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{"created":"2022-01-31T13:53:51.110374+00:00","id":"lit29534","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 142-145","fulltext":[{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLitteraturbericht.\nDafs in den Tr\u00e4umen der Vorstellungsablauf so beschleunigt erscheint, erkl\u00e4rt die Verfasserin daraus, dafs bei der nachtr\u00e4glichen Erinnerung eine Beihe dem Traume fehlender Mittelglieder eingeschoben und so der zeitlich sehr kurze Traum hinterher mit einer F\u00fclle von Vorstellungen ausgestattet w\u00fcrde, deren normaler Ablauf freilich weit l\u00e4nger brauchte als der Traum. Doch scheint das keineswegs f\u00fcr alle derartigen Tr\u00e4ume zu passen. Nach Verweisung der Frage, ob wir im Schlafe immer tr\u00e4umen, an die Metaphysik, bespricht die Verfasserin die prophetischen Tr\u00e4ume und f\u00fchrt sie wie Spitta unter Ausschlufs der von Gurney und Myers angenommenen Telepathie teils auf unbewufste Wahrnehmung der ersten Spuren kommender Ereignisse (pathologische Tr\u00e4ume), teils auf zuf\u00e4lliges Zusammentreffen zur\u00fcck.\nM. Offner (Aschaffenburg).\nE. Loewenton. Versuche \u00fcber das Ged\u00e4chtnis im Bereiche des Raumsinnes der Haut. Inaug.-Diss. Dorpat 1893.\nNach kurzer Besprechung der in Betracht kommenden Fehlerquellen (Verschiedenheiten in der Qualit\u00e4t und Intensit\u00e4t des Beizes, in der Aufmerksamkeit, in der Temperatur, in den gereizten Hautstellen, Bichtung des reizenden Instruments zur Haut etc.) und nach Mitteilung \u00e4hnlicher Versuche von Weber, Ebbinghaus, Wolfe und Paneth behandelt Verfasser seine eigenen Versuche. Ihr Eigent\u00fcmliches findet er in dem Ungewohnten, Baumdistanzen durch den Hautsinn zu beurteilen. Die Fehlerquellen suchte er durch m\u00f6glichst gleiche Temperatur und vor allem durch einen Apparat, dessen lithographische Abbildung der Abhandlung beigegeben ist, und durch den zwei gleichseitige und gleichstarke Beize dem unterst\u00fctzten rechten Vorderarme appliziert werden konnten, zu vermeiden. Als Versuchspersonen dienten Verfasser und seine Frau. Das Verfahren war unwissentlich, d. h. das objektive Verhalten der zu vergleichenden Distanzen war den Versuchspersonen unbekannt. Die Methode war die der richtigen und falschen F\u00e4lle. Trotz all dieser Vorsich tsniafsregeln d\u00fcrfte an der Exaktheit der Methode, soweit sie wenigstens mitgeteilt ist, gar mancherlei auszusetzen sein :\n1. Wie grofs war der Zeitintervall zwischen den Einzelsch\u00e4tzungen, d. h. zwischen je zwei Vergleichsdistanzen? Mit B\u00fccksicht auf die Nachwirkungen ist dies von hoher Bedeutung, zumal da die Versuche anscheinend sehr schnell aufeinanderfolgten und dieselbe Hautstelle trafen. 2. Wie konnte Verfasser mit derselben Fehldistanz immer 8 mal hintereinander experimentieren? Wenn auch das Verfahren unwissentlich war, so wufste doch die Versuchsperson, die offenbar auch in der H\u00e4lfte der Versuche protokollierte, von der Thatsache, dafs die einmal angewandte Fehldistanz noch 7 mal hintereinander folgen wird, und zwar, da der Zeitfehler nicht ber\u00fccksichtigt wurde, jedes Mal als zweiter Beiz. Nach eigenen Erfahrungen in \u00e4hnlichen Experimenten bei Gewichten w\u00fcrde ich deshalb 7/s aller Versuche keine besondere Beweiskraft zuschreiben. Selbst wenn die Versuchsperson nichts von einer derartigen Anordnung der Versuche w\u00fcfste, w\u00fcrde ich ein schweres Bedenken in der achtmaligen Wiederholung derselben Fehldistanz finden. Es giebt wohl","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht\n143\nkaum eine Versuchsperson, die nicht trotz des eigenen gr\u00f6fsten Widerstrebens sich allerlei Gedanken \u00fcber die Versuchsanordnung macht und durch blofse Schl\u00fcsse und Knifie neben den wirklichen Empfindungen sich ein Urteil zu bilden sucht. Ein planloses Durcheinandermischen aller Eehldistanzen war erste Pflicht, 3. Wie lange wirkte der Reiz ? Eine Verschiedenheit hierin ist sicherlich eine Fehlerquelle. Ob sie vermieden wurde, erfahren wir nicht. 4. Wie konnten Versuche von ganz verschiedenen Tageszeiten (vormittags und nachmittags) miteinander verglichen werden? Fechner forderte sogar eine und dieselbe Tageszeit. Jedenfalls haben neuere Untersuchungen zur Gen\u00fcge erwiesen, dafs durch das Mittagsessen ein sehr bedeutender Unterschied in dem Verlaufe der psychischen Prozesse bedingt ist. 5. Wie schon bemerkt, scheint V erfasser die Aufeinanderfolge von Normal- und Fehldistanz nicht gewechselt und somit den konstanten Zeitfehler nicht eliminiert zu haben. 6. Die Gleichheitsurteile, ebenso die zweifelhaften, liefs Verfasser nicht zu, um die Aufmerksamkeit anzuregen. Damit die Versuchsreihen recht schnell ein eindeutiges Resultat liefern, mag dieses ein sehr empfehlenswertes Mittel sein, aber keineswegs, damit dieses Resultat zuverl\u00e4ssig und verwertbar ist. Denn, abgesehen von der Gewaltsamkeit und Unnat\u00fcrlichkeit eines solchen stimulus f\u00fcr die Aufmerksamkeit, wird letztere trotz alledem manchen Schwankungen unterlegen sein, die manchmal so grofs sein werden, dafs ein zweifelhaftes Urteil am Platze und jedenfalls einem falschen oder zuf\u00e4llig, durch Raten, nicht durch Empfinden richtigem Urteil vorzuziehen ist. Bei 7680 Versuchen \u2014 so viele wurden an jeder Versuchsperson angestellt \u2014 stets gleichm\u00e4fsig aufmerksam zu sein, halte ich f\u00fcr unm\u00f6glich und unn\u00f6tig. Die zweifelhaften F\u00e4lle sind erst ein Beweis f\u00fcr die Richtigkeit und Zuverl\u00e4ssigkeit der anderen. \u00c4hnliches gilt von dem Wegfall der Gleichheitsf\u00e4lle. Dafs Verfasser die objektiven Gleichheitsf\u00e4lle ausschaltete, d\u00fcrfte hieran ebensowenig \u00e4ndern, wie die Bemerkung Wundts, dafs die Zirkeldistanzen fast nie mit einiger Sicherheit f\u00fcr gleich gehalten werden. Denn dann w\u00e4re das Urteil bei Zirkeldistanzen fast ganz und gar subjektiv, von der Reizgr\u00f6fse wenig abh\u00e4ngig; zwischen richtigen und falschen F\u00e4llen liefse sich kaum unterscheiden, und die vom Verfasser angewandte Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle h\u00e4tte keinenBoden. Nun aber fand er schon bei einem Vergleiche von 70 und 75 cm bei 2 Sekunden Zeitintervall 63% richtige F\u00e4lle. Wo bleibt da die auff\u00e4llige Unsicherheit im Urteilen ? Ist nicht denn vielmehr die Sicherheit \u00fcbernormal und augenf\u00e4llig ein k\u00fcnstliches Produkt? Warum sollte ferner die Unsicherheit die Gleichheitsurteile mehr unbrauchbar machen, als die Gr\u00f6fser- oder Kleinerurteile? Liegt nicht hierbei der Irrtum zu Grunde, dafs auch die subjektive Gleichheitsempfindung entsprechend der objektiven Gleichheit, nur an einem Punkte stattfindet, w\u00e4hrend nach eigenen Versuchen die Gleichheitsempfindung sich \u00fcber eine rechtbetr\u00e4chtliche Strecke von Reizunterschieden ausdehnt.\nWenden wir uns nunmehr den Resultaten selbst zu. Untersucht wurde der Einflufs a) der Zeit, indem die Intervalle zwischen Normal-und Fehldistanz von 2 Sekunden bis 45 Sekunden ge\u00e4ndert wurde : b) der Distanz, indem mit einer Normaldistanz von 70 mm Distanzen von","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLitteraturbericht.\n\u2022 f\n90, 85, 80, 75, 65, 60, 55, 50 mm verglichen wurden ; c) der \u00dcbung und Erm\u00fcdung. In Bezug auf den Einflufs der Zeit bemerkte Verfasser einen Unterschied zwischen den objektiv gr\u00f6fseren und kleineren Fehldistanzen. Dort nimmt mit Zunahme der Zeitintervalle die Sicherheit der Urteile oder die Anzahl der richtigen F\u00e4lle ab, und zwar zuerst rasch, dann langsamer. Bei 45 Sekunden Zeitintervall kann man von einem Ged\u00e4chtnis \u00fcberhaupt nicht mehr sprechen, da nur 46% Bichtigsch\u00e4tzungen vorkamen. Bei den objektiv kleineren Distanzen aber konstatiert Verfasser eine Zunahme der richtigen F\u00e4lle mit Zunahme des Zeitintervalles. Diese Resultate findet Verfasser \u201eparadox\u201c und glaubt sie nur durch \u201ecentrale\u201c Erm\u00fcdung mit Abnahme der Aufmerksamkeit erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen. Ich halte diese Erkl\u00e4rung nicht blofs nicht. f\u00fcr die \u201eeinzig m\u00f6gliche Erkl\u00e4rung\u201c, sondern \u00fcberhaupt f\u00fcr gar keine Erkl\u00e4rung. Oder soll die Erm\u00fcdung bei 65 mm Fehldistanz und 45 Sekunden Intervall 73% im Vergleich zu nur 54% richtiger F\u00e4lle bei 2 Sekunden Intervall bewirken, w\u00e4hrend von dieser Erm\u00fcdung bei *75 mm Vergleichsdistanz noch nichts zu merken ist und 45 Sekunden Intervall 37% im Vergleich zu 76% richtiger F\u00e4lle bei 2 Sekunden Intervall ergeben? Warum soll die Erm\u00fcdung davon abh\u00e4ngig sein, ob die Fehldistanz objektiv 5 mm gr\u00f6fser oder kleiner ist, als die Vergleichsdistanz? Paradox ist allerdings jenes Resultat \u2014 unter der Voraussetzung, dafs es sich hier \u00fcberhaupt um Ged\u00e4chtnisversuche handelt. Dies ist aber durchaus nicht der Fall, und dafs es nicht der Fall ist, beweist zur Gen\u00fcge das Resultat. Die Treue des Ged\u00e4chtnisses nimmt ohne Zweifel mit der Zeit ab, gleichviel, ob der erste Eindruck kleiner oder gr\u00f6fser war als der zweite. Zu dem Begriff \u201eGed\u00e4chtnis\u201c geh\u00f6rt aber unbedingt ein Vergessen, ein Zustand, in dem die Empfindung, resp. Vorstellung vollst\u00e4ndig aus dem Bewufst-sein geschwunden ist. Die E\u00dfBixGHA\u00fcsschen Versuche k\u00f6nnen mit Recht solche \u00fcber das Ged\u00e4chtnis genannt werden. Verfasser hat nur auf die Zeit geachtet, nicht auf die psychischen Vorg\u00e4nge innerhalb dieser Zeit. Bei den Versuchen des Verfassers wird der einmal empfangene Eindruck w\u00e4hrend des ganzen Zeitintervalles durch die Aufmerksamkeit festgehalten und gleichsam subjektiv be- und verarbeitet, wie dies bei allen Untersuchungen \u00fcber die Unterschiedsempfindlichkeit bei successiven Reizen der Fall ist, und die Verfasser ebenfalls mit Unrecht Ged\u00e4chtnisversuche nennt. (S. 7.) Unter dieser Voraussetzung l\u00f6st sich obiges Paradoxon recht sch\u00f6n. Die objektiv gr\u00f6fseren Distanzen ergaben, dafs der Zwang, eine l\u00e4ngere Zeit eine Distanz in Gedanken festzuhalten, sie fortw\u00e4hrend mit dem inneren Auge gewissermafsen zu betrachten, die Tendenz hat, sie zu verkleinern, d. h. im Sinne des Verfassers die Zahl der richtigen F\u00e4lle zu vermindern. Das gleiche Resultat liefern die Versuche mit objektiv kleineren Fehldistanzen, so dafs mit Zunahme des Intervalles die Zahl der richtigen F\u00e4lle wiederum zunimmt. Ber\u00fccksichtigt man also diesen \u00fcberaus wichtigen Unterschied zwischen Unter-schiedsempfindlichkeits- und Ged\u00e4chtnisversuchen und stellt die Frage : In welchem Verh\u00e4ltnisse steht die \u00c4nderung eines \u00e4ufseren Eindruckes durch fortw\u00e4hrende psychische Bearbeitung zur Dauer dieser Bearbeitung?, so erh\u00e4lt man aus den mit-","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Li tteraturbericht.\n145\ngeteilten Tabellen ein sehr \u00fcbereinstimmendes Resultat. Mit Ver-gr\u00f6fserung des Zeitintervalles nimmt die Verkleinerung der Normaldistanz zu. Dies gilt nach des Verfassers Tabellengleichm\u00e4fsig bei allen Fehldistanzen von 90\u201450 mm. Unter diesem Gesichtspunkte ergiebt sich auch ein anderes Urteil \u00fcber den EinfLufs des Distanzunterschiedes. Auch hierbei unterscheidet Verfasser mit Unrecht zwischen oberen und unteren, d. h. objektiv gr\u00f6fseren und kleineren Distanzen, und konstatiert nur bei jenen eine Zunahme der Sicherheit der Urteile oder der richtigen F\u00e4lle bei Zunahme des objektiven Unterschiedes der verglichenen Distanzen. Stellt man wieder die mitgeteilten Resultate nach der Zahl der \u201eKleiner\u201c-Urteile zusammen, so erh\u00e4lt man wieder einen geradezu gl\u00e4nzenden Beweis daf\u00fcr, dafs diese um so zahlreicher werden, je kleiner die Fehldistanzen werden. Darum, dafs nur ein grofser Unterschied noch bei einem gr\u00f6fseren Zeitintervall wahrgenommen wird, handelt es sich hier gar nicht.\nUm den Einflufs der \u00dcbung und Erm\u00fcdung zu bestimmen ? hat sich Verfasser begn\u00fcgt, die erste und zweite H\u00e4lfte jeder Versuchsreihe getrennt zu betrachten. Abgesehen von der Unzul\u00e4nglichkeit dieser Methode f\u00fcr eine derartige Frage, wird nicht angegeben, mit welchen Intervallen, also mit welchen Versuchsgruppen, immer begonnen wurde. Verfasser selbst konstatiert, dafs eine Beeinflussung der Sicherheit in der Sch\u00e4tzung durch obige Trennung jeder Versuchsreihe nicht vorhanden ist. Ob dem so ist, k\u00f6nnen wir also nicht beurteilen. Jedenfalls aber h\u00e4tte bei Versuchen mit einem Zeitintervall von 2 Sekunden und 45 Sekunden der Unterschied zwischen der peripheren Erm\u00fcdung (der Tastorgane) und der centralen ber\u00fccksichtigt werden m\u00fcssen.\nArthur Wreschner (Berlin).\nJ. Ward. Assimilation and association. (I.) Mind. (N. S.) H. No. 7\nS. 347\u2014362 (1893.)\nDie \u00fcberraschende Uneinigkeit in Gebrauch und Auffassung der Begriffe Assimilation(\u2014recognition, Wiedererkennen) und Association ver-anlafsten den Verfasser zur kritischen Pr\u00fcfung derselben. Zuerst legt er sich die Frage vor: Was begr\u00fcndet bei Vorstellungen die Identit\u00e4t oder wodurch erscheinen uns wiederholt kommende Vorstellungen als identisch, als bekannt?\nDie eine Ansicht geht dahin, dafs Wiederholung des gleichen Ein-druckes nicht eine neue Vorstellung erzeugt, sondern eine \u00c4nderung der schon vorhandenen (funktionelle Ansicht), die andere dagegen, als deren Hauptvertreter er Baih bezeichnet, behauptet, dafs jede Wieder holung wie ein neuer Eindruck auch eine neue Vorstellung erzeuge, welche von den fr\u00fcheren gleicher Qualit\u00e4t durch bald klar, bald kaum merklich bewmfste, gleichzeitig aufgenommene und darum durch Konti-guit\u00e4t assoziierte Nebenvorstellungen geschieden werde; werden letztere unbewufst, dann werden die qualitativ identischen Vorstellungen auch numerisch identisch, d. h. sie fallen zusammen (atomistische Ansicht).\nMit Recht macht W. dagegen geltend, dafs die Kontiguit\u00e4t lediglich die Reproduktion der gleichzeitig aufgenommenen Vorstellungen erkl\u00e4re,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VIII.\t10","page":145}],"identifier":"lit29534","issued":"1895","language":"de","pages":"142-145","startpages":"142","title":"E. Loewenton: Versuche \u00fcber das Ged\u00e4chtnis im Bereiche des Raumsinnes der Haut. Inaug.-Diss. Dorpat 1893","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:53:51.110380+00:00"}