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{"created":"2022-01-31T16:06:56.957385+00:00","id":"lit29536","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M. ","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 145-147","fulltext":[{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Li tteraturbericht.\n145\ngeteilten Tabellen ein sehr \u00fcbereinstimmendes Resultat. Mit Ver-gr\u00f6fserung des Zeitintervalles nimmt die Verkleinerung der Normaldistanz zu. Dies gilt nach des Verfassers Tabellengleichm\u00e4fsig bei allen Fehldistanzen von 90\u201450 mm. Unter diesem Gesichtspunkte ergiebt sich auch ein anderes Urteil \u00fcber den EinfLufs des Distanzunterschiedes. Auch hierbei unterscheidet Verfasser mit Unrecht zwischen oberen und unteren, d. h. objektiv gr\u00f6fseren und kleineren Distanzen, und konstatiert nur bei jenen eine Zunahme der Sicherheit der Urteile oder der richtigen F\u00e4lle bei Zunahme des objektiven Unterschiedes der verglichenen Distanzen. Stellt man wieder die mitgeteilten Resultate nach der Zahl der \u201eKleiner\u201c-Urteile zusammen, so erh\u00e4lt man wieder einen geradezu gl\u00e4nzenden Beweis daf\u00fcr, dafs diese um so zahlreicher werden, je kleiner die Fehldistanzen werden. Darum, dafs nur ein grofser Unterschied noch bei einem gr\u00f6fseren Zeitintervall wahrgenommen wird, handelt es sich hier gar nicht.\nUm den Einflufs der \u00dcbung und Erm\u00fcdung zu bestimmen ? hat sich Verfasser begn\u00fcgt, die erste und zweite H\u00e4lfte jeder Versuchsreihe getrennt zu betrachten. Abgesehen von der Unzul\u00e4nglichkeit dieser Methode f\u00fcr eine derartige Frage, wird nicht angegeben, mit welchen Intervallen, also mit welchen Versuchsgruppen, immer begonnen wurde. Verfasser selbst konstatiert, dafs eine Beeinflussung der Sicherheit in der Sch\u00e4tzung durch obige Trennung jeder Versuchsreihe nicht vorhanden ist. Ob dem so ist, k\u00f6nnen wir also nicht beurteilen. Jedenfalls aber h\u00e4tte bei Versuchen mit einem Zeitintervall von 2 Sekunden und 45 Sekunden der Unterschied zwischen der peripheren Erm\u00fcdung (der Tastorgane) und der centralen ber\u00fccksichtigt werden m\u00fcssen.\nArthur Wreschner (Berlin).\nJ. Ward. Assimilation and association. (I.) Mind. (N. S.) H. No. 7\nS. 347\u2014362 (1893.)\nDie \u00fcberraschende Uneinigkeit in Gebrauch und Auffassung der Begriffe Assimilation(\u2014recognition, Wiedererkennen) und Association ver-anlafsten den Verfasser zur kritischen Pr\u00fcfung derselben. Zuerst legt er sich die Frage vor: Was begr\u00fcndet bei Vorstellungen die Identit\u00e4t oder wodurch erscheinen uns wiederholt kommende Vorstellungen als identisch, als bekannt?\nDie eine Ansicht geht dahin, dafs Wiederholung des gleichen Ein-druckes nicht eine neue Vorstellung erzeugt, sondern eine \u00c4nderung der schon vorhandenen (funktionelle Ansicht), die andere dagegen, als deren Hauptvertreter er Baih bezeichnet, behauptet, dafs jede Wieder holung wie ein neuer Eindruck auch eine neue Vorstellung erzeuge, welche von den fr\u00fcheren gleicher Qualit\u00e4t durch bald klar, bald kaum merklich bewmfste, gleichzeitig aufgenommene und darum durch Konti-guit\u00e4t assoziierte Nebenvorstellungen geschieden werde; werden letztere unbewufst, dann werden die qualitativ identischen Vorstellungen auch numerisch identisch, d. h. sie fallen zusammen (atomistische Ansicht).\nMit Recht macht W. dagegen geltend, dafs die Kontiguit\u00e4t lediglich die Reproduktion der gleichzeitig aufgenommenen Vorstellungen erkl\u00e4re,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VIII.\t10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nLitter aturhericht.\nnicht aber die Verbindung zwischen den aufeinanderfolgenden qualitativ identischen. Ferner findet er hinsichtlich der letzterw\u00e4hnten Eventualit\u00e4t des Zusammenfallens die Bezeichnung Assoziation, die doch zwei Glieder als getrennt voraussetze, f\u00fcr ungeeignet, wie denn auch schliefslich Bain selbst sich begn\u00fcgt, hier lediglich eine Art von Vertiefung der schon fr\u00fcher empfangenen Vorstellung durch ihre sp\u00e4tere Wiederholung anzunehmen. Damit kommt er auf die funktionelle Ansicht hinaus.\nBei der Assimilation (unmittelbares Erkennen) ergiebt in der That der psychische Befund durchaus nicht mehrere Vorstellungen, etwa eine Erinnerung und eine ihr identische Wahrnehmung, sondern lediglich nach einigen Wiederholungen bei letzterer endlich ein deutliches G-ef\u00fchl der Bekanntheit. \u00dcber dessen Natur mag uns etwas aufkl\u00e4ren die psycho - physiologische Erscheinung der \u00dcbung. Wie hier eine anfangs schwer und unsicher gelingende Bewegung endlich mit dem angenehmen Gef\u00fchl der Leichtigkeit und vollkommen exakt sich vollzieht, so darf man angesichts des \u00fcber die blofse Analogie hinausgehenden Parallelismus zwischen organischer und psychischer Entwickelung beim Erkennen \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse annehmen.\nNach einer weiteren methodologischen Auseinandersetzung mit Bain bespricht W. einige dunkle Stellen in H\u00f6ffdings bekannter, der WARDSchen sehr \u00e4hnlichen Theorie des Wiedererkennens. Besonders vermifst er die Entscheidung, ob die zunehmende Leichtigkeit des Bewegungsablaufes im Gehirn und die Zunahme der \u201eBekanntschaftsqualit\u00e4t\u201c beide als psychische Ergebnisse der \u00dcbung zu betrachten sind, oder nur die Bekanntschaftsqualit\u00e4t, w\u00e4hrend erstere nur eine physiologische Erscheinung ist. W. sieht diese Leichtigkeit -.selbst als ein psychisches Faktum an. Bei jeder Sinnesempfindung ist ihm das Subjekt nicht rein passiv, sondern zeigt, wie schon Locke und noch mehr Bonnet (vergl. meine Abhandlung Die Psychologie Ch. Bonnets, S. 676 ff) behaupteten, stets einen gewissen Grad von Aktivit\u00e4t, so dafs die scharfe Trennung zwischen Sensation und Perzeption eigentlich hinf\u00e4llig ist. Da nun unm\u00f6glich f\u00fcr alle Eindr\u00fccke die Aufnahmef\u00e4higkeit die gleiche sein kann, so w\u00e4re hier der Baum f\u00fcr einen Unterschiede begr\u00fcndenden Fortschritt in der Aufnahmef\u00e4higkeit, worauf das fragliche Gef\u00fchlselement beim unmittelbaren Wiedererkennen zur\u00fcckzuf\u00fchren w\u00e4re. Diese Korrektur H\u00f6ffdings zugegeben, so bleibt damit W. doch ebenso wie H\u00f6ffding vorl\u00e4ufig auf\nhalbem Wege stehen. Was ich H\u00f6ffding entgegengehalten habe (Philos.\n\u2022 \u2022\nMonatsh. 1892: Uber die Grundformen der Vorstellungsverbindung S. 406 ff.), mufs ich auch W. zu bedenken geben: Wie kommen wir dazu, eine derartig gef\u00fchlsbetonte Sinnesempfindung f\u00fcr bekannt zu erkl\u00e4ren? und ist es wahrscheinlich, dafs schon ein einmaliges Auftreten im Bewufstsein, wie doch die Erfahrung zeigt, wirklich auf diesem Wxege die Bekanntheitsqualit\u00e4t begr\u00fcnden kann, nachdem doch selbst bei einfachen Bewegungen es oft vieler Wiederholungen bedarf, um einen merklichen Fortschritt zu erzielen? So scheint mir selbst den sehr scharfsinnigen Er\u00f6rterungen W.\u2018s gegen\u00fcber die von Bain, Lehmann und mir vertretene Ansicht, dafs diese Bekanntheitsqualit\u00e4t auf ein Hereinwirken sich nicht \u00fcber die Schwelle erhebender, durch Ber\u00fchrung assoziierter Nebenvorstellungen","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Li tteraturberi ch t\n147\nzur\u00fcckzuf\u00fchren sei, immer noch leichter \u00fcber die Schwierigkeiten hinwegzuhelfen.\tM. Offner (Aschaffenburg).\nJosepha Kodis. Zur Analyse des Apperzeptionsbegriffes. Eine historischkritische Untersuchung. Berlin, 1893. S. Calvary & Co. 202 S..\nDas Buch, das uns die gelehrte Verfasserin hier bietet, z\u00e4hlt keineswegs zur angenehmen Lekt\u00fcre. Teilweise liegt das ja am Stoffe, teilweise aber wohl auch an der Behandlung, die manchmal die Sicherheit und Knappheit vermissen l\u00e4fst.\nAusgehend von der Ansicht, dafs unter den Begriffen von Apperzeption und Wille alle jene Ansichten, die sich gegen eine mechanische Betrachtung psychischer Erscheinungen kehren, eine Zuflucht fanden (S. 3), verfolgt Verfasserin den sehr schwankenden Begriff der Apperzeption, wie er hei verschiedenen Denkern, unter denen allerdings manche bedeutende fehlen, so W. James, K. Lange, der speciell \u00fcber die Apperzeption schrieb (1879, Plauen), u. a., zur Darstellung gelangt ist. Ihre Arbeit teilt sich in zwei Teile, einen historischen (S. 7\u2014152) und einen systematischen (S. 153\u2014202).\nDas erste Kapitel besch\u00e4ftigt sich mit Descartes, der zwischen Perzeption und Apperzeption noch nicht unterschied. Hier h\u00e4tte sich\n9 9\nzur besseren \u00dcbersicht sehr empfohlen, Falckenbergs Beispiel zu folgen, der in seiner Gesch. d. neuer. Philos., S. 72, das Verh\u00e4ltnis der verschiedenen Seelenverm\u00f6gen und -zustande durch eine einfache Tabelle veranschaulicht. Ganz unpraktisch war es, Descartes nach Seiten zu eitleren, nachdem uns doch die von Descartes selbst gegebene Einteilung nach Paragraphen und Artikeln \u2014 wenigstens in den Princ. phil. und den Pass, an., die allein hier beigezogen worden waren \u2014 von den verschiedenen Ausgaben unabh\u00e4ngig macht. \u00dcberdies scheint nach den wenigen Proben die von der Verfasserin benutzte franz\u00f6sische \u00dcbersetzung der Princ. phil. von Aim\u00e9-Martin ziemlich fehlerhaft und oberfl\u00e4chlich angefertigt zu sein. Es folgen dann die Ansichten von Leibniz,. der die Apperzeption schliefslich definierte als reflexive Kenntnis der Perzeptionen (nicht des inneren Zustandes der Perzeption, S. 24) und damit in die Psychologie einf\u00fchrte, und von Wolff, der, an Leibniz sich anlehnend, die Apperzeption als Trennung der einzelnen Perzeptionsakte und weiterhin des Subjekts vom Objekte auffafste. Wie Verfasserin hieraus eine Dreiteilung (S. 35) gew\u00e4nnen will, ist nicht recht begreiflich. Auch bei Wolff h\u00e4tte sich \u00fcbrigens das Citieren nach Paragraphen empfohlen. Mit Kant, der von den L. und W. ausgehend, das wandelbare Bewufstsein seiner selbst als empirische Apperzeption bezeichnet *\nund als deren unerl\u00e4fsliche Bedingung die transcendentale Apperzeption, d. h. die blofse Ichvorstellung in Beziehung auf alles andere voraussetzt und gelegentlich auch die Apperzeption ganz allgemein bestimmt als einheitliches Verm\u00f6gen zu allen logischen Formen, schliefst die Gruppe der \u00e4lteren Philosophen, die ein besonderes Gewicht auf die subjektiv charakterisierten Momente im Apperzeptionsvorgange gelegthaben, indem sie in diesem immer zugleich einen Selbstbewufstseinsakt sahen (S. 43), eine Beziehung des gedachten Objekts zum denkenden Subjekt (S. 152)\n10*","page":147}],"identifier":"lit29536","issued":"1895","language":"de","pages":"145-147","startpages":"145","title":"J. Ward: Assimilation und association. (I.) Mind. (N. S.) II. No. 7 S. 347-362. 1893","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:06:56.957391+00:00"}