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{"created":"2022-01-31T14:06:42.313912+00:00","id":"lit29593","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Cohnstein, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 430-432","fulltext":[{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nLitteraturbericht\nzeichneten Reaktionen verwandt. Die Tabellen zeigen wesentliche \u00dcbereinstimmung der Zeiten f\u00fcr beide Reizmodi, in zwei Reihen ist sogar das genau entgegengesetzte Resultat wie bei Exner hervorgetreten. Ein konstanter Unterschied zwischen der rechten und der linken Hand als Reagierenden fand sich nicht. Das Gleiche wurde in einigen anderen Reiben mit mechanischem Reiz erhalten.\nHier schliefsen die Verfasser, wo die eigentliche Untersuchung, \u00fcber deren n\u00e4chste Richtung kein Zweifel bestehen konnte (s. Philos. Stud. VII. S. 158), h\u00e4tte beginnen sollen.\t0. K\u00fclpe.\nE. Kraepelin. \u00dcber geistige Arbeit. Jena, G. Fischer. 1894. [Sonderabzug aus Neue Heidelbg. Jahrb. IV. Heft 1.] 26 S.\nDie Resultate, zu denen Verfasser auf Grund eigener und fremder Arbeiten kommt, stimmen mit den S. 388 referierten Ergebnissen der Untersuchung von Keller v\u00f6llig \u00fcberein; insbesondere auch darin, dafs k\u00f6rperliche \u00dcbungen die Erholung des Gehirns sehr verz\u00f6gern. Ein zweist\u00fcndiger Spaziergang erm\u00fcdet das Gehirn ebenso wie etwa einstiindiges Addieren, weshalb es ein ganz verkehrtes Prinzip ist, zur Erholung der Schulkinder zwischen die Unterrichtsstunden Turnstunden einschieben zu wollen. Im einzelnen f\u00fchrt Verfasser aus, dafs die Arbeitsgeschwindigkeit, auf gleiche Zeitr\u00e4ume und gleichartige Aufgaben bezogen, bei verschiedenen Personen sehr verschieden ist, bei ein und derselben Person aber verschieden gegen\u00fcber verschiedenen Arten\ngeistiger Arbeit. Die Arbeitsgeschwindigkeit nimmt bei allen Menschen \u00ab \u2022\nzu durch \u00dcbung, aber nur bis zu einem individuell wechselnden Grade, jenseits dessen eine weitere Steigerung nicht mehr m\u00f6glich ist. Von gr\u00f6fster physiologischer und hygienischer Wichtigkeit ist die Erm\u00fcdbarkeit. Sie \u201estellt eine Grundeigenschaft der Pers\u00f6nlichkeit dar\u201c, denn sie bleibt bei demselben Individuum auch unter ganz differenten Bedingungen immer die gleiche. Es giebt Menschen, welche langsam arbeiten und schnell erm\u00fcden, und wieder andere, welche bei rascher Arbeit lange frisch bleiben. Die Erm\u00fcdbarkeit der Schulkinder ist um so gr\u00f6fser, je j\u00fcnger sie sind. B\u00f6te nicht die nat\u00fcrliche Neigung zu Unaufmerksamkeit und Zerstreutheit ein gewisses Gegengewicht, so m\u00fcfste die Schuljugend durch den jetzt \u00fcblichen Modus des Unterrichts mit seinen an Zahl und Dauer ganz ungen\u00fcgenden Pausen schwer gesch\u00e4digt werden. Das beste Erholungsmittel ist der Schlaf. Das Schlafbed\u00fcrfnis ist von der Tiefe des Schlafes abh\u00e4ngig und daher sehr verschieden. Es ist deswegen nichts verkehrter, als den Sch\u00fclern den Schlaf zu knapp zuzumessen, und es wird geradezu als ein Verbrechen bezeichnet werden m\u00fcssen, wenn man Sch\u00fcler bis in die Nacht hinein zu Schularbeiten anh\u00e4lt.\tSchaefer (Rostock).\nHermann Munk. \u00dcber den Hund ohne Grofshirn. (Vortrag in der Berliner physiologischen Gesellschaft. S. Verhandlungen S 65 ff.) Du Bois\u2019 Archiv 1894. S. 355\u2014369.\nVerfasser unterzieht in dem vorliegenden Vortrage eine von Goltz im vorigen Jahre unter demselben Titel erschienene Arbeit einer scharfen","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Li tteraturberich t.\n431\nKritik. Letzterem Autor war es gelungen, einige Hunde, denen die ganzen Grofshirnhemisph\u00e4ren exstirpiert waren, f\u00fcr Wochen und Monate am Leben zu erhalten, und er glaubt, durch die an jenen Versuchstieren, besonders an einem 552 Tage lang \u00fcberlebenden Hunde, gemachten Erfahrungen die ganze Hirnlokalisationstheorie widerlegt zu haben. \u2014 Zun\u00e4chst glaubt n\u00e4mlich Goltz, gezeigt zu haben, dafs sein entgrofs-hirnter Hund keineswegs das Bewufstsein verloren habe: Derselbe habe Hunger, Durst, Unwillen, Zorn, Wut etc. anscheinend bewufst empfunden und dies durch diejenigen Geberden, Bewegungen und Laut-\u00e4ufserungen an den Tag gelegt, welche ein normaler Hund in entsprechenden Lagen anzuwenden pflege. \u2014 Munk erkl\u00e4rt nach einer sorgf\u00e4ltigen Analyse der einzelnen Bewegungsvorg\u00e4nge alle von Goltz an seinem Hunde beobachteten Erscheinungen f\u00fcr .Reflexe und erinnert an die seit Pfl\u00fcger bekannten R\u00fcckenmarksreflexe, welche ebenso die Zeichen der Zweckm\u00e4fsigkeit in ausgesprochenem Mafse an den Tag legen, ohne dafs man an der mystischen Vorstellung einer \u201eR\u00fcckenmarksseele\u201c, d. h. einer mit jenen Reflexen verbundenen bewufsten Intention festhalte.\nIn der weiteren Ausf\u00fchrung wendet sich Munk gegen die Schl\u00fcsse, welche Goltz gegen die Existenz der MuNKSchen Sinnessph\u00e4ren anf\u00fchrt. Der GoLTZsche Hund hatte mit dem Grofshirn nat\u00fcrlich auch die Seh-, H\u00f6r- und F\u00fchlsph\u00e4re eingeb\u00fcfst und mufste demnach entsprechend der MuNKSchen Theorie blind, taub und gef\u00fchllos sein. Nach Goltz\u2019 Ansicht zeigte nun der Hund keine jener Ausfallserscheinungen.\nWas zun\u00e4chst den Gesichtssinn anlangt, so kann ja Goltz selbst nicht leugnen, dafs das Sehverm\u00f6gen ein \u00e4ufserst geringes bei seinem Versuchstiere war. Er behauptet aber, dafs einerseits der Pupillarreflex und andererseits ein Blinzelreflex bei pl\u00f6tzlicher intensiver Belichtung zu beobachten gewesen w\u00e4re. \u2014 Munk f\u00fchrt nun aus, dafs, die Richtigkeit der GoLTzschen Beobachtung vorausgesetzt, hierdurch noch keineswegs ein \u2014 auch nur schwaches \u2014 Sehverm\u00f6gen seines grofshirnlosen Hundes erwiesen sei, denn wenn wir die Bahnen pr\u00fcfen, auf welchen sich die in Rede stehenden Reflexe abgespielt haben, so finden wir, dafs zentripetalleitend hier keineswegs der Opticus, sondern nur der die Schmerzempfindung \u2014 denn um solche handele es sich bei den \u201eunangenehmen\u201c Laternenversuchen \u2014 leitende Trigeminus in Betracht kommen k\u00f6nne. Es handelt sich hier also um einen einfachen Reflex vom Quintus auf den Facialis, bezw. Oculomotorius. \u201eVon einer Folgerung auf den Gesichtssinn kann keine Rede sein.\u201c\nGanz \u00e4hnlich liegen die Verh\u00e4ltnisse beim Geh\u00f6rssinn. Auch hier mufs Goltz zugeben, dafs sein Hund gegen die meisten T\u00f6ne und Ger\u00e4usche vollkommen reaktionslos blieb. Da es aber gelang, durch besonders starke, anhaltende, unangenehme Ger\u00e4usche (Nebelhorn, H\u00e4herpfeife) den Hund aus dem Schlafe zu wecken und ihn zu \u00c4ufserungen des Unwillens zu veranlassen, so schliefst Goltz, dafs das Versuchstier doch nicht v\u00f6llig taub gewesen sein k\u00f6nne. \u2014 Auch hier erhebt Munk den Ein wand, dafs es sich bei den besonders intensiven, unangenehmen Ger\u00e4uschen nicht um eine Reizung des H\u00f6rnerven, sondern um eine","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"482\nLitteraturbericht.\nSchmerzempfindung gehandelt habe, welche, durch die sensiblen Nerven des Ohres zum Zentralorgan geleitet, hier die reflektorischen Abwehrbewegungen veranlagst habe, welche wir auch bei notorisch tauben Individuen durch besonders unangenehme Ger\u00e4usche hervorzurufen verm\u00f6gen. \u2014 Auch die M\u00fcNKSche Behauptung, dafs ein Hund, welcher die H\u00f6rsph\u00e4ren verloren hat, taubstumm wird, ist durch die GoLTzsche Beobachtung nicht widerlegt, dafs sein entgrofshirnter Hund auf \u00e4ufsere Beize hin (Zerren, Dr\u00fccken, Streicheln etc.) verschiedenartige \u00c4ufserungen seiner Stimme von sich zu geben vermochte. Zum Begriff der Taubstummheit geh\u00f6rt ja nur, dafs ein Individuum weder spontan noch auf Geh\u00f6rsreize hin zu Stimm\u00e4ufserungen veranlafst wird. Andere, z. B. taktile oder schmerzerzeugende, Beize werden auch von taubstummen Menschen oder Tieren mit Stimmlauten beantwortet. Der Begriff der Taubstummheit ist eben nicht, wie Goltz irrt\u00fcmlich annimmt, identisch mit Stimmlosigkeit. Stimmlos war der Hund ohne Grofshirn selbstredend nicht, allein Stimmlosigkeit ist auch noch von keiner Seite als Ausfallserscheinung nach Grofshirnexstirpation beschrieben worden.\nSchliefslich soll nach Goltz\u2019 Angaben der grofshirnlose Hund auch den Tastsinn noch besessen haben. Dies wird daraus geschlossen, dafs gewisse sensible Beize Bewegungen des Hundes zur Folge hatten. Es ist jedoch zu bedenken, dafs durch mechanische Angriffe der Haut neben den taktilen Empfindungen auch die Gemeingef\u00fchle (Schmerz, Wollust etc.) erregt werden, welche ihrerseits Bewegungen zur Folge haben. \u2014 Dafs es nun wirklich nur die Gemeingef\u00fchle, nicht aber der erhaltene Tastsinn war, welcher den GoLTzschen Hund zu Bewegungen veranlafste, geht daraus hervor, dafs einerseits der Ortssinn \u2014 jenes Charakteristikum des Gef\u00fchlssinnes der Haut \u2014 dem Hunde v\u00f6llig fehlte (nach Goltz\u2019 eigener Angabe) und dafs andererseits die Qualit\u00e4t derjenigen Beize, welche den Hund zu Bewegungen veranlafsten, eine ganz andere war, als man sie bei normalen Tieren antrifft. Ein gesunder, mit seinem Grofshirn und daher auch mit dem Tastsinn ausgestatteter Hund reagiert bereits auf ganz schwache Beize, wie Streicheln, Anblasen etc., der GoLTzsche Hund liefs sich erst durch schmerzhafte Manipulationen, wie Dr\u00fccken, Quetschen etc., zu reflektorischen Abwehrbewegungen veranlassen.\nSo ist denn, nach M\u00fcnks Ansicht, durch den GoLTzschen Hund die Lehre von der Grofshirnlokalisation der elementaren Sinnesempfindungen auf das sch\u00f6nste best\u00e4tigt worden.\tW. Cohnstein (Berlin).\nAurelio Lui. Sullo sviluppo istologico della corteccia cerebellare in rapporto alla facolt\u00e0 della locomozione. Biv. di fren. XX. 2. S. 218 bis 224. (1894.)\nBei der Untersuchung der Gewebsschichten des Kleinhirns von H\u00fchnchen, Schaf, Hund, Taube und menschlichem Kinde hatte Verfasser gefunden, dafs ihre Entwickelung gleichen Schritt mit der F\u00e4higkeit zu gehen und zu stehen halte. Weitere Untersuchungen an verschiedenen anderen S\u00e4ugetieren best\u00e4tigten ihm die Begel, dafs die embryonalen Zust\u00e4nde der Nervenzellen und Fasern verschwinden und die bleibenden eintreten, sobald die Tiere zu gehen anfangen. Letzteres geschieht fast","page":432}],"identifier":"lit29593","issued":"1895","language":"de","pages":"430-432","startpages":"430","title":"Hermann Munk: \u00dcber den Hund ohne Gro\u00dfhirn. (Vortrag in der Berliner physiologischen Gesellschaft. S. Verhandlungen S 65 ff.) Du Bois' Archiv 1894. S. 355-369.","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:06:42.313917+00:00"}