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{"created":"2022-01-31T14:13:28.186085+00:00","id":"lit29618","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Peretti","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 8: 466-467","fulltext":[{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nLitteraturbericht.\nl\u00e4ge aller seiner Auseinandersetzungen bilden und die einer Schrift entnommen sind, die er im Jahre 1891 unter dem Titel: \u201e\u00dcber die Wege des Denkens\u201c ver\u00f6ffentlicht hatte.\nMag man ihm hier und bei anderen Gelegenheiten nun zustimmen oder nicht, \u00fcberall wird man ihm die Anerkennung nicht versagen k\u00f6nnen, dafs er seine Ansichten in einer ebenso geistreichen wie mafs-vollen Weise vorbringt, und ebenso, wenn er die Worte, die er bei Gelegenheit einer Besprechung der \u201eGesammelten Aufs\u00e4tze\u201c von Wernicke auf diesen Schriftsteller angewendet hatte, auch auf sich bezieht, dafs n\u00e4mlich eine Zusammenstellung seiner zerstreuten Aufs\u00e4tze auch zum Vorteile der anderen sei, denen es schwer falle, die rasch auseinanderflatternden Zeitschriften zusammen zu bekommen und das Verwandte bald da, bald dort zu suchen.\tPelman.\nS. Freud. Die Ahwehr-Neuro-Psychosen. Versuch einer psychologischen Theorie der acquirierten Hysterie, vieler Phobien und Zwangsvorstellungen und gewisser halluzinatorischer Psychosen. Neurolog. Centralblatt. 1894. No. 10 u. 11.\nVerfasser erkl\u00e4rt sich das Zustandekommen einer Reihe von funktionellen St\u00f6rungen des Nervensystems in der Weise, dafs eine Person durch einen \u201eFall von Unvertr\u00e4glichkeit in ihrem Vorstellungsleben\u201c peinlich affiziert wird und, weil sie nicht die Kraft f\u00fchlt, den Widerspruch dieser unvertr\u00e4glichen Vorstellung mit dem eigenen Ich durch Denkarbeit zu l\u00f6sen, dieselbe zu vergessen strebt, dafs aber dieses Vergessen nicht gelingt und die damit verbundene Willensanstrengung zu pathologischer Reaktion f\u00fchrt (Hysterie, Zwangsvorstellung, halluzinatorische Psychose). \u00dcber den Weg von der ab wehrenden Willensanstrengung bis zur Entstehung des neurotischen Symptoms sagt Verfasser: \u201edie Aufgabe, welche sich das abwehrende Ich stellt, die unvertr\u00e4gliche Vorstellung als \u201enon arriv\u00e9e\u201c zu behandeln, ist f\u00fcr dasselbe direkt unl\u00f6sbar; sowohl die Ged\u00e4chtnisspur, als auch der der Vorstellung anhaftende Affekt sind einmal da und nicht mehr auszutilgen. Es kommt aber einer ungef\u00e4hren L\u00f6sung dieser Aufgabe gleich, wenn es gelingt, aus dieser starken Vorstellung eine schwache zu machen, ihr den Affekt, die Erregungssumme, mit der sie behaftet ist, zu entreifsen. Die schwache Vorstellung wird dann so gut wie keine Anspr\u00fcche an die Assoziationsarbeit zu stellen haben ; die von ihr abgetrennte Erregungssumme mufs aber einer anderen Verwendung zugef\u00fchrt werden.\u201c\nBei der Hysterie wird diese Erregungssumme ins K\u00f6rperliche umgesetzt (Konversion), bei den Phobien und Zwangsvorstellungen h\u00e4ngt sich der \u201efreigewordene Affekt an andere, an sich nicht unvertr\u00e4gliche Vorstellungen an, die durch diese \u201efalsche Verkn\u00fcpfung\u201c zu Zwangsvorstellungen werden\u201c (Transposition des Affekts), und bei der Entstehung einer halluzinatorischen Verworrenheit wird gewissermafsen die unvertr\u00e4gliche Vorstellung durch \u00abdie Flucht des Ich in die Psychose abgewehrt, das Ich verwirft nicht nur den Affekt, sondern auch die Vorstellung selbst und benimmt sich so, als ob die Vorstellung nie an das Ich herangetreten w\u00e4re.","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n467\nDie von Freud bei dieser Erkl\u00e4rung der Abwehrneurosen benutzte H\u00fclfsvorstellung ist die, \u201edafs an den psychischen Funktionen etwas zu unterscheiden ist (Affektbetrag, Erregungssumme), das alle Eigenschaften einer Quantit\u00e4t hat, \u2014 wenngleich wir kein Mittel besitzen, dieselbe zu messen \u2014 etwas, das der Vergr\u00f6fserung, Verminderung, der Verschiebung und der Abfuhr f\u00e4hig ist, und sich \u00fcber die Ged\u00e4chtnisspuren der Vorstellungen verbreitet, etwa wie eine elektrische Ladung \u00fcber die Oberfl\u00e4chen der K\u00f6rper\u201c.\tPeretti (Grafenberg).\nTh. Ziehen. Psychiatrie f\u00fcr \u00c4rzte und Studierende. Mit 10 Abbildungen in Holzschnitt und 10 physiognomischen Darstellungen auf 6 Lichtdrucktafeln. Berlin. Fr. Wreden. 1894. 470 S.\nWenn man daran zweifeln wollte, dafs die Psychiatrie als Wissenschaft noch in ihren Jugendjahren steht, so brauchte man nur einen Blick auf die Zahl der Lehr- und Handb\u00fccher zu werfen, welche den letzten Jahren ihre Entstehung verdanken.\nEs gab eine lange Zeit, wo Griesingers vortreffliches Lehrbuch und allenfalls noch Guislain in der LlHRSchen \u00dcbersetzung den Markt beherrschten, und wo niemand so recht den Mut hatte, ein neues Lehrbuch zu schreiben, so unzul\u00e4nglich und veraltet die alten auch nachgerade geworden waren.\nDas Material wuchs und h\u00e4ufte sich gewaltig an, von allen Seiten trug man die Bausteine herbei, bis sie endlich von Sch\u00fcle und v. Krafft-Ebing gesammelt und zu neuen Lehrb\u00fcchern ausgearbeitet wurden, die sich trotz des jungen Nachwuchses bis heute behauptet haben.\nDenn an Nachwuchs hat es seither nicht gefehlt, die Zahl der Lehrb\u00fccher der Psychiatrie ist nachgerade zu einer ganz ansehnlichen geworden, und sie ist neuerdings durch Ziehen um ein weiteres vermehrt worden.\nEs kam Ziehen haupts\u00e4chlich darauf an, die Lehren der physiologischen Psychologie, wie er sie in seinem Leitfaden dieser Wissenschaft entwickelt hatte, auf die klinische Psychiatrie zu \u00fcbertragen, und dieser Absicht entsprechend sind die einleitenden Kapitel der allgemeinen Psychiatrie in einer etwas ausf\u00fchrlicheren Weise behandelt worden. Ziehen hatte dort die Assoziationspsychologie zum Ausgangspunkte seiner Darstellungen genommen, und er stellte sich nun als Aufgabe, die psychopathischen Einzelerscheinungen im Sinne eben dieser Assoziationspsychologie darzustellen und zu erkl\u00e4ren.\nEin derartiges Bestreben, der Psychologie den ihr geb\u00fchrenden Boden wiederzugewinnen und die Studierenden daf\u00fcr einzunehmen, kann nur mit Genugthuung begr\u00fcfst werden, und da sich der Verfasser zudem bem\u00fcht, \u00fcberall an die bekannten Thatsachen der Neuropathologie anzukn\u00fcpfen, so hilft er dem weniger in der Psychologie Bewanderten leicht \u00fcber die anf\u00e4nglichen Schwierigkeiten hinweg und f\u00fchrt ihn mit sicherer Hand in die Geheimnisse des Seelenlebens ein. Wie bemerkt, ist der allgemeinen Psychopathologie ein verh\u00e4ltnism\u00e4fsig breiter Baum zugewiesen worden, und dieser Teil des Buches wird sich voraussichtlich der ungeteilteren Zustimmung zu erfreuen haben.\n80*","page":467}],"identifier":"lit29618","issued":"1895","language":"de","pages":"466-467","startpages":"466","title":"S. Freud: Die Abwehr-Neuro-Psychosen. Versuch einer psychologischen Theorie der acquirierten Hysterie, vieler Phobien und Zwangsvorstellungen und gewisser halluzinatorischer Psychosen. Neurolog. Centralblatt. 1894. No. 10 u. 11","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:13:28.186091+00:00"}