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{"created":"2022-01-31T14:01:36.187291+00:00","id":"lit29582","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meumann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 395-397","fulltext":[{"file":"p0395.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht\n395\ndafs die Versuche nicht erlauben, neben dem Verh\u00e4ltnis der Gleichheit ein zweites isoliertes Verh\u00e4ltnis, sondern dafs sie nur gestatten, ein Gebiet von Verh\u00e4ltnissen als besonders wohlgef\u00e4llig zu bezeichnen. Aus diesen und anderen nicht neuen, aber zwingenden Gr\u00fcnden weist der Verfasser die Meinung, als sei das mathematische Verh\u00e4ltnis des goldenen Schnittes als solches der Grund des Wohlgefallens, zur\u00fcck. Er setzt dagegen die Erkl\u00e4rung, dafs es sich um eine Kontrasterscheinung handle. In der That wird es so sein, nur dafs dieser Kontrast richtig bestimmt werden mufs. Ich meinesteils erachte ihn als richtig bestimmt, wenn man darunter versteht ein Verh\u00e4ltnis zweier zu einer einheitlichen Gesamtform zusammenwirkender formbildender Faktoren (Funktionen, r\u00e4umlicher Th\u00e4tigkeiten oder Verhaltungsweisen), das so geartet ist, dafs einerseits einer der Faktoren \u00fcber den anderen das entschiedene \u00dcbergewicht hat und damit den Grundcharakter der Form eindeutig bestimmt, andererseits doch zugleich, innerhalb der dadurch bezeichneten Grenzen, beide in relativem Gleichgewicht stehen, d. h. sich nach M\u00f6glichkeit, jeder in seiner Eigenart, auswirken. Damit erscheint das Verh\u00e4ltnis des goldenen Schnittes oder die wohlgef\u00e4lligste Ann\u00e4herung an dasselbe als Beispiel der Anwendung eines allgemeinen \u00e4sthetischen Prinzips.\nIch bemerke noch, dafs es in der Abhandlung an wertvollen Einzelbemerkungen nicht fehlt. Andere, weniger gl\u00fcckliche, vor allem diejenigen, in denen Augenbewegungen eine psychologisch unm\u00f6gliche Rolle spielen, verdanken wohl Schultraditionen ihr Dasein.\nTh. Lipps.\nL. Preis. Analyse der Begehrungen und deren Begriffsbestimmung mit kritischer R\u00fccksicht auf die Ansichten der HERBARTschen Schule.\nZeitschr. f. exakte Ph\u00fcos. Bd. 20. S. 263\u2014282. (1893.)\n\u2014 Kritische Beitr\u00e4ge zur Analyse der Gef\u00fchle. Ebd. S. 282\u2014300.\nFufsnoten belehren uns dar\u00fcber, dafs die erste dieser Abhandlungen 1859, die zweite 1861 als Gymnasialprogramm in G\u00f6rz zuerst gedruckt worden sei. Der ersten ist aufserdem eine empfehlende Besprechung von Volkmann aus dem Jahre 1860 beigegeben. \u201eKur Ansichten der HERBARTschen Schule\u201c werden nat\u00fcrlich in beiden Aufs\u00e4tzen hervorgehoben, und sicherlich sind sie nicht aus historischem Interesse in der Zeitschr. f. exakte Philos. reproduziert worden. Auf ihr klassisches Alter deutet \u00fcbrigens nicht nur die Methode der Untersuchung und die keusche Zur\u00fcckhaltung gegen\u00fcber den ungest\u00fcmen Fortschritten der Psychologie in den letzten 40 Jahren, sondern auch die mehrfache Korruption des Textes, die zur Konj ekturalkritik sch\u00f6nen Anlafs bietet.\nO. K\u00fclpe (W\u00fcrzburg).\nAlfred Binet et Victor Henri. Les actions d arret dans les ph\u00e9nom\u00e8nes de la parole. Revue philosophique. Bd. 37. S. 608\u2014620. (1894 Nr. 6.) Die Verfasser haben es unternommen, eine Anzahl Ph\u00e4nomene der Bewegungshemmung im Gebiete der Sprechbewe^ungen zu","page":395},{"file":"p0396.txt","language":"de","ocr_de":"396\nLitteraturbericht.\nuntersuchen. Sie unterscheiden zun\u00e4chst \u201eHemmung\u201c im psychologischen Sinne von dem gebr\u00e4uchlichen physiologischen Terminus. \u201eHemmung\u201c bedeute f\u00fcr den Psychologen eine eigent\u00fcmliche Modifikation der Willensth\u00e4tigkeit, deren \u00e4usserer Erfolg sich in einer Bewegungshemmung zeige. Es sind drei Gruppen von Hemmungserscheinungen und mit ihnen zusammenh\u00e4ngenden Ph\u00e4nomenen, die in der vorliegenden Arbeit behandelt werden: 1. die Dauer der Aussprache von Worten, Ziffern und T\u00f6nen, im Beginn, im Verlauf der Artikulation und im Moment des Einhaltens (der \u201eHemmung\u201c); 2. die Reaktionszeiten f\u00fcr Reaktionen mit Sprechbewegungen oder Sprechhemmung auf gegebenes Schall signal ; 3. gewisse Modifikationen der Atemth\u00e4tigkeit, welche unter diesen verschiedenen Bedingungen auftreten.\nF\u00fcr alle Versuche verwenden die Verfasser die graphische Methode. Zur Aufnahme der Sprechbewegungen dient in allen F\u00e4llen das registrierende Mikrophon von Rousselot. Die Fehler dieses Apparates werden von den Verfassern ausf\u00fchrlich erwogen, und da die Schwankungeninder Registrierzeit bis zu Hundertstelsekunden betragen k\u00f6nnen, verzichten die Verfasser darauf, die Reaktionszeiten f\u00fcr das Ansprechen mit denen der Sprechhemmung zu vergleichen; nur die analogen Ph\u00e4nomene unter verschiedenen Bedingungen werden verglichen.\nBez\u00fcglich der Dauer der Aussprache wird von den drei Bedingungen, von denen sie abh\u00e4ngen kann: phonetischer Charakter des Wortes, Stellung desselben im Satz und Bedeutung (Betonung), nur die zweite n\u00e4her untersucht. Die gesprochenen Worte waren die Ziffern von 1\u201410. Es wurde zuerst bei ruhiger, nat\u00fcrlicher Aussprache die Normaldauer der Zahlen festgestellt (wobei sich als gr\u00f6fste Unterschiede die Sprechzeit f\u00fcr 8 = 240 a und f\u00fcr 10=180<> ergeben), darauf dieselben (in nat\u00fcrlicher Reihenfolge) in vier verschiedenen Geschwindigkeiten ausgesprochen. Die Mikrophonkurve zeigt, dafs sich bei zunehmender Geschwindigkeit die Intervalle weit mehr verk\u00fcrzen, als die Sprechzeiten der Ziffern, und dafs die lezte Ziffer ihre Normall\u00e4nge beh\u00e4lt. Ein Versuch, die letzte Ziffer ebenfalls kurz zu sprechen, hat keinen Erfolg. Spricht man in zwei F\u00e4llen die Zahlen 1 ; 2 und 2 ; 3, so ist 2 im ersten Falle die l\u00e4nger, im zweiten Falle die k\u00fcrzer dauernde Zahl. Rhythmisiert man die Zahlenreihe durch subjektives Gruppieren oder Betonen, so ist die betonte, bezw. die vor dem rhythmischen Abschnitt stehende Zahl verl\u00e4ngert. Nimmt man nun an, dafs die Dauer der Aussprache ein Mafs ihrer Schwierigkeit ist, so scheinen die Versuche zu beweisen, dafs es leichter ist, aus einer Bewegung in eine andere Bewegung \u00fcberzugehen als aus Bewegung in Ruhe (Bewegungshemmung).\nBetreffs des zweiten Punktes, der Sprechreaktionen, be_ tonen die Verfasser mit Recht den grofsen Vorzug von Reaktionen mit der Sprache vor solchen mit Fingerbewegung, weil sie sich weit mehr und leichter variieren lassen und daher eher Einblick in den Mechanismus des Reaktionsvorganges verschaffen k\u00f6nnen. Es wurde reagiert 1. mit \"Sprechen eines einsilbigen Wortes (z.B. \u201eun\u201c); 2. mit Hemmung eines kontinuierlich angehaltenen Tones oder der hergesagten Zahlenreihe von 1\u201410","page":396},{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n397\nWenn im ersten Falle der Experimentator das Wort vorsprach, zeigt sich in den Reaktionen der interessante Unterschied, dafs rein mechanische Wiederholung des Wortes mit dem Tonfall des Experimentators eine weit k\u00fcrzere Reaktionszeit ergiebt (540 er) als Reaktion mit der individuellen Betonung des Reagenten, welche letztere nur zu st\u00e4nde kommt, wenn der Sinn des Wortes vorher aufgefafst war (780 <r). Bei den Hemmungsreaktionen zeigte sich, dafs die Phase der Sprechbewegung, in welcher das Hemmungssignal vernommen wird, von entscheidender Bedeutung ist f\u00fcr die Geschwindigkeit bezw. Leichtigkeit der Hemmung, In allen F\u00e4llen wird mindestens eine Zahl nach dem Signal noch ausgesprochen; die schnellste Hemmung findet statt, wenn das Signal grade am Schlufs einer Zahl, die langsamste (zwei volle Zahlen zu viel ausgesprochen), wenn es im Beginn einer Zwischenzeit eintrifft. Daraus folgern die Verfasser, dafs Intervall und nachfolgende Ziffer eine Einheit f\u00fcr den Willensimpuls bilden, und die Intervalle der Vorbereitungszeit f\u00fcr den Bewegungsimpuls entsprechen einem Intervall, das der Latenzzeit des Muskels vergleichbar sei.\nBei analogen Hemmungsreaktionen mit kontinuierlich angehaltenen T\u00f6nen zeigt sich, dafs die Reaktion mittelst des \u00dcberganges von einem angehaltenen Ton zu einem vorher verabredeten neuen Tone weit k\u00fcrzer ist, als die Reaktion mit Tonliemmung, worin die Verfasser eine Best\u00e4tigung ihres fr\u00fcher aus der Sprechdauer gefolgerten Satzes f\u00fcr den \u2022 \u00ab\n\u00dcbergang aus Bewegung in Bewegung oder aus Bewegung in Ruhe finden.\nDie Untersuchung der Atemth\u00e4tigkeit bei Reaktionen mit Sprechen oder Sprechhemmung zeigte, dafs bei Beginn und Schlufs der Aussprache ein kurzer Inspirationsstofs erfolgt, im ersten Falle auch dann, wenn die Lungen durch kr\u00e4ftige vorausgehende Inspiration mit Luft gef\u00fcllt waren, so dafs nie eine Exspiration ohne vorausgehende Inspiration zu erfolgen scheint.\tMeumann (Leipzig.)\nOtto Effertz. Studien \u00fcber Hysterie, Hypnotismus, Suggestion, Bonn, Otto Paul. 1894. 102 und XII S.\nE. berichtet \u00fcber hypnotische Versuche, die er an einer hysterischen Person angestellt hat, und die aus ihnen gezogenen Schl\u00fcsse. Die Krankheitserscheinungen boten nichts Aufsergew\u00f6hnliches dar: es bestanden An\u00e4sthesien, Einengung des Gesichtsfeldes, Farbenblindheit, ferner permanente Kontrakturen s\u00e4mtlicher Finger der linken und der drei letzten der rechten Hand, sowie eine \u201elatente Kontraktur\u201c der gesamten \u00fcbrigen Muskeln. Unter letzterer versteht E. das, was Charcot als neuro- und kutano-muskul\u00e4re Hyperexcitabilit\u00e4t bezeichnet hat, d. h. einen Zustand, in dem es durch die verschiedenartigsten Manipulationen, sei es an den Muskeln selbst, sei es an den Nerven, leicht gelingt, die betreffenden Muskeln in Kontraktur zu versetzen. Auf die Kontraktur der Finger wird besonderer Wert gelegt, weil sie ununterbrochen bereits 16 Jahre bestand und darum nach der Ansicht von E. unm\u00f6glich simuliert sein konnte. Manometrische Versuche ergaben, dafs die kontrakturiorten","page":397}],"identifier":"lit29582","issued":"1895","language":"de","pages":"395-397","startpages":"395","title":"Alfred Binet et Victor Henri: Les actions d'arr\u00eat dans les ph\u00e9nom\u00e8nes de la parole. Revue philosophique. Bd. 37. S. 608-620. 1894 Nr. 6","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:01:36.187296+00:00"}