Open Access
{"created":"2022-01-31T13:15:25.920485+00:00","id":"lit29611","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Krapoll","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 460-464","fulltext":[{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nLitteraturberichl.\nimmer mit der \u00d6ffnung vereinigt sind, welche den Mund \"bildet. Die Fortpflanzung in dieser Epoche des Tierreiches ist ein vorherrschend motorisches Ph\u00e4nomen. Vielleicht kommen noch Elemente von muskul\u00e4rer Empfindlichkeit hinzu. In der Periode der Sexualit\u00e4t treten an die Stelle der motorischen Elemente differentiiertere sensible. Bei den S\u00e4ugetieren und V\u00f6geln spielen diese affektiven Elemente sogar eine Hauptrolle, n\u00e4mlich die Freude \u00fcber den Sieg, \u00fcber die Befriedigung der sexuellen Begierde, \u00fcber Sch\u00f6nheit und Geschicklichkeit des geliebten Wesens oder aber Schmerzen und die dem Besiegten auferlegten Strafen. Die eigentliche Liebe ist die am meisten differentiierte Modalit\u00e4t des Instinkts der Fortpflanzung, sie ist beim Menschen ein vorherrschend geistiges Ph\u00e4nomen, welches mit vererbten affektiven Erscheinungen verbunden ist. Sie bildet also die h\u00f6chste Entwickelung der Anpassung einer speziellen Funktion bei einem morphologisch sehr komplizierten Organismus.\nDanyille hat unrecht, wenn er alle Arten von Liebe, welche von der althergebrachten Grundform abweichen, als krankhafte bezeichnet. Da die Liebe beim Menschen ein vorherrschend geistiges Ph\u00e4nomen geworden ist, so scheint mir die Forderung einer ausschliefslichen Systematisierung auf ein weibliches Wesen zu eng gefafst zu sein.\nM. Giessler (Erfurt).\nL. L\u00f6wenfeld. Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie.\nJ. F. Bergmann, Wiesbaden 1894.\t744 S.\nDer Verfasser dieses Werkes ist hinreichend bekannt durch die Herausgabe der beiden Schriften: \u201eModerne Behandlung der Neurasthenie und Hysterie, 1889\u201c und \u201eDie nerv\u00f6sen St\u00f6rungen sexuellen Ursprungs, 1891\u201c. Bei der Herausgabe der ersten Schrift hatte er noch nicht daran gedacht, der Therapie eine Pathologie folgen zu lassen. Im Vorwort zu vorliegendem Buche schreibt er: \u201eEin Bed\u00fcrfnis in dieser Dichtung war damals auch keineswegs in dem Mafse gegeben oder wenigstens ersichtlich wie heutzutage. In den inzwischen verflossenen sechs Jahren hat nicht nur die Lehre von der Hysterie durch eine Beihe von Forschungen bedeutsame Erweiterungen erfahren, es ist auch von verschiedenen Seiten und, wie ich glaube, mit Hecht, namentlich bei der Diskussion \u00fcber die Unfallsnervenkrankheiten, hervorgehoben worden, dafs die grofse Mehrzahl der \u00c4rzte einer gr\u00fcndlichen, dem gegenw\u00e4rtigen Stande der Forschung entsprechenden Kenntnis der Hysterie ermangelt.\u201c Verfasser bemerkt, dafs seit 17 Jahren, d. i. seit dem Erscheinen der Monographie Jollys, eine zusammenfassende Darstellung der Lehre von der Hysterie von deutscher Seite nicht mehr unternommen worden ist. L. darf sich daher mit Recht der Ansicht hingeben, dafs die von ihm unternommene Erweiterung der erw\u00e4hnten therapeutischen Abhandlung zu einer Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie bez\u00fcglich letzterer einem unverkennbaren literarischen Bed\u00fcrfnisse der Gegenwart entgegenkommt. Die Neurasthenie ist wegen der \u201einneren","page":460},{"file":"p0461.txt","language":"de","ocr_de":"LiUeraturberich t.\n461\nWesensverwandtschaft beider Erkrankungen und ihrer so ungemein h\u00e4ufigen Vergesellschaftung bei demselben Individuum\u201c mit in die Darstellung aufgenommen worden.\nDas Buch wird eingeleitet durch eine allgemeine Betrachtung \u00fcber die Stellung der Neurasthenie und Hysterie unter den Neuro- und Psychopathien. Es f\u00e4llt hier besonders auf, dafs L. nicht auf dem neuerdings sowohl von franz\u00f6sischen wie deutschen Gelehrten vertretenen Standpunkte steht, nach welchem die Hysterie eine reine Vorstellungskrankheit und ganz unabh\u00e4ngig von k\u00f6rperlichen St\u00f6rungen sein soll. Etwas nachdr\u00fccklich zieht Verfasser an dieser Stelle gegen die Theorie von M\u00f6bius zu Felde.\nGemeinsam f\u00fcr beide Krankheiten wird im zweiten Kapitel in sehr ausf\u00fchrlicher und interessanter Weise die \u00c4tiologie besprochen. Hierbei werden pr\u00e4disponierende Momente und direkte oder Gelegenheitsursachen unterschieden. Unter den ersteren wird namentlich der Erblichkeit eine besondere Bedeutung beigelegt. L. betont ihren grofsen Einflufs, der besonders von m\u00fctterlicher Seite herr\u00fchrt, ln einem Anh\u00e4nge hierzu wird die bekannte Lehre von den Degenerationszeichen abgehandelt. Weiterhin werden dann Geschlecht, Konstitution und Temperament, Lebensalter, Besch\u00e4ftigung, Stand, Rasse, Klima, Umgebung, Erziehung als pr\u00e4disponierende Momente in Betracht gezogen. Was das Geschlecht betrifft, so ist die Hysterie beim m\u00e4nnlichen Geschlechte viel mehr verbreitet, als fr\u00fcher geglaubt wurde. Bei M\u00e4nnern ist der Kontrast zwischen dem K\u00f6rperhabitus und dem Nervenzustande oft ein h\u00f6chst auff\u00e4lliger. Unter der europ\u00e4ischen Bev\u00f6lkerung wird der semitischen Rasse eine besondere Veranlagung zur Neurasthenie und Hysterie zugesprochen. L. sucht den Grund hierf\u00fcr jedoch nicht in einer Rasseneigent\u00fcmlichkeit, sondern in den gegenw\u00e4rtigen Lebensverh\u00e4ltnissen der Israeliten: im Osten Europas physisches Elend \u2014 im Westen grofse geistige Arbeit. In Bezug auf das Alter hebt Verfasser hervor, dafs die Zeit vom 20. bis 45. Lebensjahre pr\u00e4valiert. In sehr beherzigenswerter Weise ist der Einflufs der Erziehung noch in Betracht gezogen. Von den Gelegenheitsursachen stellt Verfasser in den Vordergrund: die geistige \u00dcberanstrengung, namentlich diejenige im Kindesalter, die emotionellen Vorg\u00e4nge, die psychische Infektion und psychische \u00dcberanstrengung. Besondere Ber\u00fccksichtigung wird auch den sexuellen Sch\u00e4dlichkeiten geschenkt. Die Masturbanten liefern einen grofsen Prozentsatz von Neurasthenikern und Hysterischen. Neben der sexuellen \u00dcberreizung spielen hierbei sehr h\u00e4ufig noch psychische Faktoren eine erhebliche Rolle: Seelenk\u00e4mpfe. Gewissensbisse \u00fcber die lasterhafte Gewohnheit etc. Nachdem Verfasser noch den Einflufs der verschiedensten K\u00f6rperkrankheiten in Erw\u00e4gung gezogen, z. B. der Sexualleiden, Magen-Darmkrankheiten, Wanderniere, Nasenkrankheiten, Augenaffektionen, Geh\u00f6rleiden mit Ohrensausen, der Krankheiten des Nervensystems und akuten und chronischen Infektionskrankheiten, bespricht er zum Schl\u00fcsse dieses Kapitels die an Unf\u00e4lle sich anscldiefsen-den Erkrankungen des Nervensystems. Betont wird das eminent praktische Interesse, welches diese Gruppe von Krankheitszust\u00e4nden in","page":461},{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"462\nLitteraturbericht.\nDeutschland durch die neuere Unfallgesetzgebung erlangt habe. Nach der Ansicht des Verfassers existiert eine eigenartige traumatische Neurose nicht. L. bestreitet es jedoch nicht, dafs traumatische Einwirkungen je nach der individuellen Disposition des Betroffenen zur Entwickelung sehr verschiedener Neurosen f\u00fchren k\u00f6nnen. Meist handelt es sich dabei allerdings um eine Kombination hysterischer und neurasthenischer Symptome, um eine Hysteroneurasthenie. Das Zustandekommen einer Neurose nach m\u00e4fsigen K\u00f6rperersch\u00fctterungen oder Verletzungen an der K\u00f6rperperipherie ohne direkte mechanische Einwirkung auf die Zentralorgane will Verfasser stets von dem Vorhandensein einer gewissen neuropathischen Disposition abh\u00e4ngig gemacht wissen.\nNach Erledigung dieser inhaltreichen und umfassenden Abhandlung werden Symptomatologie, Verlauf, Prognose getrennt, Prophylaxe und Therapie f\u00fcr beide Krankheiten gemeinsam besprochen. Die wichtigen Arbeiten anderer Autoren, namentlich auch franz\u00f6sischer Gelehrten, sind angef\u00fchrt und kritisch beleuchtet. Die Symptomatologie der Neurasthenie behandelt zun\u00e4chst die St\u00f6rungen der psychischen Sph\u00e4re. Auf diesen Abschnitt wollen wir in K\u00fcrze eingehen. In den leichteren F\u00e4llen cerebraler Ersch\u00f6pfung zeigt sich nur eine gewisse geringe Ged\u00e4chtnisschw\u00e4che, eine Neigung zum Zerstreutsein und zu leichterem Erm\u00fcden bei geistiger Th\u00e4tigkeit. Die Beeintr\u00e4chtigung des geistigen Verm\u00f6gens ist dabei im wesentlichen nur eine quantitative. Bei den mittelschweren F\u00e4llen tritt auch eine qualitative Einbufse hinzu, indem sich die Gediegenheit und Brauchbarkeit des Geleisteten verringert. In den ganz schweren F\u00e4llen endlich \u201eist der Leidende zu einem rein vegetativen Leben verurteilt\". Jede geistige Arbeit ist unausf\u00fchrbar. Zwischen diesen drei Stufen finden sich noch die mannigfachsten \u00dcbergangsstadien. Besonders betont wird noch die f\u00fcr alle F\u00e4lle bestehende Ged\u00e4chtnisschw\u00e4che in Bezug auf die Vorg\u00e4nge der j\u00fcngsten Vergangenheit. Sie ist die Folge \u201eder durch die Neurasthenie bedingten Verringerung der F\u00e4higkeit, die Aufmerksamkeit den* sich darbietenden Eindr\u00fccken scharf und andauernd zuzuwenden\". Neben den St\u00f6rungen auf intellektuellem Gebiete treten ferner solche der Gem\u00fcts- und Willenssph\u00e4re auf. Eindr\u00fccke, die den Gesunden v\u00f6llig gleichg\u00fcltig lassen, erregen beim neurasthenisehen peinliche Gef\u00fchle. Die Nichterf\u00fcllung geringf\u00fcgiger W\u00fcnsche kann die gr\u00f6fsten Zornausbr\u00fcche veranlassen. F\u00fcr die Umgebung, Arbeiten und Berufsangelegenheiten stellt sich Interesselosigkeit ein. Auch kommt es zu hypochondrischen und melancholischen Verstimmungen; der psychische Schmerz kann selbst bis zum Lebens\u00fcberdrufs mit Selbstmordideen f\u00fchren. Was die Willenssph\u00e4re betrifft, so kann der Neurasthenische willensstark bleiben, umgekehrt jedoch auch von einer Willensschw\u00e4che befallen werden, die in keinem Verh\u00e4ltnis zu seiner geistigen Leistungsf\u00e4higkeit steht. Auf der Basis der Neurasthenie k\u00f6nnen sich ebenso Charakterver\u00e4nderungen entwickeln. Dieselben haben jedoch ihre bestimmten Grenzen. Im Gegens\u00e4tze zu Arndt, der die Moral insanity zu einem Symptom der Neurasthenie machen will, sagt L. : \u201eMut und Selbstvertrauen m\u00f6gen sich in Verzagtheit, Heiterkeit in \u00fcble Laune, Geduld in Zornm\u00fctigkeit","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n463\nverkehren, der innerste sittliche Kern des Charakters bleibt trotz alledem unangetastet.\u201c In einem besonderen Abschnitte behandelt Verfasser jetzt noch das \u201eZwangsdenken\u201c, nnd zwar in etwas sehr ausf\u00fchrlicher, aber interessanter Weise. Er fafst die Zwangsvorstellungen nicht als Psychose sui generis auf, wie es jetzt von vereinzelter Seite geschieht. Nach seiner Ansicht stehen dieselben meist auf dem Boden der Neurasthenie. Die echten Phobien fand er vorwiegend, aber keineswegs ausschliefslich bei erblich Belasteten. Die Symptomatologie der Neurasthenie behandelt weiter die Schwindel- und Bet\u00e4ubungszust\u00e4nde, Schlafst\u00f6rungen, St\u00f6rungen des Gef\u00fchlssinnes, der h\u00f6heren Sinne, St\u00f6rungen auf motorischem Gebiete, die mechanische und die elektrische Erregbarkeit, die Reflexe, die Idiosynkrasien, St\u00f6rungen der Sexualsph\u00e4re u. s. w. Die Einzelheiten dieser ausf\u00fchrlichen Darstellung auch nur anzudeuten, ist im Bahmen eines Referates unm\u00f6glich. In einem besonderen Kapitel schildert Verfasser dann noch die klinischen Einzelformen der Neurasthenie, und zwar die psychische und die spinale Neurasthenie mit ihren Mischformen, sowie die sexuelle, die heredit\u00e4re und die traumatische Form. Die folgenden Kapitel behandeln Verlauf und Prognose, Theorie der Erkrankung und Diagnose. In Bezug auf die Prognose \u00e4ufsert Verfasser sich dahin, dafs die schweren Formen der Krankheit oft gebessert werden k\u00f6nnen, w\u00e4hrend v\u00f6llige Heilung, auch von leichteren Formen, unsicher und sogar h\u00f6chst unwahrscheinlich ist.\nEbenso breit wie die Symptomatologie der Neurasthenie ist diejenige der Hysterie angelegt. Besprochen werden die in der psychischen Sph\u00e4re, im Bereiche der h\u00f6heren Sinne, der Sprache und der Schrift vorkommenden St\u00f6rungen, ferner die Anomalien im Zirkulations-, Respirations-, Verdauungs-, Harn- und Geschlechtsapparate, sowie die Sekretionsst\u00f6rungen. Besondere Abschnitte sind noch der Ern\u00e4hrung und dem Stoffwechsel, dem hysterischen Fieber, den Anf\u00e4llen, den Beziehungen zwischen Hypnose und Hysterie und den hysterischen Imitationen gewidmet. Auch die selteneren Symptome, wie die Schlafanf\u00e4lle, der Somnambulismus, das verdoppelte Bewufstsein, werden dabei ber\u00fccksichtigt.\nIn den drei folgenden Kapiteln werden Verlauf, Prognose und Diagnose der Hysterie, sowie die als Hysteroneurasthenie bezeichnete Mischform abgehandelt. Hinsichtlich der Prognose meint Verfasser, dafs durch unser besseres Verst\u00e4ndnis der Krankheit und die Fortschritte der Therapie gegen fr\u00fcher mancher Heilerfolg erzielt w\u00fcrde. Allein f\u00fcr die grofse Mehrzahl der F\u00e4lle d\u00fcrften auch jetzt die Aussichten auf Erlangung einer vollst\u00e4ndigen und dauernden Gesundheit noch nicht als sehr g\u00fcnstig bezeichnet werden.\n\u201eDie Prophylaxe der Neurasthenie und Hysterie f\u00e4llt zusammen mit der der neuropathischen Disposition oder Nervosit\u00e4t als des Zustandes, aus dem sich beide Krankheiten zumeist entwickeln.\u201c Die prophylaktische Th\u00e4tigkeit mufs also dahin zielen, die neuropathische Disposition zu verhindern oder abzuschw\u00e4chen. Deszendenz, Erziehung, Abh\u00e4rtung sind dabei besonders ins Auge zu fassen.\nDas letzte Kapitel unseres Buches besch\u00e4ftigt sich mit der Therapie","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nLitteraturbench t.\nder beiden Krankheiten. Ihr sind nicht weniger als 104 Seiten gewidmet. Zun\u00e4chst sind die Ursachen zu erforschen, welche die Nerven Zerr\u00fcttung hervorgerufen haben. Nicht immer hat ihre Aufhebung das Aufh\u00f6ren des Nervenleidens zur Folge, namentlich nicht bei langer Dauer der Krankheit oder bei angeborener neuropathischer Disposition. Wichtig ist die di\u00e4tetische Behandlung. Ern\u00e4hrung, Schlaf, Besch\u00e4ftigung, Um-gebung, sexueller Verkehr, kurz die ganze Lebensweise mufs geregelt werden. Der Behandlung mit Arzneimitteln wird wenig Erfolg zugesprochen. Besonders empfohlen werden die Brompr\u00e4parate. Unweit g\u00fcnstigere Resultate haben die Luft-, Wasser- und Badekuren aufzuweisen, ferner auch die elektrische Behandlung, welche Verfasser nicht als Suggestivtherapie hingestellt wissen will. Mit allen anderen Behandlungsmethoden kann eine psychische Behandlung verkn\u00fcpft werden, zu welcher auch Hypnose und Suggestion gez\u00e4hlt werden. Anstaltsbehandlung wird f\u00fcr die F\u00e4lle empfohlen, welche ein gr\u00f6fseres Mafs \u00e4rztlicher F\u00fcrsorge unbedingt erheischen. Zum Schlufs wird noch die MiTCHELL-PLAYFAmsche Mastkur besprochen. Sie hat vielfach sehr befriedigende Resultate geliefert.\tKrapoll (Bonn).\nCh. F\u00e9r\u00e9. La famille n\u00e9vropathique. Th\u00e9orie t\u00e9ratologique de l\u2019h\u00e9r\u00e9dit\u00e9 et de la pr\u00e9disposition morbide et de la d\u00e9g\u00e9n\u00e9rescence. Paris, Alcan. 1894. 334 S.\nWer sich in K\u00fcrze und in angenehmer Weise \u00fcber die Polle der Heredit\u00e4t in den funktionellen und organischen Krankheiten des Nervensystems einschliefslich der Psychosen, \u00fcber die Vererbung von Mifs-bildungen unterrichten und einen raschen und doch ersch\u00f6pfenden \u00dcberblick \u00fcber die bisher bekannten Degenerationszeichen gewinnen will, dem kann das F\u00c9assche Buch auf das Beste empfohlen werden, ich w\u00fcfste in dieser Beziehung kein besseres, deutsches Buch zu nennen. Ob aber die theoretischen Auseinandersetzungen des Verfassers \u00fcberall ohne weiteres Anklang finden werden, d\u00fcrfte fraglich erscheinen; vorl\u00e4ufig gehen sie wohl kaum \u00fcber das Stadium des Hypothetischen hinaus.\nDas Vorkommen von verschiedenartigsten Neurosen und organischen Erkrankungen des Zentralnervensystems, von Allgemeinerkrankungen (Tuberkulose, Gicht), von Verbrechen, von Lastern, von Genie bei den verschiedenen Gliedern der \u201eneuropathischen Familie\u201c, die Ungleichheit der Degenerationsmifsbildungen bei Aszendenten und Deszendenten spricht nach F\u00e9r\u00e9 f\u00fcr die Annahme, dafs die normale Vererbung, deren Grundzug in der \u00dcbertragung \u00e4hnlicher Eigenschaften von Aszendent auf Deszendent besteht, in solchen degenerierten Familien gest\u00f6rt ist, \u201ela d\u00e9g\u00e9n\u00e9rescence est la dissolution de l\u2019h\u00e9r\u00e9dit\u00e9: les maladies h\u00e9r\u00e9ditaires sont des maladies de l\u2019h\u00e9r\u00e9dit\u00e9\u201c. Die Ursache f\u00fcr diese Dissolution de l\u2019h\u00e9r\u00e9dit\u00e9 (\u201ela perte des qualit\u00e9s h\u00e9r\u00e9ditaires et la tendance \u00e0 la production de monstruosit\u00e9s morphologiques et physiologiques\u201c) sieht F\u00e9r\u00e9 auf Grund von \u201eteratogenen\u201c Experimenten in ererbten oder durch andere Sch\u00e4dlichkeiten hervorgerufenen St\u00f6rungen der Ern\u00e4hrung des Embryo und dadurch bedingte Entwickelungshemmung des letzteren","page":464}],"identifier":"lit29611","issued":"1895","language":"de","pages":"460-464","startpages":"460","title":"L. L\u00f6wenfeld: Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie. J. F. Bergmann, Wiesbaden 1894. 744 S.","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:15:25.920490+00:00"}