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{"created":"2022-01-31T14:09:36.032364+00:00","id":"lit29610","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 459-460","fulltext":[{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Littwaturbericht.\n459\noder dafs jemand ein Seliauspiel, dem er zum ersten Male beiwohnt, in Bezug auf alle seine Einzelheiten wiederzuerkennen behauptet, geht aus obigen Erkl\u00e4rungen nicht hervor. Es wird also wohl die partielle, nicht aber die totale Illusion erkl\u00e4rt, um die es sich hier handelt.\nM. Giessler (Erfurt).\nGaston Danville. La psychologie de l\u2019amour. F. Alcan, Paris. 1894. 169 S.\nDie gediegene Arbeit besch\u00e4ftigt sich zun\u00e4chst mit der Kritisierung verschiedener Ansichten von Litteraten und Philosophen \u00fcber die Liebe. Unter anderem wendet sie sich gegen die beiden Gesetze Schopenhauers, denen auch von Hartmann huldigt, dafs erstens jedes Wesen eine um so gr\u00f6fsere sexuelle Anziehung aus\u00fcbt, je vollkommener es das Ideal der Art rep\u00e4sentiert, und dafs zweitens die sexuelle Anziehung, welche ein Individuum auf das andere aus\u00fcbt, um so energischer ist, je mehr die Fehler des einen die entgegengesetzten des anderen aufheben. Beide Gesetze widersprechen sich, denn nach dem ersten w\u00fcrde ein h\u00e4fslicher, schlecht gewachsener Mann eine mittelm\u00e4fsige sexuelle Anziehung aus\u00fcben, nach dem zweiten w\u00fcrde er eine Frau von entgegengesetzten Eigenschaften begeistern k\u00f6nnen. Auch w\u00fcrde das zweite Gesetz einen mittleren Typus der Art erzeugen, aber nicht zu einer Verbesserung derselben beitragen. Im Gegenteil hat man die Liebe zwischen Degenerierten als h\u00e4ufig vorkommend konstatiert. Die Vorurteile der Passe, Peligion, des Standes wirken ebenfalls der Verwirklichung der angef\u00fchrten Gesetze entgegen. Im Anschlufs hieran definiert der Verfasser den Begriff der Liebe folgendermafsen : \u00bbDie Liebe ist eine spezifische, emotive Entit\u00e4t, welche besteht in einer mehr oder weniger permanenten Variation des affektiven und sinnlichen Zustandes eines Subjekts bei Gelegenheit der Verwirklichung \u2014 durch das gl\u00fcckliche Erscheinen eines spezialisierten sinnlichen Prozesses \u2014 einer ausschliefslichen bewufsten Systematisierung seines sexuellen Instinkts mit Bezug auf ein Individuum des anderen Geschlechts.\u201c D. nennt die Liebe eine spezifische, emotive Entit\u00e4t, weil sie sich auf kein anderes Gef\u00fchl zur\u00fcckf\u00fchren l\u00e4fst. Bei der Systematisierung unterscheidet er erstens das Fehlen derselben, zweitens die relative, drittens die absolute Systematisierung. Im ersten Falle wird Befriedigung des Instinkts mit einem beliebigen Individuum des anderen Geschlechts gesucht. Im zweiten Falle ist eine Wahl vorhanden, welche durch die Eigenschaften des gew\u00e4hlten Subjekts oder die Begierde des W\u00e4hlenden motiviert ist. Physische und moralische Eigenschaften, wie Sch\u00f6nheit, Peichtum, Intelligenz, ziehen den Liebenden an, sein Temperament, Charakter, Geschmack bestimmt ihn. Abnorme Dispositionen des liebenden Subjekts geben Veranlassung zu krankhaften Liebesgef\u00fchlen :\tImpotenz, Satyriasis, Nymphomanie, Onanie, Feti-\nschismus, Masochismus, Sadismus. Unter absoluter Systematisierung versteht D. die Liebe im eigentlichen Sinne. Liebe ist kein abnormer, sondern ein v\u00f6llig normaler Zustand.\nSchon bei den Infusorien erscheint eine elementare Sexualit\u00e4t. Binet konstatierte, dafs w\u00e4hrend der Konjugation die beiden Infusorien","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nLitteraturberichl.\nimmer mit der \u00d6ffnung vereinigt sind, welche den Mund \"bildet. Die Fortpflanzung in dieser Epoche des Tierreiches ist ein vorherrschend motorisches Ph\u00e4nomen. Vielleicht kommen noch Elemente von muskul\u00e4rer Empfindlichkeit hinzu. In der Periode der Sexualit\u00e4t treten an die Stelle der motorischen Elemente differentiiertere sensible. Bei den S\u00e4ugetieren und V\u00f6geln spielen diese affektiven Elemente sogar eine Hauptrolle, n\u00e4mlich die Freude \u00fcber den Sieg, \u00fcber die Befriedigung der sexuellen Begierde, \u00fcber Sch\u00f6nheit und Geschicklichkeit des geliebten Wesens oder aber Schmerzen und die dem Besiegten auferlegten Strafen. Die eigentliche Liebe ist die am meisten differentiierte Modalit\u00e4t des Instinkts der Fortpflanzung, sie ist beim Menschen ein vorherrschend geistiges Ph\u00e4nomen, welches mit vererbten affektiven Erscheinungen verbunden ist. Sie bildet also die h\u00f6chste Entwickelung der Anpassung einer speziellen Funktion bei einem morphologisch sehr komplizierten Organismus.\nDanyille hat unrecht, wenn er alle Arten von Liebe, welche von der althergebrachten Grundform abweichen, als krankhafte bezeichnet. Da die Liebe beim Menschen ein vorherrschend geistiges Ph\u00e4nomen geworden ist, so scheint mir die Forderung einer ausschliefslichen Systematisierung auf ein weibliches Wesen zu eng gefafst zu sein.\nM. Giessler (Erfurt).\nL. L\u00f6wenfeld. Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie.\nJ. F. Bergmann, Wiesbaden 1894.\t744 S.\nDer Verfasser dieses Werkes ist hinreichend bekannt durch die Herausgabe der beiden Schriften: \u201eModerne Behandlung der Neurasthenie und Hysterie, 1889\u201c und \u201eDie nerv\u00f6sen St\u00f6rungen sexuellen Ursprungs, 1891\u201c. Bei der Herausgabe der ersten Schrift hatte er noch nicht daran gedacht, der Therapie eine Pathologie folgen zu lassen. Im Vorwort zu vorliegendem Buche schreibt er: \u201eEin Bed\u00fcrfnis in dieser Dichtung war damals auch keineswegs in dem Mafse gegeben oder wenigstens ersichtlich wie heutzutage. In den inzwischen verflossenen sechs Jahren hat nicht nur die Lehre von der Hysterie durch eine Beihe von Forschungen bedeutsame Erweiterungen erfahren, es ist auch von verschiedenen Seiten und, wie ich glaube, mit Hecht, namentlich bei der Diskussion \u00fcber die Unfallsnervenkrankheiten, hervorgehoben worden, dafs die grofse Mehrzahl der \u00c4rzte einer gr\u00fcndlichen, dem gegenw\u00e4rtigen Stande der Forschung entsprechenden Kenntnis der Hysterie ermangelt.\u201c Verfasser bemerkt, dafs seit 17 Jahren, d. i. seit dem Erscheinen der Monographie Jollys, eine zusammenfassende Darstellung der Lehre von der Hysterie von deutscher Seite nicht mehr unternommen worden ist. L. darf sich daher mit Recht der Ansicht hingeben, dafs die von ihm unternommene Erweiterung der erw\u00e4hnten therapeutischen Abhandlung zu einer Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie bez\u00fcglich letzterer einem unverkennbaren literarischen Bed\u00fcrfnisse der Gegenwart entgegenkommt. Die Neurasthenie ist wegen der \u201einneren","page":460}],"identifier":"lit29610","issued":"1895","language":"de","pages":"459-460","startpages":"459","title":"Gaston Danville: La psychologie de l'amour. F. Alcan, Paris. 1894. 169 S.","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:09:36.032370+00:00"}