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{"created":"2022-01-31T14:05:48.079344+00:00","id":"lit29608","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 453-457","fulltext":[{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n453\ngrofse Anzahl von Ziffern schwerer im Ged\u00e4chtnis fixiert, als die anderen, wenige Ziffern dagegen leichter. Wnrde die Geschwindigkeit des Hersagens der Zahlen durch ein Registriermikrophon graphisch dargestellt, so zeigte sich der Mnemotechniker im Nachteil, jedenfalls, weil er die Zahlen erst aus den \u00fcblichen Merkversen rekonstruieren mufste; der Vertreter des optischen Ged\u00e4chtnisses l\u00f6ste seine Aufgabe schneller, wenn er die mehrstelligen Zahlen nach den Ziffern benannte, mit denen sie geschrieben werden, also z. B. f\u00fcr 19: un, neuf statt dix-neuf angab; der Vertreter des akustischen Ged\u00e4chtnisses dagegen kam rascher vorw\u00e4rts, wenn er die Zahlen nach dem Klangbilde aussprach, also die Bezeichnung dix-neuf f\u00fcr 19 brauchte. Bez\u00fcglich der Schnelligkeit des Lernens der Zahlen zeigten die beiden letzten Versuchspersonen sich \u00fcbrigens denselben Gesetzen unterworfen, wie andere Menschen. Insbesondere steigt auch bei ihnen die zum Lernen n\u00f6tige Zeit viel rascher an als die Anzahl der Ziffern, wenn man diese von Versuch zu Versuch in bestimmtem Verh\u00e4ltnis wachsen l\u00e4fst.\nSchaefer (Rostock).\nW. Wundt. \u00dcber psychische Kausalit\u00e4t und das Prinzip des psychophysischen Parallelismus. Philos. Stud. X. Bd. 1. Heft. S. 1\u2014124. (1894.) Wundt er\u00f6rtert in dieser Arbeit die verschiedenen Fassungen, welche dem Kausalbegriff gegeben worden sind. Gegen\u00fcber der psychologischen Fassung, welche den Begriff der Ursache vollst\u00e4ndig in den dauernden Objekten und die Bedingungen, unter denen jene Ursachen wirken, in den Relationen der Objekte sucht, bef\u00fcrwortet W. die logisch-naturwissenschaftliche Fassung. Das einzig sichere und darum auch das einzig zul\u00e4ssige Kriterium zur Entscheidung der Frage, welche unter der Gesamtheit der Bedingungen eines Ph\u00e4nomens als dessen Ursachen zu betrachten seien, liegt f\u00fcr Wundt in der Aufstellung einer \u201eKausalgleichung\u201c, welche auf ihrer einen Seite den Effekt quantitativ bestimmt, w\u00e4hrend sie auf der anderen Seite diejenigen bedingenden Elemente in der f\u00fcr sie g\u00fcltigen gesetzm\u00e4fsigen Relation enth\u00e4lt, welche zur Erreichung des Effekts vollst\u00e4ndig ausreichen. Die Kausalgleichungen teilt er wiederum ein in Kraftgleichungen und Energiegleichungen. Die erstere Gattung betrachtet gegebene Geschwindigkeiten oder Geschwindigkeits\u00e4nderungen als Wirkungen bestimmter ihnen gleich gesetzter Ursachen (Kr\u00e4fte).\nk\nAls Paradigma f\u00fchrt W. die Gleichung v = \u2014 .t an. Die zweite Gattung\nK\u00efb\nbetrachtet irgend eine Energiegr\u00f6fse als Wirkung anderer Energiegr\u00f6fsen,\n771/V ^\ndenen jene gleich gesetzt wird (Paradigma =p.h). Wenn eine\nEnergiegleichung den unmittelbaren \u00dcbergang bestimmter Energieformen in andere ausdr\u00fcckt, so bezeichnet sie W. als Trans f o r mat ionsgleich un g. Werden hingegen Zust\u00e4nde gleich gesetzt, welche zeitlich beliebig getrennt sind, so spricht W. von einer Zustands-","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nLittera twrbericlit.\n\u00ce71V w\ngleichung. Die Gleichung ph = ist eine Zustandsgleichung, weil\nzwischen der Erhebung des Gewichts p auf die H\u00f6he h und dem die Energie erzeugenden Fall eine beliebig grofse Zwischenzeit vergehen kann.\nDas entscheidende Kriterium der kausalen Verkn\u00fcpfung liegt also nicht in Objekten, die wir als permanente Tr\u00e4ger bestimmter Kr\u00e4fte betrachten, sondern letztere beteiligen sich immer nur als konstante Faktoren an dem zeitlichen Kausalvorgang. Die hieran sich schliefsenden polemischen Er\u00f6rterungen gegen Sigwart sind im Originale nachzulesen.\nDer zweite Teil der W.\u2019schen Arbeit versucht diese S\u00e4tze auf den psychophysischen Parallelismus anzuwenden. W. nimmt in der bekannten Weise an, dafs die Naturkausalit\u00e4t v\u00f6llig geschlossen ist : zwischen jedem Zustande eines begrenzten materiellen Systems und irgend einem in beliebiger Zeit vorangegangenen Zustande desselben lasse sich stets eine Zustandsgleichung hersteilen, und zwischen dem ersten und dem zweiten Zustande m\u00fcsse stets eine Reihe von stetig einander folgenden \u00dcbergangszust\u00e4nden vorhanden sein, deren jeder vollst\u00e4ndig durch Kraft- und Transformationsgleichungen aus dem unmittelbar vorangegangenen ableitbar sei. Die regelm\u00e4fsige Beziehung bestimmter psychischer zu bestimmten physischen Vorg\u00e4ngen habe man als eine thats\u00e4chlich gegebene vorauszusetzen. Psychophysische Kausalit\u00e4t l\u00e4fst W. nur in der folgenden Form gelten, in welcher sie angeblich mit dem Prinzip des psychophysischen Parallelismus identisch ist: \u201ePsychische Effekte physischer Ursachen sind psychische Vorg\u00e4nge, die aus einer physischen Kausalreihe derart hervorgehen, dafs ihre Entstehung in dem Ablaufe jener physischen Reihe keine Ver\u00e4nderung hervorbringt\u201c und in \u00e4hnlicher Weise auch umgekehrt. \u2014 Nur zwei Dinge stehen nach Wttkdt g\u00e4nzlich aufserhalb dessen, was sich etwa aus der physischen auf die psychische Seite oder auch aus dieser auf jene nach dem Prinzip des psychophysischen Parallelismus schliefsen l\u00e4fst: erstens wird uns keine Verbindung physischer Vorg\u00e4nge \u00fcber die Art der Verbindung psychischer Elemente, also \u00fcber die Form der aus ihnen resultierenden Vorstellung, sowie \u00fcber die gr\u00f6fsere oder geringere Innigkeit der Verbindung je etwas lehren k\u00f6nnen, ebensowenig wie wir umgekehrt aus unseren Vorstellungen die Natur der entsprechenden physiologischen Erregungen und ihrer Verkn\u00fcpfungen zu erraten verm\u00f6chten. Zweitens sind die Wert unterschiede, die wir zwischen den verschiedenen psychischen Gebilden unmittelbar anerkennen, Attribute, die den geistigen Inhalten eigent\u00fcmlich sind, und denen auf der Naturseite die absolute Wertgleichheit alles Geschehens gegen\u00fcbersteht.\nVom Standpunkte der letzten beiden sehr anfechtbaren S\u00e4tze erfolgt nun im dritten Teile eine Kritik der \u201ematerialistischen Psychologie\u201c. Aufser M\u00fcnsterberg, H\u00f6ffding u. a.wird auch der Referent mit einer \u00f6fteren Kritik bedacht. Referent ist dem gegen\u00fcber in der sehr angenehmen Lage, zu versichern, dafs die Definition, welche W. von dem materialistischen Psychologen giebt, in keiner Weise auf ihn pafst. Ich habe daher mit einigem Vergn\u00fcgen lesen k\u00f6nnen, wie Verfasser meinen von","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a turberich t.\n455\nihm konstruierten Doppelg\u00e4nger, den er \u00fcberdies noch aus seiner Phan-. tasie mit einigen entstellenden, dem Angriffe leicht zug\u00e4nglichen Z\u00fcgen ausgestattet hat, heruntermacht. Oder wird etwa der psychophysische Parallelismus aufgegeben, wenn eine Ableitung der intellektuellen von den sensoriellen Gef\u00fchlst\u00f6nen versucht wird und hierbei die den gef\u00fchlsbetonten Empfindungen und Vorstellungen parallel gehenden Rindenerregungen eben als Paralleiprozesse verfolgt werden? Freilich Wundt hat gesagt und sagt es wieder: \u201ean den Gef\u00fchlswerten hat der psychophysische Parallelismus ein Ende\u201c. Er hat es gesagt. Ich will vor diesem Jupiteredikt schweigen. Sollte aber mein Aufsuchen psychophysischer Parallel Vorg\u00e4nge, abgesehen von dem eingestandenen Majest\u00e4tsvergehen, auch unter den Begriff der materialistischen Psychologie fallen? Diese ist dadurch charakterisiert, dafs \u201esie die psychischen Vorg\u00e4nge aus physischen ableitet\u201c. Leider ist diese Definition in einer f\u00fcr Wundts weitere Er\u00f6rterungen sehr vorteilhaften Weise zweideutig. Dieses \u201eAbleiten\u201c kann n\u00e4mlich offenbar bedeuten, \u201ediese als Ursache jener erweisen\u201c. Bei dieser Bedeutung ist das Attribut \u201ematerialistisch\u201c allerdings richtig, aber gegen eine solche Auffassung hat sich Referent ausdr\u00fccklich allenthalben verwahrt. Andererseits kann dies \u201eAbleiten\u201c auch bedeuten: die Entwickelung und den Zusammenhang der psychischen Prozesse im Anschlufs und unter Kontrolle und eventuell auch mit H\u00fclfe der koordinierten materiellen Prozesse ermitteln und erl\u00e4utern, ln diesem Sinne hat Referent allerdings \u201eabzuleiten\u201c versucht, aber Ableitungen in diesem Sinne haben mit Materialismus nichts zu thun. Noch mehr war Referent erstaunt, als ihm der Satz untergeschoben wurde (S. 64), er lasse die willk\u00fcrlichen Handlungen aus komplizierten automatischen Handlungen hervorgehen. Ich mufs gegen solche Unterschiebungen ausdr\u00fccklich protestieren. Die Seiten, welche W. zitiert, enthalten hiervon nichts. Im Gegenteil hat Referent die automatischen Akte teils aus den Reflexen, teils aus den sog. Willenshandlungen abgeleitet. Ebensowenig hat Referent, wie ihm S. 66 zugeschoben wird, behauptet, die Partialvorstellungen des konkreten Begriffes verb\u00e4nden sich miteinander auf Grund des Assoziationsgesetzes der \u00c4hnlichkeit. Vielmehr sage ich an der bez\u00fcglichen Stelle, die \u00c4hnlichkeit der Partialvorstellungen sei Ursache ihrer Assoziation. Das hierbei wirksame Assoziationsgesetz ist jedoch, wie an anderer Stelle auseinandergesetzt wird, wie bei allen diesen Assoziationen von Begriffen mit \u00e4hnlichen Partialvorstellungen, das Gesetz der Gleichzeitigkeitsassoziation.\nWeiter nimmt W. an dem Ausdruck \u201eDeponieren der Erinnerungsbilder\u201c Anstofs und fragt nach dem Subjekt des Deponierens. Referent sieht zun\u00e4chst keinen Grund, einen bequemen abk\u00fcrzenden Ausdruck fallen zu lassen, weil er von einer gegnerischen Kritik mifsdeutet wird. Einer Mifsdeutung durch den vorurteilslosen Leser ist durch die ganze Darstellung v\u00f6llig ausreichend vorgebeugt. Gerade die Schwierigkeit, welche W. mir vorh\u00e4lt \u2014 ein Subjekt des Deponierens, welches die Erinnerungsbilder einordnet, zu finden \u2014, hat mir Anlafs gegeben, den Vorgang dieses \u201eDeponierens\u201c klarzustellen (vgl. meinen Leitfaden S. 141). Danach ist die Auswahl der Erinnerungszelle durch die im Augenblick","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456\nLitteraturbericht.\nder Empfindung statthabenden Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse bestimmt. Das latente Erinnerungsbild gelangt gerade in diese oder jene bestimmte Zelle, weil auf den zu ihr f\u00fchrenden Bahnen der Leitungswiderstand gerade am geringsten ist. Das \u201eDeponieren\u201c vollzieht sich also in der That \u201esubjektlos\u201c. Deshalb werden wir uns aber das Recht eines bequemen Ausdruckes, wie \u201ewir deponieren\u201c, nicht verk\u00fcmmern lassen. Wie wenig G-ewicht Referent thats\u00e4clilich auf die spezielle Lokalisation der Erinnerungsbilder in den Erinnerungszellen gelegt hat, geht aus seinen ausdr\u00fccklichen Verwahrungen (1. c. S. 142 ff.) hervor. In der That hat sich auch Wundt \u00e4hnliche abgek\u00fcrzte Ausdr\u00fccke allenthalben in seinen Werken erlaubt: \u201edas Ged\u00e4chtnis h\u00e4lt Vorstellungen bereit\u201c (Phys. Psych. S. 494), die Vorstellungen erfahren Agglutinationen, Verschmelzungen, Verdichtungen, Verschiebungen, auch bei Wundt \u201elassen\u201c die aus dem Bewufstsein verschwundenen V orstellungen psychische Dispositionen \u201ezur\u00fcck\u201c. Aus den Vorstellungen entstehen sogar \u201eNiederschl\u00e4ge\u201c und wir \u201ereihen\u201c Eindr\u00fccke in den Zusammenhang unserer Vorstellungen ein. Apperzeptive Erregungen \u201ekommen\u201c sogar dem Eindruck des Sehzentrums \u201eentgegen\u201c. Solche Beispiele liefsen sich beliebig h\u00e4ufen. Es fallt mir auch gar nicht ein, solche \u00fcbertragene Ausdr\u00fccke f\u00fcr unstatthaft zu erkl\u00e4ren, nur kann ich bei dieser Sachlage nicht verstehen, weshalb der Ausdruck \u201eDeponieren der Erinnerungsbilder\u201c auf Wundt und seine Anh\u00e4nger jedesmal als rotes Tuch wirkt. Endlich meine ich, dafs der ehemalige Vertreter der Kleinhirnapperzeption \u2014 von der noch immer gelehrten Stirnhirnapperzeption ganz zu schweigen \u2014 nicht so gar hart \u00fcber psychophysiologische Lokalisationsversuche Anderer urteilen sollte.\nDer vierte Abschnitt ist der psychischen Kausalit\u00e4t gewidmet. W. h\u00e4lt hier das Postulat der geschlossenen Naturkausalit\u00e4t nur als eine regulative Idee fest. Da gewisse Hirnvorg\u00e4nge unmittelbar in sich die Nachwirkungen einer Kausalreihe enthalten, welche wir weder thats\u00e4chlich noch hypothetisch zu rekonstruieren verm\u00f6gen, so sei hier eine H\u00fclfe f\u00fcr. die Psychologie von seiten der Physiologie nicht zu erwarten. Bemerkenswert ist, wie W. seine Apperzeptionshypothese diesen Anschauungen einf\u00fcgt (S. 90). Schliefslich stellt W. drei Prinzipien der psychischen Kausalit\u00e4t auf, welche zugleich als spezifische Merkmale der letzteren gegen\u00fcber der Natur kausalit\u00e4t gelten k\u00f6nnen. Es ist dies erstens das Prinzip der reinen Aktualit\u00e4t des Geschehens, worunter W. die \u201eThatsache\u201c versteht, dafs jeder psychische Inhalt ein Vorgang (Actus) ist, dafs es also konstante Objekte, wie sie die Naturwissenschaft auf ihrem Gebiete voraussetzen mufs, auf psychischem nicht giebt. Das zweite Prinzip ist das \u201eder sch\u00f6pferischen Synthese\u201c. Hiermit ist die \u201eThatsache\u201c gemeint, dafs die psychischen Elemente durch ihre kausalen Wechselwirkungen und Folgewirkungen Verbindungen erzeugen, die zwar aus ihren Komponenten psychologisch erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, gleichwohl aber neue qualitative Eigenschaften besitzen, die in den Elementen nicht enthalten waren, wobei namentlich auch an diese neuen Eigenschaften eigent\u00fcmliche, in den Elementen nicht vorgebildete Wertbestimmungen gekn\u00fcpft werden\u201c. Das dritte Prinzip ist das \u201eder be-","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht\n457\nziehenden Analyse\u201c und \u00e4ufsert sich darin, dafs die Gliederung der Gebilde der sch\u00f6pferischen psychischen Synthese durchgehends nicht so geschieht, dafs die aus dem Ganzen ausgesonderten Teile neue f\u00fcr sich bestehende Einheiten bilden, sondern stets derart, dafs sie mit dem Ganzen, aus dem sie hervorgingen, in Beziehung bleiben und wesentlich durch diese fortlaufende Beziehung ihre eigene Bedeutung empfangen. Die eigent\u00fcmliche Bewufstseinsfunktion, ohne welche eine solche Trennung und Unterscheidung des einzelnen aus einer Gesamtheit nicht m\u00f6glich w\u00e4re, ist die Apperzeption. Letztere tritt im \u00fcbrigen in der milderen \u201eentgegenkommenderen\u201c Form auf, welche sie in der neuesten Auflage der Physiolog. Psychologie Wundts angenommen hat. Ziehen (Jena).\nDugas. L\u2019impression de ,,1\u2019enti\u00e8rement nouveau\u201c et celle du \u201ed\u00e9j\u00e0 vu.\u201c Beo. philos. Bd. 38. S. 40\u201446. (Juli 1894).\nJ. J. van Biervliet. La paramn\u00e9sie ou la fausse m\u00e9moire. Ebenda.\nS. 47-49.\nJ. Souky. La paramn\u00e9sie d\u2019apr\u00e8s T. Vignoli. Ebenda. S. 50\u201451.\nAlle drei Abhandlungen behandeln dieselbe Erscheinung, n\u00e4mlich die Paramnesie oder Ged\u00e4chtnisf\u00e4lschung: Zu bestimmten Zeiten seines Lebens, z. B. zur Zeit seiner Verheiratung, des Todes von Vater und Mutter befand sich X. in einer sonderbaren geistigen Verfassung. Er sah sich selbst in seinem Salon Visiten empfangen, banale Phrasen schwatzen, lachen u. s. w., w\u00e4hrend sein wahres Ich einen anderen Gedankenlauf verfolgte und ganz unter dem Eindr\u00fccke stand, welchen die grofse Wandlung in seinem Leben hervorgerufen hatte. X. entwischte diesen Eindr\u00fccken, fiel ihnen von neuem anheim. Dies wiederholte sich einige Male, bis schliefslich das Gleichgewicht zwischen Gegenwart und Vergangenheit wiederkehrte.\nZur Erkl\u00e4rung des Ph\u00e4nomens f\u00fchrt Dugas folgendes an: Man kann auf Augenblicke den zeitlichen und r\u00e4umlichen Bestimmungen entfliehen und eine Empfindung haben, ohne sie zu lokalisieren. Es ist m\u00f6glich, dafs die Tiere Vorstellungen und Gef\u00fchle haben, ohne irgend welche Vergegenw\u00e4rtigung der Zeit. Beim Menschen verschwindet in krankhaften F\u00e4llen jede zeitliche R\u00fccksichtnahme. Auch beim gesunden Menschen giebt es Zust\u00e4nde von tiefer Versenkung in einen Gedanken oder in ein Gef\u00fchl. In der Ekstase f\u00fchlen wir nicht mehr die Folge unserer Zust\u00e4nde. Wir befinden uns in jedem Momente g\u00e4nzlich in diesem Momente selbst, ohne Vergleichung und Erinnerung, g\u00e4nzlich verloren in unsere Gedanken oder in unser Gef\u00fchl.\nEine Empfindung in Zeit und Raum lokalisieren, heilst sie denken, statt sie zu f\u00fchlen. So kommt es, dafs, wenn die Empfindung das Ich bis auf den Grund ersch\u00fcttert, die Zeitvorstellung sich verliert. Man vergleicht dann die Empfindung nicht mehr mit anderen oder mit einer Gruppe von \u00e4hnlichen, sondern nur mit sich selbst, man verliert sich in sie. Der Eindruck des durchaus Neuen entsteht in uns jedesmal, wenn die Empfindung uns gefangen h\u00e4lt und der Gedanke uns verl\u00e4fst.\nWenn wir zugeben, dafs einerseits das Wieder er kennen eines Bildes als vergangen vor sich gehen kann, aufserhalb von jeder Lokalisierung","page":457}],"identifier":"lit29608","issued":"1895","language":"de","pages":"453-457","startpages":"453","title":"W. Wundt: \u00dcber die psychische Kausalit\u00e4t und das Prinzip des psychophysischen Parallelismus. Philos. Stud. X. Bd. 1. Heft. S. 1-124. 1894","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:05:48.079350+00:00"}