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{"created":"2022-01-31T14:09:08.037017+00:00","id":"lit29604","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meumann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 449-451","fulltext":[{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"Litterakirberich t.\n449\ndes Verfassers veranlafst den Referenten doch zu einigen kritischen Bemerkungen. Die hei den Versuchen \u00fcber erf\u00fcllte und leere Zeit \u00f6fter wiederkehrende Behauptung Dr.\u2019s, dafs die T\u00e4uschung aufh\u00f6re, wenn die Punkte nicht mehr distinkt erscheinen, h\u00e4tte doch einmal experimentell gepr\u00fcft werden m\u00fcssen.\u2014 Der von Dr. selbst erw\u00e4hnte vermutliche Fehler dieser Sch\u00e4tzungen, dafs wir, wenn z. B. die erf\u00fcllte Strecke voran geht, die leere erst dann beginnend denken, wenn der mittlere Grenz-punkt von dem Finger verlassen wird, aber schon dann aufh\u00f6rend, wenn der die leere Strecke abschliefsende Punkt eben erreicht wird, kehrt in schw\u00e4cherer Form bei den Kontrollversuchen mit begrenzter Ber\u00fchrungsfl\u00e4che des Fingers wieder. Wir sind auch dann geneigt, den mittleren Punkt zur erf\u00fcllten Strecke zu rechnen und f\u00fcr die leere nur den leeren Zwischenraum in Anrechnung zu bringen. Die Versuche \u00fcber Gewichtshebungen fordern den Vergleich mit den bekannten Versuchen von M\u00fcller und Schumann heraus (Pfl\u00fcgers Arch. Bd. 45). Der k\u00fcnstlich erzielten \u201eEinstellung\u201c bei M. und Sch. entspricht hier die durch die Erfahrungen des Lebens bewirkte feste Assoziation zwischen einer durch den Anblick des Materials und der Gr\u00f6fse der \u201eGewichte\u201c erweckten Vorstellung von ihrer Schwere und dem dieser entsprechenden Hebungsimpulse. Die Versuche zeigen nun evident, dafs in diesem Falle nicht die Geschwindigkeit der Hebung (wie M. und Sch. bei ihren ruck-weisen Hebungen vermuteten) als Kriterium der Beurteilung benutzt wird, denn die T\u00e4uschung blieb beim Wiegen der Gewichte in der Hand; sodann scheinen die beiden Thatsachen, dafs die T\u00e4uschung w\u00e4chst mit Alter und Intelligenz der Personen, und dafs sie st\u00e4rker ist beim Anblick der Zwischengewichte, die assoziative Bedingtheit des ganzen Ph\u00e4nomens und die prim\u00e4re Bedeutung unserer vorstellenden Th\u00e4fcigkeit dabei zu beweisen, was der von M. und Sch. gegebenen Deutung der \u201eEinstellung\u201c als eines rein physischen Ph\u00e4nomens widerspricht. Endlich scheint ein Vergleich der ersten und zweiten Versuchsreihe zu beweisen, dafs unsere Vorstellungen von Material und Gr\u00f6fse f\u00fcr die T\u00e4uschung entscheidend sind, w\u00e4hrend die Verschiedenheit der Form als solche nicht viel zu bedeuten hat, sondern erst mittelst der Gr\u00f6fsen-vorstellung wirksam wird.\tMeumann (Leipzig).\nFriede. Kiesow. \u00dcber die Wirkung des Kokains und der Gymnemas\u00e4ure auf die Schleimhaut der Zunge und des Mundraumes. Wundt, Philos. Skid. IX. 4. S. 510\u2014527. (1894.)\nDie vorliegende Arbeit enth\u00e4lt eine Anzahl Vorstudien f\u00fcr \u201eumfangreichere Untersuchungen \u00fcber die Verh\u00e4ltnisse des Geschmackssinnes\u201c. Der Verfasser stellt in derselben fest, welchen Einflufs das Kokain und die Gymnemas\u00e4ure auf die Empfindlichkeit der Zunge und des Mundraumes f\u00fcr Temperatur-, Tast- und Geschmacksreize hat. Dabei wurde \u201eUmfang, Eintritt und Dauer\u201c des Einflusses der genannten Drogen, sowie die Abh\u00e4ngigkeit dieses Einflusses von dem Konzentrationsgrade der jeweils verabreichten L\u00f6sung festgestellt.\nBez\u00fcglich des Kokains stand nach den bisherigen Untersuchungen (insbesondere nach denen von Oehrwall und Shore) fest, dafs wahr-\n29\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VIII.","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\nLitteraturbericht.\nscheinlieh die Empfindlichkeit f\u00fcr alle Geschmacksqualit\u00e4ten durch dasselbe abgeschw\u00e4cht wird, aber nicht f\u00fcr alle in gleichem Mafse. Ver-asser pr\u00fcfte zuerst die Wirkung des Kokains auf Tastreize. Zu dem Zwecke wurde die normale Empfindlichkeit der Zunge und des Mundraumes festgestellt durch Abtasten der betreffenden Hautpartien mit einer sehr feinen Nadel, wobei sehr verschiedene Tast- und Schmerzempfindlichkeit derselben gefunden wurde. In der Mitte der Backenschleimhaut fand sich eine v\u00f6llig schmerzfreie Stelle, w\u00e4hrend die Zungenspitze die gr\u00f6fste Schmerzempfindlichkeit besafs. Es wurde sodann die Wirkung einer einmaligen, f\u00fcnf- und zehnmaligen Pinselung der zu untersuchenden Hautstelle mit 10-, 5-, 2-, 1- und 0,5-prozentiger L\u00f6sung von salzsaurem Kokain festgestellt. Die Hauptergebnisse waren: Der Eintritt der Wirkung ist in der Kegel erst nach 20 Minuten sp\u00fcrbar. Bez\u00fcglich des Konzentrationsgrades der L\u00f6sung und der Anzahl der Pinselungen fand sich, dafs die abschw\u00e4chende Wirkung des Kokains deutlich zu werden begann bei 1 prozentiger L\u00f6sung, wenn dieselbe 5 mal appliziert wurde. Dabei verhielten sich die verschiedenen Hautpartien nicht gleich, die Zungenspitze wurde selbst hei zehnmaliger Pinselung mit lOprozentiger L\u00f6sung nicht an\u00e4sthetisch. Auf den Innenr\u00e4ndern der Lippen zeigte sich bei schw\u00e4cheren L\u00f6sungen die auffallende Erscheinung, dafs sie f\u00fcr oberfl\u00e4chliche Stiche lebhaft schmerzempfindlich blieben, w\u00e4hrend tiefere Stiche keinen Schmerz hervorriefen.\nF\u00fcr Temperaturreize wurde die Wirkung des Kokains nur an der Zungenspitze erprobt, wo sich dasselbe v\u00f6llig wirkungslos zeigte.\nDie Wirkung des Kokains auf Geschmacksreize wurde in der Weise untersucht, dafs zun\u00e4chst der absolute Schwellenwert f\u00fcr die einzelnen Schmeckstoffe festgestellt wurde, darauf untersuchte Verfasser die Ver\u00e4nderungen des Schwellenwertes unter dem Einflufs der verschieden h\u00e4ufigen Pinselungen mit den verschiedenen Konzentrationsgraden der L\u00f6sung. Als Schmeckstoffe wurden verwendet Sacch. alb., NaCl, HCl und Chin. suif, und speziell zur Pr\u00fcfung der Bitterempfind-lichkeit in einem einmaligen Versuch Wermuth, Quassia, Enzian, Aloe. Die allgemeinen Ergebnisse waren: Der abschw\u00e4chende Einflufs der verschiedenen L\u00f6sungen des Kokains ist am gr\u00f6fsten f\u00fcr die Empfindlichkeit f\u00fcr Bitter und S\u00fcfs. \u201eBetreffs des Sauren und Salzigen ist bei den niederen L\u00f6sungsgraden die Wirkung auf Salz am geringsten, hei den h\u00f6heren jedoch ist dieselbe auf beide Reize teils gleich, teils scheint der Einflufs auf Sauer zu \u00fcberwiegen.\u201c Bez\u00fcglich der Einwirkungszeit ergab sich, dafs die Wirkung des Kokains bei allen Geschmacksreizen unmittelbar nach Auftragung auf die Zunge am gr\u00f6fsten ist.\nDie Verschiedenheit, welche sich in der Dauer der Einwirkung der Pinselungen f\u00fcr Tastreize einerseits und Geschmacksreize andererseits ergeben hatte, benutzt Verfasser, um den Beweis zu erbringen, dafs Salz- und Sauerempfindungen auch ohne die gew\u00f6hnlich sie begleitenden taktilen Empfindungen auftreten k\u00f6nnen.\nBetreffs der Gymnemas\u00e4ure (die der Verfasser von Merk in","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n451\nDarmstadt bezog) wird zun\u00e4chst festgestellt, dafs die Wirkung auf S\u00fcfs extensiv wie intensiv eine h\u00f6chst bedeutende ist. Bei verschiedenen Beobachtern trat erst nach 6\u201411 Stunden v\u00f6lliger Aufhebung der S\u00fcfs-empfindlichkeit wieder eine schwache F\u00e4higkeit auf, Zucker als s\u00fcfs zu schmecken, wenn vorher die Zunge einmal mit einer L\u00f6sung von Gym-nemas\u00e4ure in 96% Alkohol (1 Teil S\u00e4ure auf 12 Teile Alkohol) gepinselt war. Das allgemeine Ergebnis der Gymnemaversuche war das, dafs die Gymnemas\u00e4ure ,,auf alle vier Geschmacksqualit\u00e4ten\u201c (der untersuchten Schmeckstoffe) einwirkt, am meisten auf die Empfindlichkeit f\u00fcr S\u00fcfs, am wenigsten auf die Empfindlichkeit f\u00fcr Salzig und Sauer. Auf Tast- und Temperaturreize hat sie \u201ekeinerlei Wirkung\u201c.\nMeumann (Leipzig).\nBourdon. Influence de Tage sur la m\u00e9moire imm\u00e9diate. Bev. philos, Bd. 88. S. 148\u2014167. (August 1894.)\nBourdon machte seine interessanten Beobachtungen an \u00fcber 100 Sch\u00fclern eines Gymnasiums von 8 bis 12 Jahren. Er nannte eine Beihe von Ziffern, Buchstaben, einsilbigen, zweisilbigen und dreisilbigen W\u00f6rtern und liefs sie die Sch\u00fcler nachsprechen. Es wurden successive gr\u00f6fsere Beihen genommen. Als W\u00f6rter verwendete er Substantiva, Adjektiva und Verba. Auch sorgte er daf\u00fcr, dafs nicht zwei aufeinander folgende W\u00f6rter Veranlassung zu einer Ideenassoziation gaben. Eine Anwendung des Bhythmus fand weder bei den Ziffern, noch Buchstaben, noch bei den einsilbigen W\u00f6rtern statt.\nEs wurden zun\u00e4chst nacheinander die Geschwindigkeiten von 100, 108, 120 Ziffern, bezw. Buchstaben in einer Minute angewendet. Bei diesen Geschwindigkeiten waren die Besultate bez\u00fcglich der Vermeidung von Auslassungen und der Beibehaltung der Anordnung fast genau dieselben, wenn es sich um Ziffern handelte. Bei Anwendung von Buchstaben erzielte Bourdon bessere Besultate, wenn er von der Geschwindigkeit 100 zur Geschwindigkeit 108 \u00fcberging, bei der Geschwindigkeit 120 jedoch waren die Besultate nur wenig besser als bei der Geschwindigkeit 108.\nEinige der interessantesten Fehler, welche bei der Wiederholung\nder Beihen vorkamen, sind folgende: Vor allem Ersetzen einzelner\nBuchstaben und Silben durch falsche, aber nicht unsinnige; Ersetzen\neines Wortes durch eine Silbe oder eine Gruppe von Silben, welche jedes\nSinnes entbehren. Eine Ideenassoziation rief unter den Gliedern der\nBeihe bisweilen Unordnung hervor, bisweilen brachte sie ein fremdes\n\u2022 \u2022\nWort in die Beihe hinein. Oft verleitete eine phonetische \u00c4hnlichkeit zu solchen Unregelm\u00e4fsigkeiten.\nDas Ged\u00e4chtnis f\u00fcr die Beihenfolge unterschied sich von dem Ged\u00e4chtnis f\u00fcr die einzelnen Ph\u00e4nomene, sofern als Fehler in der Beihenfolge oft zugleich mit einer korrekten Wiedergabe der Elemente der Beihe bestanden. Die Art der Zusammensetzung der Beihen hatte Einflufs auf die Fehler. Eine Beihe von Substantiven war leichter zu reproduzieren, als eine Beihe, welche Substantiva und Adjektiva zugleich\n29*","page":451}],"identifier":"lit29604","issued":"1895","language":"de","pages":"449-451","startpages":"449","title":"Friedr. Kiesow: \u00dcber die Wirkung des Kokains und der Gymnemas\u00e4ure auf die Schleimhaut der Zunge und des Mundraumes. Wundt, Philos. Stud. IX. 4. S. 510-527. 1894","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:09:08.037022+00:00"}