu Scheiden verwachsenen Schaftbl\u00e4ttern zu Quirlen des Fruchtstandes zeigten und welche keinen Zweifel dar\u00fcber lie-fsen, dafs das mit Sporangien besetzte, sogenannte Recepta-culum von Equisetum nicht aus einer Verwachsung eines von einem Aste abstammenden Bl\u00e4tterb\u00fcschels, sondern dafs es aus einem Blatte des Schaftes selbst abstammt, dafs dasselbe gleichsam das zu ungew\u00f6hnlicher Gr\u00f6fse angewachsene Con-nectiv einer Anthere repr\u00e4sentirt, und das die auf seiner unteren Seite stehenden Sporangien den einzelnen Loculamenten einer Anthere entsprechen.\nBei der Betrachtung des Sporangium\u2019s der Farm f\u00fchrt zuerst Hr. Mohl den Beweis, dafs die Frons der Farm ebenso als ein wahres Blatt angesehen werden mufs, wie das Blatt der Cycadeen und Palmen, und das Fehlen der Knospen in den Achseln der Farm-Bl\u00e4tter, verh\u00e4lt sich \u00e4hnlich wie bei den Moosen den Lycopodineen und Cycadeen. (Bei diesen letzteren Pflanzen kommen nicht selten an der Basis des Stammes kleine Knospen zwischen den Schuppen vor. Ref.) Bei den Ophioglosseen vergleicht Hr. Mohl die ganze Aehre in Beziehung auf ihre Organisation mit der Anthere einer phanerogamen Pflanze. Die Spitze stellt n\u00e4mlich mehr oder weniger deutlich eine Blattspitze dar und die Sporenf\u00e4cher sind blofse Aush\u00f6hlungen im Gewebe des Blattes, und die Achse der Aehre entspricht dem zum Connectiv zusammengezogenen mittleren Theile eines Staubgef\u00e4fsblattes.\nBei Botrychium gewinnen die Sporangien schon mehr Selbstst\u00e4ndigkeit; sie sind vollkommen von einander getrennt,","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"441\nein Fall f\u00fcr den Herr Molil die Antherenbildung bei der Gattung Geonoma in Parallele stellt. Ebenso erblickt der Verfasser auch in den Sporangien aller anderen Farm, welche ihre Fr\u00fcchte auf der unteren Blattfl\u00e4che entwickeln, eine analoge Bildung mit der Theca der Anthere. Wenigstens wird ganz b\u00fcndig bewiesen, dafs die bisher gegebenen morphologischen Deutungen der Farrnkapsel unrichtig sind, und einen anderen Grund f\u00fcr seine Ansicht findet Herr Mo hl in der Bildung der Sporen in Mutterzellen, die sp\u00e4ter wieder resor-birt werden. Dieser leztere Grund kann freilich nicht von Gewicht sein, denn es sind gegenw\u00e4rtig schon mehrere andere F\u00e4lle bekannt, wo die Bildung neuer Zellen in Mutterzellen erfolgt. Eine Reihe von Gr\u00fcnden, welche man allenfalls gegen die Analogie eines Farm Sporangium\u2019s mit einer Antheren-theca auff\u00fchren k\u00f6nnte, werden ausf\u00fchrlich widerlegt.\nDie geistreiche Idee, dafs die Farmkapseln aus pieta-morphosirten Bl\u00e4ttern bestehn, deren Mittelrippe den Ring des Sporangium\u2019s bildet, scheint Hr. C. II. Schultz zuerst aufgestellt zu haben; \u00fcberhaupt scheint auch Hr. Mo hl auf die Arbeiten jenes philosophischen Botanikers zu wenig R\u00fccksicht zu nehmen, worin die Sporangien der niederen Pflanzen schon vor langer Zeit ihre morphologische Deutung erhalten haben. Hiernach sind z. B die Sporangien bei Equisetum durch Metamorphose der blattlichen Stengelglieder wie die der Polypodien durch Metamorphose der Bl\u00e4tter entstanden, und darum entsprechen erstere auch der Stengelgliederung, deren Knoten die Kapselschilder und deren Blattscheiden die Kapself\u00e4cher gebildet haben!\nDie Deutung des Sporangium\u2019s bei Lycopodium findet gr\u00f6fsere Schwierigkeiten, doch Hr. Molil nimmt hier die Verwandtschaft in Anspruch, welche zwischen Lycopodium und Isoetes existirt, und da bei Isoetes die Sporangien entschieden nicht in der Achsel des Blattes, sondern auf dieser selbst stehen, da ferner bei Psilotum und noch deutlicher bei Tmesip-teris das Sporangium auf dem Blatte steht, so wird es wahrscheinlich, dafs auch bei Lycopodium der axill\u00e4re Stand der Sporangien nur scheinbar ist und dafs dieselben eher ein Produkt des Blattes, als des Stengels sind. Doch diese Angaben sind nur gewagte Vermuthungen, denn Hr. Mohl fand, dafs","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\ndie Basis des Sporangium\u2019s eben sowohl mit dem Mittelnerven des Blattes, in dessen Achsel dasselbe sitzt, als mit dem Stengel in Verbindung steht, so dafs man \u00fcber seinen wahren Insertionspunkt zweifelhaft bleibt. Auch l\u00e4fst sich das Sporangium von Lycopodium mit dem von Botrychium sowohl in Beziehung auf die Form und die Art des Aufspringens viel eher vergleichen, als mit einem Carpell phanerogamer Pflanzen.\nNach diesen Untersuchungen ist nun die Frage aufzustellen, ob man die Sporangien der h\u00f6heren Cryptogamen wirklich f\u00fcr dasselbe Organ, wie die Anthere der Phanero-gamen, und die Sporen f\u00fcr dasselbe Organ, wie die Pollenk\u00f6rner halten k\u00f6nne. Diese Ansicht wurde schon f\u00fcr verschiedene Cryptogamen durch den scharfsinnigen Hrn. Agardh aufgestellt, und zwar auf die Keimungsart der Sporen gegr\u00fcndet, worin man einen \u00e4hnlichen Prozefs, wie bei der Bildung des Pollenschlauches erkennen will. Hr. Mo hl hat diese Ansicht schon fr\u00fcher bestritten, glaubte aber, dafs das Hervorwachsen des Pollenschlauches ein rein mechanischer Akt sei, bedingt durch die Endosmose und die eigenthiimliche Structur des Pollenkornes. Diese Schl\u00e4uche sollten n\u00e4mlich sowohl an jahrelang getrockneten Pollenk\u00f6rnern, als an frischen hervortreten, welche mit S\u00e4ure und Alkohol \u00fcbergossen werden, Angaben, welche zwar fast von allen Botanikern aufgenommen sind, deren Unrichtigkeit Referent aber schon vor 10 Jahren nachgewiesen hat, und dabei zugleich gegen Herrn Brongniart Ansicht zeigte, dafs der Pollenschlauch nicht aus einer blofsen Ausdehnung der inneren Pollenhaut hervorgehe, sondern durch ein wirkliches Wachsthum.\nEine reichhaltige und sehr wichtige Arbeit des Herrn Schleiden 104) schliefst sich unmittelbar an das Vorhergehende an; Hr. Schleiden beginnt mit der Mahnung', dafs die Lehre von der Metamorphose der Pflanzenorgane nur allein auf dem Wege der Beobachtung bearbeitet werden d\u00fcrfe. Die Entwicklungs - Geschichte, welche man von dem fr\u00fchesten Auftreten an verfolgen mufs, giebt allein den richtigen Auf\n104) Einige Blicke auf die Entwickelungs - Geschichte des vegetabilischen Organismus bei den Phanerogamen. \u2014 S. dieses Archives 3ten Jahrganges lsten Band. S. 289 \u2014 319.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"143\nschlufs \u00fcber die Bedeutung der verschiedenen Organe der Pflanze.\nDer Embryo im Saamen der Pflanzen, sagt Hr. Sch., tritt als ein Axengebilde auf, welches nach oben geschlossen, nach unten aber nicht begrenzt ist ; das obere Ende schwillt kugelf\u00f6rmig an und aus den Seiten dieser Kugel wachsen die Co-tyledonen hervor, w\u00e4hrend die Spitze derselben zur Knospe wird. So wie hier im Embryo, so wiederholt sich das Her-vorwachsen der Bl\u00e4tter auch am sp\u00e4teren Stengel, daher dieser nicht aus verwachsenen Blattstielen bestehen kann. Ja Hr. Sch. ist der Meinung, dafs man bei der Verfolgung der Gesetze der Blattstellung von der urspr\u00fcnglich opponirten, wie sie die Cotyledonen zeigen, ausgehen m\u00fcsse. Dafs Kelch- und Blumenkronen-Bl\u00e4tter als Blattorgane zu betrachten sind, ist allgemein anerkannt, und auch Hr. Sch. hat beobachtet, dafs die einbl\u00e4tterigen Kelche und Corollen im fr\u00fcheren Zustande noch unverwachsen sind, so wie auch, dafs jede Blume in ihrer ersten Anlage regelm\u00e4fsig erscheint. Als ein h\u00f6chst auffallendes Beispiel werden die Gr\u00e4ser aufgef\u00fchrt, deren Fructifications-Organe man bekanntlich sehr verschieden gedeutet hat, da hier durch ungleichzeitige Entwickelung, Verwachsung und Unterdr\u00fcckung einzelner die urspr\u00fcngliche Regelm\u00e4fsigkeit ganz entstellt wird. Auch \u00fcber die Entstehung und Bedeutung der Staubf\u00e4den kann heutigen Tages kein Zweifel mehr obwalten, es sind modificirte Bl\u00e4tter, in deren Diachym, als Norm 4 mit Pollen gef\u00fcllte H\u00f6hlen auftreten. Nur selten erscheint die urspr\u00fcnglich mittlere Schicht nicht entwickelt, dann ist auch die Trennung in je 2 seitliche Antherenh\u00f6hlen nicht vorhanden, und sie tritt alsdann 2 h\u00f6blig auf.\nDie Bildung des Pollens geschieht nun in jenen H\u00f6hlen, und zwar im Inneren von Mutterzellen, worin sich wahrscheinlich meist vier andere Zellen bilden, worin dann die einzelnen Pollenk\u00f6rner erzeugt werden. Die Vierzahl ist hier der allgemeinere Fall, doch zuweilen wie bei Vodostemon Ceratophyllum, finden sich nur 2 Pollenk\u00f6rner iii der gr\u00f6fse-ren Mutterzelle. Nach der Ausbildung des Pollens geschieht die Resorbtion der Mutterzellen, welche bei einigen Pflanzen ganz, bei anderen weniger vollst\u00e4ndig erfolgt. Ja auch in Hinsicht der Resorption der grofsen und der kleinen Mutter-","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nzellen finden bei verschiedenen Pflanzen bedeutende Verschiedenheiten statt, bei Picea findet man noch im M\u00e4rz und im April die grofsen in 4 besondere F\u00e4cher getheilte Mutterzellen. Herr Link 1 \u00b05) giebt dem Gewebe dieser Mutterzellen einen eigenen Namen; er nennt es Collenchym, wegen seiner Aehn-lichkeit mit dem Kleber. Die bekannten F\u00e4den in den Antheren der Oenotheren h\u00e4lt Hr. Link ebenfalls f\u00fcr zur\u00fcckgebliebene Ueberbleibsel der Membranen der Mutterzellen.\nHerr Schleiden erkl\u00e4rt die Placenta f\u00fcr ein Achsengebilde und die Carpellbl\u00e4tter f\u00fcr modificirte wirkliche Bl\u00e4tter, welche im Anf\u00e4nge noch getrennt sind und erst sp\u00e4ter auf mannigfaltige Weise verwachsen um die verschiedenen Ovarien zu bilden. Bei den Gr\u00e4sern und Cyperaceen besteht das Ovarium aus einem einzelnen Blatte, bei den Coniferen bleibt es offen, bei den Resedaceen sind drei Carpellbl\u00e4tter zu einer oben offenen Becherform vereinigt. Oft sind die Carpellbl\u00e4tter gegen die Achse hin eingebogen und dann wieder r\u00fcckw\u00e4rts geschlagen. Bei den Palmen ist urspr\u00fcnglich, bald nach der Befruchtung der Embryo vollst\u00e4ndig erect; die innere Seite des Ovarium\u2019s w\u00e4chst aber beim reifenden Saamen nicht mit in die H\u00f6he, daher wird die Spitze des Embryo\u2019s fixirt und zum Mittelpunkt, um den die Radicula bei der einseitigen Entwickelung einen Quadranten beschreibt, so dafs auf diese Weise der Embryo horizontalis lateralis entsteht.\nDie Betrachtungen der Eychen und der Placenta beginnt Hr. Schleiden mit der Darstellung der weiblichen Bliithe von Taxus, welche nichts anderes, als die terminale Blatt-knospe der Nebenachse ist; die Achse endet mit einem W\u00e4rzchen, welches der Nucleus des Eychen\u2019s ist, und da sp\u00e4ter bei dem Befruchtungsakte eine Vereinigung dieses Achsengebildes mit dem Pollen stattfindet, der in einem blattartigen Organe ausgebildet wird, so besteht die Befruchtung in Nichts, als in einem Zusammentreten und Ausgleichen der beiden wichtigsten Differenzen, welche in der Pflanze gegeben sind, n\u00e4mlich der horizontalen (Bl\u00e4tter) und der vertikalen (Achse) Gebilde !\nDer Nucleus ist das Wesentlichste desEychen\u2019s; die H\u00fclle\n105) Philos. bot. Ed. alt. II. p. 199.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"145\ndesselben, welche Eih\u00e4ute genannt werden, sind nur als Nebengebilde zu betrachten und Herr Schl, sieht sie als stengel-umfassende H\u00fcllbl\u00e4ttchen an, welche hier zu einer scheidenartigen H\u00fclle zusammentliefsen. Der Nucleus bleibt nun entweder nakt, oder er wird mit einer einfachen, oder auch mit doppelten H\u00fcllen umkleidet. Da die alten Benennungen Testa und Membrana interna f\u00fcr diese Saamenhiillen in der That nicht passen, so schl\u00e4gt Herr Schl, die Benennungen Integu-mentum simplex f\u00fcr den einen Fall, und Integumentum externum et internum f\u00fcr den andern Fall vor, wo der Kern mit zwei H\u00fcllen umschlossen wird. Das Studium des Pflan-zen-Eichen\u2019s wird aber haupts\u00e4chlich dadurch erschwert, dafs sich dasselbe, schon lange vor der Befruchtung in der gr\u00f6fsten Zahl von Pflanzen kr\u00fcmmt, und diese Kr\u00fcmmung erfolgt bei den nackten Eichen, wie bei denen mit einfacher und mit doppelter H\u00fclle. Herr Schl, schreibt alle Kr\u00fcmmungen der Pflan-zensaamen dem Axengebilde, also dem Nucleus zu, worin Ref. nicht beistimmen kann, auch stellt Herr Schl, nur die beiden F\u00e4lle auf, wo n\u00e4mlich die Axe gerade bleibt (Ovulum atro-pum) und den anderen, wo sich die Axe kr\u00fcmmt und der gegenl\u00e4ufige Saamen (Ovulum anatropum) entsteht. In physiologischer Hinsicht sind diese Kr\u00fcmmungen, sehr unwichtig, denn bei sehr verschiedenen Pflanzen fand Ref. einzelne Eichen ungekr\u00fcmmt und dennoch vollst\u00e4ndig befruchtet, aber f\u00fcr die systematische Botanik sind jene Kr\u00fcmmungen der Eichen sehr wichtig, und die dritte Abtheilung, welche schon fr\u00fchere Botaniker aufgestellt haben, n\u00e4mlich die der krumml\u00e4ufigen Saamen durchaus unentbehrlich, auch werde ich an einem anderen Orte zu zeigen suchen, dafs der krumml\u00e4ufige Saame nicht nur als eine Uebergangsform zwischen dem geradel\u00e4ufigen und dem gegenl\u00e4ufigen zu betrachten ist; auch m\u00fcssen wohl die nochmaligen Umkehrungen der Eichen durch nach-herige Kr\u00fcmmung der Nabelschnur mit besonderen Benennungen bezeichnet werden. Die Bildung der Integumente des Nucleus wird durch Herrn Schl, sehr genau und sehr speciell angegeben, und was Ref. \u00fcber diesen Gegenstand beobachtet hat, stimmt mit diesen Angaben vollkommen \u00fcberein, auch stimme ich Herrn Schl, darin vollkommen bei, dafs Herrn Mir-bel\u2019s Quartine als eine eigene Haut gar nicht vorhanden ist;\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nSo leicht man in F\u00e4llen mit achter placenta centralis Uber a, oder wie bei den Polygoneen, bei Taxus u. s. w. den Nucleus des Eiehens nur als Spitze der Axe erkl\u00e4ren kann, so schwer m\u00f6bhte dieses vielen Botanikern bei der wandst\u00e4ndigen Placenta werden, doch Herr Schl, f\u00fchrt viele Beispiele an, welche dieser Ansicht einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit geben sollen; man betrachte nur die Ovarien der Fu-mariaceen und Cruciferen und die Fruchtzapfen der Abie-tineen.\nDiese Ansichten des Herrn Schl, werden sicherlich grofse Opposition finden, bisher wurde ziemlich ganz allgemein angenommen, dafs das Ovarium aus Knospen bestehe, wrelche sich an den R\u00e4ndern von Bl\u00e4ttern bilden. Herr Sch. h\u00e4lt diese Erkl\u00e4rung f\u00fcr eine ganz ungegr\u00fcndete Annahme und glaubt es als ein durchgreifendes Gesetz aufstellen zu k\u00f6nnen, dafs sich niemals eine Knospe aus einem Blatte bildet. Dieses Gesetz wird aber durch die Beobachtung der Natur sehr leicht als nicht existirend erkannt werden; die Annahme desselben ist der schw\u00e4chste Punkt in Herrn Sch. gl\u00e4nzender Arbeit, und sie hat ihn zu vielen gewaltsamen Erkl\u00e4rungen veranlafst. Ref. glaubt beweisen zu k\u00f6nnen, dafs, wenn man die morphologische Deutung des Ovarium\u2019s auf vorurtheilsfreie Beobachtung gr\u00fcndet, und die Beobachtungen nicht nach den Ansichten erkl\u00e4rt, dafs man dann die Entstehung der Eychen auf vierfache Weise angeben mufs; sie entstehen n\u00e4mlich am h\u00e4ufigsten an den R\u00e4ndern der Carpellbl\u00e4tter, dann an den Seiten der Mittelrippe der Carpellbl\u00e4tter, in selteneren F\u00e4llen auf der ganzen inneren Fl\u00e4che der Carpellbl\u00e4tter, und endlich auch aus der Axe, wo sie entweder als das Ende des Axengebildes auftreten oder zur Seite der, oft sehr verk\u00fcrzten Axe erscheinen.\nRef. macht hier auf einige der kostbaren Mifsbildungen aufmerksam, welche Herr Turpin 106) auf der zweiten lafel seiner schon fr\u00fcher aufgef\u00fchrten Schrift abgebildet und erkl\u00e4rt hat; die Erkl\u00e4rung steht freilich gar nicht selten ganz im Widerspruch mit den abgebildeten Beobachtungen. InFig. 19. ist eine monstr\u00f6se Frucht der ylquilegia vulgaris abgebildet; die\n106) Esquisse dorgmogr. veg\u00e9t. etc. PL 4.","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"147\n5 Carpellbl\u00e4tter sind fast ganz aufgerollt und ihre Seitenw\u00e4nde sind mit Eychen und Bl\u00e4ttchen besetzt. In Fig. 28. und 29. sind monstr\u00f6se H\u00fcllen, von Trifolium repens dargestellt; in dem'einen Falle sind die Eyer-tragenden R\u00e4nder der Carpellbl\u00e4tter unverwachsen und mit 6 kleinen Bl\u00e4ttchen bekleidet, in dem andern Falle sind iheils Eychen, tlieils Bl\u00e4ttchen aus den R\u00e4ndern hervorgewachsen. Unmittelbar dar\u00fcber, in Fig. 20\u201422., giebt aber Herr T. seine Erkl\u00e4rung \u00fcber die Bildung des Legumen's durch Verwachsung der zusammenge-schlagenen Bl\u00e4ttchen.\nWie nun, sagt H. Schl., in den pollentragenden Organen das Zellengewebe durch eine besondere Modification zum Pollen umgewandelt wurde, so findet sich auch in der Spitze der Axe, dem Nucleus n\u00e4mlich, eine besondere Modification des Zellengewebes. Es bildet sich n\u00e4mlich in demselben eine einzelne lange Zelle aus, welche sich zum Embryosack gestaltet, und zwar geschieht dieses lange vor der sogenannten Befruchtung. Die grofsen Verschiedenheiten, welche der Embryosack bei verschiedenen Pflanzen aufzuweisen hat, sind zum Theil bekannt; bei Lathraea Squamaria wurde derselbe als formlose Aussackungen beobachtet. Indessen nach Ref. Beobachtungen liegt der Embryosack nicht immer im Innern des Nucleus, \u00fcberhaupt ist jene von Herrn Sch. gegebene Darstellung \u00fcber den Bau des Eichens bis zur Befruchtung nur als allgemeine Norm anzusehen, durch deren Auffassung jeder abweichende Fall sehr leicht erkl\u00e4rlich erscheinen wird. In vielen F\u00e4llen bildet sich der Embryosack erst nach der Befruchtung und in anderen F\u00e4llen, wo der Nucleus, schon von sehr fr\u00fcher Zeit an, als ein hohler Sack aus einer einfachen Zellenschicht bestehend auftritt, da vertritt er selbst die Stelle des Embryosackes.\nSchliefslich kommt Herr Schl, zur Betrachtung des wirklichen Befruchtungsactes, dessen plastische Vorg\u00e4nge in den Schriften von Amici, Brongniart, Rob. Brown und Corda bisher beschrieben waren. Am 31. Juli 1833 publi-cirte Herr Robert Brown, dafs er die Pollenschl\u00e4uche bei Asclepias phytolaccoidis bis zur Spitze des Eychens verfolgt habe, das ist also bis zur Spitze des Nucleus, da dieser Wi Asclepias vollkommen nackt ist, was Herr R. Brown damals\n10 *","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nnocli nicht wagte auszusprechen : To this point, heifst es in jener kleinen Schrift, the Tube adheres so firmly, that J am inclined to think it actually penetrates, to some depth at least, into the substance of the Ovulum ; etc. Als sich aber Herr B. in den ersten Tagen des Septembers 1833 zu Berlin, befand, war er schon etwas weiter bei dieser Untersuchung gekommen, denn er zeigte dem Ref. mit seiner bekannten Freundlichkeit, das Hineintreten der Schl\u00e4uche in die Spitze des Kerns, was man dann auch zu Breslau zu sehen bekommen hat, wenngleich auch Herr Corda sp\u00e4ter davon keine Kenntniis nahm. In einer Abhandlung, welche Herr Corda im September 1834 der Kais. Leopold. Akademie eingeschickt hatte l07), gab derselbe seine Beobachtungen \u00fcber den Be-fruehtungsact bei den Coniferen; er sah die Pollenschl\u00e4uche durch die H\u00f6hle der Secundine zur M\u00fcndung der Nucula steigen, durch dieselbe eintreten, im Raume derselben d\u00fcnner werden, und ihren Inhalt als tr\u00fcbe, fl\u00fcssige Masse entleeren. Diese entleerte F\u00fcllung sah Herr Corda bald darauf gestaltet, indem sie den Embryosack bildete, die Verbindung der Pollenschl\u00e4uche mit dem Embryosack bestehe aber noch lange nach der Befruchtung.\nIch habe diese historischen Angaben vorausgeschickt, um die neue Ansicht, welche Herr Schleiden \u00fcber den Befruchtungsakt der Pflanzen aufgestellt hat, um so mehr hervorzuheben. Herr Sch. glaubt, dafs der Verlauf der Pollenschl\u00e4uche vom Stigma bis zum Ovulum der allgemeine Vorgang bei der Befruchtung der Phanerogamen sei, dafs ferner einer, selten mehrere dieser Schl\u00e4uche die Intercellularg\u00e4nge des Nucleus durchkriechen. Der Schlauch, welcher den Embryosack erreicht, dr\u00e4ngt diesen vor sich her, st\u00fclpt ihn ein und erscheint als ein cylindrischer Schlauch, welcher den Anfang des Embryo bildet, der auf diese Weise nichts anderes ist, als eine auf die Spitze der Axe gepfropfte Zelle des Blattparenehym\u2019s; er wird also durch die Haut des Pollenschlauches und durch den eingest\u00fclpten Embryosack gebildet. (So sehr ich die Beobachtungen meines Collegen sch\u00e4tze und mich freue, dafs durch\n107) S. den Jahresbericht von 1835 dieses Archiv\u2019\u00ab 2ten Jahrg. 2ter Band.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"149\nseine kr\u00e4ftigen Arbeiten viele Gegenst\u00e4nde der Pflanzen-Phy-siologie einer schnelleren L\u00f6sung entgegen gehen, als es sonst der Fall gewesen w\u00e4re, so mufs ich doch erkl\u00e4ren, dafs diese Angaben nicht ganz richtig sind. Der Embryosack wird ge-wifs niemals durch den eindringenden Pollenschlauch eingest\u00fclpt, ja der Embryo ist oft schon bedeutend grofs, w\u00e4hrend noch keine Spur des Embryosackes vorhanden ist. Ref.) Bei Pflanzen, welche mehrere Embryonen haben, sind gerade eben so viele Pollenschl\u00e4uche vorhanden, als sich Embryonen zeigen. Aus diesen Beobachtungen, sagt Herr Sch., 'geht die wichtige Folge hervor, dafs man die beiden Geschlechter bei den Pflanzen geradezu falsch benannt hat, indem jedes Pollenkorn der Kern [eines neuen Individuums ist und dagegen der Embpyo-sack, als das m\u00e4nnliche Prinzip zu betrachten w\u00e4re, welcher nur dynamisch die Organisation der materiellen Grundlage bestimmt.\nMan wird hieraus ersehen, dafs die Angaben der Herren Corda und Schleiden \u00fcber die plastischen Vorg\u00e4nge bei der Befruchtung im Innern des Eykernes ganz verschieden sind; die ersteren sind bis auf das Hineindringen der Pollenschl\u00e4uche in den Kern, was schon durch Herrn Rob. Brown beobachtet war, g\u00e4nzlich unrichtig; dieses sagt nicht nur Herr Sch., sondern auch Rob. Brown, und Ref. hat sich ebenfalls bald nach dem Erscheinen jener Beobachtungen davon \u00fcberzeugt; ja Herr Corda hat das Wesentlichste im Baue des Ey\u00e7hens vor und nach der Befruchtung, selbst nach den, schon damals vorhandenen guten Beobachtungen ganz verkannt.\nEs fragt sich nun, ob die Beobachtungen des Herrn Sch. \u00fcber den B\u00e8fruchtungsakt die richtigen sind, und ob wir in Folge derselben unsere alten ehrw\u00fcrdigen Ansichten \u00fcber das Geschlecht der Pflanzen aufgeben m\u00fcssen.\nRef. ist der Ansicht (und wird dieselbe im dritten Theile seiner Physiologie der Pflanzen beweisen), dafs Herrn Sch. Beobachtungen unsere Kenntnisse \u00fcber den plastischen Prozefs bei der Befruchtung der Pflanzen um einen sehr bedeutenden Schritt weiter gebracht haben, es wird sich aber zeigen lassen, dafs die alten Ansichten \u00fcber das Geschlecht der Pflanzen nach wie vor beibehalten werden m\u00fcssen, ganz abgesehen von der Bildung der Bastarde, welche schon durch jene neue Leh","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"450\nren, wonach die Anthere als ein weiblicher Eyerstock anzuse-hen ist, nicht zu erkl\u00e4ren sind.\nWir kommen jetzt wieder zur\u00fcck zur Betrachtung des Embryo.\nBei dem ersten Auftreten, sagt Herr Schl., erscheint der Embryo als ein membran\u00f6ser Cylinder, nach oben abgerundet und geschlossen, nach unten offen etc. und erf\u00fcllt mit organi-sirbarer Masse, die sich von oben nach unten in Zellen verwandelt, wobei sich die, bei der Zellenbildung \u00fcberall eine h\u00f6chst wichtige Rolle spielenden Zellenkerne zeigen 108). Diesen Cylinder betrachtet nun Herr Schl, als ein Axenge-bilde, dessen oberes Ende zu einer Kugel anschwillt, woraus die Cotyledonen mit mehr oder weniger deutlichen Freibleiben der Spitze (der Axe n\u00e4mlich) hervorwachsen, wodurch denn erwiesen wird, dafs die Axe fr\u00fcher als die Bl\u00e4tter da ist.\nDas erste Auftreten des Embryo\u2019s und die Bildung seiner Theile ist nat\u00fcrlich f\u00fcr die morphologische Deutung der verschiedenen Theile der ausgewachsenen Pflanze von h\u00f6chster Wichtigkeit, daher Ref. die Resultate seiner Beobachtungen hier\u00fcber mittheilt, welche von denen des Herrn Schl, etwas verschieden sind. Jener membran\u00f6se Cylinder, von dem Herr Schl, ausgeht, ist nicht immer vorhanden, wo er aber vor-\n108) In Hinsicht der Bedeutung des Zellenkernes sind in diesem laufenden Jahre sehr wichtige Entdeckungen gemacht, welche \u00fcber die Bildung des Zellengewebes der Pflanzen in vielen F\u00e4llen vollkommenen Aufschlufs geben. Ref. hat auch in vielen F\u00e4llen beobachtet, dafs der Zellenkern urspr\u00fcnglich ebenfalls als einfache kugelf\u00f6rmige Schleimzelle mit einem festen sph\u00e4rischen Kerne versehen, auftritt und sich sp\u00e4ter erst zum scheibenf\u00f6rmigen Gebilde umwandelt, welches sehr h\u00e4ufig durch \u00e4ufserst zarte und zuweilen auch ver\u00e4stelte F\u00e4den an der inneren Fl\u00e4che der Zelle befestigt ist. Aus der Substanz dieser Scheibe bilden sich die ersten Anf\u00e4nge (die Kerne) der Amylum-K\u00fcgelchen und der \u00fcbrigen Zellensaft-Kiigelchen, welche noch einige Zeit hindurch in der Scheibe festsitzen und einen Kreis um den festeren Kern herum bilden. Sp\u00e4ter verschwindet die schleimige Substanz der Scheibe, die Amylum-K\u00fcgelchen u. s.w. vergr\u00d6fsern sich und bleiben noch einige Zeit hindurch in jener kreisf\u00f6rmigen Stellung worin man auch nicht selten die gr\u00fcnen Zellensaft-Kiigelchen in den Epidermis. Zellen findet. In ganz jungen Kartoffeln und in Cactus-Ar-ten habe ich diese Bildung verfolgen k\u00f6nnen. Ref.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"151\nkommt, da bilden sich in demselben Zellenkerne, um diese die Zellenw\u00e4nde, und somit zerf\u00e4llt der Cylinder in Zellen; die Endzeile aber schwillt kugelf\u00f6rmig an, und aus dieser bildet sich der ganze Embryo, welcher sich, bald fr\u00fcher bald sp\u00e4ter, von dem gegliederten Faden trennt, der ans dem filteren Theile des Cylinders entstand und von Herrn v. Mirbel Tr\u00e4ger genannt wurde, er geh\u00f6rt, wie es mir scheint, nicht zu den wesentlichen Theilen des Embryo. Somit erscheint der Embryo bei seinem ersten Auftreten, als ein einfache kugelrunde Zelle, also in der Form der einfachsten Pfl\u00e4nzchen. Diese kugelf\u00f6rmige Zelle bildet sich von Innen heraus zu einer Zellenmasse, und erst bei einer gewissen Gr\u00f6fse derselben wachsen die Cotyledonen hervor, wobei aber auch sogleich ein Auswachsen der Kugel nach dem entgegengesetzten Ende, also die Bildung einer wirklichen Axe erfolgt, ich gestehe jedoch, obgleich ich den Stengel als denjenigen Theil betrachte, aus welchem die Bl\u00e4tter hervorwachsen und dieses auch anatomisch nachgewiesen habe, dafs ich das Freibleiben der Spitze der Embryokugel (punctum vegetationis Wolff's), zwischen den sich hervorschiebenden Cotyledonen nicht bemerke, sp\u00e4ter erst sah ich das Hervortreten der ersten Spur der k\u00fcnftigen Plumula.\nHerr Kunth 109) hat durch Beobachtungen an den Saa-men der Cruciferen nachgewiesen, dafs der Embryo dieser Pflanzen erst beim Reifwerden des Saamens in Folge \u00e4nfserer Ursachen die verschiedenen Formen annimmt, welche er im vollkommen ausgebildeten Zustande zeigt, und dafs jene Verschiedenheiten, da die Ursachen, welche sie erzeugen, bei derselben Pflanze jederzeit wieder eintreten m\u00fcssen, sehr best\u00e4ndige und wichtige Charaktere liefern. Bei Erysimum cheiranthoides L. und E. officinale L. z. B. fand Herr K. im jungen Rainen die Radieula jederzeit den Cotyledonen seitlich gelegen und erst bei vorschreitender Reife wurden die Cotyledonen incumbentes. Im jungen Saamen von Raphanus saiivus fand sich der Embryo noch fast gerade, blofs an der Radicula ge-\n109) Ueber den Embryo der Cruciferen. \u2014 Dieses Archiv*\u00bb 3tcn Jahrganges lten Theil S. 232.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nkr\u00fcmmt; die Cotyledonen flach ansgebreitet und von ungleicher Gr\u00f6fse, wodurch dann sp\u00e4tere Verh\u00e4ltnisse erkl\u00e4rlich werden.\nEine \u00e4hnliche Ver\u00e4nderung der urspr\u00fcnglichen Lage der Th eile w\u00e4hrend des Reifwerdens, beobachtete Herr K un th auch an den Fr\u00fcchten der Cruciferen. Das Ovarium liegt n\u00e4mlich bei diesen Gew\u00e4chsen jederzeit so zur Achse, dafs diese der Scheidewand entspricht; bei Fr\u00fcchten aber, wo sich das Dis-sepimentum ausbreitet, kommt es der Axe seitlich zu liegen.\nHerr Mohl 110) hat eine ausf\u00fchrliche Beschreibung einer Mifsbildung hermaphroditischer Bl\u00fcthenk\u00e4tzchen von Firnis alla gegeben, wodurch verschiedene Punkte in der morphologischen Deutung der Coniferen-Bl\u00fcthen auf eine sehr entschiedene Weise erkl\u00e4rt werden, und die Meinungsverschiedenheit, welche \u00fcber diesen Gegenstand bei verschiedenen Botanikern herrscht, offenbar ausgeglichen werden mufs. Herr M. fand diese Missbildungen an mehreren weiblichen Bl\u00fcthenk\u00e4tzchen von Pinus alla, an deren unterer H\u00e4lfte die Bliithen mehr oder weniger vollst\u00e4ndige Ueberg\u00e4nge zu m\u00e4nnlichen Bliithen bildeten, w\u00e4hrend die obere H\u00e4lfte mit vollkommen normalen weiblichen Bliithen besetzt war, die sich auch bei denjenigen Exemplaren, welche l\u00e4ngere Zeit am Baume stehen bleiben, sehr regelm\u00e4fsig zur Frucht zu entwickeln anfingen. Alle diejenigen Bliithen, welche einen Uebergang zu m\u00e4nnlichen Bliithen bildeten, bestanden, wie die normalen weiblichen Bliithen, aus zwei Organen, der Bractee und dem in ihrer Achsel stehenden Carpellarblatte ; jeder dieser Tlieile wich vom normalen Typus ab, die Bractee war n\u00e4mlich mehr oder weniger vollst\u00e4ndig in einen Staubfaden verwandelt und das Carpellarblatt war, je vollst\u00e4ndiger diese Umwandlung der ihm zugeh\u00f6rigen Bracteen vor sich gegangen war, desto kleiner und weniger entwickelt. Die untersten Bliithen dieser K\u00e4tzchen waren kleiner und die Ovula hatten sich an ihrem Carpellarblatte nicht entwickelt. Bei den h\u00f6her stehenden Bliithen war das Carpellarblatt kleiner, es schlug sich t etwas nach oben um und erhielt eine Zungenform. Bei den h\u00f6chsten Bliithen stellt es eine zusammengefaltete Schuppe dar und war fast ganz gr\u00fcn. In demselben Maafse, wie sich das Carpell verkleinerte, bildete\n110) Ueber die m\u00e4nnlichen Bl\u00fcthen der Coniferen. T\u00fcbingen 1837.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"153\nsich die Bractee mehr aus, nicht sowohl in Hinsicht der Gr\u00f6fse, als vielmehr in Hinsicht der Structur. Bei den untern Blii-then zeigte sich auf der \u00e4ufsern Seite der Bractee \u00fcber ihrer Basis eine rundliche Anschwellung von gelblich gr\u00fcner Farbe, welche in ihrem Innern eine mit Pollenk\u00f6rnern gef\u00fcllte H\u00f6hlung besafs; der obere Theil der Bractee stand wie das Car-pellarblatt senkrecht in der H\u00f6he. Auf der oberen Seite dieser Bracteen verlief, von ihrem Insertionspunkte aus bis gegen die Spitze, l\u00e4ngs ihrer Mittellinie, ein etwas erhabener Kiel, welcher dem Connective der normalen Anthere entsprach. An der Basis war die ganze Bractee zwar etwas contrahirt, aber nicht so stark, dafs man diesen Theil ein wirkliches Filament nennen konnte. Bei denjenigen Bracteen, welche sich den normalen Antheren noch mehr n\u00e4herten, und dieses war bei den meisten der Fall, da fanden sich auf der \u00e4ufseren Seite zwei pollenenthaltende Anschwellungen von l\u00e4nglicher, ovaler Form und gelber Farbe, die an ihrem hintern Ende zum Theil von den Bracteen losgel\u00f6st waren, \u00e4hnlich wie bei Araucaria. Diese Bildungen unterschieden sich von den normalen Antheren nur dadurch, dafs sie kleiner waren, eine st\u00e4rkere Leiste aufzuweisen hatten und g\u00e4nzlichen Mangel des Filamentes zeigten. Ein Theil dieser Antheren sprang in den Suturen der L\u00e4nge nach auf, streute den Pollen aus und vertrocknete alsdann; andere blieben dagegen geschlossen, und erhielten sich mehrere Wochen lang frisch, wodurch sie wieder ihre Natur als Bracteen zeigten.\nAus diesen Erscheinungen, welche die Untersuchung jener hermaphroditischen Bl\u00fcthenk\u00e4tzchen darbot, zieht Herr Mohl folgende Schl\u00fcsse:\n1)\tJede zweif\u00e4cherige Anthere von Pinus und den verwandten Gattungen ist aus der Metamorphose eines einzelnen Blattes hervorgegangen, wie es auch von Robert Brown und Lindley gelehrt wurde.\n2)\tDie Antheren von Pinus entstehen aus Bl\u00e4ttern, welche der Axe des m\u00e4nnlichen Bl\u00fcthenk\u00e4tzchens selbst angeh\u00f6ren und sind nicht, wie dieses Herr Lindley annahm, als laterale, monandrische Bl\u00fcthen zu betrachten, und sind daher auch nicht den Carpellarbl\u00e4ttern des weiblichen K\u00e4tzchens analog.\nSo erscheint es nun auch nothwendig, dafs man die mehr-","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nf\u00e4chrigen Antlieren anderer Coniferen-Gattungen ebenfalls, als liervorgegangen aus der Metamorphose eines einzelnen Blattes betrachtet. Mit allem Rechte erkl\u00e4rt Herr Mo hl, dafs daS Vorhandensein einer gr\u00f6fseren Anzahl von Antheren-Locula-mente nicht als Grund gegen jene Ansicht aufgestellt werden kann, denn es sei nicht abzusehen, warum nicht eben so gut an zwanzig verschiedenen Stellen im Innern eines Blattes sich Pollen bilden k\u00f6nne, als an einem, an zwei, oder an vier Stellen. Auch zeigt das m\u00e4nnliche Bliithen-K\u00e4tzchen von Juniperus in der Zahl der Antlieren - Loculamente wahre Ueberg\u00e4nge zu verschiedenen anderen Coniferen-Gattungen. Es besitzen n\u00e4mlich die untersten Schuppen des Bliithen-K\u00e4tzchens von Juniperus sehr h\u00e4ufig nur zwei Antheren-Loculamente, worin sie mit Pinus \u00fcbereinstimmen; die dreif\u00e4cherigen sind denen von Cunninghamia \u00e4hnlich und sie machen den Uebergang zu den 4 und mehrf\u00e4cherigen Antlieren anderer Gattungen. Hiebei kommt Herr Mo hl auch auf die Erkl\u00e4rung der vielf\u00e4cherigen Antlieren manc ier Cycadeen, welche offenbar ganz auf dieselbe Weise zu erkl\u00e4ren sind.\nSchliefslich sucht Herr Mohl auf eine sehr scharfsinnige Weise die Frage zu entscheiden, ob man das m\u00e4nnliche Coni-feren-K\u00e4tzchen als eine Bl\u00fcthe oder als einen Bliithenstand zu betrachten habe. Das m\u00e4nnliche Coniferen-K\u00e4tzchen, sagt Herr Mohl, hat nur im \u00e4ufseren Ansehen und darin, dafs alle seine Staubf\u00e4den mit der Achse, auf welcher sie stehen, abfalleil, Aehnlichkeit mit einem wahren Amentum und ist daher vielmehr mit einer Bl\u00fcthe zu vergleichen. Die Beweisf\u00fchrung dieser letzteren Annahme hat allerdings weit gr\u00f6fsere Schwierigkeiten ! aufzuweisen, als die Beweisf\u00fchrung, dafs die Ansicht, nach welcher das Coniferen-K\u00e4tzchen als Bliithenstand zu betrachten sei, unrichtig ist. Indessen die Betrachtung des weiblichen Coniferen-K\u00e4tzchens in allen \u00fcebergangsstufen, f\u00fchrt Hr. Mohl zu der Ansicht, dafs die m\u00e4nnliche Coniferenbliithe eben sowohl eine Ann\u00e4herung der Bl\u00fcthenbildung zur Inflo-rescenz, als zum vegetativen Theile der Gew\u00e4chse zeige. Die niedere Stufe der Ausbildung, auf welcher die m\u00e4nnliche Co-liiferenbl\u00fcthe steht, ist aus dem Mangel einer Bl\u00fcthenh\u00fclle und aus der schwachen Verk\u00fcrzung ihrer Achse zu erkennen, und die einzige Absonderung von der vegetativen Achse beruht","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"155\nauf einem kurzen Bliitlienstiele. (Bei jungen Kiefern (Pinus sylvestris), welche zum erstenmale bl\u00fchen, sieht man sehr h\u00e4ufig, dafs ein oder mehrere Nadelpaare an der untersten Stelle der neuen Sch\u00f6\u00dflinge in Antheren verwandelt sind, eine Erscheinung welche sehr Vieles erkl\u00e4rt. Ref.)\nVon besonderem Interesse sind noch die Betrachtungen \u00fcber die weibliche Cycas-Bl\u00fcthe, wo die innige Verwandtschaft zwischen Stammbl\u00e4ttern und Carpellarbl\u00e4ttern noch weit auffallender hervortritt, als bei den Coniferen-Bliithen, denn bei Cycas, sagt Hr. Mo hl ist bei denjenigen Arten, bei welchen das Carpellarblatt noch Fiederbl\u00e4ttchen tr\u00e4gt, die Form von beiden auffallend \u00e4hnlich, und es behalten die Carpellarbl\u00e4tter auch noch in sofern die Natur der Stammbl\u00e4tter bei, als sie sich nicht enge aneinander schliefsen und mit ihrer Production der Stamm das Verm\u00f6gen, weiter zu wachsen und neue Bl\u00e4tter zu erzeugen, nicht verliert, wefshalb der mit Fructifications-bl\u00e4ttern besetzte Theil der Achse seiner Natur nach zwischen Fructifications- und Vegetations-Achse schwankt.\nHerrn Sch lei den\u2019s111) Ansichten \u00fcber die morphologische Deutung des weiblichen Coniferen-K\u00e4tzchen sind von den vorgetragenen sehr abweichend; derselbe erkl\u00e4rt das, was man seit R. Brown als offenes Ovarium betrachtete, f\u00fcr eine schuppenf\u00f6rmig ausgebreitete Placenta und h\u00e4lt R. Brown\u2019s Bractee f\u00fcr das wirkliche Carpellarblatt. Ueberhaupt zeige sich die Placenta, als ein von dem Carpellarblatt in seinem Wachsthum v\u00f6llig unabh\u00e4ngiger Theil bei den Abietineen aufserordentlieh deutlich. Ja sie entwickelt sich hier, wo sie durch nichts gehindert ist, so sehr, dafs sie zuletzt selbst das Carpellarblatt (Bractee der \u00fcbrigen Aut.) nur als einen untergeordneten Nebentheil erscheinen l\u00e4fst. Die ausf\u00fchrliche Auseinandersetzung dieses sehr schwierigen Gegenstandes wird Herr Schleiden in der Folge geben. ^Auch Hr. Schleiden hat ein hermaphroditisches K\u00e4tzchen von Pinus alba gefunden und sagt, dafs jene Ansichten durch diese Mifsbildung auf das gl\u00e4nzendste best\u00e4tigt werden.\nBei Pinus Larix hat Referent dergleichen hermaphrodi-tische K\u00e4tzchen sehr h\u00e4ufig gefunden, und an ihnen ist die\nill) Einige Blicke auf die Entwickelungs-Geschichte etc. S.310.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nUmbildung der wirklichen nadelf\u00f6rmigen Bl\u00e4tter in Carpellar-blatter oder in Bracteen der Autoren wohl am deutlichsten zu verfolgen, so wie auch die Entstehung der Antheren aus den Bl\u00e4ttern, welche die Basis des K\u00e4tzchens umfassen.\nUeber Erscheinungen von Sensibilit\u00e4t und Irritabilit\u00e4t der Pflanzen.\nIn einer Abhandlung unter dem Titel: De la tendance des v\u00e9g\u00e9taux \u00e0 se diriger vers la lumi\u00e8re et de leur tendance \u00e0 la fuir, welche Herr Dut rochet in der Gesammt-ausgabe seiner Memoiren 112) publicirt hat, sind verschiedenc-sehr dunkele Erscheinungen liber die Richtung und Bewegungen einzelner Pflanzen und deren Theile bearbeitet worden. Der gelehrte Verfasser jener Arbeit beginnt zuerst mit der Betrachtung \u00fcber die Richtung der Wurzeln bei der keimenden Mistel ( Viscum album), und kommt hiebei zu bekannten Resultaten. Den gr\u00f6fsten Theil der Abhandlung nimmt jedoch die Betrachtung \u00fcber die Richtung des Stengels der rankenden Pflanzen und deren Ursachen ein; Herr Dut roch et hat die Beobachtung gemacht, dafs einige Pflanzen, wie z. B. Humu-lus lupulus und Convolvulus Sepium das Licht fliehen, w\u00e4hrend andere sich stets dem Lichte zuwenden. Die Stengel der beiden genannten Pflanzen wurden in ein Glas mit Wasser gestellt, und in der N\u00e4he eines kleinen Fensters beobachtet. Die Spitzen der Stengel waren des Morgens gegen das Fenster gestellt, doch im Verlaufe des Tages drehten sie sich vom Fenster ab, w\u00e4hrend sie des Nachts zu ihrer urspr\u00fcnglichen Stellung wieder zuriiekkehrten. Mit dem Welkwerden der Stengel verloren dieselben auch ihr Verm\u00f6gen das Licht zu fliehen. Die entgegengesetzte Richtung in der Bewegung bei Tag und bei Nacht wurde fr\u00fcher schon von Bonnet beobachtet. Herr Dutrochet zieht aus jenen Beobachtungen folgende Schl\u00fcsse: 1) Gewisse Pflanzen fliehen das Licht, und zwar geschieht dieses um sich festen und undurchsichtigen K\u00f6rpern anzulegen. 2) Die Biegung des Stengels gegen das Licht, ebenso wie die vom Lichte ab, also in entgegengesetzter _______ - \\\n112) II. S. 16-140.","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"157\nRichtung, ist das Resultat einer physiologischen Action und nicht einer iiberm\u00e4fsigen Verl\u00e4ngerung der einen Seite des Stengels, wodurch einige Botaniker dieselbe haben erkl\u00e4ren wollen. Die Wurzeln zeigen keine Neigung, weder nach dem Lichte zu, noch vom Lichte abzuwachsen.\nBei der Erkl\u00e4rung der Ursachen, welche das Winden und Kr\u00fcmmen der Pflanzenstengel bewirken, ist Herr Dutro chet sehr ausf\u00fchrlich, er geht aber dabei von Annahmen aus, welche wohl rein hypothetisch sind, und schon im vorigen Jahresberichte (S. 93) als solche bezeichnet wurden. Alle Kr\u00fcmmungen der Pflanzen, werden n\u00e4mlich, wie Herr Dutro chet glaubt erwiesen zu haben, durch die Th\u00e4tigkeit zweier Arten von Geweben hervorgerufen, welche sowohl durch ihre Textur als durch das Princip ihrer Th\u00e4tigkeit von einander verschieden sind; diese beiden kr\u00fcmmungsf\u00e4higen Gewebe sind das Zellengewebe und das Fasergewebe. Das Zellengewebe kr\u00fcmmt sich durch die Wirkung der Endosmose und das Fasergewebe durch die F\u00fcllung mit Sauerstoffgas u. s. w. Herr Dutro chet glaubt beobachtet zu haben, ;dafs die innere Zellenschicht der Rinde im Allgemeinen bei denjenigen Pflanzen die dickere ist, welche sich dem Lichte zu winden, und h\u00e4lt letzteres f\u00fcr eine nat\u00fcrliche Folge, dafs die bei solcher Rinde vorherrschenden, von Aufsen nach Innen kleiner werden Zellen durch Endosmose anschwellen. Die entgegengesetzte Erscheinung sollen nun diejenigen Pflanzen zeigen, welche sich vom Lichte abwenden; hier soll n\u00e4mlich die \u00e4ufsere Rindenschicht die st\u00e4rkere sein. Von dieser Annahme ausgehend, hat Hr. Dutro chet versucht alle die schwierigen Punkte des fraglichen Gegenstandes sehr vollst\u00e4ndig zu erkl\u00e4ren, wobei auch eine Menge specieller Beobachtungen \u00fcber denselben aufgef\u00fchrt werden, welche aber s\u00e4mmtlich sehr leicht zu widerlegen sein m\u00f6chten.\nHerr Brunner 113) zu Bern sucht das Winden der Pflanzen nach verschiedenen Seiten durch den verschiedenen Grad von Reizbarkeit zu erkl\u00e4ren, B. C. weicherdenseibeneigenist. Gesetzt eine Pflanzet stehe -d. in gleicher Entfernung von\n113) Ganz anspruchsloser Versuch, das Links- und Rechts-Winden der vorkoinmenden Pflanzen zu erkl\u00e4ren. \u2014 Flora von 1837. Nro. 41.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"15B\nzwei vorw\u00e4rts, nach Mittag zu befindlichen St\u00fctzen; die Verl\u00e4ngerung der jungen Zweige wird sich ziemlich allgemein in dem Bogen zwischen B und C bewegen. (Wie verh\u00e4lt es sich denn aber bei denjenigen Pflanzen, welche sich dem Lichte ab wenden? Ref.) Besitzt nur die Pflanze hohe Reizbarkeit, so wird sie den fr\u00fchen Strahlen der Sonne sich zuwenden und links eine St\u00fctze suchen, bedarf die Pflanze aber eines l\u00e4ngeren Einflusses des Lichtes, um sich zu einer Richtung zu bestimmen, so wird sich die Pflanze rechts winden.\nWenn diese Erkl\u00e4rung die richtige w\u00e4re, so w\u00fcrde man vielleicht im Stande sein das Drehen oder Winden der Pflanzen nach Belieben zu bestimmen, man brauchte nur diejenigen St\u00fctzen zu entfernen, nach welcher sich die Pflanze hinziehen will, oder die St\u00fctzen nach der entgegengesetzten Seite zu n\u00e4heren, doch wie die Beobachtung lehrt, so hilft dieses Alles nicht. Wie wollte man aber das Rechts- und Links-Drehen an einer und derselben Ranke erkl\u00e4ren, wie es z. B. die Bryonia zeigt?\nIn M. A. Curtis Enumeration of the plants growing spontaneously around Wilmingtou in North Carolina 114) findet man eine Beschreibung der merkw\u00fcrdigen Bl\u00e4tter der Bionaea muscipula, wovon auch schon an verschiedenen Orten instructive Abbildungen erschienen sind. Zuweilen fand Hr. C. dafs die gefangene Fliege in einer schleimigen Substanz eingeh\u00fcllt war, welche als ein aufl\u00f6sendes Mittel auf dieselbe zu wirken schien, wodurch er auf die Vermuthung kam, dafs das gefangene Insekt zur Ern\u00e4hrung der Pflanze verwendet werden m\u00f6chte. Ueber die Absonderung der Fl\u00fcssigkeit, welche in den verschlossenen Bl\u00e4ttern beobachtet ist, erlaubt sich Ref. nur die Bemerkung, dafs sie eine Folge des durch die Transpiration des Blattes angesammelten und in dem verschlossenen Raume niedergeschlagenen Wassers ist, und dieses Wasser ist in einem so warmen Klima, wie das von S\u00fcd-Carolina die Veranlassung der Aufl\u00f6sung des gefangenen Insektes.\nUeber die Catalepsie der Bl\u00fcthen von Bracocephalum\n114) S. Hooker\u2019s Companion to the Botanical Magazine etc Vol II. London 1836. j\u00bb. 5.","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"159\naiistriacum und moldavicum hat Herr Morren115) abermals einige Beobachtungen bekannt gemacht, welche sich an diejenigen anschliefsen, wor\u00fcber im vorigen Jahresbericht Nachricht gegeben wurde. Hr. Morren beobachtete jene Erscheinung bisher an: Dracocephalum virginianum, austriacum und an moldavicum; bei der ersten Art ist die sogenannte Catalepsie in einem hohen Grade bemerkbar, bei der zweiten ist dieselbe weniger bedeutend, und bei Dracocephalum mol-davicum findet sie in noch geringerem Grade statt. Es sind, in der genannten Abhandlung, die \u00e4ufseren Verh\u00e4ltnisse sehr ausf\u00fchrlich und genau beschrieben, durch welche bei den genannten Arten die Erscheinung hervorgerufen wird, welche man mit dem Namen der Catalepsie belegt hat, und Herr Morren kommt abermals zu dem Schl\u00fcsse, dafs jene Erscheinung nicht etwa in einer besonderen Eigenschaft des Zellengewebes, oder in einem Mangel an Elasticit\u00e4t der Bl\u00fc-thenstiele beruhe, sondern ganz und gar, als ein mechanisches Resultat, abh\u00e4ngig von der Stellung der Theile anzusehen ist.\nHerr M. Dassen l16), welcher die sch\u00f6ne Arbeit \u00fcber die Bewegung der Bl\u00e4tter der Phanzen publicirt hat, wovon Herr Wiegmann im laufenden Jahrgange dieses Archivas einen Auszug mittheilte, hat die Aufmerksamkeit der Botaniker auf eine minder beachtete Erscheinung der Blattbewegung gerichtet. Die Bl\u00e4tter der Pflanzen, welche sich bewegen, sind h\u00e4ufig mit Anschwellungen der Basis versehen, andere Bl\u00e4tter bewegen sich aber auch ohne solche Anschwellungen. Die Bewegung dieser letzteren Bl\u00e4tter bietet wiederum bei verschiedenen Pflanzen grofse Verschiedenheiten dar, welche in angef\u00fchrter Abhandlung n\u00e4her beschrieben werden; sie besteht in dem Umdrehen ihrer nat\u00fcrlichen Stellung, welches bald irti Verlauf von einem Tage, bald in l\u00e4ngerer Zeit ausgef\u00fchrt wird. Hr. D. entfernte Aeste von B\u00e4umen und verschiedene andere Pflanzen aus ihrer nat\u00fcrlichen Stellung und band sie in der\n115)\tNotes sur la Catalepsie des Dracocephalum austriacum et moldavicum. \u2014 Bullet. d\u2018 VAcadem. des scienc. de Bruxelles 4837. pag. 390.\n116)\tOnder%oek aangaande de Bladbewegingen, die niet door aanxwellingen ontstaan. \u2014 Tijdschrift voor Natuurlijke Geschiedenis\nen Phys. 1837. IV 1. 2 p.T06 \u2014131.","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nArt an den Stamm fest, dafs dieselben nach Unten hingen, worauf sie sich nach Verlauf von einigen Tagen wieder mehr ausbreiteten, so dafs die oberste Oberfl\u00e4che der Bl\u00e4tter wieder nach Oben gekehrt wurde. Diese Versuche wurden im Juni angestellt, als die Vegetation in voller Kraft war, und ihr Erfolg war in allen F\u00e4llen gleich; die Versuche wurden dann im October wiederholt, wobei die meisten Aeste unbeweglich blieben, nur die Aeste von Rosen, Robinien und den krautartigen Pflanzen suchten ihre fr\u00fchere Stellung wieder einzunehmen. Es fragte sich nun, wodurch die Bewegung der Aeste veranlafst wurde, ob durch eine ihnen selbst einwohnende Ursache, oder durch die Bl\u00e4tter. Zur Entscheidung dieser Frage wiederholte Hr. D. diese Versuche an Aesten mit und ohne Bl\u00e4ttern und es zeigte sich, dafs diejenigen Aeste, denen die Bl\u00e4tter abgenommen waren, in ihrer unnat\u00fcrlichen Lage blieben, so dafs also die Bl\u00e4tter als die Ursache jener Beweg\u00fcng der Aeste anzusehen waren. Hierauf wurden Versuche angestellt um den Mechanismus bei der Bewegung der Bl\u00e4tter kennen zu lernen, ob die Blattnerven dabei aktiv oder passiv w\u00e4ren, u. s. w. und es kam zu den Resultaten, dafs Bl\u00e4tter mit einfachen Nerven und ohne Blattstiele ihre Stellung aus der unnat\u00fcrlichsten in die nat\u00fcrliche eben sowohl ver\u00e4nderen, als solche mit Blattstielen und 2) dafs das Parenchym und nicht die Blattnerven die Ursache hievon sei. Die ferneren Beobachtungen \u00fcber den Mechanismus bei der Bewegung der Bl\u00e4tter mit und ohne Blattstiele gaben folgende Resultate: 1) Alle die Bl\u00e4tter mit einfachen Adern k\u00f6nnen sich in sich selbst umkehren. 2) Die scheinbar ungestielten Bl\u00e4tter, in welchen die Adern auf eine andere Weise ausgebreitet sind, bewegen sich durch eine Biegung in ihrem Anheftungspunkte. 3) Die kurzen steifen, so wie die langen und schlaffen Blattstiele, sind der Bewegung nachtheilig. 4) Ist der Blattstiel nicht iiberm\u00e4fsig steif und lang, so folgt die Umdrehung der Bl\u00e4tter sowohl durch eine halbe Umdrehung in der L\u00e4nge, als auch durch eine Biegung von dem Blattstiele. 5) Bei Folia peltata geschieht die Bewegung theils durch Biegung des Blattstieles selbst, theils durch eine Ver\u00e4nderung in der Richtung des Blattes zum Blattstiele.\nHerr Dassen kommt hierauf zur Untersuchung der Ur-","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"161\n\\ v \\-\nsachen, welche die Bewegung der Bl\u00e4tter veranlassen; es wurden verschiedene Pflanzen, die in T\u00f6pfen befindlich waren, umgekehrt dem Lichte und auch ohne Licht, in vollkommen geschlossenen Kasten, dem Wachsthum \u00fcberlassen. Das Resultat war sehr auffallend; die Bl\u00e4tter der Pflanzen, welche sich nicht umdrehen konnten, starben ab, aber im Finstern drehten sich die \u00fcbrigen ebenso schnell um, als im Lichte, woraus Hr. D. \u00fcberhaupt zu dem Schl\u00fcsse kam, dafs das Licht ebenso wenig die Ursache der Richtung der Bl\u00e4tter nach oben ist, als die Finsternifs die Ursache der Richtung der Wurzeln nach unten. Ebenso ist weder die Wirkung der W\u00e4rme noch die der Feuchtigkeit als Ursache jener Bewegung anzusehen.\nSchliefslich geht Hr. D. zur Betrachtung derjenigen Blattbewegungen \u00fcber, welche durchgehends im Verlaufe von einem Tage geschehen, und zwar ebenfalls ohne Anschwellungen; es sind dieses Erscheinungen, welche, wie es bekannt ist, von Linn\u00e9e unter Pflanzenschlaf verstanden wurden. Herr Dassen h\u00e4lt diese Deutung Lin n\u00e9\u2019s f\u00fcr einen Irrthum (misslag), in welchen der grofse Mann verfallen sei, so wie alle Andere, welche demselben in diesem Punkte fast w\u00f6rtlich nachgeschrieben haben. Vorz\u00fcglich wird Hr. E. Meyer wegen der Arbeit \u00fcber den Pflanzenschlaf angegriffen, welche Ref. in seinem Isten Jahresberichte (1835) als eine h\u00f6chst interessante und geistreiche bezeichnete. Ref. kann hierin Herrn D a s s e n nicht beistimmen, denn alle die sehr guten Beobachtungen, welche Letzterer \u00fcber diese Erscheinung aufgezeichnet hat, lassen sich noch auf anderem Wege deuten und zwar, wenn man vom allgemeinen Gesichtspunkte ausgeht, durch die periodische Erscheinung des Schlafes, welche allen belebten Wesen zuzukommen scheint, mehr naturgem\u00e4fs. Hr. D. stellte einen Topf mit Impatiens Noli tangere w\u00e4hrend der Nacht in einen finstern Raum, und dieses hatte zur Folge, dafs die Bl\u00e4tter auch w\u00e4hrend des folgenden Tages dieselbe Richtung behielten. Eine andere Pflanze wurde bei Tage in einen finstern Raum gestellt und w\u00e4hrend ganzer zwei Tage behielten die Bl\u00e4tter ihre gew\u00f6hnliche Richtung, welche ihnen bei Tage zukommt. Aus diesen und einigen anderen Versuchen schliefst Hr. Dassen, dafs die Bewegungen der Bl\u00e4tter ohne Anschwellungen allein durch den gew\u00f6hnlichen Gang der Vegetation bewirkt werden,\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nund dafs sich dieses offenbart, sobald die Bl\u00e4tter unnat\u00fcrlichen \u00e4ufseren Einfl\u00fcssen blofsgestellt sind.\nReferent stellt hiezu die Frage, ob denn aus den angef\u00fchrten Beispielen die Erscheinung des Pflanzenschlafes zu bestreiten sei? Es lassen sich im Gegentheile ganz \u00e4hnliche Erscheinungen auch bei Thieren nachweisen.\nPflanzen - Krankheiten.\nReferent gab Beobachtungen: IJeber die Entwickelung des Getreidebrandes in der Mays-Pflanze 117), welche das Entstehen dieser unheilbaren Pflanzpn-Krankheit im Inneren der Zellen des erkrankten Theiles nachweisen. Ref. erkennt es als eine ausgemachte Thatsache, dafs der Getreidebrand (Ustilago Link) keine ansteckende Krankheit ist, sondern zu den erblichen geh\u00f6rt, welche aber durch eine Stockung der S\u00e4fte, herbeigefiiht durch \u00fcberm\u00e4fsige und der Natur der Pflanze fremdartige D\u00fcngung veranlafst wird. An einer oder an mehreren Stellen der inneren Fl\u00e4che der erkrankenden Zelle erzeugen sich kleine Schleimablagerungen, aus welchen fadenartige, sich ver\u00e4stelnde Gebilde hervorwachsen, welche ungef\u00e4rbt und fast durchsichtig sind, aber eine Menge kleiner Molek\u00fcle enthalten, welche aus einem etwas festeren Stoffe bestehen. Diese schleimigen F\u00e4den im Inneren der Zellen zeigen alsbald an verschiedenen Stellen Abschn\u00fcrungen, meistens an den Spitzen der kleinen Seiten\u00e4ste zuerst, und diese abgeschn\u00fcrten Endchen nehmen eine ellipsoi-dische, endlich eine Kugelform an, f\u00e4rben sich gelblich und wandeln sich in jene kleine braune Bl\u00e4schen um, woraus der Getreidebrand besteht. Mit der Anh\u00e4ufung dieser Brandbl\u00e4schen in den erkrankten Zellen beginnt die Zerst\u00f6rung der Zellenw\u00e4nde durch Aufl\u00f6sung, und dann findet man die Bl\u00e4schen in grofsen Massen neben einanderliegend, das ganze Innere des erkrankten Organes ausf\u00fcllend, oft ohne eine Spur der urspr\u00fcnglichen Zellenw\u00e4nde dazwischen zu zeigen.\nHerr L\u00e8ve ill\u00e9 118) hat in der philomatischen Gesell-\n117)\tS. dieses Archiv\u2019s 3ten Jahrganges lstcn Band. S. 419=\n118)\tVInstitut de 1837. p. 191.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"163\nSchaft zu Paris einen Vortrag \u00fcber die Uredines gehalten, worin er sowohl die Ansicht des Herrn Turpin, so wie diejenige des Herrn Unger \u00fcber die Entstehung und Bedeutung dieser Bildungen bestritten hat. Herr L \u00e9veill\u00e9 h\u00e4lt dieUredines f\u00fcr wirkliche parasitische Pilze und nicht f\u00fcr Krankheiten der Pflanzen, worauf dieselben Vorkommen; sie sollen aus einem byssoidischen Gewebe unter der Epidermis der Gew\u00e4chse entstehen. Wahrscheinlich wird uns Hr. L. ausf\u00fchrlichere Mittheilungen \u00fcber diesen Gegenstand bekannt machen, um seine Angaben zu erweisen, welchen, so weit dieselben mitgetheilt sind, Referent nicht beistimmen kann, dessen Untersuchungen aber auch lehren, dafs die von Hrn. Unger aufgestellte Ansicht, als w\u00e4ren jene Gew\u00e4chse als Krankheiten der Respirations-Organe zu betrachten, nicht richtig ist, denn sie alle nehmen ihren Ursprung in den Zellen.\nHerr v. Voith 119) zu Regensburg hat gewisse abnorme Gebilde beschrieben, welche er im Holze der R\u00fcster (Ulmus) beobachtet hat; es sind dreieckige, einer zusammengedr\u00fcckten Kr\u00e4mertute nicht un\u00e4hnliche Gebilde, welche von der Rinde aus in das Innere des Holzes hineingehen. Da bei der Beobachtung dieser Gebilde das Mikroskop gar nicht angewendet ist, und Ref. dieselben in unserem, bei Berlin vorkommenden R\u00fcsterholze nicht findet, so kann er aus der mitgetheilten Beschreibung zu keiner richtigen Vorstellung dar\u00fcber gelangen, denn es wird dabei nicht einmal bemerkt, ob der fremdartige K\u00f6rper aus Rinden-Substanz oder aus Holz besteht. Wohl m\u00f6chte ich vermuthen, dafs diese krankhaften Bildungen aus der Rinden-Substanz gebildet werden, und dafs die Ursache dieser Deformit\u00e4t, wie es Hr. v. Voith vermuthet, in dem Besteigen der B\u00e4ume mit Steigeisen zu suchen sei, wodurch die Rinde in das Holz hineingequetscht, aber nicht zerst\u00f6rt wird. Die neuen Jahresringe des Holzk\u00f6rpers dr\u00e4ngen sich sp\u00e4ter um die Spitze der eingedr\u00fcckte^ Rinden durch, u. s. w. Sind des Referenten Voraussetzungen richtig, so ist alles Uebrige leicht zu erkl\u00e4ren.\n119) Ueber ein sonderbares Gebilde in der Ulme. \u2014 Flora von 1837. Nro. 17.\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nHerrn Dutrocbet\u2019s Mittheilungen \u00fcber die Bildung des Mutterkorns wurden schon S. 159 aufgef\u00fchrt.\nUeber die Wirkung der Gifte auf die Pflanzen sind durch Herrn F. A. W. Miquel 120) wiederum sehr zahlreiche Versuche angestellt worden; es wurden gr\u00f6fstentheils abgeschnittene Pflanzentheile in Anwendung gesetzt, und kaustisches Ammonium, essigsaures Blei, Gall\u00e4pfel-Tinctur, Campher, Kirschlorbeer-Wasser, Opium- und Hyoscyamus-Extrakt in Hinsicht ihrer Wirkung auf dieselben beobachtet. Bei dem Ammonium und dem Campher wurde auch die Wirkung dieser Stoffe in Dampfform beobachtet, und Hr. M. erhielt im Allgemeinen bei allen seinen zahlreichen Versuchen ganz \u00e4hnliche Resultate, als schon von seinen Vorg\u00e4ngern aufgestellt waren. Referent f\u00fcgt jedoch noch die Bemerkung hinzu, dafs die Schnelligkeit, mit welcher die verschiedenen Gifte auf die abgeschnittenen Pflanzentheile einwirken, ganz und gar von der Verdunstung derselben abh\u00e4ngt, denn nur in Folge dieser saugt der abgeschnittene Pflanzentheil das dargebotene Wasser mit dem Gifte ein u. s. w.; man mufs also bei solchen Beobachtungen, wenn man k\u00fcnftig \u00fcbereinstimmende Resultate erhalten will, auch den Feuchtigkeits-Zustand und die W\u00e4rme der Luft beobachten.\nZur Pflan zen-Geographie.\nDie interessanten Mittheilungen, welche Herr Alexander von Humboldt121) \u00fcber seine Besteigung des Chimborazo\u2019s gegeben hat, enthalten auch wichtige Thatsachen f\u00fcr die Pflanzengeographie, welche zugleich als berichtigend f\u00fcr die Angaben des Obersten Hall angesehen werden m\u00fcssen, die im ersten Jahrgange dieses Archives mitgetheilt wurden. Ueber die H\u00f6he von 9720 Fufs hinaus fand Hr. Alexander vonHum-boldt den Chimborazo mit grofsen Ebenen umgeben, welche stufenweise \u00fcber einander liegen; die erste Stufe ist 10200,\n120)\tProeven over de Wer Icing van Vergiften of Planien. \u2014 Tijdschrift voor Natuurlijlce Geschiedenis en Physiologie. 1837. IV 1. 2. pag. 154 \u2014 208.\n121)\tUeber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. \u2014 Schumacher\u2019s Jahrbuch f\u00fcr 1837. S. 176 \u2014 206.","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"165\nN \u25a0\"\ndre zweite 11700Fufs hoch, und sie sind so horizontal, dafs man einen Seeboden zu sehen glaubt\u00bb Die weit ausgedehnten Grasfluren (las Pajonales) sind am Chimborazo, wie \u00fcberall um die hohen Gipfel der Andeskette, so einf\u00f6rmig, dafs die Familie der Gr\u00e4ser (Arten von Paspalum, Andropogon, Bi'omus, Dejeuxia, Stipa) selten von dicotyledonischen Pflanzen unterworfen werden, wodurch die Vegetation grofse Aehn-lichkeit mit der Steppennatur des n\u00f6rdlichen Asien\u2019s zeigt. Nur Calceolarien, Compositen und Gentianen, worunter G. cernua mit purpurrothen Bliithen, erheben sich in jenen Hochebenen zwischen den gesellig wachsenden Gr\u00e4sern, welche der gr\u00f6fsteu Zahl nach nordeurop\u00e4ischen Geschlechtern angeh\u00f6ren. Auch stimmt die mittlere Temperatur dieser H\u00f6hen ungef\u00e4hr mit derjenigen des n\u00f6rdlichen Deutschlands, z. B. von L\u00fcneburg in 53\u00b0 15' Breite. Der h\u00f6chste Punkt, welchen Herr Alexander von Humboldt auf der Spitze des Chimborazo erreichte, lag in der H\u00f6he von 18097 Pariser Fufs ; nur einige Steinflechten waren bis \u00fcber die Grenze des ewigen Schnee s gefolgt. Die letzten, welche gesammelt wurden, waren Lecidea atrovirens und Gyrophora rugosa Achar. ungef\u00e4hr in 2820 Toisen H\u00f6he. Das letzte Moos, Grimmia longirostris, gr\u00fcnt 400 Toisen tiefer.\nHerrn v. Baer\u2019s denkw\u00fcrdige Reise nachNowaja-Semlja ) hat eine der gr\u00f6fsten L\u00fccken in den Quellen f\u00fcr das Studium der wahren Pflanzen-Geographie ausgef\u00fcllt. Alles, was wir fr\u00fcher \u00fcber die Vegetation in der Polarzone, \u00fcber die Grenzen Europa\u2019s hinaus wufsten, das beschr\u00e4nkte sich auf ganz vereinzelte Nachrichten, jetzt aber, nachdem ein Gelehrter, wie Herr v. Baer das unbekannte Nowaja-Semlja besucht hat, haben wir eine Schilderung der Vegetations-Verh\u00e4ltnisse dieser Zone erhalten, wie sie nur wenige Gegenden aufzuweisen haben.\nEs hat sich neuerlichst ergeben, dafs Nowaja-Semlja als eine Fortsetzung des n\u00f6rdlichen Ural\u2019s zu betrachten ist, wodurch es schon im Voraus wahrscheinlich wurde, dafs die Vegetation jener Inseln mit derjenigen in der Region der Alpenkr\u00e4uter des s\u00fcdlichen Ural\u2019s \u00fcbereinstimmen m\u00f6chte. Doch\n122) S. Bulletin scient if. publi\u00e9 far \u00ef Acad\u00e9mie imp\u00e9riale des sciences de Saint-Petersbourg. Tome III p. 171.\n*","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nwir gehen zu Herrn v. Baer\u2019s Schilderungen \u00fcber das Klima und die Vegetation von Novaja-Semlja \u00fcber. Nirgends sah man zusammenh\u00e4ngende Grasdecken, welche den Namen einer Wiese verdient h\u00e4tten, ja nicht einmal eine zusammenh\u00e4ngende Moosdecke; selbst die laubf\u00f6rmigen Flechten gedeihen auf Nowaja-Semlja n^ir k\u00fcmmerlich, w\u00e4hrend die krustenf\u00f6rmigen Flechten jeden Block von Augitporphyr \u00fcberziehen und auch auf den anderen Gesteinen, doch weniger h\u00e4ufig Vorkommen. Dry as octopetala dagegen \u00fcberzieht in zusammenh\u00e4ngenden falben Rasen trockene Bergabh\u00e4nge die von Schutt gebildet sind. Das Heidekraut fehlt daselbst, sowie Empetrum nigrum, Arbutus alpina, Betula nana, Ledum palustre, Rubus Chamaemorus u. s. w., kurz alle diejenigen Pflanzen fehlen hier, welche Ref. in seiner Pflanzen - Geographie als characte-ristisch f\u00fcr den s\u00fcdlicheren Theil der Polar-Zone angef\u00fchrt hat, die er als arktische Zone von der Polir-Zone zu trennen versuchte. Abwesenheit der Vegetation, sagt Herr v. Baer, ist der Character der Nowaja-Semljaer W\u00fcsten; einzeln stehende Individuen der Gattung Draba findet man daselbst\u201c. Die Tr\u00fcmmerhaufen der festen Gesteine zeigen die incrustirenden Flechten, F errucaria geographica ist die gew\u00f6hnlichste, das Stereocaulon pasch aie und vereinzelt stehende Exemplare von Cochlearia und Papaver nudicaule. Der Felsenschutt ein mehr verwittertes Gestein zeigt rasenf\u00f6rmig ausgedehnte Pflanzen, wie Silene acaulis, Saxifraga oppositifolia, Arenaria rubella. Dazwischen wachsen Draba alpina und andere Arten, Arenaria ciliata, Myosotis vil-losa, Dry as octopetala. Der Lehmboden, welcher im Sommer austrocknet und in 1 \u2014 3 Zoll breiten Rissen in den bekannten, mehr oder weniger regelm\u00e4fsigen Polygonen aufspringt, zeigt Platypetalum purpurascens, Saxifraga-Arten, als S. HirculuSy Draba verna in vereinzelt stehenden Exemplaren. In den Furchen sammeln sich allm\u00e4lich Moose und in diesen w\u00e4chst Salix polaris, der gemeinste der hiesigen Str\u00e4ucher, dessen Aestchen ganz kurz sind und nur 2 Bl\u00e4tter mit dem K\u00e4tzchen aus der sch\u00fctzenden Decke erheben, neben Eriophorum - Arten.\nAls Pflanzen des sterilsten Bodens werden angef\u00fchrt Rhodiola rosea, Erigeron coniflorum, ein Vactinium, das\n","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"167\nmit dem holzigen Stamme in engen F eisenritzen sitzt und nur die Bl\u00e4tter hervortreibt, Papaver nudicaule, Ranunculus nivalis, der nur Schneewasser verlangt und schon in Bliithe steht, wenn der Boden noch nicht \u00fcber 1\u00b0 erw\u00e4rmt ist. Fast ebenso gen\u00fcgsam ist Oxyria renifarmis.\nAber es giebt auch sch\u00f6n geschm\u00fcckte Stellen in Nowaja-Semlja, wo die Vegetation alle Farbenpracht gleichsam auf den Boden ausgesch\u00fcttet hat, denn die sch\u00f6nen Blumen erheben sich nur wenige Zoll. Die purpurfarbigen Blumen dei Silene acaulis und Saxifraga oppositifolia, die blauen Blumen der Rasen von Myosotis vilbsa waren bunt mit goldgelben Ranunkeln und Drapa alpina, mit pfirsichbl\u00fcthigen Parry en, weifsen Cerastien, blauen Polemonen und dem niedlichen Vergifsmeinnicht gemischt, und machten den Eindruck eines bunten Teppichs. Obgleich diese Vegetation offenbar mit derjenigen der Alpenregion s\u00fcdlicherer Gebirge \u00fcbereinstimmt, so macht doch Hr. v. Baer die Bemerkung, dafs hier die einzelnen Gew\u00e4chse in gr\u00f6fseren Massen, auf Nowaja-Semlja dagegen viel bunter durch einander stehen, so dafs man auf einem Spaziergange von einer halben W erst fast die halbe Flor von Nowaja-Semlja vereint fand.\nBesonders beg\u00fcnstigte Stellen mit einer ziemlich dichten Pflanzendecke v\u00f6llig bekleidet, sind auf Nowaja-Semlja sehr selten; die Ranunkeln, aufser Ranunculus nivalis, sind fast nur auf diese humusreichen Stellen beschr\u00e4nkt.\nWie soll aber auch auf jenen unwirthbaren Inseln eine bedeutendere Vegetation Vorkommen, da der w\u00e4rmste Monat in Nowaja-Semlja nur so viel Wr\u00e4rme zeigt, als der October in Drontheim, der December in Edinburgh und der Januar im mittleren Frankreich. Hr. v. Baer zeigt nun, dafs jene Ansicht, als gehe im hohen Norden die Vegetation \u00e4ufserst rasch vor sich, wenigstens f\u00fcr den h\u00f6chsten Norden nicht richtig ist, denn bei einem 3 w\u00f6chentlichen Aufenthalt in einer und derselben Gegend fand man den Fortgang der Vegetation weit langsamer als in niederen Breiten, dort kommen aber nur solche Pflanzen vor, welche eine sehr kurze Vegetationszeit bed\u00fcrfen, etwa wie bei uns die Fr\u00fchlingsblumen. Die gemeine Kresse wurde im Mai zu St. Petersburg und im Juli in der Breite von Matotschkin - Schar ausges\u00e4et und die Entwickelung","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nderselben an letzterem Orte ging dreimal so langsam vor sich als an ersterem Orte; daher ist es denn auch wirklich erkl\u00e4rlich, dafs man beim Eintritt des Winters fast nirgends reife Saamen auf Nowaja-Semlja fand. Pflanzen wie Tussilago frigida, Salix Brayi und das angef\u00fchrte Vaccinium scheinen sogar nicht einmal zur Bliithe zu kommen, woraus man vielleicht auf ihre Einwanderung von den K\u00fcsten der Nachbarschaft schliefsen zu k\u00f6nnen glaubt. Obgleich auch Herr v. Baer die Annahme einer solchen Einwanderung der Pflanzen als etwas schwer Annehmbares bezeichnet, so bemerkt er doch, dafs wer diese Gegenden selbst bereist hat, gewifs f\u00fcr dieselben gestimmt sein werde. Die K\u00fcsten sind im Allgemeinen immer reicher an Pflanzen, als entferntere Gegenden, und das Eis m\u00f6chte Herr v. Baer f\u00fcr das beste Mittel zur Strandung der wandernden Saamen ansehen. Die Pflanzen Spitzbergens sind fast ohne Ausnahme in Nowaja-Semlja gefunden, aber auch einige andere Pflanzen sind daselbst, welche man bisher nur in Nordamerika angetroffen hat, und daher auch als eingewanderte auf Nowaja-Semlja betrachten m\u00f6chte.\nHerr v. Baer handelt hierauf sehr ausf\u00fchrlich \u00fcber die Hohe der ewigen Schneegrenze auf Nowaja-Semlja, kommt aber zu dem Resultate, dafs es unm\u00f6glich ist eine allgemeine Bestimmung daf\u00fcr anzugeben, indem der Einflufs der Locali-t\u00e4ten dabei auffallend grofs sei. Trotz der geringen W\u00e4rme schmilzt gegen Ende des Juli aller Schnee in der Ebene, doch m allen Buchten und Vertiefungen wird der Schnee nicht zum g\u00e4nzlichen Schmelzen gebracht. In einem so kalten Lande, wo die mittlere Temperatur der Luft so aufserordentlich niedrig ist, da mufs die h\u00f6here Erw\u00e4rmung des Bodens durch die Sonnenstrahlen auf das Vorkommen der Vegetation von h\u00f6chster Wirkung sein, und Hr. v. Baer hat diesem Gegenst\u00e4nde die umsichtigste Beachtung geschenkt. Durch diese h\u00f6here Erw\u00e4rmung der Oberfl\u00e4che des Bodens wird einmal die unterste Luftschicht und zweitens die der Oberfl\u00e4che zun\u00e4cht liegende Erde erw\u00e4rmt, und wie die Beobachtungen lehren, so findet auch auf Nowaja-Semlja die ganze Vegetation in diesen kleinen Regionen statt. Nur ganz kurze Wurzeln steigen daselbst in die Tiefe, aber jede l\u00e4ngere Wurzel l\u00e4uft unter der Oberfl\u00e4che des Bodens fort. Meistens l\u00e4uft die Wurzel fast liori-","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"169\nzontal fort und bildet mit dem Stamme einen rechten Winkel. Die Riesenform unter den Str\u00e4uchern von Nowaja-Semlja ist Salix lanata ; sie wird spannhoch, w\u00e4hrend die Wurzeln, oder vielleicht richtiger der unterirdische Stamm die Dicke eines Zolles betr\u00e4gt, und bis auf 10 \u201412 Fufs L\u00e4nge entbl\u00f6fst wurde ohne das Ende zu zeigen.\nWegen der geringen Erw\u00e4rmung der Luft, welche sich eigentlich nur auf die unterste Schicht beschr\u00e4nkt, erheben sich die Pflanzen daselbst nur auf 2 \u2014 3 Zoll, die von 4\u20145 Zoll H\u00f6he sind schon seltener, und von 6 Zoll sehr selten. Salix Brayi scheint recht anschaulich zu machen, dafs die Luft in 8 Zoll H\u00f6he nicht mehr genug W\u00e4rme erh\u00e4lt um eine Knospe zu entwickeln.\nAehnliche interessante Nachrichten verdanken wir Herrn v. Baer123) \u00fcber die Vegetation an verschiedenen Punkten der K\u00fcsten des weifsen Meeres, welche mit derjenigen Von Lappland, die uns so genau bekannt ist, die gr\u00f6fste Ueber-einstimmung zeigt. An der Ostk\u00fcste des weifsen Meeres in 65\u00b0 20' n.Br. waren die Abh\u00e4nge der Winterberge reich rnitB\u00e4u-men und Str\u00e4uchern besetzt und prangten mit \u00fcppigen Paeonien (P. intermedia Meyer), Aconiten, Rosa spinosissima, Hedy sarum neglectum, Polemonium co^rulium, doch in den H\u00f6hen von 150\u2014200 Fufs trat wiederum ganz der nordische Character ein. An der Siidkiiste von Lappland (66\u00b0 10'n.Br.) war die Vegetation sehr verschieden von der vorher geschilderten. Hier traten die Ebenen mit Flechten und Moosen bedeckt auf, mit Rubus Chamaemorus und Vaccinium uligi-nosum durchwachsen. Bei 67\u00b0 Breite fand Herr v. Baer rasenf\u00f6rmig sich ausdehnende Wucherungen von Hiapensia lappo-nica, Arbutus alpina, Azalea procumbens,Empetrum nigrum und Heidekraut. Doch in der N\u00e4he der K\u00fcste sieht man an einzelnen Punkten auch etwas Baumwuchs. Kornbau findet in diesen Gegenden nicht statt.\nAus Herrn A. Erman\u2019s 124) Reisebericht entnehmen wir folgende Beitr\u00e4ge f\u00fcr die Pflanzen-Geographie : In der N\u00e4he von\n123)\tS. Bullet, scientif. de VAcad. de St. Petersbourg. //. pag. 132 \u2014 144.\n124)\tHeise um die Erde durch Nord-Asien und der beiden Oceane in den Jahren 1828\u20141830. II, Iste Abtheilung.","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"470\nTobolsk, in 58\u00b0 n. Breite sind die h\u00fcgeligenGegenden mit dichten W\u00e4ldern aus Tannen, Fichten, Pappeln und sehr hohen Birken bedeckt. Bei Irkuzk und der n\u00e4chsten Umgebung (52\u00b0 n. Br.), w\u00e4chst Pyrus baccata mit Erbsen - grofsen Fr\u00fcchten; bei Kjachta sind sie von der Gr\u00f6fse einer Kirsche. Auch w\u00e4chst bei Neotschinck die wahre Aprikose mit saftloser Fruchth\u00fclle aber wohlschmeckenden Mandeln, und dicht daneben die sibirische Zirbelfichte.\nUeber Jakuzk unter 62\u00b0 Breite giebt uns Herr Er man sehr interessante klimatologische Nachrichten, welche f\u00fcr die Pflanzen-Geographie ganz besonders wichtig sind. Die Boden-Temperatur daselbst zeigte in 50 F. Tiefe \u2014 6\u00b0 R. und hiemit \u00fcbereinstimmend ist auch die mittlere W\u00e4rme der Luft 1 2 5). In jedem Jahre f\u00e4llt daselbst die Temperatur unter \u2014 40\u00b0 R. ; den 25. Jan. 1829 sogar bis \u2014 46,4\u00b0 R. Der letzte Nachtfrost f\u00e4llt auf den 12. Ma\\ und nun w\u00e4hrt der Sommer bis zur Mitte des September. Die mittlere W\u00e4rme zu Jakuzk ist im Juni, Juli und August, 11, 15 und 13\u00b0 R. und oft sieht man daselbst das Thermometer im Schatten unter 20\u00b0 R. steigen. Mehrere Getraidearten, als Sommerwaizen und Roggen werden in der N\u00e4he der Stadt ges\u00e4et und tragen 15- bis in einzelnen F\u00e4llen selbst 40f\u00e2ches Korn, obgleich der Boden nur 3 Fufs tief ungefroren ist. In den G\u00e4rten werden Kartoffeln, Kohl, R\u00fcben, Radieser und in Mistbeeten auch Gurken gezogen.\nSelbst von der Lena aus erstrecken sich die Isothermen nicht gerade nach Osten, sondern steigen auch stark nach Norden. Bei Antscha einen Grad n\u00f6rdlicher als Petersburg und 2244 Par. Fufs \u00fcber dem Meere, war die Vegetation \u00fcppiger als am Brockenkruge im Harze. Hochst\u00e4mmiges Laubholz zierte daselbst die W\u00e4lder. Bei der Reise \u00fcber das Aldami-sclie Gebirge wurde Betula nana h\u00e4ufig gefunden, welche aber gegen die kalte \u2018Bergluft empfindlicher ist als die L\u00e4rche. Bei 3444 Par. Fufs am Ende des Antscha-Thales standen noch viele L\u00e4rchen, wodurch sich die Temperatur-Verh\u00e4ltnisse im \u00f6stlichen Theile des Aldamischen Gebirges g\u00fcnstiger zeigen als\n125) Anmerk. Das Bodeneis soll daselbst nach gang neuen Mittheilungen 382 Fufs M\u00e4chtigkeit haben.","page":170},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\ndings auch in der n\u00e4chsten Umgegend aber weniger entwickelt und nicht in voller Vegetation. Der w\u00e4rmste Punkt war eine mit 6 Zoll dicken Rasen bedeckte Stelle, welche noch in 3 Zoll Tiefe 45\u00b0 R. zeigte. So ausgezeichnet diese hohe Boden-Temperatur auch f\u00fcr unsere Gegenden sind, so sind doch \u00e4hnliche f\u00fcr gewisse tropische Gegenden sehr gew\u00f6hnlich. An der K\u00fcste der Insel Lantao (China) habe ich im AugustNach-mittags 3^ Uhr, das Wasser einiger Reisfelder zu 36\u00b0 R. gemessen, offenbar war der danebenliegende Sand, der ganz mit Pflanzen bedeckt war, noch h\u00f6her erw\u00e4rmt, denn zur Mittagszeit hatte ich die schwarzen W\u00e4nde des Schiffes bis auf 49,2\u00b0 R. erw\u00e4rmt beobachtet.\nAls Einleitung zu dieser Arbeit hat Hr. Goeppert sehr ausf\u00fchrliche historische Nach Weisungen \u00fcber das Vorkommen der Pflanzen in heifsen Quellen und in ungew\u00f6hnlich warmen Boden gegeben, welche f\u00fcr k\u00fcnftige Bearbeiter dieses Gegenstandes sehr erw\u00fcnscht sein m\u00fcssen.\nUeber die geographische Verbreitung der Cacteen hat Herr ^uccarini 128) bei seiner Bearbeitung dieser Familie sehr ausf\u00fchrlich gehandelt. Das Vorkommen der Cactus-Ge-w\u00e4chse ist in der neuen Welt vom 49' n. Breite bis zu den s\u00fcdlichsten Theilen von Chile beobachtet, und es l\u00e4fst sich erwarten, dafs diese Pflanzen in der s\u00fcdlichen Hemisph\u00e4re eben so tief nach S\u00fcden hinabgehen, als sie in der n\u00f6rdlichen nach Norden hinaufsteigen. Ihre vertikale Verbreitung geht durch alle Regionen hindurch, aus der heifsen Ebene der Tropen bis in die N\u00e4he der ewigeu Schneegrenzen. Auf der Westseite von Nordamerika wurden in 44 \u2014 45\u00b0 Breite noch in bedeutenden H\u00f6hen einige Arten dieser Familie gesammelt, und Nuttall hat in gleichen Breiten mehrere Cacteen auf den hohen Bergen im Mandan-Districte entdeckt. Auf der Ostseite von Nordamerika sind Opuntien bis zu 41\u00b0 Breite beobachtet. ,,Eine so ausgedehnte Verbreitung der Familie, sagt Herr Zuc-carini, l\u00e4fst nat\u00fcrlich auch eine grofse Mannigfaltigkeit der eigenth\u00fcmlichen Standorte einzelner Arten erwarten. Es mufs\n128) Denkschriften der mathematisch-physikalischen Classe der K\u00f6nigl. Akademie der Wissenschaften zu M\u00fcnchen. Bd. II. 1837. Auch in der Allgemeinen Gartenzeitung von Otto und Dietrich. Nro. 8, 9 und 10<v 1837. mitgetheilt.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"173\naber hiebei bemerkt werden, dafs mit Ausnahme der cultivir-ten Opuntien und Cereen alle \u00fcbrigen Species nur auf kleine Distrikte in ihrem Vorkommen beschr\u00e4nkt sind, und dafs deshalb Angaben, wie z. B. von Meyen \u00fcber das Vorkommen des mexikanischen Cereus senilis auf den Anden von Chili wahrscheinlich auf durch Mangel an Vergleichung herbeigef\u00fchrten Irrungen beruhen.\u201c Ref. freut sich hier\u00fcber einigen Aufschlufs geben zu k\u00f6nnen. Ich habe den Cereus senilis auf den Anden von Chili nicht gesehen, weils also auch nicht, wie Herr Z. zu jener sonderbaren Angabe kommt; dagegen sah ich einen Cereus in den Cordillern des s\u00fcdlichen Peru, welcher dem Habitus nach dem Cereus senilis unserer Gew\u00e4chsh\u00e4user gleich erschien, ja ich habe denselben auf meiner schnellen Reise nicht einmal ganz in der N\u00e4he gesehen, viel weniger n\u00e4her betrachtet, so dafs er sehr wohl eine andere Species sein kann, doch mufs man dieses nicht zu fr\u00fch behaupten, denn die climatischen Verh\u00e4ltnisse, worin der Cereus senilis in Mexico vorkommt, und die im s\u00fcdlichen Peru, in jener H\u00f6he, wo ich diese Pflanzen fand, sind sich \u00e4ufserst \u00e4hnlich. Auch hat ja Hr. LJehmann einen Cereus Brady pus aus Brasilien beschrieben, welchen Hr. Pfeiffer mit Cereus senilis Haw. f\u00fcr synonym erkl\u00e4rt. Diese Angaben m\u00fcssen aber auf wirklichen Vergleichungen beruhen, und dann w\u00e4re es am Ende doch noch irrig, wenn man den Cacteen-Arten ganz allgemein ein sehr beschr\u00e4nktes Vorkommen zuschreiben wollte. Ueberhaupt eigenen sich Pflanzen von sehr beschr\u00e4nkten Stationen nur selten zu grofser k\u00fcnstlicher Verbreitung, was wir doch bei den Cacteen sehen.\n\u201e Die Unterlage des Bodens scheint bei den Cacteen ziemlich gleichg\u00fcltig zu sein, denn es werden die einzelnen Arten ohne Unterschied auf Kalk, Sandstein, Urgebirge und auf vulkanisch-alterirten Gebirgsarten gefunden.\u201c Selbst am Seestrande sind sie nicht selten zu finden, besonders Cereen und Opuntien, doch kann Ref. nicht beistimmen, wenn Hr. Z. sagt, dafs s\u00e4mmtliche Cacteen, mit Ausnahme der Peireskien freien sonnigen Stand verlangen. Alle diejenigen Cacteen, welche ein anhaltend heifses und feuchtes Clima verlangen, und nicht selten parasitisch, d. h. auf den Rinden anderer B\u00e4ume Vorkommen, als die Epipliylleen nach Herrmann\u2019s Annahme,","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"/\n174\nund auch viele Rhipsalis- Arten, wuchern am kr\u00e4ftigsten im Schatten; die Peireskien dagegen, welche mir in ihrem Vaterlande vorkamen, standen ganz frei der Sonne ausgesetzt. Es werden ferner durch Hrn. Z u c c a r i n i eine Reihe von Beobachtungen aufgef\u00fchrt, aus welchen sich ergiebt, dafs das Clima, welches den verschiedenen Cacteen zusagt, von der Hitze der Tropenl\u00e4nder bis zur Temperatur der k\u00e4lteren gem\u00e4fsigten Zone durchgeht, dafs es also auch f\u00fcr die Cultur unm\u00f6glich sei, alle Arten unter gleichen \u00e4ufseren Einfl\u00fcssen naturgem\u00e4fs zu erhalten, wenngleich auch den meisten Arten eine bedeutende Schmiegsamkeit nicht abzusprechen ist. F\u00fcr eine grofse Anzahl von mexikanischen Cacteen hat Herr v. Karwinski die nat\u00fcrlichen Stand\u00f6rter und die H\u00f6hen, worin dieselben Vorkommen, angegeben und sie in dieser Arbeit des Hrn.Zuccarini publiciren lassen. Der Echinocactus macrodiscus kommt dort noch zwischen 9 und 10000 Fufs H\u00f6he vor.\nBei der Betrachtung \u00fcber die Verbreitung der Cacteen aufserhalb Amerika, neigt sich Hr. Zuccarini zu der Ansicht, dafs Rhipsalis Gassy tha auch auf Isle de France und Bourbon, sowie Gereus flagelliformis auch in Arabien einheimisch sind, und daselbst nicht etwa in einem verwilderten Zustand \u00fcbergegangen sind. Dafs in Indien Opuntien Vorkommen, ist als eine ganz ausgemachte Sache zu betrachten, doch \u00fcber die Verbreitung der Opuntien in Afrika und dem s\u00fcdlichen Europa sind wenig sichere Nachrichten vorhanden. Des fontaines f\u00fchrt die gelbbl\u00fchende Opuntia f\u00fcr die Barbarei an; in Griechenland ist sie sehr h\u00e4ufig. In Tyrol kommen die Opuntien bis zu 47\u00b0 Breite; im n\u00f6rdlichen Italien wachsen nur Opuntia italica Tenore und 0. vulgaris M\u00fcller, im s\u00fcdlichen Italien dagegen mehrere Arten. In Spanien sind die Opuntien so zu Hause, dafs hier zum Theil die Frage entsteht, ob nicht einige Arten von Spanien nach Amerika, oder von Amerika nach Spanien gekommen sind. Die Opuntia Tuna de Castilla wird in Amerika ganz vorz\u00fcglich der sch\u00f6nen Fr\u00fcchte wegen gebauet.\nAuch \u00fcber die Benutzung der verschiedenen Cacteen giebt Hr. Zuccarini eine ausf\u00fchrliche Uebersicht. Die Opuntien und die hohen stachefichen Cereen werden zu Hecken und zur Befestigung von Verschanzungen benutzt; dafs Holz der","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"\\\t^\tI\t'\n^\t175\nCacteen liefert ein vortreffliches Brennmaterial, welches in holzarmen Gegenden vielfach benutzt wird, ja in der Umgegend von Copiapo selbst zum Kupferschmelzen. Ref. hat \u00f6fters das trockene Holz der Cereen und Opuntien zum Brennen benutzt und fand es nur defshalb vortrefflich, weil es im trockenem Zustande sehr schnell brennt; das Kupferschmelzen in der Provinz Copiapo, dem n\u00f6rdlichsten Chile, vermittelst Cactus-Holz ist aber nicht mehr im Gange, ja man kann daselbst mitunter Tage lang reisen, ohne einen einzigen Cactus zu Gesicht zu bekommen. Vielleicht hat man diese Gew\u00e4chse so schonungslos ausgerottet, als man vor 100 Jahren die Bearbeitung der Kupfererze daselbst mit dem gr\u00f6fsten Enthusiasmus anfing. Auf der mexikanischen Hochebene gew\u00e4hren die stundenlangen Geb\u00fcsche von Cereen, Opuntien und Echinocacten in der trockenen Jahreszeit den Heerden von Hornvieh ein Mittel den Durst zu l\u00f6schen. In Mexico werden die zarten Triebe der Opuntia JNopalilio wie Kohl als Gem\u00fcse gegessen und das Fleicsh des Echinocactus cornigeus u. A. m. wird wie K\u00fcrbisschnitte in Zucker eingekocht. Die Fr\u00fcchte der Opuntien werden bekanntlich \u00fcberall gegessen und in manchen Gegenden mit gro-fser Leidenschaft. Die beliebtesten Arten sind in Mexiko der Alfajayuca und die Tuna de Castilla. Erstere hat Fr\u00fcchte von dem Umfange einer starken Mannsfaust: sie ist gr\u00fcn oder gelblich von Farbe, fast dornenlos und enth\u00e4lt ein siifses weiches Fleisch. Die Fr\u00fcchte der Cereen werden auch in verschiedenen Gegenden gegessen (die Fr\u00fcchte des Cereus chilensis schmecken sehr fade, werden aber vom Volke viel gegessen. Ref.) Durch Cultur werden auch diese Fr\u00fcchte sehr veredelt.\nEine \u00e4hnliche Arbeit haben wir auch durch Herrn Jas Bateman129) \u00fcber die Verbreitung der Orchideen erhalten. Diese prachtvolle Pflanzen-Familie hatte zu Linn\u00e9\u2019s Zeiten nur 100 Arten aufzuweisen und gegenw\u00e4rtig haben sich dieselben bis auf 2000 vermehrt. Europa hat nur wenige Orchideen, dieselben treten erst zahlreicher und sch\u00f6ner auf, je mehr man sich der heifsen Zone n\u00e4hert, in deren feuchten Gegenden sie in bewunderungsw\u00fcrdiger Artenzahl und Farben-\n129) The Orchidaceae of Mexico et Guatemala. I. Fase. fol.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"/\n176\npracht der Blumen auftreten, und hierin alle anderen Pflanzenfamilien \u00fcbertreffen. Afrika, Asien und Amerika werden sich wahrscheinlich in die vorhandene Zahl der Orchideen gleich-m\u00e4fsig theilen; aber einen jeden dieser Erdtheile scheinen einige characteristische Formen eigen zu sein, so dafs der Kenner schon aus der Physiognomie der Pflanze deren Vaterland angeben k\u00f6nnte. Die Formen mit h\u00e4ngenden Stengeln und reizend sch\u00f6nen Blumen vieler Dendrobien, A\u00ebrides und deren Verwandte geben den Character der sch\u00f6nen Orchideen-Flor Indien\u2019s, welche stark contrastirt gegen die Form der Bulbo-phyllen, oder der langen Anh\u00e4ngsel der Angraaeum-Arten von Afrika. Amerika zeigt dagegen die aufrechtstehenden Formen der Epidendrum-Arten, die langen, einzeln stehenden Bl\u00fcthen-Aehren vieler Orchideen und eine grofse Mannigfaltigkeit von grofsartigen und wunderbaren Formen, mehr als irgend eine andere Gegend der Welt.1\nIn eine weitere statistische Untersuchung \u00fcber die Ver-theilung dieser verschiedenen Orchideen-Formen kann man gegenw\u00e4rtig wohl noch nicht eingehen.\nUeber die pflanzengeographischen Verh\u00e4ltnisse der preu-fsischen Rheinprovinz hat Herr Ph. Wirtgen130) eine sch\u00e4tzenswerte Arbeit geliefert. Zuerst werden die physikalischen Verh\u00e4ltnisse der Oberfl\u00e4che jenes Landes er\u00f6rtert, als Lage, Gr\u00e4nzen, Gr\u00f6fse, Klima, Verteilung der Gebirge mit Angabe deren h\u00f6chsten Punkte, wozu eine sehr grofse Anzahl von gemessenen H\u00f6hen aufgef\u00fchrt werden. Nach dem Culturzustande zerf\u00e4llt die Oberfl\u00e4che der Rheinproviuz in:\nMorgen\tMorgen\nAecker .\t. . 4,337,691, Wild-und Schiffeiland 673,467\nWaldungen . . 3,148,713, Wege und Fl\u00fcsse . 297,573 Wiesen und Weiden 905,313, G\u00e4rten und Baumpl\u00e4tze 240,841 Oede L\u00e4ndereien 870,396, Weinbergen . .\t44,756\nIn Summa 10,217,450\nMan wird aus diesen Angaben leicht ersehen, dafs die preufsische Rheinprovinz, worin gegenw\u00e4rtig mehr als die H\u00e4lfte der Oberfl\u00e4che in sorgf\u00e4ltig cultivirtem Boden besteht,\n130) Erster Jahresbericht des botanischen Vereins am Mittelund Niederrhein. Bonn 1837. S. 63 \u2014 133.\n*","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"177\nworin nur noch mit ziemlich lichten Waldungen bedeckt ist und nur T\u2018T der L\u00e4ndereien \u00f6de liegt, dafs ein solches Land in fr\u00fcheren Jahrtausenden etwas anders ausgesehen haben mufs, als gegenw\u00e4rtig, und dafs demnach durch das Lichten der W\u00e4lder und das Austrocknen der S\u00fcmpfe auch der Charakter der Vegetation selbst im Wesentlichsten etwas ver\u00e4ndert sein mufs.\nBei der Betrachtung der Vegetation der Rheinprovinz in statistischer Hinsicht giebt Herr Writgen eine Tabelle \u00fcber die Anzahl und die arithmetischen Verh\u00e4ltnisse der wildwachsenden Pflanzen, woraus ich einige Angaben \u00fcber die haupts\u00e4chlichsten Familien entnehme. Die Anzahl derPhanerogamen betr\u00e4gt 1480; die Dikotyledonen verhalten sich zur Gesammtzahl = 1:1,29, die Ranunculaceae = 1:30,8, die Papaveraceae und Polygaleae = 1 : 296, die Cruciferen = 1: 18,5, die Rosaceen = 1 : 30,8, die Leguminosen = 1 :18,7, die Umbelli-feren = 1 :24,3, die Compositae = 1 : 10, wobei sich die Ci-ch\u00f6rinae = 1 : 28 verhalten. Die Labiaten = 1 : 21,1, die Scrofularinen = 1 : 26,8. Die Monocotyledonen = 1 : 4,1, die Gramineen = 1 :12,9 und die Cyperaceen = 1 : 18. Zu allen diesen Angaben hat Herr W. noch Vergleichungen mit den Verh\u00e4ltnifszahlen derselben Familien anderer benachbarter L\u00e4nder angegeben. Auch ist eine Tabelle \u00fcber die Lebensdauer der rheinischen Pflanzen mitgetheilt; die 1480 Phaneroganen zerfallen darnach in 307 einj\u00e4hrige, 117 zweij\u00e4hrige, 913 pe-rennirende und in 143 Holz-Gew\u00e4chse u. s. w.\nIn dem dritten Abschnitte wird die Physiognomie der Vegetation der Rheinprovinz characterisirt; es sind fast durchg\u00e4ngig Laubh\u00f6lzer, welche die dortigen Waldungen ausmachen, und zwar die Rothbuche, die Eiche und Birke, w\u00e4hrend die. Weifsbuche, die Ulme, die Eiche, der Spitzahorn u. A. m. meist nur vereinzelt auftreten. Unter -den Gestr\u00e4uchen sind zu nennen: der Haselstrauch, die Erle, vorz\u00fcglich Ainus glutin\u00f6ser, der blutrothe Hartriegel, der Mefsholder {Acer campestre). Einen eigenth\u00fcmlichen Anblick gew\u00e4hren die Felsen des Moselthaies durch die ungeheure Menge des Buxbaumes (Buxus sempervirens), welcher mit seinem dunkeln Braungr\u00fcn die Abh\u00e4nge bekleidet und der Gegend ein fremdes Ansehen giebt. Am kr\u00e4ftigsten zeigt sich der Baumwuchs auf basaltischem Boden. Wegen der geringen Erhebungen, welche die Rheinpro-\n12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"478\nvinz aufzuweisen hat, da der h\u00f6chste Punkt, die Spitze des Hochwaldes 2405 rh. F. erreicht, fehlen alle eigentliche Gebirgspflanzen, nur die Schatten-liebenden Waldpflanzen, als Gory daUs bulbosa und tuberosa, Anemone rantmcuJoldes, Vinca minor, J) enta ri a bulbfera u. s, w. zieren den Boden der h\u00f6hern Gebirgsabh\u00e4nge, wie auch die W\u00e4lder der Ebene. Nadelh\u00f6lzer zeigen sich eigentlich nur auf den h\u00f6chsten Spitzen des Hundesriicken, k\u00f6nnen aber hier, wegen der Beschaffenheit des Bodens zu keiner grofsen Ausdehnung gelangen. Herr W. unterscheidet die Vegetation jener Gegenden in die einer unteren und einer oberen Region; die obere Grenze des Weinbaues (c. 800 Fufs absolute H\u00f6he) wird hier als Grenze festgesetzt und viele Pflanzen werden aufgef\u00fchrt, welche, wie es scheint, \u00fcber diese Grenze nicht hinausgehen.\nBei den Untersuchungen \u00fcber den Einflufs der geognosti-i^chen Beschaffenheit des Bodens auf die Vegetation kommt auch Herr Writgen zu dem Schl\u00fcsse, dafs man der Temperatur, der Feuchtigkeit und dem Aggregatzustande des Bodens wichtigem Einfluls zuschreiben m\u00fcsse, als seiner geognosti-schen Beschaffenheit. Es werden Beobachtungen angef\u00fchrt wie verschieden Kalk und Schiefer, in Verbindung mit Licht, W\u00e4rme und Feuchtigkeit auf die Entwickelung der Vegetation einwirken. Auf den Schieferbergen am Rhein wurde auch Cypripedium Calceolus beobachtet!! In der Eifel, auf der Grenze des Thonschiefers und des Kalkes, wird nur auf Letzterem Spelz und auf Ersterem Roggen gebauet, und der Landmann unterscheidet daher 8pelz- und Roggenboden; in dem Rheinthale aber, wo das Clima und die \u00e4ufsere Beschaffenheit des Bodens das Gedeihen der Feldfr\u00fcchte so besonders beg\u00fcnstigt, kennt man diesen Unterschied nicht.\nAuch \u00fcber die eigenth\u00fcmliche Verbreitung einiger Pflan-zenspecies finden sich in dieser Arbeit interessante Mittheilungen.\nHerr Siegmund Graf131) hat \u00e4hnliche Untersuchungen \u00fcber die Vegetations-Verh\u00e4ltnisse des Herzogthums Krain\n131) Versuch einer gedr\u00e4ngten Zusammenstellung der Vegetations-Verh\u00e4ltnisse des Herzogthums Krain. Laibach 1837. 8. \u2014 Auch enthalten in der Linnaea von 1837.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"179\nmitgetheilt und obgleich auch dieses Land keine ausgezeichnete nat\u00fcrliche Grenze besitzt, so geben doch dergleichen specielle Bearbeitungen kleiner L\u00e4ndertheile, immer mehr oder weniger wichtige Thatsachen f\u00fcr das grofse Geb\u00e4ude, welches die Pflan-zen-Geographie aufzurichten sich bestrebt. Krain ist bekanntlich ein sehr unebenes Land und umfafst 1,735,694 Wiener, Joche (zu 1600 OKlafter) Oberfl\u00e4che, wovon fast -J- mit Waldungen bedeckt ist, \\ cultivirt wird, etwa | in Wiesen und Weiden besteht und welches nur weniges unproductives Land aufzuweisen hat. Der h\u00f6chste Berg in Krain, der 1 erglon, ist 9036 W. Fufs hoch und mit ewigen Schnee bekleidet.\nIn der Ebene von Krain sind Weinberge und Obstg\u00e4rten vorhanden, im w\u00e4rmeren Innerkrain selbst Feigen, Granat\u00e4pfel und Laurus nobilis, Zyziphus vulgaris u. s. w. wachsen hier. Die Hauptmassen der W\u00e4lder in Krain bestehen dagegen ganz aus eben denselben Laubh\u00f6lzern, welche in unserm Deutschland die W\u00e4lder zieren; es fehlen freilich die H\u00f6henangaben f\u00fcr diese W\u00e4lder ganz und gar, obgleich es das Wichtigste ist, doch m\u00f6chte Ref. vermuthen, dafs dieselben \u00fcber 15 \u20141600 Fufs hinaus gelegen sind, weil die gr\u00f6fste Menge der gemessenen Hohen dieses Landes zwischen 2 und 3000 Fufs liegen, daher mufs auch hier, nach den von mir aufgestellten Grunds\u00e4tzen, die Region der Laubh\u00f6lzer herrschen und der Character der Vegetation mufs demnach \u00e4hnlich demjenigen auf der n\u00f6rdlichen Seite der Alpen sein. Auch die Unterh\u00f6lzer, d. h. die Gestr\u00e4ucher, sind ganz dieselben, welche \u00fcberhaupt in den Ebenen Deutschlands Vorkommen.\nIn den G\u00e4rten von Laibach (46\u00b0 2' N. B.) \u00fcberwintern eine Menge von Pflanzen der subtropischen Zone, als Magnolien, Laurus Sassafras, Aucuba japonica u. s. w. Krain ist so reich an Pflanzen, dafs Herr Graf fast ^ der gesammten Pflanzen Deutschland\u2019s daselbst gefunden hat, n\u00e4mlich 1654 Arten. Die Familie der Compositen enth\u00e4lt 8,7 der gesamm- , ten Artenzahl ; die Gramineen 13,8, die Papilionaceen 15,6, und die ersteren sind auch an Anzahl der Individuen die reichhaltigsten. Die Umbelliferen betragen 19,2 der Artenzahl; die Cruciferen 20,4, die Personaten 21,0, die Labiaten 21,2, die Rosaceen 23,0, die Cyperoideen 25,4, die Ranunculaceen 27,1 und die Cargophyllaceen 27,5.\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nHerr Graf132) hat auch eine Menge von Pflanze aufgef\u00fchrt, welche in verschiedenen Monaten auf dem Grofskahlen-berg bei Laibach bl\u00fchen.\nEine \u00fcberaus werthe Arbeit haben wir von Herrn Auguste de Saint-Hilaire133) \u00fcber die urspr\u00fcngliche Vegetation eines Theiles von Brasilien erhalten, dessen botanische Sch\u00e4tze derselbe so sorgf\u00e4ltig erforscht hat. So wie die Vegetation in den kultivirtesten L\u00e4ndern von Europa gegenw\u00e4rtig ein ganz anderes Ansehen haben mufs, als vor einigen tausend Jahren, so bemerkt man auch schon gegenw\u00e4rtig, in verschiedenen Gegenden Brasilien, eine grofse Ver\u00e4nderung in dem Character der Vegetation durch den Einflufs der Cultur des Bodens.\nEine weit ausgedehnte Strecke des brasilianischen Amerika\u2019s, sagt Herr v. Saint-Hilaire hat beseits ihre Physiognomie ge\u00e4ndert; ein grofses Farrnkraut (Pteris caudata) und Sac-charum Sap\u00e9 ersetzen die grotesken W\u00e4lder, und in den unermefslichen R\u00e4umen scheinen alle Pflanzen vor dem Ca-pirn godura (Melinis minutiflora) zu fliehen. Europ\u00e4ische, afrikanische und nordamerikanische Pflanzen folgen dagegen den Schritten des Menschen. Doch auch die primitive Vegetation zeigt in der Provinz Minas geraes so grofse Verschiedenheiten, dafs man denselben besondere Bezeichnungen beigelegt hat. Das ganze Land zerf\u00e4llt in Matos und in Campos. Die W\u00e4lder sind entweder primitiv \u00c7Matos vir gens) oder sie sind durch die Menschen angelegt. Die Catingas sind weniger \u00fcppige W\u00e4lder, welche j\u00e4hrlich ihre Bl\u00e4tter abwerfen; sie sind durch Herrn v. Martius vortrefflich geschildert. Die Carrascos bedeuten niederes Geh\u00f6lz, welches aus 3 \u2014 4 Fufs hohen Str\u00e4uchern besteht; die Carrasquenos dagegen bilden einen Uebergang zwischen den Carrascos und den Catingas, ihre B\u00e4ume sind h\u00f6her als im Ersteren. Die Campos sind Ebenen, welche, mit Kr\u00e4utern bedeckt, rund umher die Matos einfassen; sie sind urspr\u00fcnglich und durch die Menschen her-vorgerufen auf dem Boden der zerst\u00f6rten W\u00e4lder. Man glaube\n132)\tDer Grofskahlenberg bei Laibach. \u2014 Flora von 1837. Nro.42.\n133)\tTableau, g\u00e9ographique de la v\u00e9g\u00e9tation primitive dans la Province de Minas Geraes. Paris 1837. 8vo. \u2014 Extr. des Nouv. Ann. des Voyages.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"181\njedoch nicht, dafs die a\u00fc{gef\u00fchrten Verschiedenheiten der brasilianischen Vegetation so genau begrenzt sind, wie es in den Schriften angegeben wird, \u00fcberall wird man finden, dafs Ueber-g\u00e4nge aus den einen in die anderen dazwischen liegen, so auch von den Carrascos bis zu dem wirklichen Campos.\nHerr v. Saint-Hilaire giebt hierauf eine interessante Schilderung von der Physiognomie der Vegetation, welche dieselben in den verschiedenen, vorhin aufgef\u00fchrten Zust\u00e4nden der Provinz Minas geraes darbietet, wor\u00fcber auch unsere deutschen Naturforscher, welche jene Gegenden bereisten, so herrliche Arbeiten geliefert haben.\nIn Herrn Iloohev's Companion to the Botanical Magazine findet man auch in dem Jahrgange 1837 sehr wichtige Arbeiten f\u00fcr die Pflanzen-Geographie, welche Ref. jedoch nur den Namen nach anf\u00fchren *kann, da dieselben zu sehr in das Specielle eingehen, um hier im Kurzen wiedergegeben werden zu k\u00f6nnen. Vor Allem ist die sch\u00f6ne Abhandlung von Allan Cunningham 134) anzuf\u00fchren, welche eine Zusammenstellung s\u00e4mmtlicher, bisher auf Neu Zeeland gefundenen Pflanzen nach nat\u00fcrlichen Familien enth\u00e4lt. Ferner James Backhouse135) Bemerkungen \u00fcber die efsbaren Pflanzen von Van Diemen\u2019s Land, worunter die Wurzeln von Pteris esculenta eine Hauptrolle spielen; sie sind oft von der Dicke eines Mannes Daumen und ziehen sich dicht unter der Oberfl\u00e4che der Erde hin. Die Wurzelknollen einiger Orchideen, wie z. B. die Gastrodia sesamoides bilden die dortigen Kartoffeln u. s. w. Von Cy-botium Billardieri und Alsophila australis essen die Einge-bornen das Herz. Die \u00fcbrigen Nahrungs-Pflanzen sind wahrlich ohne Bedeutung und k\u00f6nnen nur dem Hunger einige Abh\u00fclfe thuen. \u2014\nDes ungl\u00fccklichen Douglas 136) literarischen Nachlafs,\n134)\tFlorae Insularum Novae Zelandiae precursor: or a specimen of the Botany of the islands of new Zealand. \u2014 Companion etc. II. p. 222\u2019, 327 und 358.\n135)\tSome Remarks on the Roots and other indigenous Esculents of Van Diemen\u2019s Land. \u2014 Companion. II. p. 39.\n136)\tMemoir of the life of David Douglas with a portrait.\u2014 His sketsch of a Journey to the N. Western parts of America, His letters from the Columbia, his Journey across the Rocky Mountains","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nbestehend in Briefen, welche er an seine Freunde nach England gesandt hat, finden wir ebenfalls in Hooker\u2019s Companion mitgetheilt. Es finden sich viele, f\u00fcr die Pflanzen-Geographie sehr brauchbare Mittheilungen darin zerstreut ; die auffallendste von Allen scheint mir die Nachricht von einem riesenartigen Cactus, welchen Du gl as auf den Galla-pagos beobachtete; der Stamm desselben ist 2\u20143Fufs im Durchmesser und 40 bis 50 Fufs hoch. Der Cactus geh\u00f6rt zur Gattung Opuntia und hat lange und breite gelbe Blumen und sehr lange flexible Stacheln.\nHerr Be ils chm id 137) dem die Botanik und haupts\u00e4chlich die Pflanzen-Geographie die gr\u00f6fsere Verbreitung vieler der interessantesten Schriften verdankt, hat Watson\u2019s Remarks on the geogr. Distribution of British plants, chiefly in connection with Latitude, Elevation and Climate. London 1835; \u00fcbersetzt und mit interessanten Beilagen und Anmerkungen versehen; auch dieses Werk ist durch Herrn Beilschmied gleichsam neu herausgegeben, denn bisher haben wir dasselbe nicht einmal in Berlin gekannt.\nAls eine Folge der Publication des vorhergenannten Werkes ist die Arbeit des Herrn R. Schneider138) zu betrachten, \u2022 worin eine sehr h\u00fcbsche Vergleichung der Vegetation von Schlesien mit derjenigen von Grofsbritannien vorgenommen ist, wobei besonders die Zahlenverh\u00e4ltnisse zwischen den britischen und den schlesichen Pflanzen, welche in Tabellen neben einandergestellt sind, in die Augen fallen. Herr Schneider hat im vergangenen Jahre auch Beitr\u00e4ge zur schlesischen Pflanzenkunde (Breslau 1837) herausgegeben, welche aber Ref. nicht zu sehen erhalten konnte.\nIn einer ausf\u00fchrlichen Abhandlung: Ueber die Eigenthiim-lichkeiten der Flora der Torfmoore in der Umgegend von\nto Hudson\u2019s Bay. etc. etc. \u2014 Companion etc. II p. 79, 82, 98, 105, 107, 113, 124-178.\n137)\tBemerkungen \u00fcber die geographische Vertheilung und Verbreitung der Gew\u00e4chse Grofsbritanniens, besonders nach ihrer Abh\u00e4ngigkeit von der geographischen Breite, der H\u00f6he und dem Klima Breslau 1837.\n138)\tVergleichung der schlesischen Flora mit der britischen nach Watson\u2019s Angaben. \u2014 Flora v. 1837. Nro. 33 und 34.","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"183\nGreifswald 139) hat Herr Hornschuch alle die Pflanzen spe-ciell aufgef\u00fchrt, welche sowohl bei der Torfbildung in dortiger Gegend Antheil haben, als auch diejenigen, welche auf einem solchen Moorboden vorz\u00fcglich gern wachsen. Die verschiedenen Torfmoore jener Gegend zeigen in ihrer Beschaffenheit grofse Verschiedenheiten und jedes derselben hat etwas Eigen-th\u00fcmliches, was sich auch in der Flora derselben ausdr\u00fcckt. Ueber die Bildung des Torfes in den Torfgruben giebt Hr. H. folgende Mittheilung: Das Sphagnum cuspidatum \u00fcberzieht allm\u00e4hlig die ganze Oberfl\u00e4che des Wassers der Grube, sinkt durch seine eigene Schwere mit den darauf wachsenden anderen Pflanzen unter und f\u00fcllt jene aus oder bildet schwimmende Inseln, und seine Stelle vertritt alsdann Sphagnum acutifolium. Diese allm\u00e4hlige Umwandlung der Vegetation in diesen Gruben wird durch folgende Stufen bezeichnet. Das Sphagnum cuspidatum setzt sich an einer Seite der Grube fest und dicht zusammen, schwimmt aber noch in Wasser und wird von Wasser umgeben, in welchem Equisetum limosum und Carex filiformis vegetiren, w\u00e4hrend an den \u00fcbrigen Seiten der Gruben von den W\u00e4nden derselben aus Juncus uligi-nosus die Wasserfl\u00e4che zu \u00fcberziehen beginnt. In \u00e4lteren Gruben \u00fcberzieht Sphagnum die ganze Oberfl\u00e4che, auf und * zwischen ihm siedeln sich Schoenus albus, Eriophorum va-ginatum, Comarum palustre in einzelnen St\u00fccken, Drosera intermedia an und die unter dem Wasser schwimmenden Rhizome von Equisetum limosum durchbrechen jene Pflanzendecke mit ihren Halmen u. s. w.\nHerr Unger140) hat bei der Versammlung der Naturforscher zu Prag einen Vortrag gehalten, worin er neue Angaben aufgef\u00fchrt hat, um seine Ansicht \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit gewisser Pflanzenformen von der Qualit\u00e4t des Bodens zu ver-theidigen 141). Herr Unger hat seine neuen Beobachtungen in der Umgegend von Gr \u00e4tz in Steiermark gesammelt; er hat daselbst eine Menge von Pflanzen aufgefunden, welche er als kalkstete bezeichnet und wiederum andere, welche zu den\n139)\tS. Flora von 1837. Nro. 47 und 48.\n140)\tFlora von 1837. Nro. 40.\n141)\tS. den vorj\u00e4hrigen Jahresbericht S. 113.","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"/\n184\nkalk-holden geh\u00f6ren. Es ist hinreichend bekannt wie verschieden die Ansichten der Botaniker \u00fcber diesen Gegenstand sind; die Gegner der von Herrn Unger verteidigten Meinung k\u00f6nnen indessen ebenso viele Thats\u00e4chen gegen jene Abh\u00e4ngigkeit der Pflanzen von dem geognostischen Character des Bodens auff\u00fchren, als Herr Unger daf\u00fcr ausgesprochen hat.\nEine sehr reichhaltige und \u00e4ufserst fleifsige. Arbeit des Herrn Sauter v. Bregenz: Ueber die Vegetations-Verh\u00e4ltnisse in der Gegend um den Bodensee und in einem Theil Vorarlbergs 142), so wie die Schilderungen der Herren Tom-masini 143) und Brunner 144) kann Ref. leider nur anf\u00fchren, da sie mehr von lokalem Interesse sind und ihre vielen speciellen Angaben eine allgemeine Darstellung ihrer Resultate nicht wohl erlauben.\nSehr wichtig f\u00fcr eine k\u00fcnftige Bearbeitung der Pflanzen-Geographie der S\u00fcdsee-Inseln ist Herrn Guillem in\u2019s l45) Zepbyritis Taitensis; in Verbindung mit Herrn Endlicher\u2019s Bemerkungen \u00fcber die.Flora der S\u00fcdsee-Inseln, und der sch\u00f6nen Arbeit \u00fcber Neu-Zeeland, welche S. 181 angezeigt wurde, eignet sie sich ganz besonders zu einer speciellen Bearbeitung in statistischer Hinsicht.\nHerr F. A. W. Miquel 14G) hat eine Abhandlung \u00fcber das Auftreten des Sargasso in dem danach benannten Sar gasso-Meere gegeben, worin einige Punkte sind, welche die Pflanzen-Geographie zun\u00e4chst ber\u00fchren. Hr. M. hat sich ebenfalls \u00fcberzeugt, dafs die beiden Sar g as sinn-Arten Agardh\u2019s, S. vulgare n\u00e4mlich und S. baccjferum zusammengeh\u00f6ren und nur eine Art bilden, f\u00fcr welche Hr. M. den Namen Sargassum Columbi vorschl\u00e4gt, indem dieser k\u00fchne Seefahrer am 16. Sept.\n142)\tFlora von 1837. I. Beibl\u00e4tter. S. 1.\n143)\tAusflug von G\u00f6rz auf die Kr\u00f6n-Alpe und iu das Reibler-Thal in K\u00e4rnthen. \u2014\u2022 Flora von 1837. Nro. 5 und 6.\n144)\tAusflug in\u2019s Zermatt-Thal im Julius 1836. \u2014 Flora von'1837. Nro. 10.\n145)\tEnumeration des plantes d\u00e9couvertes par les voyageurs daus les Isles de la Soci\u00e9t\u00e9 principalement dans celle de Taiti. \u2014 Ann. des scienc. natur. 1837. /.\n146)\tOver het Sargasso of Zeehroos. \u2014 Tijdschrift voor Natuur Ujke Geschiedenis en Physiologie uitgeg. door v, d. lloeven en d Vriese 1837. IV. 1 en 2. p. 25 \u2014 41.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"485\n1492 die Sargasso-See ber\u00fchrte. Nach dem unter den Botanikern gebr\u00e4uchlichen Gesetzen, d\u00fcrfte indessen eine solche Namens-Um\u00e4nderung nicht allgemein Beifall finden; die Pflanze, welche in der Sargasso-See umherschwimmt, ward von Linn\u00e9e Fucus nutans genannt und ist mit Fucus natans Turn. identisch; Gmelin that gewifs unrecht, als er obige Pflanze Fucus Sargasso nannte. Der Gattungname ist nun zwar ver\u00e4ndert, aber es ist kein Grund vorhanden den L inn \u00e9 e\u2019sehen Speciesnamen umzu\u00e4ndern, daher mufs dieser Tang Sargassum natans heifsen, obgleich man sp\u00e4ter gefunden hat, dafs dieselbe Art auch festsitzend angetroffen wird.\nHerr Miquel kommt zu der Frage \u00fcber den Urprung jenes herumschwimmenden Tanges und meint, dafs wenn man annimrrit, dafs derselbe losgerissen ist und nur einige Zeit hindurch leben bleibt, man nicht sehr von der Analogie abweicht. Hierauf werden verschiedene Zweifel gegen die Ansicht des Referenten aufgesteilt, welcher beobachtet hat, dafs die umherschwimmenden kleinen Exemplare jenes Tanges ganz deutlich zeigen, dafs sie niemals festgesessen haben, dafs man also auch nicht nach dem Boden zu suchen habe, worauf sie entstanden sein m\u00f6chten, sondern dafs die Oberfl\u00e4che des Wassers, worauf sie schwimmen, als solcher zu betrachten sei. Die Zweifel, welche Hr. M. gegen des Ref. wirkliche Beobachtung aufstellt, sind jedoch sehr leicht zu beseitigen; \u00fcberall wo Hr. M. glaubt, dafs meine Beobachtung (Ich habe \u00fcber jenen Gegenstand nicht eine blofse Ansicht aufgestellt, sondern wirkliche Beobachtungen mitgetheilt! Ref.) ohne Analogie ist, da habe ich wirkliche analoge F\u00e4lle aufgef\u00fchrt und sp\u00e4tere Beobachtungen haben meine Kenntnisse hierin noch erweitert. Alle Exemplare jenes schwimmenden Tanges, welche Hr. M. aus dem Sargasso-See erhalten hat, haben einen kurzen Hanpt-stengel, was Ref. sehr erkl\u00e4rlich findet, denn jener Tang schwimmt in mehr oder weniger grofsen Massen umher, wovon einzelne die L\u00e4nge von 2, 3, 5 Fufs und dar\u00fcber erreichen, und jeder derselben hat Hunderte und selbst Tausende von Stengel, Aesten und Zweigen 140) aufzuweisen. Diese\n147) An merk. Man darf aber nicht \u00fcbersehen, dafs alle diese Theile nur blattartige Gebilde sind, und dafs ein Tang weder einen\n/","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\ngrofsen Exemplare sind es aber, welche die Seefahrer auffischen, um ihren Freunden in der Heimat dergleichen Pflanzen mitzubringen, und ganz nach ihrem Belieben werden die Stengel und Aeste von dem aufgefangenen Exemplare aufgefischt. Ref. \u00fcberzeugte sich sehr bald, dafs die Untersuchung jener grofsen Exemplare nicht zum Ziele f\u00fchren kann; er fischte defshalb nach den kleineren und nach den kleinsten, welche das R\u00e4thsel sehr bald l\u00f6sten, und die von ihm milgebrachten Exemplare beweisen seine Angahen. Absterbende oder abgestorbene Exemplare jenes Tanges hat Ref. in der Sargasso-See nicht bemerkt, sie k\u00f6nnen demnach nur sehr selten sein.\nDa sich nun die Frage \u00fcber den schwimmenden Tang in der Sargasso-See allj\u00e4hrlich wiederholt, und besonders h\u00e4ufig in der Akademie der Wissenschaften zu Paris zur Sprache gebracht wird, so \u00dcbersand Ref. ein Exemplar jener Pflanze an diese ber\u00fchmte gelehrte Gesellschaft, damit doch wenigstens ein Factum festgestellt werde, dafs n\u00e4mlich diese Pflanze nie festgesessen habe. Obgleich nun dieser Gegenstand an den \u00fcbersendeten Exemplare ganz leicht zu entscheiden ist, so hat doch ein gelehrtes Mitglied der Akademie, offenbar ohne das Exemplar zu untersuchen, gemeint, dafs es dennoch wohl abgerissen sein k\u00f6nne.\nNach Feststellung jenes Factums, dafs die umherschwimmenden vollst\u00e4ndigen Tangen in der Sargasso-See, nicht festgesessen haben, kommt man allerdings zu der Frage, woher denn die Saamen jener Pflanzen gekommen sind, diese Frage ist aber wohl nicht schwer zu beantworten, wenn man die starken Str\u00f6mungen ber\u00fccksichtigt, welche in und um die Sargasso-See herum herrschend sind; besonders da wir wissen, dafs die festsitzenden Exemplare des Sargassum natans an der amerikanischen K\u00fcste und wahrscheinlich auch an den Ufern der Azoren u. s. w. Fr\u00fcchte tragen.\nStengel noch eine Wurzel in der Bedeutung der h\u00f6heren Pflanzen hat, wefshalb schon gar keiue Gr\u00fcnde f\u00fcr Herrn MiquePs Ansicht sind, dafs jener Tang nicht herum schwimm end gebildet sein k\u00f6nne, sondern m\u00fcsse aufrecht gewachsen sein.\nGedruckt bei den Gebr. Unger.","page":186}],"identifier":"lit29417","issued":"1838","language":"de","pages":"186","startpages":"186","title":"Jahresbericht \u00fcber die Resultate der Arbeiten im Felde der physiologischen Botanik von dem Jahre 1837","type":"Book"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:42:55.856014+00:00"}

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