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{"created":"2022-01-31T13:50:46.248289+00:00","id":"lit29569","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lipps, Th.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 386-387","fulltext":[{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"386\nLitteraturbericht\nwelcher ich absichtlich einige Proben eingestreut habe. Ich m\u00f6chte, soweit eine solche Anzeige es vermag, gerade auch die physiologischen Psychologen dringend bitten, die grofse Miihe einer gr\u00fcndlichen Lekt\u00fcre nicht zu scheuen. Sie lohnt sich \u00fcberreichlich. Noch niemals ist die empirische Psychologie vom Standpunkt der Annahme eines besonderen Seelenrealen in so scharfsinniger, konsequenter und geschickter Weise aufgebaut worden. In geradezu \u00fcberraschender Weise hat der Verfasser es verstanden, seine Lehren mit den gesicherten Resultaten der Hirn-physiologie an fast allen bedrohten Stellen in \u00dcbereinstimmung zu bringen. An nicht wenigen Punkten verm\u00f6gen umgekehrt seine Ausf\u00fchrungen kl\u00e4rend und modifizierend auf die heute hier und dort \u00fcblichen physiologisch-psychologischen Anschauungen einzuwirken. Speziell die Unhalt-barkeit der Lehre eines einfachen Parallelismus oder einer \u201eIdentit\u00e4t\u201c der psychischen und materiellen Vorg\u00e4nge erscheint mir durch das Buch in der That nachgewiesen. Dafs Referent deshalb doch nicht den von Rehmke eingenommenen Standpunkt acceptieren kann, ist im Laufe der Besprechung mehrfach betont worden. Die Dualit\u00e4t des Seelenrealen und des Dingrealen bleibt vom erkenntnistheoretischen Standpunkte unannehmbar, und die letzte Instanz f\u00fcr die Entscheidung in dieser Frage d\u00fcrfte doch wohl bei der Erkenntnistheorie liegen.\nZiehen (Jena).\nJames Sully. The human mind. A Textbook of Psychology. 2 B\u00e4nde.\nXVII u. 501 S.; XII u. 393 S. Longmans, Green & Co., London. 1892.\nDas Werk ist eine Erweiterung der \u201ePrinciples of Psychology\u201c desselben Verfassers. Es legt, wie schon die Vorrede sagt, im Vergleiche mit letzterem Buche, mehr Gewicht auf die neuere Entwickelung der physiologischen und experimentellen Psychologie, auf die V\u00f6lker- und die Tierpsychologie, auf die geistigen St\u00f6rungen und den Hypnotismus. Nach alter Einteilung behandelt der erste Band die Sinne und den Intellekt, der zweite die Gef\u00fchle und den Willen. Die Kapitel zerfallen in Paragraphen mit eigenen \u00dcberschriften, denen Anmerkungen folgen. Angaben, wo in sonstigen psychologischen Arbeiten der Leser weitere Ausf\u00fchrungen oder andere Anschauungen finden k\u00f6nne, sind an geeigneten Stellen angef\u00fcgt. Diese ganze Anordnung ist durch \u00dcbersichtlichkeit ausgezeichnet.\nDas Werk will nat\u00fcrlich zun\u00e4chst des Verfassers psychologische Anschauungen im Zusammenhang zur Darstellung bringen. Zugleich beabsichtigt es doch, allgemein ein Bild vom gegenw\u00e4rtigen Stande der Psychologie zu geben. Da diese Absicht einmal bestand und zu erkennen gegeben war, so mufste sie auch einigermafsen konsequent durchgef\u00fchrt werden. Dies ist nicht der Fall. Wo Anschauungen einander entgegengestellt werden, sind gelegentlich gerade diejenigen, die den sch\u00e4rfsten Widerspruch gegen des Verfassers Lehre in sich schliefsen, zur Seite gelassen. Man m\u00fcfste daraus auf eine l\u00fcckenhafte und vom Zufall abh\u00e4ngige Kenntnis vom Stande der einzelnen Fragen schliefsen, wenn nicht der Verfasser doch wiederum in seinen \u201ereferences for readers\u201c au| die betreffenden Werke und die in Betracht kommenden Abschnitte","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a turbericht.\n387\nund Kapitel hin wiese. Denn dafs dem Verfasser der Inhalt der von ihm zitierten Arbeiten nicht v\u00f6llig bekannt sei, darf doch gewifs nicht angenommen werden. Das Ergebnis ist, dafs der Leser notwendig vom Gegensatz der Meinungen ein falsches Bild bekommen mufs, dafs er in Gefahr ist, als Vertreter der vom Verfasser zuf\u00e4llig ausgew\u00e4hlten und charakterisierten Theorien gelegentlich einmal auch solche anzusehen die dagegen energischen Protest erheben w\u00fcrden. Dafs auch jener Hinweis mitunter, ohne ersichtlichen Grund, unterbleibt, macht die Sache nicht besser, sondern erh\u00f6ht nur die Schwierigkeit einer wirklichen Orientierung. Es w\u00e4re unter solchen Umst\u00e4nden richtiger gewesen, wenn der Verfasser die Vorstellung, dafs ihm an solcher Orientierung oder gar an ernstlicher Auseinandersetzung mit den Gegnern gelegen sei, von vornherein nicht erweckt h\u00e4tte; noch zweckm\u00e4fsiger w\u00fcrde es mir erscheinen, wenn er sie ausdr\u00fccklich abgewiesen h\u00e4tte.\nDes Verfassers Standpunkt ist einigermafsen bezeichnet durch die Mitteilung, welchen Psychologen er das Meiste verdanke. Es sind Wtjndt, Bibot, Ward, Ladd, M\u00fcnsterberg und James. Letzteren r\u00fchmt er als \u201eeminently modern\u201c. Eine Kritik des Standpunktes und der Art der Durchf\u00fchrung ist hier unm\u00f6glich. Gerne erkenne ich den Beichtum des Inhaltes an ; nicht minder eine gewisse einfache, klare Art der Darstellung. Ich vermisse aber vielfach die Sicherheit und Vollst\u00e4ndigkeit der Analyse der Thatsachen, dieser ersten Aufgabe der Psychologie, die Sch\u00e4rfe der Unterscheidungen, das Erfassen der eigentlichen Probleme, auch wohl die gen\u00fcgende Kritik gegen\u00fcber einer nur im \u00fcblen Sinne \u201emodernen\u201c Weise, wirkliche oder hypothetische Thatsachen bestimmter Art zu Erkl\u00e4rungsgr\u00fcnden zu machen, nicht weil man zeigen oder wahrscheinlich machen kann, dafs sie dazu sich eignen, sondern weil es nun einmal nach dem Vorg\u00e4nge dieser oder jener Autorit\u00e4t \u00fcblich geworden ist, sie dazu zu machen, oder weil sie, als relativ neue Objekte psychologischer Betrachtung, auf die wissenschaftliche Phantasie einen besonderen Beiz aus\u00fcben.\tTh. Lipps.\nM. W. Shinn. Notes on the development of a child. University of California Studies. Berkeley. Published by the University. 1894. 88 S.\nIn den Forschungen zur Kinderpsychologie lassen sich gegenw\u00e4rtig\nder Hauptsache nach zwei Bichtungen unterscheiden. Die eine, als\nderen bedeutendster Vertreter Bernard P\u00e9rez angesehen werden kann,\nhat ihre St\u00e4rke in dem Umfange des Materials und in dem Streben,\nder geistigen Entwickelung nicht dieses oder jenes Kindes, sondern des\nKindes \u00fcberhaupt auf die Spur zu kommen. Dabei macht sich jedoch\n\u2022 \u2022\nnur zu leicht der Ubelstand geltend, dafs das Beobachtungsmaterial, welches dem einzelnen Forscher von anderer Seite zukommt oder aus Biographien und Erzeugnissen der sch\u00f6nen Litteratur stammt, zu wenig genau und gesichert ist. Diesem Mangel entgeht die PaEYERSche Dichtung, die sich zwar als Endziel auch die Erforschung der Kindesnatur im allgemeinen setzt, vorerst aber auf die genaue Beobachtung des Individuums das Hauptgewicht legt, also vorwiegend biographischer, nicht vergleichender Art ist.\n25*","page":387}],"identifier":"lit29569","issued":"1895","language":"de","pages":"386-387","startpages":"386","title":"James Sully: The humain mind. A Textbook of Psychology. 2 B\u00e4nde. XVII u. 501 S.; XII u. 393 S. Longmans, Green & Co., London. 1892","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:50:46.248294+00:00"}