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{"created":"2022-01-31T13:12:31.071460+00:00","id":"lit29418","links":{},"metadata":{"contributors":[{"name":"Meyen, Franz Julius Ferdinand","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Berlin: Nicolai'sche Buchhandlung","fulltext":[{"file":"a0001.txt","language":"de","ocr_de":"Jahresbericht\nI v\tv\t.\t.\t!\n\\\n\u00fcber die\nI' \u25a0\nlicsultate der Arbeiten im Felde der physio logischen Botanik\n' \u00ab\nvon dem Jahre 1838\nvon\nF. J. F. Meyen,\nDoctor der Philosophie, der Medicin und der Chirurgie, und aufserordentlicher Professor an der K\u00f6nigl. Friedrich Wilhelms-Universit\u00e4t zu Berlin.\nBerlin, 1839.\nIn der Nicolai\u2019schen Buchhandlung*\n/","page":0},{"file":"a0002.txt","language":"de","ocr_de":"(Besonders abgedruckt aus Wiegmann\u2019s Archiv f\u00fcr Naturgeschichte 1839. II. Band.)","page":0},{"file":"a0003content.txt","language":"de","ocr_de":"Inhalts - Verzeichn if s.\nVorwort.................................... Seite 1\nlieber Ern\u00e4hrungs- und Wachsthums-Erscheinungen bei den Pflanzen..\noussingault, \u00fcber den Ursprung des Stickstoffs in den\nPflanzen.................................................... 2\nBoussingault\u2019s zweite Arbeit \u00fcber denselben Gegenstand\t6\nColin best\u00e4tigt, dafs Pflanzen durch die Luft und reines\nWasser ern\u00e4hrt werden...................................... 6\nEdward\u2019s und Colin\u2019s Versuche \u00fcber die Respiration keimender Bohnen............................................ 7\nBoussingault, \u00fcber pden Stickstoffgehalt verschiedener\nvegetabilischer Nahrungsstoffe.............................. 7\nBoussingault\u2019s Analysen des Klebers und des Pflanzen-\neyweifsstoffes............................................. g\nMulder\u2019s Analysen des Tnulin\u2019s und der Moosst\u00e4rke......\nPay en\u2019s umfassende Arbeit \u00fcber die St\u00e4rke............. 10\nUnger\u2019s Aphorismen zur Anatomie und Physiologie der\nPflanzen.................................................... H\nSchleiden, \u00fcber die Entstehung der Zellen der Pflanzen\t13\n\u2014\t\u00fcber das Vorkommen von Spiralf\u00e4sern in den H\u00fcllen\nder Saamen vieler Pflanzen.................................. 17\nEudes-Deslongchamps \u00fcber denselben Gegenstand__________\t18\nMorren, \u00fcber die Bildung des Spiralgef\u00e4fses aus einem\nAmyliim - K\u00fcgelchen........................................ 19\nNees v.Esenb eck \u2019s Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand\t19\nSchleiden\u2019s Beobachtungen \u00fcber die Umwandlung der secund\u00e4ren Ablagerungen an den Zellenw\u00e4nden in Amylum\t20\n\u2014\tBemerkungen \u00fcber den vegetabilischen Faserstoff und\nsein Verh\u00e4ltnis zum St\u00e4rkemehl.............................. 22\nPay en, Analysen \u00fcber die chemische Zusammensetzung der\nPflanzengewebe.............................................. 23\nTurpin, \u00fcber die holzigen Concretionen in den Birnen...\t24\nMeyen, \u00fcber die Entstehung der Bastr\u00f6hren..................... 2\u00f6\nFortpflanzungs-Erscheinungen bei den Gew\u00e4chsen.\nSchleiden, \u00fcber Bildung des Eychens und Entstehung des\nEmbryo\u2019s bei den Phanerogamen.................... 27\nW y d 1 e r \u2019 s Untersuchungen \u00fcber das Geschlecht der Pflanzen.\t31\nv. Mirbel\u2019s und Brongniart\u2019s Bemerkungen dazu......\t32\nG a er tn er, \u00fcber Bastardzeugung bei den Pflanzen. 33\nGriffith, \u00fcber den Frucht - und Saamenbau bei Santalum\t33\n\u2014 \u00fcber die Entwickelung desEmbryo\u2019s bei den Gattungen\nLoranthus und Viscnm............................. 34\nEndlicher\u2019s neue Theorie \u00fcber die Pflanzenzeugung..\t35\nTreviranus neue Arbeiten \u00fcber den Bau der Saamen und\ndes Embryo\u2019s der Pflanzen........................ 33\nMorren\u2019s Beobachtungen zur Anatomie und Physiologie der Bl\u00fcthe desCereus grandiflorus.................... 40","page":0},{"file":"a0004.txt","language":"de","ocr_de":"IV\nKorthals, \u00fcber die Umh\u00fcllungen des Stigma\u2019s bei den Seite\nScaevolaceen und Goodeniaceen............ ........ 41\nRami seil, \u00fcber dieSaamenbildung am Bingelkraut (Mercu-\nrialis annua) ohne Befruchtung.................... 42\nMorren\u2019s Note \u00fcber die Entwickelung der handf\u00f6rmigen\nKnollen der Orchideen............................. 43\nHoffmann\u2019s Beobachtungen an Lemna arrhha............. 43\nUnger\u2019s und Meyen\u2019s Beobachtungen \u00fcber die Saamen-\nthierchen der Cryptogamen......\u2014.................. 45\u201451\nL\u00e9veill\u00e9, Berkeley, Klotzsch, Ph\u00f6bus u.A.m. \u00fcber\nden Bau der Fructifications-Organe bei den Hymenomyceten 51\u201455 Ascherson, \u00fcber die Oeltr\u00f6pfchen in den Fortpflanzungsk\u00f6rpern der Pilze.......................................... 55\nQuevenne\u2019s Untersuchungen der Hefe......................... 56\nTurpin\u2019s Untersuchungen \u00fcber denselben Gegenstand....\t57\nBlake, \u00fcber die Entstehung electrischer Str\u00f6mungen w\u00fcrend\ndes G\u00e4hrungsprozesses...........................\u2022 \u2022\u2022\t59\nTurpin\u2019s allgemeine Betrachtungen \u00fcber die Organisation\nund die Physiologie der Pflanzen.................. 60\nMontagne, \u00fcber die Organisation und Fortpflanzung der\nCaulerpien............................... ........ 6 t\nDunal, \u00fcber rothe F\u00e4rbung des Seewassers in den Salinen\t61\nUnger, \u00fcber Oscillatoria labyrinthiformis............ 61\nGriffiths, \u00fcber den Laubwechsel der Laminaria digital a u. s. ......................................... 62\nMeneghini\u2019s Organographie und Physiologie der Algen..\t63\nMorren, \u00fcber Aphanizomenon incurvum, eine neue C\u00f6nferve\t64\nBiasoletto, \u00fcber die Metamorphose der Algen.......... 65\nReichenbach\u2019s Zus\u00e4tze zu obigem Vortr\u00e4ge............. 65\nEhrenberg\u2019s Prachtwerk \u00fcber die Infusorien, worin eine\ngrofse Menge von Algen beschrieben ist............ 65\nUeber Bewegung der S\u00e4fte und T ranspiration der Pflanzen.\nK\u00fctzing, \u00fcber das Steigen des Nahrungssaftes in den Pflanzen\t71\nDonn\u00e9, \u00fcber die Saftbewegung bei der Chara........... 72\nBrongniart\u2019s Bericht \u00fcber obige Arbeit............... 73\nDutrochet\u2019s Reclamation in Bezug auf Donn\u00e9\u2019s Beobachtungen................................................. 73\nC. H. Schultz\u2019s Recension von Meyen\u2019s Beobachtungen \u00fcber die Rotationsstr\u00f6mungen in den Zellen der Pflanzen 74\u201477\nMorren, \u00fcber die Circulation im Eychen der Feige.....\t78\nSchultz\u2019s Recension obiger Arbeit.................... 79\nMiquel, \u00fcber den Einflufs desTichtes auf die Transpiration\nder Pflanzen........................................... 79\nUeber Farbenbildung, W\u00e4rme- und Licht-Entwick elung.\nv. Berzelius, \u00fcber das Blattgr\u00fcn........................... 80\nTurpin\u2019s Untersuchungen \u00fcber den blauen Farbestoff in\nden Bl\u00e4ttern von Polygonum tinctorium................... 82\nKorthals, \u00fcber die Farbenver\u00e4nderung der Bl\u00fcthe des Hibiscus mutabilis.......................................... 82\nv. Beek undBergsma, Beobachtungen \u00fcber die Erh\u00f6hung\nder Temperatur an den Bl\u00fcthen der Colocasia odor a....7\t83","page":0},{"file":"a0005.txt","language":"de","ocr_de":"f\nV\nTreviranus, \u00fcber eben denselben Gegenstand....... Seite 84\n\u2014 \u00fcber das Leuchten der Pflanzen........\u00ab..... 86\nUeber Absonderung verschiedener Stoffe.\nSchomburgk, \u00fcber die giftige Wirkung des Manschinell-\nbaumes..........................................\u2022\u2022\u2022\u2022\nMorren\u2019s Beobachtung von Krystallen auf den Dr\u00fcsenk\u00f6pfchen der Atropa frutescens.........................\u2022\nM eye n und Mac aire, \u00fcber das Vorkommen des Tabaschir's\nund dessen n\u00e4here Eigenschaften....................\nMeyen, \u00fcber die Perldr\u00fcsen............................\nMohl\u2019s Schrift \u00fcber die Absonderung der Wurzelspitzen.. Treviranus Ansichten \u00fcber diesen Gegenstand...........\n86\n87\n87\n87\n88 88\nUeber Irritabilit\u00e4t und Sensibilit\u00e4t der Gew\u00e4chse.\nMiquel, \u00fcber die Wirkung der Gifte auf die Reizbarkeit\nder Bl\u00e4tter an der Sinnpflanze...................-\u00ab\u00ab\u2022\u2022*\t^9\nMorren, \u00fcber die Reizbarkeit des S\u00e4ulchen\u2019s von Stylidium\t91\nMorren\u2019s Hypothese \u00fcber die Ursache dieser Reizbarkeit\t93\nZur Anatomie der Gew\u00e4chse.\nMorren\u2019s neue Classification der Elementar-Organe der\nPflanzen...................... \u2022 \u2022 ................. 94\nCorda\u2019s Skizzen zur vergleichenden Phytotomie vor- und\njetzt-weltlicher Pflanzenst\u00e4mme............................ 96\nCorda, \u00fcber die Deutung der Lepidodendra............... 98\nBrongniart\u2019s Arbeit \u00fcber die Lepidodendra..................... 99\nLink\u2019s Bemerkungen \u00fcber die Wurzeln der Pflanzen.......\t100\nLink, \u00fcber das Anwachsen von neuen Theilen in den Pflanzen 100\nv. Tristan, Harmonie des organes v\u00e9g\u00e9taux etc.......... 102\nDecaisne, \u00fcber das F ehlen der Bastr\u00f6hren in den Wurzeln\nund am Stengel einiger Gew\u00e4chse.................... 102\nMiquel, \u00fcber den Parasitismus der Tillandsien.......... 102\n\u2014 \u00fcber die Markr\u00f6hre und deren Querw\u00e4nde in dem\nStamme der Cecropia palmata............................... 103\nSc hl ei den\u2019s Bemerkungen \u00fcber die Hautdr\u00fcsen der Pflanzen und deren Spalt\u00f6ffnungen.............................. 104\nMo hl, \u00fcber die Bildung der Hautdr\u00fcsen ................ 104\nHoffmann, \u00fcber die Luftr\u00f6hren-Haare bei Villarsia nym-\nphaeoides etc............................................ 106\nC. H. Schultz, \u00fcber die Dr\u00fcsen, welche das Wasser in den Schl\u00e4uchen der Nepenthes destillatoria absondern....\nMey en\u2019s Beobachtungen dagegen......................... 108\nde Vriese. \u00fcber die Biforinen des Herrn Turpin.........\t110\nRoeper, die Sphagnum-Zellen und ihre Poren............. 110\nMo hl, anatomische Untersuchungen \u00fcber die por\u00f6sen Zellen\nbei Sphagnum, Dicranum\tund Octoblepharum.................. 111\nMorren, \u00fcber die Struktur der Kapselw\u00e4nde bei Pellia\nepiphylla............................................... 113\nMo hl, \u00fcber den Bau der vegetabilischen Zellenmembran.. 114\nUeber Pflanzen-Krankheiten.\nWiegmann sen., Schrift \u00fcber die Krankheiten und krankhaften Mifsbildungen der Gew\u00e4chse etc..........\n117","page":0},{"file":"a0006.txt","language":"de","ocr_de":"VI\nPhoebus und Meyen, \u00fcber das Mutterkorn................ Seite 118\nEudes-D e si ong champ s, \u00fcber den sch\u00e4dlichen Einflufs\nder Sabine auf den Birnbaum............................... 120\nPay en, Girardin und Pouch et, \u00fcber die Wirkung des\nFrostes auf die Kartoffeln............................ 121\nMorren, \u00fcber das Gefrieren der Pflanzen.................. 122\nJ\u00e4ger, \u00fcber Entstehung der Bleichsucht als Folge von Sp\u00e4tfr\u00f6sten............................................. 122\nZur Morphologie.\nWalper\u2019s morphologische Deutung derBl\u00fcthe der Gattung\nCaulteria Hiimb......................................... 122\nSchleiden und Vogel, zur Entwickelungsgeschichte der\nBliithentheile bei den Legummosen......................... 123\nWalpers Uebersetzung der franz\u00f6sischen Arbeiten \u00fcber\ndie Stellung der Bl\u00e4tter.................................. 124\nHenry\u2019s zweiter Beitrag zur Kenntnifs der Laubknospen. 125\nMiquel, \u00fcber die Pr\u00e4foliation der Cycadeen................... 126\nMa ly, \u00fcber die Entstehung der Knollen der Corydalis cava\nund C. solida............................................. 127\nMiquel, \u00fcber die Metamorphose des Stengels und der\nBl\u00e4tter einiger Euphorbien................................ 127\nWalpers, Bemerkungen \u00fcber das Trifolium anomalum,...\t129\nBernhardi, \u00fcber denBl\u00fcthen- und Fruchtbau der Cruciferen\t130\n\u2014\t\u00fcber Cistaceen......................................... 131\nMorren, zur Morphologie d.Wasser-absondernden Schl\u00e4uche\t131\nMolkenboer, \u00fcber die trichterf\u00f6rmigen Ausw\u00fcchse auf\nden Bl\u00e4ttern der Brassica oleracea........................ 132\nC. A. Meyer, Misbildungen an Car damme pratensis.........\t133\nSteinheil, \u00fcber das verschiedene Wachsthum der Bl\u00e4tter der Pflanzen.............................................. I33\nZur Pflanzen-Geographie.\nVoigt, \u00fcber die Entstehung der verschiedenen Formen der\nPflanzen auf der Erdfl\u00e4che................................ 134\nCarl Sprengel\u2019s Bodenkunde oder d. Lehre vom Boden etc.\t135\nSchleiden, \u00fcber Bodenstetigkeit der Pflanzen................. 136\nPelletier, \u00fcber den Einflufs der Erden auf den Vegetatations-\nProzefs........................................... 137\nGriesebach, \u00fcber den Einflufs des Clima\u2019s auf die Begrenzung der nat\u00fcrlichen Familien......................... 138\n\u2014\t\u00fcber die geographische Verbreitung\tder\tGentianeen..\t141\nBrunner, \u00fcber die geographische Verbreitung der europ\u00e4ischen Euphorbien........................................ 142\nRabenhorst, zur Pflanzen-Geographie der Niederlausitz.\t142\nKorthals und M\u00fcller, Beobachtungen\t\u00fcber\tSumatra.\t143\nDe la Fort\u2019s Pflanzenverzeichnisse aus der Umgegend von\nLaon, Paris Vervin u. s. w............................ 144\nMiquel\u2019sV ergleichung der Flora der Preufs. Rhein-Provinz\nmit der Flora von Nord-Niederland................. 144\nBesser, \u00fcber die Grenzen der Getreide-Arten in Finnland 145 Riippel, Bemerkungen \u00fcber Abyssinien in Bezug auf die\nPhysiognomik der Landschaft...................... 143\nMartins, \u00fcber die Vegetation des Berges Ventoux..\t147\nGf. Stern b erg, \u00fcber die Floren der Vorwelt.....:....... 149\nBeilschmied, \u00fcber einige phytogeographische\tGegenst\u00e4nde\t150\nv. Martius, \u00fcber die geographische Vertheilung der Palmen. 152","page":0},{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"Es ist erfreulich zu sehen, dafs auch im vergangenen Jahre die Anzahl der Arbeiten im Felde der Pflanzen-Physiologie abermals zugenommen, und dafs die Wissenschaft in dieser Zeit \u00fcberaus wichtige Fortschritte gemacht hat.\nBei der Bearbeitung des vorliegenden Berichtes bin ich im Allgemeinen den Grunds\u00e4tzen treu geblieben, welche mich bei den fr\u00fcheren leiteten, doch ward dieselbe durch das gleichzeitige Erscheinen der Fortsetzungen zweier Lehrb\u00fccher der Pflanzen-Physiologie sehr erschwert; es erschien n\u00e4mlich von Herrn Treviranus Physiologie der Gew\u00e4chse der zweite Theil* *) und von meinem Neuen System der Pflanzen-Physiologie der zweite und dritte Theil**), wodurch ich bei den verschiedensten Gegenst\u00e4nden nur zu oft gezwungen ward, auf meine eigene Bearbeitung aufmerksam zu machen. Nachdem nun aber meine Schrift \u00fcber die Pflanzen-Physiologie erschienen ist, werden die k\u00fcnftigen Berichte wegen je-\n*) Bonn 1838. Mit 3 Tafeln.\n*\u00a5) II. Berlin 1838. Mit 3 Kupfertafeln und mehreren Holzschnit-\nten, und III. Berlin 1839. Mit 6 Kupfertafeln in Quart.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nn\u00e9s Uebelstandes zu verbessern sein, und ich werde suchen dieselben ferner in der Art zu bearbeiten, dafs sie gleichsam als vollst\u00e4ndige Nachtr\u00e4ge zu meiner Pflanzen-Physiologie benutzt werden k\u00f6nnen.\nAm 1. April 1839.\n\u00fceber Ern\u00e4hrungs- und Wachsthums - Erscheinungen\nbei den Pflanzen.\nHerr Boussingault*) hat sich die Entscheidung der Frage \u00fcber den Ursprung des Stickstofles in den Pflanzen vorgesetzt ; er selbst giebt an, dafs sich die Physiologen \u00fcberzeugt h\u00e4tten, dafs die Pflanzen den Stickstoff nicht aus der Atmosph\u00e4re aufnehmen, er meint jedoch, man sehe nicht ein, wie der Boden, wenn er nur stickstofffreie Substanzen aufnimint, zu einer solchen Fruchtbarkeit komme, wie es doch wirklich der Fall sei, wenn man denselben mit sogenannten verbessernden Pflanzen bebaut, und man m\u00fcsse deshalb annehmen, dafs die Pflanzen auch Stickstoff aus der Luft aufnehmen. Um diese letztere Annahme zu erweisen, stellte Herr B. eine Reihe von Versuchen an ; er verglich darin die Zusammensetzung des Saamens mit der chemischen Zusammensetzung mehr oder weniger ausgewachsener Pflanzen, welche sich, wie es hierbei angenommen wurde, auf Kosten der Luft und des Wassers entwickelt hatten. Die gleichm\u00e4fsige Ausf\u00fchrung solcher Analysen ist leider mit sehr grofsen Schwierigkeiten verbunden, welche Herr B. als ein geschickter Chemiker so gut als m\u00f6glich zu beseitigen suchte, die Hauptschwierigkeit liegt in der gleichm\u00e4-fsigen Austrocknung der zur Analyse bestimmten Substanzen.\n*) Recherches chimiques sur la v\u00e9g\u00e9tation, entreprises dans le but \u00e0? examiner, si les plantes prennent de l\u2019Azote al' atmosph\u00e8re.\u2014Annal. de Chimie et de Physique XVII. 1838. pag. 5 \u2014 54. Im Ausz\u00fcge: Compt. rend. d. 22. Jan. 1838 und ausgezogen von dort in den Annal, de scienc. nat, d 1838 IL pag. 247.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"3\nc.\th.\to.\tis.\n2,405GramKleesaamen enthalten:\t4,222\t0,144\t0,866\t0,173\nund gaben nach dem Keimen\n2,241 Gram, welche enthielten . 1,154 0,141 0,767 0.179\nDifferenz = \u2014 0,068\u20140,003\u20140,099+0,006.\nIn einem andern Versuche waren die keimenden Pfl\u00e4nzchen bis zur Entwickelung ihrer Cotyledonen gekommen:\nC.\tH\u2022\tO.\tN.\n2,074GramKleesaamen enthalten:\t1,057\t0,124\t0,747\t0,149\nund gaben nach dem Keimen\n1,727 Gram, welche enthielten: 0,817 0,104 0,656 0,150\nDifferenz = \u2014 0,237-0,020\u20140,091+0,001.\nNach diesen Analysen hatte also der Saamen w\u00e4hrend des Keimens bedeutend an Gewicht verloren und zwar au Kohlenstoff und an Wasser, w\u00e4hrend die Verschiedenheit in dem Gehalte des Stickstoffes zu unbedeutend ist, um daraus Schl\u00fcsse zu ziehen. Aehnliche Analysen wurden mit Waizen-k\u00f6rnern angestellt und gaben ganz \u00e4hnliche Resultate. Die Bildung der Essigs\u00e4ure bei dem Keimen des Saamens wurde ebenfalls beobachtet.\nHierauf liefs Herr B ous s ingault sowohl Klee als Waizen in einem Kieselsande wachsen, welcher vorher einer Rothgl\u00fch-hitze ausgesetzt worden war, und begofs sie mit destillirtem Wasser. Bei der ersten Analyse wurden Kleepflanzen angewendet, welche zwei Monate alt waren (September und October).\nC. R O. N. 1,532 Gram Kleesaamen enthalten: 0,778 0,092 0,552 0,110 und sie gaben eine\n1,649 Gr. schw. Ernte, welche enth. 1,278 0,146 0,982 0,120\nDiflerenz = + 0,500+0,054+0,430+0,010.\nBei der zweiten Analyse wandte er drei Monate alten Klee an.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\na il o. N.\n1,586Gram Kleesaamenenthalten: 0,806 0,095 0,571 0,114 und gaben eine\n4,106 Gr. schw. Ernte, welche enth. 2,082 0,271\t1,597 0,156\nDifferenz = +1,2^-4^6+1,026^4)^42!\nDiese Analysen zeigen also, dafs der Gehalt des Stickstoffes im Klee um so gr\u00f6fser wurde, je l\u00e4nger die Vegetation dauerte, und damit man nicht etwa den Einwurf machen k\u00f6nne, dafs dieser Zuwachs an Substanz dem hinzugetretenen Staube zuzuschreiben sei, so wurden Klee- und Waizenpflanzen in einem Apparate gezogen, worin sie gegen allen Staub gesichert waren. Die erste Analyse geschah mit zweimonatlichem Wai-zen und ergab:\na H. O. N. 1,244 Gram Waizen enthalten: 0,580 0,072 0,549 0,043 und sie gaben\n1,819 Gr. Ernte, welche enthielt: 0,901 0,116 0,762 0,040 Differenz = +0,321-1-0,044-1-0,213+0,003.\nDie zweite Analyse geschah mit dreimonatlichem Waizen und ergab:\na\tH.\t0.\tN.\n1,644 Gram Waizen enth\u00e4lt :\t0,767\t0,095\t0,725\t0,057\nwelche eine Erndte von\n3,022 Gram gaben, die enthielt:\t0,456\t0,173\t1,333\t0,060\nDifferenz = +0,689+0,073+0,608+0,003.\nDer Waizen wuchs also hier unter \u00e4hnlichen Verh\u00e4ltnissen wie der Klee, doch nur der Klee zeigte eine Zunahme an Stickstoffgehalt.\nDemnach ginge aus diesen Untersuchungen hervor, dafs w\u00e4hrend des Keimens die Saamen keinen Stickstoff aufnehmen, aber auch keinen verlieren, w\u00e4hrend sie bedeutenden Verlust an Kohlenstoff und Wasser erleiden; in den sp\u00e4teren Perioden des Wachsthums nehmen die Pflanzen nicht nur an Kohlenstoff und Wasser zu, sondern der Klee nahm auch an Stickstoff zu, was am Waizen nicht beobachtet wurde.\nBei allen diesen Untersuchungen ist Herr Boussingault\n\\","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"5\nvon der Voraussetzung ausgegangen, dafs eine Pflanze ganz allein auf Kosten des Wassers und der Atmosph\u00e4re wachsen und selbst zu einer ziemlich vollkommenen Entwickelung gelangenkann; er liefs die Pflanzen in ausgegl\u00fchtem Sande wachsen und begofs sie mit destillirtem Wasser, und sowohl diese, sowie auch noch mehrere \u00e4hnliche Beobachtungen anderer Gelehrten scheinen jene Ansicht zu best\u00e4tigen. Es ist indessen des Referenten Pflicht, auch auf die Gegenbemerkungen aufmerksam zu machen, nach welchen die Pflanzen, wenn sie blofs dem Wasser und der Atmosph\u00e4re ausgesetzt werden, nicht l\u00e4nger wachsen, als die in ihrem Saamen abgelagerte Reservenahrung dazu ausreicht. Ref. verweist deshalb auf seine eigenen mit aller Genauigkeit angestellten Versuche, die in der Pflanzen-Physiologie (II. pag. 130 u. s. w.) neben den Beobachtungen von Herrn Jablonsky u. A. m. aufgef\u00fchrt sind, ja er macht darauf aufmerksam, dafs es fast unm\u00f6glich auszuf\u00fchren ist, dafs die W\u00fcrzelchen keimender Pflanzen nichts Anders, als reines Wasser erhalten, denn keimen die Saamen in reinem Wasser, so erzeugen sich sogleich an der Oberfl\u00e4che der Wiirzelchen eine Menge von Infusorien, diese sterben wieder ab und der daraus entstehende, offenbar Stickstoff-haltige Schleim geht in die Pflanzen hinein. Die Bildung der Infusorien konnte Ref. unter solchen Verh\u00e4ltnissen gar nicht unterdr\u00fccken, ja in anderen F\u00e4llen, wo er K\u00fcrbis-Saamen in weifsem vollkommen gereinigten Marmor wachsen liefs, der sich in einem Blumenzwiebelglase befand, zeigten sich an den Spitzen der 4 bis 5 Zoll herabgestiegenen Wurzeln, die unter aller Vorsicht nur mit destillirtem Wasser ber gossen waren, ein gr\u00fcner Anflug, dessen Auftreten und all-m\u00e4hlige Verbreitung nach Oben man sehr leicht verfolgen konnte. Bei solchen Beobachtungen glaube an das alte \u201eomne vivum ex ovo\u201c wer da will! Der gr\u00fcne Anflug wurde durch eine Protococcus-kvt dargestellt und diese Pfl\u00e4nzchen wachsen in einem Schleime, welcher wiederum von den Wurzeln, ganz nach dem Grade seiner L\u00f6sung aufgenommen wird. Wie \u00fcberaus wenig organische Substanz \u00fcbrigens n\u00f6thig ist, um kleine Pfl\u00e4nzchen bei k\u00fcmmerlichem Wachsthum zu erhalten, das geht schon aus den Beobachtungen hervor , dafs Pflanzen in gew\u00f6hnlichen k\u00e4uflichen Schwefelblumen wachsen, die in","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nvollkommen gereinigten Schwefelblumen nicht weiter wachsen, als die Reservenahrung in den Saamen dazu ausreicht.\nIn der Sitzung der Akademie zu Paris vom 19. November ist eine zweite Arbeit des Herrn Boussingault*) publicirt worden, worin die Annahme, dafs die Pflanzen ihren Stickstoff aus der Luft aufnehmen, von Neuem best\u00e4tigt wird. H.Bous-singault liefs Erbsen in ausgegl\u00fchtem Sande wachsen und gab ihnen nichts als Wasser und Luft, und dennoch kamen sie\ny\nzur Bliithe und gaben vollkommen reifen Saamen. Diese Angabe, welche bekanntlich schon von verschiedenen Seiten her durch \u00e4hnliche genaue Versuche bestritten worden ist, wurde auch durch Herrn Colin**) best\u00e4tigt; derselbe hat Erbsen, Bohnen, eine gemeine Zwiebel und eine Pflanze von Polygonum tinctorium mit reinem Wasser und Luft ern\u00e4hrt und sah, dafs diese Gew\u00e4chse zur Bliithe kamen und reife Fr\u00fcchte brachten.\nBei denVersuchen des Herrn Boussingault gewannen 1,072 Gr. ges\u00e4ete Erbsen, w\u00e4hrend einer Vegetation von 99 Tagen 3,369 Gr. an organischer Materie. Die Pflanzen enthielten mehr als das Doppelte an Stickstoff, welchen die Saamen enthielten; die geernteten Saamen enthielten jedoch weniger davon als der ges\u00e4ete. Die organische Substanz, um welche sich das Gewicht der Erbsenpflanzen vergr\u00f6fsert hatte, enthielt im. Ueberfiufs Wasserstoffgas. Junge Kleepflanzen (0,884 Gram an Gewicht) wurden in reinen Sand gepflanzt und gaben nach 63t\u00e4gigem Wachsthume 2,264 Gr., sie hatten also in dieser Zeit aus der Luft und \u201edem Wasser das Dreifache an Nahrungsstoff eingenommen und fast das Doppelte an Stickstoff.\nHafer-Pfl\u00e4nzchen wurden dagegen in reinem Wasser gezogen , sie vermehrten ebenfalls ihren Gehalt an Nahrungsstoff, zeigten aber keine Zunahme an Stickstoff, und gaben also dasselbe Resultat, welches H. B. schon fr\u00fcher bei der Beobachtung des Waizens erhalten hatte.\n*) Recherches chimiques sur la v\u00e9g\u00e9tation , entreprises dans le but d\u2019examiner si le plantes prennent de l\u2019azote h Vatmosph\u00fcre. Compt. rend. d. 1838 IL pag. 882.\n**) Compt. rend. d. 1838. IL pag. 979.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"7\nEine der wichtigsten Thatsachen, welche aus des Herrn De Saussure\u2019s sch\u00f6nen Untersuchungen \u00fcber die Respiration der Pflanzen hervorging, war die: dafs bei dein Keimungsacte der Saamen das Wasser nicht zersetzt werde, aber ganz neuerlichst haben die Herren Edwards und Colin*) einige Beobachtungen bekannt gemacht, aus welchen sie glauben folgern zu k\u00f6nnen, dafs jenes Saussure\u2019sche Resultat unrichtig sei. Man legte 40 Bohnen {f\u00e8ves de marais) in einen gro-fsen Ballon der 3 bis 4 Litre Wasser fasste und beobachtete die Gasentwickelung jener Bohnen. Die Gasentwickelung ging anfangs langsam, sp\u00e4ter aber so bedeutend vor sich, dafs man darauf besonders aufmerksam wurde. Das Wasser enthielt vor dem Versuche 7,5 Centilitres Luft und nach dem Versuche von 5 Tagen Dauer zeigte es 55,5 Centilitres, und diese Luft bestand aus 48 Centilitres Kohlens\u00e4ure, 2,5 Millilitr. Sauerstoff und 6,5 Centil. Stickstoff (?): Da nun aber die Luft, welche vor dem Versuche im Wasser enthalten war, nicht so viel Sauerstoffgas enthielt, als zur Bildung einer so grofsen Menge von Kohlens\u00e4ure n\u00f6thig ist, so schliefsen die Herren Edwards und Colin, dafs hierbei das Wasser zersetzt sein m\u00fcsse, und dafs das dabei freiwerdende Wasserstoffgas sogleich von der ganzen Oberfl\u00e4che der Saamen resorbirt werde, indem eine Entwickelung von Wasserstoffgas nicht beobachtet wird.\nDem geneigten Leser m\u00f6chte aber diese Erkl\u00e4rung nicht ganz befriedigend erscheinen, denn es ist ganz unbegreiflich, dafs die Saamen jene ungeheure Menge von Wasserstoffgas vollkommen absorbiren sollen, welche bei der Zersetzung einer so grofsen Menge von Wasser frei wird, als n\u00f6thig war um den Sauerstoff zur Kohlens\u00e4ure zu liefern.\nHerrn Boussingault**) verdanken wir auch sehr interessante Untersuchungen \u00fcber den Stickstoffgehalt verschiedener .Nahrungsstoffe f\u00fcr Thiere und Pflanzen, er glaubt von dem Satze ausgehen zu k\u00f6nnen, dafs die Futterarten um so nahr-\n*) Sur la Respiration des plantes \u2014 Compt. rendu d. 1838, //. pag. 922.\nRecherches sur la Quantit\u00e9 d\u2019Azote contenue dans les Fourrages, et sur lears Equivalons. \u2014 Ann. de Chimie et de Physique 1838. T. LXVIL pag. 408 - 421.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nliafter sind, je betr\u00e4chtlicher die darin enthaltene Menge an Stickstoff ist. Herr B o u s s i n g a u 11 fand, dafs die Kartoffeln w\u00e4hrend ihrer Aufbewahrung im Winter Stickstoff verlieren und dafs also auch ihr Ern\u00e4hrungsverm\u00f6gen dadurch abnimmt, doch bekanntlich vermindert sich auch der Amylum-Gehalt der Kartoffeln in dieser Zeit (S. Ref. Pfl. Physiolog. II. pag. 277) und dieses mufs dabei also auch in Anschlag gebracht werden. Frische, nicht ausgetrocknete Kartoffeln enthielten 0,0037 Stickstoff, w\u00e4hrend 10 Monate alte Kartoffeln nur noch 0,0028 davon enthielten. Herr Boussingault giebt hierauf eine Ueber-sicht des Stickstoffgehaltes einer grofsen Menge von Substanzen an, welche fiir Thiere und Menschen zur Ern\u00e4hrung angewendet werden, wovon ich hier aber nur einige der wichtigsten auff\u00fchren kann.\nSubst. bei 100o getr. Stickstoffgeh. Subst. bei 100 \" getr. Stickstoffgeh^\nHeu\t0,0130\tMohrr\u00fcben\t0,0240\nKlee in Bliithe\t0,0170\tRunkelr\u00fcben\t0,0270\nWicken in Bliithe\t0,0336\tKohlrabi\t0,0466\nLuzerne\t00166\tWeifse Bohnen\t0,0550\nRoggenstroh\t00020\tLinsen\t0,0440\nHaterstroh\t0,0036\tWicken\t0,0513\nWeifskohl\t0,0370\tMays\t0,0200\nKartoffelkraut\t0,0229\tRoggen\t0,0229\nGerste\t0,0202\tHafer\t0,1222\nLeinkuchen\t0,0600.\tOelkuchen\t0,0550.\nIn einer andern Abhandlung des Herrn Boussingault*), welche mir bei der Bearbeitung des vorigen Jahresberichtes entgangen ist, finden wir die genauesten Analysen des Kleber\u2019s und des Pflanzeneyweifsstoffes aus dem Waizen, welche in des Refer. Physiologie der Pflanzen (II. pag. 288 und 289) noch fehlen. Reiner Kleber, der durch Behandlung des rohen Klebers mit Essigs\u00e4ure und F\u00e4llung durch kohlensaures Ammoniak erhalten war, enthielt:\nC. H. N. O.\n0,520 0,070 0,19810,221. Das Pflanzeneyweis dagegen enthielt:0,527 0,069 0,184 0,230.\n*)' Mem. sur la quantit\u00e9 de Glutin cont. dans les Farines d. plus. esp\u00eac. d. Frommens cultives dans le m\u00eame sol. \u2014 Ann. de Chim. et de Plus. 1837. T. LXV. pag. 301.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"9\n#\u25a0\nDie Resultate dieser Analysen sind ganz besonders merkw\u00fcrdig, indem die erhaltenen Unterschiede so \u00e4ufserst gering sind, dafs man die Zusammensetzung des Klebers und des Pflanzeneyweisstoffes als vollkommen gleich ansehen kann.\nAuch die andern assimilirten Nahrungsstoffe der Pflanzen sind im verlaufenen Jahre in phytochemischer Hinsicht vielfach untersucht. Referent (Physiologie etc. II. pag. 283) zeigte von Neuem, dafs das Inulin nur im gel\u00f6sten Zustande in dem Zellensafte der Pflanzen vorkomme, dafs es sich aber durch Gefrieren dieser Pflanzentheile in Form von K\u00fcgelchen ausscheide, welche den Amylum - K\u00fcgelchen sehr \u00e4hnlich erscheinen und dann auch im Wasser nur sehr schwer l\u00f6slich sind. In den Georginen-Knollen ist das Inulin fast nur in den \u00e4ufsern Zellenschichten enthalten. Diefses \u00e4ufserst reine, durch Gefrieren ausgeschiedene Inulin zeigte noch eine Analyse, welche Herr Mitscherlich ausf\u00fchrte: 43,72 C., 6,20 H. und 50,08 0.\nHerr G. J. Mulder*) hat dagegen in einer Abhandlung \u00fcber Inulin und Moosst\u00e4rke folgende hiervon sehr abweichende Elementar-Analysen der genannten Stoffe gegeben: Das Inulin wurde durch Auskochen aus den Wurzeln von Leontodon Taraxacum, und der Inula gewonnen, war demnach vielleicht nicht so rein, als das den Ref. durch Gefrieren ausgeschiedene Inulin, Es enthielten:\nInulin von Inula 45,04 6,28 48,68\nDie gr\u00fcnliche F\u00e4rbung, welche eine Abkochung des isl\u00e4ndischen Mooses mit Jodine zeigt, erkl\u00e4rt H. Mulder durch eine Mischung des blaugef\u00e4rbtenAmyluin und der gelbgefarbten Moos-* st\u00e4rke, welche Stoffe in der Pflanze neben einander Vorkommen. Ausf\u00fchrlicher wurde hier\u00fcber im vorigen Jahresberichte pag. 67 gehandelt, auch sehe man hiezu des Ref. Pflanz. Physiologie (II. pag. 285 u. s. w.)\nInulin von Taraxacum C. 44,75 H. 6,20 O.\t49,05\nund Moosst\u00e4rke\n44,71 und 45,15 6,26 -\t6,30\n49,03 - 45,55.\n*) Bulletin des sciences physiques en N\u00e9erlanda 1838. pag\", 40 42 und Nat. en Scheck. Archief. 1837 No. 4.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nUeber Amylurn haben wir durch Herrn Pay en*) eine sehr umfangreiche Arbeit mit 6 Tafeln Abbildungen erhalten, welche zum Theii das schon Bekannte zusammenstellt, zum Theil aber auch viele neue Beobachtungen enthielt, welche die verschiedenen Formen der Amylumk\u00fcgelchen verschiedener Pflanzen nachweisen. Der erste Abschnitt handelt von der Gr\u00f6fse* den \u00e4uf\u00f6ern Formen, den physischen Eigenschaften der Amy-lum-K\u00fcgelchen u. s. w. ; eine Tafel giebt die Gr\u00f6fse der Amylumk\u00fcgelchen von sehr verschiedenen Pflanzen in Tausend-theile eines Millimeters an, woraus ich einige Beobachtungen hervorheben m\u00f6chte: Von allen Pflanzen, welche H. P. untersuchte, hatte die Rohan-Kartoffel die gr\u00f6fsten Amylum-K\u00fcgelchen, denn sie maafsen 185 Tausendtheile eines Millimeters; die aus dem Rhizom der Maranta arundinacea nur 140, die gew\u00f6hnlichen Kartoffeln eben so viel, die der Oxctlis cre-nata 100, der Bataten 45, des Mays 30, des Stengels von Cactus pruvianus 30, des Cactus brasiliensis 30, des Cactus \u00dfagellif omis 15, des Cactus monstruosus 6, des Saa-men von Clienopodium Quinoa sogar nur 2 Tausendtheile eines Millimeters. Wie sehr verschieden jedoch die Gr\u00f6fse der Amylum-K\u00fcgelchen bei einer und derselben Pflanze ist, das ist schon mehrmals in den fr\u00fchem Jahresberichten mitge-theilt worden, und wir haben auch schon kennen gelernt, dafs die Amylum-K\u00f6rner einiger Farm und Palmen zu den gr\u00f6fsten geh\u00f6ren. Herr Pay en giebt ferner specielle Beschreibung der Form der Amylum-Kiigelchen aus einer Menge von Pflanzen, wozu die Abbildungen auf beiliegenden Kupfertafeln geh\u00f6ren. Der zweite Abschnitt handelt von der Anatomie der Amylum-K\u00fcgelchen und ist mit einer sehr wenig vollst\u00e4ndigen historischen Nachweisung \u00fcber die Untersuchungen dieses Gegenstandes begleitet. Auch dieser Gegenstand ist sehr umst\u00e4ndlich behandelt; die Entstehung der R\u00fcsse, die Abbl\u00e4tterung der verschiedenen Schichten der Amylum-K\u00f6rner u. s. w., alles dieses wird in mehreren F\u00e4llen speciell nachgewieseri. Dem Verfasser gelang es, diese Abbl\u00e4tterung der Schichten\n*) Sur VAmidon, consid\u00e9r\u00e9 sous le points de vue anatomique, chimique et physiologique. \u2014 Ann. des scienc. nat. d. 1838. II- pag. 5 \u2014 32, 65 \u2014 116, 161 \u2014 192 und 227.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"11\nan dem Amylum-Korn von Canna discolor am deutlichsten zu verfolgen. Ein dritter Abschnitt handelt von den chemischen Eigenschaften der St\u00e4rke, und dieser ist besonders umfangreich ; die Abtheilung \u00fcber die Reaction der Diastase auf das Amylum ist uns in phystochemischer Hinsicht ganz besonders interessant, aber dem Wesentlichen nach schon fr\u00fcher bekannt geworden. Zuletzt wird das Amylum auch in physiologischer Hinsicht betrachtet; es ist dieses ebenfalls eine umfangreiche Arbeit und besonders be achtens werth f\u00fcr diejenigen, denen die fr\u00fcheren Arbeiten in dieser Hinsicht weniger genau bekannt sind. Literatur ist eigentlich nirgends angegeben und dem Referenten scheint es, dafs wir \u00fcber viele sehr wesentliche Punkte dieses Abschnittes in Deutschland schon etwas weiter gekommen sind.\nHerr Unger *) hat sein physiologisches Glaubensbekenntnifs in Form von Aphorismen bekannt gemacht, welche zugleich als Leitfaden f\u00fcr den m\u00fcndlichen Vortrag dienen sollen. Der Inhalt dieser Schrift is^t kurz uud b\u00fcndig und hie und da mit neuen Ansichten versehen, welche an diesem Orte angezeigt werden sollen. Als Grundlage aller concreten Bildungen im Pflanzenk\u00f6rper wird ein gleichf\u00f6rmiger bildungsf\u00e4higer Schleim angenommen, welcher bei vielen niedern Pflanzen die Hauptmasse ihres K\u00f6rpers ausmachen soll; ja in einigen derselben, als bei den NostocJiineen ist diese Masse besonders \u00fcberwiegend, und erst mit dem Erscheinen der Pflanzengef\u00e4fse tritt dieser\u2019Mucus matricalis in den Hintergrund. In jeder Pflanze und auf jeder Entwickelungsstufe derselben ist es dieser Schleim, welcher der Bildung von Zellgewebe und Gef\u00e4fsen vorausgeht u. s. w., und die Bildung der Zellen geht aus dem primitiven Schleime in der Art vor sich, dafs in demselben an bestimmten Punkten ein eigenth\u00fcmlicher chemisch-organischer Prozefs eingeleitet wird, wodurch der Zellinhalt (Nucleus) gebildet wird, der sich in dem Maafse vermehrt, als sich der umgebende Schleim vermindert und an Consistenz zunimmt. Ja bei den Ulvaceen, glaubt Herr Unger, w\u00e4ren die Zellen nichts als blofse Aush\u00f6hlungen. Der Zelleninhalt ruft bei\n\u00a5) Aphorismen zur Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Wien 1838.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nseinem Anwachsen eine st\u00e4rkere Condensation der ihn umgebenden homogenen Schleimmasse hervor lind so entsteht eine Zellenmembran, welche aber von dem Schleime noch nicht unterscheidbar ist u. s. w. Endlich trete erst Scheidung der Membran von der umgebenden Schleimmasse ein und es zeige sich dann, dafs es keinen Intercellularsaft, sondern einen bildsamen Interzellularstoff gebe. Auch alle secund\u00e4re Zellenbildung werde durch Interzellularstoff vermittelt, und zwar durch Bildung von Zwischenw\u00e4nden oder von vollst\u00e4ndigen Zellen in andern. Bei rascher Entwickelung des Pflanzenk\u00f6rpers werde dann die Interzellularsubstanz verzehrt uud es treten dann die leeren R\u00e4ume dazwischen auf, welche Luft f\u00fchren. Ref. f\u00fchrt diese Ansichten des Herrn Unger \u00fcber die Bildung des Zellgewebes im Zusammenh\u00e4nge an, ist aber in mehreren Punkten sehr verschiedener Meinung \u00fcber diesen Gegenstand und hat auch seine Einw\u00fcrfe schon in fr\u00fcheren Jahren mitge-theilt, besonders in Bezug auf die Wichtigkeit und das Wesentliche der sogenannten Interzellularsubstanz. Referent glaubt f\u00fcr mehrere F\u00e4lle sehr bestimmt erwiesen zu haben, dafs die sogenannte Intercellularsubstanz von den Zellen selbst gebildet wird, und damit ist denn auch f\u00fcr eben dieselben F\u00e4lle ganz bestimmt erwiesen, dafs die Zellen nicht aus solcher Intercellularsubstanz gebildet werden k\u00f6nnen. Es scheint, dafs man bei diesen Betrachtungen nur zu oft die Bildungen von verschiedener Bedeutung zusammengestellt hat.\nIn den Gef\u00e4fsen, meint Herr Unger, scheint die Bildung der Spiralfasern die Saftf\u00fchrende Th\u00e4tigkeit zu vermindern und endlich blofs auf einzelne Perioden zu beschr\u00e4nken.\nAm Schl\u00fcsse der Schrift stellt Herr Unger ein allgemeines System der Pflanzen auf, welches auf die Art der Vegetation und auf die anatomische Structur gegr\u00fcndet ist t er theilt die Gew\u00e4chse ein in:\n1)\tThallophyta, auch achsenlose Pflanzen, wozu die Familien der Algae, Lichenes, Fungi und Musci geh\u00f6ren,\n2)\tCormophyta, auch Achsenflanzen. Diefe grofse Abtheilung zerf\u00e4llt in die:\na) Acrobrya, (Pflanzen, deren Stamm durch Gipfelansatz fortw\u00e4chst) wozu geh\u00f6ren die Rhizantheae, Filices,","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"13\nLycopodiaceae, Stigmarieac und Cycadeae, und Tlydropeltideae.\nb)\tAmphibrya (Pflanzen, deren Stamm durch An satz neuer Gef\u00e4fsbiindel an der Peripherie an-Dicke zunimmt), wozu die Monocotyledones geh\u00f6ren.\nc)\tAcrampliibrya (Pflanzen, deren Gef\u00e4fsbiindel sich nicht nur allein nach oben fortsetzen, sondern zugleich nach Aufsen vervielf\u00e4ltigen), wozu die Familien der Coniferae und Calamiteae, der Piperinae und der Dicotyl\u00e9dones geh\u00f6ren !\nHerr Schleiden*) hat in einer reichhaltigen und vortrefflichen Arbeit die Frage \u00fcber die Entstehung der Zellen der Pflanzen zu beantworten gesucht. Da sich in den Zellen des jungen Embryo und des neu entstandenen Albumen\u2019s das constante (Nach Ref. Beobachtungen ist es wohl nicht constant.) Vorhandensein eines Kernes beobachten l\u00e4fst, so ver-muthete Hr. S chleiden, dafs diefer Zellenkern in einer n\u00e4heren Beziehung zur Entstehung der Zellen stehe und nannte ihn defshalb Cytoblastus (Kvrog \u00dflaozog). Die Form desselben variirt zwischen dem ovalen und kreisrunden, sowie er von der Linsenform zur v\u00f6lligen Kugel \u00fcberzugehen scheint. Die Gr\u00f6fse variirt von 0,0022 P. Z. im Durchmesser bis z. 0,00009 P. Z.; es sei jedoch, sagt der Verf. sehr richtig, auf diese Messungen im Ganzen wenig zu geben. Herr S ch le id en giebt hierauf eine speciellere Beschreibung \u00fcber die Structur des Cytoblast; er glaubt, dafs den fr\u00fcheren Beobachtern dieses Gegenstandes ein kleiner scharf begrenzter K\u00f6rper entgangen ist, der in oder auf der Substanz des Cytoblasfs eingesenkt ist und, nach dem Schatten zu urtheilen, ein dicker Ring oder ein dickwandiges hohles K\u00fcgelchen darzustellen scheint. Bei noch kleineren Cytoblasten erscheint er als ein scharf umschriebener Fleck, auch wohl ausnahmsweise zwei dergleichen. Aus den wasserhellen Fl\u00fcssigkeiten, welche in den jungen Elementarorganen der Pflanzen auftreten, bilden sich gek\u00f6rnte Substanzen, welche man f\u00fcr Gummi halten kann.\n*) Beitr\u00e4ge zur Phytogenesis \u2014 M\u00fcllers Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie etc. 1838 pag, 137. \u2014 Mit zwei Kupfertafeln.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nDie K\u00f6rnchen, sagt Hr. Schl, bestehen nur als schwarze P\u00fcnktchen; doch unter den Mikroskopen von Ploesslil, Pistor und Amici sah Ref. dieselben bei geh\u00f6riger Einstellung in den Focus, ziemlich vollst\u00e4ndig durchsichtig, und zuweilen sah er dieselben, besonders im Embryosacke mit lebhafter Molekularbewegung begabt. Jenen Stoff, der in den Pflanzen auch sp\u00e4ter neben der St\u00e4rke so h\u00e4ufig vorkommt, wie z. B. in den Orchisknollen, und unter dem Namen des Pflanzenschleimes oder fl\u00fcssigen Gummi\u2019s bekannt ist, nennt Herr Schleiden Pflanzengallerte, und diese sei es, die sich durch neue chemische Um\u00e4nderungen in die wirkliche Zellenmembran verwandelt. Herr S chleid en scheint also sehr entschieden sagen zu wollen, dafs sich die Zellenmembran unmittelbar aus Gummi bildet, indessen Ref. glaubt, dafs man desto sicherer geht, wenn die Substanz, woraus sich die Membranen bilden, nur als gummiartig bezeichnet wird. Man findet nur zu allgemein das Auftreten des Zuckers neben dem Gummi in den j\u00fcngsten Pflanzentheilen, besonders im Embryosacke, und bei vielen Pilzen wird es sehr wahrscheinlich, dafs auch fettes Oel bei der Bildung der Zellen unmittelbar Antheil nimmt.\nDie Bildung der Cytoblasten geschieht nun nach H. Schleidens Beobachtungen aus dem Gummi; es tr\u00fcbt sich die homogene Masse, es zeigen sich einzelne scharf begr\u00e4nzte K\u00f6rnchen und dann treten granul\u00f6se Coagulationen um diese herum auf, wodurch der Cytoblast dargestellt wird. Auf dem ausgebildeten Cytoblast soll sich ein feines, durchsichtiges Bl\u00e4schen erheben, und dieses sei die junge Zelle, welche anfangs ein flaches Kugelsegment darstellt. Allm\u00e4lig dehnt sich aber das Bl\u00e4schen mehr aus und es wird consistenter, wobei aber der Cytoblast stets einen Theil der Wand bilden soll. Nach und nach w\u00e4chst nun die ganze Zelle \u00fcber den Rand des Cytoblastes hinaus und wird rasch so grofs, dafs der letztere nur als ein kleiner in einer der Seitenw\u00e4nde eingeschlossener K\u00f6rper erscheint. Erst nach der Resorption des Zellenkern\u2019s findet die Bildung secund\u00e4rer Membranen statt Hierauf werden verschiedene F\u00e4lle aufgef\u00fchrt, wo der Cytoblast den ganzen Lebensprozefs der Zellen durchmacht, es ist aber Hrn. S ch 1 e i d e n entgangen, wie die Bildung von Amvlum-Kiigelchen und selbst der gr\u00fcngef\u00e4rbten Zellensaftk\u00fcgelchen aus","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"15\nder Substanz des Zellenkernes geschieht und wie hiermit die Resortpion desselben erfolgt; die Resorption des Zellenkerns geschieht aber auch in vielen F\u00e4llen ohne K\u00fcgelchenbildung, sondern es entsteht das fl\u00fcssige Gummi, woraus dann neue Membranen gebildet werden. (Ref.) Mit Unrecht sucht Herr Schleiden eine n\u00e4here Beziehung zwischen dem Cytoblast und den feinen Saftstr\u00f6men darzustellen, welche so h\u00e4ufig in den Zellen der Pflanzen Vorkommen; die Gr\u00fcnde, welche den Beweis dagegen f\u00fchren, hat Ref. (Pflanzen-Physiologie II. pag. 244) aufgef\u00fchrt, und wie er glaubt, so zeigt schon die best\u00e4ndige Ver\u00e4nderung in der Richtung der Str\u00f6mungen bei gleichbleibendem Kerne, dafs zwischen diesem und den nicht gleichbleibenden Str\u00f6mungen kein abh\u00e4ngiges Verh\u00e4ltnifs stattfinden kann u. s. w. \u201eAus dem Vorstehenden, sagt Herr Schleiden, geht hervor, dafs der Cytoblast nie frei im Innern der Zelle liegen kann, sondern immer in die Zellenwand eingeschlossen ist und zwar so, dafs die Wandung der Zelle sich in zwei Laminas spaltet, von denen die eine nach aufsen, die andere nach innen \u00fcber den Cytoblasten weggeht. Die an der innern Seite ist aber gew\u00f6hnlich die zartere und meist nur gallertartige, wird auch mit dem Cytoblast zugleich resorbirt.\u201c Ref. hat diese Stelle w\u00f6rtlich mitgetheilt, indem ihm dieselbe undeutlich ist; auch hat derselbe nie etwas \u00e4hnliches beobachten k\u00f6nnen.\nHierauf sucht Herr Schleiden auf scharfsinnige Weise seine Ansicht \u00fcber die Bildung der Zellen mit den Beobachtungen des Referenten in Einklang zu bringen, nach welchem die Membran der Zellen aus spiralf\u00f6rmig gewundenen und neben einander liegenden Fibern besteht. Dergleichen F\u00e4lle waren l\u00e4ngst bekannt, wo die Spiralfasern im Innern von Zellen auftreten, und da deutete Referent dieselben als die secund\u00e4ren Ablagerungen, er machte jedoch auch auf andere F\u00e4lle aufmerksam, wo es schien, dafs die urspr\u00fcnglich zarte Zellenmembran, ohne alle Verdickungen, ebenfalls ihre Zusammensetzung aus spiralf\u00f6rmig gewundenen Fibern zeigt. Herr Schleiden meint hiezu, dafs aber auch in solchen F\u00e4llen die gesunde Analogie das Dasein einer solchen urspr\u00fcnglich einfachen Membran (die n\u00e4mlich nicht aus Fasern zusammengesetzt ist!) anzunehmen erfordere. Allerdings lassen sich in den Zellen der pergament","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nartigen Schicht der Luftwurzeln der Orchideen u. s. w., wie es Ref. selbst beobachtet hat, um die Spiralfaserschichten noch gleichm\u00e4fsige Membranen beobachten, aber dafs auch diese eine spiralf\u00f6rmige Zusammensetzung zeigen, geht aus den neueren Beobachtungen hervor (Pflanzen-Physiologie II. pag. 54). nach welchen sich diese ganzen Zellenw\u00e4nde mitunter in spiralf\u00f6rmige B\u00e4nder zertheilen. Auch habe ich neuerlichst an den prosenchymatischen Zeilen von Pinus sylvestris die Beob-tung gemacht, dafs sich ihre ganzen W\u00e4nde zuweilen bei hohem Alter in Form des spiralf\u00f6rmigen Bandes aufl\u00f6sen, woraus sie zusammengesetzt sind, und hierbei l\u00e4uft dann die Spalte gerade \u00fcber den kleinen T\u00fcpfel, was wohl vollst\u00e4ndig zu best\u00e4tigen scheint, dafs auch die urspr\u00fcngliche Membran dieser Holzzellen die spirale Structur zeigt. Und eben so sch\u00f6n ist dieses offenbar an den feinen Luftwurzelhaaren der Oncidien u. s.w. zu sehen, welche in das spiralf\u00f6rmige Band zerfallen, woraus sie gebildet waren; will man auch an diesen noch eine \u00e4ufsere urspr\u00fcngliche Membran annehmen, so thut man wohl Unrecht, denm man kann ja beobachten, dafs schon um die Zeit, wenn diese Haare auswachsen, in den urspr\u00fcnglichen Epidermiszellen keine Ablagerung von K\u00fcgelchen u. s. w. stattfindet, aus deren colliquescirten Masse doch gew\u00f6hnlich erst die secund\u00e4ren Ablagerungen zu geschehen pflegen. Sehr richtig sagt Herr Schleiden, dafs man in der jungen Zellenmembran noch nichts von jenen spiralen Fibern sieht, welche die alten Membranen zeigen; Ref. hat defshalb aus seinen Beobachtungen den Schlufs gezogen, dafs die Ablagerung und Aneinandersetzung der Molek\u00fcle bei der Bildung der Membranen und Fasern der Pflanzensubstanz stets nach spiralf\u00f6rmig verlaufenden Linien erfolge. Bei der Bildung der In-crustationen auf der Oberfl\u00e4che der CJiciren kann man verfolgen, wie sich die Kalkkrystalle so genau neben einander legen, dafs sie ganz gleichm\u00e4fsige Platten bilden und die Zerst\u00fcckelung dieser zeigt wiederum sogleich, dafs dieselben aus jenen einzelnen Crystallen zusammengesetzt waren! \u201eEs dringt sich, sagt Herr Schieider, unwillk\u00fcrlich der Gedanke auf, dafs die spirale Bildung Folge einer spiralen Fl\u00fcssigkeit-Bewegung an den Zellenw\u00e4nden zwischen diesen und der centralen Gallerte (worunter hier der Zellensaft mit seinem Inhalte","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"17\nverstanden wird!) ist. Auch Jiat Horkel einmal wirklich die Fortbewegung' kleiner K\u00fcgelchen zwischen den Wandungen der sich bildenden Fiber bei Hydrocharis beobachtet.\u201c Da diese letztere Angabe sehr leicht Beifall linden m\u00f6chte, so versichert Referent, dafs es sich mit der Bildung der Spiralfaser in den Epidermiszellen der Saamen von Hydrocharis ganz anders verh\u00e4lt. Herr Horkel theilte obige Ansicht schon im Jahre 1829 mit; Ref. beobachtete aber schon zu eben derselben Zeit, dafs die Spirale, welche der Saftstrom in jenen Zellen beschreibt, eine ganz andere ist, als die ziemlich dicht gewundene Spirale der Fasern daselbst, demnach die Bildung dieser Fasern nicht von der Richtung des Saftstromes abh\u00e4ngig sein kann.\nHierauf macht Herr Schieide n eine Menge von Beobachtungen \u00fcber das Vorkommen von Spiralfasern in den Umh\u00fcllungen vieler Saamen bekannt, er sagt dabei, dafs Referent diefen Gegenstand in seiner Physiologie etwas stiefv\u00e4terlich behandelt h\u00e4tte, was derselbe auch anerkennen mufs, doch geschah dieses blofs, weil Herr Horkel diese Sachen, die er fast s\u00e4mmtlich schon 1829 kannte und dem Referenten mittheilte, selbst publiciren wollte.*) Nach diesen Horkelschen Beobachtungen und den Zus\u00e4tzen von Herrn Schleiden finden sich Spiralfaser-Zellen in der Epidermis des Saamens der Polemonia-ceen, (bei Collomia liniaris zuerst durch Lindley publicirt), als bei Collomia, Gilia, Ipomopsis, Polemonium, Cantua, Coldasia und vielleicht in der ganzen Familie mit Ausnahme von Phlox, an welches Genus sich Leptosiphon anschliefst. Ferner bei der Saamenepidermis von Momordica elaterium, und eine mehr netzartige Faserbildung sah Herr Sch. bei Li-naria vulgaris, Datura Stramonium, bei Salvien und vielen andern Labiaten. Im Parenchym der Saamenintegumente sah sie Horkel bei Cassyta und bei Punica, indessen Referent, der diesen Gegenstand in Gesellschaft des Herrn Horkel beobachtete, kann das Vorkommen der Spiralfaserzelle in den Saamenintegumente von Punica nicht best\u00e4tigen; es sind hier keine solche Bildungen, welche mit den sch\u00f6nen Spiralfaser-Zellen beiCassyta zu vergleichen w\u00e4ren, sondern nur Andeu-\n*) S. Meyen\u2019s Phytotomie 1830 pag. 235.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ab\n18\ntungen von spiraler Struktur in der zarten und einfachen Zellenmembran, wie sie Referent wohl an hundert verschiedenen Pflanzen beobachtet hat.\nDas verschiedenartige Auftreten der Fasern leitet Herr Schleiden haupts\u00e4chlich von der Zeit ihrer Entstehung, ab, sie liegt frei in der Zelle, wenn sie sich sehr sp\u00e4t bildet, oder sie tritt mit der Zellenmembran verwachsen auf, wenn ihre Entstehung zu einer Zeit geschieht, in welcher die Zellenmen-bran noch sehr weich ist und sich daher mit den gallertartigen Fasern zusammen leimen kann. Es ist gewifs ganz richtig, dafs Herr ScJileiden diese Spiralfaserzellen auf den Saa-men u. s. w. mit den \u00fcbrigen Spiralfaserzellen und den \u00e4hnlichen Spiralr\u00f6hren der Pflanzen in Hinsicht der Struktur wie in ihrer Bildung vergleicht, aber er hebt nicht genug das h\u00f6chst Eigenth\u00fcmliche hervor, dafs jene Spiralfaserzellen auf den Saamen mit mehr oder weniger viel Gummi gef\u00fcllt sind und dafs es gerade diese Gummimasse ist, welche durch ihre Hy-groscopicit\u00e4t die Zellenw\u00e4nde zerreifst und die Saamen mit einem Schleimiiberzuge versieht, der von besonderem Nutzen sein mufs.\nAuch Herr Eudes-Deslongchamps*) hat einige Mittheilungen \u00fcber den S'chleim\u00fcberzug gemacht, welcher sich an den Saamen einiger Labiaten zeigt, sobald sie befeuchtet werden; dieselben enthalten aber nichts Neues, sondern schon Gaertner war \u00fcber diesen Gegenstand viel weiter gekommen, und in neueren Zeiten haben Engl\u00e4nder, Franzosen und Deutsche denselben sch\u00e4rfer beobachtet und sind zu dem Resultate gekommen, dafs dieser Schleim\u00fcberzug sehr h\u00e4ufig mit Spiralfaserbildungen begleitet ist.\nHerr Morren**) vergleicht die Schleuderer der Junger-mannien mit den Spiralfaserzellen auf den Saamen der Col-lomien und Salvien; er hat diese letzteren Bildungen in allen Zust\u00e4nden beobachtet und will bemerkt haben, dafs das Spi-ralgef\u00e4fs vorher ein Amylum - K\u00fcgelchen ist. Er habe n\u00e4mlich nachgewiesen, dafs die Amylumk\u00f6rper im Milchs\u00e4fte der Euphorbien ein eigenes Leben f\u00fchren, dafs sie ent-\n*) L\u2019Institut de 1838 Nr. 226. pctg\\ 134.\n\u00a5\u00a5) Bulletin de VAcademie de Bruxelles V. Nr. 6.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"19\nstehen, wachsen, sich zu verschiedenen Formen entwickeln u. s. w., daher erscheine ihm das Amylum nicht etwa als eine tr\u00e4ge Materie, sondern als ein sehr complicirtes Organ. Da sich nun Hr. Morren ebenfalls \u00fcberzeugt hat, dafs die kleinen K\u00fcgelchen in den Kapseln der Jungermannien aus Amylum bestehen, so glaubt er, dafs auch die Schleuderer aus Amylum-K\u00fcgelchen hervorgehen, und dafs die \u00fcbrigen Amy-lumk\u00fcgelchen durch Absorption einer S\u00e4ure in Zucker umgewandelt werden, welcher dann den Sporen u. s. w. zur Ern\u00e4hrung dient.\nUeber diese Bildungen haben wir indessen gegenw\u00e4rtig schon viel bestimmtere Beobachtungen, ich f\u00fchre nur die vortrefflichen Mittheilungen des Herrn Ne es von Esenbeck*) und meine eigene an, welche im dritten Theile der Pflanzenphysiologie (pag, 391) zusammengestellt sind.\nHerr Schleiden kommt hierauf wieder zur\u00fcck auf seine Ansicht \u00fcber die Bildung der Zellen durch Cytoblasten; er glaubt, dafs die Vorg\u00e4nge bei der Zellenbildung aus der wasserhellen Solution oft v\u00f6llig unsichtbar sind, und als Beispiel f\u00fchrt er die Keimung der Marchantien - Sporen an. Diese Sporen wie die der Laubmoose u. s. w. enthalten ganz gew\u00f6hnlich eine Anzahl von mehr oder weniger grofsen K\u00fcgelchen, die darin wie gew\u00f6hnliche Zellensaftk\u00fcgelchen zerstreut liegen und offenbar als Reservenahrung gelten. Diese K\u00fcgelchen h\u00e4lt aber Herr Schleiden f\u00fcr Cytoblasten, deren aber nur wenige, meistens nur 2 bis 4 zur Bildung der Zellen verbraucht w\u00fcrden, w\u00e4rend sich die andern mit Clorophyll \u00fcberziehen. Indessen die Entwickelung der Marchantien-Sporen 4st doch eine ganz andere, als Herr Schleiden darzustellen gesucht hat, er hat dieselben offenbar nicht lange genug beobachtet, denn die Schleimblasen, welche er im Innern der keimenden Sporen f\u00fcr die Zellenanf\u00e4nge zu halten scheint, werden daselbst niemals zu Zellen. Es finden sich aber \u00fcberhaupt in diesen, wie in so vielen anderen Sporen keine Bildungen, welche man mit den Zellenkernen im ausgebildeten Zellengewebe der Pflanzen vergleichen tonnte, ja nicht einmal die re-gelm\u00e4fsig gestellten Kerne in den Sporen der Helvellen sind\n\u00a5) Naturgeschichte der Lebermoose etc. Breslau 1838. IV. pag. 193.\n2 *","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nals Kerne anzuselien, welche auf die Bildung der neuen Zellen bei den keimenden Sporen Einflufs haben ; gew\u00f6hnlich werden sie zwar bei der Keimung aufgel\u00f6st, aber mitunter bleiben sie auch unver\u00e4ndert zur\u00fcck, w\u00e4rend sich die Keimschl\u00e4uche schon zu bedeutender L\u00e4nge ausgebildet haben. Da aber auch bei dem Wachsthum der Fadenpilze und der Con-ferven u. s. w. die Bildung der neuen Zellen so \u00fcberaus h\u00e4ufig ohne irgend eine Spur von Cytoblast vor sich geht, so h\u00e4tte schon dadurch Herr Schleiden veranlafst werden k\u00f6nnen anzunehmen, dafs seine Ansicht \u00fcber die Bildung der Zellen durch Cytoblasten wenigstens nicht allgemein anwendbar ist; und dieses gilt nicht nur f\u00fcr die Zellenbildung bei den Cry-pt\u00f6gamen sondern auch f\u00fcr unendlich viele F\u00e4lle bei den h\u00f6heren Pflanzen.\nIn der zweiten H\u00e4lfte der Abhandlung spricht Herr S chlei-den \u00fcber das Wachsen der Pflanze im Allgemeinen; auch er unterscheidet hiebei drei wesentlich verschiedene Vorg\u00e4nge, n\u00e4mlich 1) die Vermehrung der Zellen, 2) die Ausdehnung und Entwickelung der gebildeten Zellen und 3) die Verdickung der ausgewachsenen Zelienw\u00e4nde. Herr Schleiden setzt bei den ersten Vorg\u00e4nge, n\u00e4mlich bei der Vermehrung der Zellen voraus, dafs nur die eine Bildungsweise, n\u00e4mlich die Bildung ^ neuer Zellen im innern der alten erwiesen sei, eine Annahme welche jedoch nicht so richtig ist, als Herr Schleiden zu zeigen sucht. Die Darstellung des folgenden \u00fcber die Entwickelung und Bedeutung der verschiedenen Haupttheile der Pflanze w\u00fcrde zu viel Raum erfordern, da es sich hier haupts\u00e4chlich um Ansichten handelt, und diese gerade nicht durch neue That-sachen erwiesen werden, sondern deren Begr\u00fcndung erst von der kommenden Zeit zu erwarten steht.\nHerr Schleiden*) machte ferner die interessante Beobachtung, dafs einige der secund\u00e4ren Ablagerungen an den W\u00e4nden der Elementarorgane verschiedener Gew\u00e4chse durch Kochen in Aetzkalilauge zu einer Substanz umgewandelt werden, welche sich durch Jodine blau f\u00e4rbt, und also wahrscheinlich mehr oder weniger aus Amylum besteht. Es zeigte sich\n*) Einige Bemerkungen \u00fcber die sogenannte Holzfaser der Chemiker \u2014 Wiegmann\u2019s Archiv etc. 1838. I. pag. 59 \u2014 64","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"21\nhiebei auch sehr deutlich, dafs die Spiralfasern ebenfalls aus mehreren Schichten bestehen, wie es durch Herrn Mo hl und den Referenten fr\u00fcher gelehrt wurde, dafs n\u00e4mlich dieselben wenigstens einen primitiven Strang und eine scheidenartige Umkleidung von geringerer Dichtigkeit zeigen. Herr Schl, bezeichnet jenen Strang als primitive Ablagerung, die Scheide als secund\u00e4re und fand, dafs die erstere durch Kochen in Aetzkalilauge zu St\u00e4rkemehl umgewandelt werden k\u00f6nne, w\u00e4-rend die secund\u00e4re Bildung hiebei in einen noch nicht bekannten Stoff ver\u00e4ndert werde, welcher durch Jodine orangegelb gef\u00e4rbt wurde. Die urspr\u00fcngliche Zellenmembran, worin jene Spiralfasern u. s. w. vorkamen, wurde scheinbar nicht ver\u00e4ndert. Verschiedene dickwandige Zellen von verschiedenen Gew\u00e4chsen, welche in Aetzkalilauge gekocht wurden, zeigten eine \u00e4hnliche Umwandelung ihrer inneren Schichten in eine, mehr oder weniger Amylum-reiche Substanz, ja bei einigen B\u00e4umen zeigten die Zellen des j\u00fcngsten Holzringes nach jenei Behandlung und der Ber\u00fchrung mit Jodine ebenfalls eine hellblaue F\u00e4rbung. Schliefslich deutet Herr Schl, als Resultat seiner Untersuchungen an, dafs die Pflanzensubstanz (Holzfaser, vegetabilischer Faserstoff) aus 3 chemisch verschiedenen Stoffen bestehe und diese w\u00e4ren: 1) die urspr\u00fcngliche Zellenraem-bran, 2) die prim\u00e4ren Ablagerungen auf denselben und 3) die secund\u00e4ren Ablagerungen. Ref. kann diesen Ansichten nicht beistimmen, aber ehe man hier\u00fcber entscheiden will, mufs man sich \u00fcber den Gegenstand von welchem die Rede ist, n\u00e4her bestimmen. Es ist zu bekannt, dafs sich Holzfaser und Bastfaser physisch sehr bedeutend unterscheiden und dennoch haben sie eine \u00e4hnliche Struktur aufzuweisen; \u00e4hnliche Verschiedenheiten zeigt die Membran der Parenchym-Zellen, und selbst die Spir\u00e4lfaser zeigt sich bald verholzt, bald weich, ja selbst in verschiedenen Jahreszeiten zeigen viele Pflanzen hierin grofse Verschiedenheiten, demnach kann man immer nur \u00fcber die Zusammensetzung dieser Substanzen f\u00fcr den specieilen Fall sprechen.\nReferent li\u00e2t im 2ten Theile seiner Pflanzen-Physiologie \u00fcberall zu zeigen gesucht, flafs zwischen Aen assimila ten Nah-rungsstoffen der Pflanzen, als zwischen dem Zucker, Gummi, Amylum, Inulin, der Zellenuiembran, und der Spiralfaser die","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\ninnigste Verwandschaft herrscht; er hat die Verwandschaft derselben mit der Humuss\u00e4ure, und den l\u00f6slichen organischen Stoffen der Dammerde angedeutet und es ebenfalls speciell erwiesen, dafs fast alle jene Substanzen auf chemischem Wege in einander umgewandelt werden k\u00f6nnen. Alle jene Substanzen geben Zucker und geben Humuss\u00e4ure, und die Umwandelung des Amylum\u2019s in Gummi, Zucker u. s. w. ist zu bekannt, als dafs davon hier noch die Rede sein kann. Die Bildung des Amylum\u2019s aus Gummi hat Ref. selbst beobachtet und im vorigen Jahresberichte (pag. 150) so wie im 3ten Theile der Physiologie (pag. 335) n\u00e4her beschrieben; auch beobachtete er, dafs Tannenholz, welches in Aetzkali behufs der Bereitung der Humuss\u00e4ure gegl\u00fcht war, an einigen Stellen und auf einige Zeit durch Jodine blaugef\u00e4rbt wurde, doch gelang der Versuch nur sehr selten.\nIn einer andern Abhandlung, welche Herr Schleiden*) bald nach dem Erscheinen jener vorhergehenden Arbeit in Wiegmann\u2019s Archiv herausgab, finden wir genauere Nachweisung \u00fcber die Methode der Umwandelung der Pflanzenmembran in Amylum. Man lasse zu diesem Zwecke die d\u00fcnnen Schnitte mit dem 2 \u2014 8 fachen Gewichte trocknen Kali\u2019s und. einer gleichen Menge Wasser heftig auskochen; hierauf s\u00e4ttige man das Kali mit Schwefels\u00e4ure, und alsdann wird das unzer-st\u00f6rte Holz durch Jodine blau, bis in\u2019s tiefste schwarzblau gef\u00e4rbt Zur\u00fcckbleiben/ Ganz genaue Regeln \u00fcber die Verh\u00e4ltnisse der dabei anzuwendenden Substanzen lassen sich noch nicht geben. Wurden diese blaugef\u00e4rbten Holzzellen zerrieben und in Wasser gekocht, so enthielt die abfiltrirte Fl\u00fcssigkeit kein Amylum, ja bei l\u00e4ngerem Kochen verloren die Zellen die Eigenschaft durch Jodine blau gef\u00e4rbt zu werden, reagir-ten aber wieder blau, wenn sie nochmals mit Kali gekocht wurden. Endlich fand Herr Schleiden, dafs man die Zellenmembran auch durch Einwirkung der Schwefels\u00e4ure in St\u00e4rke um wandeln k\u00f6nne; wenn man n\u00e4mlich, sagt derselbe, ungef\u00e4hr 3 Theile ccncentrirte Schwefels\u00e4ure mit 1 Th. Was-\n*) Einige Bemerkungen \u00fcber den vegetabilischen Faserstoff und sein Verh\u00e4ltnifs zum St\u00e4rkemehl \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen der Physik 1838. Bd. 1. pag. 391 - 398.","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"23\nsfer in der K\u00e4lte etwa eine halbe Minute auf irgend ein Pflan-zengewebe einwirken l\u00e4fst, dann Jod zusetzt und das Ganze genau durch einander mengt, so erh\u00e4lt man ebenfalls eine kleine Menge durch Jod gef\u00e4rbten Kleister.\nBraconnot\u2019s Entdeckung der Umwandelung der Pflanzenfaser in Gummi und in Zucker, vermittelst der Schwefels\u00e4ure, w\u00e4re nun nach Herrn Schleiden\u2019s Ansicht dahin zu deuten, dafs diese Umwandelung eine secund\u00e4re war, dafs n\u00e4mlich die Pflanzenfaser dabei zuerst in Amylum umge\u00e4ndert wurde. Wie allgemein richtig diese Angaben sind, davon m\u00f6ge sich Jedermann selbst \u00fcberzeugen, denn die Versuche sind leicht nachzumachen; wie verwandt \u00fcbrigens die Zellen membran der Pflanzen und das Amylum sind, und wie leicht sich die Substanz derselben in der Art um\u00e4ndert, dafs sie gegen Jodine bald blau- und bald gelbbraun reagirt, das geht auch aus meinen Beobachtungen an den Flechten hervor (Pflanzen-Physiologie II. pag. 286.), welche in ihrer ganzen Substanz durch Jodine bald braun, bald blau gef\u00e4rbt werden, ja verschiedene Exemplare von einer und derselben Art von Flechten und von einem und demselben Baume genommen, zeigten sich hierin sogar verschieden.\nHerr Pay en*) hat k\u00fcrzlich ein Memoire in der Akademie zu Paris vorgetragen, worin er eine Menge von Elementar-Analysen verschiedener vegetabilischer Substanzen bekannt gemacht, von denen mehrere von den schon vorhandenen sehr bedeutend abweichen; die Resultate welche aus dieser Arbeit gezogen wurden, sind im Allgemeinen folgende: Den verschiedenen H\u00f6lzern kommt eine verschiedene Zusammensetzung zu, welche sich in den verschiedenen Proportionen zweier Stoffe zeigt, und es geschehe eine Fixation des Wasserstoffes durch die Vegetation!\nVon Herrn Turpin**) erhielten wir eine sehr weitl\u00e4uf-\n*) M\u00e9m. sur la composition du tissu propre des plantes et du ligneux \u2014 Compte rendu de 1838 IL pag. 1052.\nM\u00e9m. sur la difference qu'offrent les tissus cellulaires de la Vomme et de la Poire; sur la formation des concr\u00e9tions ligneuses de la derni\u00e8re,, celle des noyaux et du bois, compar\u00e9es aux concr\u00e9tions calcaires qui se trouvent sous le manteau des Arions et a l ossijtca-","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\ntige Abhandlung \u00fcber die Verschiedenheit des Zellengewebes in den Aepfeln und den Birnen, und die Bildung der holzigen Concretionen in den Letztem, welche verschiedene neue Ansichten \u00fcber das Wachsthum der Pflanzensubstanz enth\u00e4lt.\nDie sogenannten steinigen Concretionen, welche die Substanz vieler schlechter Birnsorten aufzuweisen hat, wurden schon von Du Hamei sehr ausf\u00fchrlich in Hinsicht ihres Auftretens untersucht und Ref. zeigte sp\u00e4ter (1836) dafs diese Concretionen in mehr oder weniger grofsen Anh\u00e4ufungen dickwandiger Parenchym-Zellen bestehen,* *) welche nicht nur ihre Zusammensetzung aus Schichten, sondern auch \u00fcberaus ausgebildete T\u00fcpfelkan\u00e4le zeigen.\nDes Ref. Untersuchungen und Abbildungen \u00fcber diesen Gegenstand nicht kennend giebt Hr. Turpin eine Beschreibung \u00fcber den Bau dieser verh\u00e4rteten Massen, worin man schwerlich unsere einfache Darstellung desselben wiedererkennen wird. Jene dem Auge als einfache Steine erscheinenden Massen bestehen, wie Hr. T. sagt, aus einer sehr verschiedenen Anzahl von krystallinischen, zu mehr oder weniger regel-m\u00e4fsigen Kugeln zusammengeballten, opacken oder halbdurch_ sichtigen K\u00f6rpern, welche in der Mitte von einem punkt- oder scheibenf\u00f6rmigen Nabel bezeichnet sind, von dem aus sich viele kleine Runzeln radial verbreiten. Nach unsern Beobachtungen sind diese krystallinischen K\u00f6rper nichts weiter, als die verdickten Zellen; der angebliche Nabel ist die in demselben zur\u00fcckgebliebene und durchscheinende H\u00f6hle der Zellen, und die radial verlaufenden Runzeln sind die T\u00fcpfelkan\u00e4le welche von der H\u00f6hle nach dem Umfange verlaufen und sich \u00f6fters durch Ver\u00e4stelung daselbst vermehren.\nIn dem Fleische der Quitten und der Mispel fand Herr Turpin \u00e4hnliche verh\u00e4rtete Massen und \u00fcber die Entstehung dieser harten Zellenmassen giebt er eine ganz eigene Erkl\u00e4rung. Im Anf\u00e4nge w\u00e4ren die Zellen noch mit Globuline gef\u00fcllt, sp\u00e4ter treten mehrere derselben zusammen, verstopfen und f\u00fcllen sich mit einem unverdaulichen Stoffe, welcher sich\ntion des animaux en g\u00e9n\u00e9ral. \u2014 Compte rendu. 1838. 1. pag. 711\u2014 737 \u2014 Ausf\u00fchrliche Mittheilung dieser Arbeit in Froriep\u2019s Notizen von 1838. August etc.\n*) S. den vorigen Jahresbericht pag'. 39\u201440.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"25\nals Molek\u00fcle unregelm\u00e4fsig niederschl\u00e4gt, wodurch dann die Zellen opak werden und ihre H\u00e4rte erhalten; den Stoff, welcher diese Eigenschaft besitzt, nennt Herr Turpin Scl\u00e9rog\u00e8ne, da er die Ursache ist, welche durch die Incrustation die Verh\u00e4rtung des Gewebes bewirkt. Diese Erkl\u00e4rung \u00fcber die Entstehung der Verh\u00e4rtungen ist indessen nicht richtig, und die irrige Auffassung dieser Erscheinung h\u00e4ngt damit zusammen, dafs Hr. T. die Struktur dieser erh\u00e4rteten Zellen nicht v\u00f6llig erkannt hat. Die Substanz welche die innern Schichten der verdickten Zellenmembran bildet, ist \u00fcberall gleichm\u00e4fsig in Form feiner Platten abgelagert, welche nur durch die T\u00fcpfelkan\u00e4le durchbrochen wer/len, und sie geht hervor theils aus den, in den jungen Zellen abgelagerten assimilirten Nahrungsstoffen, theils aus neuen Stoffen der Art, welche von der Umgebung zugeleitet werden. Diese inneren Schichten der Zellenw\u00e4nde k\u00f6nnen aber nicht mit einem eigenen Namen belegt werden, welcher zu der Annahme verleiten k\u00f6nnte, als best\u00e4nden sie aus einer ganz fremdartigen Substanz; es hat sich im Gegentheile durch die Beobachtungen des Herrn S cl eide n (S. pag. 21) gezeigt, dafs man die secund\u00e4ren Lamellen der Zellenmembran durch Kochen in Aetzkali u. s. w. in Amy-lum umwandeln kann.\nHerr Turpin bezeichnet mit dem Namen Scl\u00e9rog\u00e8ne alle dem Organismus fremden Stoffe, welche sich aus ihrer L\u00f6sung den innern W\u00e4nden der Elementarorgane der Gewebe anle-gen; es sind dieses nach seiner Ansicht unassimilirte Stoffe, was aber doch, wie Ref. vorher gezeigt hat, auf die neuen Schichten in der erh\u00e4rteten Substanz der Birne ganz und gar nicht anwendbar ist, und somit hoffen wir, dafs die Annahme einer solchen Scl\u00e9rog\u00e8ne keinen Beifall finden wird.\nDie Ursache warum sich auch unter der Epidermis dergleichen Bildungen erzeugen und dadurch eine Art von steiniger H\u00fclle bilden, liegt, wie Hr. T. sagt darin, dafs die Scl\u00e9rog\u00e8ne daselbst unmittelbar absorbirt und angeh\u00e4uft wird. In dieser Art wird das Vorkommen und die Natur der harten Zellenmassen in den Birnen und Quitten noch immer ausf\u00fchrlicher betrachtet, doch findet Ref. in der ferneren Arbeit weiter nichts, was uns nicht schon anderweitig bekannt geworden w\u00e4re oder \u00fcberhaupt besondere Aufmerksamkeit verdiente. Un-","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nter den Resultaten, welche am Schl\u00fcsse der Abhandlung aufgef\u00fchrt werden, findet sich auch der Satz, dafs die Sclerogene eine Substanz ist, welche der Organisation des Pflanzenzellgewebes eben so fremd ist, als die Harnsteine, der kohlensaure und phosphorsaure Kalk es den thierischen K\u00f6rper sind.\nAuch Herr Treviranus*) spricht ganz neuerlichst von jenen verdickten Zellen aus dem Gewebe der Birne; er f\u00fchrt an was Malpighi, Grew und Du Hamei \u00fcder diesen Gegenstand gesagt haben, \u00fcbergeht aber, wie gew\u00f6hnlich, meine Beobachtungen (1S36) und kommt endlich zu dem Schl\u00fcsse, dafs es allem Anscheine nach dr\u00fcsige Organe w\u00e4ren, denn man bemerke, dafs der Theil des Kelches, welchem in der Bl\u00fcthezeit Staubf\u00e4den und Blumenbl\u00e4tter angeheftet sind, bei der Fruchtbildung gleichfalls eine steinige Beschaffenheit an-nehme. \u201eIhre absondernde Th\u00e4tigkeit und ihre endliche Verstopfung aber hat unstreitig Bezug auf das st\u00e4rkere Hervortreten des Zuckers, denn man wird sie in gr\u00f6fserer Menge in solchen Birnen gewahr, welche sich durch S\u00fcssigkeit auszeichnen, und sie fehlen zun\u00e4chst um das Kerngeh\u00e4use, wo das Fleisch weniger siifs.\u201c! Nachdem wir \u00fcber den fraglichen Gegenstand die hinreichendste anatomische Untersuchung erhalten haben, welche \u00fcberall den physiologischen Betrachtungen zum Grunde gelegt werden m\u00fcssen, wird es nicht mehr n\u00f6thig sein, jene Ansichten des Herrn Treviranus zu widerlegen; auch ist es ziemlich bekannt, dafs gerade jene schlechten, sogenannten Kochbirnen, welche oft sehr wenig siifs sind, am reichsten mit jene steinigen K\u00f6rpern versehen sind.\nReferent**) machte in Gesellschaft des Herrn Professor Mitscherlich die Beobachtung, dafs die Flachsfasern, so wie alte Leinen, wenn sie in Salzs\u00e4ure gekocht wurden, mehr oder weniger pl\u00f6tzlich in sehr kleine gl\u00e4nzende Theilchen zerfielen, welche sich wie feine nadelf\u00f6rmige Krystalle bald zu Boden setzten; diese Theilchen sind ziemlich von regelm\u00e4lsiger L\u00e4nge und durch ein Zerfallen der Flachsfasern gebildet. Eine \u00e4hnliche vielfache Zertheilung der Fasern in kleinen Theilchen\n*) Physiolog. d. Gew\u00e4chse II. pag- 489.\n**) Ueber die Bildung der faserf\u00f6rmigen Zellen (Faser-Zellen) und Bastr\u00f6hren der Pflanzen. \u2014 Wiegmann\u2019s Archiv. 1838. I. pag. 297.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"27\nzeigte ein feines ungeleimtes Papier, welches durch anhaltendes Kochen zu einer gleiclnn\u00e4fsigen Masse aufgel\u00f6st war. Die sp\u00e4tere Untersuchung der Entwickelung der Knospen zeigte, dafs diejenige Zellenschicht, welche sich zu Bastr\u00f6hren und Holzfasern ausbildet und sich als eine ungef\u00e4rbte Zone, unmittelbar \u00fcber dem Markh\u00fcgel bis zumt Keime der Knospe hinzieht, aus zarten Parenchym-Zellen besteht, welche mit ihren Grundfl\u00e4chen genau \u00fcber einander stehen, mit diesen obliteriren und sich durch Resorption der Querw\u00e4nde in l\u00e4ngere R\u00f6hren umwandeln. Jene kleinen St\u00fcckchen, in welche die Flachsfaser durch Kochen in Salzs\u00e4ure zerf\u00e4llt, betrachten wir nun als die einzelnen Parenchym-Zellen, aus welchen die urspr\u00fcngliche Bastr\u00fchre gebildet wurde u. s. w. Seitdem hat Ref. schon mehrmals an den Bastr\u00f6hreti der Ceropegien beobachten k\u00f6nnen, dafs man ihre Zusammensetzung aus kleinen Theilen auch im frischen Zustande hie und da wahrnehmen kann.\nFortpflanzung\u2019s-Erscheinungen bei den Gew\u00e4chsen.\nEine andere reichhaltige Arbeit des Herrn Schleiden*) wird unsere Aufmerksamkeit l\u00e4nger besch\u00e4ftigen. Sie enth\u00e4lt Beobachtungen mit erl\u00e4uternden Abbildungen, welche jener Abhandlung zum Grunde liegen, die derselbe 1837 in diesem Archive bekannt machte und wor\u00fcber schon im vorigen Jahresberichte (pag. 142) die Rede war. Herr Schleiden schickt eine historische Uebersicht der Leistungen derjenigen Botaniker voran, welche die Lehre von der Fortpflanzung der Gew\u00e4chse bearbeitet haben; er stellt Herr C. L. Treviranus als denjenigen Botaniker dar, welchem wir die m\u00e4chtigen Fortschritte der letzten 20 Jahre verdanken, und k\u00f6mmt zuletzt auf die ausgezeichneten Leistungen des Herrn Professor Hor-kel, dessen besondere Unterst\u00fctzung er sich zu erfreuen hatte. In Bezug auf diesen unerm\u00fcdlichen Beobachter, den auch Referent zu seinen verehrten Lehrern z\u00e4hlt, heifst es daselbst: \u201eDurch 3\u00dcj\u00e4hriges unermiidetes Studium, durch tiefes Eindrin-\n*) Ueber Bildung des Eichens und Entstehung des Embryo\u2019s bei den Phanerogamen. Mit 6 Steindrucktafeln \u2014 Nova Acta Acad. C. L. C. Nat. Cur. Vol. XIX P. 1. pag. 31\u201458.","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\ngen in den Geist aller \u00e4lteren und neueren Arbeiten, durch gr\u00fcndliche, oft wiederholte eigne Untersuchungen, die sich \u00fcber den gr\u00f6fsten Theil der Familien ausbreiteten, besonders aber die schwierigem, in ihrem Bau abnormen oder unbequem kleinen Bildungen in allen Einzelheiten verfolgt und aufgekl\u00e4rt hatten, war von diesem lange nicht genug bekannten und verehrten Manne in dieser Lehre so vorgearbeitet worden, dafs nur noch ein kleiner Schritt zu thun war, den selbst ein wankendes Kind h\u00e4tte machen k\u00f6nnen, und auch dabei unterst\u00fctzte mich sein Rath u. s. w.\u201c Da aber Herr Horkel wie es allgemein bekannt ist, aus dem grofsen Schatze seines Wissens nur sehr wenig dem gelehrten Publikum mitgetheilt hat, so mufs es die Wissenschaft als ein besonderes Gl\u00fcck ansehen, dafs derselbe in Herrn [Schleiden, seinem Neffen, einen so talentvollen Sch\u00fcler gefunden hat\u00bb, durch den er viele seiner sch\u00f6nsten Entdeckungen verbreiten lassen konnte.\nHierauf giebt Herr Schleiden eine kurze dogmatische Darstellung der Lehre von der Eybildung und der Befruchtung, woraus ich einige der wichtigsten Paragraphen hervorzuheben habe. Es wird gelehrt, dafs der Nucleus des Eychens als eine warzenf\u00f6rmige Excrescenz der Placenta erscheint und mit einer oberhaut\u00e4hnlichen Schicht etwas verschiedener Zellen, der Membrana nuclei R. Br. bekleidet ist; hierin stimmen so ziemlich alle Angaben \u00fcberein. Bei den Orchideen meint Herr Sch. ist schon in dieser Periode der Embryosack vorhanden, worin Ref. nicht beistimmrn kann, denn nach den von ihm mitgetheilten Beobachtungen (Physiologie III. pag. 299 Tab. XIII. fig. 36.) haben die Orchideen gar keinen Embryosack, sondern der, schon im ersten Auftreten hohle Nucleus wird zur zarten Membran absorbirt, welche die Stelle des Embryosackes vertritt und sp\u00e4ter ganz verschwindet. Im 2teu Paragraphen macht Hr. Schl, auf die Wichtigkeit des Nucleus aufmerksam, weil alle \u00fcbrigen Theile des Eychens fehlen k\u00f6nnen, nur er selbst ist immer vorhanden; es wird aber hinzugef\u00fcgt, dafs er unbedingt wesentlich sei, denn eine seiner Zellen entwickelt sich zum Embryosack. Dieser letzteren Angabe kann Referent nicht so allgemein beistimmen, wie sie ausgesprochen ist, denn nach seinen Untersuchungen giebt es eine Menge von Pflanzen, welche gar keinen Embryosaok als be-","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"29\nbesonderes Organ entwickeln; in andern Fallen dagegen, wie z. B. bei der Bildung des Embryosackes aus der Spitze des Nucleus bei Phaseolus u. A. m., ist jene Angabe allerdings ganz richtig, wozu auch Ref. auf Tab. XV seiner Physiologie mehrere Darstellungen gegeben hat.\nAls wesentlich verschieden von dem Ovulum campylotro-puni wird das Ov. camptotropum dargestellt, wo n\u00e4mlich das Ovulum zwar gleichseitig entwickelt, aber in der Mitte gebogen und mit den entsprechenden Seiten verwachsen ist, wie z. B. bei Potamogeton.\nDie Angabe, dafs der Inhalt der Pollenk\u00f6rner aus St\u00e4rke, Schleim oder Gummi besteht, kurz nur Bildungsstoff f\u00fcr Zellengewebe enthalte, wird hier wiederholt und somit werden alle die m\u00fchsamen Beobachtungen, welche \u00fcber die spermatischen K\u00fcgelchen und die sogenannten Samenthierchen der Pflanzen angestellt sind, als unbeachtet zur Seite geschoben. Referent w\u00fcrde auf diesen Gegenstand nicht wieder zur\u00fcckkommen, da er schon in den fr\u00fcheren Jahresberichten mehrmals gegen dergleichen Angaben seine eigenen Beobachtungen aufgestellt hat, welche gegenw\u00e4rtig im 3ten Theile der Physiologie (pag. 191) noch ausf\u00fchrlicher mitgetheilt sind, aber Herr Schleiden hat schon im Anf\u00e4nge des Jahres einige Bemerkungen \u00fcber den Inhalt des Pollenkornes ^) bekannt gemacht, welche nur gar zu leicht Beifall finden m\u00f6chten. \u201eEs will mich \u00fcbrigens bediinken, sagt Herr Schleiden daselbst, als h\u00e4tten die gr\u00fcndlich chemisch-mikroskopischen Untersuchungen von F ritz sehe \u00fcber den Pollen (Petersburg 1837) den angeblichen Saamenthierchen so ziemlich das Garaus gemacht, u. s. w.\u201c Ref. hat aber schon im vorigen Jahresbericht gezeigt, dafs jene Untersuchungen nicht so gr\u00fcndlich sind, und er h\u00e4lt seine eigenen Angaben \u00fcber diesen Gegenstand noch immer f\u00fcr richtiger. Herr Schleiden meint, dafs die als Saamenthierchen der Oenotheren beschriebene K\u00f6rperchen \u201eSt\u00e4rke sind und St\u00e4rke bleiben,\u201c indessen gegen diese so bestimmten Angaben f\u00fchrt Ref. nur au, dafs Herr Schleiden wohl Amylum K\u00f6rner vor sich gehabt haben mag, dafs aber diejenigen K\u00f6rper, an welchen die Herrn Brongniart und\n*) S. Wiegmann\u2019s Archiv f. 1838. I. pag. 49\u201451.","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nRobert Brown, so wie Ref. selbst zu h\u00e4ufig wiederholten Malen ihre Bewegung, so wie ihre Kr\u00fcmmungen beobachtet haben, nicht aus Amylum bestanden, sondern aus einer durch Jodine sich br\u00e4unlich f\u00e4rbenden Substanz, und dafs die Bewegungen derselben aufh\u00f6rten, sobald sie mit Alkohol in Ber\u00fchrung traten. Herr Schleiden giebt auch eine Erkl\u00e4rung, wie sich die Beobachter jener Erscheinung, n\u00e4mlich des Kr\u00fcm-mens der Saamenthierchen der Oenotheren haben t\u00e4uschen k\u00f6nnen, doch dieselbe ist schon an und f\u00fcr sich ungen\u00fcgend, und dann \u00fcberhaupt ganz zur\u00fcckzuweisen. Ich finde die Erscheinung bei allen Onagreen *), sie ist aber gerade nicht alle Tage zu sehen.\nDa nun bei dieser Streitfrage immer Beobachtungen gegen Beobachtungen aufgef\u00fchrt worden sind, so m\u00fcssen andere Beobachter (Physiologen, aber nicht Chemiker) auftreten und den Streit entscheiden. Ich berufe mich zuerst auf Herrn Mohl\u2019s Untersuchungen dieses Gegenstandes, der in dieser Hinsicht mit meinen fr\u00fcheren Angaben g\u00e4nzlich \u00fcbereinstimmt.**) So eben ist auch eine Arbeit des Herrn Unger***) erschienen, worin derselbe ebenfalls vor der unbedingten Annahme der Hypothese des Herrn Schleiden \u00fcber den vorliegenden Gegenstand warnt. Aber noch weit mehr m\u00f6chten f\u00fcr die Saamenthierchen der Phanerogamen die neuern Beobachtungen \u00fcber die Saamenthierchen der Moose und der Charen sprechen, wor\u00fcber bald nachher die Rede sein wird.\nGanz neuerlichst hat auch Herr Pay en in seiner grofsen Arbeit \u00fcber die St\u00e4rkef) von den Amylum - K\u00f6rnern gesprochen, welche er in der Fovilla einiger Pflanzen beobachtete, besonders in den Pollenk\u00f6rnern von Najas major und Rup-pia maritima, was auch Niemand bestreiten wird, der diese Beobachtungen wiederholt, aber diese Amylum-K\u00fcgelchen sind nicht die spermatischen K\u00f6rper, die man in Hinsicht ihrer Bedeutung mit den Saamenthierchen der Thiere verglichen hat.\nIn einen andern Paragraph spricht Herr Schleiden \u00fcber\n*) S. Physiologie etc. III. pag. 195.\n\u00a5\u00a5) S. den lsten Jahresbericht. 1835. I. pag. 155.\n\u00a5\u00a5\u00a5) Nova Acta Acad. C. L. C. Tom. XVIII. P. IL p. 793, *{*) S. Ann. des sciens nat. 1838 II pa\u00df-. 209.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"31\ndie h\u00f6chst untergeordnete Bedeutung, welche die Formen der \u00e4ufsern H\u00fcllen der Pollenk\u00f6rner zeigen.\nDas leitende Zellengewebe bekleidet, von der Placenta aus, die innere Wand des Ovarium*s und des Stylus-Kanals u. s. w. und geht stets in die Papillen des Stigmas \u00fcber, worin Ref. nicht ganz beistimmt. Mitunter ist n\u00e4mlich der Stylus-kanal durch eine papillenreiche Epidermis ausgekleidet, welche sich erst abl\u00f6st und der Ausdehung der muk\u00f6sen R\u00f6hren Platz macht. Bei dem Wachsthume des Pflanzenschlauches gibt vielleicht das leitende Zellengewebe den Nahrungsstoff in seinem schleimigen Secret.\nIn Bezug auf den Befruchtungs-Process selbst werden eben dieselben Angaben gemacht, welche wir schon im vorigen Jahresberichte speciell aufgef\u00fchrt haben; es ist mit diesen Angaben die Ansicht verbunden, dafs der Pollenschlauch den Embryosack vor sich her schiebt, denselben einst\u00fclpt und dafs die Spitze des Pollenschlauches zum Embryo wird, woraus Herr Schleiden schon fr\u00fcher gefolgert hat, dafs die Antheren die Keime enthalten und dafs also gar kein Befruchtungs-Pro-cefs statt findet.\nSchon im vorigen Jahresberichte habe ich diese Ansicht von der Befruchtung der Pflanzen als eine irrth\u00fcmliche darzustellen gesucht, und im dritten Theile meiner Physiologie ist dieses ausf\u00fchrlicher geschehen und durch die n\u00f6thigen Abbildungen erl\u00e4utert worden.\nSp\u00e4ter hat Herr M. W y dl er zu Bern*) ein Schreiben an die Academie der Wissenschaften zu Paris gerichtet, worin er ganz dieselben Ansichten \u00fcber das Geschlecht der Pflanzen ausspricht, welche Herr Schleiden aufgestellt hat, doch zeigt derselbe \u00fcberall, dafs seine Ansichten auf eigene Beobachtungen beruhen. Sehr richtig bemerkt hiebei Herr W y die r, dafs die Kerne in den jungen Zellen nicht immer von der Qualit\u00e4t der Cytoblastes sind, sondern von verschiedener Natur und verschiedener Bestimmung. Als dieses Schreiben des Herrn W y del er in der Academie zu Paris durch Herrn Aug. de Saint-Hilaire vorgetragen worden war, nahm Herr v. Mir-\n*) Compte rendu. C. 29. Oct. 1838. IL pag. 757.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nbei das Wort und \u00e4ufserte dafs mehrere der Schl\u00fcsse, welche Herr Schleiden in Bezug auf diesen Gegenstand aufgestellt hat, gewagt zit sein scheinen. Herr v. Mir bei trug zugleich eine Note vor, worin bemerkt ward, dafs bei gewissen Arten der TJtriculus, welchen man nach Schleidens Ansicht f\u00fcr den Anfang des Embryo\u2019s h\u00e4lt, schon zu einer Zeit vorkommt, wenn der Pollenschlauch noch gar nicht herabsteigen konnte. Ref. bedauert, dafs Herr v. Mir bei diesen Gegenstand nicht ausf\u00fchrlicher beschrieben und abgebildet imitgetheilt hat, denn es kommt hier sehr darauf an, was Hr. v. M. unter TJtriculus, der so fr\u00fch vorhanden sein soll versteht. Meiner Ansicht nach ist dieser TJtriculus wohl nur ein Auswuchs der Spitze des Embryosackes, den Ref. z. B. bei der Schneidebohne (Phaseo-lus vulgaris) von mehreren Linien L\u00e4nge sah. (S. den vorigen Jahresbericht pag. 147). Auch Herr Brongniart sprach sich bei jener Gelegenheit dahin aus, dafs es ihm sehr zweifelhaft erscheine, dafs das Ende des Pollenschlauches der Anfang des Embryo\u2019s sei.\nDie erl\u00e4uternden Abbildungen, welche jener Abhandlung des Herrn Schleiden beigef\u00fcgt sind, enthalten reiches Material f\u00fcr Physiologen und Systematiker, was sich aber nicht leicht im Auszuge wiedergeben liefse; es werden durch jene Abbildungen die Bildung des Eychen\u2019s, des Embryo\u2019s und der Frucht mehr oder weniger vollst\u00e4ndig von folgenden Pflanzen angedeutet und erkl\u00e4rt: Secale cereale, Zea altissima, Val-Irsneria spiralis, Aponogeton distachyon, Canna Seilomi, Orchis palustris, Orchis latifolia, Phormium tenax, Cha-maedorea Schiedeana, Caladium pinnatifidum, Peperomia maculosa, Euphorbia pallida, Linum flav es cens, Daphne Mezereum, Pimelea drupacea, Hippuris vulgaris,Centau-rea scabiosa, Carduus nutans, Hippochoeris radicata, Sca-biosa suaveolens, Passiflora Ludonii, Passiflora princeps, Phytolacca decandra, Nerium Oleander, Stapelia Astevias, Stapelia deflexa, Cynanchum nigrum, Oenothera crassipes und grandiflora, Convolvulus tricolor, Podostemon cera-tophyllum. Sanguinaria canadensis, Berberis vulgaris, Tropaeolum ma)us, Chymocarpus pentaphyllus, Bouwar-dia coccinea, Limnanthes Douglasii, Helianthemum denti-","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"33\nculatum, H. lasiocarpwn, Pedicularis palustris, Veronica Chamaedrys, V, serpyllifolia und Lathraea squamaria.\nEs wurde schon im vorigen Jahresberichte die Bemerkung gemacht, dafs die Bastardzeugung der Pflanzen den unbestreitbarsten Beweis f\u00fcr die Geschlechtsverschiedenheit derselben gebe, und dafs also die Thatsachen, worauf Herr Schleiden seine Theorie gest\u00fctzt hat, ganz anders zu deuten seien. Der Pollenschlauch giebt seine Membran bei der Bildung des Embryo\u2019s als materielles Substrat, aus welchen eine Bildung im Innern des Nucleus des Eichen\u2019s erfolgt, die sich theilweise zum Embryo gestaltet.\nF\u00fcr die Bastardzeugung bei den Pflanzen haben wir im vergangenen Jahre eine \u00fcberaus wichtige Arbeit von Herrn Gaertner*) erhalten, die jedoch bis jetzt (M\u00e4rz 1839) noch nicht im Buchhandel erschienen ist; Herr Treviranus hat Gelegenheit gehabt einen besondern Abdruck jener Arbeit zu benutzen, aus welcher er die haupts\u00e4chlichsten Resultate im zweiten Theile seiner Physiologie der Gew\u00e4chse aufgenommen hat, die Ref. in seiner Pflanzenphysiologie ebenfalls benutzt hat. Zur Mittheilung im Jahresberichte m\u00f6chten sich jene Angaben wohl noch nicht eigenen, daher Ref. noch wartet bis das Werk publicirt wird, was um so n\u00f6thiger ist, indem schon mehrere Anzeigen von einer deutschen und viel vollst\u00e4ndigeren Ausgabe desselben ergangen sind, deren Erscheinen wir t\u00e4glich entgegen sehen.\nEine interessante Arbeit des Herrn William Griffith**) zu Madras \u00fcber den Frucht- und Saamenbau von Santalum album ist am 5ten Apr. 1836 in der Linneischen Gesellschaft zu London vorgelesen, aber erst Ende vorigen Jahres publicirt worden; f\u00fcr den vorliegenden Bericht interessirt uns aus jener Arbeit haupts\u00e4chlich die Art der Befruchtung. Schon durch Hrn. Brongniart sind wir fr\u00fcher auf den merkw\u00fcrdigen Saamenbau der Santalaceen aufmerksam gemacht, und die Gattung Santalum scheint sich hierin noch mehr auszuzeichnen als Thesium. Leider sind sowohl die Beschreibung, als\n\u00a5) Oven de Voortteling van Bastard \u2014 Blauten. \u2014 Natunrk. Verh, V. de Holland. Maatsch. d. Wetensch. te Harlem. XXIV. 1838.\n**) On the 'Ovulum of Santalum album. \u2014 The Transactions of the Linnean Society of London Vol. XVIII Pr. I. London 1838.\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"/\n34\nauch die vielen, auf drei Qnarttafeln mitgetheilten Abbildungen des Herrn Griffith \u00fcber die Befruchtungsart der Santalum-Eychen nicht vollkommen ausreichend; doch wenn sich Referent nicht t\u00e4uscht, so m\u00f6chte sich dieser Gegenstand nach den vorliegenden Abbildungen auf folgende Weise deuten lassen: Die Eychen bei Saut alum sind nackt, d. h. sie bestehen aus dem blofsen Nucleus und sind zur Seite der Basis der freien centralen Placenta befestigt. Aus dem Innern dieses freien Nucleus w\u00e4chst der Embryosack als ein einfacher Schlauch weit hinaus und nach einer Umbiegung nach Oben lagert sich derselbe zur Seite der Placenta, so dafs die Spitze des Schlauches nicht fern der Spitze der Placenta zu liegen kommt. An der Spitze dieses ganz frei stehenden Schlauches, den Ref. f\u00fcr den Embryosack halten mufs, geht die Befruchtung vor sich, \u00e4hnlich wie hei Phaseolus, und Herr Griffith giebt auch eine Abbildung (fig. 7) wo'ein rundes kugelf\u00f6rmiges Bl\u00e4schen in der Spitze des Schlauches (Embryosacks) befindlich ist, und noch unmittelbar im Zusammenh\u00e4nge mit dem Pollenschlauche steht, er spricht jedoch nirgends in der Art, woraus man schliefsen k\u00f6nnte, derselbe habe die Wichtigkeit dieser Beobachtung, und den ganzen Zusammenhang dieser Erscheinung erkannt. Auf den mitgetheilten Abbildungen finden sich jedoch noch mehrere Darstellungen, welche wir noch nicht zu deuten im Stande sind. Hr. Gr. beobachtete an den Molek\u00fclen im Embryosacke eine oscillirende Molekularbewegung, eine Erscheinung, welche Ref. auch bei mehreren andern Pflan-zen beobachtet hat.\nIn einer andern Arbeit hat Herr Griffith*) die Entwickelung des Embryo\u2019s bei den Gattungen Loranihus und Viscum n\u00e4her verfolgt, und das Keimen und Ein wurzeln der Saamen von Loranihus sehr speciell beobachtet. Der Embryo von Loranihus ist an einem ausgezeichnet starken Tr\u00e4ger (Cellular, lax funiculus.) befestigt und er entsteht, wie bei andern Pflanzen, eigentlich aus dem untersten Theile des Tr\u00e4gers. Auch bei Loranihus, wie bei Viscum ward die un-\n*) Notes on the development of the ovula of Loranthus and Viscum, and on the Mode of Parasitism of these two Genera. \u2014 Transact. of the Linn. Soc. X\\I1L P\u2022 /\u2022 p. 71. Read June 21 st. 1836.","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"35\ngleichm\u00e4fsige Entwickelung der Cotyledonen des Embryo beobachtet, was aber auch bei sehr vielen andern Pflanzen vorkommt. Herr Griffith beobachtete das Keimen der Saamen mehrerer Loranthus-Arten, und eine der Abbildungen (fig. 6 Tab. 7) giebt uns die interessante Darstellung von dem Einfl\u00fcsse, welchen das W\u00fcrzelchen des Parasiten auf die Rinde der Mutterpflanze aus\u00fcbt, ganz \u00e4hnlich wie es schon bei Vis-cum beobachtet worden ist. W\u00e4rend sich n\u00e4mlich der cau-diculus des Embryo bei dem Keime verl\u00e4ngert und die Cotyledonen im Albumen noch Zur\u00fcckbleiben, bildet die Spitze der Radicula eine scheibenf\u00f6rmige Anschwellung und hiemit zu gleicher Zeit entsteht eine Anschwellung der Rinde der Mutterpflanze, wo dieselbe von dem W\u00fcrzelchen des Parasiten ber\u00fchrt wird. Auch Hr. Gr. beobachtete, dafs der Loranthus mitunter grofse Partien der B\u00e4ume zerst\u00f6ren k\u00f6nne, welche damit bedeckt werden, dafs jedoch kleinere Individuen auf gr\u00f6fsere Pflanzen ganz ohne allen Einflufs seien.\nAuch Herr Endlicher*) hat versucht, die ehrw\u00fcrdigen Ansichten \u00fcber die alten Lehren von der Geschlechts Verschiedenheit der 'Pflanzen umzustofsen. Er giebt zuerst eine Darstellung \u00fcber die Form, Entstehung und Bedeutung des vegetabilischen Eychen\u2019s, welche durch ideale Abbildungen erl\u00e4utert wird, und kommt darauf zur\u00fcck, dafs der vegetabilische Keim (Embryo) nicht als das Produkt der Metamorphose angesehen werden darf, sondern dafs die Lage desselben im Innern der Keimh\u00fcllen zu der Annahme zwinge, dafs derselbe von Aufsen hiueingelangt sei, und hier seine weitere Ausbildung und Vollendung erhalte. Bei den Cryptogamen mit doppelten Fructifications-Werkzeugen vergleicht Herr Endlicher das Sporangium der Wesenheit seiner Function nach mit dem thierischen Eierstocke, die Spore mit dem thierischem Ey, und das Antheridium mit dem Hoden der Thiere. Bei den Pliane-rogamen entleert sich der Staubbeutel w\u00e4rend der Bl\u00fcthezeit seines Inhaltes, und das Pollenkorn wird auf die Narbe gebracht, auf welcher es eine dem Keimungsprocesse der Spore analoge Ver\u00e4nderung seiner Gestalt eingeht und allm\u00e4lich in das Gewebe des Griffels eindringt, bis es endlich durch die\n*) Grundz\u00fcge einer neuen Theorie der Pflanzenzeugung Wien 1838*\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nM\u00efkropyle in die H\u00f6hle der Keimhiille eindringt und daseihst zum Embryo wird. Hieraus meint nun Herr Endlicher ginge ganz deutlich hervor, dafs man den einzelnen Geschlechtsorganen der Cryptogamen und Phanerogamen ganz andere Functionen zugestehen m\u00fcsse, als es bisher geschehen sei. Bei den Cryptogamen, meint der Verfasser, falle der ganze Apparat des Pistilles mit den Keimh\u00fcllen und der Narbe weg und es trete ein abgesondertes m\u00e4nnliches Organ auf; bei den Phanerogamen sei dieses aber offenbar in den Dr\u00fcsen der Narbe zu suchen, deren eigenth\u00fcmliches Secret das Pollenkorn erregt, so dafs es dadurch f\u00e4llig gemacht wird in das Gewebe des 11-stilles und in die Keimh\u00fcllen einzudringen. Ja k\u00fcnftige Untersuchungen sollen es entscheiden, ob nicht vielleicht auc dem leitenden Zellengewebe eine befruchtende Th\u00e4tigkeit zukomme. Herr Endlicher gesteht also den Gef\u00e4fspflanzen eine geschlechtliche Zeugung zu, er findet nur die Annahme, dafs man den Antheren der Phanerogamen eine m\u00e4nnliche Function zuschreibt, rein willk\u00fcrlich, indem die Th\u00e4tigkeit derselben bei der Befruchtung gar keine Analogie mit irgend einer Verrichtung der m\u00e4nnlichen Geschlechtstheile bei den Tine-\nren zeigt.\t.\nDiese neue Ansicht \u00fcber die Zeugung bei den Pflanzen soll schon hie und da mit grofsem Beifalle aufgenommen sein, und obgleich dieselbe anfangs h\u00f6chst paradox erscheint, so ist sie dennoch schwieriger zu beseitigen, als die ihr vorangegangene des Herrn Schleiden; dem Referenten erscheint jedoch diese Ansicht als h\u00f6chst willk\u00fcrlich, indem sie gegen alle Analogie ist. Die gleiclim\u00e4fsige oder \u00e4hnliche Bildung, welche zwischen dem Pollen der Phanerogamen und der Sporenbildung einiger Cryptogamen herrscht, darf man nicht von so hohem Werthe anschlagen, indem wir sehen, dafs die Sporenbildung selbst bei verschiedenen Gattungen einer und derselben Cryptogamen-Familie so \u00fcberaus verschieden ist; wir m\u00f6gen nur an die Sporenbildung bei den Marchantien, den Jun-germannien und den Laubmoosen denken, worauf Referent (Physiologie etc. III.) aufmerksam gemacht hat, aber noch viel ausgezeichneter ist diese Verschiedenheit bei den Pilzen. Hr. Endlicher hat uns \u00fcber seine Ansicht, nach welcher die Befruchtung der Cryptogamen erfolgt, in Ungewifsheit gelassen,","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"37\nund hier wissen wir gegenw\u00e4rtig sehr bestimmt, dafs ein \u00e4hnlicher Akt, wie jener, der bei der Pollenschlauchbildung durch die Narbenfeuchtigkeit beobachtet wird, nicht Vorkommen kann, denn bei den Laub- und Lebermoosen, bei den Charen, bei den Farm und selbst bei den Algen, wenn hier wirklich eine Befruchtung stattfindet, wie sie Ref. angedeutet hat, geschieht die Befruchtung \u00fcberall vor dem Auftreten der Sporen.\nBei den Phanerogamen soll man nach der neuen Theorie des Herrn Endlicher die Narbe als das m\u00e4nnliche Geschlechtsorgan ansehen, und das Secret der Narbe als die, auf das Pollenkorn befruchtend einwirkende Substanz deuten. Welche Gr\u00fcnde hat man denn f\u00fcr diese Ansicht aufzuweisen? Ref. kennt keine von Erheblichkeit, und in der vorliegenden Schrift sind sie nicht angegeben. Es sind etwa 11 Jahre verflossen, dafs Ref. die Ansicht aufstellte, dafs die Pollenschlauch-bildung nur in der stigmatischen Feuchtigkeit vor sich gehe, dafs die Pollenk\u00f6rner dagegen sehr bald aufspringen, wenn sie in gew\u00f6hnlichem Wasser liegen; von verschiedenen Seiten her suchte man damals meine Beobachtung zu entkr\u00e4ften, und sie ist nicht nur noch heutigen Tages ziemlich ganz richtig, sondern Herr Endlicher geht noch weiter und erkennt hierin den wahren Befruchtungsakt. Mir erscheint gegenw\u00e4rtig die stigmatische Feuchtigkeit als eine Substanz, welche mitunter die Befestigung der aufiiegenden Pollenk\u00f6rner bewirkt, welche ferner wegen ihre Consistenz nur in geringer Menge von jenen eingesaugt wird, so dafs dadurch die allm\u00e4liche Ausdehnung der innern Membran der Pollenk\u00f6rner m\u00f6glich wird, 'denn geschieht diese Ausdehnung sehr pl\u00f6tzlich, so zerreifst die Membran und der Inhalt derselben kann nicht bis zum Eychen gef\u00fchrt werden. Daher wird es erkl\u00e4rlich, dafs ausgebildete Pollenk\u00f6rner auch in dem Zuckers\u00e4fte der Nekiarien u. s. w. zu einiger Schlauchbildung gelangen,. in reinem Wasser werden jedoch die Schl\u00e4uche nur selten die L\u00e4nge einer halben Linie erreichen, und bei den meisten Pflanzen kommt es unter diesen Verh\u00e4ltnissen zu keiner Schlauchbildung. Das schleimige Sekret im Innern des Styluskanals, oder zwischen den Zellen des leitenden Gewebes kann offenbar nur von ziemlich \u00e4hnlicher Function sein wie die Narbenfeuchtigkeit;","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nes giebt dem eindringenden Pollensclilauche Feuchtigkeit und nahrhafte Substanz, so dafs nur dadurch die Entstehung \u00fcberaus langer Pollenschl\u00e4uche m\u00f6glich wird, wie wir sie in man* chen F\u00e4llen kennen. So lange der Pollenschlauch durch die Narbe und den Styluskanal durchgeht, so lange ist an der spermatischen Substanz in seinem Innern wenig oder gar keine Ver\u00e4nderung zu bemerken, wohl aber tritt eine bedeutende Ver\u00e4nderung ein, wenn sich die Spitze desselben dem Embryosacke n\u00e4hert oder dessen Stellvertreter. Es l\u00e4fst sich von dieser Seite nichts Positives gegen die Ansicht des Herrn Endlicher einwenden, aber unsere \u00e4lteren Ansichten \u00fcber diesen Gegenstand sind viel \u00fcbereinstimmender mit dem Befruchtungsakte der Thiere. Etwas anders mufs es sich bei den Pflanzen darstellen, da ihnen der penis fehlt und ein, in gewisser Hinsicht mit dem penis zu vergleichendes Organ (der Pollenschlauch) erst jedesmal gebildet werden mufs, wenn die Befruchtung in der Tiefe des Eierstockes ausgef\u00fchrt werden soll, u. s. w. Ist es denn aber schon erwiesen, dafs die Narben aller Phanerogamen eine Substanz absondern, welche die Befruchtung nach Herrn Endlicheres Ansicht ausf\u00fchren kanm Ref. glaubt, dafs dieses nicht der Fall ist; die eigent\u00fcmlich gestaltete Narbe, welche die Gattung Urtica zeigt, wurde von ihm sehr h\u00e4ufig um die Zeit beobachtet, wenn die Befruchtung des Eychens vor sich geht, und selbst bei sehr starken Ver-gr\u00f6fserungen fand er auf derselben keine Spur einer Absonderung. Wie verschieden w\u00fcrde sich der Befruchtungs-Procefs nach dieser Ansicht in solchen F\u00e4llen verhalten, wo der Styluskanal 6, 8 und 10 Zoll lang ist, w\u00e4rend bei andern Gew\u00e4chsen der Styluskanal g\u00e4nzlich fehlt und selbst hier die Absonderung auf der Narbe fast unbemerkbar ist.\nEs ist bekannt, dafs Herr Treviranus schon vor 20 Jahren und dar\u00fcber t\u00fcchtige Untersuchungen \u00fcber den Bau der Saamen und des Embryo\u2019s der Pflanzen publicirt hat, ja Herr Schleiden nennt ihn ein Meteor, welches sich gl\u00e4nzend durch die Nacht jener Zeit erhob, aber vergebens suchen wir in seiner neuesten Schrift*) nach entscheidendem Urtheil \u00fcber die verschiedenen wichtigsten Gegenst\u00e4nde, welche gegenw\u00e4r-\n*) Physiologie d. Gew\u00e4chse. II.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"39\ntig die Lehre von der Entwickelung der Pflanzensaamen zur Entscheidung vorlegt. Selbst bei der Bildung der Eyhullen werden die verschiedenen Ansichten nur) neben einandergestellt welche man \u00fcber diesen Gegenstand vorgetragen hat, und doch ist die Entscheidung hier\u00fcber gegenw\u00e4rtig so \u00fcberaus leicht, was man schon an den Abbildungen sehen wird, welche Ref. hier\u00fcber im dritten Theile seiner Physiologie mitgetheilt hat. Herr Treviranus (1. c. pag. 508) spricht noch von der in-nern Eyhaut, deren Basis gemeinlich der von der \u00e4ufsern entgegengesetzt sein soll; auch bestreitet er das Verschwinden der innern Haut w\u00e4rend des Reifens des Saamens und dennoch ist dieses selbst bei einigen Orchideen \u00fcberaus sch\u00f6n zu sehen. Das Perisperm oder der Eyweifsk\u00f6rper soll nach H. T. niemals fehlen, ja selbst in denjenigen F\u00e4llen, wo er bei dem reifen Saamen zu fehlen scheint, soll er nur zu einem d\u00fcnnen H\u00e4utchen umge\u00e4ndert sein, indessen Ref. f\u00fchrt nur die Cruciferen und Orchideen an, bei welchen er auch nicht eine Spur von Eyweifsk\u00f6rper zu keiner Zeit der Saamen-Ausbil-dung wahrgenommen hat, und die Eychen sind hier so durchsichtig, dafs hier dem Beobachter bei guten Instrumenten nichts entgehen kann.\nDer Eyweifsk\u00f6rper, meint Herr Treviranus, w\u00e4re nur se -ten einfach, sondern in der Mehrzahl der F\u00e4lle doppelt und mau k\u00f6nne also von einem \u00e4ufsern und einem innern Eyweifsk\u00f6rper sprechen. Indessen hierin d\u00fcrfte man wohl nicht folgen, denn unter \u00e4ufserem Eyweifsk\u00f6rper versteht Herr Treviranus die zellige Masse, welche so h\u00e4ufig die innere Substanz des Eykern\u2019s bildet; nur bei wenigen Gattungen und Familien, am bekanntesten bei den Nymphaeen, bildet sich das innere Zellengewebe des Eykern\u2019s so bedeutend und so ganz eigen-th\u00fcmlich aus, dafs man gen\u00f6thigt ist dasselbe mit einem eigenen Namen zu belegen, und seiner Aehnlichkeit wegen mi dem Eyweifsk\u00f6rper, nannte ich es den \u00e4ufseren Eyweifsk\u00f6rper.\nSehr h\u00e4ufig spricht Herr Treviranus von der Saa-inenbildung der Leguminosen, seine Darstellungen stimmen aber sehr wenig mit denen \u00fcberein, welche Herr Schleiden und Ref. in ihren Arbeiten mitgetheilt haben. Der fadenf\u00f6rmige, oft stark gekr\u00fcmmte Anhang, welchen so harn fig der Embryosack verschiedener Pflanzen zeigt, soll sich","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nmit dem aufsern Perispenn verbinden und mit Unrecht wird angegeben, dafs Hr. Mir bei diesen Anhang mit suspenseur bezeichnet, denn hierunter versteht derselbe den zelligen Faden, an dessen Ende die Bildung des Embryo\u2019s erfolgt. Bei den Leguminosen, wie so deutlich bei Phaseolus u. s. w. ist der Anhang des Embryosackes allerdings in der Spitze des Nucleus befestigt, hier aber ist auch die Bildung des Embryosackes eine entgegengesetzte, wie es Ref. ausf\u00fchrlich nachgewiesen hat.\nDer merkw\u00fcrdige Strang, welchen die Saamen der Gattung Tropaeolum zeigen, soll im Grunde der Fruchth\u00f6hle entspringen und in das Eyloch eindringen, indessen sowohl Hrn. Schleiden\u2019s als Ref. Beobachtungen haben erwiesen, dafs dieser Faden an welchem der Embryo h\u00e4ngt, aus der Mi-kropyle hervorw\u00e4chst, auch habe ich noch mehrere Forts\u00e4tze desselben bemerkt. (Pflanzen-Physiologie III. pag. 331)\nHerr Morren*) hat verschiedene interessante Beobachtungen an den Bl\u00fcthen des Cer eus grandiflorus gemacht. Er glaubt angeben zu k\u00f6nnen, dafs die Befruchtung des Ey-chens bei dieser Pflanze erst mehrere Wochen nach erfolgter Best\u00e4ubung der Narbe geschehe, wie es auch bei der Vanilla stattfinden solle. Er beobachtete ein Exemplar des Cactus grandiflorus mit 40 Bliithen, z\u00e4hlte die Staubf\u00e4den der einzelnen Bliithe und fand deren Anzahl zu 500, wonach jene ganze Pflanze 20,000 Staubf\u00e4den producirte. Ebenso fand Hr. Morren ungef\u00e4hr 500 Pollenk\u00f6rner in jeder Anthere, so dafs eine einzelne Blume deren an 250,000 St\u00fcck enthielt und die 40 Blumen auf der ganzen Pflanze sogar 10,000000. In der Anthere einer verwelkten Blume fanden sich noch 300 Pollenk\u00f6rner, so dafs an 150000 Pollenk\u00f6rner ganz nutzlos in einer einzelnen Bliithe zur\u00fcckgeblieben waren und also vielleicht nur 100000 zur Befruchtung der 30000 Eychen verwendet wurden, welche in dem Ovario der Blume befindlich sein sollen. Diese Z\u00e4hlungen des Herrn Morren stimmen mit des Referenten Beobachtungen an Cactus und Orchis-artigen Ge-\n\u00a5) Observations sur l'anatomie et la physiologie de la fleur du Cereus grandiflorus. \u2014 Bulletin de l'Acad. de Bruxelles. V Nr. 6\\","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"41\nwachsen ganz \u00fcberein, bei denen man im Ovario stets die doppelte und dreifache Zahl von Pollenschl\u00e4uchen im Verh\u00e4ltnisse der Eychenzahl antrifft.\nIn den H\u00e4rchen des Stigma\u2019s sah Herr Morren ebenfalls die Rotationsstr\u00f6mung und er glaubt dafs dieselbe auf die Befruchtung Einflufs habe. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Ger\u00fcche der Blume gewidmet; Hr. Morren fand dafs die Deckbl\u00e4tter und die Blumenbl\u00e4tter (hierunter werden wohl die inneren Kelchbl\u00e4tter verstanden!) wohlriechend sind; die inneren Kelchbl\u00e4tter riechen nach Heliotrop und die \u00e4ufsern nach Vanilla. Der Geruch dieser Blume ist periodisch und vergebens sucht die Anatomie \u00fcber die Ursache des.-selben Aufschlufs zu geben.\nReferent*) gab eine Reihe von Beobachtungen und Ansichten \u00fcber die Entstehung der Pflanzenger\u00fcche, \u00fcber welchen Gegenstand noch so \u00fcberaus wenig gearbeitet ist.\nUeber die Umh\u00fcllungen des Stigma\u2019s bei den Scaevola-ceen und Goodeniaceen hat Herr Korthals**) neue Beobachtungen mitgetheilt. Herr Robert Brown hatte schon die Frage gestellt, ob die eigenthiimliche Bedeckung, welche das Stigma der genannten Pflanzen zeigt, eine Fortsetzung des Endes des Stylus ist, oder ob es ein eigentl\u00fcimliches Organ ist, welches mit dem driisenartigen Discus zu vergleichen ist, der das Ovarium in andern Familien umgiebt. Herr Lind ley hielt dagegen jenes Organ mit den Sammelhaaren der Campanula-ceen \u00fcbereinstimmend. Herr Korthals untersuchte die Blii-the bei Scaevola in verschiedenen Entwickelungsstufen und fand die Entwickelung der Bliithenhiillen \u00fcbereinstimmend mit anderen F\u00e4llen; der grofse Kelchlappen, welcher nach der Er\u00f6ffnung der Blume der Spalte gegen\u00fcber zu stehen kommt, ist, noch ganz den andern gleich. Die Blumenkrone zeigt sich ebenfalls regelm\u00e4fsig und erst bei weiterer Entwickelung wird die Spalte allm\u00e4lich deutlicher. In den fr\u00fchesten Zust\u00e4nden zeigte sich der Stylus kurz und zusammengedr\u00fcckt, und mit einem R\u00e4ndchen am Umfange umgeben. Sp\u00e4ter vergr\u00f6fsert *-----------\n\u00a5) Pflanzen-Physiologie II. pag. 493\u2014505.\n\u00a5*) Over het omhulsel van het stigma der Scaevolaceae en Goode* niaceae. \u2014 Tydschrift voor Nat. Gesch. etc. IV. pag. 370.\n/","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nsich der Rand des Stigma, und in Blumenknospen von 9 Linien Lange hat sich der Rand schon \u00fcber das Stigma entwickelt und bedeckt es wie eine becherf\u00f6rmige H\u00fclle, welche auf der Oberfl\u00e4che mit kleinen H\u00e4rchen bedeckt wird. Bei Blumenknospen von 25 Linien L\u00e4nge empf\u00e4ngt jener Becher den Pollen und schliefst sich wenn er damit gef\u00fcllt ist, indem sich die Ciiien Zusammenlegen und das Stigma die Form wie im gew\u00f6hnlichen jungen Zustande erh\u00e4lt. Endlich \u00f6ffnet sich die Blumepkrone und in dem mit Pollen gef\u00fcllten Becher sieht man, dafs sich das Stigma allm\u00e4lich vergr\u00f6fsert, wobei der Pollen abnimmt bis das Stigma \u00fcber den vertrockneten Becher wie ein kleiner abgebissener F\u00e4cher ('waayertje) emporragt.\nHerr Korthals machte diese Beobachtungen in Indien und wiederholte dieselben zu Leyden an Goodcnia ovcita und Leschenaultia. Bei letzterer Gattung zweifelte er zuerst, weil im geschlossenen und gef\u00fcllten Becher kaum eine Spur von Stigma zu sehen war, aber hier nahm auch der Pollen im Becher nicht ab und es erfolgte keine Befruchtung.\nEs geht nun aus jenen Beobachtungen hervor, dafs der Becher eine Fortsetzung von \u00e4ufseren Theilen des Stylus ist, w\u00e4rend die Haare, welche den Rand des Bechers umgeben^ oder auf seiner \u00e4ufseren Seite zerstreut sind, aus dem Gewebe dieser verl\u00e4ngerten Zellen gebildet werden.\nHerr Ramisch hat bei der Versammlung der Naturforscher zu Prag im Jahre 1837 eine Abhandlung: Beobachtungen \u00fcber die Saamenbildung ohne Befruchtung am Bingelkraut vertheilt, welche dem Referenten leider nicht zugekommen ist; in dem Berichte \u00fcber jene Versammlung, welche in der Flora oder botanischen Zeitung (1838 II. pag. 406) erschienen ist, finden sich jedoch folgende Mittheilungen \u00fcber diesen Gegenstand: Herr Ramisch hat an JMer-curialis annua keine Zwitterblume beobachtet (Schkuhr hat dieselben jedoch beobachtet!), er sah nur m\u00e4nnliche Bl\u00fcthen auf der weiblichen Pflanze Vorkommen, dieselben wurden jedoch sogleich entfernt und konnten also keinen Einflufs auf die Befruchtung \u00e4ufsern. Und dennoch sah Herr Ramisch die Saamen auf der weiblichen Pflanze ohne vorhergegangene Befruchtung (d. h. Herr Ramisch hatte dieselbe wenigstens picht wahrgenommen. Ref.) reifen, ja sie keimten und pflanzen","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"43\nsich durch mehrere Generationen hindurch fort. Hieraus schliefst der Verfasser, dafs nun auch im Pflanzenreich ein Analogon f\u00fcr die ber\u00fchmte Fortpflanzung der Blattl\u00e4use aufgefunden sei.\nGegen so positive Beobachtungen, wie sie hier angegeben sind, l\u00e4fst sich allerdings nichts erwiedern, wenn man nicht die Ursache eines dabei vielleicht v\u00f6rgekommenen Irrthumes aufgefunden hat, indessen nach den vorliegenden Beobachtungen \u00fcber den Befruchtungsprocefs der Pflanzen w\u00e4re wenigstens die Vermuthung erlaubt, dafs denn doch auf irgend eine Weise die Befruchtung jener Bl\u00fcthen vor sich gegangen sein m\u00f6chte.\nEine Reihe von Abbildungen \u00fcber das Keimen der Mar-silea (Fabri), welches von den Herren Dunal und Fabre zuerst beobachtet wurde, ist im vergangenen Jahre im 9ten Bde. der Ann. des scienc. natur. (pag. 381 PI. 13) publicirt worden, wozu die Beschreibung der Abbildungen mitgegeben ist.\nHerr Morren*) hat eine Note \u00fcber die Entwickelung der handf\u00f6rmigen Knollen der Orchideen publicirt, welche als ein kleiner Zusatz zu einer fr\u00fcheren Arbeit des Verfassers \u00fcber eben denselben Gegenstand anzusehen ist.\nHerr I. F. Hoffmann**) hat es durch Beobachtungen erwiesen, dafs Lenina arrhiza eine constante Art ist; er beobachtete die Pflanze 2 Jahre lang frei von aller fremdartiger Beimischung und sah, dafs niemals Individuen producirt wurden, welche einer andern Art \u00e4hnlich waren. Ebenso wurden die andern gew\u00f6hnlichen Lemna- Arten jahrelang beobachtet und niemals zeigte sich etwas, das mit Lemna arrhiza zu vergleichen war. Auch Mittelformen sind nicht beobachtet worden.\nDie vom Verfasser beobachtete individuelle Fortpflanzung der Lemna arrhiza, von ihm Keimen-Entwickelung genannt\n*) Note sur le D\u00e9veloppement des Tubercules didyme- Bullet, de l\u2019Acad. de Bruxelles V. Nr. 2.\n**) Is Lemna arrhiza Auct. eene standv\u00e4stige, onderscheidene soert, dan wel een ontwilcJcelingsvorm van eenige andere van hetzelfde geslacht? \u2014 Tydschrift v. Naturl. Geschiedems en Physiol. IV, pag. 282\u2014333.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"(besser Knospen-Entwickelung), stimmt im Allgemeinen mit derjenigen der Gattung Lemna \u00fcberein, ist aber im Speciel-len auffallend verschieden. Bei Lemna polyrrhiza, minor und gibba geht die Entwickelung der Knospen (Ver\u00e4stelung) ohne bestimmte Regel vor sich, indem die Zahl der vereinigten (obwohl nur lose) Individuen sehr variirt. Bei L. po-lyrrhiza fand der Verfasser in rtihigen Gew\u00e4ssern bis 19 Individuen (oder Aeste) mit einander verbunden. Bei Lemna trisulca ist die Zahl g\u00e4nzlich unbeschr\u00e4nkt. Die regelm\u00e4fsige Form, durch welche sich Lemna trisulca von den \u00fcbrigen Lemna-Arten so h\u00f6chst auffallend unterscheidet, hat Ref.*) dadurch erkl\u00e4rt, dafs bei Lemna trisulca stets zu beiden Seiten der Achse die Knospenentwickelung gleichm\u00e4fsig erfolgt, w\u00e4rend sie bei andern Lemna-Arten (und so fand es Herr Hoffmann auch bei L. arrhizd) fast immer nur eine Knospe zur Seite entwickelt. H\u00f6chst selten beobachtete Herr Hoffmann die Entwickelung zweier Knospen bei Lemna arrhizay wie er sie in Fig. 6. pl. 1. seiner Arbeit dargestellt hat. Bei regelm\u00e4fsiger Entwickelung der Aeste, wie bei Lemna trisulca, wird also die Zahl derselben in geometrischer Progression zunehmen. Der Verfasser beobachtete in einem Falle, dafs die 2 Bl\u00e4ttchen eines Exemplares durch Algen, Infusorien u. s. w. so fest mit einander verbunden waren, dafs sie sich nicht trennen konnten und glaubt hieraus erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, wefshalb man diese Pflanzen bald in einzelnen, bald in gepaarten Bl\u00e4ttchen findet. Im Sp\u00e4therbst entwickelt sich bei Lemna arrhiza die Winterknospe, welche, so wie die von Jjemna polyrrhiza, in Farbe und Struktur von den \u00fcbrigen verschieden ist und unter Wasser \u00fcberwintert. Der Verfasser hat zwar Aehnliches nicht bei Lemna minor und L. gibba beobachtet, doch hat es Ref. auch an ersterer Art gesehen.\nDer Verfasser glaubte bei den gepaarten v\u00f6llig entwickelten Individuen eine Vereinigung zwischen den beiden folgenden Knospen beobachtet zu haben, indessen sp\u00e4tere Untersuchungen, deren Resultate er dem Ref. im December 1838 m\u00fcndlich mittheilte und sp\u00e4ter publiciren wird, n\u00f6thigten ihn diese Ansicht aufzugeben. Die Knospe, welche sich aus einer\n*) Pflanzen-Physiologie 111. pag, 52.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"45\nSpalte der Mutterpflanze entwickelt, ist mit dieser mittelst eines Stieles vereinigt, von welchem sie sich bei der nachherigen\nTrennung mit einer Narbe abl\u00f6st.\nDie Bl\u00fcthe sah Herr Hoffmann bei Lemna arrhiza nicht, er h\u00e4lt es aber f\u00fcr wahrscheinlich, dafs sie nur bei einfachen Bl\u00e4ttchen vorkomme. Von Wurzeln wurde niemals\ndie geringste Spur beobachtet.\nBei den Einwendungen, welche man im vergangenen Jahre gegen die Saamenthierchen der Pflanzen gemacht hat, ist es um so erfreulicher, dafs sich die Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand in eben derselben Zeit in solcher Weise vermehrt haben, dafs die Zweifler wohl endlich verstummen werden. Herr Unger und Referent haben, unabh\u00e4ngig von einander, in verschiedenen Abhandlungen ihre Beobachtungen \u00fcber die Saamenthierchen der niedern Pflanzen bekannt gemacht. Herr Unger*) beklagt sich zuerst, dafs seine Entdeckung der geschw\u00e4nzten Saamenthierchen bei der Gattung Sphagnum, wor\u00fcber in misera ersten Jahresbericht (1835) referirt wurde, so lange Zeit hindurch unbeachtet geblieben ist, und mit Recht wird diese Vernachl\u00e4ssigung eines so wichtigen Gegenstandes dem Mangel guter Mikroskope zugeschrieben. Ja Schmidel und F. Nees von Esenbeck, welche die Saamenthierchen der Moose entdeckt haben, konnten aus eben demselben Grunde nicht wahrnehmen, dafs sie geschw\u00e4nzt sind. Die Saamenthierchen in Sphagnum bestanden nach Unger\u2019s fr\u00fcherer Beobachtung aus einem dicken Rumpfe und einem d\u00fcnnen fadenf\u00f6rmigen Schw\u00e4nze; da aber die Bewegung derselben mit dem fadenf\u00f6rmigen Schw\u00e4nze voran geschieht, so sieht er denselben f\u00fcr einen R\u00fcssel an, welcher mit demjenigen der Infusorien zu vergleichen sei. An dem K\u00f6rper der Saamenthierchen nahm Herr Unger keine active Bewegung wahr, unterschied aber an dem ganzen Saamenthierchen die locomotorischen Bewegungen von den rotirenden. Die einfachste Bewegung geschieht in der Richtung der Spirale, und ist der R\u00fcssel noch zusammengezogen, so ist die Bewegung eine einfach rotirende.\n*) Neuere Beobachtungen \u00fcber die Moosanthere und ihre Saarn enthierch en \u2014 JSova Acta Acad. C. L. C, Vol. XfHL P* Ih Pa\u00f6-687.-704. Jan. 1839. erschienen.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nBei den Ortsver\u00e4nderungen der Saamenthierchen, welche in der Richtung der Spirale erfolgen, z\u00e4hlte Herr Unger 1 bis 3 Umdrehungen oder besser Umw\u00e4lzungen des Rumpfs in der Secunde, und sowohl bei der Ortsbewegung, als bei der einfach rotirenden Bewegung sah er die Spitze des R\u00fcssels in einer best\u00e4ndig zitternden Bewegung. Aufser diesen gew\u00f6hnlichen Bewegungen kommen zuweilen noch andere vor, die durch Zuf\u00e4lligkeiten bedingt zu sein scheinen und dieses sind die schnellenden Bewegungen, welche man dann bemerkt, wenn sie sich von den in den Weg kommenden Hindernissen zu befreien suchen. Auch in dem spiralf\u00f6rmig gewundenen R\u00fcssel sah Hr. Unger keine Ausstreckung oder Kr\u00fcmmung, sondern der R\u00fcssel zeigte sich stets in seiner Steifheit, doch sah er die R\u00fcssel nicht selten von ihren K\u00f6rpern getrennt und dann immer mehr oder weniger erschlafft, sie zeigten aber durchaus keine Bewegung.\nHierauf kommt Herr Unger zu der Frage \u00fcber die Stellung dieser Saamenthierchen in der Reihe der thierischen Gesch\u00f6pfe. ln den Befruchtungs-Schl\u00e4uchen (Antheren der neueren Autoren) der \u00fcbrigen Moose, sowie bei denen der Lebermoose hatte er die Saamenthierchen noch nicht beobachtet und glaubt, dafs von einer Analogie jener K\u00f6rper mit den Antheren phanerogamischer Gew\u00e4chse nicht die Rede sein k\u00f6nne, sondern die Aehnlichkeit mit den Pollenblasen liege viel n\u00e4her, denn so wie diese eine Zellulose und eine innere homogene Haut besitzen, so auch die Befruchtungsschl\u00e4uche der Moose. Nach Referents Beobachtungen sind diese Vergleiche unstatthaft, denn die Struktur der Moosantheren und die der Polleh-bl\u00e4schen ist ganz \u00fcberaus verschieden, wie es Ref. im dritten Theile der Pflanzen-Physiologie nachgewiesen hat. Ref. hat cs vollst\u00e4ndig verfolgen k\u00f6nnen, dafs sowohl die Antheren als die Pistille der Moose aus einzelnen Zellen hervorgebildet werden (aus diesen Zellen bilden sich zuweilen die Brutk\u00f6rner der Moose, welche als abortirte Bl\u00fcthen der Fruchtbildungen anzusehen sind!), dafs sie also im Anf\u00e4nge von gleicher Entwickelungsweise sind und die Form von mehr oder weniger cylindrischen oder eyf\u00f6rmigen Schl\u00e4uchen annehmen. Bei den Pistillen \u00f6ffnet sich die Spitze dieser, aus einer einfachen Zellenschicht bestehenden Schl\u00e4uche zur Narbe, und in","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ab1er Basis bildet sich der Fruchtknoten, bei den Antheren dagegen f\u00fcllt sich die H\u00f6hle mit fovilla und das Vorhandensein einer inneren zarten Haut, welche Herr Unger bei den Antheren von Sphagnum beobachtet haben will, m\u00f6chte Ref. sehr in Zweifel stellen, obgleich er selbst beobachtet hat, dafs die Spitze der Anth\u00e8re, vielleicht der meisten Laubmoose, aus einer einfachen Membran besteht. Bei den Marchantien glaubt Herr Unger die Anthere nur f\u00fcr einen Theil einer vielkam-merigen Anthere ansehen zu k\u00f6nnen, wof\u00fcr er die ganze m\u00e4nnliche Bliithe deutet. Ja die Aehnlichkeit in der Struktur dieser Anthere soll mit den Antheren der Rafflesia in die Augen springend sein, was Ref. jedoch nicht best\u00e4tigen m\u00f6chte.\nHerr Unger sucht nun z\u00fc zeigen, dafs die Saamenthier-chen der Moosantheren mit den Saamenthierchen der Thiere zusammenzustellen sind, obgleich die Classification derselben zweifelhaft bleibt, weil die Steifheit des R\u00fcssels und die Art der Bewegung so sehr verschieden ist. Als Gr\u00fcnde f\u00fcr diese Zusammenstellung der Saamenthierchen werden auch die \u00fcbereinstimmenden Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisse zwischen den Saamenthierchen der Moose und denen der Thiere angef\u00fchrt und es wird auf ein Gesetz hingedeutet, \u201edafs, je unvollkommener der Organismus, um so ausgebildeter die Saamenthierchen, welches jedoch wegen der vielen Ausnahmen wohl kein Naturgesetz sein m\u00f6chte. (Ref.)\nSpater hat Herr Unger*) auch in den Antheren der gew\u00f6hnlichen Laubmoose die Saamenthierchen beobachtet, als bei Polytrichum juniperinum, commune, urnigerum und alpestre ; so wie bei Funaria hygrometrico, Rryum cuspidutum und Br. punctatum; und endlich fand er sie auch b\u00e9i Mar-chantia polymorpha und Grimaldia hemisphaerica, doch gelang es ihm nicht die Saamenthierchen det* Jungermannien\n\u00a5) Weitere Beobachtungen \u00fcber die Saamenthierchen der Pflanzen. \u2014 Acta Ac ad. C. L. C. nat. cur. V. XVIII. P. II. pag. 787 \u2014 796. Der Inhalt dieser Abhandlung ist bei der Versammlung der Naturforscher zu Prag vorgetragen, und im vergangenen Jahre auch in der Flora oder botanischen Zeitung von 1838. II. pag. 393 \u2014 400 mitgetheilt, kam mir aber erst lange nach dem Drucke desjenigen Abschnittes meiner Pflanzenphysiologie zu Gesicht, in welchem die Saamenthierchen der niedern Pflanzen abgehandelt werden, (lief.)","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\naufzufinden. Bei Polytrichum commune fanden sich die Saa-menthierchen in kleinen hexa\u00ebdrischen Zellen mit abgerundeten Kanten. Meistenteils erschienen die Saamenthierchen in den Zellen unbeweglich, andere zeigten dagegen eine zitternde Bewegung in dem d\u00fcnnen Fortsatze des R\u00fcssels, w\u00e4rend andere sich auch absatzweise um ihre Achse drehten. Den Durchmesser des feinen R\u00fcssels mafs Hr. Unger zu 0,004\u201d'; nur wenige Saamenthierchen wurden frei, d. h. aufserhalb der Zellen beobachtet und diese zeigten nur eine zitternde oscillirende Bewegung des R\u00fcssels. Auch bei den Saamenthierchen der Marchantia polymorph a sah Hr. Unger dafs sich der R\u00fcssel in einer \u00e4ufserst schnellen zitternden Bewegung befand.\nReferents Beobachtungen \u00fcber die Saamenthierchen der niedern Pflanzen sind ebenfalls sehr zahlreich und derselbe ist in verschiedenen Punkten weiter gekommen als Herr Unger. Das Auftreten der Saamenthierchen bei den Gattungen Ily-pnum, Mnium und Bartramia beobachtete Ref. im Sommer von 1837, wor\u00fcber schon im vorigen Jahresberichte (pag. 94) Mittheilungen gemacht wurden ; hierauf folgten Beobachtungen*) \u00fcber die Saamenthierchen der Marchantia polymorpha, dann wurden einige allgemeine Mittheilungen \u00fcber die Saamenthierchen der Laub- und Lebermoose, wie der Characeen im Aug. des vergangenen Sommers an die Akademie der Wissenschaften zu Paris**) gemacht, und im Zusammenh\u00e4nge ward der Gegenstand im dritten Theile der Pflanzen-Physiologie (pag. 205\u2014226) mitgetheilt, wo er durch eine Menge von Abbildungen erl\u00e4utert ist. Ref. hat an jenem Orte zuerst eine historische Darstellung und die Beobachtungen \u00fcber die Saamenthierchen der niedern Pflanzen gegeben, woraus hervorgeht, dafs Herr. G. W. Bischoff die geschw\u00e4nzten Saamenthierchen zuerst und zwar bei Chara hispida beobachtet hat, und Herr J. C. Varie y sah diese Thierchen von Chara sync arp a schon im Jahre 1834 ziemlich eben so deutlich, als wir sie gegenw\u00e4rtig mit den besten Instrumenten sehen k\u00f6nnen; er beobachtete schon eine undulirende Bewegung an dem feinen\n*) S. Ueber vegetabilische Spermatozoen \u2014 Wiegmann\u2019s Archiv etc. 1838. 2tes Heft pag. 212.\n**) Compt. rendu d. 1838. II.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"49\nfadenf\u00f6rmigen Ende. Die neuen Beobachtungen des Herrn Unger \u00fcber die Saamenthierchen der Moose konnten noch nicht benutzt werden, indem sie erst sp\u00e4ter erschienen.\nDie haupts\u00e4chlichsten Resultate meiner Beobachtungen \u00fcber den vorliegenden Gegenstand m\u00f6chten folgende sein: Die Laubund Lebermoose so wie die Charen haben in ihren Antheren \u00e4hnliche Saamenthierchen wie die Thiere, doch treten dieselben bei den genannten Pflanzen stets einzeln, jedes Thierchen f\u00fcr sich in einer besonderen Zelle auf, ja bei den Charen liegen diese Zellchen, worin und woraus sich die Saamenthierchen bilden, noch in den gr\u00f6fseren Zellchen der Pollenf\u00e4den, und hier nehmen die Saamenthierchen nach ihrer vollkommenen Ausbildung einen weit gr\u00f6fsern Umfang ein, als ihre Mutterzelle gestattete. Diese Zellchen, worin sich die Saamenthierchen einzeln bilden, sind bei verschiedenen Gattungen der genannten Familien bald mehr bald weniger fest und membra-n\u00f6s, mitunter aber, wie z. B. bei Bartramia, bei Sphagnum, bei Trichostylium CorcL sind sie so weich, dafs man sie f\u00fcglich Schleimzellen oder Sclileimlnillen nennen k\u00f6nnte; hier l\u00f6st sich meistens die Schleimh\u00fclle im umgebenden Wasser und die Saamenthierchen werden dadurch frei. In den F\u00e4llen wo die Zellchen fester sind, da werden dieselben durch die Einsaugung von Wasser und haupts\u00e4chlich durch die lebhaften Bewegungen der spiralf\u00f6rmig zusammengewundenen Saamenthierchen zerrissen und bleiben in dem Wasser ungel\u00f6st zur\u00fcck, wenn die Saamenihierchen schon l\u00e4ngst hervorgetreten sind. Diese Saamenthierchen haltenden Zellchen sind bald sph\u00e4risch, meisteus linsenf\u00f6rmig, bald eckig, was sich haupts\u00e4chlich nach ihrer Aneinanderfiigung in der H\u00f6hle der Anthere richtet; bei den ersteren Formen findet sich noch immer eine mehr oder weniger grofse Menge von Schleim, welche zwischen den Zellen liegt, und nach dessen Aufl\u00f6sung die Zellen erst auseinander treten. In Hinsicht der Form und der L\u00e4nge unterscheiden sich die Saamenthierchen der verschiedenen Gruppen der Moose und Charen ganz ebenso wie bei den verschiedenen Thierklassen; im Allgemeinen kann man sagen, dafs sie aus einem dickeren und einem d\u00fcnneren, \u00e4ufserst feinen Ende bestehen, und bei den meisten sieht man den allm\u00e4ligen Ueber-\n4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\ngang des dickeren Endes in das d\u00fcnnere, ganz besonders sch\u00f6n bei den Charen und Jun germ armiert, ja selbst bei Sphagnum ist es zu sehen, und Herrn Unger\u2019s Zeichnung dieser Thier-chen, in welcher das R\u00fcmpfende wie ein besonderer, f\u00fcr sich bestehender K\u00f6rper dargestellt ist, kann ich nicht best\u00e4tigen. Die gew\u00f6hnlichsten Bewegungen dieser Saamenthierchen geschehen in der Richtung der Spirale ; hiebei ist nur das feine fadenf\u00f6rmige Ende th\u00e4tig und das dicke K\u00f6rperende wird passiv mit umhergew\u00e4lzt, und da sich die Saamenthierchen fast immer mit jenem feinen Ende voraus bewegen, so kann man dasselbe besser R\u00fcssel als Schwanzende nennen. Bei geh\u00f6riger Aufmerksamkeit sieht man an dem R\u00fcssel aller jener Saamenthierchen eine undulirende Bewegung, aber vorz\u00fcglich sind es gewisse Punkte, welche sich in ihrer Lage ver\u00e4ndern und eine starke, oscillirende Bewegung zeigen, so dafs man selbst an Cilien denken m\u00f6chte, obgleich unsere Instrumente dieselben nicht zeigen. In meinem Buche habe ich den Gegenstand genauer beschrieben und kann darauf verweisen; die Saamenthierchen der Charen sind so \u00fcberaus grofs, dafs sich an ihnen hier\u00fcber noch am meisten beobachten l\u00e4fst, und diese sind es auch, welche sich mitunter fast ganz gerade ausstrek-ken, so dafs wenigstens die spiralf\u00f6rmigen Windungen derselben verschwinden, was ich auch bei den Saamenthierchen der Marchantien gesehen habe. Die auffallenden Bewegungen des langen R\u00fcssels bei den Saamenthierchen der Charen, deren Dimension ich in der Spitze zu\tLinie gemessen habe,\nw\u00e4rend das dicke K\u00f6rperende TgV\u00f6 Linie Breite zeigte, diese Bewegungen sieht man erst dann recht deutlich, wenn die Schnelligkeit in der Bewegung sich mindert, und sich die Thier-chen dem Absterben n\u00e4hern; dann schl\u00e4ngelt sich endlich der R\u00fcssel hin und her, wobei man zuerst seine ganze L\u00e4nge zu sehen bekommt, w\u00e4rend das K\u00f6rperende schon unbeweglich da liegt. In jeder Charei\u00ef-Antheve sind 4 bis 6000 St\u00fcck Saamenthierchen enthalten. Die Saamenthierchen des Pfl\u00e4nzchens, welches in meinem Buche als Aneura pinguis bezeichnet ist, zeigen schon viel Eigenth\u00fcmliches in ihrer Form, wie es die Abbildungen auf der 12. Tafel fig. 39 und 40 zeigen; es scheint mir aber gegenw\u00e4rtig, dafs dieses Pfl\u00e4nzchen, dessen Fruchtbildung ich im Winter verfolgen konnte, nicht Aneura pinguis\n\\","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"51\nist, sondern eine neue Art der merkw\u00fcrdigen Cor da\u2019sehen Gattung Trichostylium bildet*).\nEine grofse Reihe von Arbeiten haben wir \u00fcber das Frucht-lager der h\u00f6heren Pilze im vergangenen Jahre erhalten. Herr J. H. L\u00e9 veill\u00e9**) hat seine Untersuchungen schon am 42. M\u00e4rz 4837 in der philomatischen Gesellschaft zu Paris vorgetragen; sie erschienen im Dec. Heft der Annales des Scienc. nat., welches aber erst in der Mitte des Sommers vorigen Jahres zu uns kam. Herr L\u00e9veill\u00e9 hat sich schon seit 12 Jahren mit diesen Untersuchungen besch\u00e4ftigt und viele seiner Beobachtungen Schon dem verstorbenen Person vorgetragen. Wenn man die Oberfl\u00e4che der Lamellen von Aga-ricus micaceus auf Querschnitten untersucht, so findet man zwei verschiedene Arten von Organen daselbst; die einen sind mehr hervorstehende Bl\u00e4schen, durchsichtig und von l\u00e4nglicher Form, w\u00e4rend die andern kleine W\u00e4rzchen darstellen, die in Spitzen auslaufen, wovon jede derselben eine Spore tr\u00e4gt. Die ersteren Organe, die Paraphysen der Deutschen, werden Cystides genannt und die andern Basides. Die Cystides sind von einfachen Membranen gebildet aber zuweilen auf der Oberfl\u00e4che genetzt; ihr Vorkommen ist nicht constant, so zeigen einige Agarici diese Organe nur auf den R\u00e4ndern der Lamellen. Ihre Form wird beschrieben und als sehr verschieden dargestellt. Sie sind gew\u00f6hnlich ungegliedert; in seltenen F\u00e4llen aber auch gegliedert, und nicht selten sieht man die Sporn auf ihrer Oberfl\u00e4che liegen. Die Basides sind 4sporig, 2sporig oder 4sporig, je nachdem sie 4, 2 und nur einen Sporn tragen; bei Agai icus veiler eus wurde von H. L. ein Fall von g\u00e4nzlichem\n*) Dieses interessante Lebermoos, welches ich Trichostylium arc-narium nennen m\u00f6chte, fand ich auf dem Sande nahe dem Ostseestrande bei Swinem\u00fcnde in Gesellschaft von Diplolaena Blytii var. conforta. Es hatte im August bis zum October Antheren und junge Fruchtkapseln, deren sich noch im November mehrere neue ausbildeten. Herr Corda hat f\u00fcr Trichostylium affine freie Antheren angegeben und auch ganz kurze Stielchen abgebildet, worauf sie befestigt waren; bei meiner Art waren die Antheren in der obern Blattsubstanz eingesenkt, kamen aber sp\u00e4ter hervor, so dafs sie wie kleine Sandk\u00f6rner daselbst umherlagen; ich sah 12 \u2014 15 Antheren in einem einzelnen Blattlappen.\n**) Recherches sur IHymenium des Champignons.\n4 *","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nAbortement der Sporen und Sporentr\u00e4ger beobachtet. Bei Lactifluus acris sind die Sporentr\u00e4ger gegliedert dargestellt, und bei Agaricus rutilus hat Hr. Montagne auch gegliederte Sporen beobachtet, was aber nach L\u00e9veill\u00e9 nicht con stant ist, ja auch l\u00e4nglich uud sph\u00e4risch kommen sie bei einem und demselben Pilze vor. Die Sporn sind bei einigen Arten glatt, bei andern verruk\u00f6s, bei andern tuberkul\u00f6s. Vier Kupfertafeln mit sehr sch\u00f6nen Zeichnungen begleiten diese Ab-handlung\u00e8n.\nHerr Berkeley*) hat ebenfalls eine sehr interessante Arbeit \u00fcber denselben Gegenstand geliefert, und dabei eine musterhafte historische Darstellung der \u00e4lteren Beobachtungen \u00fcber denselben vorangeschickt. Die Basides des Herrn L\u00e9veill\u00e9 nennt Hr. B. Sporophores und die Cystides bezeichnet er mit dem Namen der Utricles. Auch Herr B. sah, dafs die Saamen bei der Gattung Agaricus regelm\u00e4fsig zu 4 auf-treten; bei Ag. flexuosus fand er jedoch nur 2 Sporen oder Saamen auf jedem Saamentr\u00e4ger. Der Inhalt der Sporentr\u00e4ger ward bei der Reife der Sporen ganz entschieden gek\u00f6rnt, und die L\u00e4nge der Sporentr\u00e4ger ist auf einem und demselben Individuum nicht immer gleich. Auch bei Boletus kommen regelm\u00e4fsig 4 Sporen auf jedem Sporentr\u00e4ger vor, doch bei andern Gattungen ist die Zahl derselben bei verschiedenen Arten mitunter sehr verschieden; Clavaria cristata Vers. hatte 2 oder auch 3 Sporen, Clavaria crispata 3 oder 4; Clav, vernicularis nur 2 und Clavaria viscosa sogar nur einen Saamen. Bei Gantharellus cibarius sind 6 Sporen, wovon 4 gew\u00f6hnlich wie bei Agaricus gestellt sind und 2 andere noch jenen 4 zur Seite u. s. w. Zwei Kupfertafeln begleiten die Abhandlung; die Abbildungen sind richtig, aber nicht so elegant als in der vorigen Arbeit des Herrn L\u00e9veill\u00e9. Der \u00fcbrige Theil dieser Abhandlung ist von systematischem Interesse.\nHerr Klotzsch hat in Albert Dietrich\u2019s Flora des K\u00f6nigreichs Preufsen (6. Band. Berlin 1838) eine Reihe von h\u00f6heren Pilzen beschrieben und abgebildet, wozu \u00fcberall specielle\n*) On the Fructification of the Pileate und Clavate Tribes of Hymenomycetous Fungi. \u2014 Ann. of natur. hist. etc. London 1838 p. 82-101.\n","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"53\nAnalysen des Hymenium\u2019s gegeben sind. Die Sporen tragenden Organe werden Sporenschl\u00e4uche und die Paraphysen (utricles Berc. und cystides L\u00e9v.) Pilzantheren genannt. Bei der Beschreibung des Agaricus deliquescens Bull. (Tab. 385) sagt Herr Klotz sch: \u201eWas die Anthere betrifft, so entwickelt sie sich mit den ersten Sporen zugleich und scheint in der That einen Befruchtungsakt auszu\u00fcben; sie springt nicht auf (wenigstens habe ich es nie beobachten k\u00f6nnen); auch geht ihr jene th\u00e4tige Bewegung ab, wie sie an den Moos- und Farrnantheren zu sehen ist; sehr h\u00e4ufig findet man bei n\u00e4herer Untersuchung des Fruchtlagers der Hymenomyceten abgefallene Sporen an den Antheren klebend, welche abgenommen s\u00e4mmtlich keimen, aber nur durch Transsudation befruchtet werden k\u00f6nnen, Folgerungen, die sich mir dadurch aufdrangen, dafs Antheren, an welchen Sporen anklebten, an innerem Gehalte verloren hatten, eingeschrumpft und unf\u00f6rmig erschienen, ohne dafs nur das geringste Zerreifsen des Anthereu-sackes bemerkbar wurde; ferner dadurch, dafs von den freiwillig abgefallenen Sporen der ersten Entwickelung nur wenige, von denen der sp\u00e4tem Entwickelung aber nur in seltenen F\u00e4llen und dann nur einzelne keimten.\u201c\nEndlich hat auch Herr Phobus*) eine Reihe von Beobachtungen \u00fcber die Fructificationsorgane der h\u00f6heren Pilze bekannt gemacht. Er unterscheidet an den Sporentr\u00e4gern des Hymeniums den Tr\u00e4ger und die Stiele, worauf die Sporen unmittelbar sitzen und den Tr\u00e4ger, mit den Stielen, deren Zahl bei Agaricus 4 ist, nennt Hr. Ph. eine Tetrade. An den Sporen bemerkte er sehr oft in der einen Seite, ungef\u00e4hr in der Mitte der H\u00f6he des Keimkernes einen scharf begrenzten blafs-rothen Fleck. \u201eZwischen den Tetraden zerstreut, in betr\u00e4chtlich geringerer Zahl, finden sich bei vielen Agaricus-Arten (bei manchen, wie es scheint nur inconstant) noch andere, mehr oder weniger in die L\u00e4nge ausgedehnte, fast immer die Tetraden \u00fcberragende, \u00fcbrigens verschieden gestaltete Hervor-ragungen \u201eNebenk\u00f6rper, Paraphysen\u201c. welche man in sehr vielen F\u00e4llen nur f\u00fcr abnorm ver\u00e4nderte Tr\u00e4ger zu halten hat.\n*) Deutschland\u2019s kryptoganiische Giftgew\u00e4chse in Abbildungen und Beschreibungen. Berlin 1838.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nAuch in diesem Werke sind bei der Beschreibung der einzelnen Arten die Analysen des Hymeniums gegeben, worin man die Form der Sporentr\u00e4ger und der Antheren-artigen Organe dargestellt findet.\nSchon aus diesen 4 verschiedenen Arbeiten geht die grofse Meinungsverschiedenheit hervor, welche man \u00fcber die Function der Paraphysen hegt. Dafs die Paraphysen bei den Hutpilzen als befruchtende Organe anzusehen w\u00e4ren, das ist schon eine Vermuthung aus der ersten H\u00e4lfte des vergangenen Jahrhunderts, aber Buillard hat diese Ansicht wohl zuerst mit Bestimmtheit und zwar in Folge genauerer Untersuchungen vorgetragen. Auch Ref. hat diesem Gegenstand in der letzteren Zeit seine Aufmerksamkeit gewidmet und seine Ansichten \u00fcber denselben in der Pflanzen-Physiologie (III. pag. 465) bekannt gemacht; er h\u00e4lt jene K\u00f6rper f\u00fcr Organe, welche eine befruchtende Substanz enthalten, aber Beobachtungen zeigten ihm, dafs sie einmal nur sehr sparsam auftreten, ja gar nicht selten an ausgebildeten Pilzen, welche mit Tausenden uqd Tausenden von Saamen bedeckt sind: g\u00e4nzlich fehlen. In vielen F\u00e4llen sieht man nur zu deutlich, dafs diese K\u00f6rper aus den abortirten Saamentr\u00e4gern hervorgewachsen sind, ja in anderen schien es, dafs diese Saamentr\u00e4ger selbst nach dem Abfallen der Saamen zu einer besonderen Gr\u00f6fse anschwellen, und dann ebenfalls als solche Antheren-artige Organe erscheinen; in beiden F\u00e4llen zeigen sie dann auf ihrer Spitze die Stielchen, auf welche sonst die Saamen befestigt waren. Ich bin also mit Herrn Ph\u00f6bus zu einer und derselben Ansicht gekommen, dafs die Antheren-artigen Organe f\u00fcr abnorm ver\u00e4nderte Saamentr\u00e4ger zu halten sind, ich habe aber auch verfolgen k\u00f6nnen, dafs Sich diese Organe unmittelbar aus den cylindrischen Zellen des Fruchtlagers heranbilden, und dafs diese eben dieselbe Gr\u00f6fse und L\u00e4nge erreichen, wie die anderen. Es zeigt sich aber auch, dafs der Inhalt dieser aufser-ordentlich entwickelten Gebilde, ganz von derselben Art ist wie derjenige, welcher die kleinen, zur\u00fcckbleibenden Zellen des Fruchtlagers f\u00fcllt; nur in Hinsicht der Menge findet hierin Verschiedenheit statt. Ich sah bei Agaricus lacteus und Co-prinus, dafs die grofsen, sogenannten Antheren unter Wasser aufplatzten und ihren Inhalt ausgossen, und di(j Molek\u00fcle,","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bb\n55\nwelche in diesen Organen enthalten, sind von ziemlich regel-m\u00e4fsiger Form und zeigen eine lebhafte Molekularbewegung, doch keine geschw\u00e4nzte Saamenthierchen. Direkte Befruchtungsversuche k\u00f6nnen hier nicht stattfinden, demnach l\u00e4fst sich die Funktion .jener Organe nicht mit Bestimmtheit anweisen. Glaubt man, dafs hier eine wirkliche Befruchtung der Sporen stattfindet, so kann diese nur nach Art der Befruchtung der Fisch- und Amphibien-Eier erfolgen, denn die Sporen bilden sich h\u00e4ufig schon viel fr\u00fcher aus, als die F\u00fcllung des Sporentr\u00e4gers mit jener opaken und gek\u00f6rnten Substanz stattfindet, was ich ganz bestimmt beobachtet habe. Und eben so sah ich die Sporen unsers gew\u00f6hnlichen Champignon\u2019s keimen, obgleich ich keine besonders ausgebildete Antheren-artige Organe an dem Hute der Pflanze, von welchem ich die Sporen nahm, auffinden konnte.\nEinige Mittheilungen \u00fcber die angeblichen Antheren der Coprinus- Arten hat auch ganz neuerlichst Herr Unger*) gemacht; derselbe sah, dafs sie nichts weiter, als die gr\u00f6fsten, auch dem unbewaffneten Auge erkennbaren Schl\u00e4uche des Hymenium\u2019s waren; die Membran derselben war sehr d\u00fcnn und zart. Der Inhalt der reifen, in\u2019s Gelbliche spielenden Anthere war w\u00e4sserig-schleimiger Natur, aber ohne Beimengung von K\u00f6rnern oder andern K\u00f6rperchen. Ref. fand dagegen in dem schleimigen Inhalte dieser K\u00f6rper von verschiedenen Agaricus-Arten, so wie auch bei Agaricus Caprinus K\u00fcgelchen, welche lebhafte Bewegungen zeigten. Herr Unger vergleicht diese angeblichen Antheren der Pilze mit den Paraphysen, und jedenfalls d\u00fcrften sie weniger mit den Autheridien verglichen werden. Das k\u00e4me nun aber wohl auf eins hinaus, denn Herr Unger lehrte an einem andern Orte (1. c. pag. 698), dafs sich zwischen den Paraphysen der Moose und den Antheren derselben, Ueberg\u00e4nge nachweisen lassen.\nHerr Ascherson**) hat in einer kleinen Abhandlung die Ansicht des Herrn Corda best\u00e4tigt, dafs die K\u00fcgelchen in den Sporen vieler Pilze, welche man mitunter f\u00e4lschlich\n*) Acta Acad. C L. C. Vol. XVIII. P. II V\u2022 '92-\n**) Ueber die Oeltr\u00f6pfen, die in den Fortpflanzungskorpern der Piize enthalten sind* \u2014 Poggendorfs Annal, d. Physik. XL1V. p, 639,","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nI\nauch Sporisien genannt hat, nicht anderes als Tr\u00f6pfchen eines fetten Oeles sind. Herr Corda nennt diese Bildungen schon seit vielen Jahren nicht anders als Oeltr\u00f6pfchen, lind da wir bei den Sporen der Moose und der Charen fettes Oel in noch gr\u00f6fseren Tropfen gefunden haben, so ist das Auftreten des Oeles in den Sporen der Pilze eine analoge Erscheinung. Ref. glaubt jedoch, dafs man sicherer geht, wenn man sagt, dafsjene K\u00fcgelchen in den Sporen der Pilze aus einer \u00f6l- oder fettartigen Substanz bestehen, und diese Substanz findet Ref. auch in den Zellenmembranen vieler Pilze wieder, deren Zellengewebe sich fettartig verh\u00e4lt, ohne dafs man die Fettk\u00f6rper in den Zellen desselben sehen kann. Herr Aschers on sah diese K\u00f6rper bei ihrer Entstehung, obgleich noch unmerklich klein, dennoch immer an ihren bestimmten Stellen auftreten, und in anderen F\u00e4llen entstanden sie durch Verschmelzuug einer ganzen Gruppe kleiner K\u00fcgelchen. Da nun die Pilze sehr einfach organisirt sind, so glaubt Herr Ascherson, dafs dasjenige, was sie enthalten, zu den unentbehrlichsten Bedingungen jeder Organisation geh\u00f6rt, und man k\u00f6nne defshalb aus der angegebenen Thatsache wohl wichtige, allgemeine Folgerungen ziehen. Schliefslich spricht Hr. Asch, noch die Hypothese aus, dafs die Existenz zweier heterogener Fl\u00fcssigkeiten ein nothwendiges Requesit der Zellenbildung zu sein scheine, eine Hypothese, welche er sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher entwickeln wird.\nHerr T. A. Qu even ne*) hat eine sehr ausf\u00fchrliche Arbeit \u00fcber mikroskopische und chemische Untersuchungen der Hefe, nebst Versuchen \u00fcber die Weing\u00e4hrung geliefert. Schon im vorigen Jahresberichte wurde dieser Gegenstand sehr ausf\u00fchrlich behandelt und die mikroskopischen Beobachtungen der Herrn Cogniard-Latour und Schwann, so wie des Referenten Zus\u00e4tze haben denselben in physiologischer Hinsicht schon viel weiter gebracht, als wir ihn in dieser Arbeit des Herrn Quevenne finden, ja derselbe ist noch nicht einmal vollkommen \u00fcberzeugt, dafs die sogenannten K\u00fcgelchen des Fermentes wirkliche Pfl\u00e4nzchen sind. Die vorliegende Arbeit ist aber in anderer Hinsicht \u00fcberaus sch\u00e4tzenswerth, und besonders interessant sind die vielen Versuche \u00fcber das Verhalten dieser\n*) -Journal, d. Pharmac. Juin 1838. pag. 265.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"57\nG\u00e4hrungspfl\u00e4nzchen in verschiedenen Substanzen, durch welche die G\u00e4hrung bald bef\u00f6rdert bald unterdr\u00fcckt wird.\nHerr Que venue reinigte das Bierferment durch mehrfaches Auswaschen mit Wasser und \u00fcberzeugte sich alsdann, dafs gerade der gleichartige weifse Brei, welcher nach 3 bis 4fachem Waschen \u00fcbrig blieb (und dieser besteht ganz und gar aus den G\u00e4hrungs-Pilzchen Ref.), die G\u00e4hrung erregende Eigenschaft in einem hohen Grade besitzt. Das abgelaufene Wasser, welches den Extractivstoff enthielt, zeigte sich in dieser Hinsicht nur von schwacher Wirkung. Wir haben im vorigen Jahresberichte kennen gelernt, dafs die G\u00e4hrung stets mit der Erzeugung und dem Wachsthume der kleinen G\u00e4hrungs-oder Zucker-Pilze begleitet ist; Herr Quevenne fand bei seinen Versuchen, dafs Terpentin\u00f6l, Blaus\u00e4ure, Sublimat, essigsaures Kupferoxyd u. s. w. die G\u00e4hrung verhindern, und dieses sind denn auch s\u00e4mmtlich Substanzen, welche als heftige Gifte gegen Pflanzen wirken, dagegen zeigen Morphin und Strychnin keinen sch\u00e4dlichen Einflufs auf den G\u00e4hrungs-Pro-zefs, so dafs man daraus schliefsen k\u00f6nnte, dafs die G\u00e4hrung durch alle diejenigen Substanzen unterdr\u00fcckt wird, welche auf die G\u00e4hrungs-Pilze als Gifte wirken.\nDer Einflufs des G\u00e4hrungs-Pilzes auf die Zersetzung des Zuckers wird sehr richtig, als ganz verschieden von der Wirkung dargestellt, welche die katalitischen K\u00f6rper auf einander zeigen, aber Herr Quevenue scheint gefunden zu haben, dafs die Anwesenheit gewisser freier, organischer S\u00e4uren bei der Entwickelung der G\u00e4hrung n\u00f6thig ist, und dafs Alkalien diese Wirkung hemmen.\nAm 23. Juli hat Herr Turpin*) von der Akademie der Wissenschaften zu Paris einen Bericht \u00fcber eine neue Abhandlung des Herrn Cogniard-Latour: Beobachtungen und Versuche \u00fcber die Ursache und Wirkung der weinigen G\u00e4hrung vorgetragen, worin wir die Angabe finden, dafs die Vermehrung der Zucker- oder G\u00e4hrungs-Pilze nicht nur durch Erzeugung von Knospen vor sich geht, sondern dafs sich diese einfachen Pfl\u00e4nzchen bei ihrer Einwirkung auf die Bierw\u00fcrze zusammenziehen, kleiner werden und dabei Brutk\u00f6rnchen sehen\n*) Compt. rend. 1838. IL","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nlassen, welche sich wieder durch Knospen vermehren, sobald sie die Gr\u00f6fse der Mutterpflanze erreicht haben. Diese letztere Angabe m\u00f6chte aber doch, wie Ref. glaubt,* noch Best\u00e4tigung verdienen, er selbst hat das Pfl\u00e4nzchen vielfach beobachtet und in fig. 22. Tab. X. seiner Physiologie etc. (III. pag. 465) abgebildet und beschrieben, aber immer nur das sprossende Wachsen derselben gesehen. Dergleichen einfache Pfl\u00e4nzchen vermehren sich allerdings ganz gew\u00f6hnlich gerade durch Sporen, die im Inneren ihrer Schl\u00e4uche entstehen, dann ist aber mit der Bildung dieser Sporen oder Brutk\u00f6rner zugleich der Untergang der Zelle bedingt, worin jene gebildet wurden; ein Zusammenziehen und Kleinerwerden derselben ist aber behufs solcher Fortpflanzung noch nicht beobachtet. Der Ursprung der Kohlens\u00e4ure, welche sich bei der G\u00e4hrung entwickelt, leitet auch Herr Cogniard-Latour von der Vegetation des G\u00e4hrungspilzes ab.\nEndlich hat auch Herr Turpin*) eine besondere Arbeit \u00fcber die Natur des Fermentes geliefert, welche aber in ihren Resultaten jenen Mittheilungen nachstehen m\u00f6chten, die Referent schon im vorigen Jahresberichte gegeben hat. Es finden sich keine neuen Beobachtungen in dieser Arbeit des Herrn Turpin \u00fcber den genannten Gegenstand, wohl aber mehrere sehr irrthiimliche Annahmen, gegen welche es Pflicht ist zu warnen. Alle Hefen, sagt Hr. Turpin, bestehen aus organischen Geweben, von welchen sie sich isoliren und zwar in Form von K\u00fcgelchen, welche oft im Augenblicke der Trennung selbst dem Mikroskope unsichtbar sind. Eben so irrthiim-licli ist die Angabe, dafs es durch mikroskopische Beobachtungen nachzuweisen sei, dafs die kleinen K\u00fcgelchen der St\u00e4rke des Eyweifsk\u00f6rpers der Gerste u. s. w. der Ursprung der Bierhefe und aller der Vegetation ist, welche darin vorkommt und durch Herrn Turpin mit Mycoderma cerevisiae bezeichnet wird. Diese Angaben beruhen auf Herrn Turp in\u2019s Lieblingsansicht von den Globuline, welche aber schon l\u00e4ngst als grundlos nachgewiesen ist, aber von ihrem Urheber noch immer sehr wohlgef\u00e4llig vorgetragen wird.\n*) Sur la cause et les effets de la fermentation alcoloique et aceteusc. - VInstitut de 1838. 23. Ao\u00fbt 1838. \u2014 Compt. rendus sec. semestre pag. 369 \u2014 402.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"59\nHerr Turpin glaubt auch gesehen zu haben, dafs sowohl einzelne, wie auch ein ganzer Theil des aus perlschnurf\u00f6rmig aneinander gereihten K\u00fcgelchen bestehenden Stieles, einen Theil, oder auch s\u00e4mmtliche innere K\u00fcgelchen in Gestalt einer Rakete ausstiefsen.\nReferent kann es nur bedauern, dafs er das Ungl\u00fcck hat Herrn Turpin fast bei jeder Gelegenheit widersprechen zu m\u00fcssen; die Schuld liegt nur an Herrn Turpin, der in seinen Beobachtungen nicht nur sehr ungenau ist, sondern sich auch stets bestrebt zu lehren, ohne die Erfahrungen seiner Vorg\u00e4nger zu erlernen, oder die Lehren seiner Zeitgenossen zu achten. Es finden freilich viele Naturforscher, dafs die Beobachtung neuer Thatsachen viel leichter ist, als die Erlernung der schon beschriebenen; letzteres ist aber unbedingt nothwendig.\nIn Folge dieser pomphaften Arbeit des Herrn Turpin, welche von den grofsartigsten Zeichnungen begleitet gewesen sein soll, ist denn auch so eben eine andere neue Theorie \u00fcber den G\u00e4hrungsprozefs aufgestellt, welche ganz unterhaltend zu lesen ist.*) Hiernach sind es Infusorien, welche mit Heifs-lmnger den Zucker verschlucken, und daf\u00fcr Weingeist durch den Darmkanal und Kohlens\u00e4ure durch die Urinblase entleeren. Wenn der Zucker verbraucht ist, so fressen sich die Thiere gegenseitig auf und alles wird verdauet bis auf die Eyer, welche unver\u00e4ndert wieder abgehen.\nDer Verfasser dieser Satyre hat mit dem letzteren Satze sehr gut zu zeigen gew\u00fcfst, dafs die G\u00e4hrungspilze keineswegs die Ursache der G\u00e4hrung sein k\u00f6nnen, denn sie sind gerade in sehr grofser Anzahl Vorhanden, wenn die G\u00e4hrung in einer solchen Fl\u00fcssigkeit aufh\u00f6rt.\nHerr James Blake**) hat sehr interessante Versuche \u00fcber electrische Str\u00f6mungen angestellt, welche w\u00e4rend des G\u00e4hr- und Vegetations-Prozesses erzeugt werden; der Gegenstand erscheint dem Ref. von grofser Wichtigkeit und die\n*) S. Das entr\u00e4thselte Geheimnifs der geistigen G\u00e4hrung in den Annalen der Phamacie von K\u00f6hler und Liebig. Jan. 1839.\n**) On the Electrical Currents -produced during the Processes of Fermentation. \u2014 London and Edinh. Phil. Mag. 1838 /. p. 559.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nfernere Beobachtung desselben ist der n\u00e4chsten Zeit rechtsehr zu empfehlen. Der Verfasser dieser Abhandlung fand, dafs sich die Hefe in einem electronegative!! Zustande befindet, und die umgebende Fl\u00fcssigkeit in einem positiv electrischen, wenn die Hefe mit Zucker in Ber\u00fchrung tritt und in Letzterem die Erscheinungen der G\u00e4hrung hervorruft. Galvanische Str\u00f6me, welche durch g\u00e4hrende Fl\u00fcssigkeiten geleitet wurden, bef\u00f6rderten stets die G\u00e4hrung. Herr Blake beobachtete auch, dafs sich w\u00e4rend des Vegetationsprozesses ebenfalls electrische St\u00f6-inungen erzeugen, und zwar sah er die Oberfl\u00e4che eines Blattes positiv electrisch und das umgebende Medium negativ elec-trisch. Die An- oder Abwesenheit des Lichtes hatte auf die Richtung der Str\u00f6mung keinen Einflufs, aber bei Tage war mehr Electricit\u00e4t in Bewegung gesetzt.\nSchon in meinem ersten Berichte vom Jahre 1834 habe ich eine Arbeit des Herrn Turpin angezeigt, worin derselbe seine Lieblingsansichten \u00fcber die ideale Struktur der Pflanzen und der allereinfachsten Pfl\u00e4nzchen mitgetheilt hatte, gegenw\u00e4rtig ist diese Arbeit vollst\u00e4ndig erschienen*) und mit einer prachtvollen Abbildung \u00fcber die Entstehung des Cantharellus Dutrochetii Turp. begleitet, welche ebenfalls schon 1834 aber durch Herrn Dutrochet vorgetragen wurde. Diese Darstellung \u00fcber das Hervortreten der Fruchttr\u00e4ger jenes Pilzes aus den feinsten Zweigen des Thallus ist \u00fcberaus gut, die Analyse \u00fcber das Gewebe desselben, so| wie die Struktur der Fru-ctificationsorgane sind jedoch ganz irrth\u00fcmlich aufgefafst, und nur aus diesem Grunde konnte die Entstehung dieses Pilzes zur Best\u00e4tigung der Lieblingsansichten des Herrn Turpin benutzt werden.\nHerr Ad. Brongniart**) hat der Akademie zu Paris einen Bericht \u00fcber ein Memoire des Herrn Montagne ab-\n*) Observations g\u00e9n\u00e9rales sur l\u2019organisation et la physiologie des v\u00e9g\u00e9tauxconsid\u00e9r\u00e9s comme de grandes associations de v\u00e9g\u00e9taux plus simples, confervoides, et simplement agglutin\u00e9s. \u2014 M\u00e9m. de VAcadem. Royale des sciences de l'Institut de France. Tome XIV. Paris 1838. pag. 105 \u2014154.\n*\u2019\u25a0) Rapport sur un M\u00e9m. de M. le docteur Montagne, sur Vorganisation, et le mode de reproduction des Caulerp\u00e9es et en particulier da Cmilerpa Webbiana. \u2014 Cotnpt. rend. d. 1838 I. pag\u2666 269.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"61\ngestattet, worin dieser die Organisation und die Fortpflanzung der Caulerpien beschreibt; die Arbeit wird in den M\u00e9moires des Savans Etrangers erscheinen. Die Sporen dieser Algen entwickeln sich wie bei den Ulvaceen im Allgemeinen, und nach ihrem Hervortreten aus den Zellen zeigen sie ebenfalls eine freie Bewegung, bis sie sich wieder vergr\u00f6fsern. \u2014 Sp\u00e4ter ist diese Abhandlung des Hr. Montagne in den Annales des Scienc. natux.*) erschienen; sie enth\u00e4lt aufser der Betrachtung der Caulerpien in systematischer Hinsicht, noch einen ausf\u00fchrlicheren Abschnitt \u00fcber die Fructification dieser Gattung, worin einiges Allgemeine \u00fcber die Bewegung der Sporen dieser Pflanzenfamilie mitgetheilt wird.\nHerr F. Dtinal**) beobachtete die Ursache der rothen F\u00e4rbung, welche das Seewasser des Mittell\u00e4ndischen Meeres in den Reservoirs der Salinen jener Gegenden so h\u00e4ufig zeigt; er fand aufser der grofsen Anzahl an kleinen Thieren, welche zu dieser F\u00e4rbung beitragen, auch mehrere kleine Algen und zwar einen Protococcus, den er salinus nennt und auch einen Haematococcus, welchen er ebenfalls salinus nennt. Herr Dunal glaubt jedoch, dafs der Protococcus nur ein junger Haematococcus ist. Es ist nur zu bedauern, dafs diesen Mit-theilungen keine Abbildungen beigegeben sind, denn sicherlich gehen nun diese beiden angezeigten Algen als neue in die systematischen Handb\u00fccher \u00fcber, was sie aber wohl schwerlich sein m\u00f6chten.\nHerr Unger***) hat ein Wesen, welches, wie er selbst sagt, ohne Zweifel die bekannte und vielf\u00e4ltig beschriebene Oscillatoria labyrinthiformis Agdh. ist, als Spirillum Os-cillatoria beschrieben und abgebildet, und erkl\u00e4rt dasselbe, wie die Oscillatorien \u00fcberhaupt, f\u00fcr Thiere. Er fand die Oscillatorie spiralf\u00f6rmig gewunden, bald rechts, bald links gewunden; die Ortsbegung ward sowohl durch die Spiraldrehung der Faser selbst, als durch wellenf\u00f6rmige Bewegungen des ganzen Fadens bewerkstelliget. Je nachdem das Ihier\n*) Mars 1838 pag. 129 \u2014150.\n**) Ann. des sciens nat. 1838 I. pag. 172.\n***) Ueber Oscillatoria labyrinthiformis Agdh. \u2014 Acta Acad. C. L. C. nat. cur. Vol. XVIII. P. II. pag. 705. Tab. LIIL f 3.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nvorw\u00e4rts oder r\u00fcckw\u00e4rts kriechen will, dreht sich die Faser von links nach rechts, oder von rechts nach links, wobei zugleich durch die seitliche wellenf\u00f6rmige Bewegung nachgeholfen wird. Je l\u00e4nger das Individuum um so schneller die Bewegungen. Kleinere St\u00fccke von \\ Linie L\u00e4nge haben keine Spiralbewegung mehr und schwanken nur nach Art der andern Oscillatorien hin und her.\nReferent hat Beobachtungen \u00fcber die Fortpflanzung der Oscillatorien bekannt gemacht (Pflanzen-Physiologie III. p. 443), aus welchem er schliefst, dafs die Oscillatorien zu den Pflanzen geh\u00f6ren; ausf\u00fchrlich sind auch die Bewegungen dieser Gew\u00e4chse von ihm er\u00f6rtert (1. c. III. pag. 563) und er vermochte nicht den Kopf derselben zu erkennen, von welchem andere Botaniker so Vieles gesprochen haben. Auch Herr Ehrenberg hat sich noch in der letzten Zeit daf\u00fcr ausgesprochen, dafs die Oscillatorien zu den Pflanzen geh\u00f6ren.\nt>ie spiralf\u00f6rmige Drehung, welche Herr \u00fcnger an der Oscillatoria labyrinthiformis Agdh. beobachtete, kommt dieser Pflanze nicht allein zu, ich habe dieselbe ebenfalls an bekannten Arten beobachtet und fand, dafs es eine \u00e4hnliche Erscheinung ist, wie die spiralf\u00f6rmige Windung der Spirogyren. Ref. sah auch die spiralf\u00f6rmig gewundene Oscilla to rieruhen, doch wenn sich eine solche bewegt, so mufs sie wohl dem Laufe der Spirale folgen. Demnach berechtigt diese spiralf\u00f6rmige Drehung keinesweges zur Aufstellung einer neuen Art, noch weniger aber zur Ueberfiihrung der Oscillatorien zur Gattung Spirillum.\nMad. Griffiths*) hat der Linne\u2019schen Gesellschaft zu London die Beobachtungen mittheilen lassen, dafs sich das Laub der Laminaria digitata regenerirt; sie konnte zwar nicht mit Bestimmtheit angeben, ob diese Regeneration allj\u00e4hrlich geschieht, sie glaubt es aber, weil diese Pflanzen im Juni und Juli so \u00e4ufserst frisch dastehen und dagegen im April und Mai eine \u00fcberaus grofse Menge dieses Fucus ausgeworfen wird. Bei Laminaria bullosa und L. saccharia soll es sich ebenso verhalten.\n\u00a5) S. Froriep\u2019s Notizen ete. V. Bd, 1838 pag. 346.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"63\nIn Herrn Ginseppe Meneghini\u2019s*) Arbeit \u00fcber die Algen sehen wir eine Vorarbeit zu einer systematischen Aufstellung der Gattungen dieser Familie; die grofsen Schwierigkeiten, welche dieser Gegenstand aufzuweisen hat, sind Jedem bekannt, der sich mit der Beobachtung der Algen besch\u00e4ftigt hat. Es mufs hier freilich viel zerst\u00fcckelt werden, was auch Herr Meneghini gethan hat, um zum Ziele zu kommen, aber Herrn Agardh\u2019s Anordnung der Aigen-Gattungen m\u00f6chte dennoch viel zweckm\u00e4fsiger sein als diese neue. Da die Anordnungen der Algen ganz und gar auf die Struktur dieser Gew\u00e4chse begr\u00fcndet sein mufs, so glaube ich dieselbe in vorliegendem Bericht hineinziehen zu d\u00fcrfen. In dem Conspectus generum sind die Gattungen nach folgenden Gruppen aufgef\u00fchrt: Protococcoideae, Nostochineae, Hydrureae, Rivula-cieae, Batrachospennae, Leptomiteae, Oscillarieae, Lyng-hyeae, Cadmeae, Oonfervae, Lemanieae, Hydro dictyeae, Ceramieae, Corallineae, Zygnemeae, Desmidieae, Sipho-neue, C aiderpeae, \u00fclveae, Florideae, Thaumasieae, Spon-giocarpeae, Furcillarieae, Chordarieae, Sporochnoideae, Dictyoteae, Laminarieae, Lichineae und Fucoideae. Die Stellung der Zygnemeae entfernt von den Conferven, so wie der Desmidieae hinter den Ceramieen u. s. w. wird sogleich auffallen, aber bei der Anordnung der Gattungen zu Gruppen sind mitunter noch auffallendere Zusammenstellungen zu finden, wie z. \u00df.jBulbochaete Ag. zu den Ceramien. Die Desmidieae hat Herr Menighini, wie fast alle andere Botaniker, ebenfalls zu den Pflanzen gestellt, w\u00e4rend zu gleicher Zeit alle dahin geh\u00f6rigen Gattungen durch Herrn Ehrenberg als Infusorien beschrieben sind.\nHerr Morren**) gab die Beschreibung der Entwickelung einer Conferee9 welche er nicht nur als eine neue Art erkennt, sondern selbst eine neue Gattung darauf gr\u00fcndet, die\n*) Cenni sulla organografia e \u00dfsiologia deile Alghe. Padova 1836. 4to.\n**) Recherches physiologiques sur les Hydrophytes de la Belgique. Premier M\u00e9moire: Hist, d\u2019un genre nouveau de la tribu des Confer -v\u00e9es, nomm\u00e9 Aphanixom\u00e8me. Mem. lu a If Acad. roy. de scienc. de Bruxelles le 2 Dec. 1837. Bruxelles 1838. 4to.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"54\ner Aphanizomenon nennt und die dahin geh\u00f6rige Art mit dem Beinamen incurvum belegt. Es ist hier nicht der Ort, die Gr\u00fcnde zu beleuchten, welche Herr Morren berechtigten diese Pflanze als neu zu beschreiben und darauf eine eigene Gattung zu gr\u00fcnden, sondern Ref. macht nur auf die physiologischen Beobachtungen aufmerksam, welche Hr. M. bei jener Pflanze angestellt hat. Leider sind die Beobachtungen mit zu geringen Vergr\u00f6fserungen angestellt, so dafs selbst die Abbildungen noch nicht ausreichend sind. Herr Morren beobachtete an der genannten Conferve, dafs sich die F\u00e4den derselben in grofsen Massen vereinigt entwickeln, so dafs sie f\u00f6rmlich zusammengeklebt erscheinen und er glaubt, dafs dieses die Folge der Wirkung einer attractiven Kraft sei, welche nichts andres, als Electricit\u00e4t zu sein scheine, indem alle heterogenen Gebilde bei der Ber\u00fchrung Electricit\u00e4t entwickeln. Herr Morren sah bei dieser Conferve, was man auch schon fr\u00fcher beobachtet hat, dafs sich die Glieder der F\u00e4den von einander trennen und sich bewegen, und diese Bewegung h\u00e4lt er f\u00fcr die Wirkung einer positiven Electricit\u00e4t.\nHerr Biasotetto*) hat bei der Versammlung der Naturforscher zu Prag einen Vortrag \u00fcber die Metamorphose der Algen gehalten; er will beobachtet haben, dafs sich die Reste kleiner Algen z. B. von Sporochnus, Calothrix, Exillaria trun-cat a Grev. und Fructulia Momeate K\u00fctz. mit destillirtem Wasser \u00fcbergossen und monatelang einer Temperatur von 12 \u201415\u00b0 R. ausgesetzt, in Substanzen umwandelten, in welchen er eine Tetraspora (olivacea genannt), die Palmella botryoides und auf den Boden des Glases auch noch verschiedene Fructulien beobachtete. Aehnliche Versuche wurden mit Bryopsis plumosa angestellt; das Glas wurde ebenfalls der Sonne zugekehrt und nach einem Jahre zeigten sich gr\u00fcne Flecke, welche aus Palmella botryoides und Fructulia hyalina bestanden, Den R\u00fcckstand eines Abgusses von Sphae-rococcuss confervoides stellte Hr. Bia so letto im Februar in ein Glas mit 2 Unzen destillirtem Wasser und gofs 4 Tropfen Silbergl\u00e4ttessig hinzu; es bildeten sich hierauf kleine Wolken und im Anf\u00e4nge des Mai\u2019s fand er Ilygrocrocis moniliformis\n\u00a5) Flora 1838. II. pag. 409.\n","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"65\ndarin. Bei einem andern Versuche wurde Brunnenwasser genommen, worauf sich in demselben mehrere \u00fcbereinander gelagerte Wolkenschichten bildeten, in welchen Herr B. sp\u00e4ter verschiedenartige Algen entstehen sah, welche er zwar etwas beschreibt, dieselben aber nicht bestimmt; Abbildungen derselben w\u00e4ren freilich am wiinschenswerthesten gewesen.\nHr. Reichenbach hat an eben demselben Orte \u00fcber die Wichtigkeit dieser Beobachtung gesprochen; es gehe aus derselben hervor, dafs die Formbildung abh\u00e4ngig erscheine von den chemischen Verh\u00e4ltnissen des Wassers, in welchem sie sich befinden. Herr Biasoletto habe bewiesen, wie die Glieder nach dem verschiedenen chemischen Fluidum in den verschiedenen Gestalten erschienen sind.\nDie wahren Freunde der Wissenschaft werden gewifs nicht verkennen, dafs Hr. Reichen bach hier wie \u00fcberall die ihm vorliegenden Thatsachen geistreich auffafst und zusammenstellt, aber diese, soeben angegebenen Thatsachen scheinen dem Referenten zu so wichtigem Schl\u00fcsse (obgleich er demselben sehr hold ist) nicht gen\u00fcgend. Wir haben schon durch R. Treviranus und unl\u00e4ngst auch durch Hrn. Dutrochet Beobachtungen erhalten, aus welchen erwiesen werden sollte, dafs physische Kr\u00e4fte und chemische Verh\u00e4ltnisse die Formen der niedern Pflanzen bestimmen k\u00f6nnten; ich habe jedoch die Dutrochet\u2019sehen Versuche in dieser Hinsicht sehr h\u00e4ufig wiederholt und konnte dieselben nicht best\u00e4tigen. Dergleichen Beobachtungen m\u00fcssen \u00fcberaus h\u00e4ufig wiederholt werden und m\u00fcssen stets gleiche Resultate geben, wenn man so wichtige Schl\u00fcsse daraus ziehen will.\nHerr Ehrenberg*) hat in seinem grofsen Prachtwerke \u00fcber die Infusionsthierchen abermals eine sehr grofse Menge von Gesch\u00f6pfen beschrieben und abgebildet, welche die Botaniker zu den Pflanzen z\u00e4hlen. Diese Abbildungen kommen allen Naturforschern h\u00f6chst erw\u00fcnscht, denn bei den vollkommenen Pflanzen sind heutigen Tages die treuesten Abbildungen unumg\u00e4nglich n\u00f6thig, aber bei den niedern, mikrosko-\n*) Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Ein Blick in das tiefere organische Leben der Natur. Nebst einem Atlas von 64 colorirten Kupfertafeln, gezeichnet vom Verfasser. Leipz. 1838. fol.\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\npischen Gesch\u00f6pfen ist es noch viel wichtiger, dafs sie alle in Abbildungen vorliegen. Dem Systematiker ist es gleich, ob dergleichen Gesch\u00f6pfe als Thiere oder als Pflanzen abgebildet werden, denn sie bleiben defswegen immer was sie sind, und es erscheinen denn auch hest\u00e4ndig noch gegenw\u00e4rtig, wie seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, mehr oder weniger gr\u00fcndliche Schriften, in welchen ein und dieselben Gesch\u00f6pfe von dem Einen zu den Thieren, von dem Anderen zu den Pflanzen gezogen werden. Es war schon einmal in diesen Jahresberichten (S. d. Jahresbericht von 1834 und den von 1836) \u00fcber den fraglichen Gegenstand die Rede, aber seit jener Zeit haben sich, durch die Verbesserung der Mikroskope, die Beobachtungen \u00fcber denselben sowohl f\u00fcr als gegen in hohem Grade vermehrt, daher Referent denselben nochmals, wenn auch in aller m\u00f6glichen K\u00fcrze ber\u00fchren mufs, denn bei denjenigen einfachen Gesch\u00f6pfen, welchen man nicht sogleich ansehen kann, ob sie zu den Thieren oder zu den Pflanzen geh\u00f6ren, bei denen ist es der Physiologen Aufgabe, ihre Natur n\u00e4her zu erforschen, ln dem genannten Werke hat Herr Ehrenberg nicht nur systematische Beschreibung der fraglichen Thiere oder Pflanzen gegeben, sondern \u00fcberall finden sich seine eigenen Beobachtungen, sowie auch diejenigen seiner Vorg\u00e4nger \u00fcber die Natur derselben sehr ausf\u00fchrlich zusammengestellt, doch sind immer die erkannten Thatsachen in der Ansicht gedeutet, als w\u00e4ren jene Gesch\u00f6pfe wirkliche Thiere; aber eben dieselben Thatsachen erhalten eine ganz andere Bedeutung, wenn man von der Ansicht ausgeht, dafs jene Gesch\u00f6pfe Pflanzen sind. Es fragt sich nun, welche Ansicht die richtige ist, und ob die eine oder die andere positiv zu erweisen ist. Ref. schl\u00e4gt zur Beantwortung dieser Fragen den k\u00fcrzesten Weg ein, indem er dergleichen Gattungen auff\u00fchrt, welche nach seinen Ansichten ganz entschieden zu den Pflanzen geh\u00f6ren, und, um es auch zu erweisen, die Deutung der Thatsachen widerlegt, welche Herr Ehrenberg f\u00fcr seine Ansicht aufgestellt hat. Doch m\u00f6ge man diese Mittheilungen nicht unrichtig deuten, sie sind durchaus harmloser Natur und das Resultat vielj\u00e4hriger Beobachtung jener Gesch\u00f6pfe, welche sowohl durch ihre Structur wie durch ihre ganze Bildungsgeschichte sich den Pflanzen zureihen. Diese","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"67\nSache ist aber noch defshalb von hoher Wichtigkeit, weil jene niedern Pflanzen sehr bestimmt erweisen, dafs es auch unvollkommene Organismen giebt, d. h. dafs es Gesch\u00f6pfe giebt, welche so einfach gebaut sind, dafs ihnen alle die besonderen Organe abgehen, welche den h\u00f6hern Thieren zukommen, und dennoch ern\u00e4hren sie sich, sie leben und pflanzen sich fort. Solche einfache Gesch\u00f6pfe sind es aber auch nur, sowohl unter den Thieren\u2019, wie unter den Pflanzen, welche auch ohne Eyer und ohne Saamen, durch sogenannte generatio origi-naria entstehen k\u00f6nnen. Die Bildung der Zellen bei Pflanzen und Thieren, wie wir sie gegenw\u00e4rtig kennen gelernt haben, f\u00fchrt uns endlich zur unmittelbaren Beobachtung \u00fcber die Vorg\u00e4nge, welche bei der generatio originaria stattfinden, und die n\u00e4chste Zeit m\u00f6chte sich wiederum an diesen \u00fcberaus wichtigen Gegenstand machen. Die Bildung der Schimmel aus der St\u00e4rke u. s. w. ist in dieser Hinsicht am vortheilhaftesten zu beobachten.\nDas erste Pfl\u00e4nzchen, welches wir in Herrn Ehrenberg\u2019s Werke beschrieben und abgebildet finden, ist Gonium (?) tranquillum Ehr. Ref. entdeckte dasselbe 1828, er theilte eine Abbildung davon mit und nannte es sp\u00e4ter Merismo-pedia punctata. Herr Ehrenberg selbst hat nichts Thieri-sches an diesem Pfl\u00e4nzchen beobachtet, welches zu den Ulva-ceen geh\u00f6rt, und sich durch die best\u00e4ndige regelm\u00e4fsige Selbst-theilung, welche ich im 3ten Bande der Pflanzen-Physiologie (p. 441) n\u00e4her beschrieben habe, so h\u00f6chst auffallend auszeichnet.\nEbenso entschieden geh\u00f6ren die Closterien zu den Pflanzen, aber Hr. Ehrenberg f\u00fchrt folgende Gr\u00fcnde an, aus welchen sie zu den Thieren gez\u00e4hlt werden sollen: 1) Die Closterien haben freiwillige Bewegung, 2) sie haben an den Spitzen Oeffnungen, 3) sie haben fortdauernd bewegte, sogar hervorragende, best\u00e4ndige Organe dicht hinter den Oeffnun-gen und 4) sie haben quere Selbsttheilung. Aber alle Pflanzen, sagt Hr. Ehr., welche freiwillige Bewegungen, offene M\u00fcndungen, F\u00fcfse und Selbsttheilung haben, die k\u00f6nne man zu den Thieren z\u00e4hlen, auch ohne sie essen zu sehen. Diesen letztem Schlufs wird gewifs jeder Botaniker als richtig anerkennen, aber die drei Vorders\u00e4tze, worauf der Schlufs\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"CB\ngebauct ist, sind wohl als nicht richtig zu erweisen, wie es Referent (Pflanzen-Physiologie III, p. 442, 448 u. 449) gethan hat. F\u00fcr die entgegengesetzte Ansicht, dafs die Closterien Pflanzen sind, kommen nun noch folgende wichtigste Beobachtungen: Die Structur der Closterien ist g\u00e4nzlich die der Con-ferven; ihre Saamenbildung und die Entwickelung dieser Saamen ist g\u00e4nzlich die der Conferven. Auch das Auftreten des Amylum's im Innern der Closterien, womit sie mitunter fast ganz gef\u00fcllt sind, ist ein schlagender Beweis, dafs die Closterien wirkliche Pflanzen sind. Sie haben keine Fufse; was Hr. Ehr. daf\u00fcr ansah, sind selbstbewegliche Molek\u00fcle, welche bei Closterium Trabecula zu 5\u2014600 und dar\u00fcber Vorkommen und einen Kanal im ganzen Verlaufe des Pfl\u00e4nzchens dicht erf\u00fcllen. Ihre Function ist schwer zu deuten; sie kommen aber auch bei sehr vielen Conferven vor und vielleicht sind sie mit den Saamenthierchen der Pflanzen zu vergleichen.\nZu der grofsen Familie der Bacillarien hat Hr. Ehrenberg 35 bis 36 Gattungen gebracht, welche man aber wTohl zweckm\u00e4fsiger in zwei besondere Familien theilen kann, n\u00e4mlich in die Familie der wirklichen Bacillarien und in die Familie der Besmidieae, diese letztere ist auch schon von Hrn. Meneghini in der vorher aufgef\u00fchrten Schrift festgestellt; sie umfafst wirkliche Algen, \u00fcber deren Natur kein Zweifel sein darf, dagegen die Bacillarien noch immer, ganz nach der Ansicht des Autor\u2019s, bald zu den Algen, bald zu den Infusorien gestellt werden k\u00f6nnen; diese Letztem hat Herr Meneghini in seinem Algensystem gar nicht aufgef\u00fchrt und h\u00e4lt sie also wahrscheinlich ebenfalls f\u00fcr Thiere. Zu den wirklichen Algen geh\u00f6ren folgende Gattungen von Ehrenberg s Bacillarien; Besmidium Ag., Staurastrum Meyen, Pentasterias Ehrenb., Sphaerastrum Meyen, Xanthidium Ehrenb., Scenedesmus Meyen, Odontella Ag. und Pediastrum Meyen (Micrasterias Ag.) und Euastrum Ehrenb. Bei allen diesen Gattungen ist bisher nichts beobachtet worden, was als Beweis f\u00fcr die thierisehe Natur dieser Bildungen sprechen k\u00f6nnte. Wirkliche Bewegungen aus innerer Ursache sah ich nur bei Sphaerastrum, und die geringen Bewegungen, welche man bei einigen Gattungen bemerkt haben will, sind wohl\n\"r . ' *","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"69\nvon der Art, wie die Bewegungen der Conf erven, welche bald in der Tiefe des Wassers, bald auf der Oberfl\u00e4che desselben vegetiren; diese Erhebung aus der Tiefe ist aber meistens mit sichtbarer Gasentwickelung verbunden. Die Vermehrung durch Selbsttheilung kommt allen diesen Gattungen zu; Hr. Ehrenberg sieht diese Selbsttheilung als den wichtigsten und entscheidendsten Character f\u00fcr die thierische Natur der Gesch\u00f6pfe an, doch Ref. hat in seiner Pfl\u00e4nzen-Physiologie (III. pag. 440 etc.) auf das Entschiedenste nachgewiesen, dafs die Selbsttheilung sehr allgemein, sowohl bei niedern, als bei den Elementarorganen der h\u00f6chsten Pflanzen auftritt. Die kleinen Bl\u00e4schen mit lebhafter Molekularbewegung, welche in der niedlichen Gattung Euastrum auftreten, sind ganz identisch mit jenen bei den Closterien und den Conf erven (S. meine Pfl\u00e4nzen-Physiologie III. pag. 449) und ich sehe \u00fcberhaupt nicht recht ein, wefshalb nicht Closterium neben Ena-strum gestellt wird. Die gr\u00fcnen K\u00f6rner, welche im Innern der Zellen der meisten Besmidieen auftreten, sind ganz \u00e4hnlich den gr\u00fcnen K\u00f6rnern in den Conferven-Z,e\\\\en; Hr. Ehre nb erg m\u00f6chte sie als Eyer deuten, doch ich \"habe mitunter ihre Entwickelung zu Sporen beobachtet, und bei mehreren Gattungen habe ich [deutlich gesehen, dafs sie mitunter werden, ja zuweilen sogar ganz aus Amylum\nbestehen.\nDie zweite Section der BadUarien des Herrn Ehrenberg umfafst die eigentlichen BadUarien, sie wird daselbst mit dem Namen der Naviculacea belegt ; hierher geh\u00f6ren die unz\u00e4hligen Formen, welche neuerlichst durch ihr Vorkommen im fossilen Zustande so grofses Interesse erregt haben; von ihnen glaubt Hr. Ehrenberg und sehr viele andere Naturforscher mit aller Bestimmtheit annehmen zu k\u00f6nnen, dafs sie ganz entschieden zu den Thieren geh\u00f6ren. Die Gr\u00fcnde, welche f\u00fcr diese Annahme aufgef\u00fchrt werden, sind indessen eigentlich noch immer so schwach, dafs es, vorl\u00e4ufig wenigstens, noch immer zweifelhaft bleibt, ob die BadUarien wirkliche Thiere sind. Die Bewegungen der BadUarien sind indessen mitunter so \u00fcberaus frei, dafs sie ganz thierisch erscheinen, sie sind aber noch lange nicht so frei und lebhaft, wie die Bewegungen der Algensporen und der Saamenthierchen, welche","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\ndoch Pflanzen oder Pflanzentheile sind. Die Bewegung m\u00f6chte also kein sehr beweisender Grund sein, dafs die Bacillarien zu den Thieren geh\u00f6ren. Die gew\u00f6hnlichste Fortpflanzung der Bacillarien geschieht durch Selbsttheilung, welche aber auch den Zellen der h\u00f6hern Pflanzen eigen ist; nur \u00fcberaus selten geschieht die Vermehrung durch Sporen oder Eyer. Bei den Naviculis hat Ref. gesehen, dafs die Kieselh\u00fcllen sich theilten und dadurch der eine der zwei kugelf\u00f6rmigen K\u00f6rper frei wurde, welche im Innern enthalten waren; ihre Ausdehnung zu neuen Individuen hat Ref. jedoch nicht unmittelbar gesehen. Form, Struktur und \u00fcberhaupt der Habitus der Bacillarien ist offenbar von der Art, dafs man sie zu den Pflanzen z\u00e4hlen m\u00f6chte, dagegen spricht aber eine Erscheinung, welche von sehr hohem Interesse ist; man sieht n\u00e4mlich bei manchen Naviculis (Hr. Ehrenberg hat es bei Navicula viridis beschrieben und abgebildet), dafs kleine Molek\u00fcle, z. B. die Molek\u00fcle des Indigo\u2019s und des Carmin\u2019s in dergleichen L\u00f6sungen, welche sich der Oberfl\u00e4che jener K\u00f6rperchen n\u00e4hern, dafs diese Molek\u00fcle sogleich in Bewegung gesetzt werden und oft mit grofser Schnelligkeit zur Seite des K\u00f6rperchens hinlaufen, mitunter auch wieder nach entgegengesetzter Richtung u. s. w. Diese merkw\u00fcrdige Erscheinung liefse sich vielleicht durch \u00fcberaus feine Cilien erkl\u00e4ren, welche auf der Oberfl\u00e4che jener Gesch\u00f6pfe Vorkommen, und dann vielleicht auch sogar die Bewegung derselben verursachen. Mit unsern gegenw\u00e4rtigen Instrumenten kann man von diesen Cilien noch nichts wahrnehmen, wohl aber sieht man bei sehr starker Vergr\u00f6fserung eine Art von durchsichtiger schmaler Zone, welche den K\u00f6rper der Bacillarien rund herum ein-fafst. Endlich hat Hr. Ehren berg noch eine Beobachtung bekannt gemacht, nach welcher \u00fcber die thierische Natur der Bacillarien gar kein Zweifel \u00fcbrig sein soll; dieselben nehmen n\u00e4mlich zuweilen Farbestoffe auf, welche die Bl\u00e4schen f\u00fcllen sollen, die Hr. Ehrenberg f\u00fcr den Magen dieser Gesch\u00f6pfe deutet. Diese letztere Angabe w\u00e4re allerdings sehr schlagend, die Sache scheint sich jedoch etwas anders zu verhalten. Erstens konnte Ref. sowohl hier bei den Naviculis, wie \u00fcberhaupt bei den Infusorien nichts von jenen Magens\u00e4cken sehen, auch konnte er niemals an lebenden und sich","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"71\nbewegenden Bac\u00fclarien sehen, dafs die Farbestoffe, wie z. B. die Indigomolek\u00fcle von einem der Enden aufgenommen und nach der Mitte gef\u00fchrt wurden, wo die Magens\u00e4cke liegen sollen, w\u00e4rend bei den Infusorien solche Beobachtungen sehr leicht sind. Wohl aber sieht man gar nicht selten, be^ sonders bei den grofsen lebenden Naviculis, dafs sich die K\u00fcgelchen von den angewendeten Farbestoffen auf die Mitte der breiten Seitenfl\u00e4chen legen, wodurch es erscheint, als w\u00e4ren die Farbestoffe im Inneren der Bac\u00fclarien; wenn man aber Glasplatten dar\u00fcber liegen hat und diese Glasplatten geh\u00f6rig bewegt, so kann man die tarbestoffk\u00fcgelchen wieder entfernen.\nDer geneigte Leser wird hiermit sehen, dafs noch viele Beobachtungen zu machen sind, bis wir mit aller Bestimmtheit sagen k\u00f6nnen, dafs die Bac\u00fclarien wirkliche Thiere sind; wie aber Pflanzen und Thiere an einander grenzen, das sehen wir bei den Saamenthierchen der niedern Pflanzen und den Saamenthierchen der Thiere.\nUeber Bewegung der S\u00e4fte und Transpiration.\nHerr Fr. Kiitzing*) hatte seine Ansichten \u00fcber das Steigen der Nahrungss\u00e4fte in den Pflanzen schon im Jahre 1837 niedergeschrieben; dieselben konnten aber erst im vergangenen Jahre zur Publikation kommen. Hr. K. meint, dafs das Saftsteigen vorz\u00fcglich nur da stattfindet, wo die Spiralr\u00f6hren jung und abrollbar und die Bastfasern noch nicht verwachsen sind, oder dafs nur durch die Spiralr\u00f6hren und Bastfasern im jugendlichen Alter das Aufsteigen des Nahrungssaftes veranlafst wird. Diese Voraussetzungen sind aber wohl nicht richtig, denn fast in jedem physiologischen Lehrbuche wird man finden, dafs der Saft auch in den Elementarorganen des alten Holzes eben so bedeutend steigt, als in den j\u00fcngern Schichten u.s. w., doch wir gehen zur Erkl\u00e4rung dieses Saft-steigens nach des Verfassers Ansichten \u00fcber.\nDie langen in Spitzen sich endigenden Bastr\u00f6hren w\u00e4ren mit zugespitzten Metalldr\u00e4hten zu vergleichen, und die Spiral-\n*) Ueber das Steigen des Nahrungssaftes in den Pflanzen. \u2014 Linnaea v. 1838. pag. 23 \u2014 37.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nr\u00f6hren mit electromagnetischen Spiraldr\u00e4hten, und Spiralr\u00f6hren und Bastfasern w\u00e4ren fiir die in den Pflanzen th\u00e4tige Lebenskraft dasselbe, was die Metalldr\u00e4hte f\u00fcr electromagnetische Str\u00f6mungen sind. Es k\u00f6nne uns gar nicht mehr befremden, meint Hr. K., wenn man das Steigen des Saftes auf \u00e4hnliche Weise erkl\u00e4rt, wie das Steigen des Wassers in den Wasserhosen, denn diese bewiesen es, dafs auch ungeheure Wassermassen durch grofse Massen von Electricit\u00e4t emporgehoben w\u00fcrden (!). Ferner kommt in dieser Abhandlung noch die Angabe vor, dafs wegen der soliden Substanz der Bastfasern und des Geschlossenseins derselben an beiden Enden, der Saft nicht innerhalb derselben str\u00f6men k\u00f6nne, sondern er str\u00f6me aufserhalb in den Zwischenr\u00e4umen, zwischen den Bastr\u00f6hren und den Spiralr\u00f6hren!\nHerr Donn\u00e9 *) hat bei der Beobachtung der Rotations-str\u00f6mung in den Schl\u00e4uchen der Chara hispida eine Erscheinung bemerkt, welche allen fr\u00fchem Bearbeitern dieses Gegenstandes entgangen ist. Wurden die Schl\u00e4uche der genannten Chara von ihrer \u00e4ufseren H\u00e4uf befreit und zwischen Glasplatten etwas gequetscht, so l\u00f6sten sich die gr\u00fcnen K\u00fcgelchen, welche die innere Fl\u00e4che dieser Schl\u00e4uche bekleiden, ganz wie gew\u00f6hnlich, und einige der gel\u00f6sten K\u00fcgelchen zeigten eine Bewegung, welche unabh\u00e4ngig von der Rotationstr\u00f6mung war. Hieraus schliefst Herr Donn\u00e9, dafs die kleinen gr\u00fcnen K\u00f6rperchen mit einer eigenen Kraft begabt sind, durch welche sie bewegt werden, wenn sie frei sind, welche aber auch auf die Fl\u00fcssigkeit reagirt, wenn sie festsitzen. Es wird hiermit wiederum in den K\u00fcgelchen der gr\u00fcnen Bekleidung die Ursache der ganzen Rotationsstr\u00f6mung gesucht, und Hr. Donn\u00e9 glaubt in denselben grofse Aehnlichkeit mit dem Vorkommen der Cilien auf den Schleimh\u00e4uten der Thiere wahrzunehmen.\nSchon an verschiedenen Orten hat Referent zu zeigen gesucht, dafs die gr\u00fcnen K\u00fcgelchen auf der inneren Fl\u00e4che der Schl\u00e4uche nicht als die Ursache der Rotationsstr\u00f6mung anzusehen sind, denn dieselben kommt auch in denjenigen Cha-ren und anderen Pflanzen vor, wo keine Spur von solchem\n*) 'Note sur la circulation de Chara. Compte rendu d. 1838. I. pag. 497.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"73\noder einem \u00e4hnlichen Ueberzuge vorhanden ist; ja sie kommt noch in solchen F\u00e4llen vor, wo sich im Innern jener gr\u00fcnen K\u00fcgelchen so grofse Amylum-K\u00f6rner gebildet haben, dafs die gr\u00fcne Substanz dabei g\u00e4nzlich verdr\u00e4ngt ist u. s. w.\nSp\u00e4ter wurde von den Herren Brongniart und Du-trochet ein Rapport \u00fcber ein Memoire des Herrn Donn\u00e9 in Bezug auf verschiedene Erscheinungen der Saftbewegung, bei der Char a hispida, vor der Akademie zu Paris*) publi-cirt, worin jene Beobachtungen \u00fcber die eigene Bewegung der gr\u00fcnen K\u00fcgelchen, welche auf der inneren Fl\u00e4che der CA\u00dfrai-Schl\u00e4uche sitzen, nicht nur best\u00e4tigt wurden, sondern noch bestimmter beschrieben. Diese Bewegung kommt jenen K\u00fcgelchen jedoch nicht immer zu und die Herren Commissaire der Akademie haben an denselben ebenso vergebens nach Cilien gesucht, wie ihre Vorg\u00e4nger. Sie beobachteten ein St\u00fcckchen eines jener gr\u00fcnen rosenkranzf\u00f6rmigen Schn\u00fcre, welches aus 5 K\u00fcgelchen bestand und sich zu einem vollkommenen Kreise zusammenkr\u00fcmmte; dieser Kreis stellte sich zuf\u00e4llig in eine Gegend, wo keine Rotationsstr\u00f6mung war und zeigte nun daselbst eine best\u00e4ndige Bewegung um seine eigene Achse, woraus man auf die Selbstst\u00e4ndigkeit dieser Bewegung schlofs.\nIn Bezug auf die Beobachtung des Herrn Donn\u00e9, dafs die gr\u00fcnen K\u00fcgelchen, welche die innere Fl\u00e4che der CJiaren-Schl\u00e4uche bekleiden, mitunter eine eigene Bewegung zeigen, hat Hr. Dutro chet**) die Priorit\u00e4t reclamirt, indem er schon fr\u00fcher beobachtet hat, dafs sich die Reihen von gr\u00fcnen K\u00fcgelchen zuweilen wie Muskelfasern im Zickzack kr\u00fcmmen u. s. w.; die ausf\u00fchrliche Beschreibung jener Beobachtungen w\u00e4re auch w\u00e4rend dieser Zeit in den Annales des scienc. d'hist. natur. erschienen.\nReferent (Physiologien, p\u00e4g.233.241) beobachtete bei verschiedenen Pflanzen, dafs sich aus der allgemeinen Str\u00f6mung im Inneren der einzelnen Zellen, mehr oder weniger viele Zellensaftk\u00fcgelchen und etwas feingek\u00f6rnter Schleim abtrennen und eine eigene str\u00f6mende oder rotirende Bewegung\n*) V. Compte rendu d. 1838. I. pag. 605.\n**) Compte rendu d. 1838. I. pag. 523.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nannehmen k\u00f6nnen; sind dieses Erscheinungen, welche in gewisser Hinsicht mit den im Vorhergehenden angef\u00fchrten zusammen zu h\u00e4ngen scheinen. Derselbe hat dieses Capitel von der Str\u00f6mung des Saftes im Innern der Zellen mit besonderer Vorliebe bearbeitet und darin eine Reihe von neuen Beobachtungen und Berichtigungen publicirt, welche sicherlich beweisen, dafs diese Erscheinung bei verschiedenen Pflanzen so sehr verschiedenartig auftritt, dafs die Auffassung der n\u00e4chsten Ursache, welche dieselbe hervorruft, gar sehr erschwert wird, und dafs dieselbe wenigstens keineswegs in der Art erkl\u00e4rt werden kann, wie wir sie bei den Charen und andern Pflanzen bisher gelehrt haben. Ref. mufs jedoch auf seine Schrift selbst verweisen, indem das Referat \u00fcber diesen Gegenstand zu grofsen Raum einnehmen m\u00f6chte.\nGegen Referents Darstellung der Beobachtungen \u00fcber die Saftbewegungen im Innern der Zellen ist Hr. C. H. Schultz aufgetreten; das Organ, welches ihm hierzu zu Diensten steht, bilden haupts\u00e4chlich die Jahrb\u00fccher f\u00fcr wissenschaftliche Kritik (August 1838), worin er seine Ansichten in Form einer Recension meines Buches auseinandergesetzt hat. Herr Schultz hat sich schon seit l\u00e4ngerer Zeit der sehr irrigen Annahme hingegeben, dafs die Rotationsstr\u00f6mungen in den Zellen nur den Zellenpflanzen zukommen, dafs in den h\u00f6heren Pflanzen dagegen nur jener Kreislauf stattfinde, welchen er mit dem Namen Cyclose bezeichnet hat. Ref. hat dagegen nachgewiesen, dafs bei allen hohem Pflanzen, wenigstens in einzelnen Theilen derselben, dergleichen Bewegungen in den Zellen Vorkommen, welche mit der Rotationsstr\u00f6mung der Charen, Vdllisnerien u. s. w. mehr oder weniger vollkommen verwandt, ja mitunter in jeder Hinsicht gleichbedeutend sind. Herr Schultz dagegen, welcher \u00e4hnliche Bewegungen mit vorgefafsten Ansichten und weniger guten Instrumenten gesehen hat, glaubt hierin seine Cyclose zu erkennen, und die feinen Str\u00f6mungen, welche Ref. in seiner Pflanzen-Physiologie vielfach und ganz naturgetreu (so -viel es mit seinem geringen Zeichenverm\u00f6gen anging) abgebildet hat, h\u00e4lt Herr Schultz f\u00fcr eine Art von Lebenssaftgef\u00e4fsen, f\u00fcr sogenannte vasa la-ficis contracta, von welchen sich Ref. bisher noch niemals eine Vorstellung machen konnte. Diese Gef\u00e4fse, sagt Herr","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"75\nSchultz, durchziehen und umgeben die verschiedenen Organe, besonders die Zellen um die Sekretionsorgane, wie ein feines Spinngewebenetz, und sind bei manchen Pflanzen, z. B. bei den Caladium- und Arum-Arten, selbst nach der Maceration noch darzustellen (!). In dieser Art geht es weiter fort, so dafs Herr Schultz fast auf jeder Zeile zeigt, dafs er in der Kenntnifs dieses Gegenstandes zur\u00fcck ist, obgleich es sicherlich nicht so schwer ist, diese Beobachtungen zu wiederholen.\nSolche Lehren geh\u00f6ren nur freilich nicht zu den Fortschritten der Wissenschaft, von welchem hier in diesem Berichte haupts\u00e4chlich die Rede sein soll; Referent mufste sie jedoch, so unlieb es ihm auch ist, ber\u00fchren, indem sie gegen die Fortschritte gerichtet sind, welche die Wissenschaft in diesem Felde gemacht hat. In jener ganzen Recension erkennt Ref. \u00fcberhaupt nichts weiter, als einen Versuch, durch welchen Herr Schultz seine alten irrthiimlichen Ansichten wenigstens doch noch so lange erhalten will, bis sie publicirt werden; um die Sache handelt es sich eigentlich hiebei gar nicht mehr.\nSp\u00e4ter ging Herr Schultz nach Paris und hielt in der Akademie daselbst einen Vortrag unter dem Titel: Nouvelles observations sur la circulation dans les plantes*), welcher beinahe nichts weiter als die w\u00f6rtliche Uebersetzung obiger Recension aus den Jahrb\u00fcchern f\u00fcr wissenschaftliche Kritik enthielt, ja wie es die Zeitungen mitgetheilt haben, so hat Hr. Schultz dieselbe Geschichte auch an die Versammlung der Naturforscher und Aerzte zu Freiburg geschickt, kurz er hat diese Angelegenheit als eine Lebensfrage f\u00fcr seine Lehre betrachtet. Endlich hat Hr. Schultz auch in der allgemeinen botanischen Zeitung vom 7. Sept. 1838 einen Artikel unter dem Titel: Berichtigung eines Irrthums in Betreff der S\u00e4ftecyclose in den Haaren heterorganischer Pflanzen einr\u00fccken lassen, welcher im Allgemeinen ganz dieselben Angaben enth\u00e4lt und nur einige Punkte etwas spe-cieller er\u00f6rtert. Referents Darstellungen der Bewegungen im Zellensafte der Tradescantien-R\u00e0SLYe werden f\u00fcr unrichtig erkl\u00e4rt, indem diese Haare aus doppelten Zellen w\u00e4nden zusam-\n*) Compte rendu d. 16. Sept. 1838.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nmengesetzt seien, wie es in England gelehrt sein soll. Diese Angaben stimmen indefs nicht mit meinen Beobachtungen; nach diesen verhalten sich die Haare der Tradescantien ganz ebenso wie \u00e4hnliche gegliederte Haare der Dicotyledonen, und da ich auch die Bildungsgeschichte jener Tradescantien-Haare fast ganz vollst\u00e4ndig habe verfolgen k\u00f6nnen, so glaube ich hier\u00fcber richtigere Angaben mittheilen zu k\u00f6nnen, als es einst Herr Slak that. Diese Bildung der gegliederten Tra-descantien-Haare geschieht ebenso, wie in den meisten andern F\u00e4llen; es bildet sich zuerst ein kurzes ungegliedertes H\u00e4rchen durch Auswachsung der Epidermis-Zelle, hierauf bilden sich die Schleimblasen innerhalb jener R\u00f6hre; diese dehnen sich aus und legen sich nebeneinander, worauf ihre Querw\u00e4nde mit einander verwachsen und ihre Seitenw\u00e4nde mit der noch ganz weichen Membran des urspr\u00fcnglichen Schlauchs verschmelzen. Diese Verschmelzung ist so vollkommen, dafs nur noch selten in den Winkeln der Gliederung einige Spuren der urspr\u00fcnglichen Membran Zur\u00fcckbleiben; auf den Seitenw\u00e4nden der einzelnen Glieder wird sie wohl vollkommen resorbirt, was man auch in andern, aber \u00e4hnlichen F\u00e4llen, mit aller Gewifsheit behaupten kann, Auch hat Ref. schon Str\u00f6mungen in diesen Zellen innerhalb des Schlauchs gesehen, noch ehe dieselben mit der umschliefsenden Membran verwachsen waren. Beobachtet man zur heifsen Sommerzeit die Str\u00f6mungen in den Zellen verschiedener Theile der Tradescantien, so wird man wohl sicherlich zu der Einsicht kommen, dafs die vielfach zertheilten Str\u00f6mungen in den Haarzellen der Staubf\u00e4den und der einfachem Rotationsstr\u00f6mung, welche in den langgestreckten Zellen, dicht neben den Spiralr\u00f6hren des Bl\u00fcthenschafts dieser Pflanze Vorkommen, durch eine grofse Reihe von Mittelformen ineinander \u00fcbergehen; ja mitunter sieht man im letztem Falle Str\u00f6mungen, welche mit einigen F\u00e4llen der Rotationsstr\u00f6mung in den Zellen der Vallisnerien vollkommen \u00fcbereinstimmen. Diese meine sorgf\u00e4ltigen Beobachtungen, welche man auch an den Nesseln t\u00e4glich wiederholen kann, sind es, welche Herr Schultz als Irrtluimer bezeichnet, wor\u00fcber denn das Urtheil von wirklichen Sachverst\u00e4ndigen entscheiden m\u00f6ge.\nAus den Haaren der Campanula rapunculoides oder","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"77\nC. TracheUinn, sagt Hr. Schultz, sieht man den Milchsaft beim Durchschneiden wie aus allen andern Theilen ausftiefsen, und das Mikroskop zeige, dafs darin die Milch ganz \u00e4hnlich circulire, wie in allen andern Theilen, nur seien die Stromkan\u00e4le unendlich fein, sie bildeten aber anastomosirende Stromnetze, welche, mit den Stromnetzen des Inneren der Pflanze Zusammenh\u00e4ngen. Das Irrige dieser Angaben m\u00f6chte Referent durch folgende Thatsachen zu erweisen suchen: Einmal weil man jene Angaben nicht durch Anschauung des Gegenstandes mit vorz\u00fcglich guten Instrumenten sehen kann; es w\u00e4re dieses allerdings schon ein wichtiger Grund dagegen, aber, selbst wenn man nicht im Besitze so guter Instrumente ist, und wenn man sich auch noch nicht die geh\u00f6rige f ertigkeit zu solchen Beobachtungen erworben hat, so wird man doch sehen k\u00f6nnen, dafs jene Bewegungen in bestimmten Zellen ohne alle Ver\u00e4nderung fortbestehen k\u00f6nnen, wenn man auch die, unmittelbar daneben liegenden Zellen zerst\u00f6rt; dieses l\u00e4kt sich besonders leicht an den Haaren der Frei desccintien-Staubfadeil anstellen. Ferner hat sich Ref. in letzter Zeit von der Richtigkeit der Beobachtung des Herrn Unger \u00fcberzeugt, (S. d. vorigen Jahresbericht, pag. 35.) dafs die Milchge-f\u00e4fse wirklich ebenfalls aus den gew\u00f6hnlichen Parenchym-Zellen entstehen, indem diese zuerst den Milchsaft in ihrem Innern bilden, dann mit ihren Grundfl\u00e4chen obliteriren und diese zuletzt resorbiren, wodurch eine offene Communication entsteht und die Bewegung des Saftes in diesen neu entstandenen R\u00f6hren vor sich gehen kann. Es bilden sich also hiernach die Milchgef\u00e4fse, wie die Bastr\u00f6hren und wie die Spiralr\u00f6hren aus einfachen Paren-chym-Zellen, daher k\u00f6nnen jene ihren Ursprung nicht aus den Stromkan\u00e4len nehmen, welche im Zellensafte der Pflanzen beobachtet werden. Nennt nun aber Hr. Schultz den mil-chigten Saft in den Haaren einiger Pflanzen einen Milchsaft, so ist dieses nur f\u00fcr eine individuelle Ansicht zu halten; die \u00fcbrigen Physiologen verstehen unter Milchsaft denjenigen Saft, welcher in den Milchsaftsgef\u00e4fsen enthalten ist.\nHerr Morren*) untersuchte die Fr\u00fcchte der Feigen fin\n*) Notice sur la circulation observ\u00e9e dans l\u2019ovule, la fleur et le","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nHinsicht der Milchsaftsgef\u00e2fse und theilte seine Beobachtungen der Br\u00fcsseler Akademie mit. Er bemerkt zuerst, dafs schon Spiegel jene Gefafse kannte und sie Venen nannte, (schon Theophrast nannte sie so. Ref.), doch habe dieser es schon f\u00fcr n\u00f6thig erachtet, dafs der darin enthaltene Saft einen eigenen Namen f\u00fchre und er nannte ihn defshalb ottqo\u00e7, id est succum, und dieses solle Herrn Link auf die Idee gebracht haben, die Benennung vasa opopJiora aufzustellen, womit Hr. Morren gegenw\u00e4rtig die bekannten Milchsaftsgef\u00e2fse belegt. Hr. Morren machte feine Schnitte aus dem Fruchtboden der Feige und sah darin eine grofse Anzahl von Milch-saftgef\u00e4fsen mit eigenen durchsichtigen Membranen und mit anastomosirenden Aesten und Zweigen worin der Milchsaft mit seinen vielen K\u00fcgelchen circulirte (d. h. Hr. M. sah das blofse Auslaufen des Milchsaftes aus den durchschnittenen Ge-fafsen, was er auch auf einer Abbildung sehr sch\u00f6n dargestellt hat. Ref.), was sogar noch stattfand an Feigen, die seit 5 bis 6 Tagen abgenommen waren. Diese Beobachtung wird hier f\u00fcr sehr wichtig erkl\u00e4rt, weil man daraus schliefsen k\u00f6nne, dafs die Ursache der Circulation in einem Theile der Pflanze fortbestehen k\u00f6nne, w\u00e4rend der andere schon in Putrification iibergegangen ist. Ja Hr. Morren sah, dafs man die Circulation durch blofsen Druck wieder herstellen k\u00f6nne, wenn sie in den Gef\u00e4fsen schon aufgeh\u00f6rt habe, woraus dann wohl, wie Ref. glaubt, sehr bestimmt erwiesen wird, dafs die Erscheinung, welche Herr Morren beobachtete, noch keinen Beweis f\u00fcr die Circulation in den unverletzten Gef\u00e4fsen darbietet.\nHerr Morren sah, dafs die Milchsaftsgef\u00e2fse, wenn sie in den Bliithenapparat eindringen, sehr sinu\u00f6s und gewunden werden, dafs Str\u00e4nge derselben durch die Nabelschuur nach dem Eychen verlaufen und sich daselbst in der Eyhiille der testa seminis ver\u00e4steln und verbreiten, so dafs also hiermit die Verbreitung dieser Gef\u00e4fse bis in die Eyh\u00fcllen verfolgt ist.\nIch mufs gestehen, dafs ich mich bis jetzt noch nicht von der Richtigkeit dieser Angabe habe \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, obgleich ich schon an einer grofsen Menge von Eychen die H\u00fclle mit aller Sorg-\nph\u00f6r an the du Fignier, \u2014 Bullet, de VAcad\u00e9mie de Bruxelles IV. Nro. 12.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"79\nfait getrennt und selbst von ihrer ersten Entstehung an beobachtet habe. Ref.\nZu dieser Mittheilung des Hrn. Morren hat Hr. Prof. C. H. Schultz zu Berlin in den Jahrb\u00fcchern f\u00fcr wissenschaftliche Kritik *) eine Recension geschrieben, welche bedeutend umfangreicher ist, als die recensirte Abhandlung, und abermals seine Ansichten \u00fcber Cyclose und Rotationsstr\u00f6mling in den Pflanzen enth\u00e4lt. Herr Morren belegt n\u00e4mlich ganz richtig die Bewegung des Milchsafts mit dem Namen der Circulation, nennt aber die Rotationsstr\u00f6mung in den Zellen die Cyclose, was nat\u00fcrlich nicht angenommen werden kann, da wir einmal schon eine herrschende Benennung f\u00fcr jene Erscheinung besitzen, und da ferner Herr C. H. Schultz das Wort Cyclose als Bezeichnung f\u00fcr die Circulation des Milchsaftes einf\u00fchren wollte; das Alles hat Letzterer an angegebenem Orte wieder auseinander gesetzt und noch die Angabe hinzugef\u00fcgt, dafs er selbst in den H\u00e4\u00e4rchen der Narben junger Feigenfr\u00fcchte die Cyclose gesehen habe.\nVon Hrn. Miquel**) sind eine Reihe von Versuchen angestellt worden um den Einflufs n\u00e4her kennen zu lernen, welchen das Licht auf die Transpiration der Pflanzen aus\u00fcbt. Es wurden 40 Versuche mit abgeschnittenen Aesten und Bl\u00e4ttern angestellt; bei jedem Versuche wurden zwei, so viel wie m\u00f6glich gleichgrofse Aeste oder Bl\u00e4tter, in Anwendung gesetzt, sie erhielten gleichviel Wasser, aber der eine Pflanzentheil ward in ein helles Zimmer gesetzt, welches gegen die direkten Sonnenstrahlen gesch\u00fctzt war, so dafs der Versuch also im Schatten angestellt wurde, w\u00e4rend der andere Pflanzentheil in einem ganz dunklen Schranke befindlich war. Es wurde nun beobachtet, wie viel von dem dargereichten Wasser in gleichen Zeitr\u00e4umen von den angewendeten Pflanzen-Aesten u. s. w. im gew\u00f6hnlichen Schattenlichte, und wie viel davon im Dunkeln eingesaugt wurde. Das Resultat dieser Versuche ist in Form einer grofsen Tabelle aufnotirt und Hr. Miquel\n*) Berlin 1838. Nro. 108.\n**) Quelques experiences pour d\u00e9terminer l'influence de la Lumi\u00e8re sur Vexhalation aqueuse de feuilles et sur la suction pax les tiges des plantes. \u2014 Miquel\\ Mulder et Wenckebach Bulletin de sc. en Nurlande. 1838. pag. 99.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nselbst zieht folgende Schl\u00fcsse daraus: Von den 40 angewendeten verschiedenen Pflanzen saugten 1) 4 Pflanzen im vollkommenen Dunkel mehr Wasser ein, als im Schattenlichte, wenn auch die Differenz nicht so grofs war. 2) Andere 3 Pflanzen saugten im Finstern wie im Schatten ganz gleich viel Wasser ein, aber in den \u00fcbrigen 31 F\u00e4llen saugten die Pflanzen im Schattenlichte immer mehr ein, als im Dunkeln. Als bemerkenswerth hebt es Hr. Miguel noch hervor, dafs die Bl\u00e4tter im Dunkeln meistens sehr lange frisch blieben und er selbst macht darauf aufmerksam, dafs der Feuchtigkeitszustand der Atmosph\u00e4re von grofsem Einfl\u00fcsse auf die Transpiration der Pflanzen sein m\u00fcsse.\nBei dem Allen legt Herr Miguel den Resultaten seiner Versuche vielleicht zu hohen Werth bei, wenigstens m\u00f6chten sie durch meine eigenen, gleichzeitig angesteliten Beobachtungen (Pflanzen-Physiologie. II. pag. 72 etc.) etwas berichtigt werden. Das Resultat meiner Beobachtungen ist: Dafs die Einsaugung des Wassers durch abgeschnittene Aeste und Bl\u00e4tter ganz von der Transpiration abh\u00e4ngig ist, wobei nat\u00fcrlich die Wirkung der Endosmose zuerst abgezogen werden mufs. Die Transpiration der Pflanzen richtet sich aber haupts\u00e4chlich nach dem Feuchtigkeitszustande der Atmosph\u00e4re und nach den Strukturverh\u00e4ltnissen der transpirirenden Fl\u00e4chen. Pflanzen-theile von verschiedener Struktur werden, bei gleicher Atmosph\u00e4re, verschiedene Mengen von Wasser transpiriren, bei gleichen Pfianzentheilen wird indessen die Transpiration unter gleichen Verh\u00e4ltnissen ziemlich ganz gleich sein.\nUeber Farbenbildung, W\u00e4rme- und Lichtentwickelung.\nHerrn v. Berzelius*) verdankt die Pflanzen-Physiologie auch in diesem Jahre eine sehr wichtige Entdeckung; alle die fr\u00fcheren Angaben \u00fcber die Xatur des Blattgr\u00fcns sind ungegr\u00fcndet, denn es ist eine 'eigent\u00fcmliche Substanz, die den Einflufs der S\u00e4uren und Alkalien vertr\u00e4gt, ohne zersetzt zu werden, und durch den Einflufs des Lichtes, des Chlors und\n*) Untersuchung des Blattgr\u00fcns (Chlorophylls). Aus d. Schwedischen \u00fcbersetzt in den Annalen der Pharmacie von W\u00fchler und Liebig. XXVII. pag. 396.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"81\n\u00e0e$ Sauerstoffs zerst\u00f6rt wird. Das Blattgr\u00fcn w\u00e4re also hie-nacli eine Substanz, welche sich \u00e4hnlich verh\u00e4lt wie Indigo. Alkohol ist das beste L\u00f6sungsmittel des Blattgr\u00fcns aus frischen zerquetschten Bl\u00e4ttern, und die L\u00f6sung desselben in Alkohol wird durch Wasser allm\u00e4lich niedergeschlagen; nach dem Trocknen bildet es eine mehr blaue als gr\u00fcne Substanz. Das reine Blattgr\u00fcn wird durch concentrirte Schwefels\u00e4ure mit pr\u00e4chtig gr\u00fcner Farbe aufgel\u00f6st; bei der L\u00f6sung in Salzs\u00e4ure hinterbleibt gew\u00f6hnlich eine geringere Portion ungel\u00f6st, diese ist von blafsgelber Farbe und fettiger Substanz, und wird als Blattgelb (Xanthophyll) angesehen, welches dem Blattgr\u00fcn hartn\u00e4ckig anh\u00e4ngt. Das feuchte Blattgr\u00fcn geht auch Verbindungen mit kaustischen und kohlensauren Alkalien ein.\nDas Blattgr\u00fcn getrockneter Bl\u00e4tter hat nicht mehr die sch\u00f6ne gr\u00fcne Farbe des frischen Blattgr\u00fcns, auch geben getrocknete Bl\u00e4tter eine weit geringere Masse desselben. Herr v. Berzelius h\u00e4lt das getrocknete Blattgr\u00fcn f\u00fcr eine Modification des Blattgr\u00fcns, indem es sich bei seiner L\u00f6sung in Salzs\u00e4ure, woraus es durch Wasser nicht gef\u00e4llt wird, etwas verschieden von dem frischen Blattgr\u00fcn verh\u00e4lt.\nHerr v. Berzelius vermuthet, durch einige Erscheinungen geleitet, dafs das Blattgr\u00fcn durch den Einflufs des Sonnenlichtes in Blattgelb verwandelt werde, und dafs daher* im Herbste die Bl\u00e4tter gelb werden, weil kein neues Blattgr\u00fcn in denselben gebildet wird. Eine Reihe von Beobachtungen schienen ferner zu zeigen, dafs das Blattgr\u00fcn \u00e4hnlich wie Indigo und Lackmus reducirt und durch Oxydation wieder gebildet werden konnte, wras aber noch ferneren Beobachtungen genauer zu bestimmen verblieben ist.\nWir haben es recht sehr zu bedauern, dafs der grofse Chemiker nicht zugleich eine Elementar-Analyse des Blattgr\u00fcns geben konnte, denn die chemische Zusammensetzung dieses Stoffes ist der Pflanzen-Physiologie gegenw\u00e4rtig ganz besonders wichtig, indem die mikroskopischen Beobachtungen gezeigt haben, dafs das udmylum so h\u00e4ufig als Tr\u00e4ger des * Chlorophylls dient, und dafs in anderen F\u00e4llen wiederum mitten in gr\u00fcngef\u00e4rbten schleimigen Massen, oder selbst in gr\u00fcngef\u00e4rbten Zellensaftk\u00fcgelchen, welche eine gummiartige,\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nznm Theil noch unbekannte Beschaffenheit zeigen, ebenfalls jimylum anftritt.\nDie Benutzung des Polygonum iinctorium, welches in mehrfachen Variet\u00e4ten in China kultivirt wird, hat schon seit einiger Zeit die Aufmerksamkeit derLandwirthe Frankreichs in Anspruch genommen, indem diese Pflanze einen vortrefflichen Indigo liefert. Es war schon fr\u00fcher bekannt, dafs der blaue Farbestoff nur m dem Parenchyme der Bl\u00e4tter jener Pflanze vorkommt, und Herr Turpin* **)) stellte neue Beobachtungen an, um \u00fcber das Auftreten dieses Stoffs genauere Nachweisung zu geben. Das Resultat dieser Untersuchungen ist, dafs es die gr\u00fcnen Zellensaftk\u00fcgelchen sind, die zuerst die Bl\u00e4tter gr\u00fcn f\u00e4rben, dann aber durch Verminderung der Vegetationskraft oder durch g\u00e4nzliches Aufh\u00f6ren der Lebensth\u00e4tigkeit eine blaue F\u00e4rbung annehmen, ja mitunter waren die gr\u00f6fseren dieser K\u00fcgelchen schon in den Zellen des frischen Blattes etwas bl\u00e4ulich geworden. Kurz Herr Turpin fand das Auftreten des Indigos in Polygonum iinctorium ganz \u00e4hnlich, wie es sich damit hei andern Indigo-Pflanzen verh\u00e4lt, und nach dem, was wir im Vorhergehenden \u00fcber die Natur des Blattgr\u00fcns kennen gelernt haben, k\u00f6nnen wir gegenw\u00e4rtig wohl den Schlufs ziehen, dafs der Indigo ein eigenthiimlich umge\u00e4ndertes Blattgr\u00fcn ist, wor\u00fcber uns sp\u00e4ter die vergleichenden Analysen dieser beiden\nSubstanzen Aufschlufs geben werden.\nHerr P. W. Kort hals*) hat seine Aufmerksamkeit w\u00e4hrend eines Aufenthalts in Ost-Indien auf die merkw\u00fcrdige Farbenver\u00e4nderung gerichtet, welche die Bl\u00fcthe des Hibiscus mutabilis zeigt. Die rothe Farbe der Bl\u00fcthe zeigte sich auch bei regnigtem Wetter, nur nicht so intensiv. Die Bliithen wurden mit weifsen und mit schwarzen Papiert\u00fcten umgeben, aber auch unter diesen zeigte sich die rothe Farbe. Herr Korthals kam endlich zu dem Schl\u00fcsse, dafs die Ver\u00e4nde-\n*) \u00c9tudes microscopiques sur le gisement de la mati\u00e8re bleue dans les feuilles du Polygonum tinctorium, et sur la grande quantit\u00e9 de cristaux que contient le tissu cellulaire de toutes les parties de cette plante. \u2014 Compt. rendus 1838. IL pag. 806 \u2014 819. \u2014 bn Ausz\u00fcge im L\u2019Institut de 1838. pag. 403.\n**) Note sur la coloration de la fleur de L\u2019Hibiscus mutabilis.\nAnn. des scienc. natur. Part, botan. 1838. I. pag. 63.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"83\nrung der Farbe der Bl\u00fcthen dieser Pflanze mehr von der Energie der Vegetation der Pflanze abh\u00e4nge, als von \u00e4ufsern Ursachen. Die Einwirkung des Sauerstoffgases der Luft scheine m jenen Bl\u00fcthen die Entstehung des rothen Farbestoffes zu veranlassen, wof\u00fcr ein Versuch angef\u00fchrt wird, der aller nichts mehr beweist, als dafs diese Bl\u00fcthen, wie alle anderen, das Sauerstoffgas der umgebenden Luft resorbiren (indem sie Kohlens\u00e4ure daf\u00fcr aushauchen!). Seit der sch\u00f6nen Beobachtung \\on Don Tiamon de la Sagra (S. d. Darstellung desselben in des Ref. Pflanzen-Physiologie 1838 II. pag. 448) wissen wir ganz bestimmt dafs eine gewisse kr\u00e4ftige Vegetation erforderlich ist, um die weifse Farbe dieser Bl\u00fcthen in die rothe umzuwandeln, denn wenn die Temperatur der umgebenden Luft nicht \u00fcber 19 0 Gels, steigt, so geht diese Umwandlung der Farbe nicht vor sich.\nObgleich die Beobachtungen \u00fcber die Entwickelung einer hohen Temperatur, welche in den Bliithenkolben der Aroi-deen stattfindet, schon so \u00fcberaus h\u00e4ufig angestellt sind, so hat dennoch Herr Rasp a il die ganze Erscheinung wieder in Zweifel gestellt ; derselbe sucht die erh\u00f6hte Temperatur des Bliithenkolbens durch die Ausstrahlung der W\u00e4rme von der umgebenden Spatha abzuleiten, w\u00e4rend man in Deutschland schon l\u00e4ngst die Beobachtung gemacht hat, dafs auch abgeschnittene Kolbenst\u00fccke eine h\u00f6here Temperatur entwickeln. Die Hrn. v.Beek und Bergsma*) unternahmen es durch neue und h\u00f6chst sorgf\u00e4ltig angestellte Beobachtungen jene ungegr\u00fcndetenEinwiirfe zu widerlegen, und es ist ihnen nicht nur dieses vollkommen gegl\u00fcckt, sondern sie haben auch beinahe den h\u00f6chsten W\u00e4rmegrad wahrgenommen, welchen man hierbei beobachtet hat. Sie benutzten hierzu eine sehr kr\u00e4ftige Pflanze der Colocasia odora, welche schon im vorangegangenen Sommer 3 Bliithenkolben entwickelt hatte und am 3. Sept. 1838 einen vierten Kolben zur Bl\u00fcthe brachte. Um die Temperatur-Erh\u00f6hung in diesem Bliithenkolben mit gr\u00f6fster Genauigkeit angeben zu k\u00f6nnen, wurden dergleichen thermo-electrische Nadeln in Anwen-\n*) \u00d6bservatmis thermo -\u00e9lectriques sur V\u00e9l\u00e9vation de temp\u00e9rature des fleurs de Colocasia odora. Avec une planche lithographi\u00e9e. Utrecht 1838.\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\ndung gesetzt,\"wie sie sich die Herren Becquerel und Brechet zur Bestimmung der relativen W\u00e4rme des arteriellen und ven\u00f6sen Blutes bedient hatten. Die Nadeln waren mit einem Galvanometer durch Conductoren von Kupferdraht in Verbindung gesetzt und die Pflanze gegen alle directe Sonnenstrahlen geschlitzt.\nDie Beobachtungen am 4. und 5. September wurden von des Morgens fr\u00fch bis sp\u00e4t Abends angestellt, und an beiden Tagen zeigte sich das Maximum der Temperatur des Bl\u00fcthen-\nkolbens zwischen 2 und 3^ Uhr Nachmittags:\nAm 9. Sept. 7 U. M. Temper, d. Luft. Temper, d. Biithenkolbens.\n17,78\u00b0 C.\t21 ,50\u00b0 C.\n12\t-\t-\t20 \\ 840\tC.\t28,47\tC.\n1\t-\t-\t21,11\u00b0\tC.\t32,11\tC.\n3\t-\t-\t21,11\u00b0\tC.\t35,49\tC.\n8i\t-\t-\t20,28\u00b0\tC.\t23,66\tC.\nAm 5. Sept. 3* -N. 20,98\u00b0 C.\t42,98\u00b0 C.\nAm ersten Tage zeigte also der Bl\u00fcthenkclben eine Temperatur, welche diejenige der umgebenden Luft um 14,38\u00b0 C. iibertraf, und am 2. Tage war sie sogar um 22\u00b0 h\u00f6her, als die Temperatur der umgebenden Luft!\nIn der historischen Darstellung dieses Gegenstandes, welche Referent im zweiten Theile der Pflanzen-Physiologie (pag. 186 etc.) gegeben hat, findet man die Extreme der W\u00e4rme angegeben, welche verschiedene Beobachter an den Bl\u00fcthenkol-ben der slroideen wahrgenommen haben; bei Arum cordifo-lium wurde in den Bl\u00fcthenkolben eine W\u00e4rmeentwickelung von mehr als 25\u00b0 R. beobachtet!\nHerr Treviranus, der sich fr\u00fcher von der W\u00e4rmezunahme, welche die Bl\u00fcthenkolben der Aroideen zeigen], nicht \u00fcberzeugen konnte, bestreitet auch noch gegenw\u00e4rtig die W\u00e4rme-Entwickelung in den Pflanzen \u00fcberhaupt. Wenn man die daf\u00fcr sprechenden Thatsachen von der Wirkung des Lebens der Pflanzen ableitet, so, sagt der Verb, komme alles darauf an, was man unter Leben verstehe. Offenbar k\u00f6nnten belebte K\u00f6rper mit unbelebten Verbindungen eingehen, welche unter die Gesetze der Affinit\u00e4t fallen; er gesteht aber selbst ein, dafs man vielleicht aus einem h\u00f6heren Gesichtspunkte richtiger die Erscheinung als Wirkung des Lebens betrachte. Dieselben","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"\u202285\nVer\u00e4nderungen, welche Zucker und Starke im Innern der Pflanzen zeigen, gehen mit ihnen auch aufserhalb der Pflanzen vor, und defshalb w\u00e4ren sie zu betrachten als Verbindungen des Belebten und Unbelebten. Ein solches Raisonnement hat indessen wohl nur scheinbar etwas f\u00fcr sich, denn wir haben es kennen gelernt, dafs der W\u00e4rmeentwickelung in den Pflanzen und derjenigen in den Thieren eine und dieselbe Ursache zum Grunde liegt, und defshalb wird gelehrt, dafs die W\u00e4rme-Entwickelung in den Pflanzen und die W\u00e4rme- Entwickelung in den Thieren gleichbedeutende Erscheinungen sind. Der Chemismus liegt beiden zum Grunde, was aber Herr Treviranus von den Verbindungen des Belebten und Unbelebten spricht, das hat die Chemie noch nicht gelehrt. Man hat eine unendliche Zahl von Beobachtungen \u00fcber die Temperatur im Innern des Holzk\u00f6rpers bekannt gemacht, um durch diese eine selbstst\u00e4ndige W\u00e4rmeentwickelung in den Holzk\u00f6rpern der Pflanzen zu erweisen oder zu widerlegen, aber Referent (Phys. II. pag. 178) hat zu zeigen gesucht, dafs man hiezu keinen schlechteren Pflanzentheil habe w\u00e4hlen k\u00f6nnen, als den Holzk\u00f6rper im Winter; daher denn auch das Resultat scheinbar negativ ausgefallen ist. Man unterdr\u00fccke die Transpiration, durch welche eine so grofse Menge der entwickelten W\u00e4rme unbemerkbar wird, und dann kann man die W\u00e4rmeentwickelung selbst an den zartesten Bl\u00e4ttern der Pflanzen beobachten !\nDie W\u00e4rmeentwickelung an den Bl\u00fcthenkolben von Aroi-deen hat Hr. Trevira nus nun auch seit 1832 beobachtet, und er wird die Ergebnisse dieser Beobachtungen sp\u00e4ter noch im Detail bekannt machen; gegenw\u00e4rtig*) stellt er aber das Resultat auf, das jene W\u00e4rme \u00e4ufseren und nicht inneren Ursprungs ist. Herr Treviranus glaubt, dafs diese Erscheinung bei Aroideen noch zu isolirt steht, als dafs man dar\u00fcber mit Sicherheit sprechen k\u00f6nne; die W\u00e4rmeentwickelung hierselbst w\u00e4re vielleicht mit derjenigen bei der Malzbildung, bei der G \u00e4hr un g und F\u00e4ulnifs in eine Klasse zu stellen. Aber es scheint, dafs auch hier, wieder aus Consequenz f\u00fcr vorgefafste Ansichten, selbst die ausgezeichnetsten Beobachtungen \u00fcber-\n*) Physiologie der Gew. II. pag, 693.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nsehen worden sind, denn es haben die Beobachtungen gelehrt, dafs diese W\u00e4rmeentwickelung ganz im Verh\u00e4ltnisse zu dem Verbrennungsprozesse stellt !\nReferent hat ausf\u00fchrlich zu beweisen gesucht, dafs das Leuchten der Pflanzen, welches nun schon in so \u00fcberaus vielen F\u00e4llen beobachtet ist, aus eben derselben Ursache zu erkl\u00e4ren ist, wie die W\u00e4rmeentwickelung in denselben, dafs n\u00e4mlich auch hier ein Verbrennungsprozefs des Kohlenstoffes in Folge eines sehr gesteigerten Lebensprozesses stattfindet. Hr.Trev iranus*) dagegen erkl\u00e4rt noch immer das Leuchten, welches an sehr verschiedenen Pflanzen und besonders an gelben und orangegelben Blumen beobachtet ist, f\u00fcr optische T\u00e4uschung. Das Auge n\u00e4mlich sei an das Grau, womit die meisten Gegenst\u00e4nde bei eintretender Dunkelheit erscheinen, gew\u00f6hnt, und werde es dann von der Lebhaftigkeit der gelben Farbe getroffen, so bilde es diesen Gegensatz dergestalt in sich aus, dafs das Hellere wie ein Leuchten gegen das Dunklere erscheint. Durch solche Erkl\u00e4rung werden denn also die Beobachtungen vieler, selbst sehr ausgezeichneter M\u00e4nner beseitigt! Doch man lese nur die n\u00e4heren Umst\u00e4nde, welche bei der Entdeckung jener Erscheinung durch Linne\u2019s ber\u00fchmte Tochter zur Sprache kamen, und man wird sehr bald das Irrige jener Erkl\u00e4rung einsehen. Das Leuchten der Rhizomorphen wird nun wohl Niemand mehr in Zweifel zu stellen suchen, aber von dem merkw\u00fcrdigen Phosphoresciren des Milchsaftes einiger Gew\u00e4chse, welches so grofse Beachtung verdient, sagt Herr Treviranus ganz kurz, dafs diese Beobachtungen noch zu unvollst\u00e4ndig w\u00e4ren, um entschieden daf\u00fcr gelten zu k\u00f6nnen. Das ist freilich eine leichte Manier, die Beobachtungen und Ansichten anderer Naturforscher grundlos zu verd\u00e4chtigen.\nUeber Absonderung verschiedener Stoffe.\nDurch Hrn. S chomburgk**) haben wir mehrere interessante Nachrichten \u00fcber die giftige Wirkung des Manschinell-baumes erhalten. Es ist, wie bekannt', eine milchende Pflanze,\n*) Physiologie der Gew\u00e4chse II. pag. 68 \u2014 71.\n\u00a5\u00a5) Ueber die giftige Wirkung des Manschinellbaumes. Linnaea, 1838. pag. 248.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"87\nund die unreifen Fr\u00fcchte scheinen am sch\u00e4rfsten zu wirken. Der Saft erregt heftiges Brennen, Blasen und Geschwulst, wenn er auf die menschliche Haut gebracht wird, ja selbst der Regen und der Than, welcher von den Bl\u00e4ttern dieses Baumes herabtr\u00e4ufelt, zeigt jene sch\u00e4dliche Wirkung, was durch Beispiele erwiesen wird. Aber dennoch soll dieser Milchsaft nicht auf jeden Menschen gleich wirksam seyn; so konnte Herr Sch. den fliefsenden Milchsaft in die Haut einreiben, ohne eine sch\u00e4dliche Wirkung desselben wahrzunehmen; das Essen einer halben Frucht dieses Baumes brachte jedoch sehr heftige Wirkungen hervor. Ueberall wo sich die Manschinell-b\u00e4ume einmal ausgebi eitet haben, da soll der Boden kahl und graslos sein, so dafs es scheint, als wenn auch die Ausd\u00fcnstung des Baumes sch\u00e4dlich sei, was denn auch in der rlhat sehr wahrscheinlich erscheint.\nHerr Morren*) hat die Beobachtung gemacht, dafs sich die Dr\u00fcsenk\u00f6pfchen auf den Haaren der Atropa fruteseens zuweilen mit einer grofsen Menge nadelf\u00f6rmiger Krystalle bedecken, aber mit Unrecht glaubt er, dafs man bisher die Krystalle immer nur innerhalb der Zellen beobachtet habe.\nUeber das Vorkommen des Tabaschirs hat Referent*) ausf\u00fchrlicher gehandelt und die Beobachtungen von Turner und Brewster \u00fcber eben denselben Gegenstand zusammen gestellt. Das.Tahaschir besteht gr\u00f6fstentheils aus einem Kieselerdehydrat, doch bald ist es mehr, bald weniger Kali haltig, ja in manchen F\u00e4llen enth\u00e4lt es etwas Kalk. Auch Herr Ma-caire***) hat neuerlichst Gelegenheit gehabt, Tabaschir zu untersuchen und fand es als ein fast reines Kieselerdehydrat, das vielleicht mit einer Spur von Kali vermischt war. Herr Mac ai re hat die specifische Schwere dieser Substanz beobachtet; dieselbe betr\u00e4gt, wenn die Luft mit Wasser ausgetrieben ist = 1,920 und nach dem Rothgliihen = 2,080.\nSchon fr\u00fcher gab Referent die Beschreibung \u00fcber den Bau und das Auftreten der Perldr\u00fcsen, welche von ihm auf\n*) Sur l\u2019existence des raphides ou cristaux de matteres inorganiques en dehors des v\u00e9g\u00e9taux \u2014 Bullet, de l\u2019Acad, de Bruxelles V. No. 4.\n**) Physiologie IL p. 511\u2014571.\n***) Bill, universelle Juin 1838 pag. 405","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nBegonien, Cecropien und einigen andern Gew\u00e4chsen' aufgefunden worden waren (S. Pflanzen-Physiologie II. pag. 476), doch das Auffinden dieser Dr\u00fcsen auf dem Weinstocke f\u00fchrte zu nochmaliger Beobachtung dieses Gegenstandes mit den neueren Mikroskopen. Das Auftreten dieser K\u00f6rper auf dem Wein-stocke ist durchaus nicht allgemein, h\u00e4ufiger kommen sie noch an k\u00fcnstlich getriebenen St\u00f6cken zum Vorschein; sie sitzen meistens auf der unteren Blattfl\u00e4che und auf der Oberfl\u00e4che des Stengels junger Triebe, und hinterlassen auf letztem nach dem Vertrocknen nicht nur schwarze Flecke, wodurch der Stengel oft sehr stark punktirt erscheint, sondern es tritt jedesmal, wo ein solches Dr\u00fcschen safs, eine kleine warzenf\u00f6rmige Erh\u00f6hung hervor, welche anfangs der Dr\u00fcse als Unterlage diente, sich aber auch noch nach dem Vertrocknen jener oft sehr bedeutend vergr\u00f6fsert, so dafs die Oberfl\u00e4che der jungen Stengel zuweilen ganz warzig erscheint. Im Allgemeinen haben die Perldr\u00fcsen am Weinstocke ganz dieselbe Struktur wie die bei den Begonien, sie sind aber noch durch eine kleinmaschige Zellenschicht, gleichsam durch eine Epidermis, welche ich mitunter sogar mit den Hautdr\u00fcsen und ihren Spalt\u00f6ffnungen sah, \u00fcberzogen. In den grofsen wasserhellen Zellen, welche das Innere dieser Perldr\u00fcsen bilden, sieht man stets die grofsen Tr\u00f6pfchen einer \u00f6lartigen Substanz, und au-fserdem noch eine Spur von einem Zellenkern und mitunter auch noch feine Saftstr\u00f6me u. s. w.\nUeber die Absonderung der Wurzelspitzen ist eine Inaugural-Dissertation von Herrn E. Walser*) unter dem Dekanat des Herrn Mohl erschienen, welche aber dem Referenten unbekannt geblieben ist. Herr Treviranus (Physiol, d. Gew\u00e4chse II. 119) handelt \u00fcber diesen Gegenstand sehr umsichtig, und stellt mit allem Rechte die Versuche von Ma-caire in Zweifel, worauf man leider schon wieder neue Hypothesen gebaut hat.\nUeber Irritabilit\u00e4t lind Sensibilit\u00e4t der Gew\u00e4chse.\nHerr Miquel**) hat eine Reihe von Beobachtungen an-\n*) Untersuchung \u00fcber die Wurzel-Ausscheidung. T\u00fcbing. 1838. 8.\n**) Proeven over de priklcelbaarheid der bladen van Mimosa pu-dica. \u2014 Tijdschrift voor nat. Geschied. en Physiol. V. pag. 35\u201460.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"89\ngestellt um die Wirkung der Gifte, besonders der narkotischen auf die Reizbarkeit der Bl\u00e4tter an der Sinnpflanze zu erforschen, und er selbst hat einen vollst\u00e4ndigen Auszug dieser Arbeit im ersten Hefte dieser Zeitschrift einriicken lassen. Die Resultate dieser Beobachtungen bek\u00e4mpfen die sinnreiche Theorie, welche Herr Dassen \u00fcber die Ursache der Bewegung der reizbaren Bl\u00e4tter gegeben hat, eine Theorie, welche auch Ref. *), doch auf einem anderen Wege beseitigt zu haben glaubt. Sehr gut bemerkt Herr Miquel, dafs die bekannten Experimente, welche Dutrochet an den Gelenkanschwellungen der Sinnpflanze ausf\u00fchrte, nur zum Scheine f\u00fcr die von Letzterem gegebene Theorie dieser Bewegungen sprechen, und Ref. hat an angef\u00fchrtem Orte sogar gezeigt, dafs diese Dut roche t\u2019sehen Experimente keineswegs so richtig sind, als man es ziemlich allgemein annimmt, denn er wiederholte dieselben an kr\u00e4ftigen Pflanzen und \u00fcberzeugte sich und andere Naturforscher, dafs dergleichen Bl\u00e4tter, welchen man oben oder unten die Gelenkanschwellung abgeschnitten hatte, sich sp\u00e4ter wieder nach wie vor bewegten. Hiedurch wird denn jedes Raisonnement f\u00fcr die Hypothesen von Dutrochet und Dassen unn\u00f6thig, denn die Thatsachen, worauf sie gegr\u00fcndet wurden, sind nur dem Scheine nach richtig.\nHerr Miquel wiederholte das Link\u2019sehe Experiment, wodurch eigentlich schon seit Jahren die Dutrochet\u2019sche Hypothese beseitigt wurde; er machte einen Cirkelschnitt in die obere Seite des Gelenkes eines Blattes der Sinnpflanze; das Blatt senkte sich und die Bl\u00e4ttchen schlossen sich obgleich die obere Zellenschicht durchschnitten war, durch welche die Senkung nach jenen Hypothesen ausgef\u00fchrt wird. Nach 10 Minuten erhob sich wieder das Blatt zu einem rechten Winkel mit dem Stengel, kam also nicht h\u00f6her, was doch nach jenen Hypothesen stattfinden soll. H\u00e4tte Herr Miquel diese und \u00e4hnliche Experimente noch h\u00e4ufiger angestellt, so w\u00fcrde er ebenfalls gefunden haben, dafs die hierauf bez\u00fcglichen Du-tro chet\u2019schen Angaben nicht richtig, oder wie sich der Verfasser selbst ausdr\u00fcckt, nur zum Scheine richtig sind.\nHerr Miquel durchschnitt die Gelenkanschwellung mit\n*) Pflanzen-Physiologie 111. pag. 538.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\neiner Lanzette der L\u00e4nge nach, aber in horizontaler Richtung, so dafs die Communication zwischen dam oberen und dem unteren Theile des Gelenkes aufh\u00f6rte; das Blatt senkte sich, verlor seine Reizbarkeit und die Bl\u00e4ttchen blieben beweglich. Nachdem nun Herr Miquel gezeigt hat, dafs die Bewegungen der reizbaren Bl\u00e4tter nicht durch die Expansion des Zellen-gewqbes zu erkl\u00e4ren ist, stellt er die Meinung auf, dafs der Begriff der Contractilit\u00e4t weit besser zu den Eigenschaften des Pflanzengewebes pafst, und dafs diese in den Gelenkzellen der Mimosen nur in einem erh\u00f6heten und modificirten Maafse vorhanden ist. Aus den Experimenten mit den Giften ergab sich, dafs diese Contractilit\u00e4t durch narkotische Stoffe ausgel\u00f6scht wird, das Leben dabei jedoch noch fortbestehen kann, und sp\u00e4ter kehrt auch die Reizbarkeit wieder zur\u00fcck. Andere Gifte zerst\u00f6ren Contractilit\u00e4t und das Leben der Pflanze.\nMit Unrecht k\u00e4mpft dagegen Herr Miquel gegen die Annahme, dafs der Holzk\u00f6rper es ist, welcher die Reize bei der Sinnpflanze fortleitet. Sowohl Herr Dut rochet als Herr Dassen haben Beobachtungen angestellt, welche daf\u00fcr sprechen; Letzterer brannte das blofsgelegte und ausgeprefste Holz eines Stengels der Sinnpflanze und sah hierauf, wie es auch schon lange vorher beobachtet war, die Zusammenziehung der Bl\u00e4ttchen erfolgen. Herr Miquel glaubt diese Erscheinung dadurch erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, dafs er annimmt, es sei diese Contraction nur in Folge der durch den Holzk\u00f6rper geleiteten W\u00e4rme verursacht. Die im Holze enthaltene Feuchtigkeit werde durch die W\u00e4rme nach Oben getrieben, was den Reiz auf die Bl\u00e4tter aus\u00fcbt. Ref. ist dagegen \u00fcberzeugt, dafs es Herrn Miquel nur an der geh\u00f6rigen Menge kr\u00e4ftiger Sinnpflanzen gefehlt habe, um sich selbst durch eigene Versuche der Art von dem Ungrunde seiner Ansicht zu \u00fcberzeugen; denn er selbst hat \u00e4hnliche Beobachtungen in grofser Anzahl angestellt und dieselben ausf\u00fchrlich in dem dritten Theile seiner Pflanzen-Physiologie beschrieben. Diese Versuche so wie mehrere andere, noch entscheidendere beweisen auf das Bestimmteste , dafs der Holzk\u00f6rper es ist, der die Reize in dei Sinnpflanze weiter fortleitet. Brennt man an einer kr\u00e4ftigen Pflanze w\u00e4hrend der heifsen Sommertage die letzten Fiederbl\u00e4ttchen, so pflanzt sich der Reiz sehr bald \u00fcber das ganze Blatt","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"91\nhinaus, und dieses senkt den Blattstiel ganz ebenso, als wenn man das letzte \u00dflattpaar abgeschnitten h\u00e4tte; hat man aber zugleich die Spitze des Blattstieles mit angebrannt, so pflanzt sich der Reiz sehr bald weiter fort, und nachdem das vorlezte Blatt herabgesunken und die Fiederbl\u00e4ttchen sich s\u00e4mmtlich zusammengelegt haben, zeigt sich die Contraction auch au den zun\u00e4chst stehenden Bl\u00e4ttern des Stammes, ln den meisten F\u00e4llen beobachtete Ref., dafs sich die Contractionen zuerst an denjenigen Bl\u00e4ttchen zeigten, welche unterhalb des vorletzten Blattes standen, und wenn sich diese der Reihenfolge nach gesenkt hatten, dann bewegten sich auch alle die Bl\u00e4tter, welche \u00fcber dem verletzten standen, und dann endlich erstreckte sich die Fortpflanzung der Reize auf die Bl\u00e4tter der Aeste, welche sich ebenfalls der Reihe nach senkten und ihre Fiederbl\u00e4ttchen zusammenlegten. Die Zeit, in welcher die Contraction s\u00e4mmtlicher Bl\u00e4tter in Folge solcher Reize erfolgt, ist nach dem Grade der Reizbarkeit der Pflanze ganz verschieden, aber selbst im gl\u00fccklichsten Falle vergehen bei grofsen Pflanzen 4 bis 5 Minuten; ist aber die umgebende Temperatur nicht hoch genug, so vergeht fast eine ganze Viertelstunde. Dieser contrahirte Zustand in Folge des Brennens der Bl\u00e4ttchen dauert verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr lange, denn die Bl\u00e4ttchen \u00f6ffnen sich erst nach 4, 6 und selbst erst nach 8 Stunden, woraus man schon auf den heftigen Grad der Einwirkung schliefsen kann, welche diese Reizung veranlafst hat.\nKann man solche Erscheinungen wohl durch Herrn Mi-quel\u2019s Ansicht erkl\u00e4ren? Ref\u00ab glaubt, dafs dieses nicht der Fall ist.\nHerr Morren*) hat eine sehr ausf\u00fchrliche Arbeit \u00fcber die Reizbarkeit des S\u00e4ulchen\u2019s von Stylidium gramitiifolium gegeben. In derselben wird der Gegenstand zuerst historisch beleuchtet, wobei dann der Reizbarkeit gedacht wird, welche den Staubf\u00e4den, der Blumenkrone, dem Stigma u. s. w. vieler anderen Pflanzen zukommt, die aber s\u00e4mmtlich noch immer nicht in anatomischer Hinsicht genau untersucht w\u00e4ren.\n*) Recherches sur le mouvement et l\u2019anatomie de Stylidium gra-minifolium. \u2014 M\u00e9m. lu a l\u2019Academ. royale des sciences de Bruxelles le 2 Dec. 1837. Bruxelles 1838. 4.","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nAn clem S\u00e4ulchen von Stylidiiim graminifolium ist nach Herrn Morren\u2019s Beobachtungen jeder Theil beweglich, aufser ganz tief an der Basis; die Bewegung besteht in einem Geraderichten desselben, welches in seiner gew\u00f6hnlichen Stellung zur\u00fcckgebogen ist; im Knospenzustande zeigt sich jene Reizbarkeit noch nicht. Die Bewegung erfolgt nur nach Einwirkung \u00e4ufserer Reize, doch an sehr heifsen Tagen, besonders zur Mittagszeit sah Hr. Morren \u00f6fters, dafs sich das S\u00e4ulchen aus freien St\u00fccken aufrichtete und auch immer wieder zu seiner vorigen Stellung zur\u00fcckkehrte *). Wenn das S\u00e4ulchen in seine urspr\u00fcngliche Lage zur\u00fcckgekehrt ist, so mufs man 12 bis 15 Minuten warten, bis es sich wieder aufrichtet. Wenn sich die Stellung des S\u00e4ulchens aus freien St\u00fccken ver\u00e4ndert, so geschieht die Bewegung sehr regelm\u00e4-fsig und etwa in einer halben Minute ist die Bewegung ausgef\u00fchrt, w\u00e4rend sie in Folge \u00e4ufserer Reize augenblicklichst erfolgt. Zwischen diesen aufsteigenden und absteigenden Bewegungen des S\u00e4ulchens unterscheidet Hr. Morren die cata-leptischen Bewegungen, welche das S\u00e4ulchen nicht perpendi-cul\u00e4r sondern schief stellen, bald nach rechts, bald nach links u. s. w., doch diese Bewegungen sind das mechanische Resul tat, hervorgerufen n\u00e4mlich durch die Stellung der \u00fcbrigen Organe.\nDas S\u00e4ulchen an Sfylidium ist nicht ganz oylindrisch sondern etwas abgeplattet; es zeigt in der Mitte Zellgewebe, ferner zwei Gef\u00e4fsb\u00fcndel, welche auf den abgeplatteten Seiten liegen, und eine Epidermis **). Auf der hintern Fl\u00e4che (d. i.\n*) Diese Beobachtung ist von hohem Interesse, denn sie zeigt, -wie ich es ebenfalls bei der Mimosa pudica beobachtet habe (S. Pflanzen-Physiologie III. pag. 525), dals Bewegungen einzelner Pflan-zentheile, welche gew\u00f6hnlich nur in Folge \u00e4ufserer Reize eintreten, dafs diese, bei sehr kr\u00e4ftig vegetirenden Pflanzen, auch scheinbar aus freien St\u00fccken erfolgen k\u00f6nnen. Bei der Mimosa pudica war die hohe W\u00e4rme der \u00e4ufsere Reiz!\nHerr Morren nennt hier diesen Theil: derme und will denselben von der wirklichen Epidermis unterscheiden, worunter er die Cuticula versteht, welche aber nicht durch Henslow und Brongniart entdeckt ist, sondern schon von Ludwig beschrieben und mit demselben Namen belegt wurde. Indessen neue Benennungen sind nur einzuf\u00fchren, wo die alten nichts taugen, was aber hier nicht der Fall ist.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"93\ndie convexe Seite des gekr\u00fcmmten Saulchens!) besteht die Dermis aus einem abgeplatteten Zellengewebe. Ganz an der Basis sieht man ein pinenchymatoeses Gewebe, welches durchsichtig und ohne K\u00fcgelchenbildung ist. Etwas h\u00f6her hinauf werden die Zellen der Dermis etwas breiter und k\u00fcrzer und bilden ein regulaires Ovenchyme, worin die Zellen eif\u00f6rmig und elliptisch sind. An der beweglichen Kr\u00fcmmung \u00e4ndert sich abermals das Zellengewebe der Dermis und wird zu Merenchyme; h\u00f6her hinauf werden die Zellen l\u00e4nger und stellen das Frismenchyme dar. In dieser angeblichen Struktur der Epidermis sieht Hr. Morren ein Mittel, durch welches die Bewegung der S\u00e4ule erleichtert wird. Auf der vordem Fl\u00e4che der S\u00e4ule seien die Zellen sehr klein und eine jede dieser eif\u00f6rmigen Zellen zeige in ihrer Mitte eine kleine konische Erh\u00f6hung, wodurch dieses Gewebe eine Modification des Conenchymes werde, d. i. Zellengewebe, dessen Zellen kegelf\u00f6rmig sind. Die beiden Gef\u00e4fsbiindel in der S\u00e4ule bestehen aus Fleurenchym, welches nach Aufsen gestellt ist und aus Sp irai gef \u00e4fsen, welche das Innere einnehmen, die Zellgewebemasse aber, welche diese Gef\u00e4fsbiindel einschliefst, bildet das Cylindrenehyme.\nDie vielen neuen Benennungen der Elementarorgane, welche im Vorhergehenden angef\u00fchrt sind, werden den geneigten Leser etwas befremden; Herrr Morren selbst sagt in Hinsicht dieser in einer Anmerkung, dafs er alle diese Benennungen auf die Form der Zellen gr\u00fcnde, und hiernach habe er 25 Klassen von Zellgewebe aufgestellt, deren n\u00e4here Characte-ristik er n\u00e4chstens in einer speciellen Arbeit geben wird.\nEndlich hat Herr Morren noch an dem Bogen (\u00e0 Tare) der Kr\u00fcmmung der S\u00e4ule eine Zellenmasse beobachtet, welche sehr reich mit Amylum - K\u00fcgelchen gef\u00fcllt ist; diese Zellenmasse nimmt die obere Partie der beweglichen Kr\u00fcmmung ein, und da er es an keiner andern Stelle wiederfand, so glaubt derselbe den Schlufs ziehen zu d\u00fcrfen, dals die Starke bei den Pflanzen die Ursache einer freien Bewegung sein k\u00f6nne. Die beiden Gef\u00e4fsbiindel darf man nicht als die Organe ansehen, welche die Kr\u00fcmmung des S\u00e4ul-chen\u2019s bewirken, sie liegen an den beiden abgeplatteten R\u00e4ndern, und nachdem Herr Morren dieselben durchschnitten","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nhatte, ging die Kr\u00fcmmung ebenfalls vor sich. Es wurden mehrere S\u00e4ulchen abgerissen und auch diese zeigten ihre Bewegungen, und zwar fast ebenso schnell wie sonst. Die Epidermis des S\u00e4ulchen\u2019s konnte ebenfalls rund herum durchschnitten werden und die Kr\u00fcmmung fand dennoch statt, kurz es zeigte sich, dafs in dem innern Cylindrenchym das Organ der Bewegung liege, worin die St\u00e4rke befindlich ist, und dafs diese Bewegungen in Wasser, in der Luft, in Alkohol und in Iod- Tinktur ausgefiihrt werden.\nDie Reizbarkeit der S\u00e4ule wurde durch Herrn Morren nicht nur an Stylidium graminifolium, sondern auch an St. Corymbosum und adnatum beobachtet.\nHerr Bory de Saint - Vincent *) macht darauf aufmerksam, dafs die Marsilea, welche gegenw\u00e4rtig unter dem Namen der Marsilea Fabrii in Frankreich bekannt ist (die aber offenbar einer neuen Gattung zugeh\u00f6rt), die n\u00e4chtliche Stellung der Bl\u00e4tter zeigt, welche man mit dem Namen des Schlafes der Pflanzen belegt. Bei der gew\u00f6hnlichen Marsilea ist dieses ebenfalls zu sehen. Ref.\nZur Anatomie der Gew\u00e4chse.\nHerr Morren **) hat in einer andern Abhandlung \u00fcber das Gefrieren der Pflanzen organe die neue Glassification der Elementarorgane gegeben, von welcher schon vorher die Rede war, er theilt dieselben ein in:\nI. Zellengewebe oder Parenchyme, welches folgende verschiedene Arten aufzuweisen habe:\n1)\tMerenchyme, ein Zellgewebe mit sph\u00e4rischen Zellen.\n2)\tConenchyme, ein Zellgewebe dessen Zellen konisch sind, wie z. B. die W\u00e4rzchen auf den Zellen der Epidermis und selbst die kleinen Haare vieler Pflanzen.\n3)\tOvenchyme, Zellengewebe mit eif\u00f6rmigen Zellen.\n4)\tAtractenchyme, Zellengewebe mit spindelf\u00f6rmigen Zellen.\n5)\tCylindrenchyme, Zellengewebe mit cylindrischen Zellen.\n*) Comptes rendus de 1838 IL pap-. 1*2.\n\u00a5\u00a5) Bullet, de \u00efAcademie Royale de Bruxelles V. Nr. 3.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"6)\tColpenchyme, Zellengewebe mit gekr\u00fcmmten sinu\u00f6-sen Zellen. (Die geschl\u00e4ngelten Epidermis - Zellen werden hiezu gez\u00e4hlt. Ref.)\n7)\tCladenchyme, Zellengewebe mit ver\u00e4stelten Zellen. (Die unregelm\u00e4fsigen Zellen im lockern Diachym der Bl\u00e4tter werden hiezu gez\u00e4hlt. Re/.)\n8)\tPrismenchyme, Zellengewebe mit prismatischen Zellen.\nII.\tSt\u00e4rkeartiges Gewebe (tissu feculo\u00efde) oder P\u00e9renchyme\n(von Tte\u00e7a\u00e7, terme). Wenn Ref. recht versteht, so wird hiemit wirklich die St\u00e4rke bezeichnet, welche bekanntlich im Innern anderer Elementar\u00f6rgane auftritt.\nIII.\tFaserzeiliges Gewebe oder Inenchyme. Iliemit werden die Spiralfaser-Zellen der andern Autoren bezeichnet.\nIV.\tGef\u00e4fsartiges Gewebe. Angienchyme\u2666 Hiezu geh\u00f6ren folgende Arten:\n1)\tPleurenchyme, es wird durch die Saftfasern gebildet.\n2)\tTrachenchyme, Gewebe, welches von Spiralgef\u00e4fsen gebildet wird.\n3)\tTrachenchyme modifi\u00e9, aus modificirten Spiralgef\u00e4fsen gebildet.\n4)\tCinenchyme. Wird von den Milchsaftgef\u00e4fsen dargestellt.\nV.\tEinige andere Organe, als:\n1)\tDie Spalt\u00f6ffnungen (die stomates).\n2)\tDie Biforines des Herrn Turpin.\n3)\tDie Raphides und die Organe welche sie enthalten.\n4)\tDie L\u00fccken (Des lacunes).\nDieses ist die neue Einteilung der Elementarorgane der Pflanzen nach Herrn Morren, und bei der anatomischen Beschreibung der Pflanzen bedient sich derselbe dieser neuen Benennungen. Referent ist zwar nicht der Meinung, dafs unsere gegenw\u00e4rtige Einteilung der Elementarorgane der Pflanzen unverbesserlich ist? wohl aber scheint es sehr bestimmt, dafs diese neue Classification keine Verbesserung ist. Allen Classificationen mufs ein durchgreifendes Princip zum Grunde liegen, was wir aber bei dieser neuen g\u00e4nzlich vermissen; es ist ferner die Bedeutung des Wortes %vpa ganz \u00fcbersehen worden, welches man unm\u00f6glich zur Aufstellung von Begriffen, wie Cinenchyme, Conenchyme, Per enchyme u. s. w.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\ngebrauchen kann, ja ganz abgesehen davon, dafs die alten Benennungen Parenchym, Prosenchym, Pleurenchym und Merenchym nach ganz andern Grunds\u00e4tzen aufgestellt sind. Alte Namen mufs man immer ehren, und am wenigsten darf man sich derselben bedienen, wenn man ihnen andere Begriffe unterschieben will. F\u00fcr Merenchyme soll Sphaerenchyme viel gr\u00fcndlicher sein, indessen Ref. bildete das Wort Merenchyme aus p\u00e9\u00e7o\u00e7 u. s. w. und wollte damit andeuten, dafs sich die Theile, welche das %vpa bilden, nur theilweise ber\u00fchren, und das geschieht nur bei sph\u00e4rischen Zellen. (Hayne sprach von Per enchym und nicht von Merenchym/). Dagegen bedient sich Hr. Morren des Hayne\u2019sehen Wortes Per-enchym f\u00fcr sein tissu ficuloide u. s. w. \u2014 Das Zellengewebe, dessen Zellen Spiralfasern enthalten, nennt Hr. Morren Inenchyme, obgleich die Anatomie gelehrt hat, dafs alle verschiedene Arten von Zellen bald mit, bald ohne deutliche Spiralfasern im Innern auftreten k\u00f6nnen, und dafs sie dennoch dabei immer bleiben was sie sind.\nDer Graf Kaspar Sternberg*) hat die Fortsetzung seiner Flora der Vorwelt publiciren lassen; die Bestimmung, Beschreibung, Systematik und Anordnung der darin enthaltenen Pflanzen war Herrn Presl \u00fcbertragen, und die anatomischen und organographischen Beobachtungen sind mit H\u00fclfe des Herrn Corda ausgef\u00fchrt, der dazu eine grofse Menge ausgezeichnet sch\u00f6ner Abbildungen gegeben hat. Als Anhang zu diesem geognostisch - botanischen Werke finden wir eine 70 Folioseiten starke Arbeit des Herrn Corda, welche den Titel; Skizzen zur vergleichenden Phytotomie vor-und jetztweltlicher Pflanzenst\u00e4mme f\u00fchrt. In dem ersten Abschnitte der Skizzen kommt Herr Corda zu folgenden Schl\u00fcssen: \u201eDie Elementarorgane vorweltlicher Pflanzen sind gleich denen der gegenw\u00e4rtigen Pflanzenwelt gewachsen,\nwas sich im Kleinen wie im Grofsen nachweisen l\u00e4fst, woran\n*\naber auch wohl Niemand gezweifelt hat.\nAn den cylindrischen St\u00e4mmen der Jetztwelt ist die Terminal-Richtung des Wachsthumes \u00fcberwiegend th\u00e4tig, aber\n*) Versuch einer geognostisch-botanischen Darstellung der Flora der Vorwelt. 7tes und 8tes Heft mit 45 Kupfertafeln. Prag 1838. Fol.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"97\nauch die Vorwelt zeige solche cylindrische Stamme, wie Equi-s e\u00fbtes, Calamites und viele Cycaditen. Den Knollstamm der gegenw\u00e4rtigen Cycadeen findet man auch bei urweltlicheti. Nachdem wir die Histologie vorweltlicher Pflanzen, sagt Herr Corda, und die Comparativ-Anatomie ihrer einzelnen Systeme skizzirt haben, k\u00f6nnen wir leicht zu der Betrachtung und Vergleichung einzelner Formen-Gruppen vor- und jetztweltlicher St\u00e4mme \u00fcbergehen. Hierauf folgt dann der zweite Abschnitt unter dem Titel: Comparative phytotomische Skizzen.\nDer Holzk\u00f6rper aller holzbildenden Pflanzen, heifst es daselbst, erscheint in drei Hauptformen, welche durch unz\u00e4hlbare Ab\u00e4nderungen vielfach mit einander verbunden sind. Die Formen sind:\n1)\tDer isolirte Gef\u00e4fsb\u00fcndel, den wir in der Achse der Lycopodien vereinzelt, in den St\u00e4mmen der monocotyledona-ren Pflanzen gesellig, in den Rhizomen der krautartigen Far-ren und den Stengeln der Vicotyledonen kreisf\u00f6rmig geordnet erblicken.\n2)\tDer bandf\u00f6rmige Gef\u00e4fs- (besser Holz-) B\u00fcndel, welcher in den St\u00e4mmen der baumartigen Farm erscheint, und\n3)\tDer ringbildende Holzk\u00f6rper, dessen einfache Ringe uns in Bambusa, Arundo, jungen Cycadeen und in den einj\u00e4hrigen Aesten aller unserer B\u00e4ume, so wie auch in den Stengeln vieler ausdauernder oder einj\u00e4hriger Kr\u00e4uter sichtbar sind.\nDer einfache und zentrale Holzb\u00fcndel der Lycopodien ist nach Herrn Corda gleichsam aus mehreren verschmolzen, und diese Verschmelzung ist nur eine seitliche, mithin unvollkommene, indem man in denselben keine eigentliche Achse findet, um welche die einzelnen Gef\u00e4fse u. s. w. geordnet sind/ Ueberall sucht Hr. Corda die grofse Aehnlichkeit nachzuweisen, welche zwischen der Anordnung der Holzb\u00fcndel bei Di-cotyledonen und den Farm herrscht, das Haupts\u00e4chlichste aber, wodurch sich die Struktur des Holzk\u00f6rpers in diesen beiden Pflanzengruppen unterscheidet, das wird ganz \u00fcbersehen.\nSehr speciell verbreiten sich diese comparativen phyto-tomischen Betrachtungen \u00fcber die Farrnst\u00e4mme, und dieselben sind denn auch allen Geognosten, welche sich mit diesem\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nGegenst\u00e4nde besch\u00e4ftigen, sehr zu empfehlen; die auffallend abweichenden Formen von Farrnst\u00e4mmen, welche lief, an verschiedenen Orten beschrieben und in den Schriften der Tey-1 er\u2019sehen Gesellschaft zu Harlem (Bd. XXII. 1836) abgebildet hat, welche ganz besonders zu ber\u00fccksichtigen sein m\u00f6chten, sind von Herrn Corda \u00fcbergangen, und gerade darunter befinden sich einige, welche man schwerlich f\u00fcr Farrnst\u00e4mme halten w\u00fcrde, wenn sie versteinert gefunden w\u00e4ren.\nIn dem Anh\u00e4nge zu Sternberg\u2019s Flora der Vorwelt hat Herr Corda auch einen Nachtrag gegeben (pag. XLVII \u2014LXXl.), worin er sehr ausf\u00fchrlich gegen lirn. Ad. Br on gniart\u2019s Ansicht handelt, nach welcher die Lepidodendron-Arten zu den Lycopodiaceen zu bringen w\u00e4ren, was derselbe schon im 13ten und 14ten Hefte seiner Hist, des F \u00e9g\u00e9i. fossiles ausgesprochen hat. Herr Corda hat dagegen die Lepidodendra und Lycopodiolithen mit den Crassulaceen und vorz\u00fcglich mit Sempervivum verglichen, auf dessen merkw\u00fcrdige Rindenformation schon durch Lukis *) aufmerksam gemacht wurde. Am Schl\u00fcsse dieser sehr ausf\u00fchrlichen und sehr ruhig gef\u00fchrten Widerlegung der Brongniart\u2019scheu Ansicht sagt Herr Corda: \u201eWir versuchten den Bau der Lepidodendra zu erkl\u00e4ren, wie auch die Bedeutung der Le-pidostrobi zu er\u00f6rtern, und fanden, dafs erstere im Habitus ' und \u00e4ufseren organographischen, so wie inneren anatomischhistologischen Baue den Crassulaceen der Jetztwelt weit mehr als andern Familien verwandt sind, und sich innerhalb und \u00e4ufserlieh strenge von den Lycopodiacben sondern. Ferner haben wir die Lepidostrobi gesichtet und ihren analogen Bau mit den m\u00e4nnlichen Bl\u00fcthen der Coniferen nachgewiesen, fr\u00fcher auch schon gezeigt, dafs es f\u00fcr kritische Naturforscher unerwiesen ist, dafs die Lepidostrobi die Fr\u00fcchte der als Lepidodendra bezeichneten vorweltlichen B\u00e4ume sind, und ; durch die Nachweisung des dicotylen Baues der Lepidodendra, und durch die hier gegebene Deutung der Lepidostrobi dargethan, dafs in der Schwarzkohlen-Formation aufser den Cycadeen und Coniferen auch noch andere dicotyle Pflanzenreste Vorkommen.\u201d\n*) S. unsern lten Jahresbericht (Berlin 1835) pag. 173","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"99\nSchon vor dem Erscheinen dieser Arbeit des Hrn. Corda hat Hr. Ad. Brongniart *) den fraglichen Gegenstand von Neuem untersucht und seine Ansicht, dafs die Lepidodendra zu den Lycopodiaceen geh\u00f6ren, auf eine sehr scharfsinnige Weise darzuthun gesucht; er hat diese Verwandtschaft nicht nur durch Vergleichung der \u00e4ufseren Formen erkannt, sondern die innere Struktur dieser fossilen St\u00e4mme spreche ebenfalls daf\u00fcr. Hier werden also Thats\u00e4chen gegen Thatsachen aufgef\u00fchrt, denn Herr Corda f\u00fchrt ebenfalls die Struktur der Lepidodendra-St\u00e4mme als Beweis an, dafs dieselben zu den Crassulaceen geh\u00f6ren. Herr Brongniart hat seine Angaben noch nicht durch -Abbildungen erwiesen, welche wir aber hoffentlich bald erhalten werden, und die Abbildungen, welche Herr Corda in Sternberg\u2019s Flora zur Erweisung seiner Ansicht gegeben hat, n\u00e4mlich auf Tab. LXVI. Fig. 10 \u201414., sind wohl keineswegs von der Art, dafs dadurch die von ihm und Andern ausgesprochene Ansicht erwiesen w\u00fcrde.\nHerr Brongniart zeigt, dafs nur in sehr seltenen F\u00e4llen wahre Dichotomie entsteht, ja die dichotomische Form des Stammes der Phanerogamen sei nur ein zuf\u00e4lliger Charakter, indem dieselbe durch zuf\u00e4llige Entwickelung der Seiten\u00e4ste entsteht; es giebt aber eine Pflanzengruppe, bei der die dichotomische Verzweigung des Stammes das Normale ist, und dazu geh\u00f6ren, sagt Hr. Br., die Farm, die Lycopodien und auch die Marsiliaceen, indem hier die Bildung von Seiten\u00e4sten nicht stattfindet. Die Ver\u00e4stelung ist hier nur eine terminale Bifurcation, wobei allerdings oftmals der eine Ast zur\u00fcckbleibt, so dafs dadurch in der Folge ein scheinbarer Seitenast entsteht. Hieraus folgt aber auch schon, dafs selbst die Fructification nicht achselst\u00e4ndig sein kann, sondern auf dem Blatte befestigt sein mufs, eine Angabe, welche auch schon durch Hrn. Mold\u2019s Untersuchung bei der Deutung des Sporangium's der Lycopodienerwiesen wurde. Da nun die Lepidodendra alle diese Charaetere zeigen (denn den Le-pidostrobus hat Hr. Br. an den Enden der Zweige wahrer\n\u00a5y Recherches sur les Lepidodendron et sur les affinit\u00e9s de ces arbres fossiles, pr\u00e9c\u00e9d\u00e9es d\u2019un examen des principaux caract\u00e8res des Lycopadmc\u00e9es. (Extrait.)\u25a0 Compt. rendu 1838 IL pag. 872\u2014 879.\n\u201e**) S. den vorigen Jahresbericht pag. 144.\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nLepidodendra befestigt gefunden und sie defshalb f\u00fcr die Fr\u00fcchte dieser Gew\u00e4chse erkl\u00e4rt), so liegt der Schlufs sehr nahe, dafs sie zu den Lycopodiaceen zu stellen sind. Herr Br. hat ein Bruchst\u00fcck jenes schon von Witham abgebildeten Lepidodendroji-Astes untersucht und gefunden, dafs derselbe eine analoge Struktur mit den Lycopodiaceen zeigt, nur in Hinsicht der Gr\u00f6fse sind sie sehr verschieden.\nHr. Link hat einige Bemerkungen \u00fcber die Wurzeln der Pflanzen*) publicirt, welche Nachtr\u00e4ge zu Hrn. Ohlert\u2019s (S. den vorj\u00e4hrigen Bericht.) Abhandlung \u00fcber eben denselben Gegenstand enthalten; auch Hr. Link beobachtete es, dafs die Wurzelzasern nicht an der eigentlichen Spitze wachsen, sondern etwas \u00fcber der Spitze, wozu genauere Beschreibung des Vorganges gegeben wird. Dafs die Spiralr\u00f6hren in den Wurzelzasern die haupts\u00e4chlichsten Organe sind, durch welche die aufgenommene Fl\u00fcssigkeit mit Schnelligkeit davongef\u00fchrt wird, das wird von Neuem mit den treffendsten Gr\u00fcnden erwiesen. Schliefslich spricht es Herr Link mit Bestimmtheit aus, dafs die Blattknospen, auch wenn sie aus der Wurzel kommen, immer aus dem Marke derselben entspringen, und dafs da, wo die Wurzel kein Mark hat, auch keine Blattknospe entsteht. Die Wurzelzasern dagegen entstehen immer aus dem Holzk\u00f6rper und niemals aus dem Marke der Wurzeln.\nAn einem andern Orte**) hat Hr. Link eine sehr geistreiche Abhandlung: Ueber das Anwachsen von Theilen in den Pflanzen gegeben. Es geh\u00f6rt, sagt der Verfasser daselbst, zu den Hauptkennzeichen der Pflanzen, dafs sich ihre Theile nach und nach entwickeln, dafs die fr\u00fchem den sp\u00e4ter nachkommenden nicht ganz weichen, sondern wenigstens in Spuren Zur\u00fcckbleiben, so dafs die Pflanze ihre Geschichte in ihrer Gestalt tr\u00e4gt. Doch die Pflanze besteht auch aus thierischen Theilen, welche auf den rein vegetabilischen wachsen. Der Stamm und die Wurzel sind rein vegetabilisch; sie wachsen durch Ansetzen neuer Grundtheile an den Enden,\n*) Linnaea von 1838 pag. 260 \u2014 264.\n\u00a5\u00a5) s. Schriften der K\u00f6nigl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin von dem Jahre 1836. Berlin 1838.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"101\ndie blattartigen Tlieile hingegen und somit auch Bliithe und Frucht sind thierischer Natur, sie wachsen durch Entwickelung nach allen Seiten; von jenen ist in der Jugend nur der Anfang vorhanden, von diesen nur der \u00fcmrifs. Die Pflanze\u00bb sagt Herr Link sehr scharfsinnig, eilt mit Bliithe und Frucht dein thierischen Leben zu, die Bliithe trennt sich und lebt als Polyp ein besonderes Leben.\nAuch Herr Link spricht f\u00fcr die Annahme, dafs alle Ge-fafse der Pflanzen aus Zellen entstehen, aber, sagt derselbe, man w\u00fcrde sich indessen sehr irren, wenn man glauben wollte, dafs die Zellen an bestimmten Orten in Gefafse \u00fcbergehen und so die mannichfaltigen Theile bilden, welche nach und nach sich entwickeln, denn die neuen Theile, die Gef\u00e4fsb\u00fcndel, entstehen zwischen den alten Theilen, zwischen den Zellen des Zellgewebes, woraus der ganze Theil in seiner fr\u00fchen Jugend bestand. Nicht nur ein Anwachsen neuer Gefafse in dem erweiterten und ausgedehnten Zellgewebe wird zur Gestaltung der Theile gefordert, sondern es ist auch eine Sonderung des innern Gewebes hiebei n\u00f6thig, ganz besonders bei denjenigen Theilen, welche die thierischen genannt wurden. Zur Erl\u00e4uterung des Gesagten bezieht sich Herr Link auf verschiedene seiner anatomisch-botanischen Abbildungen, von welchen im vergangenen Jahre das dritte Heft*) erschienen und hiemit das ganze geschlossen ist. Dieses letzte Heft enth\u00e4lt Darstellungen zur Anatomie der Bliithe und der Frecht-theile, welche sich durch die Gr\u00f6fse ihres Umfanges, wie durch saubere Ausf\u00fchrung und durch die Wahl der mitgetheil-ten Gegenst\u00e4nde eben so auszeichnen wie die fr\u00fcheren in den beiden erstem Heften. Besonders zu beachten sind die Darstellungen \u00fcber den Verlauf der Gef\u00e4fsb\u00fcndel in der Corolla einiger Syngenesisten auf Tab.XVllI., als der Cineraria nivea und Leontodon Taraxacum. Ferner enthalten die folgenden Tafeln eine Reihe von Darstellungen \u00fcber die Form und Struktur des Griffelkanales bei verschiedenen Gew\u00e4chsen, \u00fcber die Bildung der Pollenschl\u00e4uche und deren Verlauf im Griffel-\n\u00a5) Ic\u00f4nes anatomico-botanicae ad illustranda elementa philosophic^ botanicae Henr. Frid. Linkii. Fasciculus III. c tab. lithograph VIII. fol. Berol. 1838.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nkanal. Tab. XXL Fig. 1. giebt Herr Link eine Darstellnng der Sammelhaare auf der \u00e4ufsern Flache des Griffels von Campanula Medium vor der Befruchtung; es sind lange und grofse ungegliederte Haare, deren Basis tief in die Substanz des Griffels eindringt nach unten aber geschlossen ist. Die muk\u00f6sen R\u00f6hren im Innern des Styluskanales zur Zeit der Befruchtung sind ebenfalls vortrefflich dargestellt; es sind fr\u00fcher gew\u00f6hnlich langgestreckte Parenchymzellen, welche sich dann durch Schleimabsonderung von einander trennen und dadurch den Durchgang der Pollenschl\u00e4uche so wie deren Ern\u00e4hrung m\u00f6glich machen.\nVon Herrn v. Tristan ist der Akademie zu Paris ein sehr umfangreiches Manuscript, betitelt: Harmonie des organes v\u00e9g\u00e9taux \u00e9tudi\u00e9s principalement dans l ensemble d'une m\u00eame plante eingereicht worden, wor\u00fcber die Herren vvJus stell, Richard und v. Mirbel einen Bericht*) erstattet haben. Da aber zu hoffen ist, dafs diese Arbeit im Druck erscheinen wird, und Ref. auch in verschiedenen, hier zur Sprache gekommenen S\u00e4tzen mit dem Urtheile der Herrn Berichterstatter gerade nicht ganz \u00fcbereinstimmt, so wollen wir den Bericht dar\u00fcber lieber noch zur\u00fcckhalten.\nHerr D ecaisne **) hat der Akademie zu Paris einige Beobachtungen mitgetheilt, nach welchen die Wurzeln mehrerer Hicotyledonen keine Spur von Bastfibern zeigen, was auch sogar bei dem Stengel der Fall sein kann, wie es Phytolacca beweise. Bei den Aristolochien und den Menispermeen ist der Bast auf einfache Fasern reducirt, ja bei Cocculus lauri-folius u. s. w. finde e\u00ef sich nicht im Umfange des Stengels,, sondern nahe dem Centrum und zwischen der ersten und zweiten Holzschicht, u. s. w.\nHerr Miquel ***) erhielt eine bl\u00fchende Tillandsia, welche auf den abgestorbenen Aesten von Achras Sapota befestigt war, von Parmnaibo \u00fcberschickt; er untersuchte die Art jener Befestigung, best\u00e4tigte das Factum, ffafs die Tillandsien zu\n\u00a5) S. Compte rendu de 1838. I. pag. 133.\n\u00a5\u00a5) Note sur la structure des racines chez certains v\u00e9g\u00e9taux Dicotyl\u00e9dones. \u2014 Compt. rend, de 1838. I. pag. 335.\n***) Sur le parasitisme du Tillandsia alvaefolia Hook \u2014 Bulletin des scienc, phys. et nat. en Ne\u00e9rlande, 1838, pag. 86.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"103\nden falschen Parasiten geh\u00f6ren, und giebt Abbildungen der genannten Pflanze um ihre Befestigung zu zeigen.\nAn eben demselben Orte hat Herr M iquel *) seine Beobachtungen \u00fcber die Markr\u00f6hre und deren Querw\u00e4nde an dem Stamme der Cecropia palmata bekannt gemacht; er hatte die seltene Gelegenheit einen abgestorbenen Stamm jener Pflanze zu untersuchen und fand die Markr\u00f6hre desselben hohl aber mit harten Querw\u00e4nden versehen, welche aus einem weifsen, harten, brefchliehep und sehr dichten Zellengewebe gebildet wurden. Diese Querw\u00e4nde waren nicht \u00fcberall in gleichen Entfernungen gestellt; an dem untern Ende des Stammes waren die Entfernungen zwischen den Querw\u00e4nden im Marke bedeutend l\u00e4nger, als am obern Ende, woraus Herr Miquel auf die Schnelligkeit zur\u00fcckschliefst, mit welcher dieser Baum in seinen verschiedenen Lehensperioden wuchs.\nHerr Miquel fand bei der Cecropia, dafs \u00fcberall,, wo im Innern des Stammes eine Markscheidewand vorkommt, dafs da auf der \u00e4ufsern Fl\u00e4che der Rinde die Narben der Knospenschuppen zu sehen sind. Dieser Gegenstand wurde schon im vorigen Jahrhundert durch Medicus beobachtet und sehr ausf\u00fchrlich beschrieben, und auch Referent (Pflanzen-Physiolo'gie. 111. pagl 14\u201421.) hat hier\u00fcber verschiedene neue Beobachtungen\npublicirt.\nHerr Miquel fand das Mark der Cecropia aus zwei weifsen Schichten gebildet, die trocken, hart und br\u00fcchig und nur wenig mit einander verbunden waren. In dem obern Theile des Stammes waren die' Cylinder des Markes, woraus die ganze Markmasse jener Pflanze zusammengesetzt ist, leicht von einander zu trennen. Die H\u00f6hlen dieser Markglieder waren mit einer trockenen, zeitigen, braunen und sehr d\u00fcnnen Masse ausgekleidet, welche sehr altes Mark zu sein schien.\nHerr Schleiden**) hat auf der festen Oberhaut der Saamen vieler Canna-Arten Hautdr\u00fcsen mit Spalt\u00f6ffnungen beobachtet und meint, dafs diese Saamen vielleicht gar nicht\nfl\n\u00a5) Observations sur le canal m\u00e9dullaire et les diaphragmes du tronc de Cecropia palmata L. suivie de considerations g\u00e9n\u00e9rales sur les diaphragmes m\u00e9dullaires. I. c. pag. 29 \u2014 31.\n\u00bb0 Botanische Notizen. \u2014 Wiegmaiin\u2019s Archiv 1838. pag.49\u20146(>","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nkeimen w\u00fcrden, wenn sie nicht mit diesen Organen versehen w\u00e4ren um dem Durchg\u00e4nge der Feuchtigkeit zu dienen. Ref. hat diese Organe auch auf der \u00e4ufsern Haut der Saamen von Liliaceen beobachtet, welche bekanntlich nicht so schwer keimen !\nAn einer andern Stelle spricht Herr Schleiden gegen die Benennung: Hautdr\u00fcsen, womit verschiedene Botaniker die Spalt\u00f6ffnungen in der Epidermis der Pflanzen belegt haben und meint, dafs hiezu gar kein Grund vorhanden sei. Indessen die Botaniker, welche die Benennung: Hautdr\u00fcsen f\u00fcr die Spalt\u00f6ffnungen beibehalten haben, m\u00f6chten dennoch nicht so grundlos gehandelt haben, denn sie haben diese Benennung nur als eine alte herk\u00f6mmliche beibehalten, und man kann den jungen'Naturforschern nicht genug den Rath ertheilen, alte Namen zu ehren, selbst wenn sie bei einer strengen Pr\u00fcfung den Gesetzen der Logik oder der Grammatik unterliegen. Herr Schleiden nennt diese Organe mit vielen andern Botanikern Spalt\u00f6ffnungen, weil die Oeffnung nach aufsen hiebei das einzig Wesentliche sei, und ihn treffen alle die Angaben, welche man schon zu verschiedenen Zeiten gemacht hat um zu zeigen, dafs diese Benennung noch unvollst\u00e4ndiger ist, als die andere, gegen welche Herr Schleiden spricht. Die Spalt\u00f6ffnung, d. i. die spaltartige Oeffnung, welche in der Epidermis der Phanerogamen auftritt, wird durch eigenthiim-licli gestaltete Zellen gebildet, und diese Bildung hat man Hautdr\u00fcsen genannt, welche zwischen ihren Zellen die Spalt\u00f6ffnung zeigen; der. Apparat und die durch die Struktur des Apparates gebildete Oeffnung m\u00fcssen offenbar besondere Benennungen erhalten. (Ref.)\nHerr Schleiden sucht ferner zu zeigen, dafs die Angaben vieler Botaniker, nach welchen man die Hautdr\u00fcsen in gewissen F\u00e4llen als wirkliche absondernde Dr\u00fcsen habe fun-giren sehen, eben so unlogisch w\u00e4ren als jene Benennung derselben. Vergebens hat Herr Schleiden nach Thatsachen geforscht, wodurch man auch nur wahrscheinlich machen k\u00f6nnte, dafs die Secretion der Stoffe, welche zuweilen auf den Spalt\u00f6ffnungen abgelagert sind, mehr von den Ausd\u00fcnstungen der Dr\u00fcsenzellen, als von denen der anderen Parenchym-Zellen herr\u00fchren. Da dieses nun aber mehreren anderen Beob-","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"105\nachtern gelungen ist, sowohl sich als auch Andere davon zu \u00fcberzeugen, dafs bei vielen Pflanzen eine wirkliche Secretion oder Excretion der Hautdr\u00fcsen- Zellen stattfinden mufs, so brauchen wir Herrn Sch lei den\u2019s negative Beobachtung noch nicht als erweisend anzusehen. Die Anh\u00e4ufung des Harzes in den Gruben der Epidermis, welche zu den Hautdr\u00fcsen der Gonifereil-Bl\u00e4tter f\u00fchren, erkl\u00e4rt Herr Schleiden dadurch, dafs das fl\u00fcchtige Terpentin\u00f6l aus den Harzg\u00e4ngen des Blattes in Dunstform austritt, den Intercellularg\u00e4ngen folgend in die Athemh\u00f6hlen gelangt, und sich von hier vermittelst der Spalt\u00f6ffnungen verfl\u00fcchtigt, wobei es eine gewisse Quantit\u00e4t Harz absetzt. Obgleich diese Erkl\u00e4rung dem Urheber derselben sehr nat\u00fcrlich erscheint, so ist sie doch sicherlich nicht richtig, indem man bei jenen Goniferen-Bl\u00e4ttern durchaus gar keine Ablagerung eines \u00e4hnlichen Harzes in den Athemh\u00f6hlen findet, welche unmittelbar unter den Hautdr\u00fcsen gelagert sind, und da ferner \u00e4hnliche Ablagerungen von Excreten auch auf den Bl\u00e4ttern der Aloe- Gew\u00e4chse ganz gew\u00f6hnlich zu beobachten sind, wo doch von dem fl\u00fcchtigen Stoffe, welcher hier h\u00e4tte durchdringen k\u00f6nnen, eigentlich nichts vorhanden ist u. s. w. Mehrere Beispiele der Art, welche f\u00fcr die Absonderung der Hautdr\u00fcsen auf verschiedenen Pflanzen sprechen, haben die Hrn. Link, Unger und Ref. (Pflanzen-Physiologie I. pag.284.) aufgef\u00fchrt.\nEbendaselbst giebt Herr Schleiden seine Beobachtungen \u00fcber die Bildung der Hautdr\u00fcsen mit ihren Spalt\u00f6ffnungen; um die Zeit n\u00e4mlich, wenn die \u00e4ufsere Zellenschicht, welche k\u00fcnftig die Epidermis bildet, s\u00f6hon aufgeh\u00f6rt hat neue Zellen in ihrem Innern zu bilden, dann zerfallen einzelne Zellen noch einmal in zwei Zellen, und diese sind es dann, welche nach Resorbtion der Mutterzelle die Spalt\u00f6ffnung bilden.\nSp\u00e4ter hat Herr Mo hl*) eine specielle Beschreibung \u00fcber die Bildung der Hautdr\u00fcsen mit ihren Spalt\u00f6ffnungen gegeben; er w\u00e4hlte die Bl\u00e4tter der Hyacinthe zu diesen Beobachtungen, in deren unterem Ende zwischen den gew\u00f6hnlichen Epidermis-Zellen noch kleinere viereckige Zellen Vorkommen,\n*) Ueber die Entwickelung der Spalt\u00f6ffnungen. Mit einer Tafel \u2014 Linnaea v. 1838. Heft V. pag. 544\u2014548.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nderen Querdurchmesser etwas gr\u00f6fser als der L\u00e4ngendurch-messer ist und diese Zellen sind es, welche sich zu den Hautdr\u00fcsen umgestalten. Man trifft in diesen Zellen, wenn sie etwas weiter ausgebildet sind, den k\u00f6rnigen Inhalt zu einer kugligen Masse zusammengeballt, und zugleich bildet sich in der Mitte der Zelle eine L\u00e4ngsscheidewand. Nun, sagt Herr Molil, beginnt diese Scheidewand doppelt zu werden, und die beiden Bl\u00e4tter treten in der Mitte auseinander, wodurch die Spalt\u00f6ffnung gegeben ist. Die Entstehung der Spalt\u00f6ffnungen auf dem Laube der Alarchantien beobachtete Herr Molil in derselben Art, wie sie von Herrn v. Mir bei f\u00fcr die Spalt\u00f6ffnungen auf den Bliithenstieleu jener Pflanzen ange geben ist; n\u00e4mlich 3 bis 5 Zellen von keilf\u00f6rmiger Gestalt treten allm\u00e4hlig aus ihrer gegenseitigen Verbindung und bilden die Oeffnung zwischen sich.\nReferents Beobachtungen \u00fcber diesen Gegenstand stimmen mit den obigen Angaben nicht vollkommen \u00fcberein; die Angabe des Herrn Schleiden ist hypothetisch, denn man kann nur die Bildung von L\u00e4ngenscheidew\u00e4nden in denjenigen Epidermis-Zellen beobachten, welche zu Hautdr\u00fcsen werden, aber diese ist durch Selbsttheilung der Zelle zu- erkl\u00e4ren, und nicht durch Bildung von Zellen in einer Mutterzelle, welche sp\u00e4ter resorbirt wird. Herr Mohl glaubt, es bilde sich zuerst nur eine L\u00e4ngsscheidewand, welche dann erst beginnt doppelt zu werden, doch mir erschien es \u00f6fters sehr deutlich, dafs sicli gleich anfangs durch Einfaltung und fernere Ausdehnung dieser feinen Falte zwei Scheidew\u00e4nde bilden, die dann in der Mitte auseinandertreten und die Spalte bilden. In anderen F\u00e4llen, z. B. bei der Selbsttheilung der Muttersporen von Pellia epiphylla ist dieser Vorgang sehr deutlich zu sehen.\nHerr Hoffmann*) hat die Entdeckung gemacht, dafs Villarsia nymphaeoides \u00e4hnliche Luftr\u00f6hrenhaare zeigt, wie die Nymphaeen. In Gesellschaft des Herrn Griesebach untersuchte er Limnanthemum Forbesianum Griseb., TVigh-tianiun und lacunosum und auch bei diesen Pflanzen fanden sich \u00e4hnliche Haare, deren Form durch mehrere Abbildungen\n*) Beobachtung der Luftr\u00f6hrenhaare bei Limnanthemum Gm. und Villarsia Kent, von Dr. Grisebach und Dr. Hoffmann \u2014 Linnaea von 1838.","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"107\ndargestellt ist. Diese Organe unterscheiden sich jedoch von jenen der Nymph cteen noch dadurch, dafs sie nicht get\u00fcpfelt (Herr v. Schlechtendahl, der so gern auf die Druckfehler in andern Schriften aufmerksam macht, hat gedoppelt statt get\u00fcpfelt drucken lassen!) sind; Reff hat aber schon fr\u00fcher dergleichen F\u00e4lle beobachtet, wo auch bei den Nymphaeen einzelne dieser Haare vorkamen. (S. Physolog. I. p. 312)1; Endlich fanden die genannten Herren auch bei Villarsia ovata und V. Crista galli \u00e4hnliche Haare, welche jedoch gegliedert waren. Die Abbildung, Welche hiezu gegeben ist, l\u00e4fst bedeutende Zweifel zur\u00fcck, ob diese gegliederten Haare wirklich zwischen den Zellen der Lufth\u00f6hlen-Scheidewand befestigt gewesen sind, oder ob sie einen andern Ursprung haben, was jedoch bei Untersuchung frischer Exemplare bald zu entscheiden seyn w\u00fcrde; ja es scheint mir sehr; bestimmt, dafs hier eine T\u00e4uschung stattgefunden hat.\nVon Hrn. C. H. Schultz*) haben wir, (wie es mehrere Zeitschriften sagen) eine sehr wuchtige Arbeit erhalten; derselbe hat die Entdeckung gemacht, dafs die Dr\u00fcsen auf der inneren Fl\u00e4che der Nepenthes-Schl\u00e4uche nicht etwa blofs aus Zellengew'ebe bestehen, sondern dafs ein B\u00fcndel von Lebenssaft-Gef\u00e4fsen in jede dieser Dr\u00fcsen hineingeht, sich in dem Innern derselben vertheilt und den n\u00f6thigen Stoff zur Secretion des Wassers hergiebt. Herr Schultz hat auch gefunden (eine ganz neue Entdeckung?), dafs eine jede dieser Dr\u00fcsen mit einem kleinen Dache versehen ist, so dafs das Wasser, welches iii den h\u00f6her gelegenen Dr\u00fcsen *ibgesondert wird, dar\u00fcber abfliefsen kann, ohne die untern Dr\u00fcsen zu befeuchten.\nMan sieht aus diesen Angaben, von welcher hohen Wichtigkeit die Lebenssaftgef\u00e4fse sind; hier sondern sie Wasser ab, bei den sensitiven Gew\u00e4chsen sind sie die Organe der Irritabilit\u00e4t und in andern F\u00e4llen haben sie noch wichtigere Funktionen auszuf\u00fchren! (Ref.)\nHerr Sch. hat- auch die Schl\u00e4uche der Sarracenien beobachtet, (wo bekanntlich eine \u00e4hnliche Wasserabsonderung stattfm-\n*) Observations sur le glandes, qui s\u00e9cr\u00e8tent de Veau dans les, utricules appendiculaires de feuilles du Nepenthes destillatoria. Extr, d\u2019un Lettre. Compt. rend. d. 1838. II. pag. 621.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\n/\ndet, obgleich daselbst keine Dr\u00fcsen Vorkommen, sondern lange Haare, welche die Function jener Dr\u00fcsen ersetzen sollen) und dr\u00fcckt mit Recht seine Verwunderung aus, dafs auch hier eine solche Wasserabsonderung stattfinden kann, obgleich daselbst kei\u00efie Dr\u00fcsen mit Lebenssaftgef\u00e4fsen Vorkommen.\nRef. hat \u00fcber diesen Gegenstand etwas fr\u00fcher und ausf\u00fchrlicher*) gehandelt und Hrn. S chuitz\u2019s Angaben scheinen nur gegen diese Mittheilungen gerichtet zu seyn. Ref. beobachtete die Entwickelung jener Dr\u00fcsen auf den Nepenthes-Schl\u00e4uchen und beschrieb die Entstehung der dachartigen Bekleidung derselben, was auch durch Abbildungen nachgewiesen wurde; er zeigte ferner, dafs es sehr unwahrscheinlich ist, dafs jene Dr\u00fcsen das Wasser absondern sollen, und gab eine andere Ansicht \u00fcber den Ursprung jenes Wassers in den Nepenthes - Schl\u00e4uchen. Nach seinen Beobachtungen bestehen jene linsenf\u00f6rmig zusammengedr\u00fcckten Dr\u00fcsen aus einem kleinmaschigen Zellengewebe, welches im ausgebildeten Zustande der Dr\u00fcse von br\u00e4unlicher Farbe ist. In den jungen, noch unge\u00f6ffneten Schl\u00e4uchen sind diese kleinen Dr\u00fcsen von gr\u00fcner Farbe und die Zellchen derselben sind noch sehr saftig, aber gerade w\u00e4hrend dieser Zeit findet in den Schl\u00e4uchen noch keine Wasserabsonderung statt. Da Herr Schultz^ wie im Vorhergehenden angegeben wurde, mit aller Bestimmtheit von einer ganz andern Structur spricht, welche den Dr\u00fcsen jener Schl\u00e4uche zukommt, so habe ich den Gegenstand von Neuem und mit etwas besseren Instrumenten untersucht, habe aber nur best\u00e4tigt gefunden, dafs Herr Schultz sehr unrichtig beobachtet hat. Ich habe auf den gelungensten Schnitten ganz vollst\u00e4ndig die Anzahl der Zellenschichten z\u00e4hlen k\u00f6nnen, woraus die ganze Dr\u00fcse besteht. Die \u00e4ufserste Zellenschicht zeigt etwas gr\u00f6fsere Zellen als die darunter liegenden ; am kleinsten sind die der sechsten und siebenten Zellenlage, welche gew\u00f6hnlich die unterste Lage dieser Dr\u00fcsen bilden und sich durch eine, etwas gelbliche F\u00e4rbung von den darunter liegenden Zellen sehr deutlich unterscheiden. Erst 1 bis 2, oder selbst 3 Zellenschichten tiefer, kommt man auf die Spiralr\u00f6hren, welche unter der Basis der Dr\u00fcsen kvor-\n*) Pflanzen-Physiologie II. 1838 pag. 513 und \u00fcber die Secre-tionsorgane etc. 1836, pag. 16 Tab. V. etc.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"109\n\u00fcberlaufen, aber nicht zu denselben verlaufen. Von sogenannten Lebenssaftgefafsen, welche in die Dr\u00fcsen eintreten sollen, kann ich, selbst mit dem besten Willen, auch keine Spur auffinden. Diejenigen Dr\u00fcsen, welche ganz tief in dem Grunde des Schlauches Vorkommen, sind ganz besonders grofs und in Hinsicht ihrer Structur noch leichter zu untersuchen. Ich habe den Gegenstand bei kleinen und bei sehr grofsen Schl\u00e4uchen oftmals beobachtet.\nSo ist auch die Hypothese, welche Herr Schultz \u00fcber den Nutzen der dachartigen Bedeckung der Dr\u00fcsen aufgestellt hat, sicherlich sehr irrig und zeigt von der Fl\u00fcchtigkeit, mit welcher derselbe einige Schl\u00e4uche untersucht hat, blofs um Gelegenheit aufzufinden, des Ref. Beobachtungen zu verd\u00e4chtigen. Es zeigt sich, dafs diejenigen Dr\u00fcsen in den Nepenthes -Schl\u00e4uchen, welche gerade auf der Fl\u00e4che des Grundes sitzen, wo, unter nat\u00fcrlichen Verh\u00e4ltnissen fast immer Wasser vorkommt, dafs diese Dr\u00fcsen meistens ganz und gar ohne solche Bedeckung von Seiten der Epidermis dastehen; ja wozu soll eine solche Schutzwehr sein, wenn gerade der gr\u00f6fste Theil dieser Dr\u00fcsen unter nat\u00fcrlichen Verh\u00e4ltnissen immer ganz und gar unter dem Wasser befindlich ist.\nHerr de Vriese*) hat in der von ihm und Herrn van der Hoeven herausgegebenen reichhaltigen Zeitschrift eine Mittheilung von Turpin\u2019s Memoiren \u00fcber die sogenannten Biforinen gegeben, wor\u00fcber Ref. schon im vorletzten Jahresberichte seine Meinung ausgesprochen hat. Herr de Vriese hat die Beobachtungen ebenfalls wiederholt, hat ebenfalls das Aufspringen der Krystalle f\u00fchrenden Zellen gesehen und findet darin ebenfalls nichts Wunderbares; er hat keinen darmkanalartigen Schlauch gesehen, durch dessen Contraction die Krystalle herausgetrieben werden sollten, und bemerkt \u00fcberhaupt, dafs diese Gegenst\u00e4nde keinesweges so regelm\u00e4fsig geformt u. s. w. auftreten, als sie durch H. Turpin abgebildet worden sind. In einer Nachschrift vermuthet der Verf. ob die Biforinen vielleicht nicht zu allen Jahreszeiten Vorkommen, worauf Ref. folgende Bemerkungen hinzuf\u00fcgt:\n\u00a5) De Bijorines van Turpin, eene nieuwe ontdekh'ng- in de Kry-stallographie van het plantenrijk. \u2014 Tijdschrift voor NaturL Ge-schied, en Physiol. IV. 384 \u2014 405.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nDie Krystalle- f\u00fchrenden Zellen in den Bl\u00e4ttern einiger jiroIdeen, welche Herr Turpin mit einem besonderen Namen belegen zu m\u00fcssen glaubte, indem die gleichbedeutenden Zellen in andern Theilen dieser Pflanzen durch Einsaugung von Wasser nicht aufspringen, diese Zellen kommen allerdings zu allen Jahreszeiten vor, sie sind aber nicht in jedem Alter zum Aufspringen an den Enden geschickt, am besten eignen sie sich hiezu gleich nach vollendeter Ausbildung des Blattes.\nHerr M orren*) beobachtete, dafs das Austreten der Nadeln auf jenen Zellen auch nach dem Gefrieren derselben stattfinde. Es wird also, wie Ref. es schon fr\u00fcher gezeigt hat, wohl Niemand hierin eine Lebenserscheinung suchen wollen.\nHerr Treviranus**) hat das Herausfahren der Nadeln am Blatfcparenchym voBulbine fvutescens wahrgenommen und der Grund dieses Ph\u00e4nomens schien lediglich in dem mechanischen Eindringen des Wassers in die mit Crystallen und Luft gef\u00fcllten Zellen zu liegen; wobei die Luft absorbirt und die Nadeln ausgetrieben wurden. Dem Ref. scheint diese Angabe nicht recht richtig und er w\u00fcnscht, dafs sich auch andere Beobachter davon \u00fcberzeugen m\u00f6gen. In den sogenannnten Bifo-rines findet sich keine Luft, sondern Gummi!\nDurch sehr geistreiche Combinationen ist es Herrn R\u00fcper, Professor in Rostock,***) gelungen, zu beweisen, dafs die Spiralfaserzellen (Herr R\u00f6per nennt dieselben Faserzellen, mit welchem Namen schon 8 Jahre fr\u00fcher die Bastfasern bezeichnet worden sind) in den Bl\u00e4ttern der von ihm beobachteten Sphagnum-Individuen mit grofsen Oeffnungen versehen sind; ja er machte die merkw\u00fcrdige Entdeckung, dafs selbst R\u00e4derthierchen in solche mit grofsen Oeffnungen versehene Zellen hinein und wieder herauskriechen konnten. Mit dem Hintertheile steckte ein solches Thier noch einen Augenblick in seiner vorigen Wohnung, w\u00e4hrend der Vorderleib, wie es Herr R\u00f6per sah, schon von einer andern Zelle Besitz genommen hatte. Herr R\u00f6per wollte mit seinen Beobachtungen nur die Natur der Poren ausgewachsener Zellen ermitteln, hat\nBullet. de V Acad. de Bruxelles II. No. 3. p. 15.\n\u00a5\u00a5) Physiologie der Gew\u00e4chse Ih p. 739.\n\u00a5\u00a5f) Die Sphagnum -Zellen* und ihre Poren. \u2014- Flora von 1838 II. p. 17-23.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Ill\naber'mir gesehen, dafs diese Poren grofse L\u00f6cher waren; leider kam er mit denselben eigentlich etwas zu sp\u00e4t, denn als er seine Beobachtungen publicirte, hatte schon Referent (gegen welchen dieselben gerichtet waren) selbst die Entstehung jener L\u00f6cher beobachtet und die Erkl\u00e4rung publicirt, wodurch der Streit \u00fcber den fraglichen Gegenstand entstanden war. Hier bei Berlin giebt es noch einige F\u00e4den von Sphagnum-Pflanzen, deren ausgebildete Bl\u00e4tter keine L\u00f6cher haben; auch hat Ref. von diesen Pflanzen, welche er untersuchte, bereits im Januar 1838 einige Proben an llrn. Mo hl \u00fcberschickt. Man vergleiche hiezu die Mittheilungen \u00fcber diesen Gegenstand im vorigen Jahresbericht (pag. 48). Schliefslich \u00e4ufserst Herr R\u00f6per noch die Vermuthung, dafs die eigenthiimliche Verbindung der Spiralfaser-Zelle mit den die gr\u00fcnen K\u00fcgelchen haltenden Zellen (Chlorophyll-Zellen nennt H. R. dieselben!) sowie das Durchl\u00f6chertsein der ersteren, wohl den Zweck haben k\u00f6nne, die Athmungsorgane auf \u00e4hnliche Weise vor zu kr\u00e4ftiger Lufteinwirkung zu sch\u00fctzen, wie es bei den vollkonmineren Pflanzen die Epidermis mit ihren Spalt\u00f6ffnungen thut. Ref. m\u00f6chte glauben, dafs der Zweck der Epidermis bei den vollkommneren Pflanzen denn doch wohl ein anderer sei.\nHerr Mo hl hat die Dissertation: Anatomische Untersuchungen \u00fcber die por\u00f6sen Zellen von Sphagnum, wor\u00fcber schon im vorigen Jahresberichte gesprochen wurde, nochmals in der Regensburger botanischen Zeitung ab-drucken lassen und einen Nachtrag: Ueber den Bau der Bl\u00e4tter von Dicr anum g laucum und 0 ctohl eph a-rum a Ibid um (S. Flora oder botanische Zeitung vom 28. Juni 1838) hinzuf\u00fcgt. Hr. Mo hl beobachtete in den Bl\u00e4ttern der beiden genannten Lebermoose \u00e4hnliche Bildungen wie die der Sphagnum- Bl\u00e4tter. Die Bl\u00e4tter von-Dicranum und Oc-toblepharum albidum bestehen aus mehreren \u00fcbereinanderliegenden Zellenschichten aber ohne alle Intercellularg\u00e4nge; die Zellen sind, wie es Ref. bei Sphagnum entdeckt hat, von doppelter Art, die einen sind gr\u00f6fser, ohne alle K\u00fcgelchen-Bildung und bilden die \u00e4uferen Zellenlagen der Bl\u00e4tter; die andern sind schmaler, liegen zwischen den andern Zellenschichten und enthalten gr\u00fcne Zellensaft - K\u00fcgelchen (welche","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nHerr Mohl noch immer wenig passend Chlorophyll- K\u00f6rner nennt). Die gr\u00f6fsern nach aufsen liegenden Zellen zeigen auf ihren W\u00e4nden gew\u00f6hnliche grofse L\u00f6cher, wie die auf den Sphagnum-Bl\u00e4ttern vorkommenden, welche wohl nicht so leicht Jemand \u00fcbersehen w\u00fcrde, wenn 'sie gerade auf den vorliegenden Pflanzen vorhanden sind. Die Spiralfaser-Bildungen, welche jene durchl\u00f6cherten Zellen der Sphagnum -Pflanzen zeigen, konnte Herr Mohl an den genannten beiden Laubmoosen nicht beobachten. Sehr richtig f\u00fcgt Herr Mohl hinzu, dafs jene Oeffnungen in den Zellen der Moose, wie er glaube, nicht von Anfang an vorhanden sind, und Referent (Physiologie II. pag. 52 bis 54 und Jahresbericht von 1837 pag. 48) hat sowohl die Entstehung derselben, welche wahrscheinlich in Folge \u00e4ufserer Verh\u00e4ltnisse bedingt ist, beobachtet, als auch nachgewiesen, dafs ganze Moore mit solchen Sphagnum-V\u00fb\u00e0nzen bedeckt sein k\u00f6nnen, welche niemals jene Lpcher in den Spiralfaser-Zellen der Bl\u00e4tter aufzuweisen haben. Am Schl\u00fcsse jenes Nachtrages machte Herr Mohl die Bemerkung , dafs er auch bei einigen andern Pflanzen - Arten por\u00f6se Zellen aufgefunden habe, wor\u00fcber er an einem andern Orte Mittheilungen machen wolle. Hiezu konnte Ref. gleichfalls einige Beitr\u00e4ge liefern, denn mit unsern neuen Mikroskopen kommt man \u00fcber solche Gegenst\u00e4nde bald ins Reine. Den ausgezeichnetsten Fall der Art habe ich in dem Holze alter St\u00e4mme von Aletris fragrans beobachtet, wo die Poren mitunter eben so grofs sind, wie es in den Parenchym-Zellen der Blattstiele der Cycadeen die verd\u00fcnnten Stellen sind, welche hier aber, wenigstens ist es mir nie vorgekommen, niemals durchbrechen und also nicht wirkliche Poren bilden was jedoch bei Alelris der Fall ist. In den vertikal gestellten Diachym-Zellen der Cycadeen-Bl\u00e4tter, worin mehr oder weniger deutlich Spiralfaser-Bildungen und die daraus hervorgehenden netzf\u00f6rmigen Bildungen auftreten, sind dagegen Oeffnungen und Zer-reifsungen der urspr\u00fcnglichen Zellenmembran ganz gew\u00f6hnlich, und diese entstehen daselbst theils durch Resorbtion, theils durch zu starke Ausdehnung der zarten urspr\u00fcnglichen Membran. Besonders bemerkenswerth sind die Spalten, welche die Membran der verholzten Zellen zeigen, wie ich sie gegenw\u00e4rtig bei unsern gew\u00f6hnlichen Laubh\u00f6lzern und auch bei Co-","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"113\nniferen gefunden habe, ja selbst an einem St\u00fccke Braunkohle konnte ich denselben sehr sch\u00f6n sehen, sie verhalten sich ganz \u00e4hnlich, wie jene Spalten, welche ich in den Zellen des pergamentartigen Ueberzuges einiger Orchideen beobachtet habe* (S, Pflanzen-Physiologie II. pag. 54.)\nHerrn Morren\u2019s*) Beobachtungen haben best\u00e4tigt, dafs auch in den Kapselw\u00e4nden der Jungermannien Spiralfaserzellen Vorkommen; er untersuchte die Pellia epiphylla und ihm fiel ebenfalls die grofse Aehnlichkeit auf, welche zwischen den Sporen der Jungermannien und den Pollenk\u00f6rnern der h\u00f6heren Pflanzen stattfinden soll. Ref. hat dagegen gefunden, dafs diese Aehnlichkeit dennoch nur scheinbar ist, die urspr\u00fcngliche Entstehung dieser Gebilde ist sehr wesentlich verschieden (Pflanzen-Physiologie III* pag. 393 Tab. III. Fig. 35 bis 37) und ferner sind die reifen Sporen der Pellia epiphylla nicht mehr einfache Zellen, sondern sie sind fast immer aus mehreren, mehr oder weniger regelm\u00e4fsig gestellten Zellen zusammengesetzt, was Herr Morren noch nicht erkannt hat. Da die Kapselw\u00e4nde der Pellia epiphylla und wohl aller Jungermannien (Ref.) aus zwei Zellenschichten bestehen, und diese Schichten etwas verschieden in der Struktur sind, so vergleicht Herr Morren dieselben mit dem sogenannten Exothecium und Endothecium der Antheren, obgleich diese eigenen Benennungen f\u00fcr die Jungermannien-Kapseln noch unstatthafter sein m\u00f6chten, als bei den Antheren, wo das Exothecium gar nichts weiter ist, als die einfache Epidermis, welche sehr h\u00e4ufig noch mit Spalt\u00f6ffnungen versehen ist. Hierauf giebt Herr Morren eine Beschreibung und Abbildung der \u00e4ufsern Zellenschicht (dem sogenannten Exothecium) der Jungermannien-Kaipse], die aber nicht richtig ist; er sagt, dafs diese Zellen kleinere und gr\u00f6fsere K\u00fcgelchen h\u00e4tten, die ersteren w\u00e4ren in den Zellen, die gr\u00f6fseren dagegen, welche eyf\u00f6rmiger sind, zu 2 und 2 gestellt und bef\u00e4nden sich zwischen denselben. Indessen was Herr Morren hier als gr\u00f6fsere K\u00fcgelchen angesehen und abgebildet hat, das sind die Enden von den unvollst\u00e4ndig ausgebildeten Ring- und\n*) Recherches anatomiques sur Vorganisation des Jungertnanni-d\u00e9es. \u2014 Bullet, de l\u2019Acad. de Bruxelles V. No. 6.,\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nSpiralfasern, welche in den Zellen der \u00e4ufsern Schicht nicht \u00fcber die vordere Wand verlaufen, sondern nur an beiden Seitenw\u00e4nden hinauflaufen.\nHerr Mohl*) hat in einer besonderen Abhandlung seine Ansichten \u00fcber den Bau der vegetabilischen Zellenmembran vorgetragen; die Auff\u00fchrung dieser Arbeit h\u00e4tte am besten schon pag. 17. dieses Berichtes stattgefunden, doch jener Theil desselben war schon gedruckt, als Herrn Mo hl\u2019s Abhandlung hieselbst ankam. Der gr\u00f6fste Theil dieser Arbeit ist mit Wiederholung derjenigen Angaben gef\u00fcllt, welche Referent in seiner Pflanzen-Physiologie zur Feststellung der Ansicht aufgef\u00fchrt hat, dafs das vegetabilische Leben in spiraler Richtung wirkt, wof\u00fcr schon in Hunderten und Tausenden von F\u00e4llen die Zusammensetzung der Zellenmembran aus Spiralfasern spricht u. s. w. Herr Mohl hat meine Angabe theils zu berichtigen, theils anders zu deuten gesucht und mit Unrecht schreibt er es sich selbst zu, zuerst auf die Struktur der Zellenmembran aufmerksam gemacht zu haben. Der Inhalt der Arbeit kann nur von denjenigen Naturforschern richtig aufge-fafst werden, welche mit den Beobachtungen \u00fcber den fraglichen Gegenstand sehr vertraut bekannt sind. Nachdem Herr Mohl glaubt nachgewiesen zu haben, dafs sich Faser und Membran nur durch ihre Gr\u00f6fse und durch die Form unterscheiden, unter der sie auftreten, sagt er am Schl\u00fcsse: \u201ees befolge der Bildungsprozefs der einfachen (besonders der secund\u00e4ren) Zellenmembran die Regel, dafs die organische Substanz sich nicht vollkommen gleichf\u00f6rmig ablagere, sondern sich an einzelnen Stellen in gr\u00f6fserer, an anderen in geringerer Menge, und, wenn diese ungleichf\u00f6rmige Ablagerung an einzelnen Stellen in gr\u00f6fserem Maafse stattfinde, zwischen den Ablagerungen entweder in der Richtung einer Spirale, oder (besonders bei k\u00fcrzeren Zellen) in der Richtung der F\u00e4den eines Netzes vor sich gehe.\u201c\n*) Ueber den Bau der vegetabilischen Zellenmembran. \u2014 Flora vom 14. Febr. 183& \u2014 Diese Abhandlung ist urspr\u00fcnglich als Inaugural-Dissertation des Hrn. A. F. H\u00e4rlin im Sept. 1837 zu T\u00fcbingen erschienen, kam mir aber als solche nicht zur Ansicht; in der vorliegenden Form kann sie jedoch erst im vorigen Jahre geschrieben sein. (Ref.)","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"115\nDie im Allgemeinen spiralf\u00f6rmige oder netzf\u00f6rmige Form der Fasern und Streifen der Zellenmembran beweist, dafs die bildende Kraft bei der Production der Zellen in der Richtung einer Spirale th\u00e4tig ist*); einen weiteren Beweis liefert hiefiir der schon oben ber\u00fchrte Umstand, dafs auch bei Zellen, welche glatte und scheinbar homogene Wandungen besitzen, wenn sie zerrissen werden, der Rifs vorzugsweise leicht in der Richtung einer Spirale erfolgt.\u201c\nAlso auch hier mufs Herr Mo hl des Referenten Beobachtung best\u00e4tigen, von der schon pag. 16 dieses Berichtes die Rede war, er meint aber ganz am Schl\u00fcsse seiner Abhandlung, dafs man zur Erkl\u00e4rung jener Erscheinungen gen\u00f6thigt sei anzunehmen, dafs der Zellenmembran eine bestimmte innere Struktur zukomme, welche ebenso wenig, als der Bl\u00e4tterdurchgang eines K,\u00ee*ystalls an und f\u00fcr sich sichtbar ist, sondern nur in der leichteren Theilbarkeit nach einer Richtung sich ausspricht, kurz die Membran sei nicht faserig, sondern sie besitze nur eine bestimmte, auf eine innere Struktur und besondere Anlagerung der Molek\u00fcle hinweisende Theilbarkeit.\nDieses ist nun also die Hypothese, welche Herr Mo hl \u00fcber die Struktur der Zellenmembran gegen die Ansichten des Referenten aufstellt, dem es aber, besonders gegenw\u00e4rtig, sehr leicht zu sein scheint die Mohl\u2019sche Hypothese zu widerlegen. Zuerst verweise ich auf dasjenige, was ich gleich im Anf\u00e4nge dieses Berichtes pag. 17 u. s. w, mitgetheilt habe, um darzuthun, dafs es nicht nur die secund\u00e4^en Schichten der Zellenmembran, sondern dafs es auch die urspr\u00fcngliche Schlauchschicht zeigt, dafs die bildende Th\u00e4tigkeit bei ihrer Darstellung in spiraler 'Richtung wirksam war. Der fragliche Gegenstand hat \u00fcbrigens seit jener Zeit, dafs Herr Mo hl die genannte Dissertation schrieb, eine ganz andere Richtung erhalten; dar\u00fcber, dafs es in so \u00fcberaus vielen F\u00e4llen sichtbar ist, dafs die secund\u00e4ren Schichten der Zellenmembran aus spiralf\u00f6rmig gewundenen Fasern bestehen, welche bald weitl\u00e4ufig, bald sehr dicht gewunden verlaufen, dar\u00fcber darf gar\n*) Dieses ist es aber eben, was Referent zuerst zu erweisen gesucht hat!!\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nkein Zweifel mehr bestehen, denn die Bildung dieser Spiralfasern der secundaren Membranschichten ist in einigen Fallen nicht nur von mir, sondern auch von Herrn Ne es v. Esen-beck, Schleiden und Morren beobachtet worden, und es ist gegenw\u00e4rtig nichts leichter zu zeigen, als dafs die spiralf\u00f6rmigen, sogenannten partiellen Ablagerungen auf der inneren Fl\u00e4che der Zellenmembran, wie sie Herr Mohl lehrt, nichts weiter sind als wirkliche Spiralfasern, welche sich auch in keinem einzigen wesentlichen Punkte von den Spiralfasern unterscheiden, welche die wirklichen Spiralgef\u00e4fse darstellen; die Spiralfaser-Zellen, welche so h\u00e4ufig auf den Saamen der Pflanzen Vorkommen, beweisen es zu bestimmt, so viel auch Herr Mohl dagegen schreibt. Endlich habe ich noch auf eine Angabe des Herrn Mohl in Betreff der Zellenw\u00e4nde von Stelis gracilis zu antworten; ich habe angegeben, dafs die W\u00e4nde der meisten Zellen dieser Pflanze aus Spiralfasern bestehen, die man schon an den normalen Zellen deutlich erkennen kann, die aber noch deutlicher erscheinen, wenn man jene W\u00e4nde mit einiger Gewalt auseinanderzieht. Herr Mohl sagt in der angef\u00fchrten Arbeit, er habe gesehen, dafs auch diese, aus Spiralr\u00f6hren bestehenden W\u00e4nde noch mit einer urspr\u00fcnglichen Membranschicht umschlossen w\u00e4ren. Ich kann diese Schicht an den bl\u00fchenden Exemplaren jener Pflanze nicht sehen, und habe den Gegenstand auch schon vielen andern Botanikern gezeigt, welche die umschliefsende Haut in diesem Falle ebenfalls nicht sehen konnten. Seitdem habe ich beobachtet, dafs die ganze Gattung Lipparis nach Lindley, wozu auch meine Stelis gracilis geh\u00f6rt, jene Struktur zeigt, und ein grofses Exemplar von Lipparis compressa zeigt jene Struktur der Zellenw\u00e4nde bewunderungsw\u00fcrdig sch\u00f6n, aber, wenigstens an den trockenen Exemplaren, kann ich die urspr\u00fcngliche Z\u00e8llenmembran-Schicht nicht wahrnehmen. Jene Schicht mag \u00fcbrigens sein oder, wie es die Analogie mit den \u00fcbrigen tropischen Orchideen geben m\u00f6chte, nur in der fr\u00fchesten Jugend auftreten (was durch Beobachtung junger Pflanzen zu entscheiden ist), so bleibt dennoch die von -mir aufgestellte Ansicht \u00fcber die Aeufserung der Th\u00e4tigkeit, welche die Zellenmembran bildet, gegen Herrn Mohl\u2019s Hypothese gesichert, denn gerade solche Fasern, welche secund\u00e4re Membranschichten","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"117\nbilden, entsteheiVnrspr\u00fcnglich und nicht erst durch Zerfallen. Die Analogie, welche Herr Mo hl von dem Zerfallen der Krystalle zu H\u00fclfe ruft, scheint nach meiner Ansicht ebenfalls zum Nachtheil seiner Hypothese zu dienen, denn, so weit ich in dieser Hinsicht mit Beobachtungen gekommen bin, so scheint es mir, dafs der Krystall in kleinere, bestimmt geformte Theilchen zerf\u00e4llt, weil er aus diesen zusammengesetzt wurde,\nUeber Pflanzen - Krankheiten,\nHerr Wiegmann sen. gab schon im Jahre 1834 in C. Sprengel\u2019s Land- und Forstwissenschaftlicher Zeitschrift sehr ausf\u00fchrliche Abhandlungen \u00fcber die Krankheiten der Gew\u00e4chse heraus, welche in unserem ersten Jahresberichte (Berlin 1835) angezeigt wurden. Da diese Arbeit, wie der Verfasser sagt, mehr Beifall erhalten hat, als er es je vermuthen konnte, so hat er dieselbe f\u00fcr sich allein drucken lassen, und ist hiezu noch von mehreren Seiten her aufgefordert worden *). dieser neuen Ausgabe finden sich einige wenige Zus\u00e4tze und Ab\u00e4nderungen der erstem Abhandlung, und da diese Schrift, wie es auf dem Titel steht, f\u00fcr Landwirthe, G\u00e4rtner u. s. w, bestimmt ist, so scheint der Verfasser es f\u00fcr unwesentlich gehalten zu haben, dafs sie im Niveau der Wissenschaft geschrieben zu sein brauche, ein Fehler, welchen noch so h\u00e4ufig die popul\u00e4ren Schriften aufzuweisen haben.\nDie Beobachtungen der Herren Bassi und Balsamo-Crivelli \u00fcber die Ursache der Krankheit der Seidenraupen, welche man mit dem Namen: Calcina, Mascardine, Inkrusti-rung u,[s, w. (S. unseren Jahresbericht von 1830. pag. 107) bezeichnet, haben zu verschiedenen neuen Arbeiten \u00fcber diesen Gegenstand Veranlassung gegeben, welche der Akademie zu Paris eingereicht worden sind; darunter befinden sich die Arbeiten der Herrn Audou in und Montagne, welche in dem Recueil des Savans \u00e9trangers erscheinen werden, so, wie das\n*) S. die Krankheiten und krankhaften Mifsbildungen der Gew\u00e4chse mit Angabe der Ursachen und der Heilung oder Verh\u00fctung derselben, so wie \u00fcber einige den Gew\u00e4chsen sch\u00e4dliche Thiere und deren Vertilgung. Ein Handbuch f\u00fcr Landwirthe, G\u00e4rtner, Garten,-liebhaber und Forstm\u00e4nner. Mit einer Kupfertafel, Braunschweig 1839.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nWerk von Herrn Lomeni \u00fcber die Mittel, welche man zur Beseitigung jener Krankheit vorgeschlagen hat. Die Akademie hatte eine Commission zur Berichterstattung \u00fcber diese Schriften ernannt, und die Commission hat \u00fcber dieselben einen interessanten Bericht erstattet *). Es ist auffallend, dafs man sich nie der \u00e4hnlichen Erscheinung bei den Fliegen erinnert, wor\u00fcber doch in Deutschland mehrere Arbeiten erschienen sind.\nIn der Beschreibung kryptogamischer Giftgew\u00e4chse Deutschlands **) hat Herr Phoebus eine sehr ausf\u00fchrliche Arbeit \u00fcber das Mutterkorn mitgetheilt, worin er das Mutterkorn f\u00fcr ein krankhaft ver\u00e4ndertes Roggenkorn erkl\u00e4rt. Er unterscheidet an dem Mutterkorn das eigentliche Korn und dessen M\u00e4tzchen und spricht sich dahin aus, dafs ein starker Saftandrang die Entstehung des Mutterkorns wenigstens beg\u00fcnstige, wenn nicht veranlasse, weil es in grofser Menge in nassen und warmen Sommern, so wie auf fettem, nassen Boden, niedrigen oder erst k\u00fcrzlich urbar gemachten Aeckern (!) sich bildet. Die r\u00f6thlich-weifse Masse des Mutterkornes entspricht ganz unzweideutig, wie Herr Phoebus sagt, dem Eyweifs des Kornes, und er h\u00e4lt es daher f\u00fcr ein alienirtes Eyweifs. Der Keim scheint gar nicht ausgebildet zu sein. Die violette Rinde des Mutterkornes d\u00fcrfte man nicht als degenerirte \u00e4ufsere Saarnenhaut ansprechen u. s. w. \u201eIm Miitzchen d\u00fcrfen wir wohl die degenerirte und nach Oben geschobene Fruchthaut nebst den Ueberresten einiger anderen, mehr \u00e4ufseren Fructi-ficationstheile, verkettet durch die violett - weifsliche Masse, anerkennen; und diese Masse ist offenbar ein neues Gebilde, entstanden aus dem Safte, welcher den Anfang der Mutterkorn-Krankheit bezeichnet.\u201c L\u00e9 veill\u00e9 hat schon nachgewiesen, dafs dieses Miitzchen des Mutterkornes aus einem Pilze besteht, welchen er Sphacelia segetum nannte; mit Unrecht glaubt\n*) Rapport sur divers travaux entrepris au sujet de la maladie des vers a soie, connue vulgairement sous le nom de Mascardine. \u2014 Compte rendu de 1838. I. pag. 86 \u2014102.\n**) Abbildungen und Beschreibung der in Deutschland wild wachsenden und in G\u00e4rten im Freien ausdauernden Giftgew\u00e4chse nach nat\u00fcrlichen Familien erl\u00e4utert. Zweite Abtheilung. Kryptogamen. Berlin 1838. pag. 97 \u2014 110.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"119\nHerr Phoebus annehmen zu k\u00f6nnen, dafs Le veill\u00e9 hierin unrichtig beobachtet hat.\nEinige Monate vor dem Erscheinen des obigen Werkes publicirte auch Referent*) in einer kurzen Mittheilung das Resultat seiner Beobachtungen \u00fcber die Natur des Mutterkornes, welches er fiir eine, durch Entwickelung von Ento-phyteil herbeigef\u00fchrte Degeneration des Saamenkornes erkl\u00e4rt, und dafs dieser entartete K\u00f6rper theils in seinem Innern, theils auf seiner Oberfl\u00e4che mit zahllosen Wucherungen jener Enlo-phyten bekleidet ist, welche die Gattung Sphacelia darstellen. Die Bildung des Mutterkornes nimmt gleich nach der Befruchtung und mit dem ersten Auftreten des Eyweifsk\u00f6rpers seinen Anfang; anstatt der grofsen Zellen mit Amylum-K\u00fcgelchen, welche den Eyweifsk\u00f6rper des Roggens bilden, entstehen kleine Zellen, welche sich vielfach vermehren und vergr\u00f6fsern, so dafs das erkrankte Saamenkorn zu dem grofsen K\u00f6rper aufschwillt, welchen wir unter dem Namen des Mutterkornes kennen. Bald darauf erfolgt die Zerst\u00f6rung derEyh\u00fcllen wie des Pericarpium\u2019s und diese beginnt von Unten. Die aus den Zellen hervorwachsenden Entophyten zerst\u00f6ren die einzelnen Zellenw\u00e4nde oder trennen die Zellen des Pericarpium\u2019s auf ganzen Strecken. Die violette Oberfl\u00e4che des Mutterkornes ist ganz mit kleinen, gegliederten und kurz ver\u00e4stelten pilzartigen F\u00e4den bekleidet, welche dann durch Abschn\u00fcrung in ellipsoidische sporen-\u00e4hnliche K\u00f6rper zerfallen. Diese Enlo~ phyten wachsen nur von Unten nach Oben, indem die neugebildeten Sporen sich wieder ausdehnen und aus diesen neuen Pflanzen wieder neue Sporen hervorgehen. Die Masse dieser Pilze bildet jenes speckartige Miitzchen, von welchem in der Abhandlung des Herrn Phoebus die Rede war; diese Pfl\u00e4nzchen sind gr\u00f6fstentheils ganz in Sporen zerfallen, die nur noch durch eine gallertartige Masse zusammengehalten werden. Eine Ansteckung oder Fortpflanzung dieser Krankheit durch Sporen oder Saamen kann sicherlich nicht stattfinden, indem man die Entwickelung jener Pfl\u00e4nzchen, welche die Krankheit\n*) Einige Mittheilungen \u00fcber das Mutterkorn. \u2014 J. M\u00fcller s Archiv f\u00fcr Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin.1838 pag. 357.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\ndarstellen, aus dem Inneren der Zellen verfolgen kann, wohl aber kann sich die Krankheit durch Mittheilung der durch dieselben verderbten Stoffe fortpflanzen, welche im gel\u00f6sten Zustande durch die Wurzeln aufgenommen werden.\nEs ist bekannt, dafs man in England sehr allgemein der Ansicht ist, dafs der Getreidebrand auf solchen Feldern am h\u00e4ufigsten vorkommt, in deren N\u00e4he die Berberitze w\u00e4chst, w\u00e4rend man in Deutschland einen solchen sch\u00e4dlichen Einflufs des genannten Strauches noch nicht beobachtet hat. Herr Eudes-Deslongchamps *) macht gegenw\u00e4rtig die Beobachtung bekannt, dafs er einen \u00e4hnlichen sch\u00e4dlichen Einflufs beobachtet habe, welchen die Sabine (Juniperus Sabina) auf die Bl\u00e4tter des Birnbaumes verursachen sollen. Die Erscheinungen, welche Herr Eudes-Deslongchamps daf\u00fcr angiebt, lassen sich sicherlich wohl noch auf andere Art erkl\u00e4ren. (Ref.)\nDer strenge Winter von yfff hat die Aufmerksamkeit der Chemiker wie der Landwirthe wiederholentlich auf die Kartoffeln gerichtet, theils um die sch\u00e4dliche Einwirkung, welche der Frost auf die Kartoffeln ausiibt zu beseitigen, theils um die Aufbewahrung der Kartoffeln durch zweckm\u00e4fsige Vorrichtungen zu sichern. Herr Pay en**) \u00fcberreichte der Akademie der Wissenschaften zu Paris ein Memoire, worin er sagt, dafs die gefrorenen Kartoffeln nach dem Aufthauen kaum den vierten Theil an St\u00e4rke geben, den sie sonst enthalten, aber dennoch enthalten die gefrorenen Kartoffeln eben so viel trockene Substanz, als die gesunden, und zwar ebenso viel l\u00f6sliche Materie und eben so viel St\u00e4rke wie es in gesunden Kartoffeln gefunden wird. Demnach ist also die geringere Menge von St\u00e4rke, welche die gefrorenen Kartoffeln geben, offenbar der Methode der Zubereitung zuzuschreiben, und Herr Pay en erkl\u00e4rt es dadurch, dafs die Zellen der Kartoffeisubstanz, welche durch die Wirkung des Frostes von einander getrennt werden, der Einwirkung der Z\u00e4hne der Reibe entweichen und daher unzerstiiekelt bleiben und ihr Amylum zur\u00fcckbehalten:\nZu gleicher Zeit hat sich auch Herr J. Girardin***) mit\n*) L\u2019Institut de 1838. pag. 134.\n**) L\u2019Institut de 1838. No. 225. pag. 96.\n***) Journal de Pharm. Juin 1838. pag. 240.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"121\ndein Gefrieren der Kartoffeln besch\u00e4ftigt und den Gegenstand noch genauer erforscht. Die Kartoffeln enthielten gefroren oder ungefroren 27,87 trockene Substanz und 72,13 Wasser, und das Mehl der gefrorenen Kartoffeln hatte alle Eigenschaften des Mehles von gesunden Kartoffeln, ja es konnte, selbst in feinen Backwerken nicht unterschieden werden. Ja durch genaue Versuche will Herr Girardin in gefrorenen Kartoffeln genau ebenso viel Starke, Faserstoff, Eyweifs, Zucker, Salze und Wasser gefunden haben wie in gesunden Kartoffeln. Nun weifs aber Jedermann, dafs gefrorene Kartoffeln siifs schmek-ken und man wird also fragen, woher der s\u00fcfse Geschmack, wenn durch die Wirkung des Frostes keine Zuckerbildung erfolgt? Herr Girardin glaubt die Verschiedenheit des Geschmackes, welchen die Kartoffeln vor und nach dem Gefrieren . zeigen, durch die ver\u00e4nderte gegenseitige Anordnung ihrer Bestandteile erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen!\nIndessen schon vor langer Zeit hat Einhof (S.Hermb-st\u00e4dt\u2019s Archiv fiir Agricultur Chemie I.) nachgewiesen, dafs die durch den Frost s\u00fcfsgewordenen Kartoffeln die n\u00e4mliche Quantit\u00e4t an St\u00e4rke, Eyweifs und Fasern zeigen, ganz wie die gesunden, und es scheine daher, dafs sich der Zucker aus dem Schleime bilde (Ref.)\nAuch Herr Pouchet hat sich mit Beobachtungen \u00fcber eben denselben Gegenstand besch\u00e4ftigt, deren Resultate dem obigen Memoire von Herrn Girardin angeh\u00e4ngt sind; auch diese Beobachtungen best\u00e4tigen es, dafs die gefrorenen Kartoffeln ihre St\u00e4rke im unver\u00e4nderten Zustande enthalten. Herr Pouchet tritt aber mit Unrecht gegen Herrn Pay en auf, welcher es best\u00e4tigte, was in Deutschland schon lange bekannt war, dafs sich die Zellen durch den Frost trennen und eine sph\u00e4rische Gestalt annehmen. Herr Pouchet glaubt ein Zer-reifsem der Zellen durch die Wirkung des Frostes beobachtet zu haben, was Ref. in Folge genauer Beobachtungen nicht best\u00e4tigen kann; sondern die Zellenmembran verliert durch die Wirkung des Gefrierens ihre Festigkeit; sie wird weich, scheint an Volumen zuzunehmen, aber, obgleich nun der Zellensaft allm\u00e4lig durch diese Zellenmembran durchsickert, so kann man dennoch keine Oeffnungen in derselben wahrnehmen. L\u00e4fst man dergleichen Kartoffeln l\u00e4ngere Zeit liegen, so fangen","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nsie an zu faulen und nun l\u00f6sen sich die erweichten Zellenmembranen allm\u00e4lig auf. Ref.\nHerr Morr en*) hat im Winter 1838 bei der anhaltenden K\u00e4lte eine Reihe von Versuchen \u00fcber das Gefrieren der Pflanzen angestellt, um die Wirkung des Gefrierens auf die Elementarorgane und auf deren Inhalt kennen zu lernen. Auch er best\u00e4tigte die Resultate fr\u00fcherer Beobachtungen, dafs n\u00e4mlich die Elementarorgane durch das Gefrieren von einander getrennt werden, dafs sie aber nicht zerreifsen. Bei dem Gefrieren verhalte sich jedes Organ gleich einem Gef\u00e4fse, worin die Fl\u00fcssigkeit gefriert, dessen W\u00e4nde aber dabei nicht zerplatzen, weil sie ausdehnbar sind. Nur die Zellen der Epidermis sind durch Gefrieren nicht zu trennen. (Ref. gl\u00fcckte es auch die Zellen der Epidermis bei Orchideen durch langes Liegen und durch Kochen in Terpenthin\u00f6l von einander zu trennen).\nHerr J\u00e4ger **) machte an einem Lupinus, den er fr\u00fch in\u2019s Land setzte, d e Bemerkung, dafs sich ein Bleichs\u00fcchtigwerden nach Sp\u00e4tfr\u00f6sten zeigte, und diejenigen Zweige, welche Blii-then trieben, zeigten verschiedene Bl\u00e4tter, woraus er auf eine R\u00fcckwirkung der Bl\u00fcthe auf die Pflanze schlofs.\nZur Morphologie.\nHerr G. Walpers, ein junger Studirender zu Greifswald, hat einen Versuch einer morphologischen Deutung der Bl\u00fcthe der Gattung Coulteria Humb> gegeben***); er geht dann von den Lehren aus, dafs wie die Corolla dem Lichtprozesse augeh\u00f6rt und ihr stetes, nur durch Kelcheinwirkung oft gehindertes Streben es ist, sich diesem zu erschliefsen, so ist der Kelch ein ideales Symbol der Finsternifs, und sein stetes Bestreben, sich den Einwirkungen des Lichtes zu entziehen, characterisirt deutlich genug sein Wesen und seine Bestimmung, u. s. w. Bei der Gattung Coulteria wird nun aber der f\u00fcnflappige Kelch seinem Character untreu, \u00fcbt corollinische Function aus und erh\u00e4lt eben dadurch auch corollinische Ge-\n*) Observations anatomiques sur la cong\u00e9lation des organes des v\u00e9g\u00e9taux. \u2014 Bullet, de l'Acad\u00e9mie de Bruxelles. V. No. 3.\n**) Flora von 1838. II. pag. 423.\n***) Flora oder botanische Zeitung. 1838. Januar.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"123\nstalt und Form; es metamorphosirt n\u00e4mlich der der Carina opponirende Kelchlappen r\u00e4umlich und zeitlich in eine Carina. Nach weiterer Auseinandersetzung \u00fcber diesen Gegenstand kommt Herr Walpers zu der Ansicht, dafs der Kelch wohl f\u00e4hig sei, sich in der Sehmetterlingsblume zu Carina und Fl\u00fcgeln zu metamorphosiren, doch sei er real und ideal unverm\u00f6gend sich bis zur Bildung eines Vexillum\u2019s aufzti-schwzngen, denn die Carina ist in der Schmetterlingskrone das Symbol der Verschlossenheit und der Finsternifs, und daher dem Kelchgebilde am n\u00e4chsten verwandt.\nIn der Bliithe der Coulteria, sagt Herr Walpers zum Schl\u00fcsse, findet sich der in der ganzen Leguminosen-Familie sichtbare Kampf widerstreitender Potenzen, nebst dem endlichen Sieg der einen durch Vernichtung der andern real dargestellt, und sie bezeichnet in der gesammten Metamorphosenreihe der Leguminosen den Punkt, von wo an die Kelchbildung einen nur untergeordneten Einflufs auszuiiben im Stande ist, weshalb man Coulteria f\u00fcr die den Anfang der h\u00f6her entwickelten Leguminosen-Reihe machende Gattung zu halten habe.\nDie Herren Sch le id eil und Vogel*) haben dagegen m\u00fchsame Beobachtungen \u00fcber die Entwickelung der Leguminosen-Bl\u00fcthe bekannt gemacht, aus welchen sie folgende Resultate ziehen :\n1)\tDie Bl\u00fcthen der Leguminosen sind bei ihrem Entstehen vollkommen regelm\u00e4fsig.\n2)\tDie sp\u00e4ter verwachsenen Theile entstehen als freie Spitzen, wachsen auch frei aus und verwachsen noch sp\u00e4ter.\n3)\tAlle Bliithentheile sind bei ihrem ersten Auftreten gr\u00fcne Bl\u00e4tter.\n4)\tAuch im fr\u00fchesten Zustande zeigt sich bei den Leguminosen nur ein Carpellblatt, das nach der Achse zu offen ist.\n5)\tDie Antheren bilden sich aus Bl\u00e4ttchen, indem das innere Zellgewebe zum Theil in Pollen verwandelt wird, und die F\u00e4cher zu beiden Seiten des Blattrandes entstehen, der sp\u00e4ter in die aufspringende rima sich umwandelt.\n*) Beitr\u00e4ge zur Entwickelungsgeschichte der Bliithentheile bei den Leguminosen. \u2014 Acta Acad. C. L. C. nat. cur. Vol. XIX. P. 1. pag. 61 \u2014 84. Mit 3 Steindrucktafeln.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"424\n6)\tDie Eychen bilden sich bei den Leguminosen abwechselnd am obern Rande des Ovarium, und bestehen aus dem Nucleus und gew\u00f6hnlich aus zwei Integumenten, selten aus einem Integumentum simplex.\n7)\tDie Eychen der Papilionaceen sind theillaufig (Jiemitropa) d. h. krumml\u00e4ufig mit einer Raphe.\n8)\tDer Embryo entsteht aus dem Pollenschlauch an dem Micropyle-Ende des Embryosackes und w\u00e4chst entweder von hier nach der Chalaza zu, oder, indem er von dem cellul\u00f6s gewordenen Pollenschlauch bis zur Mitte des Embryosackes geschoben wird, zugleich nach der Chalaza und der Micropyle hin.\n9)\tDie Saamenh\u00e4ute werden bei den Leguminosen nur von einem Integument gebildet, das aber stets in mehrere Schichten sich ausbildet.\n10) Eine Endopleura tumida existirt nicht bei den Leguminosen; was daf\u00fcr gehalten worden, ist Albuinen und zwar Endosperma.\nDie Verfasser haben die Entdeckung gemacht, dafs die Eychen der Gattung Lupinus nur mit einem einfachen Integumente versehen sind, w\u00e4rend die Eychen der \u00fcbrigen Leguminosen stets doppelte Eyh\u00e4ute besitzen.\nDie franz\u00f6sischen Arbeiten der Herren Bravais \u00fcber die krummlinie Blattstellung und \u00fcber die Bl\u00fcthenst\u00e4nde, welche wir im vorigen Jahresberichte angezeigt haben, sind durch Herrn W. G. Walpers in das Deutsche \u00fcbertragen worden und als eine besondere Schrift; Ueber die geometrische Anordnung der Bl\u00e4tter und der Bl\u00fcthenst\u00e4nde. Breslau 1839. erschienen; dieselbe ist noch mit einem zweifachen Anh\u00e4nge versehen: Berichte \u00fcber die Arbeiten der Herrn Schimper und Braun \u00fcber den n\u00e4mlichen Gegenstand vonCh.Martins und A. Bravais und Beobachtungen \u00fcber die Aufl\u00f6sung der paarigen Blattstellung in die spirale von Dutrochet. Die ganze Schrift ist mit 9 Steindrucktafeln versehen und durch ein Vorwort von Ne es von Esenbeck eingef\u00fchrt; wir erhalten darin das Wichtigste zusammengestellt, was \u00fcberhaupt in neuester Zeit von franz\u00f6sischen Botanikern \u00fcber diesen Gegenstand gearbeitet worden ist, und es kann nun nicht fehlen, dafs diqse","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"125\nArbeiten von den Deutschen noch mehr gelesen und geh\u00f6rig gew\u00fcrdigt werden.\nHerr Aim\u00e9 Henry hat einen zweiten Beitrag zur Kennt-nifs der Laubknospen *) geliefert, worin dieser Gegenstand mit gr\u00f6fster Genauigkeit bei den Coniferen abgehandelt ist. Die Bildungsweise des Blattes, meint der Verfasser, ist in der Familie der Coniferen der bei den andern Holzpflanzen beobachteten gleich; ein Gef\u00e4fsbiindel der Markscheide trete aus dein Stamme hervor und bilde den Mittelnerv des sich erzeugenden Blattes. Die Artikulationsfl\u00e4che, in welcher sich die Bl\u00e4tter von den Blattstielen trennen, fand der Verfasser bei den Coniferen ebenfalls durch eine braungef\u00e4rbte Demarkationslinie vorgezeichnet. Die Gattungen Belis, Araucaria und Abies zeigen in der Richtung ihrer Bl\u00e4tter eben dieselbe Regel, wie die Laubh\u00f6lzer, dafs sie n\u00e4mlich die obere Fl\u00e4che dem Himmel zuwenden, aber die den Zweig in einer Spirale umgebenden Bl\u00e4tter k\u00f6nnen diese Richtung nur durch Drehung des Blattstieles bewirken. Ein Theil der Bl\u00e4tter macht diese Drehung nach links, die andere nach rechts, so dafs dadurch eine scheinbare zweizeilige Stellung derselben hervortritt. In Hinsicht der Blattstellung macht Herr Henry sehr mit Recht auf die grofse Mannigfaltigkeit aufmerksam, welche verschiedene Abtheilungen, verschiedene Arten, ja selbst ein und dasselbe Individuum zeigt. Die am h\u00e4ufigsten gefundenen Divergenzen der Bl\u00e4tter bei den Coniferen sind folgende : Bei Pinus besteht die Spirale der Deckbl\u00e4ttchen der Knospen aus 8\t12\nBl\u00e4ttchen in f- oder f- Divergenz. Die Stellung der Bl\u00e4tter -A-? und ebenso bei Picea, Larix u. s. w. doch sowohl in den Knospenschuppen, als auch in den Bliithen treten h\u00f6here Divergenzzahlen auf. Bei den Cupressus-Arten ist die Stellung der Bl\u00e4tter (\u00a3) Bei Taxodium ist die Spiralstellung schwankend von \u25a0\u00a7\u25a0 bis tV, lin(l Verfasser glaubt hierin ein Streben zu (J) \\ Wirtelstellung zu erkennen. Bei Thuja Stellung der Bl\u00e4tter \\ (-) und bei Thuja cupressoides r\u00fcckt diese Wirtelstellung zur Spirale auseinander, welche fr\u2014f zeigt. Bei Callitris (\u00a3) und bei Call, rhomboidea (|)\n*) Nova Acta Acad. C.L. C, Nat. Cur. Vol.XtX. P. I. pag. 87\u2014114. Mit drei Steindrucktafeln.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"426\nBei Juniperus ist die Stellung bei verschiedenen Arten \\ oder QO | wirtelst\u00e4ndig, aber sogar an demselben Baume und demselben Zweige wechselt sie h\u00e4ufig von ~ mit y ab. Bei Araucaria chilensis T8T, bei Agaihis Dammara f (?) und bei Belis lanceolata\nIm Inneren eines Nadelblattes glaubt Herr Henry eine der Markn Holz- und Rindensubstanz analoge Bildung wahrgenommen zu haben, und, sagt derselbe, wie sich auch die Ansicht \u00fcber diese Theile feststellen wird, auf jeden Fall m\u00fcssen wir das ganze in den Winkeln der \u00e4chten Blattbase sich entwickelnde Gebilde mit Richard und Link als eine \u00fcbereilte, um ein Jahr zu fr\u00fch entwickelte Knospe ansehen u. s. w. ja Quer- und L\u00e4ngenschnitte zeigen sogar ein Ansetzen mehrerer Holzringe. Die Zweignatur zeigt sich noch deutlicher, \u2022 wenn die Terminalknospe zerst\u00f6rt ist; dann flachen sich die einzelnen Nadeln der Nadelzweige ab, treten auseinander und geben Raum fiir die sich bildende Knospe. Herr Henry giebt hierauf speciellere Beobachtungen \u00fcber die Entwickelung der Knospen bei den verschiedenen Gattungen der Coniferen, welche durch die getreuesten Abbildungen erl\u00e4utert werden. In der Schlufsbemerkung giebt der Verfasser endlich noch seine Beobachtungen und Ansichten \u00fcber die Bl\u00fcthenknospen der Coniferen; er betrachtet den Bl\u00fcthenstand der Coniferen als einen metamorphosirten Laubzweig und das einzelne An-therenblatt f\u00fcr ein metamorphosirtes Laubblatt (Nadelblatt soll es wohl heifsen!) Bei der weiblichen Bliithe soll aber das Laubblatt immer mehr zur\u00fccktreten, je kr\u00e4ftiger sich das in seinem Winkel stehende Fruchtblatt entwickelt; ja der Verfasser m\u00f6chte in dem weiblichen Bl\u00fcthenzweige eine Metamorphose der Axillarknospe in Fruchtblatt und Eychen annehmen. Ref. kann obiger Ansicht nicht beistimmen, denn er hatte Gelegenheit die Bildung von Pollen in dem Inneren des Fruchtblattes von Larix-Z\u00e4pfchen zu beobachten.\nHerr Miquel*) hat die Pr\u00e4foliation der Cycadeen ge-\n*) \u00fceber die Pr\u00e4foliation der Cycadeen, \u2014 Flora von 1838. II. pag. 499. Im Auszuge, franz\u00f6sisch, in Mut der, Miquel et Win-ckelbach\u2019s Bulletin des scienc. phys. et natur. en N\u00e9erlande 1838. pag. 129.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"127\nnauer beobachtet und gefunden, dafs nicht allen eine circinale Pr\u00e4foliation zukommt. Bei der Gattung Encephalartos Lehm. besteht die schwellende Knospe aus einem Kreise kurzer Bl\u00e4ttchen die aufrecht stehen und mit ihren Spitzen convergiren. Die Rhachides sind durchaus gerade und die Bl\u00e4ttchen liegen zu den Seiten dachziegelf\u00f6rmig \u00fcbereinander; sie convergiren nach vorne und liegen mit ihrer innern Fl\u00e4che genau gegen einander an. Die Rhachis dehne sich an der sich entwickelnden Knospe durch Extension am obern Ende aus, und die Bl\u00e4ttchen wachsen in allen Richtungen zumal in die L\u00e4nge. Bei der Gattung Zamia Lehm, ist die Rhachis in der Knospe aufgerollt, dagegen sind die Bl\u00e4ttchen wie bei Encephalartos. Die Gattung Zamia hat dagegen eine \u00e4chte circinale Knospung, wo n\u00e4mlich die Rhachiden und die Bl\u00e4ttchen aufgerollt sind.\nHerr Miquel beobachtete bei Encephalartos horridus \u00e4hnliche Knospen wie sie bei Cycas Vorkommen; er sagt sie scheinen sich sehr bald vom Stamme zu trennen und bilden dann mehrere Fufs lange \u00e4stige Wurzeln. Diese Knospe wird von Herrn Miquel als eine Zwiebel betrachtet; sie bildet erst nach mehreren Jahren ein eigentliches Blatt, und Herr Miquel m\u00f6chte die Cycadeen-Frons auch eher den Zweigen als den Bl\u00e4ttern zuz\u00e4hlen.\nHerr Maly zu Gr\u00e4tz *) beobachtete die Entstehung der Knollen der Corydalis cava und Corydalis solida; bei letzterer Art bildet sich die neue Knolle immer im Mittelpunkt der alten, wobei die alte Knolle schwammig wird und verschwindet durch Absterben. Bei Corydalis cava bildet sich dagegen die neue Knolle peripherisch nach aufsen, w\u00e4rend die innere alte Knolle abstirbt und dadurch eine H\u00f6hle in der neuen Knolle zuriickl\u00e4fst.\nHerr Miquel**) hat in einer sehr interessanten Abhandlung die Metamorphose (wie sich der Autor ausdriickt) des Stengels und der Bl\u00e4tter einiger Euphorbien n\u00e4her er\u00f6rtert um die auffallende Aehnlichkeit* welche zwischen ihnen und\n*) Flora von 1838. II. pag. 728.\n**) Observatio de caulium et foliorum in quibusdam Euphorbiis metamorphosi, \u2014 Flora von 1838. II. pag. 649 \u2014 656.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nden Cactus-Gewachsen herrscht zu pr\u00fcfen. Mantheilt gegen* w\u00e4rtig die Euphorbien in Euphorbiae aphyllae und foliosae, und diese sind entweder strauchartig oder krautartig, gestachelt oder ungestachelt. Die Bl\u00e4tter bei den Bl\u00e4tter-tragenden Euphorbien sind meistens sitzend, zuweilen sind sie auf einer Anschwellung einsitzend und diese wird in manchen F\u00e4llen z. B. bei Euphorbia nercifolia, Clava und elliptica Lam. zu einem ausgezeichneten Blattkissen, welches mit einem scheibenf\u00f6rmig erweiterten Blattstiele zu vergleichen ist. Diesen Bl\u00e4ttern kommen auch Stipulae zu, z. B. der Euphorbia uncinata, welche neben ihrer Basis zwei lanzettf\u00f6rmige Schuppen zeigen. Die eigenth\u00fcmliche Entwickelung und Anamorphose, welche der Stengel der Euphorbien zuweilen zeigt, leitet Herr Miquel sehr sinnreich von der Metamorphose der Blattstielscheiben ab, denen offenbar eine blattartige Natur zukomme, ja in den F\u00e4llen, wo die Bl\u00e4tter schnell abfallen, da bekleiden sie den ganzen Stengel und vertreten dabei die Function der Bl\u00e4tter. Wo sie in der Jugend klein sind, da schwellen sie oft nach dem Abfallen der Bl\u00e4tter sehr stark an und mit dieser Vergr\u00f6fserung schwillt der Stengel an und geht die monstr\u00f6sen Formen ein, welche derselbe gar nicht selten zeigt; wozu bei verschiedenen Formen n\u00e4here Nachweisung gegeben wird.\nBei einigen Arten gehen die Aeste in einfache oder in ver\u00e4stelte Dornen \u00fcber (d. h. durch Metamorphose), wie z. B. bei Euphorbia heptagona, mammillaris etc. Bald sind diese Dornen wenig zahlreich, bald sehr zahlreich und in L\u00e4ngsreihen gestellt, und die Knospen wachsen dann in der Achsel der Blattscheiden in Form von Dornen hervor, so dafs Herr Miquel den Satz aufstellt, dafs diese Dornen nichts weiter, als erh\u00e4rtete blattlose Aeste w\u00e4ren.\nWenn man nun aber diese metamorphosirten Stengel der Euphorbien mit dem der Cacteen vergleicht, wor\u00fcber Herr Zu c ca rin i im vergangenen Jahre (S. den vorigen Jahresbericht pag. 127) eine so sch\u00f6ne Arbeit lieferte, so wird man nach Herrn Miquel folgende Verschiedenheiten in der Entwickelung wahrnehmen: 1) die Stengel der Euphorbien schwellen durch Verwachsung der appendikul\u00e4ren Theile. Bei den Cacteen bildeten die abortirten feinen Aeste die Ma-","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"429\nniillen, wie bei den Mamillarien, oder sie sind verwachsen und bilden die Rippen der Melocacten, Echinocacten und Cer een. Auch in Hinsicht der Anamorphose, welche die Stengel der Melocacten durch Anschwellung der Markmasse zeigen, findet sich zwischen Cacteen und Euphorbien grofse Aehnlichkeit, denn bei Euphorbia globosa findet sich ebenfalls jene Anamorphose wie bei den Melocacten.\n2) Die Dornen, welche auf den Rippen der Euphorbien bei den Blattnarben Vorkommen, sind stipular; diejenigen aber, welche zwischen den Blattkissen hervorkommen, sind durch Metamorphose der Seiten\u00e4ste, meistens der Bliithen\u00e4ste entstanden. Bei den Cacteen dagegen sind die Dornen als Bracteen der Knospen zu betrachten, welche auf den Spitzen der abor-tirten Aeste sitzen.\nHerr Walpers*) hat in einer andern Abhandlung seine Ansichten \u00fcber das bekannte Trifolium anomalum mitgetheilt; er sagt, dafs eine genauere Betrachtung dieser interessanten Pflanze im lebenden Zustande lehre, dafs sie nur eine durchgreifende Verwachsung zweier Individuen des Trifolium re-pens ist. Er fragt, ob die Verwachsung Grund f\u00fcr die schwarze Blattf\u00e4rbung bei dieser Pflanze sei und ob es vielleicht in der Pflanzenwelt noch mehr Beispiele einer so durchgreifenden, durch Aussaat constant gewordenen Verwachsung zweier Individuen derselben Art gebe, wodurch anscheinend eine neue Art hervorgebracht wird. Die Gr\u00fcnde f\u00fcr diese interessante Ansicht sind folgende: In dem bandartig verbreiteten kriechenden Stengel zeigte HerrWalpers zwei (freilich setzt er hinzu) etwas undeutliche Markr\u00f6hren. (Ref. kann darin nur eine, der Form des Stengels entsprechende Markr\u00f6hre sehen). In den Blattstielen sehe man die bandartige Verwachsung zweier Stiele so deutlich, dafs die aufgestellte Vermuthung zur v\u00f6lligen Gewifsheit erhoben werde! In der Regel zeigt jenes Trifolium nur 5 Bt\u00e4tter, und diese zeigen alle Farben zwischen orangeroth und schwarz und da nun, sagt Herr Walpers, eine F\u00e4rbung der Bl\u00e4tter durch Oeldr\u00fcsen bewirkt wird, welche unter der Epidermis liegen, so stelle ich mir\n*) Einige Bemerkungen \u00fcber Trifolium anomalum Schrk. \u2014 Flora von 1838. II. pag. 657.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nvor, dafs die Masse des fehlenden sechsten Bl\u00e4ttchens gleichfalls zur Production solcher Oeldr\u00fcsen in den 5 \u00fcbrigen verwendet werde.\nWenn Herr Wal per s diesen Gegenstand spater mit anatomischer Genauigkeit untersuchen m\u00f6chte, so w\u00fcrde er wohl linden, dafs die von ihm hier\u00fcber aufgestellten Ansichten g\u00e4nzlich unhaltbar sind.\nHerr Bern har di*) beobachtete die Lunaria rediviva und Octadenia lybica R. Br. mit drei- und vierklappigen Fr\u00fcchten, worin die Scheidew\u00e4nde nicht vermifst wurden, was ihn zu der Ansicht brachte, dafs die Frucht der Cruci/eren nicht urspr\u00fcnglich eine 4-klappige Kapsel ohne Scheidew\u00e4nde darstellt. In Folge verschiedener Beobachtungen meint Herr Bern hardi, lasse es sich nicht behaupten, dafs die Scheidew\u00e4nde der Schalen der Cruci/eren sich blofs auf Kosten zweier. unvollkommen entwickelter Klappen bilden, indem man in der v\u00f6llig ausgebildeten Frucht aufser vier Klappen auch Scheidew\u00e4nde findet. Vielleicht w\u00e4re die Scheidewand nfit mehr Grund durch Verschmelzung und theilweise Verk\u00fcmmerung zweier Klappen und einer vierfl\u00fcgeligen Scheidewand der 4-facherigen Frucht, oder durch g\u00e4nzliche Verk\u00fcmmerung zweier Klappen und zweier Fl\u00fcgel der Scheidewand hervorgegangen. Gegen die Ansicht, nach welcher die Scheidewand als ein dissepimentum spurium durch Erweiterung der Placenten entstanden gedacht wird, f\u00fchrt Hr. B. an, dafs die Achse der Scheidewand nicht selten der Lange nach von einem Nerven durchzogen wird.\nIn Bezug auf die Zahl und Stellung der Staubf\u00e4den sucht Herr Bernhardi zu zeigen, man d\u00fcrfe annehmen, dafs der Bau einer vollkommenen Kreuzbliithe auf 8 l\u00e4ngere paarweise zusammenstehende Staubf\u00e4den, eine innere Reihe bildend, und auf eine unter ihnen stehende, \u00e4ufsere Reihe von vier kiirzern Staubf\u00e4den berechnet sei. Die Dr\u00fcsen, welche so h\u00e4ufig in diesen Bl\u00fcthen zwischen den Staubf\u00e4den Vorkommen, werden f\u00fcr verk\u00fcmmerte Staubf\u00e4den gehalten u. s. w. und es wird sehr wahrscheinlich gemacht, dafs die Cruci/eren eine unverkennbare Anlage zur Polyandria zeigen.\n*) Ueber den Bl\u00fcthen- und Fruchtbau der Cruci/eren. \u2014 Flora von 1838. I. png. 129 etc.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"131\nHerr Bern har di*) theilte ferner seine Ansichten \u00fcber den Kelch der Cistaceen mit, welche eben so gediegen sind, wie Alles, was wir von diesem ausgezeichneten Beobachter erhalten haben. Man pflegt den Kelch der Cistaceen aus 5 Bl\u00e4ttern zusammen zu setzen, wovon zwei eine \u00e4ufsere Reihe und die drei \u00fcbrigen eine zweite innere Reihe bilden. Die zwei \u00e4ufsern Bl\u00e4tter stehen in abwechselnder Stellung mit zweien dieser innern Bl\u00e4tter am Grunde derselben, fehlen aber bei nicht wenigen Arten ; zuweilen fehlt nur ein Blatt und es entsteht dadurch ein vierbl\u00e4ttriger Kelch. Es werden noch mehrere Abweichungen aufgef\u00fchrt und dann der Satz aufgestellt, dafs jene f\u00fcnf bl\u00e4ttrigen Kelche blofs dadurch entstehen, dafs eines der inneren Kelchbl\u00e4tter mit einem \u00e4ufsern Kelchblatte verw\u00e4chst. Niemals sehen hier die \u00e4ufsern Bl\u00e4tter den innern vollkommen gleich; die \u00e4ufsern gleichen mehr den wahren Bl\u00e4ttern und die kleinen den Stipeln. Hierauf zeigt nun Herr Bern hardi, dafs man die \u00e4ufsern Kelchbl\u00e4tter der Cistaceen nicht f\u00fcr Kelchbl\u00e4tter, sondern f\u00fcr H\u00fcllbl\u00e4tter zu nehmen hat, und diese h\u00e4tten ihren Ursprung den wahren Bl\u00e4ttern und nicht den Stipeln zu verdanken.\nHerr Morren*) hat die Wasser absondernden Schl\u00e4uche in morphologischer Hinsicht betrachtet, welche die Gattungen Nepenthes, Savvacenia, Cephalotus, Marcgravia und No-rantea aufzuweisen haben. Er f\u00fchrt zuerst die Meinung der ber\u00fchmtesten Botaniker \u00fcber diesen Gegenstand auf und stellt dann seine Ansicht dar, nach welcher ein solcher Schlauch das eigentliche Blatt sein soll, w\u00e4rend das blattartige Organ, woran der Schlauch befestigt ist, nichts weiter als ein gefl\u00fcgelter Blattstiel ist. In den beiden Fl\u00fcgeln, welche an dem Schlauche an Nepenthes herablaufen, seien ganz deutlich die beiden R\u00e4nder des zur Urne verwachsenen Blattes zu erkennen. Die \u00e4ufsere Seite der Urne sei die untere Blattfl\u00e4che, und die innere stelle die obere Blattfl\u00e4che dar.\nHerr J. H. Molkenboer*) hat an den Bl\u00e4ttern einer\n\u00a5) Einige Bemerkungen \u00fcber Cistaceen.\u2014 Flora von 1838II. p. 665. \u00a5) Morphologie des ascides. \u2014 Bulletin de VAcademie de Bruxelles. V. Nr. 7.\n\u00a5) Jets aangaande de Brassica oleracea cost at a nepenthiformis\n9 *","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nBrassica oleracea i Botrytis L. eben dieselbe Monstrosit\u00e4t wahrgenommen, welche schon Bonnet in seinem Buche \u00fcber den Nutzen der Bl\u00e4tter (IV. Abh.) beschrieben und abgebildet (Tab. XXV.) hat. Bonnet sah aus der oberen Seite des Hauptnerven des Blattes einen Stiel hervorgehen, auf welchem ein sehr eigenthiimlicher Straufs stand, dessen Bl\u00e4tter mehr oder weniger vollkommen t\u00fcten- oder trichterf\u00f6rmig gestaltet waren. Ja die Hauptnerven dieser t\u00fctenf\u00f6rmigen Bl\u00e4tter zeigten wiederum kleinere T\u00fcten u. s. w. Herr Molkenboer beobachtete das Vorkommen dieser interessanten Mifsbildungen stets auf den Nerven der oberen Blattfl\u00e4che, ebenso wie schon fr\u00fcher Herr De Candolle; er vermuthet daher, dafs sich Bonnet geirrt habe, indem er davon spricht, dafs die Bildung auf der obern Blattfl\u00e4che vor sich gehe und die Abbildung es zeige, dafs es die untere Blattfl\u00e4che war. Indessen hiebei hat sich wohl Hr. Molkenboer geirrt, denn ich sehe an der mir vorliegenden Abbildung dieses Gegenstandes in Bonnet\u2019s Schrift ganz deutlich, dafs eben dasselbe abgebildet ist, was man im Texte beschrieben findet. Der Stengel mit dem Stranfse jener trichterf\u00f6rmigen Bl\u00e4tter ging aus dem Ilauptnerven von der oberen Fl\u00e4che des Blattes aus, und der kleine Trichter bei n zeigt wiederum ganz deutlich, dafs er aus der untern Fl\u00e4che hervorgetreten ist. Demnach kommt diese Bildung also auf beiden Blattfl\u00e4chen vor und nicht nur auf der oberen, wie der Verfasser vermuthet. Sp\u00e4ter sah Herr Molkenboer diese und \u00e4hnliche Monstrosit\u00e4ten auch auf den Bl\u00e4ttern anderer Kohl-Variet\u00e4ten, yon welchen eine der ausgezeichnetsten abgebildet gegeben wird. Die Entstehung dieser monstr\u00f6sen Bildungen sucht der Verfasser dadurch zu erkl\u00e4ren, dafs er annimmt, dafs die Gef\u00e4fsbiindel des Stieles, welcher aus dem Hauptnerven hervorw\u00e4chst, dafs sich diese wie die Rippen in einem Schirme strahlenf\u00f6rmig auseinander begeben und durch Zellengewebe mit einander verbunden sind, kurz dafs alle diese, so wie die weniger vollkommenen trichterf\u00f6rmigen Monstrosit\u00e4ten, nur durch strahlenf\u00f6rmige Zertheilung der Nervenb\u00fcndel entstehen. Der geneigte Leser wird sich jedoch sehr bald\nDec. \u2014 Tijdschnft v. Natuurl. Geschied. en Phys. V. 1, 2. St. pag. 114.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"133\n\u00fcberzeugen, clafs dieses keine Erkl\u00e4rung der Erscheinung ist, sondern nur eine Beschreibung \u00fcber den Verlauf der Gef\u00e4fs-biindel in jenen monstr\u00f6sen Bildungen.\nHerr C. A. Meyer*) hat an 100Individuen der Carda-mine pratensis und wohl an 1000 proliferirenden Blumen die Umwandelung des Fruchtknotens in Blumenknospen beobachtet, und diese Umwandelung geschah immer nach einem und demselben Typus. Der Inhalt der Abhandlung enth\u00e4lt die spe-cielle Beschreibung dieser Mifsbild ungen, welche aber nicht gut eines Auszuges f\u00e4hig ist. Dagegen hat sp\u00e4ter **) Herr Trautvetter einige Bemerkungen zu den von Hr. Meyer beschriebenen Mifsbildungen hinzugefiigt; es scheine ihm nicht, dafs die infloresceniia comosa, welche bei Cardamine pratensis bisweilen vorkomrrft, dadurch zu erkl\u00e4ren sei, dafs sich die Bliithen in Bl\u00e4tter verwandeln. Farsetia clypeata beweise, dafs auch die Bliithen der Crucifer en axill\u00e4re Organe seien, und dafs an der Basis ihrer Bliithenstielchen die F\u00e4higkeit ist, eine Bractee zu bilden, denn sie kommen mit und auch ohne Bractee vor. Es scheint, dafs die Bractee meistens auf Kosten der Bliithen fehlschl\u00e4gt, sie k\u00f6nne sich aber vielleicht ausbilden, wenn die Entwickelung der Bliithen gehindert ist, und auf diese Weise scheine sich ihm dann die infloresceniia comosa zu erkl\u00e4ren.\nHerr Ad. Steinheil***) hat in einem sehr interessanten Memoire das verschiedenartige Wachsthum der Bl\u00e4tter der Pflanzen auseinander gesetzt; dasselbe zerf\u00e4llt in drei Abschnitte. In dem ersten Abschnitte handelt Hr. St. von der Entwickelung der Bl\u00e4tter im Allgemeinen; dieselbe ist von doppelter Art und beide Erscheinungen seien sehr genau zu unterscheiden; 1) Die Bildung der Bl\u00e4tter durch Zertheilung (d\u00e9doublement]) und 2) die Ausdehnung nach allen Pachtungen hin. Die erstere Erscheinung k\u00f6nne man nennen die eigenth\u00fcm-liche (propre) Ausdehnung des Zellgewebes, die andere dagegen\n*) Mifsbildungen, beobachtet ai\\ Cardamine pratensis. \u2014 Bulletin scient, de Saint Petersbourg. IV. pag. 375 \u2014 379.\n**) Ebendaseihst V. pag. 116.\n***) Observations sur le mode d\u2019accroissement des feuilles. \u2014 Ann. des scienc. natur. 1837. il. pag. 257 \u2014 304,","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nwird durch die besondere Ausdehnung oder Verl\u00e4ngerung jeder einzelnen Theilchen ausgefiihrt.\nDer zweite Abschnitt handelt \u00fcber das Wachsthum der Bl\u00e4tter von Oben nach Unten; er zerf\u00e4llt wiederum in 2 Sec-tionen, wovon die erstere diejenigen Beobachtungen enth\u00e4lt, welche jene Annahme ganz bestimmt erweisen; und zwar findet dieses bei den einfachen Bl\u00e4ttern statt. Die zweite Section f\u00fchrt diejenigen Beobachtungen auf, welche jenem Gesetze zu widersprechen scheinen, und dieses zeigt sich bei den zusammengesetzten Bl\u00e4ttern. Eine sehr grofse Reihe von speciellen Messungen hat Herr St. ausgef\u00fchrt und in seinem Memoire mit-getheilt, die sich jedoch an diesem Ortenicht in n\u00f6thiger K\u00fcrze wiedergeben lassen. Der dritte Abschnitt handelt \u00fcber die Bildung der Lappen und der kleinen Bl\u00e4ttchen der Bl\u00e4tter, und hier kommt Herr St ein heil zu dem Resultate, dafs die gelappten Bl\u00e4tter zusammengesetzte Bl\u00e4tter sind, deren kleine Bl\u00e4ttchen mit einander verschmolzen sind, als gerade zu der entgegengesetzten Ansicht, welche bisher ziemlich allgemein herrschend war. Herr Steinheil verspricht diese interessanten Beobachtungen zu vermehren.\nZur Pflanzen-Geographie.\nHerr Voigt*) zu Jena hat sehr interessante Betrachtungen \u00fcber die Ursachen angestellt, durch welche die verschiedenen Formen der Pflanzen, wie sie sich \u00fcber den Erdball in den Hauptfamilien auspr\u00e4gen, hervorg\u00e9rufen werden, denn dieser Gegenstand ist zugleich eine Aufsuchung der inneren Ursachen geographischer Pflanzen-Verbreitung. Herr Voigt glaubt, dafs der eigentliche letzte Grund und die Ursache, dafs sich die feste Oberfl\u00e4che unserer Erde erst mit Vegetation \u00fcberzogen hat, in der lebendigen Kraft des Erdballs liege. Die productive Kraft dieser Erdseele ist es, welche, in tausendfachen Radien nach aufsen strebend, den letzten immateriellen Grund dieser Vegetationsformen ausmacht. Jedes Thier pro-ducirt mittelst seines Lebensprozesses \u00fcber seine Oberfl\u00e4che hinaus, wie z. B. die Haare, Federn u. s. w. und alles dieses geschieht immer von innen heraus, vielleicht aus dem Blute\n*) Flora oder botanische Zeitung. 1838 II. pap. 617 u. s. \\v.","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"135\nselbst und wird nur durch den Einflufs des Lichtes, der Luft, der W\u00e4rme, Feuchtigkeit und auch anderer Elemente bedingt. Da wir nun keine Beweise haben, dafs die Vegetation, die misern Erdball bedeckt, durch einen G\u00e4rtner erst in den Boden hineingepflanzt oder ges\u00e4et ist, was bleibt dann, sagt Herr Voigt, der Vernunft anders \u00fcbrig, als den ersten Grund ihrer Entstehung von innen heraus anzunehmen? Wieder der gemeine Boden, noch die andern Elemente geben uns den hinl\u00e4nglichen Grund der Mannigfaltigkeit der Vegetation auf einem Gebiete; der Grund mufs im Reichthum des Innern liegen, die lebendige Seele des Planeten muls es sein, welche diese verschiedenen Arten m\u00f6glich macht. Die Natur producire nach dem Verh\u00e4ltnisse einer organischen Polarit\u00e4t, etwa wie die Farbenbil-der eines Prisma sich darstellen, so dafs z. B. ein Gras als Gegensatz auch einen Ranunkel fordere u. s. w. Das erste Hervortreiben der Vegetation scheine in wiederholten Akten stattgefunden zu haben, denn auch noch jetzt succediren sich ja die Pflanzen.\nVon Herrn Carl Sprengel*) dem fr\u00fcheren Professor der Landwirthschaftsjehre zu Braunschweig, gegenw\u00e4rtig zu Stettin, haben wir eine sehr umfangreiche Arbeit \u00fcber die Bodenkunde erhalten, welche zwar gr\u00f6fstentheils von einem practischen Inhalte ist, aber auch mehrere die Pflanzenphysiologie sehr in-teressirende Mittheilungen enth\u00e4lt. Herr Sprengel meint, dafs der chemische Einflufs des Bodens ohne Zweifel schon viel dazu beitr\u00e4gt, dafs aus den Arten Unterarten, Abarten, Abweichungen und Spielarten entstehen, so dafs man dreist behaupten k\u00f6nne, viele unserer neuen Pflanzen seien nichts weiter, als durch die Bodenbestandtheile hervorgerufene Modi-ficationen anderer, schon fr\u00fcher bekannter Species. Die Lti-zula glabrata des Kalkbodens sei nur die Luzula spadicea des Thonbodens u. s. w. Dergleichen Ansichten sind sehr ansprechend und auch Referent ist zum Theil derselbeu Meinung,\n\u00a5) Die Bodenkunde oder die Lehre vom Boden, nebst einer vollst\u00e4ndigen Anleitung zur chemischen Analyse der Ackererden und den Resultaten von 170 chemisch untersuchten Bodenarten u. s. w. Ein Handbuch f\u00fcr Landwirthe, Forstm\u00e4nner, G\u00e4rtner, Boniteure und Thei-lungskommiss\u00e4re. Leipzig 1837.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\ndoch ehe dieselben in die systematischen Wissenschaften ein-greifen d\u00fcrfen, m\u00fcssen sie durch eine lange Reihe von Versuchen ermittelt werden!\nHerr Sprengel richtet die Aufmerksamkeit der Land-wirthe besonders auf die wildwachsenden Pflanzen, welche auf verschiedenen Landarten Vorkommen und sucht zu zeigen, dafs die wildwachsenden Pflanzen in einem innigen Zusammenh\u00e4nge mit den chemischen Bestandteilen des Erdreiches stehen; es k\u00f6nne aber hierauf keine genaue Classification der Bodenarten begr\u00fcndet werden, indem oft schon durch die geringste Menge dieses oder jenes Stoffes die Ansiedelung solcher Pflanzen m\u00f6glich wird, welche wir sonst auf einem ganz andern Boden finden. So bringt der Sandboden wohl auch Pflanzen hervor, welche sonst auf Thonboden oder auf Kalkboden wachsen, wenn jener nur etwas Thon oder Kalk enth\u00e4lt. \u2014 Wir k\u00f6nnen, sagt Herr Spr., daher wohl aus den vorkommenden wildwachsenden Pflanzen schliefsen, welche K\u00f6rper der Boden enth\u00e4lt, aber die Menge derselben l\u00e4fst sich hieraus nicht ermitteln, und als Schlufs heifst es: Die Verschiedenheit der Vegetation hat ihren Grund mehr in der Beschaffenheit des Bodens, als dafs sie abh\u00e4ngig w\u00e4re von den physischen Eigenschaften desselben. Weil nun aber in den verschiedenen Bodenarten meistens gewisse Bestandteile vorherrschen und hiervon die Vegetation bedingt wird, so ist dieses der Grund, weshalb eine jede Bodenart ganz eigent\u00fcmliche Pflanzenarten hervorbringt.\nHerr Sprengel hat ferner bei der speciellen Betrachtung aller der einzelnen Bodenarten, diejenigen Pflanzen in grofser Menge aufgef\u00fchrt, welche denselben mehr oder weniger bestimmt zukommen; diese Pflanzen-Verzeichnisse sind noch nie so vollst\u00e4ndig gegeben.\nHerr Schleiden*) hat die Bemerkung gemacht, dafs Euphorbia Cyparissias, welche man als kalkstete Pflanze auff\u00fchrt, sowohl auf den Sandheiden um Berlin, wie auf den Kalkbergen von R\u00fcdersdorff in der N\u00e4he von Berlin in grofser Menge vorkommt, w\u00e4rend diese Pflanze auf dem Muschelkalk in der Umgebung von G\u00f6ttingen fehlt, aber sogleich wieder\n\u00a5) Ueber Bodenstetigkeit der Pflanzen. ~ Wiegmann\u2019s Archiv 1833. I pag. 49.","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"137\nauftritt, wenn man bei Witzenhausen den bunten Sandstein betritt. Die Pflanze soll defshalb bald kalkstet bald sandstet sein; Ref. glaubt jedoch, dafs sie nur kalkstet sei, d. li. dafs sie einen kalkhaltigen Boden liebt. Der Sand um Berlin ist sehr kalkhaltig! Wefshalb Euphorbia Cyparissi\u00e4s auf dem Muschelkalk bei Gottingen nicht vorkommt, ist wiederum eine andere Frage und die Statistik der Gew\u00e4chse hat es uns gelehrt, dafs die Vertheilung der Gew\u00e4chse weder vom Clima noch vom Boden abh\u00e4ngig ist, wenn gleich deren Einflufs so h\u00e4ufig augenscheinlich ist. Auch Herr Treviranus*) spricht sich in Folge seiner Beobachtungen dahin aus, dafs nicht die geognostische Beschaffenheit der Gebirge, sondern die physische, so wie die Beschaffenheit der ihre Oberfl\u00e4che bedeckenden, mehr oder minder furchtbaren Erdkruste alleinige Ursache der Verschiedenheit sei, welche man in dem Auftreten der Pflanzen beobachtet. Ref. hat hier\u00fcber schon fr\u00fcher und noch neuerlichst (Pflanzen-Physiologie. II. pag. 127) etwas ausf\u00fchrlicher gehandelt und ist im Wesentlichen mit den Ansichten der Herren Sprengel und Treviranus \u00fcbereinstimmend.\nHerr J. Pelletier**) lieferte eine Arbeit \u00fcber den Einflufs, welchen die Erden auf den Vegetationsprozefs aus\u00fcben; er meint, dafs eine gewisse Complication in der Zusammensetzung des Bodens im Allgemeinen eine Bedingung der Fruchtbarkeit ist. Die Erde, welche durch allm\u00e4lige Zersetzung des Granites entsteht, soll im Allgemeinen sehr vortrefflich sein, w\u00e4rend die Erde, welche aus der Zersetzung einfacher Gesteine herr\u00fchrt, D\u00fcnger verlangt und nur wenigen Arten von Pflanzen zutr\u00e4glich sei. Aus diesen und einigen \u00e4hnlichen Angaben zieht Hr. Pelletier den Schlufs, dafs eine Erde um so fruchtbarer ist, je complicirter ihre Zusammensetzung ist. Als Erkl\u00e4rung dieser, durch genaue Versuche noch nicht festgestellten Ansicht, nimmt Hr. Pelletier an, dafs sich in solchen zusammengesetzten Erden electrische S\u00e4ulen bilden, durch deren Entladungen die Erde belebt wird. Die electrische Fl\u00fcssigkeit wird dann einen Reiz auf die Oeffnungen der Wurzelfasern aus\u00fcben, wodurch die Organe zur Absorption der Nah-\n*) Physiolog. d. Gew\u00e4chse II. pag. 717.\n**) Journ. de Pharmacie. Mai 1838.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nrung angeregt werden und dann selbst als Leiter dienen k\u00f6nnen, welche die Electricit\u00e4t der Pflanze zuf\u00fchren. Herr Pelletier legt diese Ansicht auch der Erkl\u00e4rung \u00fcber die Wirkung der Salze auf die Vegetation zum Grunde; er meint, dafs der Reiz, welchen die Salze auf die Pflanzen aus\u00fcben\nt\ndadurch erkl\u00e4rt werde, dafs das Leitungsverm\u00f6gen fiir die Elec-tricit\u00e4t schon durch eine kleine Menge von Salz, welche dem Wasser beigemischt ist, erh\u00f6ht wird. Wenn diese Ansichten richtig w\u00e4ren, so liefse es sich, wie Ref. glaubt, noch schwerer erkl\u00e4ren, wefshalb gewisse Pflanzen \u00e4ufserst viel Salz bed\u00fcrfen um kr\u00e4ftig zu wachsen, w\u00e4rend andere dagegen unter gleichen Verh\u00e4ltnissen ganz und gar nicht gedeihen.\nDie \u00fcbrigen Gegenst\u00e4nde, besonders die gegenseitigen allm\u00e4ligen Zersetzungen, welche die Kiesel-, Kalk-, Thon- und Eisenmassen der Erde eingehen, sind schon fr\u00fcher von verschiedenen Schriftstellern er\u00f6rtert worden.\nHerr Mohl hat im Mai 1838 eine Inaugural-Dissertation; Ueber den E:nflufs des Bodens auf die Vertheilung der Alpenpflanzen (T\u00fcbingen 1838) publicirt, welche dem Ref. noch nicht zugekommen ist.\nHerr Grisebach*) hat eine geistreiche Arbeit \u00fcber den Einflufs des Clima\u2019s auf die Begr\u00e4nzung der nat\u00fcrlichen Floren geliefert, welche aber nur wenig zum Auszuge pafst, daher sich Referent beschr\u00e4nken mufs, die Hauptergebnisse derselben aufzuf\u00fchren, welche der Verfasser selbst am Schl\u00fcsse seiner Arbeit zusammengestellt hat. Als solche werden aufgef\u00fchrt: Die Vegetation der Erde zerf\u00e4llt in scharf begrenzte nat\u00fcrliche Floren, die gemeinsame botanische und climatische Charactere haben. Die Floren zerfallen in 2 Hauptklassen, je nachdem sie eine dauernde oder eine durch Winterschlaf unterbrochene Vegetation haben. Floren mit dauernder Vegetation finden sich nur in der N\u00e4he des Aequators. Der Winterschlaf der Floren h\u00e4ngt entweder von Trockenheit oder von gesunkener Temperatur ab und hiedurch unterscheiden sich die tropischen von den extratropischen Floren. Das Clima einer tropischen Flora mit dauernder Vegetation\n*) Ueber den Einflufs des Clima\u2019s auf die Begr\u00e4nzung der nat\u00fcrlichen Floren. \u2014 Linnaea von 1838. pag, 159 \u2014 201.","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"139\nwird durch die mittlere Jahrestemperatur gemessen. DasClima einer Passatflora ' wird durch die mittlere Temperatur der Vegetationszeit gemessen. Andere climatische Momente haben auf die Grenzbestimmung der nat\u00fcrlichen Floren keinen nachweisbaren Einflufs. Die mittlere Temperatur der Vegetationszeit ist im ganzen Gebiete der mitteleurop\u00e4ischen Flora identisch, ebenso diejenige Ordinate der Jahrescurve, die den Endpunkten des Winterschlafes entspricht. Die Endpunkte des Winterschlafes treten mit dem Aufsteigen des Fr\u00fchlingssaftes und der herbstlichen Blattentf\u00e4rbung ein. Ob die climatischen Gesetze der mittel-europ\u00e4ischen Flora fiir alle extratropischen Floren G\u00fcltigkeit haben, kann aus Mangel an Beobachtungen \u00fcber die Dauer der Vegetationszeit noch nicht nachgewiesen werden; eben so wenig ob es eine climatologische Diagnostik s\u00e4mmtlicher Floren gebe. Und endlich, die Nordwestk\u00fcste von Europa geh\u00f6rt zum Gebiete der mittel-europ\u00e4ischen Flora und man kann in Europa nur drei Floren unterscheiden : die Flora mediterranea, europaea media und alpina.\nHerr Grisebach hat in dieser Arbeit eine Reihe von Ansichten aufgestellt, welchen viele Botaniker, aber besonders die Reisenden nicht leicht beistimmen m\u00f6chten, indessen Demissionen \u00fcber dergleichen Gegenst\u00e4nde k\u00f6nnen nur sehr weitl\u00e4ufig ausgef\u00fchrt werden, wozu an diesem Orte nicht der Platz ist, daher sich Ref. nur auf die Auff\u00fchrung jener Ansichten beschr\u00e4nkt hat.\nEine Gruppe von Pflanzen, die einen abgeschlossenen, physiognomischen Character tr\u00e4gt, wie eine Wiese, ein Wald u. s. w. nennt Hr. G. eine pflanzengeographische Formation. Da eine jede Flora eine gewisse Anzahl vorherrschender Familien zeigt, so schl\u00e4gt Hr. G. vor, hiezu diejenigen Familien zu rechnen, welche \u00fcber 4 Procente der ganzen phane-rogamischen Vegetation enthalten, und, nur von diesen gelte das Gesetz, dafs die Summe der Arten einer jeden derselben, dividirt in die Summe aller Phanerogamen gleiche Quotienten an jedem Orte innerhalb derselben nat\u00fcrlichen Floren giebt. Einen sehr ungerechten Vorwurf macht der Verfasser dem Referenten, indem dieser in seiner Pflanzengeographie eine gewisse Gleichf\u00f6rmigkeit der Pflanzenformen in ganzen Zonen ausgesprochen habe, was aber doch nicht der Fall ist, denn","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nReferent hat nur von dieser Gleichf\u00f6rmigkeit gesprochen, wo sie wirklich vorhanden ist, und die Ungleichf\u00f6rmigkeit der Vegetation f\u00fcr die verschiedenen L\u00e4ngen-Grade stets sehr bestimmt hervorgehoben.\nDurch den Einflufs der herrschenden Winde auf den Feuchtigkeitszustand der Atmosph\u00e4re w\u00fcrden nach Hr. G. Ansicht die Passatwinde die Tropenl\u00e4nder in 5 scharf gesonderte Zonen theilen, von denen 2 ohne Feuchtigkeit und ohne Vegetation w\u00e4ren: eine Aequatorialzone mit einer Wassercirculation von gr\u00f6fster Geschwindigkeit u. s. w., zwei Passatzonen, durch ihre perennirenden Polarwinde zu ewiger Trockenheit und Sterilit\u00e4t bestimmt und zwei Zonen der Polargrenzen der Passate, welche nie ohne Niederschl\u00e4ge sind, aber doch durch den untern Passat u. s. w. hierin zuweilen gest\u00f6rt werden.\nDer Verfasser hat sich gleich im Anf\u00e4nge der Abhandlung f\u00fcr das Vorhandensein bestimmt begrenzter Floren ausgesprochen und versucht diese Floren auch climatologisch zu characterisiren; er glaubt, das wichtige Gesetz nachweisen zu k\u00f6nnen, dafs an allen Punkten der mittel-europ\u00e4ischen Flora, die mittlere Temperatur des Zeitraums der vegetirenden krautartigen Axe (bestimmter vom Aufsteigen des Fr\u00fchling,ssaftes in den B\u00e4umen bis zum Abfallen ihrer Bl\u00e4tter) =13\u00b0 C. ist, und so solle sich f\u00fcr jede nat\u00fcrliche Flora eine solche constante Temperatur angeben lassen. Um den obigen Satz zu erweisen, hat Herr G ris ebach eine Tabelle entworfen, welche 14 verschiedene Orte aus seiner mittel-europ\u00e4ischen Flora auff\u00fchrt und f\u00fcr diese Orte die Bliithezeit von Primula elatior angiebt, welche zugleich das Aufsteigen des Fr\u00fchlingssaftes angeben soll. In andern Rubriken ist der Abfall der Bl\u00e4tter, die Temperatur um diese Zeit, die Vegetationsdauer, die mittlere Temperatur w\u00e4rend der Vegetationszeit, und das Temperatur-Maximum aufgef\u00fchrt. Die mittlere Temperatur der Vegetationszeit, die Phyto isotherme, ist durch das arithmetische Mittel aus dem Temperatur-Maximnrn und der Temperatur der beiden Endpunkte bestimmt.\nDafs diese mittleren Temperaturen der Vegetationszeit weit genauere Bestimmungen f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der Vegetation von der Temperatur angeben, als andere dazu angewendete","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"141\nMethoden, das haben auch schon andere Bearbeiter der Pflanzen-Geographie gelehrt.\nIn einem reichhaltigen Werke, welches die Gentianeen in systematischer und phytogeographischer Hinsicht abhandelt, hat Herr Grisebach*) sehr ausf\u00fchrlich \u00fcber das Vaterland dieser Gew\u00e4chse gesprochen, und dabei zugleich eine Characte-ristik der verschiedenen Floren in statistischer Hinsicht gegeben , in welche die Pflanzendecke auf der Oberfl\u00e4che der Erde zerfallen soll.\nViele dieser Floren, welche ganz scharf begrenzt sein sollen, fallen mit den pflanzengeographischen Reichen zusammen, welche einst Herr Schouw aufstellte; so spricht Herr Grisebach von einer Flora Peninsularinn Indiae orientais 9 einer Flora Polynesiae, einer Flora Oceaoica u. s. w. doch ich bin fest \u00fcberzeugt, dafs derselbe diese Begrenzungen der genannten Floren aufheben w\u00fcrde, sobald er diese Gegenden auch nur an einzelnen Punkten erblickt h\u00e4tte.\nHerr Grisebach hat343Arten von Gentianeen in seiner Monographie aufgef\u00fchrt; sie sind fast \u00fcber den ganzen Erdkreis verbreitet; in den Tropen wachsen davon 210 Arten und aufser-halb derselben 133 Arten, wovon 45 der s\u00fcdlichen Hemisph\u00e4re aufserhalb der Tropen zukommen. Unter diesen tropischen Gentianeen hat Herr Grisebach aber auch alle diejenigen aufgef\u00fchrt, welche bis zu den gr\u00f6fsten H\u00f6hen der tropischen Gebirge Vorkommen. In der alten Welt kommen 175 Arten und in der neuen 180 vor, w\u00e4rend 12 Arten beiden gemeinschaftlich zukommen. Die Anden-Flora zeigt 51 Arten, die Himalajah 41, IIindostan30, das tropische Brasilien 46 u. s. w. In Deutschland und in der alpinen Schweiz zeigen die Gentianeen den gr\u00f6fsten Quotienten, wo sie fast den 30sten Theil der Vegetation darstellen; in andern planen Gegenden verh\u00e4lt sich derselbe = t\u00a3\u00f6 \u2014*h) und in alpinen Gegenden =\n\u2014 der ganzen Artenzahl. Nur wenige Arten haben ein ausgebreitetes Vaterland, Mehyanthes trifoliata kommt in der ganzen n\u00f6rdlichen temperirten Hemisph\u00e4re vor, und Gentiana verna hat eine ausgedehnte H\u00f6henverbreitung. Gentiana\n*) Genera et species Gentianearum adjectis observationibus qui-btisdam phytogeogr aphids. Stuttg. et T\u00fcbing. 1839.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nprostrata kommt*in den verschiedensten Gegenden der Erde vor; Gentiana purpurea findet sich auf den Alpen der Schweiz und auf Kamtschatka. Schwentia perennis findet sich ebenfalls in sehr verschiedenen Gegenden der n\u00f6rdlichen Hemisph\u00e4re wieder.\nDen tropischen Gegenden sind die Lhsyantheae und Hip-pieae eigen, sie steigen daselbst auch nicht auf die Berge. Die Chloreen zeigen in der n\u00f6rdlichen Hemisph\u00e4re ihre gr\u00f6fste Anh\u00e4ufung, die Chironien nur in der s\u00fcdlichen Hemisph\u00e4re, die Menyanthideen und Erythraeen sind dagegen \u00fcber den ganzen Erdkreis gleichm\u00e4fsig verbreitet. In der neuen Welt sind \u00fcberhaupt die Lisyantheen lind Swertieen, in der alten Welt dagegen die Swertieen und Erylhraeaceen vorherrschend.\nHerr Brunner in Bern *) hat vortreffliche Bemerkungen zu den europ\u00e4ischen Euphorbien publicirt; er f\u00fchrt 40 gute Arten dieser Gattung auf, von welchen Euphorbia helioscopia, platyphylla, palustris, exigua, falcata, sylvatica, nicaeen-sis, gracilis und vielleicht von salicifolia mehr oder weniger ganz Europa an. Dem mehr n\u00f6rdlich von den Alpen gelegenen mittlern Europa, so wie S\u00fcdrufsland nnd dem Kaukasus geh\u00f6ren an: Euphorbia dulcis, Esula, Cyparissias, sylvatica, virgata M. B., procera, saxatilis, aspera M. B. condylo-carpa und undulata, dagegen mehr dem s\u00fcdlichen und westlichen, als nord\u00f6stlichen Europa eigen und wohl gr\u00f6fstentheils zur Flora mediterranea geh\u00f6rend sind 21 Arten aufgef\u00fchrt, also mehr als das Doppelte der nord\u00f6stlichen Arten. Auch treten hier schon 2 holzartige Euphorbien auf, n\u00e4mlich Euphorbia spinosa und Euphorbia dendroides, so dafs diese Flora schon dadurch der nordafrikanischen \u00e4hnlicher wird.\nHerr Raben h\u00f6rst **) hat die Flora der Niederlausitz in phytostatistischer Hinsicht berechnet und die erhaltenen Ver-h\u00e4ltnifszahlen f\u00fcr die verschiedenen Familien mit denen einiger anderen Floren eben derselben Zone verglichen. Es sind\n*) Einiges \u00fcber geographische Verbreitung der europ\u00e4ischen Euphorbien. \u2014 Flora von 1838. I. pag. 65 etc.\n\u00a5\u00a5) Beitrag zur Pflanzen-Geographie der Niederlausitz, mit R\u00fccksicht auf benachbarte und andere Provinzen. \u2014 Flora'y on 1838. II, pag. 608.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"143\nbisher in der Niederlausitz 2739 Arten von Pflanzen aufgefunden, worunter 1129 Phanerogamen (mit 118 Kulturpflanzen, also nur 1011 wildwachsende Vorkommen. Diese Phanerogamen zeigen 241 Mono cotyledonen und 770 Dicotyledonen, so dafs sich jene zu diesen gleich 1 ; 3,19 verhalten. Dagegen verhalten sich die Monocotyledonen zur gesammten phanerogamen Flor gleich 1 :4,19. Die folgende Tabelle giebt die Verh\u00e4ltnisse an, welche die vorz\u00fcglichsten Familien in jener Flora der Niederlausitz zeigen:\nNamen der Familien. Artenzahl. Verh\u00e4ltnifs zu allen\nPhanerogamen.\nGramineen\t80\t1\t12,63\nCyperoideen\t65\t1\t15,55\nJunceen\t22\t1\t45,95\nMmentaceen\t30\t1\t33,7\nSynanthereen\t99\t1\t10,21\nLabiaten\t46\t1\t21,95\nPersonaten\t46\t1\t21,91\nVmbelliferen\t40\t1\t25,27\nP apilionaceen\t50\t1\t20,22\nRosaceen\t38\t1\t26,60\nTetradynamen\t32\t1\t31,54\nCaryophylleen\t41\t1\t24,65\nNach der Vergleichung der Verh\u00e4ltnifszahlen mit denjenigen der Floren benachbarter L\u00e4nder kommt Herr Raben horst zu dem Resultate, dafs sich die Flora der Niederlausitz in statistischer Hinsicht besonders durch die Familien der Cype-roideen, der Labiaten und der Caryophylleen characterisirt.\nNach der Ansicht derjenigen Botaniker, welche da glauben, dafs man die Vegetation eines Landes am besten durch solche Zahlenverh\u00e4ltnisse characterisirt, m\u00fcfste die Vegetation der Niederlausitz grofse Aehnlichkeit mit jener des s\u00fcdlichen Europa zeigen, wo man das Reich der Labiaten und Caryophylleen aufgestellt hat. Aber sie m\u00f6gen hingehen und sich vom Gegentheile \u00fcberzeugen! (Ref.)\nDie Herrn Kor tha\u00efs und M\u00fcller*) haben im Nov.1836\n*) Berigten over Sumatra, etc. te Amsterdam 1837. Entnommen aus v. Froriep's Notizen. V. Bd. 1838. pag. 244 etc.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nden Morapi auf Sumatra bestiegen und daselbst die Grenze des Reisbaues bis zu 3400 rhein. Fufs beobachtet. Erst einige Hundert Fufs niedriger h\u00f6rte die Cocospalme auf, dagegen wurde daselbst das Bambusrohr und die Arengpalme allgemeiner; der Kaffee steht daselbst sehr \u00fcppig. Die eigentliche Baumgrenze ward hier schon bei 7000 Fufs beobachtet, doch scheint diese geringe H\u00f6he nur durch die Localit\u00e4t des Bodens bedingt zu sein. (Ref. ) Im Uebrigen ergiebt es sich aus den Angaben, dafs die Vegetation\u00ab daselbst mit jener auf den Gebirgen Java\u2019s sehr \u00fcbereinstimmend ist.\nHerr De la Fort*) hat ein Verzeichnifs von Pflanzen mitgetheilt, welche in der Umgegend von Laon Vorkommen und sich nicht um Paris vorfinden; ferner ein Verzeichnifs derjenigen, welche bei Paris und bei Laon Vorkommen und dagegen in der Umgegend von Vervins und Rocroy fehlen, so wie ein Verzeichnifs derjenigen Pflanzen, welche bei Vervins und Rocroy Vorkommen und sowohl bei Paris als Laon fehlen.\nHerr Miquel**) hat eine Vergleichung der Floren der Preufs. Rhein-Provinz mit der Flora von Nord-Niederland in statistischer Hinsicht gegeben. F\u00fcr die Rhein-Ppovinz wird die Schrift von Wirtgen***) zum Grunde gelegt und f\u00fcr Nord-Holland die eigenen Arbeiten \u00fcber diese Flora. Hiernach enthalten die Rhein-Provinz 1480 Phanerogamen und Nord-Holland 1210; dort sind 1146 Dicotyledonen und 334 Monocotyledonen, w\u00e4rend hier 905 Dicotyledonen und 305 Monocotyledonen aufgefunden sind. Demnach verhalten sich die Monocotyledonen zu der Gesammtflora in der Rhein-Provinz wie 1:4,4 und in Nord-Holland wie 1:3,9, demnach ist das Verh\u00e4ltnifs der Monocotyledonen in Holland gr\u00f6fser als am Rhein, was denn auch durch den vielen feuchten Boden, welcher daselbst vorkommt sehr wohl erkl\u00e4rlich ist.\n*) Notes sur la v\u00e9g\u00e9tation des environs de Laon, \u2014 Vervins et Rocroy, compar\u00e9e a celle des environs de Paris. \u2014 Ann. des scienc. nat. 1838. Part, botan. I. pag. 375.\n**) De Noord- Neder lands che Vegetatie in have hoof dtreldcen vergelehen met die der pruissische Rijn - Provincie. \u2014 Tijdschrift v. Natuurl. Gesell, en Phys. IV. 271.\n*\u00a5Y) S. den vorigen Jahresbericht pag. 176.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"145\nFolgende Tabelle giebt die statistischen Verh\u00e4ltnisse der haupts\u00e4chlichsten Familien beider genannten L\u00e4nder; es enthalten:\nRhein-Pro vinz,\tNord-Holland.\nZahl der Verh\u00e4ltnifs Zahl der Verh\u00e4ltnifs Arten. der Arten Arten. der Arten\nzurGesammtflora.\tzur Gesammtflora.\nGramineae\t115\t1\t12,9\t119\t1\t10,1\nCyperaceae\t82\t1\t18\t72\t1\t16,8\nJunceae\t19\t1\t17\t19\t1\t63\nLiliaceae\t25\t1\t59\t15\t1\t80,6\nOr chide ae\t39\t1\t36\t19\t1\t63,6\nRanunculaceae\t48\t1\t30,8\t31\t1\t39\nCruciferae\t80\t1\t18,5\t62\t1\t19,5\nCaryophylleae\t57\t1\t25,9\t51\t1\t23,7\nLeguminosae\t78\t1\t18,7\t57\t1\t21,2\nRosaceae\t68\t1\t21,7\t45\t1\t26,8\nUinbelliferae\t61\t1\t24,3\t63\t1\t28,3\nRubiaceae\t20\t1\t74,3\t14\t1\t86,4\nCompositae\t147\t1\t10\t127\t1\t9,5\nCampanulaceae 17\t\t1\t87,0\t16\t1\t75,6\nBoragineae\t22\t1\t67,3\t17\t1\t71,1\nLabiatae\t70\t1\t21,1\t50\t1\t24,2\nScrophul.c.Orob.lQ\t\t1\t18,7\t52\t1\t23,2\nChenopodeae\t19\t1\t78\t31\t1\t39\nJ\u00dfup h o rbiaceae\t15\t1\t98,7\t14\t1\t86,4\nAmentaceae\t32\t1\t46,4\t33\t1\t36,6.\nHerr H. Besser*) hat einige\t\t\t\tinteressante\tMittheilungen\t\n\u00fcber die Grenzen der Getreide-Arten in Finnland gemacht. Das Land ist \u00fcberall dicht mit Birken und Nadelh\u00f6lzern bedeckt; die angebauten Stellen daselbst sind selten. Die gew\u00f6hnliche Getreideart daselbst ist im S\u00fcden der Roggen und im Norden \u00fcberall die Gerste. Der Weizen gedeiht daselbst unter 61\u00b0 N. Breite; der Hafer erreicht an der K\u00fcste den 64\u00b0 Grad; der Roggen beinahe 60\u00b0 der ^Breite, und die Gerste soll noch einen Grad \u00fcber den Polarkreis hinausgehen.\n*) Berghaus Annalen der Erd-, V\u00f6lker- und Staatenkunde 1838. pag. 557. Entnommen aus der St. Petersb. Zeitung. No. 209. 1838.\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\n*\nMan gewinnt daselbst im Durchschnitte das f\u00fcnfte Korn von der Gerste und vom Roggen das 8te Korn, doch sind Miss-\u00e4rnten nicht selten.\nVon Herrn R\u00fcppell, dem ber\u00fchmten Reisenden*) haben wir einige wichtige Mittheilungen \u00fcber die Verbreitung der Vegetation in dem abyssinischen Hochlande erhalten. Der Ostabhang der abyssinischen Grenzgebirge ist nur in der nie-dern Region mit lichtem Gestr\u00e4uche bedeckt, und besitzt nur in den feuchten Thalschluchten hochst\u00e4mmige Raumgruppen. In gr\u00f6fserer H\u00f6he findet man dichtstehende kolossale Kronleuchter-Euphorbien und aloeartige Pflanzen; ihnen folgt dorniges, rankiges Gestr\u00e4uch und auf der H\u00f6he selbst (etwa 9000'. Ref.) steht eine Art von lichten Walde von grofsen Juniperus-B\u00e4umen mit Usneen bekleidet. An der S\u00fcdwestgrenze der Provinzen Tigne und Agame, in einem ebenen Terrain von etwa 5000 Fufs H\u00f6he \u00fcber dem Meere, finden sich einige Niederungen mit Wiesengrund; grofse Menge zwiebelartiger Gew\u00e4chse und einige A\u00e4ansonien wie auch kolossale Sykomor-Feigenb\u00e4ume characterisiren die Gegend. In der Provinz Simen erhebt sich ein imposantes Gebirge, wovon einer der h\u00f6chsten Gipfel beinahe die Grenze der ewigen Schneeregion erreicht, d. h. 13,600 franz. Fufs. Bis 6000' ist die Vegetation daselbst nichts als mageres Strauchwerk. Bei 12000' verschwinden die Gestr\u00e4uch er g\u00e4nzlich und eine \u00fcppige Alpenvegetation, reich an Klee-Arten beginnt; eine sonderbare Lobeliacee mit einem mannshohen hohlen Stengel und einer Aloekrone, giebt der Gegend einen fremdartigen Character. An dem westlichen Abfalle der Schneeregion des Bua-Hal Berges geht der Anbau der Gerste bis zu 10000 Fufs hinauf.\nVon Herrn Martins **) haben wir eine interessante phy-togeographische Beschreibung des Berges Ventoux erhalten; derselbe liegt in 44\u00b0 10' Breite und 2\u00b0 56' \u00f6stlich von Paris, 12 Lieues in nord\u00f6stlicher Richtung von Avignon, er beherrscht\n*) S. Bemerkungen \u00fcber Abyssinien in Bezug auf die Physiognomik der Landschaft. Aus dem Ph\u00f6nix in Berghaus Annalen der Erd-, V\u00f6lker- und Staatskunde. 1835. pag. 421. \u2666\n**) Essai sur la topographie botanique du Mont Ventoux en Provence. \u2014 Ann, des Scienc. natur. 1838. \u2014 IL pag. 129 et pag. 228,","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"147\ndas fruchtbare Thal, welches das Departement von Vaucluse bildet. Sieben Monate hindurch ist die Spitze des Berges mit Schnee bedeckt, sie ragt aber noch nicht in die ewige Schnee-region hinein, welche daselbst wohl 950 M\u00eatr. h\u00f6her liegt. Avignon liegt 20 M\u00eatr. \u00fcber dem Niveau des Meeres und die Spitze des Ventoux ragt 1911 M\u00eatr. dar\u00fcber hinaus. Nach den mitgetheilten Beobachtungen zeigt die Temperatur auf der Spitze des Ventoux, im Vergleich zu derjenigen von Avignon, innerhalb der Sommermonate eine Differenz von 14,3\u00b0 C. und w\u00e4rend der Wintermonate eine Differenz von 10,15\u00b0. Auch die \u00fcbrigen physikalischen Verh\u00e4ltnisse werden mit vieler Sachkenntnis speciell er\u00f6rtert.\nDie Vegetation des Berges Ventoux wird durch Herrn Martins nach dem Vorherrschen characteristischer Pflanzen in folgende Regionen getheilt. Auf dem s\u00fcdlichen Abhange stellen sich 6 Regionen dar:\n1)\tDie Region von Filius alepensis. Dieser Baum, welcher die WT\u00e4lder in Syrien und an den Ufern des Mittell\u00e4ndischen Meeres bildet, erhebt sich bis zu der H\u00f6he von 303 bis 430 M\u00eatr. ; die \u00fcbrigen characteristischen Pflanzen daselbst sind ebenfalls die der Flora der Ufer des Mittell\u00e4ndischen Meeres.\n2)\tDie Region des Quercus Ilex.; sie reicht hinauf bis 480 und 540 M\u00eatr.\n3)\tDie Region des Thymus vulgaris und des Laveudel\u2019s; sie reicht hinauf bis zu 1150 M\u00eatr. und ist von B\u00e4umen entbl\u00f6fst.\n4)\tDie Region der Buchen, welche von 1133 bis 1660M\u00eatr. hinaufsteigen.\n5)\tDie Region des Finus uncinata, von 1650 bis 1810 M\u00eatr. 1480 M\u00eatr. ist die untere Grenze dieses Baumes.\n6)\tDie alpine Region; von 1810 bis zu 1911 M\u00eatr. sich erstreckend.\nAuf der n\u00f6rdlichen Seite fehlt die Region von Finns alepensis, Maulbeerb\u00e4ume, Weinreben u. s. w. fassen daselbst die Basis des Berges ein, worauf die Region der Stechpalme (Quercus Ilex.) folgt, welche sich bis zu 618 M\u00eatr. H\u00f6he erhebt. Die zweite Region ist die der Nufsb\u00e4ume, welche bis 617 und 797 Mctr. emporsteigt; zwischen 797 und 910 M\u00eatr. ist der","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nBoden mit Lavendel und Thymus bekleidet, aber keine baumartige Vegetation characterisirt diese Zone. Hierauf folgt die Region der Buchen; sie herrscht zwischen 310 bis 1376 Metr. In der vierten Region sind Pinus uncinata und Abies excelsa characteristisch, die sich bis \u00fcber 1720 M\u00eatr. erheben, und in der f\u00fcnften Region findet die alpine Vegetation statt. Bei allen diesen einzelnen Regionen sind die haupts\u00e4chlichsten kraut- und strauchartigen Pflanzen angegeben, so dafs man ein vollst\u00e4ndiges Bild von der Vegetation jenes Berges erh\u00e4lt, was aber sicherlich nicht der Fall sein w\u00fcrde, wenn wir eine phytostatische Uebersicht der daselbst gefundenen Pflanzen erhalten h\u00e4tte. Am Schl\u00fcsse der Abhandlung findet sich ein Verzeichnis der phanerogamen Pflanzen des Berges Ventoux nach nat\u00fcrlichen Familien geordnet, und aufserdem giebt Herr Martins noch specielle Angaben \u00fcber die Vegetations-Verschiedenheit, welche sich auf der n\u00f6rdlichen und auf der s\u00fcdlichen Seite jenes Berges zeigt. Auf der n\u00f6rdlichen Seite des Berges fehlt d'e Region des Pinus alepensis, weil der Fufs des Berges daselbst nur 30 M\u00eatr. \u00fcber der oberen Grenze jenes Baumes liegt. Die untere Grenze von Sature ja man-tara, Nepeta graveolens und des Lavendel\u2019s ist auf der n\u00f6rdlichen Seite viel niedriger als auf der s\u00fcdlichen, und die obere Grenze des Quercus Ilex ist daselbst mehr erh\u00f6ht. Die untere Grenze der n\u00f6rdlichen Pflanzen, als des Wachholderstrauches, der Buche und des Pinus uncinata ist im Mittel an 222 M\u00eatr. niedriger als auf der entgegengesetzten s\u00fcdlichen Seite. Dagegen steigen alle Pflanzen mit ihren oberen Grenzen auf der S\u00fcdseite h\u00f6her hinauf als auf der Nordseite des Berges; die Differenz betr\u00e4gt f\u00fcr einige Pflanzen, welche spe-ciell angef\u00fchrt werden 245 \u2014 246 M\u00eatr.\nBei der Vergleichung der Grenzen f\u00fcr die vertikale Verbreitung einiger Gew\u00e4chse des Berges Ventoux mit deren Grenzen in der horizontalen Verbreitung gebraucht Herr Martins sehr passend, den Ausdruck \u201edes lignes isophytes\u201c dessen man sich ebenso bedienen kann wie der isothermen Linien.\nIn der Einleitung, welche Graf Sternberg zu den letzten Lieferungen (7. und 8. 1838) seiner Flora der Vorwelt gegeben hat, lehrt derselbe, dafs die Entwickelung des Pflanzen-","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"149\nlebens auf der Erdkruste mit grofser Wahrscheinlichkeit in folgender Art stattgefunden habe:\n1)\tDafs die erste Vegetationsperiode schon sehr fr\u00fche begonnen habe, weil ein Theil davon schon in der Bildung des Thonschiefers ihr Grab gefunden hat.\n2)\tDafs diese Vegetation zwar einfach, aber grofsartig war; dafs sie aus Pflanzen bestand, deren viele gegenw\u00e4rtig nicht lebend wiedergefunden werden, deren Analogien oder Familienverwandte dermal nur in dem heifsen Erd-giirtel oder zwischen den Tropen wohnen.\n3)\tDafs diese Pflanzen, eine bisher einzige Ausnahme abgerechnet, in der nachfolgenden zweiten Flora nur selten der Gattung nach, vielleicht gar nicht der Art nach, wieder Vorkommen, daher die erste Flora, in so weit sie bekannt ist, \u00fcber die ganze Erdkruste verbreitet und \u00fcbereinstimmend war, von der zweiten Flora jedoch scharf abgeschnitten ist.\n4)\tDafs die zweite Flora durch alle nachfolgenden Formationen zwar \u00f6fter gest\u00f6rt, doch nirgends scharf abge-sclmitten ist, sondern unbemerkt in die dritte Flora \u00fcbergeht, welche nur botanisch durch die Ver\u00e4nderung der Zahlenverh\u00e4ltnisse der akotylen und monocotylen Pflanzen gegen die dicotylen, und ihr mehr europ\u00e4isches Ansehen geschieden werden kann.\n5)\tDafs sowohl in der zweiten als dritten Vegetationsperiode der Parallelismus der Formation nicht mit jenem der Vegetation zusammenf\u00e4llt, wodurch die blofs in aufsteigender Reihe entworfenen Floren nicht hinreichen um ein allgemeines Bild der Vegetation einer Zeitperiode darzustellen ; dafs man sich daher wird bequemen m\u00fcssen, die Floren der Formationen nach geographischer Verbreitung einzeln zusammenzustellen, und es einem k\u00fcnftigen Linn\u00e9e f\u00fcr die Vorwelt zu \u00fcberlassen ist, aus diesen einzelnen Arbeiten ein Ganzes zusammen zu bauen u. s. w.\nDie mineralischen Kohlen stehen in einem direkten Verh\u00e4ltnisse zu den ehemals vorhandenen Floren und zu der Dauer der Vegetationsperioden. Man denke sich, sagt Graf Sternberg, einen Urwald zu einer Zeit, wo es weder Menschen noch pflanzenfressende Thiere gegeben hat, und lasse diesen in einem warmen und feuchten Klima durch eine un-","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nbestimmt lange Zeit fortvegetiren * **)), alle Abf\u00e4lle von Aesten, Bl\u00e4ttern, Saamen, Fr\u00fcchten und vermodernden St\u00e4mmen dem Boden wiedergeben, und so sich mehrere Pflanzengenerationen \u00fcbereinander aufbauen, so wird eine Masse von Modererde aus der Rinde, dem Holze, den Fr\u00fcchten, Saamen, Bl\u00e4ttern und der s\u00e4mmtlichen Vegetation kleinerer Pflanzen bestehend geliefert werden, und auf dieser die noch lebende Vegetation vorhanden sein, so dafs man sehr grofse R\u00e4ume damit wird ausf\u00fcllen k\u00f6nnen. Denken wir nun eine Erdrevolution hinzu, wo ein Orkan die lebende Vegetation niederst\u00fcrzt, und eine mit Sand und Schlamm geschw\u00e4ngerte Wasserbedeckung darauf folgt, so haben wir das getreue Bild, wie dermal die oberen Ablagerungen der Steinkohlen wirklich gefunden werden, wo n\u00e4mlich auf dem Dache der festen Schlammmasse sowohl niederliegende, als aufrechtstehende B\u00e4ume und Pflanzennabdr\u00fccken in Menge aufgeh\u00e4uft gefunden werden u. s. w.\nDie zweite Flora scheint auf kleinere R\u00e4ume und k\u00fcrzere Vegetationsperioden beschr\u00e4nkt gewesen zu sein; die baumartigen Farm, die Lepidodendra, die Stigmarien waren verschollen; Equisetaceen, Calamiten, Zamiten, Confer en,, kleine Farm und Gr\u00e4ser, Tangen und wenige dikotyledonische Pflanzen traten an ihre Stelle und bildeten unter sich verschiedene Floren, welche, indem sie sich immer erneuerten oder fortsetzten, theilweise in verschiedenen Revolutionen untergegangen sind.\nErst in der dritten Flora erhalten wir wieder die Ueber-zeugung von einer in einer l\u00e4ngern Zeitperiode ausgebreiteten Vegetation, die aus eigenthiimlichen Landpflanzen bestand und sich als Nadel- und Laubh\u00f6lzer verschiedener Arten darbieten, von denen man zuweilen ganze St\u00e4mme mit wohlerhalteiier Holztextur antrifft.\nHerr B eilschmied *) hat \u00fcber einige phytogeographi-sche Gegenst\u00e4nde gehandelt, welche theils als Erg\u00e4nzung zu Watson\u2019s Bemerkungen \u00fcber die geographische Verbreitung der Gew\u00e4chse Grofsbritanien\u2019s dienen sollen. Im ersten Ab-\n*) Herr N\u00f6ggeratli hat in einem Baume der Braunkohle 792 concentrische Jahresringe gez\u00e4hlt.\n**) Flora oder botanische Zeitung. 1838. II. pag. 537 etc.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"451\nschnitte ist \u00fcber die sogenannte Bodenstetigkeit der Pflanzen die Rede, welche auch in unsern Jahresberichten schon so oft zur Sprache kam. Herr Be il sch mied f\u00fchrt eine Reihe von Beobachtungen der Herren Heer, Wirtjgen und Sauter an, welche sehr bestimmt gegen eine grofse Menge von spe-ciellen Beobachtungen sprechen, auf welche Herr Unger seine Ansichten \u00fcber die Bodenstetigkeit der Gew\u00e4chse aussprach. Herr Unger fand in dem nord\u00f6stlichen Tyrol 112 sogenannte kalkstete Phanerogamen, doch eine so grofse Menge von diesen Gew\u00e4chsen wurde von den Herren Heer und Wirtgen meistens auf Schiefer gefunden, dafs nur noch 41 als kalkstet Zur\u00fcckbleiben, welche Herr Beilschmied auch speciell auff\u00fchrt. So gehen auch von 31 schiefersteten Pflanzen des Herrn Unger 15 ab u. s. w. Hiernach werden, wie Referent glaubt, die eifrigen Vertheidiger jener Lehre von der Abh\u00e4ngigkeit der Pflanzen von ihrem Boden in geognosti-scher Hinsicht wohl einselien, dafs die Herren Scho uw, De Candolle, Referent, Treviranus u. s. w., welche sich dagegen ausgesprochen haben, ebenfalls auf das Vorkommen der Gew\u00e4chse, in Bezug auf ihre Bodenabh\u00e4ngigkeit in verschiedenen L\u00e4ndern und auf verschiedenen Gebirgen umgesehen haben ; Letzteres scheint dem Ref. hiebei am wichtigsten zu sein, und jeder Reisende., der ohne vorgefafste Meinung verschiedene gebirgigte L\u00e4nder in dieser Hinsicht besucht, wird sich hievon sehr bald \u00fcberzeugen k\u00f6nnen.\nEin zweiter Abschnitt handelt von den Pflanzen-Verh\u00e4ltnissen in verschiedenen Gebirgsh\u00f6hen. Herr Beilschmied hat die Listen der Pflanzennamen berechnet, welche Herr Heer f\u00fcr die einzelnen Regionen eines Theils der Schweizer Alpen im Jahre 1S36 mitgetheilt hat; die dabei erhaltenen Verh\u00e4ltnifszahlen sind mit den Floren Deutschland\u2019s, Holland\u2019s, D\u00e4nemark\u2019s, Schweden, Labrador, Lappland u. s. w. verglichen und in Form zweier grofser Tabellen mitgetheilt, deren Anfertigung gewifs viel Arbeit gekostet haben mag und wof\u00fcr die Wissenschaft Herrn Beil Schmied sehr verpflichtet ist. Aus diesen Tabellen ersieht man, dafs das relative Zunehmen oder Abnehmen der Pflanzen einzelner Familien beim Aufsteigen auf die Gebirge ebenso eine gewisse Regelm\u00e4fsigkeit zeigt, wie gegen die Pole hin. Das Zu- oder Abnehmen geschieht\n\\","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nnur bei einigen Familien, z. B. der alpinen, in st\u00e4rkeren Schritten u. s. w.\nReferent hat dergleichen Berechnungen f\u00fcr die verschiedenen Regionen eines Gebirges zuerst in seiner Pflanzen-Geographie mitgetheilt; damals gab es noch fast gar kein brauchbares Material hiezu. Nur De Candolle\u2019s Angaben \u00fcber die H\u00f6henausbreitung der Gebirgs-Pflanzen Frankreichs konnte Referent benutzen, und diese gaben mitunter Resultate, welche nur als unvollkommen gelten konnten. Ich sprach aber schon damals die Vermuthung aus, dafs sich die Gleichheit der Quotienten f\u00fcr die einzelnen Familien mit denjenigen, in den entsprechenden Zonen noch deutlicher zeigen w\u00fcrde, wenn das Material vervollst\u00e4ndigt w\u00fcrde. Dieser Fall ist jetzt eingetreten, meine Vermuthung, welche aus der Anschauung der Natur gesch\u00f6pft war, ist best\u00e4tigt, wenn auch Herr Beilschmied meine Arbeit absichtlich \u00fcbergeht oder dieselbe verkleinert; was gegen die Resultate ^derselben zu sagen ist, besonders wegen des unvollkommenen Material\u2019s, das habe ich selbst schon einige Jahre fr\u00fcher gesagt. Die Heer\u2019schen Pflanzen-Verzeichnisse f\u00fcr die verschiedenen Regionen im Canton Glarus sind zwar sehr sch\u00e4tzenswerth, sie w\u00fcrden es aber noch weit mehr sein, wenn bei jeder Pflanze der h\u00f6chste und der niedrigste Standpunkt angegeben w\u00e4re, an welchem man dieselbe beobachtet hat; dann erst k\u00f6nnten die statistischen Berechnungen f\u00fcr die verschiedenen Regionen richtig ausgef\u00fchrt werden. Indessen auch die, schon gegenw\u00e4rtig erhaltenen Resultate best\u00e4tigen es, dafs die Vegetation in den verschiedenen Zonen der Ebene nicht nur in physiognomischer, sondern auch in statistischer Hinsicht mit der Vegetation in den entsprechenden Regionen der Gebirge zu vergleichen ist.\nHerr v. Martius*) hat eine umfangreiche Arbeit \u00fcber die geographische Verkeilung der Palmen gegeben, welche er in 5 Gruppen eintheilt, n\u00e4mlich in: Arecinae, Lepidocaryinae, Borassinae, Coryphinae und Coccinae. Die Verkeilung der bisher bekannt gewordenen Palmen ist hiernach folgende:\n*) Ueber die geographischen Verh\u00e4ltnisse der Palmen mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der Haupt-Florenreiche. \u2014 M\u00fcnchener gelehrte Anzeigen von 1838. VI. pag. 627 etc.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"153\nIn der alten Welt.\t\tln der neuen Welt.\tZusammen.\nArecinae\t53\t45\t97\nLepidocaryinae\t60\t7\t67\nBorassinae\t11\t24\t35\nCoryphinae\t33\t24\t57\nCoccinae\t2\t99\t101\nSumma 159\t\t199\t357\nVon diesen 357 Palmen enthalten: Europal, Neuholland 6, Neuseelandl, oceanische Inseln 2, Afrika 13, Asien 132 und Amerika 198.\nHerr v. Martius giebt hierauf eine Eintheilung der Vegetation Amerika\u2019s nach seiner individuellen Ansicht in 14 besondere Floren reiche, welche er alsdann einzeln schildert und besonders auf den Antheil aufmerksam macht, welchen die Palmen bei der Darstellung derselben zeigen. Diese Reiche sind: 1) Das canadische Reich; 2) das nordwestliche Reich; 3) das von Florida-und dem Missisippi Gebiete; 4) das des aufsertropischen Mexico\u2019s; 5) das Florreich der Antillen; 6) das mexikanische innerhalb des Wendekreises; 7) das von Neu-Granada; 8) das von Peru; 9) das von Bolivien; 10) das vom Orinoco- und Amazonas-Gebiete; 11) das vom s\u00fcdlichen Brasilien; 12) das von dem extratropischen S\u00fcdamerika diesseits der Andes; 13) das von Chile und 14) das von Patagonien, den Magellans L\u00e4ndern nebst den Maluinen. In dem 8ten Hefte des grofsen Werkes \u00fcber die Palme, welches soebenerschienen ist, findet man mehrere graphische Darstellungen, welche Herr v. Martius \u00fcber die Verbreitung der Palmen gegeben hat, so wie auch die Bezeichnung der Iiaupt-Florenreiche nach den vorgetragenen Ansichten.\n\u2713","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"/\n'f\n\u00a3\u00a7$\u2022 -\n- * * *i-.\t< Hi >u *\u25a0; i i(hh \u25a0 \u00cf \u00bb * (;{\n74*.\niX\n' c;\u00ee>\nxv*\n1\nMM:\nI\n\\Hi *s\\\\i\n\u25a0\u00a3k\n't *>. 4 f\n\u25a0\n'*i\u00ab\u00e4 i.iii! *'\n\u00bb>\u00bb i * > * > * V\\\n. j v \u25a0\t> % .. r\u00bb \u2022>, '\u25a0J\ni \u2018\t\u2022\u2022\t-\u00ab:\nV\nGedruckt hei den Gehr. Une er.","page":154}],"identifier":"lit29418","issued":"1839","language":"de","pages":"153","startpages":"153","title":"Jahresbericht \u00fcber die Resultate der Arbeiten im Felde der physiologischen Botanik von dem Jahre 1838","type":"Book"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:12:31.071465+00:00"}